Schwarze Weihnachten in Manhattan - Allan Greyfox - E-Book

Schwarze Weihnachten in Manhattan E-Book

Allan Greyfox

4,8

Beschreibung

In Manhattan und seinen Schlupfwinkeln erlebt der Privatdetektiv Callaghan aufregende und gefährliche Abenteuer. Seine reiche und schöne Freundin hilft ihm, seine Abenteuer heil zu überstehen. Ihre kleine Detektei wird immer bekannter und sie können sich die interessantesten Aufträge aussuchen. Ein Weihnachtsmann stellt sich als sehr gefährlich heraus, unser Held muss Weihnachten und den Jahreswechsel 1947/48 im Gefängnis verbringen. Nur seine schöne Partnerin und seine Freunde können ihn jetzt noch vor der Todeszelle bewahren.

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Zu diesem Buch:

In Manhattan und seinen Schlupfwinkeln erlebt der Privatdetektiv Callaghan aufregende und gefährliche Abenteuer.

Seine reiche und schöne Freundin hilft ihm, seine Abenteuer heil zu überstehen. Ihre kleine Detektei wird immer bekannter und sie können sich die interessantesten Aufträge aussuchen.

Ein Weihnachtsmann stellt sich als sehr gefährlich heraus, unser Held muss Weihnachten und den Jahreswechsel 1947/48 im Gefängnis verbringen. Nur seine schöne Partnerin und seine Freunde können ihn jetzt noch vor der Todeszelle bewahren.

Ich bedanke mich bei meiner Frau, meinem größten Fan und gleichzeitig meiner größten Kritikerin, für ihre unermüdliche Arbeit am Manuskript und die schöpferischen Diskussionen.

PETER ECKMANN, geboren 1947, lebt im Niederelbe-Dreieck in der Nähe von Cuxhaven Ingenieur der Verfahrenstechnik, schreibt unter dem Pseudonym Allan Greyfox Wildwest- und Detektivromane.

Unter seinem realen Namen Peter Eckmann ist der erste Lokalkrimi aus der Wahlheimat des Autors an der Niederelbe entstanden. Er heißt „Der Kreidestrich“

Jahrelange Praxis mit dem Schießen von echten Waffen, und insbesondere das „Western-Action-Schießen“ haben ihm ausreichend Kenntnisse über die Waffentechnik seiner Bücher vermittelt.

Seit Ende 2015 gibt es den ersten Thriller. Er spielt in Manhattan wenige Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges. Der Held ist Michael Callaghan, der Enkel des Revolverhelden der Wildwest Serie.

Inhaltsverzeichnis

Die Personen

Der Juwelenraub

Die neue Sekretärin

Candys erster Fall

Kofferdiebe und der gestohlene Schmuck

Der Weihnachtsmann

Der Geldtransport

15. Dezember

16. Dezember

23. Dezember, hinter Gittern

24. Dezember

25. + 26. Dezember

27. Dezember

29. Dezember

30. Dezember

31. Dezember

1. Januar 1948

2. Januar

3. - 7. Januar

8. Januar

9. Januar

12. Januar

Die Personen

In der Reihenfolge ihres Auftretens:

Eric Wilkinson

Captain des 10. Polizeireviers (Midtown Manhattan)

Rita Levenworth

Dessen reiche und kapriziöse Freundin

Clyde Jos-link und Frank McLloyd

Zwei Juwelendiebe, sie sind Cousins

Martha McLloyd

Die Schwester von Frank McLloyd und Freundin von Clyde Joslink

Michael Callaghan

Mike, 35 Jahre alt, groß und gut aussehend, er hat Jura studiert und drei Jahre als Angestellter in einer Detektei gearbeitet, er war acht Jahre beim Militär in der Abwehr, davon drei Jahre während des Krieges gegen Deutschland. 1947 hat er sich mit einer kleinen Detektei selbstständig gemacht

Candice Evans

Candy, sie ist die Schwester von Annie Millburgh, 25 Jahre alt. Sie ist unvorstellbar vermögend und genauso gut aussehend, sie liebt ihren Mike und arbeitet als Partnerin in ihrer gemeinsamen Detektei. Sie hat ebenfalls Jura studiert, um später einmal einen Posten in der Firma ihres Vaters übernehmen zu können. Aber dann kam Mike Callaghan...

Eduard Costein

Eddie, Anfang vierzig, einer von Mikes beiden besten Freunden, hat ein paar Jahre im Gefängnis verbracht und ist durch die Ehe mit seiner Frau Marita geläutert, mit Kontakten zu Manhattans Unterwelt, Eigentümer und Barkeeper des ‘Grey Dog‘, einer kleinen Kneipe in Chelsea

Willy Murdoch

Mitte dreißig, mit unübersehbarer roter Haartolle. Ein weiterer, sehr guter Freund von Mike, er ist ein lustiger Kerl und erheitert seine Freunde immer wieder mit seinen Anekdoten. Er fährt Taxi in Manhattan

Janet Wilson

Sekretärin der Detektei Callaghan & Evans, Mitte dreißig, hat zwei Kinder aus einer geschiedenen Ehe mit einem Mexikaner, sie ist die gute Seele der Detektei

Hector Hunnicut

Sicherheitschef des Kaufhauses Macy‘s

Jesaja Milton

Schwarzer Schuhputzer am Herald Square, Mitte fünfzig

Annie Millburgh

Mitte dreißig, geborene Evans, die ältere Schwester von Candice Evans. Verheiratet mit Ernest Millburgh. Sie ist Mitinhaberin und im Aufsichtsrat der Lackawanna Steel und leitet so die Geschicke der Firma ihres verstorbenen Vaters

Ernest Millburgh

Ernie, der Mann von Annie Millburgh, erfolgreicher Manager in der Firma seines Schwiegervaters, des verstorbenen Horace Evans

Robert Willers

Chefermittler im 10. Polizeirevier

Der Juwelenraub

Manhattan, Ende September 1947. Der viele Regen, der die ganze letzte Woche die New Yorker von den Straßen vertrieben hatte, ist endlich vorbei. Lediglich ein starker Wind fegt noch durch die Streets und Avenues und jagt Reste von dunklen Wolken über den Himmel und Fetzen von Papier über die Bürgersteige. Immer scheinen ein paar Sonnenstrahlen und brechen sich vieltausendfach in den Fenstern der Wolkenkratzer, die bis in den Himmel zu reichen scheinen. Die Bürgersteige sind weitgehend abgetrocknet, nur in den Rinnsteinen stehen gelegentlich ein paar Pfützen.

Ein Taxi hält in der 50. Straße West vor dem Geschäft mit der Nummer 54. Es gehört dem Juwelier Louis Martin, sein Schmuckladen befindet im Erdgeschoss des Rockefeller Center.

Der Juwelier Martin ist einer der ganz großen in New York, die Ladenfront ist etwa 40 Schritte lang und besteht aus vier großen Schaufenstern.

Ein Pärchen verlässt das Taxi. Der Mann ist Anfang vierzig, die auffallend hübsche Frau ist Anfang dreißig. Er hält ihr die Autotür auf und bezahlt anschließend den Fahrer.

Die Frau sieht in die Auslagen des Juweliers. Sie ist schlank und klein, ihre schwarzen Haare reichen in großen ondulierten Locken bis auf den Kragen. Ihr Kostüm ist cremefarben, es ist geschmackvoll ausgewählt und kontrastiert perfekt mit der Farbe ihrer Haare.

Ihr eleganter Begleiter lässt das Taxi zurück und hält seiner Freundin die Ladentür auf. Seine Kleidung ist ebenfalls stilvoll ausgewählt, er trägt einen dunklen Anzug mit bunter Krawatte, er hat volles Haar mit dunklen Locken.

Im Laden halten sich einige Kunden auf. Die sechs Verkäufer, es sind zwei Damen und vier Herren, haben gut zu tun. Das Geschäft besteht aus einem großen Raum mit mehreren Nischen, es befinden sich dort über zehn Glasvitrinen, wertvoller Schmuck glitzert darin, teure Uhren ticken leise.

Das Paar muss einen Moment warten, bis der Inhaber des Geschäftes, Mr. Martin, zu ihnen kommt. Er ist ein etwas älterer Herr, der elegante Anzug kaschiert geschickt seine zur Fülle neigende Gestalt. Er scheint immer zu lächeln, wenige graue Haare umsäumen einen ansonsten kahlen Kopf. Freundlich wendet er sich an das Paar, das nicht zum ersten Mal seinen Laden betritt.

„Guten Tag, die Herrschaften, gedulden Sie einen kleinen Moment, ich bin gleich für Sie da.“

„Keine Eile, wir haben Zeit mitgebracht“, sagt der Mann mit einer freundlichen, wohlklingenden Stimme. Er blickt hinter sich und mustert neugierig die edlen Preziosen in den Vitrinen.

Wenige Minuten später erscheint Mr. Martin wieder, sein freundliches Gesicht trägt den Ausdruck einer immerwährenden Entschuldigung.

„So, meine Dame und mein Herr. Jetzt bin ich ganz für Sie da. Was darf es denn sein?“

Die Frau antwortet mit heller Stimme: „Ich habe vor einer Woche Geburtstag gehabt und mein Freund möchte mir etwas Schmuck schenken. Ich dachte an ein Collier, das zu diesem Kostüm passt.“

Mr. Martin mustert die junge Frau sorgfältig. „Wir haben einige schöne Stücke, die kann ich Ihnen zeigen. Im Übrigen wünsche ich Ihnen noch nachträglich alles Gute zum Geburtstag!“, der Juwelier verbeugt sich leicht.

Die junge Dame nickt und schenkt ihm ein reizendes Lächeln.

Mr. Martin wendet sich an ihren Begleiter: „Soll ich eine obere Preisgrenze bei der Auswahl berücksichtigen?“

Der Begleiter schüttelt den Kopf. „Zeigen Sie uns doch bitte Ihr Angebot, wir werden uns sicher einig.“

„Sehr wohl, der Herr!“

Mr. Martin verbeugt sich devot und verschwindet für einen Moment. Die Dame, sie heißt Rita Levenworth, nutzt die Gelegenheit, mit einem kleinen Spiegel ihr Makeup zu überprüfen. Ihr Begleiter mustert wieder aufmerksam die Vitrinen. Sein Blick schweift durch die Räume, über die Fenster und Türen.

Seine Gedanken drehen sich um Geld. Geld, das er nicht besitzt. Sein Gehalt als Leiter eines Polizeireviers ist ganz ordentlich, aber begrenzt. Seine Freundin glaubt jedoch, dass er auf Grund seiner hohen Position bei der Polizei und seinen begüterten Eltern genügend Geld zur Verfügung hat. Er hat sie in dem Glauben gelassen. Er fürchtet, dass sie sich von ihm abwenden würde, falls sie seine wahren finanziellen Verhältnisse erfahren würde.

Rita Levenworth ist die jüngste Tochter eines reichen Vaters. Er war vor dem Krieg Bürgermeister in New York City gewesen. Sie hatte zwei ältere Brüder gehabt, die beide im Kampf gegen Deutschland gefallen waren. Ihr Begleiter hatte nie selbst gedient, das mag ein Grund sein, warum er ihr gegenüber immer Schuldkomplexe empfindet.

Sie ist ungewöhnlich hübsch und er ist vernarrt in sie. Vor einem Monat hatte er ihr eine Pelzjacke aus Polarfuchs geschenkt. Sie sieht umwerfend darin aus, ihr schwarzes Haar bildet einen wunderbaren Kontrast zu dem Silberglanz des Pelzes. Sie ist wirklich sehr schön, umso weniger ist es ihm möglich, ihre Wünsche zurückzuweisen.

Mr. Martin kommt mit einem Tablett zurück, auf dem einige von ihm ausgewählte Halsketten liegen. „Gnädige Frau, ich habe hier einige besonders schöne Stücke, die Ihnen bestimmt gefallen werden.“

Er rollt eine Unterlage aus dunkelblauem Samt auf dem Tisch aus und stellt das Tablett ab. Er greift sich eine Kette und legt sie ihr um den Hals, wieder eine und noch eine andere. Miss Levenworth kann sich nicht entscheiden und probiert immer neue Colliers. Ihr Favorit ist eine Kette aus Gold mit in blauer Farbe sprühenden Diamanten, die von zahllosen, hellblauen Aquamarinen eingefasst sind. Mr. Martin ist ganz Verkäufer, er versteht es, ihr zu schmeicheln. „Darf ich Ihnen sagen, dass diese Kette Ihre Schönheit noch hervorhebt? Die gnädige Frau sehen atemberaubend damit aus.“

Rita Levenworth lächelt zu seinen Komplimenten, sie hört so etwas nicht zum ersten Mal. Sie wendet sich an ihren Begleiter. „Eric, sag du doch mal etwas!“

Er tritt hinter sie und mustert sie im Spiegel. „Es steht dir wunderbar, mein Schatz.“

Er wendet sich an den Juwelier. „Ich habe es gewusst, auf ihren Geschmack kann man sich verlassen, Mister Martin. Wir nehmen diese Kette.“

Er sieht zu seiner Freundin hinunter. „Oder was meinst du dazu, Rita?“

Rita lächelt ihr Ebenbild im Spiegel an. „Sie gefällt mir sehr, ich würde sie gerne tragen.“

Mr. Martin nickt und legt das Collier sorgfältig in die dazu gehörende Schatulle aus dunklem Holz. Die Diamanten der Kette strahlen mit hellblauem Feuer über dem dunkelblauen Samt.

Ihr Begleiter zückt sein Scheckbuch und sieht den Juwelier fragend an.

„Das macht 23,000 Dollar. Sie erhalten dafür auch ein ganz besonders schönes Stück, das ihrer Begleiterin hervorragend steht.“

Der Herr schluckt kurz und zückt schließlich seinen Füller. Nach diesem Kauf wird sein Konto praktisch keine Deckung mehr aufweisen. Auf Dauer muss er sich etwas einfallen lassen. Die Wünsche seiner Freundin, oder besser seine Unfähigkeit, ihr diese Wünsche abzuschlagen, werden ihn eines Tages ruinieren. Wenn er sie nur nicht so furchtbar lieben würde!

Es ist eine bedingungslose Liebe, seine Freundin wickelt ihn immer um den Finger. So wie jetzt gerade, das Schmuckstück hat den Gegenwert von fast drei Jahresgehältern.

Mister Martin folgt seinen Blicken, als er die Vitrinen mit dem Schmuck mustert. „Sie staunen mit Recht, es sind besonders schöne und auch besonders wertvolle Schmuckstücke, die wir vorrätig haben.“

Der elegant gekleidete Herr nickt. „Sie wissen, dass ich Captain bei der Polizei bin?“

„Natürlich, das hatten Sie bei einem Ihrer früheren Einkäufe erwähnt.“

„In dem Zusammenhang würde mich interessieren, wie Sie Ihren wertvollen Schmuck absichern. An den Vitrinen kann ich keine Sicherung erkennen.“

Mister Martin stimmt ihm zu. „Sie haben recht. Deshalb haben wir eine Alarmanlage an allen Fenstern und Eingängen. Die werden außerhalb der Geschäftszeiten aktiviert. Das Alarmsignal wird im Falle eines Einbruches, wie Sie sicher wissen, zum 10. Polizeirevier übertragen.“

„Ja, das ist mir bekannt. Ich hoffe für Sie, dass Sie auch in Zukunft von Einbrüchen verschont bleiben. Sie sind doch bestimmt gegen Diebstahl versichert?“

„Ja, aber nicht in vollem Umfang. Die Prämien sind sehr hoch, sodass ich mich nur zu etwa 50% Deckung durchringen konnte.“

Seine Freundin Rita hat das Kästchen mit dem Schmuck in ihrer Handtasche verstaut und wartet schon ungeduldig auf das Ende des Gespräches. Ihr Freund verabschiedet sich mit Handschlag vom Juwelier und dreht sich zu ihr um. „Na, mein Schatz, bist du zufrieden?“

„Ja, sehr, ich liebe deine Geschenke!“ Sie hebt ihren Kopf und gibt ihm einen zarten Kuss. Er ist von der Berührung seiner schönen Freundin überwältigt. Wegen eben dieser Momente, hat er sich jetzt bis zum Bankrott verschuldet.

Eine Woche später, es ist der dritte Oktober. Die Cousins Clyde Joslink und Frank McLloyd befinden sich in der Wohnung von Frank und warten auf einen Telefonanruf. Sie sind bei der Polizei nicht unbekannt und haben beide ein paar Jahre im Gefängnis hinter sich.

Die Wohnung liegt in East Village, im dritten Stock in der 7. Straße West. Die Gegend hat schon bessere Tage gesehen, Müll liegt auf dem Bürgersteig, die Wände der Erdgeschosse sind noch an vielen Stellen mit Plakaten beklebt. Eines muss dort schon über zwei Jahre hängen, denn der große Krieg in Ubersee ist seit über zwei Jahren vorbei. Die blasse Schrift fordert die Bevölkerung auf, Lebensmittel zu sparen, damit die Soldaten an der Front damit versorgt werden können.

Die Wohnung ist leidlich sauber. Würde Martha, die Schwester von Frank, nicht von Zeit zu Zeit einen „Aufräumfimmel“ bekommen, wären die Geschwister wohl schon im Dreck erstickt.

Clyde hat das Sagen bei den beiden. Er ist der ältere von ihnen, jetzt spricht er eindringlich auf seinen Cousin ein.

„Ich sag dir doch, der Typ weiß Bescheid. Wenn der uns einen Tipp gibt, dann hat das Hand und Fuß. Und wenn wir wirklich geschnappt werden sollten, wird er uns aus dem Gefängnis rausholen.“

„Und woher weißt du das so genau?“, fragt Frank, noch nicht völlig überzeugt.

„Ich habe mit ihm telefoniert, er hat es mir haarklein erklärt.“

„Wie, nur erklärt? Und du glaubst das alles?“

„Du wirst ihn gleich hören, bilde dir ein eigenes Urteil.“

Frank brummt etwas Unverständliches.

Frank McLloyd und Clyde Joslink sind 25 und 28 Jahre alt. Sie sind beide schlank und kräftig. Clyde sieht recht gut aus, Frank dagegen hat irgendwie ein schiefes Gesicht.

Es klopft an der Tür, bevor die beiden eine Antwort geben können, wird sie geöffnet und eine junge Frau kommt herein. Es ist Martha, die Schwester von Frank. Sie ist schlank und hübsch, sie mag etwa zwanzig Jahre alt sein. Nussbraune Locken fallen ihr auf die Schulter.

„Martha, du sollst uns jetzt nicht stören!“, ruft ihr Bruder, „wir erwarten einen wichtigen Anruf, dabei können wir dich nicht gebrauchen.“

„Nun habt euch nicht so, ich wollte nur wissen, wie lange das hier noch dauert.“

Sie blickt Clyde an. „Ich wollte nachher zum Tanzen gehen, möchtest du mitkommen?“

Clyde nickt und antwortet ihr: „Ich denke, das wird nicht länger als eine halbe Stunde dauern, mach dich schon mal zurecht, sonst ich muss nachher wieder warten.“

Martha lacht. „Das ist wohl eher umgekehrt. Aber schön, ich freue mich schon darauf. Wir waren schon lange nicht mehr zusammen aus.“ Sie beugt sich zu ihrem Freund hinunter und gibt ihm einen Kuss. In dem Moment klingelt das Telefon.

„Nun aber raus hier!“, ruft Clyde und greift nach dem Hörer.

„Ja, doch!“, schnell huscht sie aus der Tür.

Frank greift nach der zusätzlichen Hörkapsel, die an das Telefon angeschlossen ist und lauscht aufmerksam hinein. Dieser zusätzliche Hörer ist der Grund, warum Clyde sich gerade hier mit Frank getroffen hat. Der zweite Grund ist Franks jüngere Schwester Martha, er ist seit einem halben Jahr mit ihr befreundet.

Clyde hat den Hörer am Ohr. „Ja, wir sind alleine. Sie können unbesorgt sprechen.“ Er horcht wieder in den Hörer. „Einen kleinen Moment, ich will mir das notieren.“

„Gut, gut, ich verstehe. Nur das Datum und die Uhrzeit, keine Namen aufschreiben, ich habe verstanden.“

Er hört wieder eine Weile zu. Schließlich sieht er seinen Cousin an. „Ich werde es wiederholen, Sir, damit Sie hören können, dass wir alles verstanden haben. Also...“, er räuspert sich, „in der 42. Straße West, Nummer 82, steht ein verlassenes Lagerhaus, dort finden wir ein Auto, in dem der Zündschlüssel steckt. Damit fahren wir zum Juwelier Martin im Rockefeller Center. Wir gehen in den Laden und verriegeln die Tür von innen mit der Stange, die im Auto liegt. Einer von uns hält die Kunden und die Verkäufer in Schach und der andere räumt die Vitrinen aus.“

Clyde macht eine Pause und lauscht der Stimme im Hörer.

„Ja, gut. Wir leeren nur die Vitrinen entsprechend der Skizze, die wir noch erhalten. Das ist gut, dann sind wir schneller fertig. Danach fahren wir mit dem Auto zurück zu dem Lagerhaus. Dort treffen wir Sie und Sie erhalten den Schmuck von uns.“

Er blickt zu seinem Cousin Frank, der mit Daumen und Zeigefinger das Zeichen für Geld macht, und fragt den Unbekannten am Ende der Leitung:

„Wie sieht es mit unserer Bezahlung aus?“ Er lauscht wieder in den Hörer.

„Ja, gut. Wir erhalten also jeder 500 Dollar in den nächsten Tagen und nach der Übergabe des Schmuckes bekommen wir beide noch je 4000 Dollar.“

Clyde macht eine Pause. „Ja, natürlich. Wir schießen nicht, wir schüchtern die Leute nur ein.“

Frank sagt leise: „Frage doch mal, wieso er uns helfen kann, falls wir geschnappt werden.“

Clyde nickt und spricht in die Sprechmuschel: „Welche Sicherheit haben wir, dass Sie uns nicht verpfeifen und dass Sie uns befreien, falls wir geschnappt werden sollten?“ Er lauscht eine Weile in den Hörer, am anderen Ende der Leitung wird lange gesprochen. Immer wieder nickt er, auch Frank an der Hörkapsel macht große Augen und nickt gelegentlich. „Okay, ich verstehe, den Termin und die Uhrzeit erfahren wir noch.“

Frank hat noch eine Frage auf dem Herzen. Er tauscht mit Clyde den Hörer. „Hallo?“, ruft er hinein. Er horcht auf eine Antwort. „Wieso haben Sie gerade uns ausgewählt?“ Er hört dem Anrufer eine Weile zu. „Okay, okay, ich wollte nur mal fragen.“

Frank legt den Hörer auf und sieht seinen Cousin an. „Was hältst du davon?“

„Das scheint mir leicht verdientes Geld zu sein. Wir wären dumm, wenn wir da nicht zugreifen würden.“

„Und wieso weiß er so viel über uns?“

„Ja, das verstehe ich auch nicht. Er wusste alles, wo und wann wir geboren sind, wo haben wir warum und wie lange gesessen und so fort. Es klang sehr überzeugend, ich habe ein gutes Gefühl dabei.“

Die Tür wird geöffnet und Martha kommt herein. Sie hat sich ein gelbes Kleid angezogen und Lippenstift aufgetragen, sie sieht bezaubernd aus. Sie sieht zu Clyde hinunter, der mit ihrem Bruder noch vor dem Telefon sitzt. „Siehst du, ich bin fertig, nur du noch nicht!“

Clyde sieht zu ihr hoch, seine braunen Augen strahlen sie an. „Nur noch einen kleinen Moment, heute haben wir einen guten Grund zum Feiern.“

Er steht auf und nimmt sie in den Arm. Martha lacht, fragt jedoch misstrauisch: „Du hast doch nicht schon wieder ein krummes Ding vor?“

Clyde stupst mit seinem Finger auf ihre Nase. „Du dich nicht immer in die Dinge von Erwachsenen stecken. Wir haben eine tolle Sache vor, fast ohne Risiko und es dauert nur ein paar Minuten.“

Das Lächeln von Martha verschwindet für einen Moment. „Du hast mir doch versprochen, nicht wieder straffällig zu werden!“

Clyde gibt ihr einen Kuss und sieht sie an. „Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, dieses Mal ist es ganz einfach.“

„Wenn du sitzen musst, bin ich zu deiner Entlassung eine alte Jungfer. Das sage ich dir, ich warte nicht auf dich!“

Clyde nimmt sie in die Arme und lacht sie an. „Du bist sehr hübsch, wenn du dich so aufregst. Komm, lass uns tanzen gehen, dazu habe ich jetzt Lust!“

Eine Woche später wird in der Wohnung der McLloyds ein Brief eingeworfen. Er enthält 1000 Dollar in Scheinen und eine Skizze des Juwelierladens. Die Vitrinen sind darauf eingezeichnet, diejenigen, die ausgeraubt werden sollen, sind besonders markiert.

Am 17. Oktober, es ist ein Dienstag, ist es endlich soweit. Fünf Minuten vor Ladenschluss, um 6:25 p.m., soll das Ding steigen.

Clyde Joslink und Frank McLloyd sitzen in der Wohnung von Frank. Vor ihnen auf dem Tisch liegt eine große Tasche. Clyde hat eine Pistole in der Hand, die er sich jetzt in einen Holster unter der Jacke steckt. „Hast du die Strümpfe dabei?“

Frank nickt und greift in die Tasche. „Die sind hier. Ich habe sie von meiner Schwester. Wenn die wüsste, was wir damit vorhaben, müssten wir uns jetzt etwas anhören!“

Clyde lacht. „Ja, Martha. Wenn das Geld da ist, möchte sie auch etwas davon. Hinterher ist es ihr egal, wo es herkommt.“

„Aus den Weibern wird man nicht schlau!“

„Da sagst du was, ohne sie kommt man aber auch nicht aus.«

„Frank, du kümmerst dich um die Vitrinen. Nimm sicherheitshalber ein Brecheisen mit, damit schlägst du die Scheiben ein und ich halte die Kunden mit der Pistole in Schach.“

„Gibt es eigentlich einen Alarm?“

„Nein, da ist nichts. Der wird erst zum Geschäftsschluss aktiviert. So hat es uns jedenfalls unser mysteriöser Auftraggeber gesagt.“

Frank trägt die Tasche, in der sich die Strümpfe zum Maskieren, zwei Paar Handschuhe und die kleine Brechstange befinden. Mit einem Taxi fahren sie bis zur 12. Avenue in der Nähe des Lagerhauses. Das letzte Stück des Weges gehen sie zu Fuß, so kann man später von dem Taxifahrer keine brauchbaren Informationen bekommen.

Das Lagerhaus ist ein hässlicher, riesiger Schuppen. Während des Krieges haben hier Vorräte für den Fall gelagert, dass New York von einer Versorgung mit Lebensmitteln abgeschnitten werden sollte. Jetzt steht das Gebäude leer. Einige der Fenster sind zerbrochen, andere sind trübe und schmutzig. Ein großes Tor mit zwei Flügeln ist der einzige Zugang zur Straße.

Clyde zieht die große Tür auf und sieht hinein. Es ist stockfinster, es riecht unangenehm. „Scheiße, wir hätten eine Taschenlampe mitnehmen sollen.“

Clyde stolpert im Dunkeln über eine Kiste. Frank tastet die Wand nach einem Schalter ab. Er findet einen und betätigt ihn. In einer Ecke leuchtet ein schwacher Schein und taucht den großen Raum in ein geheimnisvolles Licht. Er ist fast leer, an den Wänden stehen leere Paletten, der Boden ist verdreckt. Eine große Pfütze befindet sich in der Mitte, das Dach scheint nicht dicht zu sein. In der Mitte steht ein Auto, ein schwarzer Ford Sedan.

„Das mit dem Auto hat schon mal geklappt“, sagt Clyde, „wir ziehen uns jetzt die Handschuhe an und fahren los. Vor dem Juwelier ziehen wir uns die Strümpfe über das Gesicht.“

Frank nickt, dann steigen sie ein. Clyde sieht sich um, hinter den Sitzen liegt eine Stange, mit der die Tür des Juweliers während des Überfalles von innen blockiert werden soll. Auf ihren Auftraggeber ist Verlass.

Clyde sitzt hinter dem Steuer, Frank auf dem Beifahrersitz und hält die Tasche, die später die Beute aufnehmen soll. Es ist schon dunkel, er hat das Fahrlicht eingeschaltet. Die Schaufenster sind alle erleuchtet, auf den Bürgersteigen eilen die Passanten auf der Jagd nach dem letzten Einkauf vor Ladenschluss vorbei.

Vor dem Juwelier Martin ist kein Platz zum Parken, sodass Clyde auf der gegenüberliegenden Seite der 50. Straße hält. Er bleibt noch einen Moment sitzen, um den Ablauf mit Frank durchzusprechen.

„Das haben wir doch mindestens schon zwanzigmal durchgekaut!“, sagt sein Cousin genervt.

„Besser einmal zu viel, als einmal zu wenig!“

Sie ziehen sich die Strümpfe von Martha über das Gesicht. Ihre Nasen werden breit gequetscht und sie sind nun unkenntlich.

„So, los jetzt!“, ruft Clyde und springt aus dem Wagen, die Waffe in der Hand. Clyde kommt hinterher, er hat die große Tasche mit dem Brecheisen in der einen Hand und trägt die Absperrstange in der anderen. Sie laufen über die Straße und Clyde öffnet die Tür zum Juwelier. Mit zwei Sätzen erreicht er die Mitte des großen Verkaufsraumes und schießt mit der Pistole in die Decke.

„Alle mal herhören! Dies ist ein Überfall! Jeder bleibt an seinem Platz und bewegt sich nicht! Wer sich trotzdem rührt, wird erschossen!“

Währenddessen hat sich Frank die lange Stange genommen und sie in zwei Laschen auf beiden Seiten der Tür eingehängt. Er ist überrascht, wie gut sie passt. Er dreht sich zum Verkaufsraum und läuft auf die beiden Vitrinen zu, die auf der Skizze gekennzeichnet waren. Er reißt die Brechstange hoch und zerstört mit wenigen Schlägen das Glas. Laut klirren die zerbrechenden Scheiben, eine der Käuferinnen kreischt erschrocken. Clyde hat die Kunden und das Personal im Griff. Sein grimmiges Gesicht und die furchteinflößende Waffe halten sie in Schach. Frank greift mit einer Hand in die Vitrine und nimmt eilig das Geschmeide heraus. Mit wenigen Griffen hat er sie leergeräumt. Die anderen Vitrinen wecken seine Begehrlichkeit, aber Clyde drängt zur Eile. „Das reicht, mehr ist nicht vorgesehen!“

Clyde läuft zur Tür und entfernt den Riegel, Frank folgt mit der Tasche. Sie laufen über die Straße und springen in den dunklen Ford. Clyde startet den Wagen und fädelt sich in den Verkehr ein. Die 50. Straße ist hier One-Way Street, sodass er erst zur 5th. Avenue fährt und dort rechts abbiegt. Er passt sich dem Fluss der anderen Autos an, er fährt bis zur 42. Straße und biegt dort ab. Sie haben sich die Strumpfmasken vom Gesicht gezogen und grinsen sich an.

„Das hat geklappt wie am Schnürchen! Hast du das Gesicht des einen Verkäufers gesehen?“

Frank stimmt in das Lachen mit ein. „Es hat sich niemand getraut, uns anzugreifen. Was meinst du, wie lange es gedauert hat?“

„Vielleicht drei oder vier Minuten? Höchstens fünf, würde ich schätzen.“

Das letzte Ende der 42. Straße West ist wie so oft einsam, kein Mensch befindet sich jetzt in der dunklen Straße. Clyde stoppt den Wagen dicht vor dem Tor und Frank steigt aus. Er zieht das Tor auf und sein Cousin lenkt den Wagen geschickt hinein. Rasch schließt er das Tor wieder. Drinnen lässt Clyde noch kurz den Motor mit eingeschaltetem Licht laufen, damit sein Cousin den Lichtschalter finden kann. Ein blasses Licht strömt aus der Ecke, in der sich die Lampe befindet, Clyde schaltet die Zündung aus.

Es ist jetzt still, bis auf das schwache Licht ist es dunkel. Beide sitzen in dem schwarzen Wagen und sehen einen Moment schweigend in das gespenstische Licht vor ihnen.

„Jetzt bin ich mal gespannt, wie es weitergeht. Vielleicht bekommen wir unseren geheimnisvollen Unbekannten doch noch zu Gesicht.“

Frank hat den Satz noch nicht zu Ende gesprochen, da löst sich ein Schatten aus der Dunkelheit. Ein Mann kommt auf sie zu. Er hat eine Waffe in der Hand, er trägt einen dunklen Ledermantel, über das Gesicht hat er eine schwarze Mütze gezogen, in die zwei Löcher für die Augen geschnitten worden sind.

Er kommt auf den Wagen zu, die Waffe hat er erhoben und auf das Auto gerichtet. Clyde dreht die Scheibe herunter.

„Ich bin Ihr Auftraggeber“, sagt er mit einer wohltönenden Stimme, „hat alles geklappt?“

„Ja, ja. Es war hervorragend geplant und wir waren in wenigen Minuten wieder draußen.“ Clyde ist nervös, der Unbekannte flößt ihm Furcht ein.

„Zeigen Sie mir erst die Beute, dann erhalten Sie ihren Lohn!“

Frank öffnet die Tür, er steigt aus und reicht dem Mann die Tasche. Der leuchtet mit seiner Taschenlampe hinein.

„Das sieht gut aus. Sie haben das sehr anständig gemacht!“ Er greift in die tiefe Innentasche seines Mantels und holt zwei Bündel mit Banknoten heraus. „Hier, das ist für Sie. Warten Sie noch so lange, bis ich das Lagerhaus verlassen habe, dann können Sie gehen!“

Die beiden jungen Männer sehen mit großen Augen auf die Geldbündel in ihrer Hand. Als sie wieder aufsehen, ist der Fremde verschwunden.

Mit glänzenden Augen halten sie das Geld und fangen an zu zählen. Jeder von ihnen hat 4000 Dollar in der Hand.

„Mensch, wir sind reich!“, ruft Frank.

„Juchhe, das war leicht verdientes Geld!“, freut sich Clyde.

„Was machen wir jetzt damit?“

„Ganz einfach, wir nehmen ein Taxi nach Hause.“

„Wie, einfach so nach Hause? Du bist ja langweilig!“

Frank brennt vor Ungeduld. „Lass uns doch zu »Coogans Lilly« in der 2nd. Avenue fahren, dort machen wir noch einen los.“

„Na gut, du kannst von dort aus Martha anrufen, sie kann mit uns feiern!“

„Wie kommen wir dahin, was ist jetzt mit dem Taxi?“, fragt Frank.

„Ja, das könnten wir machen. Auf der anderen Seite haben wir hier ein schönes Auto, lass uns doch das nehmen!“

„Gut, du bist der Boss!“

Laut singend fahren sie auf die Straße.

»Coogans Lilly« ist ein Lokal in der Nähe ihrer Wohnung, in das sie häufiger einkehren. Nach zwanzig Minuten Fahrt haben sie die Gaststätte erreicht. Clyde stellt den Wagen ab und sie gehen sich laut unterhaltend hinein.

Lilly ist die Chefin, ihr und ihrem Mann gehört die Gaststätte. Sie steht hinter der Bar und sieht ihre beiden Kunden hereinkommen.

Clyde und Frank lehnen sich mit leuchtenden Augen an die Theke. „Hallo, Lilly! Eine Runde für alle!“ Frank hebt eine Hand mit ein paar Geldscheinen und dreht sich einmal im Kreis.

Lilly sieht die beiden skeptisch an. „Bezahlt lieber erst eure Schulden!“

Clyde und Frank lachen beide gleichzeitig. „Hier, das ist für dich!“, ein fünfzig Dollar-Schein flattert auf die Theke.

Lilly ist skeptisch. „Woher habt ihr denn so viel Geld?“

„Frag nicht so viel, fang schon mal an, einzuschenken - ach ja, kann ich telefonieren?“

„Du weißt ja, wo das Telefon ist. Warte, ich gebe dir Kleingeld, du scheinst ja nur große Scheine zu haben.“

Clyde nimmt den Dime und geht zum Telefon. Es hängt auf dem Weg zu den Toiletten an der Wand. Er wählt die Nummer, die er so gut kennt und wartet das Rufzeichen ab. „Hallo, Martha! Frank und ich sind hier bei Lilly. Wir machen einen drauf und ich wollte fragen, ob du Zeit hast?“ Clyde lauscht mit einem Grinsen in den Hörer. „Ja? Das ist schön. Wir warten hier auf dich.“

Er geht zurück in das Lokal zu seinem Cousin. „Martha kommt gleich.“ Er nimmt sein Glas und trinkt einen langen Zug, er stellt es ab und klopft seinem Cousin auf die Schulter. So heftig, dass der sich verschluckt und prustend sein Glas abstellt. „Sag mal, hat das eben nicht sahnemäßig geklappt? Das sollten wir häufiger machen!“

Sie lachen beide wieder. Frank ruft zu der Wirtin: „Lilly, füll unsere Gläser, wir haben etwas zu feiern!“

Und wieder stößt er mit seinem Cousin an. Als Martha endlich kommt, sind sie nicht mehr ganz nüchtern.

„Was habt ihr denn zu feiern?“, fragt sie misstrauisch und setzt sich zu ihnen an den Tisch.

„Sieh dir das an!“, sagt Clyde und hält ihr ein Bündel Fünfziger vor das Gesicht.

Anstatt sich zu freuen, so wie Clyde und Frank es erwartet hatten, sieht sie erschrocken auf das viele Geld. „Scheiße, Clyde! Was habt ihr gemacht?“

Der verzieht missmutig sein Gesicht. „Wir haben gedacht, du freust dich, und nun du bist du nur doof.“

„Ihr habt so viel Geld doch niemals mit ehrlicher Arbeit verdient, oder?“

„Na, ja. Ganz ehrlich nicht. Aber wir sind immerhin nicht erwischt worden, das ist fast dasselbe.“

Die Tür der Gaststätte wird geöffnet und zwei Cops in ihrer dunkelblauen Uniform kommen herein. „Gehört jemandem der schwarze Ford draußen vor der Tür?“

Clyde und Frank sind plötzlich ganz leise. Frank hebt den Arm und fragt zaghaft. „Was ist denn damit, Officer?“

Sein Cousin sieht ihn entsetzt an. „Mensch, halt doch die Klappe!“, zischt er ihn an.

Die beiden Polizisten haben plötzlich ihre Hand in der Waffe. Der eine der beiden sagt laut: „Dieser Wagen ist vor einer Stunde bei einem Raubüberfall gesehen worden.“

Frank springt auf. So heftig, dass der Stuhl nach hinten fällt und läuft so schnell er kann nach hinten. Am Ende des Ganges weiß er eine Tür, die nach draußen führt.

Doch die Polizisten sind schneller. „Stopp!“, ruft einer der beiden Cops mit einer mächtig dröhnenden Stimme durch das Lokal. Seinen Revolver hat er erhoben und zielt auf den Flüchtenden. „Stehenbleiben, oder ich schieße!“

Frank sieht ein, dass er verloren hat. Er hebt die Hände und dreht sich um, Clyde werden gerade Handschellen angelegt.

Martha sieht ihren Bruder und ihren Freund traurig an, dann sagt sie zu den Polizisten: „Das kann nicht sein, Officer, wir sind doch schon über zwei Stunden hier!“

Der ältere der beiden sieht zu Lilly hin. Die schüttelt den Kopf.

Er lächelt müde. „Noch so einen Versuch, und wir müssen sie auch festnehmen, junges Fräulein!“

Die neue Sekretärin

Seit Anfang Oktober arbeiten Mike und Candy in ihrem neuen Büro. Sie haben viel zu tun, immer wieder läutet das Telefon. An manchen Tagen klingelt es bis zu dreißig Mal.

Die ungewöhnlich hübsche Besitzerin, Candice Evans, sitzt bei ihrem Freund und Partner auf dem Schreibtisch. Michael „Mike“ Callaghan, hat den Stuhl weit zurückgeschoben und hat die Schuhe neben ihr auf den Tisch gelegt.

Er lächelt sie an, seine Blicke freuen sich an ihrer Figur und ihrem lieblichen Gesicht. Candice, oder Candy, wie er sie nennen darf, sieht aus, wie einem Modemagazin entsprungen. Dazu passt die teure Kleidung, die sie trägt. Ihre weiße Bluse, die sich über ihrem wohlgeformten Oberkörper spannt, ist aus reiner Seide. Ihr rosa Kostüm hat sie beim teuersten Schneider in der 5th. Avenue anfertigen lassen.

Sein Blick fällt auf ihr langes blondes Haar, das in leichten Wellen bis auf den Rücken fällt. „Ist dir nie in den Sinn gekommen, deine Haare so zu tragen, wie alle anderen Frauen auch?“

Candy rümpft die Nase. „Ich habe das schon mal versucht, bevor wir uns kennengelernt haben. Das Gefummel mit den Lockenwicklern dauert mir zu lange und ich finde, dass es die Haare auf Dauer schädigt. Und überhaupt, mir sehen ohnehin alle hinterher, ganz egal, was ich für eine Frisur habe. Oder gefallen dir meine Haare nicht?“

„Doch, doch!“, beeilt Mike sich zu korrigieren. „Das habe ich damit nicht sagen wollen. Mir fällt es nur gerade auf.“

„Was hältst du davon, wenn wir eine Sekretärin einstellen würden?“, fragt sie ihren Schatz.

„Das halte ich für eine ausgezeichnete Idee. Wir können dann beide das Büro verlassen, ohne einen wichtigen Anruf zu verpassen. Ich wollte das schon vorschlagen, aber du bist ja der Goldesel von uns beiden.“

Candy stößt ihm ihre kleine Faust auf den Arm. „Esel verbitte ich mir!“

Mike schmunzelt. „Okay, gefällt dir Goldstück besser?“

„Du sollst das nicht immer sagen, dir gehört hier alles, genauso wie mir. Ohne dein detektivisches Gespür wärst du nicht so bekannt geworden. Denk nur an den Rauschgiftschmuggel, den du vor zwei Monaten aufgedeckt hast.“

Mike gibt ihr recht, er lächelt vor sich hin. „Ja, dabei habe ich dich kennengelernt. Und ohne deine Hilfe hätte es nicht geklappt.“

„Siehst du. Jetzt werde ich mich um eine Sekretärin kümmern.“

Sie steht auf und geht in ihr Büro, das seinem gegenüber liegt. So können sie sich beide bei der Arbeit sehen. Mike nimmt die Beine vom Schreibtisch und zieht eine Schublade auf. Er holt einen Bilderrahmen und ein Schild heraus, beide will er oberhalb seines Schreibtisches an der Wand anbringen.

Das Messingschild mit der Gravur hatte er bisher neben dem Eingang seines ersten kleinen Büros in der 17. Straße hängen gehabt. »Wir setzen uns seit über achtzig Jahren für Sie ein«, ist darauf eingraviert. Er wollte damit Reklame für seine neue Detektei machen. Sein Großvater, Mickey Callaghan, war 1868 Marshall in Abilene gewesen und das ist nun fast achtzig Jahre her. Mike greift sich Hammer und Nagel und macht sich an die Arbeit.

So, das Schild hängt an der Wand. Das Foto, das seinen Großvater zeigt, ist dagegen neu, Candy hat es noch nicht gesehen. Er hat das Bild von seinem Vater bekommen, nachdem er ihn gebeten hatte, doch einmal nach Bildern seines vor über zwanzig Jahren verstorbenen Großvaters zu suchen.