Der verborgene Tempel des Jaguars - Regina E.G. Schymiczek - E-Book

Der verborgene Tempel des Jaguars E-Book

Regina E.G. Schymiczek

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Beschreibung

Das zweite Abenteuer führt den Meeresarchäologen Dr. Jack Foster und seinen besten Freund, Tony Campillo, in den Dschungel Mittelamerikas. Ein Schmuckstück gibt den Hinweis auf einen Maya-Schatz in einen sagenumwobenen Jaguar-Tempel. Auf der Suche danach müssen sich die beiden nicht nur mit einem Dämon in Hundegestalt auseinandersetzen, sondern auch mit einer geheimnisvollen Schamanin, die über außergewöhnliche Fähigkeiten verfügt. Ein Maya-Stamm, der die Tradition der Menschenopfer wieder aufleben lassen will und die Begegnung mit brutalen Schmugglern, die ebenfalls hinter dem Gold der Maya her sind, machen die Schatzsuche nicht gerade einfacher. Und dann tauchen immer wieder Hinweise auf, dass auch die präkolumbianischen Maya die mythologischen Seepferde kannten. Gab es etwa schon in der Antike Kontakte zwischen Europa und der Neuen Welt? Muss die Geschichte der Entdeckung Amerikas neu geschrieben werden?

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Seitenzahl: 364

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Für Johann Adams, meinen Großvater, der als Erster mit mir auf Schatzsuche ging

DANKSAGUNG

Herzlich bedanken möchte ich mich bei Ekki für seine Tipps zur Kryptozoologie, die mir sehr geholfen haben, die neue Seepferd-Spezies zu entwickeln.

Mein ganz besonderer Dank gilt Ingrid - nicht nur dafür, dass sie sich tapfer mit mir den Moskitoschwärmen in den Maya-Ruinen von Belize gestellt hat, sondern auch dafür, dass sie schon für das nächste Abenteuer bereit ist!

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

FAKTEN UND FIKTION

1

Jack sah aus dem Flugzeugfenster und fasste wieder an den Knoten seiner Krawatte. Die Maschine hatte pünktlich um 13:05 Uhr vom Flughafen in Miami abgehoben und befand sich jetzt auf halbem Weg nach Belize, dem kleinen mittelamerikanischen Land am Golf von Mexiko, das zwischen Mexiko und Honduras liegt. Da es außer Wolken aber nichts zu sehen gab, wandte er sich an seinen Freund Tony, der neben ihm saß und ebenfalls Anzug und Krawatte trug:

„Und du bist wirklich sicher, dass das nötig ist?“

„Si, muchacho. Ein Cocktailempfang mit Dinner auf einer Hazienda ist eine hochoffizielle Angelegenheit – kein Grillfest in Nachbars Garten, wo du in Jeans und T-Shirt hingehen kannst!“

„Aber diese Hütte liegt mitten im Dschungel! Wer außer uns wird schon da sein?“

„Santa Maria! Eine Hazienda ist keine Hütte! Wenn unser Auftraggeber schon gedruckte Einladungen verschickt, werden wir bestimmt nicht die einzigen Gäste sein. Es ist üblich, auch die Nachbarn zu solchen Veranstaltungen einzuladen. Und irgendwo wird auch diese Hazienda Nachbarn haben – da können wir unseren neuen Boss nicht brüskieren!“

„Auf den bin ich auch schon gespannt! Warum wollte er unbedingt anonym bleiben, wenn wir ihn heute Abend ja doch kennen lernen? Wieso lädt er uns zu einem Empfang auf seine Hazienda in Belize ein, wenn wir für ihn einen unbekannten Unterwassertempel an der mexikanischen Küste erforschen sollen?“

Jack und Tony betrieben ein kleines Unternehmen in Miami Beach, das Wracktauchen für Touristen organisierte. Jack, ein promovierter Meeresarchäologe, lieferte dabei die historischen Fakten und schätzte eventuelle Funde für ihre Klienten ein, Tony begleitete die Touristen bei den Tauchgängen.

Ihr letzter Auftrag hatte dazu geführt, dass sie eine geheime Siedlung nach antikem Vorbild im Naturschutzgebiet der Florida Keys entdeckt hatten. Es stellte sich dann heraus, dass die Einwohner keine harmlosen Wochenend-Römer waren, die dort ihrem Hobby frönten, sondern eine gefährliche Gruppe von Verschwörern, die nichts weniger als die Weltherrschaft anstrebten. Um dieses Ziel zu erreichen, wollten sie sich antiker Magie bedienen.

In einer lebensgefährlichen Aktion konnte Jack das schließlich verhindern. Bei dieser Gelegenheit erfuhren die Freunde auch, dass es nicht nur Nachkommen der Einwohner von Atlantis gab, die unerkannt auf der ganzen Welt verteilt lebten, sondern auch, dass die von antiken Darstellungen her bekannten sagenhaften Seepferde – halb Pferd, halb Fisch oder Delfin – tatsächlich existierten. Nachdem sie dieses Abenteuer nur mit Mühe lebend überstanden hatten, war die Einladung aus Belize gekommen – zusammen mit einem rätselhaften Schmuckstück, dass eine Menge Fragen aufwarf, die besonders Jack umtrieben.

Tony sah ihn an und grinste. „Amigo, in einer Stunde sind wir da, dann bekommst du sicher Antworten auf alle deine Fragen!“

*

Im Schlafzimmer wurde das Licht durch die heruntergelassenen Jalousien gedämmt. Sie sah auf ihre Armbanduhr. Es wurde Zeit zu gehen. Rückblickend würde sie sagen können, dass heute der Beginn von etwas ganz Großem gewesen war.

Sie blickte in den Spiegel. Ein kurzes Lächeln huschte über ihr Gesicht. Doch, sie war mit ihrem Äußeren durchaus zufrieden. Mit dem dunkelroten Lippenstift zog sie ihre Lippen noch einmal nach. Dann griff sie zu der schweren Silberkette und hing sie sich um den Hals. Ihre Finger spielten kurz mit dem glatten Obsidian, der das Bildnis einer Gottheit zeigte und als Anhänger an der Kette hing. Dann strich sie ihr Kleid glatt und verließ den Raum. Sie fühlte sich wie eine Königin. Und sie war ja auch eine.

Auf der Kommode lag eine aufgeschlagene Dokumentenmappe. Darin befanden sich zwei Schriftsätze mit jeweils einem Foto. Unter dem einen stand DR. JACK FOSTER, unter dem anderen ANTONIO CAMPILLO.

*

Am Flughafen von Belize City wurden Jack und Tony bereits von einem Fahrer ihres Auftraggebers erwartet.

„Buenas días, Señores”, begrüßte sie der Mann, der eine dunkle Sonnenbrille und einen tadellos sitzenden Anzug trug. Er nahm ihr Gepäck und führte sie zu einem SUV-Fahrzeug mit Luxusausstattung. Mit einer geschmeidigen Bewegung öffnete er die hintere Wagentür.

„Bitte nehmen Sie Platz. In der Mittelkonsole finden Sie zwei gekühlte Wasserflaschen. Sollten Sie sonst noch etwas benötigen, lassen Sie es mich bitte wissen.”

Die beiden warfen sich einen Blick zu und stiegen dann ein. Die draußen noch herrschende drückende Hitze wich der nun angenehmen, künstlichen Kühle der Klimaanlage.

Der internationale Flughafen lag in westlicher Richtung außerhalb der Stadt. Der Fahrer bog sofort auf den Northern Highway ein, den er nach ungefähr einer halben Stunde wieder in östlicher Richtung verließ. Durch die abgedunkelten Scheiben konnten Jack und Tony rechts und links nur noch das dichte Grün des mittelamerikanischen Dschungels erkennen, dessen unendlich viele, einzigartige Muster durch die Fahrgeschwindigkeit zu einer scheinbar einförmigen Masse verschmolzen.

Die Beschaffenheit der Straße verschlechterte sich deutlich. Selbst der gut gefederte Wagen konnte nicht alle Stöße abfangen, die die zahlreichen Schlaglöcher produzierten, so dass sie ordentlich durchgeschüttelt wurden.

Nach ungefähr einer weiteren Stunde endete der Weg dann unvermittelt vor einem massiven Stahltor, an das sich auf beiden Seiten eine zwei Meter hohe, mit Stacheldraht gesicherte Mauer anschloss. Jack bemerkte außerdem mehrere Überwachungskameras und Bewegungsmelder.

„Was ist das hier? Das Fort Knox von Belize?“

Der Fahrer drehte sich um und grinste. „Willkommen auf der Hacienda de los Reyes, Señores!“

*

Während das große Tor lautlos zur Seite glitt, raunte Jack seinem Freund zu: „Du hast Recht – diese Hazienda scheint wirklich keine Hütte zu sein.“

„Das sagt schon der Name: Hacienda de los Reyes – Hazienda der Könige!“

Ein breiter, geteerter Weg führte an schön angelegten Blumenbeeten vorbei zum zweistöckigen Haupthaus, vor dem bereits einige Limousinen der gehobenen Kategorie parkten. Als der Wagen hielt, kam ihnen aus dem Haus ein Mann mittleren Alters mit strahlendem Gesicht entgegen. Er war nicht sehr groß, hatte eine Halbglatze und einen dichten schwarzen Schnurrbart. Der teure Anzug, den er trug, konnte nicht ganz verbergen, dass er ein paar Pfund zu viel auf den Rippen hatte.

„Ah, Dr. Foster, Señor Campillo! Herzlich willkommen in meinem bescheidenen Wochenend-Häuschen! Ich bin Don Carlos da Silva, Ihr Gastgeber!“ Er sprach ein gutes Englisch, wenn auch mit starkem Akzent.

„Freut mich sehr, Sie nun endlich kennen zu lernen, Don Carlos! Sie haben einen schönen Besitz hier. Ich dachte schon, wir würden vor dem Empfang noch den Staatsschatz von Belize besichtigten!“

„Sie sind zu freundlich, Dr. Foster!“

„Ja, mein Freund hatte keine so rechte Vorstellung von einer Hazienda!", meinte Tony grinsend. "Don Carlos, auch ich freue mich, Sie kennen zu lernen und danke Ihnen für die Einladung!“

„Señor Campillo, ich danke Ihnen beiden, dass Sie die Mühe auf sich genommen haben, meiner Einladung in den Dschungel zu folgen! Bitte kommen Sie ins Haus, ich möchte Ihnen meine Familie vorstellen. Um das Gepäck werden sich meine Leute kümmern!“

Jack und Tony folgten ihrem Gastgeber und betraten die großräumige Eingangshalle des Hauses. Der Boden bestand aus teuren Marmorfliesen, die das Licht eines gewaltigen Kristalllüsters reflektierten. Spiegel mit vergoldeten Rahmen, die von ebenfalls vergoldeten Windhunden flankiert wurden, strahlten barocke Pracht aus. Zwei gewundene Treppen führten in die obere Etage. Die Ausstattung war so üppig, dass sie keinen Anspruch auf das Prädikat geschmackvoll erheben konnte.

Sie wurden bereits erwartet. Die Dame des Hauses, die ihre dunklen Haare zu einem strengen spanischen Nackenknoten frisiert hatte, trug ein schwarzes Etuikleid und ein vor Karat strotzendes Diamantkollier als einzigen Schmuck. Sie schien etliche Jahre jünger als ihr Mann zu sein.

„Meine Frau Maria – Liebes, das sind Dr. Jack Foster und Señor Antonio Campillo aus Miami.“

Während Jack und Tony sie artig begrüßten, stellte Jack fest, dass das Lächeln von Maria da Silva ziemlich sparsam ausfiel. Anscheinend war sie über die Anwesenheit der beiden Amerikaner nicht gerade begeistert.

„Und das sind meine Söhne – Carlito, mein Ältester und sein Bruder Juan!“

Die beiden da Silva Sprösslinge, die ungefähr 20 und 16 Jahre alt waren, machten sich nicht einmal die Mühe, ein Lächeln vorzutäuschen, sondern nickten nur knapp. Beide trugen, wie ihr Vater, teure Maßanzüge.

Don Carlos da Silva ging voran in ein geräumiges Wohnzimmer, an das sich eine große Terrasse anschloss. Von dort aus führten zwei Stufen einer breiten Treppe zu einem großzügigen, nierenförmigen Swimmingpool hinunter, der einladend in der Sonne schimmerte.

Ungefähr zwanzig elegant gekleidete Damen und Herren bevölkerten die Terrasse, auf der zahlreiche Sonnenschirme für ausreichend Schatten sorgten. Die Hitze wurde jetzt, am späten Nachmittag, endlich erträglich. Tony warf Jack einen Blick zu, der sagte, siehst du, ich hatte Recht mit der Garderobe. Die Luft vibrierte vor Luxus. Leises Lachen, angeregte Gespräche, teures Parfüm, gemischt mit Zigarrenduft, und das Klimpern der Eiswürfel in den Gläsern, prägten die Atmosphäre. Die Gäste schienen sich wohlzufühlen.

Don Carlos nahm einem Bediensteten zwei Cocktailgläser vom Tablett und stieß sie leicht aneinander. Die Gespräche verebbten, alle Blicke richteten sich erwartungsvoll auf den Gastgeber und seine Begleitung.

„Liebe Freunde!“, Jack zuliebe sprach Don Carlos Englisch, „Jetzt erfahrt ihr endlich den Grund für diesen kleinen Empfang. Meine Gäste aus den USA sind eingetroffen: Dr. Jack Foster und Antonio Campillo. Ihr wisst ja, wie lange ich schon vorhabe, den alten Tempel auf meinem Grund zu erforschen. Jetzt ist es endlich so weit: Nach einer langen Zeit des Suchens habe ich Experten gefunden, die den Mut haben, sich dieser Aufgabe zu stellen. Stoßt mit mir an auf einen erfolgreichen Ausgang dieses Abenteuers!“

Viele der Anwesenden sahen sich an und ein erstauntes Murmeln war zu hören. Don Carlos drückte Jack und Tony jeweils ein Glas in die Hand und nahm sich selbst eins. Alle prosteten ihnen zu. Obwohl sich alle um Höflichkeit bemühten, konnte Jack den Eindruck nicht abschütteln, dass die Bekanntgabe der Tempelerforschung nicht gerade auf Begeisterung gestoßen war. Tony hatte den gleichen Eindruck. Die beiden Freunde warfen sich wieder einen Blick zu. Beiden war außerdem ein Detail in Don Carlos’ kleiner Rede aufgefallen.

Jack runzelte die Stirn und wandte sich an den Gastgeber, während sich die anderen Gäste wieder ihren Gesprächen widmeten. „Don Carlos, habe ich das gerade richtig verstanden – der Tempel befindet sich auf Ihrem Grund?“

„Sí, sí! Ist das nicht wunderbar? So kann uns auch niemand da hereinreden!“

„Heißt das, Sie haben auch Grundbesitz an der mexikanischen Küste?“

„Küste? Nein! Wieso mexikanische Küste?“

„Weil in Ihrem Schreiben stand, dass es um die Erforschung eines unbekannten Unterwassertempels an der mexikanischen Küste gehen würde!“, mischte sich Tony jetzt ein. „Darum habe ich ja auch genau spezifiziert, welche Tauchausrüstung wir benötigen.“

„Ah, sí – ich verstehe! Das war ein kleiner Kniff aus Sicherheitsgründen. Aber das werden wir morgen in Ruhe durchsprechen und klären. Es ändert sich nichts an dem Auftrag im Allgemeinen. Jetzt möchte ich Ihnen einige andere Gäste vorstellen. Das ist mein lieber Nachbar, Don Pedro Montecito, seine Frau Carmen, Felipe, sein ältester Sohn, ihre bezaubernde Tochter Dulcinea und sein Jüngster, Alfonso.“

Don Carlos wies mit der Hand auf eine fünfköpfige Familie, die alles andere als glücklich aussah.

Dulcinea, dachte Jack amüsiert, das passt. Der Vater sieht aus wie Don Quichote und die Jungs könnten beide den Sancho Pansa geben. Die Kinder haben die Figur wohl alle von der Mutter geerbt.

„Don Pedro gehört das Land, das an meines angrenzt – und damit auch an den Tempel. Er ist daher auch höchst interessiert, was Sie dort entdecken werden, nicht wahr alter Freund?“

Don Carlos lachte laut und klopfte dem langen, hageren Don Pedro auf die Schulter, was aufgrund des Größenunterschieds etwas komisch wirkte. Die Montecitos lächelten höflich, aber leicht säuerlich.

Ein Bediensteter eilte herbei und flüsterte seinem Boss etwas ins Ohr.

Don Carlos strahlte und rieb sich die Hände. „Ah, das ist sehr gut! Freunde, ihr könnt euch jetzt stärken! Die ersten Steaks kommen gerade frisch vom Grill. Greift zu!“

Ein freudiges Raunen ging durch die Anwesenden und schnell formierte sich eine Prozession in eine Ecke der Terrasse, die durch aufsteigenden Rauch und köstliche Düfte leicht als Grill-Standort identifiziert werden konnte.

„Na, so ganz falsch lag ich mit meiner Grill-Idee ja dann auch nicht“, meinte Jack zu Tony.

Der grinste ihn an. „Das wird dir gefallen – ich habe vom Schwager meines Cousins gehört, dass die Steaks hier noch größer sind als die bei uns!“

Nachdem die beiden sich mit den tatsächlich beeindruckend großen Steaks versorgt hatten, suchten sie sich einen Platz zum Essen.

„Hmm, wirklich großartig!“, meinte Jack, der bei einem Steak selten Nein sagte, begeistert, als er den ersten Bissen kaute.

„Es verdad, so eine eigene Rinderzucht hat schon was für sich. Don Carlos scheint ein vielseitiger Mann zu sein. Und am nötigen Kleingeld mangelt es ihm wohl auch nicht.“

„Aber, sag mal, ist dir auch aufgefallen, dass unser Auftraggeber der Einzige ist, der freundlich zu uns ist? Warum sind alle anderen so mies drauf? Wenn sie schon nicht von der Idee begeistert sind, kann es ihnen doch eigentlich egal sein, ob wir uns in diesem Tempel umsehen oder nicht.“

Tony nickte und spülte einen Steakbissen mit einem Schluck Rotwein hinunter. „Finde ich auch seltsam. Wir sollten uns gleich mal getrennt unter die Gäste mischen. Vielleicht kriegen wir was raus.“

„Gute Idee. Ich hoffe nur, ich finde jemanden, der noch was anderes außer Spanisch spricht…“

„Welche Sprache wäre Ihnen denn recht, Dr. Foster? Altgriechisch? Latein? Mopan – die in Belize noch heute existierende Sprache der Maya?“

Die beiden Männer hoben die Köpfe von ihren Tellern, dann standen sie auf. Vor ihrem Tisch stand eine junge Latina mit Modelmaßen. Sie trug ein ärmelloses, enganliegendes rotes Kleid mit einem hohen Stehkragen. Ihr langes schwarzes Haar hatte sie zu einem Zopf geflochten. Um ihren Hals hing eine schwere Silberkette mit einem großen Obsidian, in den ein Maya Götterbild geschnitzt war. Ein spöttisches Lächeln spielte um ihre Lippen.

„Ihr Englisch ist ganz passabel, damit käme ich erst mal klar, Señorita…“

„Dr. Olivia Garcia.“

„Möchten Sie sich nicht zu uns setzen, Dr. Garcia? Wir würden uns freuen!“ Tony lächelte sie charmant an und rückte ihr einen Stuhl zurecht, den sie mit einem knappen Nicken akzeptierte.

„Ihr Fachgebiet ist also mesoamerikanische Ethnologie?“, fragte Jack, als alle drei saßen.

„Richtig. Das Mopan hat Sie drauf gebracht, nicht wahr? Aber lassen Sie sich bitte nicht beim Essen stören. Eigentlich wollte ich mir selbst gerade etwas holen, als ich Sie hier sitzen sah…“.

Tony war schneller als Jack. Er war sofort wieder aufgesprungen und meinte: „Ich hole Ihnen gern etwas – ein Steak?“

„Ja, aber bitte ein großes – ich habe ziemlichen Hunger!“

Tony grinste und verschwand Richtung Grill.

Dr. Garcia sah ihm lächelnd nach und sagte dann zu Jack: „Sie haben einen charmanten Freund.“

„Ja, aber sagen Sie ihm das bloß nicht, sonst werden Sie ihn nicht mehr los.“ Da haben wir es wieder, dachte Jack, da Tony zudem noch unverschämt gut aussah, hatte er noch nie Schwierigkeiten gehabt, auf Partys nette Ladies kennenzulernen.

„Möchten Sie ein Glas Wein?“, fuhr er fort.

Als sie nickte, griff Jack zu einem der Weingläser, die auf dem Tisch bereitstanden und schenkte ihr aus einem großen Krug etwas ein.

„Nicht nur das Mopan hat mir verraten, dass Sie ethnologisch interessiert sind, ich bewundere auch Ihr Schmuckstück – ein Obsidian mit einer Maya-Schnitzerei, nicht wahr, Dr. Garcia?“

Sie nahm das Glas und hielt es ihm entgegen. „Da wir jetzt zusammenarbeiten werden, können Sie mich ruhig Olivia nennen, Jack.“

Er hatte auch zu seinem Glas gegriffen, setzte es jetzt aber wieder ab und sah Olivia verblüfft an.

„Wir werden zusammenarbeiten?“

„Ja, sicher. Sie sind doch kein Experte für mesoamerikanische Kultur, oder? Dafür hat Don Carlos mich engagiert.“

Jack runzelte verärgert die Stirn. Überraschungen dieser Art mochte er überhaupt nicht. Und das war schon die zweite bei diesem Auftrag.

„Moment mal! Don Carlos hat uns beauftragt – und wir sind ein zwei-Mann-Team. Wir sind aufeinander eingespielt – da kann man nicht einfach einen Dritten dazu engagieren, so ganz ohne Absprache!“

„Jetzt kommen Sie mal von Ihrem hohen Ross herunter! Don Carlos erwartet eine umfangreiche Untersuchung. Da musste Ihnen doch klar sein, dass auch ein Maya-Experte dabei sein wird, als Sie den Auftrag mit ihm abgesprochen haben!“

„Abgesprochen?! Das ist gut, bisher hatte ich noch keine Gelegenheit, überhaupt mehr als zwei Sätze mit Don Carlos zu sprechen!“

„Da haben Sie aber eine seltsame Art, Aufträge anzunehmen!“

„Also, meine Idee war diese Geheimniskrämerei nicht, ich…“

„Hey, was ist denn hier los? Da bin ich mal zwei Minuten weg und ihr geht euch direkt an die Gurgel?“ Tony war mit einem Steakteller für Olivia zurückgekommen und setzte sich auf seinen Stuhl. Er war ziemlich erstaunt, dass Jack, den er besonders in weiblicher Gesellschaft stets liebenswürdig erlebt hatte, und diese attraktive Frau, die aus einem Hochglanz-Magazin gestiegen zu sein schien, sich derart angifteten.

Olivia schaltet aber schnell um. Sie lächelte Tony an und meinte: „Wir fragen uns gerade beide, warum Don Carlos ihn eigentlich engagiert hat.“

„Was? Also, warum er uns engagiert hat, liegt auf der Hand: Weil… Au!“ Unter dem Tisch hatte er einen kräftigen Tritt von Jack bekommen, der an seiner Stelle fortfuhr: „Weil er jemanden haben wollte, der auch in schwierigen Lagen einen kühlen Kopf behält!“

Olivia sah von Jack zu Tony, stand auf, nahm ihren Teller und ihr Weinglas und sagte: „Vielleicht klären Sie die neue Situation erst einmal untereinander. Wir sehen uns sicher noch im Laufe des Abends.“

Sie bedachte Jack mit einem vernichtenden Blick, lächelte Tony erneut charmant an und gesellte sich dann zur Montecito-Familie.

„Muchacho, musstest du die einzige aufregende Frau auf dieser Veranstaltung unbedingt sofort vergraulen? Was für eine neue Situation meinte sie da gerade? Und was sollte der Tritt?“ Er rieb sich sein Bein.

„Ich wollte verhindern, dass du dieser Lara Croft sofort die Sache mit dem Seepferd-Amulett erzählst!“

„Ich bin doch kein Plappermaul! Aber, was ist denn nun eigentlich los?“

„Don Carlos steckt voller Geheimnisse: Nicht nur, dass der Tempel überhaupt nicht an der Küste ist, er hat auch nichts davon gesagt, dass er diese Olivia als Maya-Expertin engagiert hat. Ich glaube, es ist Zeit, dass wir mal ein paar Sachen mit ihm klären, bevor er die nächste Überraschung aus dem Hut zaubert!“

Ohne Tonys Antwort abzuwarten, stand Jack auf und ging auf Don Carlos zu, den er gerade in der Nähe erspäht hatte. Der strahlte Jack an, als er ihn kommen sah.

„Dr. Foster! Schmeckt Ihnen das Essen? Fühlen Sie sich wohl?“

„Ja, danke, Don Carlos, das Steak ist großartig und es ist wirklich sehr nett bei Ihnen, aber …“

„Wissen Sie, ich betreibe mit Leidenschaft eine eigene Rinderzucht, eine Kreuzung aus Texas Longhorn und Black Angus. Die sind genügsam und widerstandsfähig. Sie kommen auch mit unserem Klima klar – die hohe Luftfeuchtigkeit macht ihnen nichts aus. Außerdem geben sie – meiner Meinung nach – die besten Steaks der Welt und …

„Don Carlos, was unseren Auftrag betrifft…“

„Lieber Dr. Foster – Jack – ich habe gesehen, dass Sie Dr. Olivia Garcia schon kennen gelernt haben. Aber geschäftliche Dinge besprechen wir morgen früh, dann werde ich auch alle Ihre Fragen beantworten. Heute Abend genießen Sie nur das Essen und die Atmosphäre und – wie sagt man bei Ihnen – chillen einfach!“

Er winkte einen Bediensteten zu sich, der ein Tablett mit gefüllten Weingläsern trug, nahm eines herunter und drückte es Jack in die Hand. Dann nickte er ihm noch einmal zu und mischte sich wieder unter die Gäste. Jack sah ihm stirnrunzelnd nach, bevor er zurück zu Tony ging, der noch mit ausgestreckten Beinen entspannt an ihrem Tisch saß und am Wein nippte.

„Er hat nichts gesagt, oder? Wenn du eine Minute gewartet hättest, bevor du losgestürmt bist, hätte ich dir sagen können, dass bei den klassischen Hazienda-Empfängen keine geschäftlichen Dinge besprochen werden. Man macht höchstens Termine, um das dann später zu tun. Das ist bei uns in Spanien genauso.“

Tony war sehr stolz auf seine alteuropäische Abstammung und nutze jede Gelegenheit darauf hinzuweisen.

Er trank sein Glas aus und stand auf. „Muchacho, ich mische mich jetzt mal unter die Leute. Vielleicht bekomme ich ja ein paar Informationen, die uns weiterhelfen. Und du solltest dein Steak aufessen, bevor es ganz kalt ist. Das wäre eine Schande!“

Jack seufzte und setzte sich. „Okay, du hast Recht. Hör dich mal um, ich befolge Don Carlos‘ Rat und chille ein bisschen.“

Er lehnte den Kopf an die hohe, weich gepolsterte Lehne des bequemen Stuhls und streckte seine langen Beine aus.

Als Tony ging, sah er, dass Carmen Montecito und ihre Tochter Dulcinea sich zielstrebig auf dem Weg zu Jack befanden. Tony beschleunigte seine Schritte, um den Damen auszuweichen. Armer Jack, dachte er, das war’s mit dem Chillen. Die zwei wollen bestimmt mal einen Archäologen persönlich kennenlernen. Er konnte ein Grinsen aber nicht unterdrücken.

Dann hielt er Ausschau nach Olivia. Warum nicht bei ihr anfangen, Informationen zu sammeln? Da konnte man Geschäft und Vergnügen doch wunderbar vereinbaren. Zu seinem Glück war ihr leuchtend rotes Kleid unübersehbar. Sie hatte es sich auf einer Hollywood-Schaukel bequem gemacht.

„Hat Ihr Freund sich beruhigt?“, fragte Olivia und lächelte Tony an. Erfreut registrierte er, dass sie seine Anwesenheit zu begrüßen schien. Er setzte sich zu ihr auf die Schaukel.

„Ach, Jack ist eigentlich ganz umgänglich – er mag nur keine Überraschungen bei Aufträgen. Ich verstehe ehrlich gesagt auch nicht, warum Don Carlos nicht direkt erwähnt hat, dass Sie mit im Team sind.“

Olivia klimperte mit ihren rotlackierten Nägeln am langen Stiel des Weinglases. „Don Carlos ist ein Sicherheitsfanatiker. Er hat immer Angst, jemand könnte Informationen zu seinem Nachteil nutzen. Darum hat er auch seine Freunde und Nachbarn erst heute über die Tempelerforschung informiert.“

„Und darum hat er auch einen falschen Standort für den Tempel genannt? Das klingt für mich schon nach einer Phobie!“

Olivia bedachte ihn mit einem gekonnten Augenaufschlag. „Ja, das mag jemandem wie dir, der aus einer zivilisierten Großstadt kommt, sicher merkwürdig erscheinen. Hier bei uns, besonders jenseits der Städte, beherrscht der Dschungel unser Denken und Leben. Wer hier unvorsichtig ist, kann schnell in Gefahr geraten oder sogar sein Leben verlieren.“

„Und“, meinte Tony, der ihren Blick sehr wohl registriert hatte, mit gesenkter Stimme, „gibt es denn jemanden, der auf dich achtgibt und dich vor den Gefahren des Dschungels beschützt?“ Er rückte noch ein bisschen näher an sie heran.

„Das“, antwortete sie mit einer Stimme, die nur noch ein Flüstern war, „kann ich sehr gut allein!“

Ihre schwarzen Augen, in deren verheißungsvollem Glitzern Tony gerade zu versinken begann, sagten aber, dass sie gerade nicht allein sein wollte.

*

Don Carlos sah sich zufrieden um. Seine Party war gelungen, alle Gäste schienen sich gut zu amüsieren. Bis auf Don Pedro und seine Familie natürlich. Aber das war deren Problem. Er, Don Carlos, hatte seine Schuldigkeit getan und allen verkündet, dass der Tempel nun erforscht werden würde – niemand sollte ihm vorwerfen können, dass er das heimlich getan hätte.

„Willst du dich nicht um deine amerikanischen Gäste kümmern?“, Doña Maria war zu ihrem Gatten gekommen.

Der zog erstaunt die Augenbrauen hoch.

„Auf einmal so fürsorglich? Du warst doch dagegen, dass ich die beiden überhaupt einlade!“

„Das bin ich auch noch – und du weißt sehr genau, warum! Aber deswegen müssen wir ja keine schlechten Gastgeber sein.“

Don Carlos lachte.

„Ich glaube, den beiden geht es sehr gut: Señor Campillo unterhält sich gerade sehr intensiv mit Dr. Garcia, und Dr. Foster wird von Carmen und Dulcinea Montecito bespaßt.“

Doña Maria verzog das Gesicht. „Ich bezweifle, dass Dr. Foster es amüsant findet, dass sich diese beiden Landeier auf ihn stürzen. Aber du musst es ja wissen – letztendlich sind es ja deine Gäste!“

Damit wandte sie sich ab und ließ ihren Mann stehen.

2

Mit der fast übergangslos einsetzenden Dunkelheit wurden überall auf dem Gelände Fackeln entzündet. Zusammen mit den vielfältigen, geheimnisvollen Geräuschen des Dschungels zauberte diese Beleuchtung eine eigenartige, wahrhaftig exotische Atmosphäre – die Jack aber nicht genießen konnte, da er zwischen den Damen Montecito gefangen war. Carmen hatte ihn höflich auf Spanisch angesprochen, wovon Jack aber nur verstanden hatte, dass sie kein Englisch sprach. Dann hatte sie ihre siebzehnjährige, kichernde Tochter mit dem Ellbogen angestoßen, die schließlich das übersetzte, was ihre Mutter gesagt hatte:

„Mama sagt, sie spricht leider nicht Ihre Sprache. Aber ich sollte die Gelegenheit nutzen und mein Englisch mit Ihnen üben.“ Sie kicherte wieder verlegen.

„Ihr Englisch ist ausgezeichnet, Dulcinea“, antwortete Jack und bemühte sich um ein höfliches Lächeln, während er verzweifelt eine Entschuldigung suchte, um sich aus dem Staub machen zu können.

Carmen zupfte ihre Tochter am Ärmel und fragte sie etwas, worauf Dulcinea ihr eine ungeduldige Antwort gab. Die Mutter sah ihre Tochter nachdenklich an, dann sagte sie etwas zu Jack, stand auf und ging.

Auf Jacks fragenden Blick sagte Dulcinea: „Meine Mutter bittet Sie, sie zu entschuldigen. Sie geht zu Señora da Silva. Sie hatte noch keine Gelegenheit, ausführlich mit unserer Gastgeberin zu sprechen.“

„Tja, also, ich denke, ich habe unsere Gastgeber bisher auch ziemlich vernachlässigt – dahinten sehe ich Don Carlos. Wenn Sie mich auch bitte …“

Jack wollte aufstehen, wurde aber von Dulcinea daran gehindert, indem sie ihm sanft eine Hand auf den Arm legte. Sie sah ihn ernst an und ihr Gesicht hatte plötzlich keine Ähnlichkeit mehr mit dem kichernden Teenager, der sie noch vor einigen Minuten war.

„Dr. Foster, nur einen Augenblick bitte!“

Jack sah sie fragend an.

„Ja?“

„Lassen Sie den Tempel ruhen. Es ist kein guter Ort.“

„Was?“

„Es hat einen Grund, dass der Tempel so schwer zugänglich ist. Bitte versuchen Sie nicht, in ihn einzudringen – er wird vom Siegel des Jaguars geschützt!“ Sie sah ihn fast flehend an.

Irgendwie rührend, dachte Jack. Das Mädchen ist abergläubisch und hat Angst um mich.

Er setzte ein sonniges Lächeln auf und meinte: „Und niemand, der versucht hat, dort hineinzukommen ist je wieder lebend gesehen worden. Jaja, das ist der Anfang von vielen Abenteuerromanen. Dulcinea, das ist sehr nett von Ihnen, dass Sie mich warnen wollen. Aber ich mache so etwas schon ziemlich lange – in alten Gemäuern herumkriechen und so. Und glauben Sie mir: Die meisten Gruselgeschichten, die man sich von solchen Orten erzählt, sind einfach frei erfunden. Aber ich verspreche Ihnen, dass ich besonders aufpassen werde.“

Dulcinea sah ihn nun mit einem Blick an, den Jack nicht deuten konnte.

„Es ist wirklich gefährlich dort“, sagte sie dann, noch immer sehr ernst. „Es sind tatsächlich schon viele Unglücke rund um den Tempel passiert.“

„Aber es hat trotzdem einige Versuche gegeben, hineinzukommen?“

„Ja. Viele sind überzeugt davon, dass sie dort einen Schatz finden und reich werden können. Sie glauben nur an das Gold der Maja, nicht an ihre Mythen und Legenden.“

„Hm. Was sind denn das für Mythen und Legenden?“

„Dieser Tempel ist Kinich Ahau, dem Jaguargott, geweiht!“

Dulcinea sah Jack an, als hätte sie damit alle Erklärungen geliefert. Er wusste zwar, dass die Naturreligion der Maya dem Jaguar eine bedeutende Stelle eingeräumt hatte, fand das aber auch nicht weiter erstaunlich, da es sich ja immerhin um das größte Raubtier Mittelamerikas handelte. Auf seinen fragenden Blick hin fuhr Dulcinea mit ihren Erläuterungen fort. Je mehr er erfuhr, desto ernster wurde Jack. Wie viel davon wusste wohl Don Carlos?

„Sie wissen ja eine ganze Menge über diesen Tempel, Dulcinea. Woher haben Sie…“

Jack wurde von Pedro Montecito unterbrochen, der seiner Tochter etwas auf Spanisch zu zischte, sie ziemlich grob am Oberarm fasste und mit sich zog – ohne auf ihren Protest zu achten.

„Moment mal! Wir unterhalten uns doch nur!“, rief Jack, der das Verhalten des Vaters mehr als unhöflich fand. Doch der blieb davon unbeeindruckt.

Außer Hörweite fuhr er seine Tochter an: „Was hast du mit diesem Gringo zu schaffen?! Ich hatte mich vorhin doch wohl klar ausgedrückt: Wir halten uns zurück! Wenn die Gringos unbedingt in ihr Unglück rennen wollen, weil sie so goldgierig sind, dann ist das ihr eigenes Pech! Wir werden sie nicht warnen, verstanden?“

Das Mädchen nickte stumm und senkte den Blick.

Jack sah ihnen mit gerunzelter Stirn nach. Dann beschloss er, Tony zu suchen und ihn über seine neuesten Erkenntnisse zu informieren. Doch er konnte seinen Freund nicht entdecken, er war wie vom Erdboden verschluckt.

Don Carlos kam schließlich auf ihn zu und stellte ihm einige der Gäste vor, was endlos zu dauern schien, da er zu jedem eine Geschichte zu erzählen wusste. Jack atmete auf, als ein Bediensteter die Anwesenheit seines Bosses im Weinkeller für nötig hielt und Don Carlos sich daraufhin entschuldigte. Diese Gelegenheit nutzte Jack, um sich auf dem Gelände ein bisschen umzusehen.

Die Familie Montecito stand noch immer zusammen und alle, bis auf Dulcinea, sahen ihn finster an, als er vorbei schlenderte. Jack lächelte höflich. Was die wohl für ein Problem haben, dachte er dabei.

Er lief weiter ziellos umher, griff von einem Tablett ein neues, volles Weinglas und gelangte schließlich an den Swimmingpool, der verlassen da lag. Er lehnte sich mit den Armen auf die Brüstung der Terrasse, die den Pool umgab und starrte in den Dschungel, der sich jetzt als undurchdringliche, schwarze Masse präsentierte und eine fast feindselige Aura hatte. Er schien die Hazienda, diese kleine Oase der Zivilisation, verschlingen zu wollen und übte gleichzeitig eine eigenartige Faszination aus.

Jack lauschte dem Summen und Zirpen der Insekten, den Lockrufen der nachtaktiven Vögel und dachte über das Gespräch mit Dulcinea nach. Plötzlich erstarb jeder Laut.

Als Jack sich gerade fragte, ob das wirklich so war oder nur an seiner eigenen Wahrnehmung lag, stand – wie aus dem Boden gewachsen – eine Frau auf der anderen Seite der Brüstung vor ihm. Sie war zierlich, mehr als zwei Köpfe kleiner als er, und war mit einer einfachen, hellen Leinenhose und einer ebensolchen Hemdbluse bekleidet. Sie trug ihre grauen Haare schulterlang. Ihr braunes Gesicht mit den typisch indianischen Gesichtszügen war von vielen Falten gezeichnet. Es war unmöglich, ihr Alter zu bestimmen.

Ohne eine Miene zu verziehen, sah sie Jack durchdringend an. Er erwiderte ihren Blick, begann aber, sich zunehmend unwohl zu fühlen. Irgendetwas war seltsam… Er hätte schwören können, dass die Iris in beiden Augen der Alten kurz goldfarben war, bevor sie sich wieder in ein sehr dunkles Braun verwandelte. Wer war diese Frau?

„Der Jäger erwacht!“

„Wie bitte?“

„Das Siegel, bewahre das Siegel!“

„Welches Siegel? Wovon reden Sie?“

„Ist das Siegel einmal geöffnet, hält ihn nichts mehr zurück!“

„Was soll das heißen?“

„Hüte dich vor den Hellhäutigen!“

„Vor wem?“

Jack konnte keinen Sinn in ihren Worten erkennen. Was war denn hier los? Ein Gespräch mit Don Carlos war dringend fällig. Na, dem würde er morgen was erzählen! Da hörte er ein platschendes Geräusch hinter sich, als ob etwas in den Pool gefallen wäre. Jack fuhr herum – nichts! Die Oberfläche des beleuchteten Pools lag glatt wie ein Spiegel da. Als er sich wieder umdrehte, war die geheimnisvolle Frau verschwunden. Aber das wunderte ihn jetzt nicht mehr. Auch nicht, dass die Stimmen des Dschungels nun wieder zu hören waren.

Er schüttelte den Kopf, trank den Wein aus und machte sich wieder auf den Weg zum Haupthaus. Mal sehen, was Tony so erlebt hat, dachte er.

Die Antwort auf diese Frage fand er schnell heraus. Die anderen Gäste schienen entweder schon gegangen zu sein oder sich in ihre Zimmer zurückgezogen zu haben – jedenfalls war die Terrasse menschenleer. Auch von der Gastgeberfamilie war niemand zu sehen. Nur in einer Hollywood-Schaukel saß noch ein Pärchen, das sich leidenschaftlich küsste.

Das auffällige rote Kleid – das musste Olivia sein! Neugierig sah Jack genauer hin. Mal sehen, mit wem sich diese arrogante Primadonna hier vergnügte. Er hielt die Luft an, als er Tony erkannte. Auch das noch! Jack blieb erst wie erstarrt stehen, dann zog er sich leise zurück.

Ihm passte es überhaupt nicht, dass Don Carlos diese Frau zusätzlich engagiert hatte, und das wollte er ihm am nächsten Morgen auch deutlich sagen. Dabei hatte er auf die Unterstützung seines Freundes gehofft. Tonys Aktion war da jetzt nicht gerade hilfreich. Er drehte sich noch einmal um, als er ging, doch die beiden hatten ihn überhaupt nicht bemerkt.

Im Haupthaus war das Licht gedämpft worden. Ein freundliches Dienstmädchen, das scheinbar nur auf ihn gewartet hatte, führte ihn zu seinem Zimmer. Jack stellte fest, dass die Gästezimmer, genau wie der Rest des Anwesens, luxuriös und großzügig im territorialen Stil eingerichtet waren. Über dem Bett hing ein Gemälde mit breitem Goldrahmen, das einen zum Sprung bereiten Jaguar zeigte.

Die Klimaanlage sorgte für eine angenehme Temperatur, die einen vergessen ließ, dass man mitten im feuchtheißen Dschungel Mittelamerikas war. Seine Sachen waren bereits ausgepackt und ordentlich in den Schrank gelegt worden. Es gab ein gut ausgestattetes Bücherregal und sogar eine kleine Bar. Jack warf seine Anzugjacke über einen Sessel, rollte die Hemdsärmel hoch, lockerte den Knoten seiner Krawatte und knöpfte die obersten Knöpfe des Kragens auf. Dann ging er zu der Bar und goss sich aus einer schweren, wahrscheinlich sündhaft teuren Kristallkaraffe einen üppigen Whiskey ein. Damit setze er sich auf die Bettkante und nahm einen großen Schluck. Nachdenklich starrte er dann in die bernsteinfarbene Flüssigkeit.

Als er endlich im Bett lag, fiel er in einen unruhigen Schlaf voller merkwürdiger Träume, in denen er von Jaguaren und Mayakriegern in goldglitzernden Tempelruinen gejagt wurde. So war er beinahe froh, als der Handywecker ihn am Morgen in die Realität zurückholte.

*

Als Olivia erwachte, fiel ihr Blick zuerst auf Tony, der noch schlafend neben ihr lag. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie ihn betrachtete. Ein wirklich gutaussehender Mann, dachte sie. Es war ein schöner Abend und eine noch schönere Nacht gewesen. Er fühlte sich zu ihr hingezogen, das hatte sie ganz deutlich gespürt. Es würde leichter werden als gedacht – er war Wachs in ihren Händen. Sie schlüpfte aus dem Bett und huschte unter die Dusche.

*

Aus dem Speisezimmer klang das Klappern von Geschirr. Es schienen sich dort schon einige Leute zum Frühstück eingefunden zu haben, als Jack die Treppe herunterkam. Der belebende Duft von frisch aufgebrühtem Kaffee stieg ihm in die Nase und besserte seine Laune erheblich. Das änderte sich allerdings wieder schlagartig, als er Tony und Olivia sah, die nebeneinandersaßen und heftig miteinander flirteten. Er hatte gehofft, Tony vor dem Gespräch mit Don Carlos noch allein sprechen zu können. Außer den beiden war die gesamte Familie da Silva anwesend.

„Guten Morgen“, sagte Jack und bemühte sich, das freundlich klingen zu lassen.

Die spanisch geführten Gespräche brachen ab und alle sahen ihn an. Don Carlos stand auf und kam mit breitem Lächeln auf ihn zu.

„Guten Morgen, Jack! Ich hoffe, Sie haben gut unter meinem Dach geschlafen?“

„Ja, danke. Können wir gleich mal über unseren Auftrag sprechen? Ich glaube, da gibt es einiges zu klären.“

„Muchacho, du brauchst erst mal einen Kaffee! Und ein ordentliches Frühstück.“

„Ihr Freund hat Recht, Jack! Kommen Sie, setzen Sie sich und trinken Sie in Ruhe einen Kaffee. Nach dem Frühstück reden wir, versprochen!“

Don Carlos führte Jack zu einem Stuhl und sorgte dafür, dass ihm sofort Kaffee gebracht wurde. Jack registrierte, dass Olivia ihn mit einem spöttischen Lächeln ansah, während Don Carlos‘ Frau und seine Söhne die Lippen zusammenkniffen.

Nach dem Frühstück verabschiedete Olivia sich mit einem schnellen Kuss von Tony. Zu schnell für seinen Geschmack.

„Lo siento mucho, querido“, hauchte sie ihr Bedauern und fuhr dann in normaler Lautstärke fort: „Ich habe leider noch einen dringenden Termin. Aber wir sehen uns ja bald!“ Wieder ein spöttischer Blick in Richtung Jack, während Tony ihr mit großem Bedauern hinterher sah.

Nachdem sie gegangen war, lud Don Carlos Jack und Tony in sein holzgetäfeltes Arbeitszimmer ein, wo er hinter einem wuchtigen antiken Schreibtisch Platz nahm. Die beiden setzten sich in zwei bequeme Ledersessel, die davorstanden.

Don Carlos lehnte sich zurück und lächelte Jack an. „Sprechen wir nun über die Details. Was möchten Sie wissen?“

„Wer ist diese Medizinfrau? Ihr hauseigenes Orakel?“, schoss Jack sofort los.

„Medizinfrau?“ Tony beugte sich in seinem Sessel vor und sah seinen Freund irritiert an.

„Ja, ich hatte gestern Abend eine Begegnung der besonderen Art. Mit einer Art Schamanin. Sie tauchte plötzlich auf und war genauso schnell wieder verschwunden – aber nicht, ohne mir vorher noch etwas Rätselhaftes zuzuflüstern. Was bedeutet das, Don Carlos?“

„Ich vermute, Sie haben Ix getroffen. Sie ist eine Nachfahrin von Maya Priestern und genießt bei den Einheimischen sehr hohes Ansehen. Sie sehen in ihr tatsächlich so etwas wie ein Orakel, eine weise Frau, eine Schamanin oder wie immer Sie das nennen wollen. Sie taucht öfter auf, wenn ich Gäste habe und versucht sie zu erschrecken – das brauchen Sie nicht ernst zu nehmen. Entschuldigen Sie die Unannehmlichkeiten.“

Tony runzelte die Stirn. „Und die Frau nennen Sie X? Kennen Sie ihren richtigen Namen nicht?“

„Es schreibt sich I-x. Das ist der erste Teil des Mayanamens Ix Chebel Yax. Aber, wie gesagt, vergessen Sie das am besten gleich wieder!“

„Gut. Kommen wir zu unserem Auftrag. Was ist nun mit dem Tempel? Vor Allem: Wo ist er?“ Jack wollte endlich Fakten haben.

„Es gibt eine Menge Leute, die mir nicht gerade wohl gesonnen sind. Das geht erfolgreichen Menschen ja oft so. Hier haben die meisten Wände Ohren und ich wollte die Sache möglichst lange geheim halten. Darum habe ich Sie über ein Anwaltsbüro kontaktiert und die Lage des Tempels falsch angegeben. Entschuldigen Sie bitte dieses Vorgehen. Aber, keine Sorge, auch wenn der Tempel nicht an der Küste liegt, Sie werden schon zum Tauchen kommen!“

Jack zog die Augenbrauen hoch – er hatte sofort begriffen. „Der Zugang ist also nur über einen Cenote möglich? Das ist ja ein völlig neuer Sachverhalt! Das können wir so nicht akzeptieren!“

„Cenote?“ Tony verstand kein Wort.

„Tauchen ist tauchen! Ich sehe Ihr Problem nicht!“, meinte Don Carlos schon nicht mehr ganz so freundlich. Er war es nicht gewohnt, Widerspruch von seinen Dienstleistern zu bekommen. Jedermann war froh, von Don Carlos da Silva einen Auftrag zu erhalten und niemand wollte es sich mit ihm verscherzen. Was bildete dieser Gringo sich ein?!

„Tauchen ist eben nicht gleich tauchen! Ich bin Meeresarchäologe und kein Höhlenforscher! Wir haben keine Erfahrung mit Cenotes!“

„Kann mir jetzt endlich mal jemand erklären, was ein Cenote ist?“ Tony wurde ungeduldig, da er dem Gespräch nicht folgen konnte.

„Der Boden besteht hier größtenteils aus Kalkstein, unter dem sich etliche Höhlen befinden“, erklärte Jack. „Ein Cenote ist ein Schacht, der entsteht, wenn der Kalksteinboden an der Oberfläche einbricht. Meist ist er mit Wasser gefüllt, unheimlich tief, mit sehr glatten Wänden. Die Maya haben diese Schächte oft für ihre Opferrituale benutzt und ihre Tempel auch gern in der Nähe der Cenotes angelegt. So ist es gar nicht unwahrscheinlich, dass es eine unterirdische Verbindung zwischen Tempel und Cenote gibt. Das Tauchen darin ist aber extrem gefährlich, da die Schächte eben oft sehr glatt und eng sind. Es gibt Leute, die sich darauf spezialisiert haben – das ist aber nichts für uns.“

Jack klang entschlossen. Nachdem, was er gestern Abend erfahren hatte, wollte er seinen Freund nicht auch noch dieser zusätzlichen Gefahr aussetzen. Es fiel ihm schon schwer genug, Tony das Tauchen allein zu überlassen.

„Moment mal! Lass uns doch erst mal alle Fakten sammeln! Es wird ja einen Grund geben, warum Don Carlos ausgerechnet uns dafür angeheuert hat.“ Tony sah ihren Gastgeber erwartungsvoll an.

Don Carlos nickte. „Haben Sie das Amulett mitgebracht, das ich Ihnen geschickt habe?“

„Ja, hier ist es.“ Jack holte das in Seidenpapier eingewickelte Schmuckstück aus seiner Hosentasche, wickelte es aus und legte es auf den Schreibtisch. Wieder bewunderte er die detailreiche Goldschmiedearbeit, die ein Fabelwesen der klassischen Antike zeigte, das halb Pferd und halb Delfin war. Umrahmt war das Mischwesen von den typischen Masken und Fratzen aus dem Ornamente-Kanon mesoamerikanischer Kunst. Dann wartete er gespannt, ob Don Carlos wohl von sich aus auf die Gefahren in dem Tempel hinweisen würde.

„Ich vermute, Sie haben erkannt, um was für ein Motiv es sich da handelt, nicht wahr?“ Don Carlos sah ihn vielsagend an.

Jack verstand natürlich die Anspielung auf ihr letztes Abenteuer – das machte ihn aber noch vorsichtiger. Woher wusste Don Carlos von den Seepferden?

„Was meinen Sie? Den Hippokampos? Soweit ich weiß, ist es ziemlich selten, wenn nicht sogar einzigartig, diese Darstellung eines Seepferdes bei einem Maya-Schmuckstück zu finden.“

Don Carlos lächelte. „Das sehe ich auch so. Darum habe ich mich an Sie gewandt. Ich habe gehört, dass Sie über einige Erfahrung mit Seepferden verfügen.“

„Von wem haben Sie das gehört?“, fragte Tony, der ebenfalls alarmiert war. Sie hatten sich große Mühe gegeben, die Geschichte mit den Seepferden geheim zu halten. Und von den Equitaniern hatte bestimmt niemand geredet!

„Nun, ich habe meine Quellen – Sie haben sicher Verständnis dafür, dass ich sie nicht offenlegen möchte. Aber, wie dem auch sei, ich kann mir vorstellen, dass es Sie genauso reizt wie mich, herauszufinden, welche Verbindung es zwischen den aus dem antiken Europa bekannten Seepferden und der Maya-Kultur Mittelamerikas gibt. Dieses Stück haben meine Campesinos bei Arbeiten in der Nähe des Cenote gefunden. Der Tempel neben dem Cenote ist größtenteils überwuchert und noch gänzlich unerforscht. Die Einheimischen sind da sehr abergläubisch. Ich bin aber davon überzeugt – und Dr. Garcia gibt mir Recht – dass es eine Verbindung zu der Tempelanlage weiter westlich geben muss. Die befindet sich auf Pedro Montecitos Land. Er hat eine Touristenattraktion daraus gemacht, obwohl es da wirklich nicht viel zu sehen gibt. Da dieser Tempel wenigsten zum Teil zugänglich ist, könnte man von dort starten. Er weigert sich aber, mir den Zugang zu gestatten, weil er dann – wenigstens für eine Zeit – auf die Einnahmen durch die Besucher verzichten müsste. Daher bleibt nur die Möglichkeit, es durch den Cenote zu versuchen. Vielleicht gibt es darin sogar Zugänge zu beiden Tempeln.“

Don Carlos schob das Schmuckstück zu Jack hinüber. „Behalten Sie das ruhig als Anzahlung. Dort unten liegt sicher noch mehr davon, die Maya pflegten Opfergaben in Form von goldenen Figürchen und Schmuck in Mengen in die Cenotes zu werfen.“

„Sie meinen, auf dem Grund des Cenote liegt ein Schatz?“, fragte Tony interessiert. Er hoffte schon seit langem, einen richtigen Goldschatz bei ihren Exkursionen zu finden.

„Ich bin überzeugt davon! Stellen Sie sich vor: Diese Opferstätte existierte wahrscheinlich schon lange, bevor die Spanier hierherkamen – die Opfergaben müssen sich da unten geradezu stapeln! Und natürlich würde ein Teil des Schatzes Ihnen gehören.“ Don Carlos hatte sofort begriffen, wie er Tonys Begeisterung für diesen Auftrag steigern konnte.

„Don Carlos, Ihr Angebot ist großzügig und natürlich ist die Sache auch aus wissenschaftlicher Sicht äußerst reizvoll, da gebe ich Ihnen Recht, aber, wir haben keine Erfahrung im Höhlentauchen und erst recht nicht, wenn es sich um einen Cenote handelt. Es tut mir leid, aber diesen Auftrag können wir nicht annehmen. Das ist einfach zu gefährlich – ich hätte Ihnen das schon früher gesagt, wenn ich den Sachverhalt gekannt hätte. Dann wären wir gar nicht erst hierhergekommen und sie hätten sich die Ausgaben für unsere Reise sparen können. Jetzt wären wir Ihnen dankbar, wenn Sie unsere Rückreise arrangieren könnten.“

„Aber, Jack, können wir uns das nicht wenigstens mal ansehen? Also, ich würde das nicht von vornherein ablehnen!“ Tony verstand nicht, warum Jack so stur war – immerhin ging es hier um einen realen, wahrscheinlich riesigen Goldschatz!

„Tony, das ist Höhlentauchen der schlimmsten Sorte! Das kommt gar nicht in Frage!“

„Hören Sie auf Ihren Freund, Jack. Sehen Sie es sich doch wenigstens einmal an. Dr. Garcia hatte sich auch schon so gefreut, mit Ihnen zusammenzuarbeiten.“