Der Waldläufer - Karl May - E-Book

Der Waldläufer E-Book

Karl May

4,9

Beschreibung

Erzählung aus dem Wilden Westen. Im Jahr 1879 bearbeitete Karl May dieses berühmte Indianerbuch des Franzosen Gabriel Ferry für jugendliche Leser in gänzlich neuer Gestalt. Zahlreich sind die Anregungen, die May für spätere Werke gewonnen hat. Insbesondere ist der Komantsche "Falkenauge" eindeutig ein Vorbild für Winnetou. Die vorliegende Erzählung spielt in den Jahren 1808 und 1830.

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KARL MAY’s

GESAMMELTE WERKE

BAND 70

DER

WALDLÄUFER

ERZÄHLUNG AUS DEM WILDEN WESTEN

NACH DEM ROMAN VON GABRIEL FERRY

BEARBEITET UND NEU GESTALTET

VON

KARL MAY

Herausgegeben von Roland Schmid

© 1959 Karl-May-Verlag

Der vorliegende Roman spielt in den Jahren 1808 und 1830.

Vorwort des Herausgebers

Der vorliegende Roman stammt aus Karl Mays frühester Schaffenszeit und stellt im Gegensatz zu den anderen Werken eine Nachgestaltung dar, die sich allerdings von dem zu Grunde liegenden klassischen Indianerroman von Gabriel Ferry ganz wesentlich unterscheidet.

Der Umstand, dass es sich bei Karl MaysWaldläufer um ein durchaus eigenschöpferisches Werk handelt, bedingt die Aufnahme in die Gesammelten Werke. Hinzu kommt noch ein weiterer Grund: Die Waldläufer-Bearbeitung brachte in Mays Schaffen eine bedeutsame Wende und vermittelt dadurch einen wichtigen Einblick in die schriftstellerische Entwicklung.

So dürfte wohl dieWaldläufer-Bearbeitung in erster Linie Beweggrund für May gewesen sein, sich von den nördlichen Stämmen und Völkern dem Apatschenland und seinen Bewohnern zuzuwenden und ihnen seine Teilnahme in solchem Maß zu schenken, dass er ihnen in der Gestalt seines Winnetou ein einzigartiges bleibendes Denkmal errichten konnte. Inwieweit dazu bereits Ferrys indianischer Held beitrug, untersuchte Franz Kandolf in zwei Aufsätzen, die dem vorliegenden Buch als Nachwort angefügt sind.

Pepe, der Schläfer

Da, wo sich der jedem Seefahrer als ‚Matrosenfriedhof‘ bekannte Meerbusen von Biskaya zwischen Frankreich und der Pyrenäen-Halbinsel einschiebt, liegt an der spanischen Nordküste der kleine Hafen Elanchove. Anmutig und wuchtig zugleich steigt das Land terrassenförmig empor, vor den gefräßigen Fluten des Meeres durch einen aus Quadersteinen errichteten Damm geschützt, von dem aus man die sich stufenartig erhebenden Felsen ersteigt, um in die einzige Straße zu gelangen, die einer ungeheuren, von der Natur gleichsam für gigantische Wesen errichteten Treppe gleicht und so das Dorf Elanchove bildet.

Auf der höchsten Spitze des Felsengürtels erhebt sich ein verwittertes Schloss, das mit seinen Schieferdächern und gotischen Wetterfahnen weit hinaus über die See blickt und dem alten, reichen Geschlecht der Mediana gehört.

Schon seit langer Zeit hatten die Grafen von Mediana dieses in so wilder und einsamer Gegend liegende Schloss nicht mehr bewohnt, sondern ihren Aufenthalt fast nur noch in Madrid gehabt, wo sie von ihren militärischen Pflichten in der Nähe des Königs gehalten wurden. Zur Zeit, als die Heere Napoleons Spanien überschwemmten, diente Juan de Mediana, der ältere von zwei Brüdern, als höherer Offizier in der Armee.

Don Antonio, der jüngere Bruder, hatte eine Stellung bei der Marine angenommen, war aber auf einer Expedition nach den spanischen Besitzungen in Mittelamerika spurlos verschwunden. Weil man auch von seinem Schiff nicht mehr das Geringste vernahm, hatte sich bald das Gerücht von seinem Tode verbreitet, ohne jedoch durch eine zuverlässige Kunde bestätigt worden zu sein.

Die siegreichen Legionen des französischen Imperators rückten von Provinz zu Provinz; der Krieg entwickelte sich in all seiner leidenschaftlichen Unversöhnlichkeit und die spanische Regierung sah sich zu den größten Anstrengungen gezwungen, den kühnen Eroberern Einhalt zu tun. Auch Graf Juan de Mediana erhielt die Weisung, mit seinem Kommando am Verteidigungskampf teilzunehmen. Bevor er jedoch zur Armee abging, brachte er Doña Luisa, seine Frau, und den kleinen Fabian, sein einziges Kind, nach Schloss Elanchove, wo er beide in der Einsamkeit dieser abgelegenen Gegend vor jeder Fährlichkeit sicher glaubte, und vertraute sie der besonderen Obhut seines Verwalters Don Juan de Diaz an – bis zu seiner Rückkehr, wie er sagte. Aber er kam nicht mehr zurück, um die beiden Geliebten abzuholen, denn eine französische Kugel streckte ihn in einem der Kämpfe, die der Schlacht von Burgos vorausgingen, zu Boden.

Von jetzt an bewohnte Doña Luisa mit ihrem Liebling ganz allein Schloss Elanchove und trauerte um den Tod des Gatten, den ihr ein so grausames Schicksal entrissen hatte. Mit mütterlicher Sorgfalt wachte sie über das Wohl des kleinen Fabian, der, wie sie nicht anders wusste und glaubte, nun der Letzte seines Stammes war.

Die Einwohner des Dorfes sind meist Fischer und während des ganzen Tages nicht daheim. Daher erscheint Elanchove auf den ersten Blick unbewohnt und verlassen. Allein zuweilen steigt von den kaminlosen Dächern der Häuser Rauch empor, der anzeigt, dass die Hausfrauen für die heimkehrenden Gatten und Söhne die Mahlzeit bereiten, und dann erscheint öfter ein Gesicht am kleinen Fenster oder eine weibliche Gestalt im grellfarbigen Rock und mit lang herabhängenden Zöpfen vor der Tür, um auszuschauen, ob die Erwarteten ihre Kähne nach der Küste gelenkt haben. Das einförmige, lautarme Leben auf der Höhe, verbunden mit dem brandenden Getöse der Wogen in der Tiefe gibt Elanchove einen Anstrich tiefer Melancholie, der durch die Armseligkeit der mit Sand und Stürmen kämpfenden Vegetation eher vermehrt als vermindert wird.

Bei seiner einsamen Lage an der Küste von Biskaya hatte der Hafen von Elanchove, wie man sich leicht denken kann, eine zahlreiche, aus Miqueletes bestehende Besatzung. Diese Milizsoldaten befanden sich nicht in der angenehmsten Lage. Die spanische Regierung verweigerte ihnen zwar keineswegs den Sold, vergaß aber beständig, ihn auszuzahlen. Die Folge davon war, dass sich die Aufmerksamkeit der Besseren von ihnen verdoppelte, durch die Beschlagnahme von Schmuggelgütern sich von Zeit zu Zeit eine Prämie zu verdienen.

Die weniger gewisssenhaften unter den Zollbeamten aber machten mit den Contrabandistas gemeinschaftliche Sache, um mit ihnen die Früchte des verbotenen Handwerks zu teilen. Daher entwickelten alle, vom Hauptmann der Carabineros an bis zum geringsten Miquelete herab, eine unermüdliche Tätigkeit, wobei sich natürlich ihre heimlichen Interessen feindselig gegenüberstanden, sodass sie alle List und Schlauheit anwenden mussten, einander den Vorteil aus der Hand zu ringen.

Unter diesen Küstenwächtern gab es einen, dem der Schleichhandel vollständig gleichgültig war; er ging sogar so weit, zu behaupten, ein Schmuggel sei in Elanchove ganz unmöglich und völlig undenkbar. Man wusste, dass er auf seinem Posten beständig einschlief, und nannte ihn daher nicht anders als den ‚Schläfer‘, ein Name, dem er so oft und viel wie möglich Ehre zu machen suchte.

Er hieß Pepe und war ein Kerl von fünfundzwanzig Jahren, groß, mager, sehnig und überaus stark. Seine schwarzen, tief unter dichten Brauen verborgenen Augen blickten ungewöhnlich teilnahmslos in die Welt, doch konnten sie, wenn er sich unbeobachtet wusste, auch Blitze werfen, die man ihnen sonst nicht zugetraut hätte. Seine Züge hatten ein durchaus schläfriges Aussehen und sein Gang, seine ganze Haltung war die eines Mannes, der gleichmütig Gottes Wasser über Gottes Land laufen lässt. Er schien bei allen Anzeichen eines rüstigen Körpers und einer feurigen Seele der faulste und lahmste Mensch der Erde zu sein; beständig in seiner Hängematte liegend, schlief er Tag für Tag zwanzig Stunden und dachte, wenn er erwachte und sich eine Zigarette anbrannte, mit Entzücken daran, dass er bald wieder einschlafen werde.

Man hätte denken sollen, dass sein Vorgesetzter, der Hauptmann Don Lucas Despierto, über diesen Mangel an Pflichteifer höchst erzürnt sein werde; dies traf aber nicht zu und hatte wohl auch seine guten Gründe. Don Lucas hatte auf seinem Bestallungsdekret zwar ein beträchtliches Gehalt verzeichnet, von diesem jedoch, gerade wie seine Untergebenen, seit mehreren Jahren nicht die mindeste Spur in seiner Tasche bemerkt, und da sich die Finanzen des Reiches in den allermisslichsten Verhältnissen befanden, so gab es auch keine Hoffnung, jemals etwas ausgezahlt zu erhalten. Daher philosophierte er folgendermaßen: „Beißt den König sein Gewissen nicht, wenn ich trotz meines Amtes verhungere, so beißt mich auch das meinige nicht, wenn ich trotz dieses Amtes zu leben suche. Ich soll an der Küste aufpassen und darben – gut, ich werde meine Augen offen halten und dabei Geld verdienen. Meine Carabineros dürfen freilich nicht das Mindeste davon merken, sonst könnte ich um die schöne Anstellung kommen, und ein Amt ohne Gehalt ist immerhin besser als gar nichts. Der gescheiteste von allen Miqueletes ist doch dieser brave Pepe. Er verschläft den Hunger und wird sich nie darum kümmern, ob sein Hauptmann Privatgeschäfte macht. Ich kann mich auf ihn und seine Schlafsucht vollständig verlassen und werde ihn stets dahin stellen, wo ich keine Augen brauche!“ – Pepe war damit durchaus einverstanden und gab sich nicht die geringste Mühe, seine dienstliche Befähigung in einem helleren Licht erscheinen zu lassen. Auch das hatte vielleicht seine guten Gründe.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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