Der Weg der Highlanderin - Eva Fellner - E-Book
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Der Weg der Highlanderin E-Book

Eva Fellner

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Beschreibung

Enja – Das Schicksal der Schotten liegt in ihrer Hand.

Schottland, 1314: In den Highlands tobt ein erbitterter Krieg zwischen den Engländern und den Clans um die schottische Unabhängigkeit. Als die Lage sich zuspitzt, beschließt die mutige Kriegerin Enja, die zur Assassinin ausgebildet wurde, für die Schotten zu kämpfen – an der Seite des Clanführers James Douglas. Am Tag der großen Schlacht fällt der König der Schotten eine schwerwiegende Entscheidung: Enja soll sich als Frau vom Kampfgeschehen fernhalten. Doch als sie in den Reihen ihrer Feinde jemanden erkennt, dem sie vor Jahren Rache geschworen hat, weiß sie: Dies ist ihre einzige Chance ...  

Die hochspannende Geschichte einer unvergesslichen Heldin inmitten der schottischen Highlands. 

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Über das Buch

Die mutige Clanführerin Enja hat sich dazu entschlossen, an der Seite des Schotten James Douglas gegen die Engländer zu kämpfen. Eines Tages erfährt sie im Lager der Feinde etwas über den Verbleib eines Mannes, den sie seit Jahren verzweifelt sucht, denn einst hat er Enja im Kampf schwer verletzt und ihre Freundin auf grausame Art getötet. Als der schottische König am Tag der entscheidenden Schlacht beschließt, dass Enja sich als Frau vom Kampfgeschehen fernhalten soll, missachtet sie diesen Befehl – denn sie weiß, dass sie in der Schlacht dem Mann gegenübertreten wird, dem sie vor Jahren Rache geschworen hat.    

Über Eva Fellner

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Eva Fellner

Der Weg der Highlanderin

Historischer Roman

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Informationen zum Buch

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Widmung

Kapitel 1 — Glastonbury Abbey, Somerset, England im Frühjahr 1306

Kapitel 2 — Syrien im Jahre 1300

Kapitel 3 — Caerlaverock im Herbst 1306

Kapitel 4 — Cardiff im Sommer 1301

Kapitel 5 — Burgh by Sands im Juli 1307

Kapitel 6 — Douglasdale im Frühjahr 1308

Kapitel 7 — Pass of Brander, Schottland, im August 1308

Kapitel 8 — Lanarkshire 1309, Schottland

Kapitel 9 — Galloway 1310, Schottland

Kapitel 10 — Edinburgh, Schottland, im März 1314

Kapitel 11 — Stirling, Schottland, im Mai 1314

Kapitel 12 — Stirling, Schottland, im Juni 1314

Kapitel 13 — Burg Stirling im Juli 1314

Nachwort der Autorin

Impressum

Wer von diesem historischen Roman begeistert ist, liest auch ...

Für meinen lieben Ehemann!

Danke, dass Du immer an mich geglaubt hast …

Kapitel 1

Glastonbury Abbey, Somerset, England im Frühjahr 1306

Eine Kathedrale wie von Gott erschaffen, ging es mir durch den Kopf, als ich das imposante Gebäude zum ersten Mal sah. Hoch reckten sich die Außenwände der aus Sandstein gehauenen Mauern in den Himmel, als würden sie den Schatz der Götter hüten. Es war ein weithin bekanntes Gemäuer, um das sich viele Geschichten rankten. Erzählungen von schrecklichen Kriegen und blutigen Auseinandersetzungen, die bis zu den Wikingern reichten. Ein tiefer Schauer erfasste mich bei diesem Anblick am Horizont, aus meiner Ehrfurcht wurde ein Gefühl der Ohnmacht. Vielleicht sollte ich mich besser nicht gegen einen Gott stellen, der so mächtig ist, dass ihm zu Ehren solche Kathedralen erbaut wurden?

Aber gleich darauf schüttelte ich meine dunklen Gedanken ab wie eine lästige Fliege. Wie um mich selbst gegen diese mächtigen Kräfte zu wappnen, straffte ich meine Schultern und lächelte selbstsicher. Letztlich haben doch nur ganz normale Menschen dieses Gebäude errichtet. Es war schlichtweg eine Ansammlung von kühn aufeinandergesetzten Steinen. Mein Schenkeldruck wurde fester, und der altersschwache Schecke, den ich zu meiner Tarnung im Hafen von Holyhead in Wales für ein paar Schillinge gekauft hatte, bewegte sich mit seinen vom Alter gekrümmten Beinen vorwärts. Nach drei Tagen waren seine Kräfte bereits ausgezehrt, und sein Schritt war entsprechend müde.

»Gleich hast du es ja geschafft, alter Schecke«, tröstete ich ihn und rieb mit der Hand liebevoll über seinen knöchernen Hals. Graues Haar wuchs an den Stellen, die von Verletzungen durch schwere Feldarbeit oder falscher Behandlung zeugten. Aber für meine Aufgabe war das Pferd ideal. Kein Mensch würde uns Aufmerksamkeit schenken. Mein strenges Nonnengewand, das glatt und taillenlos bis weit über meine Stiefel reichte, wurde nur mit einem Strickgürtel in der Mitte zusammengehalten. Ein hölzerner Rosenkranz baumelte um meinen Hals als Zeichen meiner frommen Absichten. Es roch nach Lavendel, so wie die Highlands im Frühling, wenn die blau blühenden Sträucher im Spiel der Sonne die Hügel färbten. Sie ließ den Raureif auf den Grashalmen glitzern und schlüpfte immer wieder tapfer durch die grauen Regenwolken, die hierzulande wie ständige Begleiter über die Köpfe der Reisenden dahinzogen.

Die Sonne schien auch jetzt mit der verstärkten Kraft der ersten Frühlingstage warm auf mich herab und trocknete die Feuchtigkeit meines Habits, den ich Schwester Eleonore mit Engelszungen abgeluchst hatte. Den zweifelnden Blick der alten Nonne hatte ich immer noch vor Augen, als sie mir zögernd das sorgfältig zusammengelegte Gewand überreichte. Sie hatte in meiner Burg Zuflucht vor einer Äbtissin gefunden, die es sich zur Lebensaufgabe gemacht hatte, die arme Frau zu quälen. Halbblind und unterernährt hatte sie eines Tages vor meinen Toren gestanden und bereicherte seitdem unseren Alltag mit ihren frommen Gebeten. Meine ehrlichen Absichten als Grund meiner Reise nahm sie mir wohl nicht ab, dazu musste ich ihr nicht erst in die grau verschleierten Augen sehen. Trotzdem half sie mir mit zusammengekniffenen Lippen beim Anlegen des Kopftuchs, das meine Stirn mit der verräterischen Hautbemalung verdecken sollte. Ein Kreuz war schwarz und verkehrt herum auf meine Stirn tätowiert – eine Erinnerung an meine Zeit als Sklavin, die ich längst hinter mir gelassen hatte. Jetzt war ich selbst Herrin einer Burg, die eine eigene Streitmacht beherbergte, um die Frauen und Kinder darin zu beschützen. Ich war Enja, Kriegerin und Anführerin eines stolzen Clans, die ebenso geachtet wie gefürchtet wurde.

Heute aber war ich jemand anderes, eine Nonne, die nach Somerset kam, um die Spenden ihres Klosters an die Hüter der Gebeine des Heiligen Davids zu übergeben und Frieden mit ihrem Gott zu finden. So oder so ähnlich hatte mir die alte Nonne die Worte in den Mund gelegt. Der Gedanke, mich zum Beten in eine Kirche zu begeben, war mir unangenehm. Nachdenklich rieb ich mir das Kinn, wie Männer über einen Bart reiben. Ich fühlte den Dreck der vergangenen Tage auf der Haut und freute mich auf ein warmes Bett, frische Wäsche und kühles Wasser, was ich am Ziel meiner Reise vorfinden würde. Diese Aussicht und der Wunsch nach einem warmen Mahl ließen mich den Schecken zuerst Richtung Dorf wenden, das so friedlich im Schatten der großen Kathedrale lag, die mein eigentliches Ziel war. Ein wohliger Schauer angesichts des neuen Abenteuers trieb die Müdigkeit aus meinen Gliedern. Morgen früh würde ich dem Abt von Glastonbury Abbey einen Besuch abstatten, den er nicht überleben würde. Abt Theobald von Kent würde morgen sterben – durch die Hand einer Nonne.

Modriger Geruch riss mich aus meinen Gedanken. Mein Wallach witterte nun einen Stall und lief ein wenig schneller. Seine beschlagenen Hufe stießen immer wieder auf Kiesel, die unter dem Gewicht des Pferdes knirschten. Der einsetzende Regen brachte den unangenehmen Duft alten Leinens mit sich, der kaum von der zarten Lavendelnote überdeckt wurde. Wie Nonnen den Alltag in solch stinkenden Kleidern erduldeten, stieß bei mir auf große Bewunderung. Gott musste so gut wie keinen Geruchssinn haben. Dazu haftete das weiße Kopftuch, das meine Stirn umspannte, so eng an meinem Kopf, dass ich Kopfschmerzen davon bekam. Schwester Eleonore hatte mir aber auf meinen Protest hin versichert, dass alle Nonnen es so eng trugen. Nur die Augen, die Nase und der Mund sollten zu sehen sein. Jedes Zeichen von Weiblichkeit wurde mit dem Tuch und mit dem Skapulier verdeckt, einem Umhang, der über dem Untergewand zu tragen war. Ärgerlich schob ich einen Finger zwischen den weißen Stoff und meine Haut, um etwas Luft heranzulassen. Dabei versuchte ich, mich auf den Duft von Lavendel und meine bevorstehende Aufgabe zu konzentrieren.

Glastonbury Abbey war ein Relikt der ersten irischen Gottesmänner, die nach England gekommen waren, um ihren Glauben zu verbreiten. Die etwa fünfundvierzig Benediktinermönche, die dort wohnten, beteten und arbeiteten, blickten auf eine lange Geschichte zurück und zählten ihre Kathedrale heute zu einer der größten Klosteranlagen. Sie sammelten Gebeine und Utensilien ihrer Heiligen und bewahrten sie in der Kirche auf. Angeblich hatten die Mönche sogar das Grab von König Arthur und seiner Frau Guinevere in der Nähe der Kirche gefunden, geborgen und sie im Kirchenschiff beerdigt. Der von den Engländern so geliebte König Richard Löwenherz selbst soll die Versetzung des Grabes angeordnet haben, um sich König Artus nahe zu fühlen. Guineveres Leichnam soll vor der Umbettung noch goldene Locken getragen haben, die aber bei einer Berührung durch einen der Mönche zu Staub zerfielen. Die Augen der alten Nonne Eleonore hatten begeistert geleuchtet, als sie mir dieses Ammenmärchen erzählte.

»Blödsinn!«, rief ich laut, immer noch verärgert über die Gutgläubigkeit der Ordensschwester, und hielt erschrocken inne. Hatte mich jemand gehört? Nervös blickte ich mich um, aber nichts schien die Grillen und Vögel zu stören. Niemand schien mich bemerkt zu haben, Besucher waren wohl in dieser Gegend ein gewohntes Bild. Vom nahegelegenen Dorf hallten Laute herüber, die auf ein geschäftiges Treiben hindeuteten. Es war der Tag des Mondes und der erste Tag, an dem die Menschen nach der sonntäglichen Ruhe wieder arbeiten mussten. Die vielen Pilger, die tagtäglich zum Kloster strömten, sorgten bei den Marketendern und Handwerkern für ein gutes Auskommen. Schließlich mussten die zahllosen hungrigen Pilger auch verköstigt und nicht zuletzt unterhalten werden. Pferde mussten beschlagen, Kutschen repariert und Männerkehlen befeuchtet werden. Das schallende Lachen einer jungen Frau war aus der Ferne zu hören, gefolgt von einem tieferen mehrstimmigen Gelächter aus Männerkehlen. Sicher war an diesem Ort alles zu finden, was fromme Männer brauchten.

Ob die Mönche in mir eine Nonne sehen würden? Ganz sicher war ich mir da nicht. Meine wenigen weiblichen Kurven wurden von dem weiten Skapulier ausreichend verdeckt, aber meine Körpergröße war verräterisch. Ich überragte viele Männer um einen ganzen Kopf, und meine muskulösen Schultern waren etwas zu breit für eine Frau. Tägliche Kampfübung mit Schwert und Lanze stählte meinen Körper, der dem eines gut trainierten Kriegers in nichts nachstand. Unter dem Gelächter der umstehenden Frauen und dem kritischen Blick Eleonores hatte ich lange die demütige Haltung einer Nonne geübt. Mit eingesunkenen Schultern und gesenktem Haupt hatte ich fast gespürt, wie ich ein wenig von dem Stolz ablegte, der sonst durch jede Pore meiner Haut strömte. Der Stolz einer Frau, die erreicht hatte, was kaum ein Mensch ohne Adel erreichen konnte: Ich war Burgherrin in einer von Kampf und Krieg gezeichneten Zeit, entschlossen, meinen Clan vor der Rache des englischen Königs zu schützen, der mich zu seiner Todfeindin erklärt hatte, als ich vor seinem Hofstaat im London Tower meine Rechte als Burgherrin eingefordert hatte. Erst im August letzten Jahres war ich seinem Henker entkommen, und im darauffolgenden Herbst hatten wir uns einer heftigen Belagerung ausgesetzt gesehen. Irgendwann hatten die Engländer allerdings aufgegeben, als sie keinen Meter gegen meine Burg gewonnen hatten. Sie hatten meine Gegenwehr und die meiner Krieger unterschätzt.

Mein Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln, als ich mir ausmalte, wie König Edward toben würde, wüsste er mich in seiner unmittelbaren Nähe. Somerset lag in der Nähe Londons, südwestlich des Königssitzes. Den weiten Weg von Schottland bis hierher hatte ich mit einem der zahlreichen Birlinns eines schottischen Händlers auf dem Seeweg zurückgelegt. Das wendige Schiff mit dem flachen Bug war sowohl meeres- als auch binnenseetauglich und hatte mich sicher nach Holyhead übergesetzt, einem kleinen Hafen an der walisischen Küste. Ein Dreitagesritt hatte mich nun an mein Ziel gebracht, zur Kathedrale von Glastonbury mit ihrem ehrenwerten Abt Theobald von Kent.

Die Nacht verbrachte ich in einer der Tavernen, die mir der schottische Tuchhändler bei der Landung in Holyhead genannt hatte. Sie wurde von einer Frau geführt, die verschwiegen war und dank ein paar zusätzlicher Münzen keine Fragen stellte. Eine Nonne in ihrem Haus war auch nicht so ungewöhnlich, da die Dorfwirte geistliche Besuche gewöhnt waren. Ich bekam sogar heißes Wasser auf mein Zimmer und ein Abendbrot. Vermutlich stand nun schon ein Frühstück vor meiner Tür, obwohl es noch recht früh am Morgen war.

Widerwillig setzte ich mir wieder das enge weiße Kopftuch auf, das an den Rändern sogar Abdrücke auf meiner hellen Haut hinterließ. Einen Fingerbreit lockerer, als Eleonores strenge Augen es hätten durchgehen lassen, steckte ich den Kopfputz mit einer Nadel fest und stülpte mir den grauen Umhang über. Meinen Dolch hatte ich mir ans Bein geschnallt, damit er durch die dicken Lagen Stoff gut verdeckt war. Bei einem Assassinenangriff war ein langes Schwert nutzlos. Mein Dolch dagegen war, beidseitig geschärft und richtig platziert, auf der Stelle tödlich.

Grimmig malte ich mir aus, wie Theobald von Kent sterben würde. Wenn sein Gott ihn bisher nicht bestraft hatte, würde ich es eben tun. Erst im letzten Jahr war der Benediktinerabt Theobald für die Leitung des Klosters in Somerset vorgeschlagen worden. Anscheinend waren dem Bischof die sexuellen Vorlieben des Abtes zu Ohren gekommen, daher versetzte er ihn mit sofortiger Wirkung aus London in dieses abgelegene Kloster. Aufmerksam wurde ich auf ihn, als mir ein Junge, dem gerade mal der erste Haarflaum wuchs, von den Schandtaten dieses Geistlichen erzählte. Er war der Bruder eines Knaben, den seine besorgte Mutter in meine Burg gebracht hatte. Ich war nicht nur als Kriegerin bekannt, sondern auch als weiblicher Medicus.

Dieser Junge war mit seinem kleineren Bruder im letzten Herbst zu mir zur Beschau gekommen. Er war ein hübscher, aufgeweckter Knabe mit dunklen Locken und mitten im Stimmbruch. Sein Blick war nervös, er wirkte scheu wie ein Reh. Er zeigte auf seinen kleinen Bruder von vielleicht neun oder zehn Jahren, der mich mit großen blauen Augen ansah und eine Haarlocke an seiner Stirn zwirbelte.

»Ich bin wegen William hier«, erklärte mir der Größere der beiden, schob den Bruder nach vorne und zeigte auf ihn. »Er spricht nicht mehr, schon seit Monaten.«

Natürlich untersuchte ich den Jungen eingehend, ließ ihn den Mund öffnen und tastete seinen Hals ab. Aber eine Krankheit konnte ich nicht entdecken.

»War er denn in letzter Zeit krank, oder ist etwas Ungewöhnliches passiert?«

Nur aus den Augenwinkeln heraus sah ich, wie der Große nervös von einem Bein aufs andere trat. Ich gab vor, die Unsicherheit nicht zu bemerken, aber mir war klar, er verschwieg etwas Wichtiges.

»Nun«, brachte er heraus, »wir sind beide schon länger von zu Hause weg. Wir sind vor zwei Jahren als Novizen von der Franziskanerabtei der barmherzigen Brüder in London aufgenommen worden und dienten als Ministranten. Eines Tages kam William nicht wie vorgeschrieben nach der letzten Abendmette in unseren Gemeinschaftsraum. Wir durften den Bettensaal nicht mehr verlassen, sobald das letzte Geläut zu hören war. Ich blieb wach und wartete auf William.«

Es entstand eine Pause, die ich geduldig abwartete. William wartete teilnahmslos, nur die Hand, die seine Locke beständig zwirbelte, bewegte sich.

»Nach zwei Stunden kam er zurück«, erzählte sein Bruder und atmete tief durch. »Seitdem spricht er nicht mehr.«

Es kostete mich fast zwei Wochen, bis ich dem Kerlchen die ganze Wahrheit entlockt hatte, eine Wahrheit, die mich tief erschütterte, denn offensichtlich waren William und sein Bruder keine Einzelfälle. Der Name des Priesters, der den kleinen William immer wieder missbraucht hatte, lautete Bruder Theobald von Kent – ein Verdacht, der offensichtlich seine Kreise zog, denn plötzlich wurde aus dem Franziskanermönch Theobald aus London der Benediktinerabt von Glastonbury. Dies hatten meine Nachforschungen ergeben, die ich über meine Patienten aus besten Adelskreisen führen konnte. Leider fand ich niemanden, der den schweren Vorwurf bezeugen wollte, daher hatte ich beschlossen, der Gerechtigkeit ein wenig nachzuhelfen.

Ich hörte einen Laut vor der Tür und schreckte aus meinen düsteren Gedanken auf. Leise schlich ich zur alten Holztür, die nur mit einem lauten Quietschen nach innen in meine kleine Kammer zu öffnen war. Mit Schwung riss ich sie auf und starrte in des Halbdunkel des Ganges. Vor der Tür lag ein kleines Holzbrett mit einem Messer und in einem Korb ein Stück Brot. Dazu gab es warme Ziegenmilch.

Die Magd, die das Brett soeben abgestellt hatte, wich vor Schreck einen halben Schritt zurück und starrte mich mit geöffnetem Mund an. Etwas brüsk nahm ich mein Frühstück vom Boden und lächelte milde, denn ich erinnerte mich wieder an meine Rolle.

»Der Herr wird es Euch danken, meine Liebe«, formulierte ich höflich und schloss die quietschende Tür hinter mir. Der Duft des Brotes ließ meinen Magen knurren, daher setzte ich mich auf den einzigen Hocker in der Kammer und genoss diese Köstlichkeit, vorsichtig darauf bedacht, meine Verkleidung nicht zu beschmutzen. Meine Gedanken kehrten zu Theobald von Kent zurück. Der radikale Wechsel zu einer anderen Glaubensbruderschaft war nötig geworden, als ein seltsamer Todesfall für Aufsehen sorgte. Ein Novize aus einer hochgestellten Adelsfamilie war aus dem Fenster von Bruder Theobalds Kammer gesprungen. Als kurz danach die ersten Gerüchte aufkochten, war William de Lamberton, der Bischof von St. Andrews, gezwungen, den gefallenen Theobald von Kent in ein anderes Kloster abzuschieben, wo er keine Messen mehr halten sollte.

»Der gütige Gott wird schon sein gerechtes Urteil fällen, wenn es einmal so weit ist!«, hatte de Lamberton mich zu beruhigen versucht, sichtlich unangenehm berührt von meinen direkten Fragen. Damit hatte er meinen Verdacht bestätigt. Denn der gütige Gott brauchte nach meinem Geschmack gar kein Urteil zu fällen, ich würde Theobald direkt in die Hölle schicken, wo er hingehörte.

Der Weg vom Dorf zur Klosteranlage war nicht mehr weit. Mein Pferd war die Nacht über im Stall der Wirtin geblieben und hatte sich dort erholen dürfen. Kaum eine halbe Stunde später passierte ich den großen spitz zulaufenden Torbogen der Kathedrale von Glastonbury sowie die kleinere Ladychurch und lenkte den alten Gaul schließlich durch das offene Tor ins daneben liegende Kloster. Alles wirkte groß und weitläufig, und so wunderte es mich nicht, dass es eine Zeit lang dauerte, bis ich überhaupt bemerkt wurde. So lange ließ ich den Schecken am Brunnen stehen und holte mit einem bereitgestellten Eimer Wasser aus dem tiefen Wasserschacht. Ich lockerte den Sattel, damit das Pferd freier atmen konnte.

Erst nach geraumer Zeit fand sich ein Mönch, der mich dem Abt vorstellen konnte. Frauen und selbst Nonnen hatten gewöhnlich keinen Zutritt zum Kloster. Aber als ich dem herbeigeeilten Mönch den Zweck meiner Reise nannte – eine Spende der Äbtissin an den Schutzpatron der hiesigen Kathedrale –, machte der Abt eben doch eine Ausnahme. Eleonores perfekter Vorbereitung sei Dank wurde ich vorgelassen, und mein Herz vollführte vor Aufregung einen doppelten Salto. Gut, dass unter der dicken Kutte das Beben meiner Brust nicht zu sehen war.

Die Kammern des Abtes befanden sich in der oberen Etage des zweigeschossigen Baus. Es ging einen weitläufigen Gebetsgang mit wunderschönen Steinsäulen entlang eine weite Treppe hinauf, die in einen Vorraum mündete. Schwere Flügeltüren verschlossen die Kammer des Klostervorstands. Für mich wurde lediglich eine kleine Tür, die dort eingefasst war, geöffnet, und ich kletterte nach meiner Begleitung hindurch. Schwere Brokatvorhänge und aufwendig geknüpfte Wandteppiche empfingen mich in einer angenehm gedämpften Atmosphäre. Kerzenlicht erhellte den ansonsten abgedunkelten Raum, anscheinend war der Abt lichtscheu.

Neben einem großen Schreibtisch flackerte ein Feuer in einem mannshohen Kamin, das spuckend und speiend gegen die kühle Luft des Raumes kämpfte. Entgegen der offenkundigen Herzenskälte seines Bewohners strahlte der Raum eine Behaglichkeit, ja, sogar Erhabenheit aus. Zwei Männer, die in den typischen schwarzen Habit des Benediktinerordens gekleidet waren, standen eng zusammen neben dem mächtigen Schreibtisch aus dunkel gebeiztem Eichenholz und unterhielten sich leise. Ähnlich einem Thron war dahinter der passende Stuhl mit einer hohen Lehne platziert. Am Kopfende eingeritzt trug er die Symbole der Macht: das Wappen der Benediktiner, darunter in lateinischen Buchstaben Ut in omnibus glorificetur Deus. Auf dass Gott in allem verherrlicht werde. Gemessen an dem, was der Abt verbrochen hatte, hörte sich dieser Spruch wie reinster Hohn an.

Etwas Spitzes bohrte sich in mein Herz. Es war die Erinnerung an den kleinen William, der nicht mehr sprechen wollte. Er war noch so unschuldig, die Augen waren die eines Kindes, aber sie waren leer. Er weinte nicht, er klagte nicht, aber er ließ auch nichts über seine Lippen. Meine Versuche waren umsonst gewesen, er weigerte sich zu sprechen bis zu jenem Tag, an dem er …

Mein Blick huschte zurück zu dem kräftigeren Mann direkt neben dem Tisch, der sich jetzt von seinem Gegenüber mit einem höflichen Nicken verabschiedete. »Geht mit Gott«, hörte ich seine Stimme zu mir herüberschallen. »Und geht in Frieden!«

Irgendetwas stimmte nicht. Ungläubig starrte ich den Sprecher an. Diese Stimme, wurde mir mit einem Schlag bewusst, ich kannte diese Stimme!

Theobald von Kent drehte sich nun zu mir um und blickte mir ins Gesicht. Mit einer Handbewegung winkte er mich ungeduldig zu sich heran. Plötzlich fiel ich in eine seltsame Starre, in der alle Bilder vor meinen Augen stehenzubleiben schienen und Stimmen wie aus endloser Ferne an mein Ohr drangen. Die dunklen Augen in den schwarzen Höhlen, der ergraute Haarkranz, der nun einer Glatze gewichen war … all das kannte ich bereits.

Ich war schon einmal auf ihn getroffen, da war ich mir jetzt sicher. Würde er mich wiedererkennen? Sein prüfender Blick ruhte nun auf mir, und er ließ sich nicht anmerken, ob er mich ebenfalls wiedererkannte. Aber nichts regte sich in seinem Gesicht, meine Verkleidung schien ihn zu täuschen. Die Luft, die ich unbewusst angehalten hatte, wich aus meinen Lungen. Hoffentlich war meinem Gesicht der Schreck nicht anzusehen. Krampfhaft schloss ich die Augen und öffnete sie wieder, zwang mich, ruhig zu atmen. Die Hand, die meinen Dolch greifen wollte, wich wieder zurück unter den Umhang. Mein Herz pumpte viel zu viel Blut in meine Adern. Für einen Augenblick bildete ich mir ein, Sterne zu sehen. Die Erinnerung hatte mich überrumpelt, und beinahe hätte ich den Kerl in einer unüberlegten Aktion niedergestochen. Mein Hass auf diesen Mann hatte sich innerhalb Sekunden noch um ein Vielfaches gesteigert.

Abt Theobald von Kent war der Mann, der mich im letzten August im London Tower als Ketzer hatte hinrichten lassen wollen. Er war es, der mich in meiner Zelle besucht hatte und mich zu überzeugen versuchte, mich als Dirne des Teufels schuldig zu bekennen. Abt Theobald hatte nicht nur die kleinen Jungen auf dem Gewissen, sondern auch noch zahlreiche arme Frauen, die sich in seinen Augen der Ketzerei schuldig gemacht hatten. Was für ein Zufall, dass ich ihm hier leibhaftig wieder begegnete. Damals hatte er sich mir nur als Bruder Theobald vorgestellt.

Mein Atem beruhigte sich wieder, Puls und Herz schlugen wieder langsamer. Für mein Vorhaben brauchte ich meinen Verstand, nicht die hitzigen Gedanken an Mord und Rache. Mir war klar, dass ich eine öffentliche Person wie Theobald von Kent nicht vor aller Augen erstechen konnte. Er musste sterben, so wie wir es geplant hatten, nämlich eines natürlichen Todes.

Prüfend musterte ich sein Gesicht, das ein wenig gealtert, aber immer noch unverkennbar das meines Anklägers war. Die breite Nase zeigte die groben Poren mit den erweiterten roten Adern, das Augenweiß war trüb und sein Bauch von einer vermutlich beginnenden Leberzirrhose aufgequollen. Es waren die deutlichen Spuren von Alkoholsucht. Aber was mich innerlich jubilieren ließ, waren seine bläulichen Lippen. Zeichen einer Herzschwäche.

Tatsächlich setzte er sich jetzt ächzend auf den Stuhl und lehnte sich zurück. Die Arme verschränkte er abweisend auf seinem Bauch. Dabei blitzte ein Ring an seinem rechten Finger auf, den er in London noch nicht getragen hatte. Es war ein Goldring mit einem riesigen Rubin. Er wirkte wie ein Mann, der mit sich selbst zufrieden war und es andere auch spüren ließ. Seine Augen waren jetzt halb geschlossen, und der Mund verzog sich verächtlich, als wäre der Empfang einer Nonne die reinste Zeitverschwendung.

»Was führt Euch hierher, Schwester?«, setzte er ohne Umschweife an, er hielt es nicht einmal für angebracht, mich zu begrüßen. Ich war für ihn einfach nur Luft. Ich holte bewusst nach, was er versäumt hatte, und verbeugte mich höflich.

»Gott zum Gruße, Hochwürden. Meine ehrwürdige Äbtissin, Schwester Eleonore von der Abtei Iona schickt mich, um dem Heiligen David mit einer Spende aufzuwarten. Sie sagte, er sei ihr an ihrem Namenstag am elften Juli im Schlaf erschienen und habe sie um ihre Hilfe gebeten.«

Ich sprach so, wie es mir die Nonne aufgetragen hatte. Mit gesenktem Kopf und ohne Hast. Die Schultern nach vorn, die Demut in Person. Ob mir der Abt meinen Vortrag abnahm, konnte ich nicht sehen, aber ich hörte ihn rasselnd durchatmen und dann nur seufzen.

»Hättet Ihr das nicht schon an der Pforte abgeben können?«, fragte er genervt. Beschämt wegen seiner offensichtlichen Ignoranz presste ich die Lippen aufeinander. »Wie viel ist es denn?«, brachte er schließlich zustande, um ein wenig Interesse zu zeigen.

»Hundert Schillinge, Hochwürden«, antwortete ich, ohne zu zögern, zog den Lederbeutel aus meiner Brusttasche und legte ihn mit gesenktem Kopf auf die Platte des Holztisches vor mir. Dabei machte ich einen unvorsichtigen Schritt nach vorn. »Und eine Flasche selbstgebrannten schottischen Uisghe Beathas mit einem persönlichen Gruß der Äbtissin.«

Jetzt schnellte sein verräterischer Blick zu der mundgeblasenen Flasche mit dem Alkohol, die ich neben dem Säckchen abstellte.

»Dazu einen Becher aus Zinn, aus dem Ihr dieses reine Wasser trinken solltet, denn darin entfaltet sich erst der echte Geschmack dieser Kostbarkeit.«

Mit seiner Zunge befeuchtete er die Lippen und fixierte erst die Flasche mit dem goldschimmernden Inhalt, dann den schönen Becher mit der schlichten Gravur von Weinreben. »Sagt Eurer Äbtissin, Elena, Ele…«

»Eleonore«, half ich ihm.

»Richtet Eurer Äbtissin Eleonore meine besten Wünsche aus, ihren Gebeten wird entsprochen, und wir werden eine Messe für den Heiligen David zu ihren Ehren lesen. Ihr seid entlassen, Schwester.«

Mit einem Wink seiner rechten Hand ließ er den Türposten wissen, dass ich gehen konnte. Meine Beine bewegten sich nur unter Aufbietung meiner ganzen Willenskräfte. Ich traute mir selbst nicht mehr ganz über den Weg, es fehlte nicht viel, und ich hätte ihm mit einem Sprung über den Tisch meinen Dolch in sein schwarzes Herz gestoßen.

Stattdessen zwang ich mich, noch einmal stehen zu bleiben und mich zu ihm umzudrehen. »Wäre es mir erlaubt, einen Blick in die wunderbare Büchersammlung zu werfen, die Ihr beherbergt? Unsere Äbtissin meinte, hier würde eine der wenigen Abschriften …«

Ich kam nicht mehr weiter. Ohne mich ausreden zu lassen, winkte der Abt wieder mit seiner rechten Hand, an der der große Rubin im Licht der Kerzen funkelte und tanzende Lichtpunkte an die Wand warf. Fragend blickte ich ihn an und sah dann den Mönch, der mich in diese Kammer gebracht hatte, wieder in der Tür auftauchen. Er musste davor gewartet haben.

»Ich bringe Euch in die Bücherei, dort könnt Ihr Euch umsehen«, sagte er hilfsbereit lächelnd. Er war noch jung, vielleicht Anfang zwanzig, und besaß noch nichts von der Arroganz seines Abtes. Ich entkam dem Studierzimmer des Delinquenten, ohne meine wahren Absichten preiszugeben.

Die Kühle der kleinen Kapelle, die hier Ladychurch genannt wurde, beruhigte ein wenig mein aufgepeitschtes Gemüt. Doch der Anblick der sorgfältig erstellten Abschriften der heiligen Schrift im Skriptenraum stillte meine Rachephantasien nicht, auch nicht die mit Gold und Edelsteinen reich verzierten Buchdeckel. Ich saß in der kleinen Kapelle neben dem großen Hauptschiff, mein Kopf war demütig gebeugt, die Hände waren gefaltet, als befände ich mich tief im Gebet. Mein freundlicher Begleiter hatte mich bereits vor der Kathedrale verabschiedet, nachdem ich ihm versichert hatte, den Weg nach draußen zu kennen. Er war die Höflichkeit in Person, ein Lichtblick in dieser von Männern dominierten Welt.

Langsam wurde es still im Gotteshaus, das tagsüber von zahlreichen Messen und unzähligen Pilgern bevölkert wurde. Es würde nicht lange dauern, bis einer der Mönche mich von dem stillen Ort vertreiben würde, an dem ich Zuflucht gefunden hatte. Die Stille bewirkte das, was meine Gedanken nicht geschafft hatten: meine innere Ruhe zu finden, um mich für den Mord zu wappnen, der die unschuldigen Kinder in der Franziskanerabtei rächen würde.

»In deiner Ruhe liegt Stärke«, hörte ich die Worte meines Großmeisters Kang Shi Fu. Der kleine drahtige Chinese hatte viele Jahre versucht, mein hitziges Gemüt abzukühlen. Heute wäre er stolz auf mich gewesen. Die Hände, die ich mehr zu einer Faust geballt als zum Gebet gefaltet hatte, lockerten sich. Mein zusammengepresster Kiefer entspannte sich.

Ich ließ meine Gedanken driften wie ein Floß im Wasser. Betrachtete emotionslos die wundervoll geschnitzten Figuren der Heiligen Schrift, die mit Gold und kräftigen Farben verziert waren, die Gebeine eines weiteren Heiligen, die in einem Schrein drapiert lagen, mühevoll mit Goldbändern verziert. Selbst der Schädel war in Gold getaucht, während die Augenhöhlen mich in einem Mix aus roten und grünen Edelsteinen unverwandt anstarrten. Diese Kapelle war ein Kleinod, gestützt auf die Angst und den Schweiß derer, die an die christliche Religion glaubten und sie unterstützten. Wie lange hatten die katholischen Priester gebraucht, um den Vielgötterglauben der heimischen Kelten auszumerzen? Wie viele mussten bis heute ihr Leben lassen, um diesem einen Gott zu weichen?

Ich merkte, wie mich das Befassen mit meiner Haltung zu dieser Religion in eine Richtung brachte, die mich verunsicherte. Noch vage erinnerte ich mich, dass ich selbst aus einer Kultur stammte, in der es Götter für Bäume, Berge, Feuer und Wasser gab. Später, nach meinem Schiffbruch und der Versklavung durch arabische Piraten, war mir der Koran aufgezwungen worden, eigentlich eine Variante des christlichen Gottes, nur über sechshundert Jahre später entstanden. Heute, nach allem, was ich durchgemacht und gelernt hatte, war ich frei von jeglicher Religionsauffassung und nur noch an meinen Eid des Hippokrates gebunden. Jeder, der zu mir kam, hatte ein Recht auf medizinische Hilfe. Ich reduzierte die Menschen, die sich hilfesuchend an mich wandten, weder auf ihren Stand noch auf das Geschlecht oder auf ihre Religion. Mein größtes Problem war die Auffassung einiger Menschen, sich über andere stellen zu müssen. Im Kampf ließ sich diese Auffassung schnell widerlegen, aber in der Gesellschaft waren Worte meist überzeugender als die Klinge. Meine Lösung bestand aus einem goldenen Mittelweg: Meinen Besitz verteidigte ich mit der Waffe, meine Einstellung mit geschliffenen Worten und die Krankheiten meiner Patienten mit den Mitteln der Heilkunde.

Mein Alter belief sich auf etwa dreiundzwanzig Sommer. Seit fünf Jahren lebte ich nun schon in diesem schönen, aber unruhigen Land in der Burg Caerlaverock. Damals hatte es mich mit der halben Bibliothek und den Schätzen des Assassinengroßmeisters Hassan I‑Shabbah aus dem Orient nach Schottland verschlagen. Dem Patriarchat der hiesigen Clans konnte ich nur mit meinem Mut und meinem Schwert entgegentreten, was dem englischen König schließlich schwer missfiel. So sehr, dass er mich als Hochverräterin hinrichten lassen wollte. Nur der beherzten Rettung durch meinen besten Freund Cathal hatte ich es zu verdanken, dass ich wieder in meine Burg zurückkehren konnte. Mir blieb damals nichts anderes übrig, als mich mit dem schottischen König Robert de Bruce anzufreunden, der mir als Einziger noch die Belehnungsrechte an meiner Burg zusprechen konnte. Ein weiterer überzeugter Patriarch, den es von meinen Qualitäten als Clanführerin und Burgherrin zu überzeugen galt.

Dunkelheit kam über die Klosterabtei Glastonbury. Auf den sonnigen Tag fiel nun ein kühler Schatten, der noch an die kalten Winternächte erinnerte, aus dessen eisigem Griff sich die Natur gerade erst herausgeschält hatte. Die kleine Kirche aus Stein mit ihren offenen Fenstern, durch die das Mondlicht hereinschien, kühlte so schnell aus, wie das Sonnenlicht sich verabschiedete. Bevor der letzte Mönch die Kerzen ausblasen konnte, war ich hinter den Altar geschlüpft, den einzigen Platz, der vor den Augen der Betenden geschützt war. Die Nische diente wohl den Messdienern, um sich während der Darbringung der Hostien zurückzuziehen. Es wäre mir schwergefallen, eine Ausrede zu erfinden, warum ich mich dort versteckte, aber es gab keinen Anlass dazu. Die Mönche waren froh, die Kapelle zu so später Stunde verlassen vorzufinden. Insgeheim wunderte ich mich über ihre Nachlässigkeit, aber vielleicht vertrauten sie einfach auf den Glauben der Menschen, die diesen Ort heimsuchten. Der gütige Gott wird schon sein gerechtes Urteil fällen, wenn es einmal so weit ist!

Der zynische Spruch William de Lambertons fiel mir wieder ein, der die Bestrafung eines Mörders dem Urteil seines Gottes überließ. Nun, heute würde sich dieser Irrglaube rächen, in jeder Hinsicht. Der Zinnbecher fiel mir wieder ein, den ich so provokant vor Theobald gestellt hatte, und sein gieriger Blick. Er würde es nicht lassen können, das flüssige Gold zu kosten. Hätte ich den Inhalt der ganzen Flasche vergiftet, würde der Abt womöglich an einer Überdosis sterben. Durch die Präparierung des Becherbodens mit einer getrockneten und exakt abgestimmten Menge an Pflanzengift würde stattdessen sein Herz in einen rasenden Puls verfallen und mit einem tödlichen Aussetzer enden. Ein natürlicher Tod für einen herzkranken Mann. Vorausgesetzt, alles klappte nach meiner Vorstellung. Und dafür würde ich für alle Fälle sorgen.

Als sich die Kühle und Stille auf das Kircheninnere herabsenkte, konnte ich mich endlich von meiner Aufmachung befreien und schlüpfte geschickt aus den Lagen von Leinen, die mich als Nonne verkleideten. Sorgfältig legte ich den Habit in der Nische ab, die mir als Versteck gedient hatte, und stand nun in meiner schwarzen Kampfkleidung, aber ohne Waffenrock, vor dem Fenster, durch das die Luft eines frischen Aprilabends hereinwehte. Mit einem tiefen Zug atmete ich ein, bevor ich mit einem beherzten Satz auf dem Vorsprung einer schrägen Nische landete, die sich in Schulterhöhe befand, eines der zahlreichen Fenster dieser Kirche. Wachsam überblickte ich von dort die Lage vor mir und lauschte nach verdächtigen Geräuschen. Aber die Klosteranlage war bis auf das entfernte Geräusch von Stalltieren völlig ruhig. Die meisten Mönche waren nach einem langen Tag erschöpft in ihren Kammern eingeschlafen.

Lautlos wie eine Katze sprang ich auf die Grasböschung, welche die kleine Kapelle umgab. Mit meinem untrüglichen Orientierungssinn und einem messerscharfen Blick in der Dunkelheit bewegte ich mich sicher in Richtung Abtkammer, an dem Gebetsgang vorbei Richtung Treppe. Ab hier vermied ich die Türen und hielt mich lieber an die Fenster der Außenfassade, die Tag wie Nacht von den schweren Vorhängen verhängt waren. Stets fand ich einen sicheren Tritt, hangelte mich an den Steinsäulen vorbei und sicherte mich an den in Stein gehauenen Rillen und Vorsprüngen – so wie ich es an den Lehmhäusern in Bagdad geübt hatte, als ich noch als Bettelkind mit meiner Diebesbande die Reichen bestohlen hatte. Ich war in der Lage gewesen, sogar einen Goldknopf von der Weste eines Edelmannes zu schneiden, bevor dieser überhaupt bemerkte, was passierte.

Am Fenster zur Schlafkammer verharrte ich auf dem breiten Tritt des hohen Steinausschnitts und horchte. Schweiß bildete sich auf meiner Stirn, den ich mit meinem Hemdsärmel ungeduldig fortwischte. Durch den Schlitz zwischen den beiden Brokatvorhängen bemerkte ich noch das flackernde Licht einer Kerze in Theobalds Schlafkammer. Sie grenzte direkt an seine Studierkammer, in der er mich heute empfangen hatte. Vorsichtig schob ich den Stoff zur Seite. Sofort stieg der scharfe Geruch des Uisghe beathas in meine Nase. Die Flasche stand offen und noch fast voll auf einem kleinen Beistelltisch, erst ein halber Becher schien daraus entnommen worden zu sein. Enttäuschung machte sich in mir breit. War die Dosierung doch zu schwach ausgefallen?

Erst ein schweres Schnaufen ließ mich aufhorchen und den Vorhang weiter zur Seite schieben. Es klang ein wenig, als hätte sich jemand verschluckt und würde um Luft ringen. Schließlich entdeckte ich den Abt, wie er auf dem Boden kniete. Er war unbekleidet und sein Gesicht verschwitzt und gerötet, die Augen weit aufgerissen. Sein Atem ging nur noch stoßweise. Das Bett stand nur wenige Schritte entfernt. Offenbar hatte er noch zur Tür gewollt, es aber nicht mehr geschafft. Der rasende Puls drückte ihm das Blut ins Gesicht, und sein schwaches Herz scheiterte bei der Versorgung der Atemwege, die durch die Wirkung des Pflanzengifts aus dem Tollkirschenextrakt nur noch eingeschränkt arbeiteten. Die perfekte Vortäuschung eines natürlichen Todes.

Wie eine Schlange, die ihr Opfer eines sicheren Todes wähnte, glitt ich durch den Vorhang in das Schlafzimmer des sterbenden Theobald. Der todgeweihte Mann erkannte mich noch, als ich vor ihm stand und meinen Dolch aus dem Schaft zog. Damit wusste er, dass sein Tod unvermeidlich war, und vielleicht dämmerte es ihm, wem er dies zu verdanken hatte. Mit dem Dolch in der Hand kniete ich mich zu ihm hinunter und zog ihn in eine sitzende Stellung zurück. Den Oberkörper lehnte ich gegen den Bettpfosten, um ihm seine letzten Atemzüge zu erleichtern. Tatsächlich legte sich die hastige Schnappatmung ein wenig.

»Theobald von Kent«, sprach ich ihn an. Würde er mich verstehen? Ein Flackern in seinen Augen bestätigte mir, dass er noch bei klarem Verstand war. »Ich bin Enja von Caerlaverock und im Auftrag Eurer Opfer hier, um Eurem miserablen Leben ein Ende zu setzen.«

Ein unverständliches Gebrabbel kam aus seinem Mund, sein Kinn erzitterte.

»Euer Herrgott wird Euch heute in seiner Gnade empfangen, aber ich als verurteilte Ketzerin werde Euch den Aufstieg ins Paradies ein wenig beschwerlicher machen«, erklärte ich ihm trocken. »Ich hoffe, Ihr erinnert Euch noch an mich?«

Mein Blick ließ seine Augen nicht los, deren Lider nur noch langsam blinzelten. Die Pupillen waren fast schwarz, ein Zeichen der fortgeschrittenen Vergiftung, aber darauf würde selbst ein kundiger Mönch nicht achten, wenn er einen Herztod bescheinigte. Zu Theobalds Ungunsten hatte ich aber beschlossen, ihn nicht der Gnade eines schnellen Tods zu überlassen. Ich wollte ihn noch etwas von dem spüren lassen, was seine Opfer vor ihm erleben mussten. Schmerzen.

»Wer mit dem Teufel kopuliert, scheut auch nicht vor einem Mord an einem Abt zurück«, neckte ich ihn mit seinen eigenen Worten, die vor langer Zeit meinen Tod hatten rechtfertigen sollen. »Wären es nicht die Knaben gewesen, die mich auf Eure Spur gebracht haben, wer weiß, ob wir uns überhaupt jemals wiedergesehen hätten.« Ich ließ mir Zeit, bevor ich fortfuhr: »Bevor Ihr in den Tod geht, nehme ich Euch noch das, was Euch so viel Vergnügen und den armen Knaben so viel Schmerz bereitet hat.«

Meine Hand mit dem Dolch bewegte sich zwischen seine Beine. Mit einem letzten verzweifelten Aufbäumen versuchte der Abt, noch seinem Schicksal zu entgehen, aber er war hilflos. Ein unkontrollierter Schrei wollte sich aus seiner Kehle quälen, doch ich legte meine freie linke Hand über seinen Mund, rechtzeitig bevor er noch einen seiner Brüder alarmierte.

Als er leblos vor mir lag, stand ich auf. Eine tiefe Genugtuung überkam mich, und im Geiste sah ich die toten Jungen lächeln. Plötzlich fiel mir ein Ritual ein, das bereits bei den Wikingern üblich war. Sie glaubten fest daran, dass der Eintritt nach Walhalla nur mit dem Schwert in der Hand möglich war. Sollte das nicht möglich sein, so reichte eine Haarlocke vom Haupthaar des toten Feindes als Grabbeigabe, um den Übergang ins Kriegerparadies zu schaffen. Konnte ich den verlorenen Seelen so vielleicht den Eintritt ins Paradies sichern? Leider war der Abt haarlos. Vielleicht reichte etwas anderes aus dem persönlichen Besitz? Mein Blick fiel auf den wuchtigen Rubinring, der auf dem kleinen Nachttisch lag. Nach einem Moment des Zögerns nahm ich ihn an mich und steckte ihn in meinen kleinen Beutel, den ich am Gürtel trug. Dann schob ich den Dolch in die rechte Hand des Toten. Die Augen starrten mich unentwegt an, als würden sie mich um Verzeihung bitten. Aber selbst das nahm ich Theobald jetzt nicht mehr ab.

Zufrieden trat ich einen Schritt zurück und betrachtete mein blutiges Werk. Es würde so aussehen, als hätte er sich selbst kastriert, was vielleicht für die, die seine Neigungen kannten, gar nicht so unwahrscheinlich klang. Ich hatte meine Rache und meinen inneren Frieden gefunden. Für William und die anderen Kinder, die Theobald auf seinem Gewissen hatte, kam die Genugtuung zu spät.

Lautlos, wie ich hereingekommen war, entschwand ich aus dem Privatgemach des Toten.

Die Nachricht vom Tod des Abtes ließ die Mönche bei Tagesanbruch zutiefst entsetzt ihren sonst so durchgetakteten Tagesablauf vergessen. Die seltsamen Umstände seines Todes brachten selbst diejenigen aus der Fassung, die mühsam seine Untaten zu verdecken suchten. Die Flasche Uisghe beatha und der Zinnbecher, die der weibliche Besuch am Vortag mitgebracht hatte, waren verschwunden. Dabei hätte der junge Mönch, der die Frau begleitet hatte, schwören können, Theobald von Kent hätte beides in seine Schlafkammer mitgenommen. Das größte Rätsel allerdings war die Tatsache, dass der goldene Ring mit dem seltenen Rubinstein fehlte. Um die unglücklichen Umstände seines Todes zu verschleiern, wurde der Leichnam noch am selben Tag in der Gruft der Glastonbury-Kathedrale beerdigt.

Kaum einer beachtete die einsame Nonne auf ihrem klapprigen Schecken, die im ersten Licht des Tages den Weg nach Holyhead zurückritt. Sie dachte an den einsamen Tod des kleinen William, der sich eines Nachts aus der kleinen Kammer geschlichen hatte, die er sich mit seinem Bruder teilte. Lautlos, als wollte er niemanden um seinen verdienten Nachtschlaf bringen. Man hatte ihn erst Tage später tot im See gefunden, in den die Burg Caerlaverock zum Schutz vor Angriffen gebaut worden war. Seine kleine Leiche war wie bei den alten Wikingern auf einem Floß treibend verbrannt worden, denn kein Priester hatte William auf seinem Friedhof aufnehmen wollen. Vielleicht fand seine verwundete Seele nun endlich Ruhe.

Kapitel 2

Syrien im Jahre 1300

Hassan I‑Shabbah war einer der mächtigsten Herrscher seiner Zeit. Als Großfürst der Assassinen und damit Oberhaupt einer Splittergruppe der Moslems, den Shiiten, reichte sein Einfluss von den Sultanen und Großfamilien bis zu den Tempelrittern, die ihn allesamt fürchteten. Als Kommandantin über seine Festung beauftragte er mich mit der Evakuierung seiner Bibliothek und der Hälfte seiner Schätze. Ich sollte eine Karawane nach Masyaf führen, eine Festung in Syrien, die seiner Meinung nach sicher vor den Mongolen war. Dafür hatte er mir eine wichtige Erkenntnis mit auf den Weg gegeben, die er in seinen eigenen Papyrusrollen gefunden hatte. Der arabische Geograf Ibn H·awqal hatte in seinen Aufzeichnungen von einem weltumspannenden Gebirge geschrieben, das sich von China über den Elburs und den Kaukasus bis nach Syrien und Nordafrika erstreckte. Er hielt den Kaukasus und das Elbursgebirge für miteinander verbunden und glaubte, dass dessen Ende in einen großen Berg namens Qaf münde. Nach dem Glauben des Islams begann jenseits dessen das unendliche Nichts.

Ich war mir also sicher, dass ich mit meinem Tross südlich über die Gebirgspässe irgendwann nach Syrien und damit nach Masyav gelangen könnte. Noch war niemandem diese Überquerung gelungen, aber es musste ja auch für alles ein erstes Mal geben. Hauptsache, das Wetter machte uns keinen Ärger, denn die Winde hier im Elbursgebirge waren unberechenbar.

Wir hatten die Reise in Etappen aufgeteilt, um immer wieder einen Rastplatz und Wasser für die Tiere zu finden. Wir kamen zwar nur langsam voran, aber dafür hatten wir noch keinerlei Ausfälle an Tieren. Sarvesh versorgte die Truppe mit frischem Essen, das er in seiner Reiseküche zubereitete. Dafür wurden ihm extra einige Kamele zur Verfügung gestellt, die links und rechts ihres Höckers die großen Kessel und Pfannen transportierten. Andere Lasttiere beförderten säckeweise Getreide, Gemüse, Gewürze, Nüsse und getrocknete Früchte. Es würde einige Zeit dauern, bis wir unsere Vorräte wieder auffüllen könnten, und deswegen hatten wir uns ausreichend mit Essen versorgt.

Hal ritt zusammen mit Indra auf seinem Höllentier. Sie waren ein nettes Paar, und ich mochte es, Hal so glücklich zu sehen. Indras Vater sah dies wohl mit gemischten Gefühlen. Er hatte sich seinen zukünftigen Schwiegersohn wahrlich anders vorgestellt, traute sich aber nicht, seine Meinung zu sagen. Als einfacher Koch musste er die Wahl eines Assassinen akzeptieren. Hal vermittelte Indra ein Gefühl der Sicherheit. In dieser Zeit musste sich eine Frau einen Mann suchen, der sie beschützen konnte, und ich fand ihre Wahl gelungen. Doch wusste sie auch, dass er keine Kinder zeugen konnte? Hal und ich sprachen über dieses Thema nicht mehr, seitdem er darauf immer verschlossener reagierte. Vielleicht hatte er damit abgeschlossen.

Langsam ergoss sich der riesige Tross in tiefere Lagen, und die trockene Wüstenhitze schlug uns wie eine Wand entgegen. Jetzt wurde mir wieder klar, warum ich mich in Alamut so wohlgefühlt hatte. Die Temperatur war ausgeglichen, die Luft immer von einer Brise angenehm erfrischt. Hier unten im Tal spürten wir jetzt alle die sengende Hitze einer gnadenlosen Sonne, und ich wickelte mich tief in meinen Turban, um meine Haut und meine Augen zu schützen.

Den Spähern zufolge sollten wir bald das Tal des Todes erreichen. Es hieß so, weil tückischer Treibsand eine Durchquerung erheblich erschwerte. Nur wer sich mit diesem Untergrund auskannte, hatte überhaupt eine Chance. Aber wir wären keine Wüstenkinder gewesen, wenn wir dieses Hindernis nicht hätten meistern können.

Sir Colin Alexander Maxwell hatte die Hitze so satt. In jeden Winkel seines Körpers rann der Schweiß und quälte ihn mit Juckreiz. Unter dem Kettenhemd und den gesteppten Kutten darunter wurde es extrem heiß, und die Wasservorräte waren begrenzt. Sie waren mit dem erstbesten Schiff von Alexandria aus nach Mersin aufgebrochen, nur um aus dem Chaos von Kairo zu entkommen. Mersin war eine Sackgasse, kein Schiff fuhr von dort Richtung Europa. Daher beschlossen sie, in Tripolis ein Schiff der Templer zu besteigen. Den langen Weg über Land nach Syrien mussten sie in Kauf nehmen, um den Kontrollen an den Küsten zu entgehen.

Es wäre besser gewesen, nach Tripolis zu schwimmen, dachte sich Colin grimmig und wischte sich die brennenden Augen.

Von der türkischen Hafenstadt aus begegnete ihnen meilenweit nur Wüste, Sand und Sonne. Der Sand knirschte sogar zwischen seinen Zähnen. Wenigstens waren sie von den Angriffen der Mongolen verschont geblieben, seine Männer waren ohnehin ausgezehrt genug. Vom Krieg müde und von der langen Reise entkräftet, befahl er den Spähern, einen Rastplatz für seine Truppe zu finden. Nicht weit von ihnen befanden sich die Ausläufer des Taurusgebirges, dessen riesige Gebirgsketten den Norden des syrischen Landes überspannten. Sein Weg führte ihn an der weniger umkämpften küstennahen Seite über Masyaf bis nach al‑Maghrib. Dort würde er ein Schiff der Templer anheuern, die ihn und seine Truppe ins englische Cardiff und von dort in seine Heimat Schottland bringen würden.

Schottland! Die Vorstellung war so wunderbar. Seine grüne Heimat, die satten Wiesen und überbordenden Flüsse. Wasser, wohin man auch schaute. Wie sehr vermisste er die kühlen Lochs seiner Heimat in Dumfries, seine Familie, den Clan. Als einziger Sohn Roderick Maxwells hatte er als Kreuzfahrer in das Heilige Land ziehen müssen, um für sein Land und die Christen Jerusalem von den Heiden zu befreien.

Der Templerorden hatte ihn zum Ritter geschlagen und ihn mit vielen anderen englischen und schottischen Rittern in den Kampf um die Rettung der Christenheit geschickt. Dabei war Jerusalem nicht mehr das primäre Ziel, vielmehr hatten die letzten Kreuzzüge Tunis und Ägypten im Visier. Mit den Bestrebungen des französischen Königs Philipp IV., die Kreuzzüge einzustellen, waren aber auch diese Eroberungen ins Stocken geraten. Nach und nach zogen sich die christlichen Einheiten aus den arabischen Ländern zurück. Mit dem Einfall der Mongolen war noch ein weiterer Gegner auf den Plan gerückt, der die Kreuzfahrer in arge Bedrängnis brachte.

Sir Colin Maxwell hatte sich ebenfalls dazu entschieden, seine Leute aus dem Heiligen Land abzuziehen. Die Schlacht um Akkon hatte vor zehn Jahren in einer vernichtenden Niederlage für die Tempelritter geendet, und als Folge davon waren alle christlichen Residenzen in Jerusalem vernichtet worden. Eine Einigung mit den islamischen Herrschern, die sich erfolgreich mit den Mamelukken verbündet hatten, war gescheitert. Die Tempelritter mussten sich daher nach und nach zurückziehen. So konnte Sir Colin Maxwell im Januar 1301 nach der Geburt des Herrn und mit dem Segen seines Ordens den Heimweg antreten. Einundzwanzig reisewillige Männer und Frauen waren mit ihm nun auf dem langen Weg Richtung Heimat.

Schottland! Er hatte gehofft, es noch einmal wiederzusehen. Wie oft hatte er seiner jungen Frau Salome von der beeindruckenden Landschaft erzählt, von den klaren, frischen Gewässern, die sich wie Lebensadern durch das fruchtbare Land zogen. Er berichtete ihr von den satten grünen Tälern und hoch aufragenden Felsformationen der Highlands, die durch ihre ganz eigene raue Schönheit bezauberten. Sein Vater würde sicher außer sich sein vor Freude, wenn er seinen Enkel in die Arme schließen könnte. Clanchef Roderick Maxwell war ein guter Mensch, er würde sich um Salomes Familie kümmern. Es war nur zu schade, dass Colins kleiner Sohn Alexander ohne Vater aufwachsen würde, aber er würde einen liebevollen Großvater haben.

»Geht es dir gut, Colin?«, fragte eine sanfte weibliche Stimme in fließendem Französisch. Eine weiche Hand legte sich auf seinen mit dem schweren Kettenhemd bewehrten Arm. Sinnlich schwarze Mandelaugen betrachteten ihn sorgenvoll. Er legte seine Hand auf die ihre und antwortete ihr in der gleichen Sprache: »Alles wird gut, chérie, ich hoffe nur, dass du mit den Kindern die beschwerliche Reise gut überstehen wirst.«

Salome lächelte. »Es geht mir gut, geliebter Mann. Und dem Kind auch.« Dabei legte sie ihre Hand auf den geschwollenen Bauch. »Ich mache mir mehr Sorgen um dich.«

Colin lächelte ermutigend. Sie war die Tochter seines Medicus und entstammte der höheren Gesellschaftsschicht in Kairo. Als sie von ihm schwanger geworden war, hatte er sie sofort geheiratet. Eigentlich durften Templer nicht heiraten, aber die Zwänge des Ordens lösten sich im Chaos der Vertreibung auf, und ein Mann von Ehre würde niemals eine Frau in Schande verlassen. Außerdem war er bezaubert von ihrer zarten Weiblichkeit. Ihre Familie war christlich, gebildet, und sie wuchs mit westlichen Moralvorstellungen auf. Ihr Vater sah sich als Medicus verpflichtet, allen Menschen zu helfen, und das tat er auch, ohne auf Hautfarbe oder Religion zu achten. Daher war seine Familie stets in Gefahr, von randalierenden Muslimen bedroht zu werden. Als eine Hungersnot für weiteres Chaos in der Stadt sorgte, konnte die Familie noch rechtzeitig flüchten.

In dem Augenblick, als in Kairo für Kannibalismus die Todesstrafe verhängt werden musste, um die Lage in den Griff zu bekommen, beschloss Colin, sie und ihre Familie in seine Heimat mitzunehmen. Aber so einfach war das nicht. Ihre Eltern und vor allem ihr Vater bestanden darauf, dass sie in ihrer arabischen Heimat blieb, und harrten in guter Hoffnung aus. Als Medicus wäre er auch für die Araber ein wichtiger Mann, das war seine Hoffnung. Sie ließen sich von Colin nicht vom Ernst der Lage überzeugen. Er hoffte inständig, dass die beiden alten Menschen nicht zum Opfer der unzufriedenen und verzweifelten Einwohner würden. Sein Sohn Alexander, die schwangere Salome und ihre Schwester Hannah mit den beiden Kindern hatten sich dagegen von ihm überzeugen lassen, die beschwerliche Reise anzutreten. Hannahs Mann war bereits vor Monaten in einer Kirche getötet worden. Auch für Hannah gab es keinen Grund zum Bleiben mehr.

Salome saß vor Colin im Sattel und lehnte sich nun wohlig an seine Brust. Ihr seidig-schwarzes Haar lugte unter dem dünnen Kopftuch hervor und streifte seinen Arm. Vergessen waren die Strapazen und Entbehrungen, wenn sie in seiner Nähe war. Manchmal nahm er sie oder seinen Sohn von den Tragekamelen und setzte sie vor sich auf seinen prächtigen Schimmel, um ihre Nähe zu spüren und mit ihnen zu reden. Die Stunden im Sattel vergingen so schneller.

Der schottische Ritter hatte eine große Verantwortung auf sich genommen und war für alle Verwandten, Rückkehrer und Kinder die einzige Chance, wohlbehalten nach England zu gelangen. Er rechnete mit etwa drei Monaten, bis sie die englische Küste erreichten. Bis dahin musste er noch überleben.

Die Angst kroch ihm wie eine Schlange durch seine Gedanken, dass er es womöglich nicht mehr schaffte, seine Familie in Sicherheit zu bringen, bevor der Tod ihn holte. Sechs Monate hatte ihm der Medicus der Templer noch gegeben, bevor sich das Geschwür in seinem Bauch durch seine Innereien gefressen hätte. Sechs Monate, um seine Familie und seine Leute in Sicherheit zu bringen. Sechs Monate, um aus dieser Hölle herauszukommen!

Die Schmerzen in seinem Bauch wurden mit jedem Tag ärger. Oft hatte er keinen Appetit und musste sich zwingen, wenigstens eine Kleinigkeit zu essen. Er würde sonst seine Kraft verlieren – Kraft, die er brauchte, um zu verhindern, dass seine Leute den Mongolen oder Seldschuken hilflos ausgeliefert wären. Noch konnte er kämpfen bis zum letzten Atemzug und seine Männer führen.

Keiner wusste von seinem Kampf gegen den Tod, nur Salome war eingeweiht, sie war immerhin die Tochter seines persönlichen Medicus und hätte es ohnehin sofort bemerkt. Ihr Blick war deshalb voller Sorge, als sein Gesicht sich vor Schmerzen verhärtete. Immer wieder schüttelten ihn Krämpfe, so wie jetzt. Er war dankbar, als die Späher endlich den Zugang zu dem Tal fanden, das sie auf die nördliche Seite der Gebirgskette führen würde. Dort würden sie auch Wasser finden und für den heutigen Tag ruhen.

Was er nicht erwartet hatte, war die Tatsache, dass sich dort schon eine Karawane niedergelassen hatte, allerdings auf der anderen Seite des weithin öden Tales. Es war eingeschlossen von hohen Felsentürmen, die schroff nach unten fielen. Weit im Hintergrund war das Taurus-Massiv zu sehen, das sich drohend in unglaubliche Höhen erstreckte. Der einzige Durchgang zur anderen Seite des Tales bestand aus einem großzügigen Talbecken, das völlig von Sand bedeckt war und in dem sich eine solche Hitze staute, dass die Luft flimmerte. Colin schätzte den Weg bis zur anderen Seite auf etwa eine Reitstunde, wobei ihn das Hitzeflimmern in seiner Einschätzung oft täuschte – es ließ Dinge näher erscheinen, als sie tatsächlich waren. Und dann gab es noch Fata Morganas, die einem schattige und wasserverheißende Oasen vorgaukeln konnten.

Und auch heute, an diesem wolkenlosen Tag, war in der Ferne dieses Phänomen auszumachen. Am Rande des Tales vor den schroffen Felsen befanden sich Gestrüpp, Kakteen und kleine Bäume, die mit starken Wurzeln das Wasser aus dem Boden zogen. Sein kleiner Trupp musste durch dieses Tal, um den Bergkamm zu umgehen, der ihnen auf ihrer Route zur Küste im Weg stand.

Der Tempelritter befahl anzuhalten und starrte auf die entfernte andere Seite des öden Tals, um sicherzugehen, dass er keine Trugbilder sah. Aber dort befand sich tatsächlich eine größere Gruppe Menschen, Zelte und Tiere, die sich wohl für die Nacht niedergelassen hatten. Mit der Hand über den Augen als Schutz vor der gleißenden Sonne versuchte er, Einzelheiten zu erkennen. Trotzdem konnte er nicht ausmachen, von welchem Stamm sie waren, aber sie hatten viele bewaffnete Männer dabei, die nun ihrerseits auf seinen kleinen Trupp starrten.

Freund oder Feind? Colin konnte es nicht sagen. In dieser gefährlichen Zeit konnte er niemandem trauen. Es könnten auch räuberische Nomaden sein, die Karawanen überfielen, denn er zählte fast dreißig vollbeladene Kamele. Was hielt sie auf? Ein seltsamer Geruch wehte aus dem Tal herüber, es war der Geruch von Verzweiflung und Tod. Colin glaubte langsam, dass seine Sinne verrücktspielten, vielleicht war es die Vorahnung seines eigenen Todes? Es wurde Zeit, dass er aus diesem verdammten Land herauskam!

Vorsichtig setzte er Salome neben seinem Pferd auf den Boden und schickte sie zurück zu ihrer Familie in den hinteren Reihen. Zwei Männer wies er an, sofort mit ihnen zu fliehen, sollte es zum Kampf kommen. Mit einem etwas mulmigen Gefühl begab er sich mit dreien seiner besten Männer zum Lager auf der anderen Seite des Sandbeckens, um herauszufinden, ob sie ihnen wohlgesonnen waren. Vielleicht konnte er sich den Weg freikaufen, eine nicht selten praktizierte Methode, um einem Kampf auszuweichen.

Sein mächtiger Schimmel, der nun die große Sandfläche erreichte, scheute plötzlich. Colin fing den mächtigen Destrier wieder ein und drückte ihm die Schenkel in die Flanken, um ihn vorwärtszutreiben. Wieder brach das Tier seitlich aus, und Colin schlug ihm wütend die Zügel um die Ohren. Was war nur los? Irritierte ihn irgendetwas? Schweiß floss in seine Augen, während er sich umsah und ließ ihn blinzeln; seinen Helm hatte er in der Hitze gar nicht erst übergestülpt. Der Schimmel tänzelte jetzt im Kreis. Hatte er etwas übersehen? Aber es war weit und breit keine unmittelbare Gefahr zu erkennen. Nur die brutalen Hitzewellen, die über der heißen Talebene flimmerten. Colin kniff die Augen zusammen. Der Schweiß ließ die Kutte unter dem Kettenhemd wie ein nasses Tuch auf seiner Haut kleben.

Im Lager gegenüber standen nun einige Leute am Rand des Sandbeckens und schauten neugierig herüber. Schwarze Turbane bedeckten Köpfe und Gesichter, eine weise Maßnahme der Einwohner hier, um sich vor der Hitze zu schützen. In einem solchen Moment verfluchte Colin die schwere Kampfausrüstung, die ihm so zu schaffen machte.

Sein Schimmel schien wie zur Salzsäule erstarrt, er bewegte sich keinen Schritt mehr vorwärts, die Flanken hoben und senkten sich, die Nüstern waren nervös gebläht. Wütend befahl Colin seinem Hintermann: »Reite voraus! Vielleicht folgt dieser Sturschädel deinem Pferd. Irgendetwas scheint ihn zu verängstigen.«

Der junge Hamish, dessen rote Haare störrisch unter seiner Eisenhaube hervorstanden, gehorchte und trieb seine Stute ungestüm an Colins Pferd vorbei. Er kam nicht weit, als auf einmal die Vorderhufe seines Pferdes unter dem Leib wegsackten. Sein Reiter riss heftig an den Zügeln, um die Stute wieder auf Kurs zu bringen, aber sie fand keinen Halt und sackte komplett mit dem vorderen Leib ein. Irgendwie schien der Boden ein Eigenleben zu entwickeln und verschluckte das Tier, das verzweifelt versuchte, aus dem Sog herauszukommen. Aber durch diese verzweifelten Bewegungen versank es nur immer weiter.

Hamish war jetzt die Panik ins Gesicht geschrieben. Er fing an, um Hilfe zu schreien und zerrte immer noch verzweifelt an den Zügeln seines armen Pferdes. Colin riss geistesgegenwärtig ein Seil vom Sattel und warf es seinem Mann zu. Sein Schimmel scheute immer noch nervös und wollte sich von diesem schrecklichen Fleck entfernen. Colin sprang schließlich aus dem Sattel und hielt das Seil fest in der Hand. Hamish sprang von seiner verlorenen Stute, die nun auch noch mit den Hinterläufen in den Sand gesunken war. Sofort verschwanden auch die Füße des jungen Mannes im heißen Sand, als hätte unter ihm jemand eine Klappe geöffnet, durch die der ganze Sand abfloss und mit ihm alles, was sich darin befand.

»Halte dich am Seil fest!«, brüllte Colin dem Mann zu, und Hamish griff panisch danach. Die anderen beiden Männer waren ebenfalls hastig abgestiegen und halfen ihm, ihren Gefolgsmann aus dem Sand zu ziehen. Als würde ihn jemand an den Füßen nach unten zerren, so schwer kam es den Männern vor, den eigentlich schlaksigen Hamish wieder auf festen Boden zurückzuholen. Aber irgendwann hielten sie den völlig verstörten jungen Schotten in den Armen. Sein Helm war ihm bei seinem Überlebenskampf verloren gegangen und von dem alles verzehrenden Sand verschluckt worden. Klatschnass klebten seine roten Haare am Kopf, der gerötet war von der Anstrengung.

Die Stute, von der jetzt nur noch der Hals und der Kopf aus dem Sand ragten, schnaubte und wieherte voller Panik, in ihren Augen war nur das Weiß noch sichtbar. Sie konnten dem Tier nicht helfen, keiner traute sich näher an das todgeweihte Pferd heran, ohne sich selbst zu gefährden. Es dauerte nicht lange, und die Stute war vom Sand begraben. Eine unheimliche Stille folgte.

Was war das?, fragte sich Colin unvermittelt. Hatte der Sand ein Eigenleben? Fraß er Mensch und Tier wie die mystischen Gestalten in den Sagen und Märchen? Er erschauerte. Beinahe hätten sie einen Mann an den mörderischen Sand verloren, und das Pferd war so schnell vor ihren Augen verschwunden, dass sie nicht mehr rechtzeitig reagieren konnten. Sein Blick wanderte wieder zum Lager gegenüber, wo die Leute sich immer noch neugierig drängten. Hatten die Einheimischen dort etwa gewusst, was geschehen würde? Hatten sie deshalb vor dem Sandbecken Halt gemacht?

Der Tempelritter zog sich zu seinem verschreckten Schimmel zurück, der ihm das Leben gerettet hatte. Mit noch immer zitternden Händen klopfte er ihm den schweißnassen Hals und murmelte eine Entschuldigung in sein Ohr. Langsam nahm er die Zügel über den Hals des Tiers und stapfte mit ihm die wenigen Schritte ins Lager zurück. Sie standen vor einem massiven Problem.

Wie sollten sie weiterkommen? Die andere Seite der Gebirgskette bedeutete einen Umweg von mehreren Wochen. Sie mussten einfach hier durch, aber wie? Sein Bauch krampfte. In schwierigen Situationen meldete sich der vermaledeite Schmerz sofort wieder, als würde die Krankheit ihn noch in seiner Not verhöhnen wollen.

Ausgelaugt und müde übergab er einem Soldaten sein Pferd und gab den Befehl, die Zelte aufzustellen. Für heute waren sie genug gereist. Salome bereitete ihm auf einer schnell errichteten Feuerstelle einen Kräuterbrei zu und legte ihn in einem Säckchen heiß auf seinen Bauch. Erschöpft ließ es Colin mit sich geschehen, innerlich verfluchte er die Hitze, die ihm jetzt auch noch in Form eines heißen Breis auf den Bauch gelegt wurde. Aber er schlief wenigstens schnell ein und nahm die Sorgen für heute mal nicht mit in seine Träume.

Am nächsten Morgen wurde er gewaltsam aus dem Schlaf gerissen, als seine Männer Alarm schlugen. Colin sprang nackt aus dem Bett und streifte sich hastig seine Hose über. Mit seinem Schwert aus dem bereitgestellten Waffenrock stürmte er aus dem Zelt. Es musste knapp nach Sonnenaufgang sein, der Sand war noch kühl unter seinen nackten Füßen.