Der Weiberaufstand - Christiane Florin - E-Book

Der Weiberaufstand E-Book

Christiane Florin

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Beschreibung

Wider die Arroganz der Amtskirche

Als Papst Franziskus im Frühjahr 2016 ankündigte, eine Kommission zu berufen, die die Rolle von Diakoninnen in der Kirchengeschichte untersuchen solle und prüfen solle, ob es dieses Amt heute wieder geben könne, war das Medienecho sehr groß!

Christiane Florin erzählt in ihrem neuen Buch, was Frauen in der Kirche erleben, wenn sie Fragen stellen oder gar Forderungen. Sie deckt auf, was all das vermeintlich rein Innerkirchliche mit einer weltweiten antifeministischen Entwicklung zu tun hat. Denn diejenigen Kleriker und Nicht-Kleriker, die sich so unangepasst wähnen, weil sie bei gleicher Qualifikation Männer bevorzugen, sind global gesehen ziemlich konforme Gestalten. Dieses Buch ist weder ein theologisches noch ein kirchenhistorisches Fachbuch. Es ist eine Streitschrift und ein Streifzug.

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Seitenzahl: 225

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Christiane Florin

Der Weiberaufstand

Warum Frauen in der katholischen Kirche mehr Macht brauchen

Kösel

Die Autorin

Christiane Florin, geboren 1968, ist Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Von Dezember 2010 bis 2015 war sie Redaktionsleiterin der Beilage Christ und Welt in Teilen der Wochenzeitung Die Zeit. Seit 2016 ist sie Redakteurin beim Deutschlandfunk für den Bereich Religion und Gesellschaft«. Darüber hinaus ist sie als freie Autorin und Bloggerin tätig.

Das Buch

»Es geht mir um die kleinen Nadelstiche, die ganz selbstverständlichen Benachteiligungen, nur weil das Gegenüber eine Frau ist.

Würde man so handeln, weil das Gegenüber eine dunkle Hautfarbe hat, dann wäre man Rassist. Handelt und redet man so, weil das Gegenüber eine Frau ist, was ist man dann? Katholisch.«

Als Papst Franziskus im Frühjahr 2016 ankündigte, eine Kommission zu berufen, die die Rolle von Diakoninnen in der Kirchengeschichte untersuchen solle und prüfen solle, ob es dieses Amt heute wieder geben könne, war das Medienecho sehr groß!

Christiane Florin erzählt in ihrem neuen Buch, was Frauen in der Kirche erleben, wenn sie Fragen oder gar Forderungen stellen. Sie deckt auf, was all das vermeintlich rein Innerkirchliche mit einer weltweiten antifeministischen Entwicklung zu tun hat.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Copyright © 2017 Kösel-Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlag: Weiss Werkstatt München

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-21577-4V002

Weitere Informationen zu diesem Buch und unserem gesamten lieferbaren Programm finden Sie unter www.koesel.de

Inhalt

Anfang vom Aufstand

Weiberalarm

Erdbeeren auf der Torte – Franz und die Frauen

Mamma mia, Maria

Wie die Tür ins Schloss fiel. Franziskus’ Vorgänger und die Frauen

Randbemerkung: Ist Zaitzkofen überall?

Die Wucht der Wirklichkeit

Randbemerkung: Die Wucht der Weltkirche

Die große Unbekannte, die kleine Quenglerin

Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz. Ein fast fiktives Abendmahl mit einem Jungkonservativen

Randbemerkung: Das Amt der Anderen

Fröhliche Weihmacht überall

Schwesterlich mit Herz und Wand. Eine Stimmensammlung

So was von old school – ein Schlusswort

Zum Nach- und Weiterlesen

Anfang vom Aufstand

Noch gehöre ich nicht zur Kern-Zielgruppe von Fernsehgottesdiensten. Aber am Pfingstmontag 2016 schaue ich mir im Ersten die Übertragung des Pontifikalamtes aus dem Mainzer Dom an. Verabschiedet wird Kardinal Karl Lehmann. 33 Jahre lang war er Bischof von Mainz. Ich habe ihn wenige Tage zuvor für den Deutschlandfunk interviewt. Fast eineinhalb Stunden haben wir miteinander gesprochen, teils mit Mikrofon, teils ohne: über die Päpste von Johannes XXIII. bis Franziskus, über seine Widersacher in der Bischofskonferenz und über die Schwangerenkonfliktberatung.

Ein Thema habe ich für den Schluss des Interviews aufgespart: Wann wird es die erste Bischöfin von Mainz geben? Das frage ich – mit wechselnden Ortsnamen – jeden katholischen Bischof, der mir begegnet.

Wobei: »Fragen« ist das falsche Verb. Quälen kommt der Sache meist näher. Die Interviewpartner rollen beim Wort »Bischöfin« die Augen, jedenfalls schauen sie mich nie direkt an. Kardinal Karl Lehmann schon. Wir kennen uns eine Weile, die Frage dürfte ihn nicht überrascht haben. Er lacht. Er sei schon froh, wenn es irgendwann Diakoninnen gebe, antwortet er. Ist das überhaupt eine Antwort? Eine Jahreszahl nennt er nicht. Stattdessen führt er Frauenquoten für kirchliche Führungspositionen an und die gestiegene Zahl an Theologieprofessorinnen.

Ich versuche es noch einmal: Und die Weihe? Diese Fixierung auf das Amt sei falsch, sagt er. Ich nehme einen letzten Anlauf: »Es wäre gut, wenn Frauen genauso amtsfixiert sein dürften wie Männer. Und wenn sie dieselben Fehler machen dürften wie Männer.« Wir hatten kurz zuvor über seinen einstigen Nachbarn Franz-Peter Tebartz-van Elst gesprochen. Lehmann lacht wieder. Nachhaken zwecklos. Das Interview ist zu Ende. Ein paar Tage später wird Papst Franziskus ankündigen, dass er eine Kommission plant. Diese soll die Rolle von Diakoninnen in der Kirchengeschichte untersuchen und prüfen, ob es diese dienstbaren Geister wieder geben könnte. Kleine Kommission, großer Konjunktiv.

Froh über Diakoninnen – solche Worte, öffentlich ausgesprochen, reichen, um in der katholischen Kirche Kardinal auf liberal zu reimen.

Beim Pontifikalamt im Mainzer Dom ziehen Messdiener ein, Domsingknaben, Priester, Bischöfe, Kardinäle. Wenn die Kamera in die Altar-Totale geht, sind Männer unter sich. Schwenk ins Publikum: singende Frauen in Großaufnahme. Die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz, Malu Dreyer, kommt ins Bild. Schwenk zurück auf den Bischof, der in der Mitte Platz genommen hat. »Altar, der, männlich«, sagt der Duden. »Heiliger Geist, der«, auch männlich. Das grammatisch, sozial, klerikal dominante Geschlecht ist an diesem Pfingstmorgen nicht zu übersehen.

Meine Tochter betritt das Wohnzimmer. Die Pubertistin wirft einen Blick auf den Bildschirm und will sofort gehen. »Fällt dir etwas auf?«, frage ich sie. Die 13-Jährige zuckt mit den Schultern. »Findest du es nicht komisch, dass lauter Männer am Altar sind, dass weder Messdienerinnen noch Chorsängerinnen zu sehen sind?« – »Nö, das ist doch in der Kirche immer so«, sagt sie.

Mit 13 hat man noch Träume. Manche davon haben sich in diesem Alter schon erledigt. Meine Tochter achtet darauf, dass Sonnenmilch keine Mikropartikel enthält, die in den Wasserkreislauf gelangen und von Meerestieren geschluckt werden könnten. Sie verzichtet auf Fleisch und Fisch wegen des Weltklimas. Sie werkelt nächtelang an einem Businessplan, um sich als Unternehmerin für Design-Taschen aus alten Milchtüten selbstständig zu machen. TetraBag soll die Firma heißen. Aber Frauen an den Altar? Das ist für sie der Jute-Sack unter den politischen Kampfthemen, keinen Businessplan und kein Recycling wert.

Sie wirft noch einen klimabesorgten Blick auf die Weihrauchentwicklung im Mainzer Dom, dann schaut sie mich skeptisch an und geht hinaus. Mutmaßlich nimmt sie gleich das Smartphone in die Hand und ruft ein Beauty-Video auf. Das ist ihr Pontifikalamt.

Und ich sitze wieder allein vor dem Bildschirm. Allein unter Männern.

Nach elf Minuten steigt die erste Frau die Stufen zum Altar hinauf. Sie trägt die Lesung vor. Das nächste feminine Einsatzgebiet sind die Fürbitten. Bitten ist weiblich. Ich poste meine Beobachtungen auf Facebook. Es gibt viele Likes. »Worauf Sie so alles achten«, schreibt ein Kommentator. Es klingt ein wenig vorwurfsvoll, schließlich kommt es beim Gottesdienst auf Andacht an.

Warum achte ich darauf?

Dies ist kein Betroffenheitsbuch. Das Weib schweige in der Gemeinde, heißt es in alten Bibelübersetzungen, Paulus schrieb diesen Satz an die Adresse der Korintherinnen und Korinther. Geredet wird viel über dieses Schweigen, in den Gemeinden, in den Medien. Einmal, in einer Presseclubsendung zum Rücktritt von Benedikt XVI., fragte mich der Moderator nach meinem nächsten Wunschpapst. Den Kalauer »Mir wäre eine Päpstin am liebsten«, konnte ich mir nicht verkneifen. Diskutiert wurde darüber nicht, war ja nur ein Witz.

Ich leide nicht darunter, prinzipiell vom Amt ausgeschlossen zu sein. Priesterin wollte ich nie werden. Insofern wurde mir kein Weg versperrt, den ich gern gegangen wäre. Manchen Pfad hat die Kirche sogar eröffnet: Ich habe an einem katholischen Mädchengymnasium im Jahr 1987 Abitur gemacht. Damals war bei uns auf dem Dorf im rheinisch-kirchlichen Kernmilieu noch die Einstellung verbreitet, dass sich Mädchen die Flausen mit der höheren Schulbildung aus dem Kopf schlagen sollten. Ehefrau und Mutter mit Abitur – wer braucht denn so was?

Unsere Schule war da weiter. Dass uns die Ursulinen zu Müttern, Haus- oder Ordensfrauen heranziehen wollten, kann ich nicht behaupten. Im Gegenteil. »Mädels, verlasst euch bloß nicht auf einen Kerl«, sagte eine Nonne. Mitschülerinnen raunten, sie sei aus enttäuschter Liebe ins Kloster gegangen. Ich habe es nie überprüft, geraunt wurde ohnehin vieles über die Schwestern. Jedenfalls unterrichtete diese Ordensfrau Mathematik und machte sich lustig über Schülerinnen, die sich nur mit Sozialkram und Pädagogik, mit Kunst oder mit Mode beschäftigten. Mädchen sollten rechnen können, naturwissenschaftliche Fächer wählen, in Männerdomänen gehen. Das nahmen wir von ihr mit. An meiner Ursulinenschule war immer Girls’Day, lange bevor der offiziell erfunden wurde.

Ein früh- oder spätkindliches Exklusionstrauma habe ich nicht zu bieten. Je älter ich werde, je mehr Erfahrungen ich mit und in der katholischen Kirche gesammelt habe, desto mehr fallen mir die Nadelstiche auf. Die selbstverständlichen Benachteiligungen, die Ignoranz, die Arroganz, die sich als Demut tarnt, das Nicht-Ernstnehmen, nur weil das Gegenüber eine Frau ist. Würde man so handeln und reden, weil dieses Gegenüber eine dunkle Hautfarbe hat, dann wäre man Rassist. Handelt und redet man so, weil das Gegenüber eine Frau ist, was ist man dann? Katholisch.

Zugegeben, der liberale Kardinal Lehmann hat Recht. Es gibt mittlerweile Theologieprofessorinnen, obwohl im 19. Jahrhundert behauptet wurde, das Hirn der Frauen sei zu klein für ein Universitätsstudium. Es gibt Seelsorgeamtsleiterinnen in den Ordinariaten, die Priestern vorgesetzt sind. Es gibt eine selbstverordnete Frauenquote von 30 Prozent für die Verwaltungen der Bistümer, obwohl es noch gar nicht so lange her ist, dass Mitglieder des Episkopats in Talkshows von der Frau als gottgefälliger Vielgebärerin schwärmten und dabei einen Ton anschlugen wie Loriot beim Lobpreis der geschlechtsreifen Steinlaus.

Die Vatikan-Kommission zur Ermittlung der Diakoninnenmöglichkeit tagt, es ist nicht ausgeschlossen, dass es eine Art weibliches Amt oder einen neuen Dienstgrad geben wird. Es hat sich also teils statistisch, teils atmosphärisch einiges getan.

Das lenkt von größeren Entwicklungen ab, die in eine ganz andere Richtung weisen: Die Nicht-Weihe von Frauen ist – ähnlich wie die Aussagen zur Homosexualität – in den vergangenen Jahrzehnten zur Glaubensfrage, zum katholischen Identitätsmerkmal aufgestiegen. Das Nein wurde härter; zugleich sollten Frauen doch bitte schön für jedes weich-wertschätzende Wort aus Rom dankbar sein. Spätestens seit dem Schreiben »Ordinatio Sacerdotalis« von Johannes Paul II. aus dem Jahr 1994 ist klar: Wer die Frauenordination fordert, der kann nicht katholisch sein. Die dürftigen theologischen Argumente gegen eine Weihe werden in dem Papier mit Stahlbeton angerührt. Die Verteidigungslinie heißt: Die Kirche ist gar nicht befugt, das zu entscheiden! Das hat der Heilige Johannes Paul so entschieden! Und der war befugt!

Wenn daran noch nicht jeglicher Widerspruch zerschellt, fahren Lehramtstreue vom Küster bis zum Kardinal den Betonsatz schlechthin auf: Es gibt wichtigere Themen! Neudeutsch heißt diese Taktik Whataboutism. Im Kirchensprech klingt das dann so: In jeder Sekunde verhungern 1000 Kinder! In Syrien herrscht Krieg! Christen werden enthauptet und gekreuzigt! Und Sie, Frolleinchen, wollen über die Frauenweihe reden? Wie wäre es denn damit, die echten Probleme anzugehen? Wie wäre es, wenn Sie sich zum Beispiel um die islamischen Kinderbräute kümmern würden?

Die Kämpferinnen für die Weihe, die sich davon nicht beeindrucken lassen, sind ergraut. Jüngere Frauen, die der Männerclub stört, protestieren nicht mehr. Sie verabschieden sich still aus der katholischen Kirche, ohne wütende Resolution. Die Kirche ist nicht einmal mehr Empörung wert. »Ich schäme mich dafür, wie unsere Kirche mit Frauen umgeht.«, sagte mir kürzlich am Rande einer Tagung eine Bildungsreferentin. Von hauptamtlichen Männern höre ich solche Sätze selten. Die Befugnis-Bewahrer mögen die Stille um das Thema als Triumph deuten; tatsächlich ist nicht das Thema Feminismus unwichtiger geworden, sondern die Kirche. Es ist die Ruhe nach dem Bedeutungsverlust.

Mir ist die Kirche nicht egal. Ich möchte mich, bei allem Zorn auf den Hunger in der Welt, nicht damit abfinden, wie Frauen in der Großinstitution abgespeist werden. Dieses Abspeisen beleidigt Geist und Gerechtigkeitsempfinden, sicher nicht nur meinen und mein.

Als ich von diesem Buch erzählte, fragten mich viele: Was soll denn die Weihe von Frauen bringen? Die evangelische Kirche hat Pfarrerinnen, steht die etwa besser da?

Ich werde in den nächsten Kapiteln nicht beweisen, mit welchen Pluspunkten das Weibliche in die Besucher-Bilanz eingeht. Das haben Frauen nicht nötig. Die Kirchenrechtlerin Sabine Demel schreibt ebenso knapp wie klug gleich zu Beginn ihres Buches über Frauen und kirchliches Amt: Eine solche »Mehrwertdebatte« ist entwürdigend, weil sie die Gleichwürdigkeit leugnet. Dabei betont gerade die Kirche in gesellschaftspolitischen Debatten, dass Würde nicht an Leistung geknüpft werden darf. Das müsste auch für den Altarraum gelten.

Ich bilde mir nicht ein, mit 170 Seiten eine 2000 Jahre alte Patriarchats-Praxis ändern zu können. In einer Welt, in der Millionen Mädchen ihr Leben nicht selbstbestimmt führen können, wird die Frauenfrage eher größer als kleiner. Sie wird sich eines Tages für Saudi-Arabien stellen, und eben auch für den Vatikan. Damit setze ich nicht Zwangsehen, Genitalverstümmelungen, die Abtreibung von Mädchen und all das speziell weibliche Leid auf eine Stufe mit dem Verbot der Priesterinnenweihe. Ich habe kein schlechtes Gewissen, weil ich trotz schlimmerer Schicksale diese eine Debatte suche. Am Ende des Buches können Sie selbst entscheiden: Ist der Ausschluss vom Amt richtig und die Kritik daran wehleidig? Ist er eine Unverschämtheit? Ein Unrecht?

Sichtbar wird an vielen Stellen, was das vermeintlich rein Innerkirchliche mit einer weltweiten antifeministischen Entwicklung zu tun hat. Diejenigen Kleriker und Nicht-Kleriker, die sich so unangepasst wähnen, weil sie bei gleicher Qualifikation Männer bevorzugen, sind global gesehen ziemlich konforme Gestalten. Sie surfen auf der Trump-Föhnwelle.

Dieses Buch bricht kein Tabu. Über Frauen in der Kirche sind gerade in jüngster Zeit einige neue Publikationen erschienen. Besonders erwähnen möchte ich »Andere Wesen« von Theresia Heimerl, »Unser Pfarrer ist eine Frau« von Lea Ackermann und Helga Unger, und – gerade genannt – »Frauen und kirchliches Amt« von Sabine Demel. Mein Ansatz ist weder rein theologisch noch kirchenrechtlich, ich mische biografische und gesellschaftspolitische Überlegungen hinein. Erlebtes und Erzähltes ergänzen theologische Gedanken und kirchenrechtliche Grundlagen.

Was passiert, wenn Frauen in der Kirche fragen oder fordern? Das meiste ist nicht spektakulär, nichts davon provoziert noch einen Aufschrei. Gerade in diesem selbstverständlichen Abbürsten liegt der Schlüssel zum Thema. Für das Nein bringt das Lehramt mehr Fantasie – und wohl auch mehr Liebe – auf als fürs Ja. So viel vorweg: Für die Härte der Hierarchie habe ich kein Verständnis. Ich werde mich gerade deshalb ums Verstehen bemühen. Die Leserinnen und Leser sollen wissen, mit welchen Argumenten, aus welchen Gründen und mit welchen Begründungen die Weihe abgelehnt wird. Meine Hoffnung ist, frei nach Hölderlin: Wo das Falsche wächst, wächst das Richtige auch.

Dieses Buch versteht sich als Streitschrift und Streifzug. Es formuliert keine weibliche Gegen-Lehre. Ich maße mir nicht an, ex cathedra für »die katholischen Frauen in Deutschland« zu sprechen. Es gibt in dieser Frage weder Einigkeit noch Geschlechtersolidarität. Ich habe mit Frauen gesprochen, die für Priesterinnen kämpfen und mit anderen, die einen Mann am Altar möchten, weil in ihnen sonst kein Hochamtsgefühl aufsteigt. Viele kommen zu Wort, die irgendwie dazwischen stehen: Weihe wäre schön, aber ohne geht’s auch.

Um noch einmal auf jenen Pfingstvormittag vor dem Fernseher zurückzukommen: Warum achte ich auf den Frauenanteil im Mainzer Dom? Weil mir – abgesehen von weiblichen Gesichtern am Altar – noch etwas Anderes fehlt: Über Theologie, Kirchenrecht und Kirchengeschichte wird viel gesprochen. Über Macht wenig. Als Politikwissenschaftlerin befasse ich mich genau damit. Die Frauenfrage ist eine Machtfrage, auch wenn viele Autorinnen tapfer das Gegenteil behaupten. Das Bild der Tür wird in der Kirche verräterisch oft strapaziert. Die Tür ist zu, hören alle, die nach der Frauenordination fragen. Türsteherposten sind Machtposten. Deshalb ist die Weihe nicht irgendein Detail, über das sich leicht hinweggehen lässt.

Um Gottes willen! Das Priesteramt ist Dienst! So höre ich die Whataboutisten seufzen. In vielen Texten von Frauen über die Weihe steht zu lesen, es gehe um Spiritualität, nicht um Macht. Treuherzig wird gefragt: Wollen wir nicht alle – Kleriker wie Laien – das Miteinander der Getauften und Gefirmten? Das Priestertum aller?

»Lasst uns miteinander, lasst uns miteinander singen, loben, preisen den Herrn«, haben wir an unserer Klosterschule in fast jedem Gottesdienst im Kanon gesungen. Komischerweise gab trotz der selbstbewussten Nonnen immer der Priester den Einsatz. Und er gab das Zeichen zum Schweigen. Vom Miteinander spricht, wer Machtverhältnisse verschleiern will. »Das Weib schweige in der Gemeinde«. Dieser alte Satz gilt im Prinzip noch immer, jedenfalls dann, wenn es etwas zu entscheiden gibt. Warum eigentlich? So lautet die Machtfrage. Frauen wie Männer sollten sie stellen und sich ihr ehrlich stellen. Das wäre der Anfang vom Aufstand.

Weiberalarm

Im Januar 2015 gibt Kardinal Raymond Burke einem amerikanischen Web-Portal ein Interview zur Lage seiner Kirche. Oder treffender: Er stellt eine Diagnose. Sein Befund klingt nach einer lebensbedrohlichen Erkrankung an Haupt und Gliedern von Mutter Kirche. Eine Männer-Krise attestiert er der Institution und, noch besorgniserregender, eine hartnäckige »Verweiblichung«. Eine Art postfeministische Belastungsstörung hat die katholische Kirche seiner Meinung nach heimgesucht. »Der radikale Feminismus hat die Kirche stark beeinflusst«, seufzt der ranghohe Kirchenmann. »Die Kirche ist verweiblicht. Frauen sind selbstverständlich wunderbar, sie gehen sehr natürlich auf die Einladung ein, in der Kirche aktiv zu sein. Abgesehen vom Priesteramt, ist der Altarraum voll von Frauen. Die Aktivitäten in der Pfarrgemeinde und sogar in der Liturgie wurden von Frauen beeinflusst und sind vielerorts so feminin geworden, dass Männer nicht mehr daran beteiligt sein wollen.«

Wenn Frauen sich an der Basis breit machen, dann bleibt Männern nur die Spitze. Hierarchie wird Therapie. Wenigstens oben, dort, wo die Weihe zählt, bleiben die Weiber draußen. Wenigstens dort muss man als Kardinal oder Prälat keine Angst haben vor den hyperaktiven Damen.

Damit ist der Ton gesetzt. Eine Debatte über Frauen, die etwas wollen könnten, eröffnet immer eine Debatte über Männer, die etwas haben. Seit der Neufassung des Codex Iuris Canonici von 1983 dürfen Mädchen Messdienerinnen sein und Theologinnen als Pastoralreferentinnen arbeiten. Weibliche Laien dürfen die Lesung vortragen und die Kommunion austeilen. So kamen Frauen an den Altar. Das Kirchenrecht unterscheidet zwischen Klerikern und Nicht-Klerikern, behandelt aber männliche und weibliche Laien fast gleich – anders als im ersten CIC von 1917. Das war ein Revolutiönchen. Theologisch gesprochen: ein Geschenk, über das sich gerade die weiblichen Beschenkten freuen sollten. Es ging ihnen schon schlechter. Meine Damen, wo bleibt der Dank, wo bleibt die Demut?, fragt Burke sinngemäß. Und vor allem: Wo bleibt nun der Mann?

Fast 2000 Jahre haben sich Kirchenmänner den Kopf darüber zerbrochen, warum es überhaupt Frauen gibt. Das war die erste Frauenfrage. Augustinus quälte sich mit den ebenso verführerischen wie nutzlosen Wesen. Thomas von Aquin räsonierte ernsthaft über das blamable Aristoteles-Diktum, wonach die Frau nichts als ein »missratener Mann« sei. Darin steckt viel Zeitgeist, viel Unverschämtheit und eine Spur Resignation. Die Kirchenlehrer akzeptierten irgendwann: Wir bekommen diese defizitären Wesen nicht weg, obwohl sie uns den Verstand rauben, unter Schmerzen Kinder bekommen und phasenweise unrein sind. Wir müssen wohl mit ihnen auskommen.

Der offenen Abwertung folgte die subtile Diskriminierung: Fromme Männer legten fest, wie Frauen zu sein haben. Was ist die Frau und was folgt daraus? Gemeinhin wird das als die Frauenfrage bezeichnet, seit sich das Warum-sind-die-überhaupt-da erledigt hat. Ein großer Teil der klerikalen Einlassungen besteht aus der Antwort: Die Frau ist das, wofür wir sie halten; sie darf werden, was wir brauchen: Mutter, Ehefrau, Ordensfrau. Das muss reichen. Sind Frauen nicht »so«, wie es die männliche Definitionshoheit vorsieht, fällt erhöhter Vorschreib-Bedarf an. Frauenfrage auf katholisch heißt: Männer antworten, bevor Frauen etwas wissen wollten. Geweihte Männer legen fest, wann eine Frau vermännlicht und wann die Kirche verweiblicht ist.

Sehen die Objekte ihrer Formbestrebungen das anders, dann stimmt etwas mit ihnen nicht. Sie könnten – beliebt in diesem Zusammenhang: horribile dictu – Feministinnen sein. Diese Spezies will den Kampf und strebt – das Allerschlimmste – nach Macht. »Jede Perspektive, die sich als Kampf der Geschlechter ausgeben möchte, ist nur Illusion und Gefahr«, warnte Joseph Kardinal Ratzinger 2004 in einem Schreiben zur Zusammenarbeit von Männern und Frauen in der Kirche. Damals führte er die Glaubenskongregation an, seine Adressaten waren die Bischöfe. Eine aktuelle Tendenz umriss er so: »So macht sich die Frau, um wirklich Frau zu sein, zum Gegner des Mannes. Auf die Missbräuche der Macht antwortet sie mit einer Strategie des Strebens nach Macht.«

Etwas schlichter, auf Sandkastenniveau formuliert, heißt das: Verwirrte Frauen haben den Streit um die Förmchen angefangen, kaum dürfen sie mitspielen, wollen sie den Männern alles wegnehmen. Jedes lehramtliche Lob fürs weibliche Geschlecht ist vergiftet. Kleriker seufzen gern: »Frauen sind etwas Wunderbares«. Die Kehrseite des Kitschs ist die Härte, das Nein im Gestus der Notwehr. Raymond Burke behauptet: Die Mädchen haben angefangen. Sie wollen nicht nur spielen, sie wollen den ganzen Spielplatz für sich. Deshalb müssen wir uns verteidigen!

Mit seinem sorgenvollen Blick auf traumatisierte Geschlechtsgenossen ist der hohe Herr nicht allein. Auch säkulare Experten sehen den Mann in der Krise. Soziologen haben schon vor Jahrzehnten die vaterlose Gesellschaft beklagt; Magazintitel zeigen das Männersymbol reflexartig mit abgeknicktem Phallus-Pfeil; Pädagogen erklären Jungs zu den Verlierern des Bildungssystems.

Für den Mann von Welt mag der Krisenbefund stimmen. Und für den Mann von Kirche? Den nehmen Fachleute meist aus. In einer Institution mit Heiligem Vater und ausschließlich männlichem Führungspersonal sehen die Träger des XY-Chromosomenpaars eher wie die letzten Systemgewinnler aus.

»Die heilige Weihe empfängt gültig nur ein getaufter Mann«, heißt es in Canon 1024 des Kirchenrechts. Der Katechismus zitiert diesen Passus unter Ziffer 1577. Ein Satz, kurz, unmissverständlich, in Stein gemeißelt, entschiedene lehramtliche Schläge kerben jeden Buchstaben tiefer ein. Die Welt um Stein und Meißel herum hat sich verändert, dieser Satz bleibt. Die Kirche bietet ein Refugium, in dem Männer unter sich sein können. Sie verspricht ein Arkanum, in das weder Pastoralreferentinnen noch Theologieprofessorinnen vordringen.

Kirchliche Insider hingegen erklären Männer zu Opfern. »Verweiblichung« ist keineswegs nur ein katholisches Bedrohungsszenario. Der evangelische Theologe Friedrich Wilhelm Graf attestierte einige Jahre vor Burke seiner Kirche einen ähnlich bedenklichen Gesundheitszustand. Auf einer Konferenz der FAZ und der, nun ja, Herrhausen-Gesellschaft beklagte er, dass in seinen Uni-Seminaren neuerdings ein bestimmter weiblicher Typus optisch wie geistig dominiere: »junge Frauen, meistens eher mit einem kleinbürgerlichen Sozialisationshintergrund, eher Muttitypen als wirklich Intellektuelle, und eine Form von Religiosität, in der man einen Kuschelgott mit schlechtem Geschmack verbinden kann«. Je höher der Frauenanteil, desto niedriger die intellektuelle Betriebstemperatur. Viel Gefühl und viel Segen hätten die geschliffene Bibelauslegung ersetzt, klagte Graf.

Die Verweiblichung nennen manche Journalistenkollegen Käßmannisierung. Der Mensch könne nie tiefer fallen als in Gottes Hand, pflegt die frühere EKD-Ratsvorsitzende in Krisen zu sagen. Dieser Satz löst Verfallsängste aus, es gibt eine Ökumene des Bischöfinnen-Bashings.

Grafs Kritik an seiner Kirche ist differenzierter, als es diese wenigen Zitate wiedergeben. In konservativen katholischen Kreisen sorgt jedoch just dieser Auszug seiner Analyse für Begeisterung. Tenor: Wenn schon die Protestanten selbst diese Bilanz ziehen, liebe katholische Feministinnen, dann brauchen wir das mit den Frauen gar nicht erst auszuprobieren.

Der Theologe Helmut Müller griff im Mai 2016 auf dem Portal »kath.net« Grafs Beobachtungen auf, nachdem er eine Verkündigungssendung im SWR zu Pfingsten gehört hatte. Die katholische Seelsorgerin am Mikrofon hatte den Zuhörern erklärt, man begegne dem Heiligen Geist zum Beispiel, indem man ein Migrantenkind ins Schwimmbad begleite. Helmut Müller fühlte sich davon theologisch unterfordert: »Das ist schön und gut. Ich war gespannt darauf, wie aus dieser kleinsten Münze Heiligen Geistes der Hinweis auf seine Urgewalt zu Pfingsten erfolgen würde. Aber das war’s. Nichts weiter. Die Sprecherin hatte ihr Fazit schon gezogen. Die Niedrigschwelligkeit dieses Formates hat einmal mehr Bände gesprochen.« Der Fachmann seufzte: »Jetzt kann ich den Münchener emeritierten evangelischen Theologen Friedrich Wilhelm Graf besser verstehen, wenn er poltert und schimpft über »junge Frauen, meistens eher mit einem kleinbürgerlichen Sozialisationshintergrund, …«

Herren dieses Zuschnitts sind sich einig: Frauen am Altar ziehen keine Leute an, sie ziehen nur das Niveau in die Tiefe. Die katholische Kirche wird zwar in kath.net-Kreisen gern als Mutter bezeichnet, die Sehnsucht gilt aber einer Kirche, die ein echter Kerl ist. Die sich nicht von Weibern weichklopfen lässt. Die Gott nicht zum Plüschtierchen macht, das am Rucksack-Reißverschluss von Yoga-Schülerinnen baumelt.

Kirche, die, femininum, sagt der Duden. Gott ist meist artikellos, männlich und weiblich sei er, sagen Theologen. Bei gleicher Qualifikation werden männliche Bewerber noch immer bevorzugt. Der liebe Gott, der grausame Gott, der Allmächtige – alles Mannen. Der Vorschlag der früheren Familienministerin Kristina Schröder, das Genus Gottes zu neutralisieren, erregte Hohn und Spott. Großes Gott, wir loben dich – eine Lachnummer kurz vor Weihnachten 2012. »Die Äußerungen von Frau Schröder zeugen von einem erschreckenden religiösen Analphabetismus, sie kennt die Grundrechenarten des Glaubens nicht«, tadelte der Direktor des bayerischen Wallfahrtsorts Maria Vesperbild, Prälat Wilhelm Imkamp. Er hätte auch volkstümlicher sagen können: So ein Dummchen.

Doch zurück zum Gottesmann Burke: Dessen Diagnose reicht weiter als die üblichen Qualitäts- und Publikumsmanagementfragen nach dem Muster: »Bei den Evangelischen hält die Frauenordination doch auch keinen vom Kirchenaustritt ab!« Gibt man bei Googles Bildersuche den Namen Burke ein, dann tauchen in der Trefferliste viele Fotos eines Mannes in Gewändern mit feiner Spitze auf. Auf manchen sieht er aus wie eine Braut, die zum Altar geführt wird. Der Kardinal feiert gern die Alte Messe und legt Wert auf liturgischen Chic. Er trägt Gewänder von der Sorte, die Dreijährige fragen lässt. »Mama, warum hat der Mann Frauenkleider an?« Eine solche Anmerkung ist kindisch, wenn sie von Erwachsenen kommt. Liturgiewissenschaftler können die Heilsnotwendigkeit jeder Klöppelfinesse mindestens bis zum Konzil von Trient zurückverfolgen. Dennoch bleibt eine unfreiwillig komische Komponente, wenn ausgerechnet ein Kardinal in diesem Outfit die »Verweiblichung« beklagt.

Wer von außen auf den Klerus schaut, kommt kaum auf die Idee, den erfolgreichen feministischen Marsch durch die Institutionen ausgerechnet an der katholischen Kirche festzumachen. Ob römische Großereignisse oder Bischofsvollversammlungen – es marschieren Männer, die das Weibliche optisch gleich mit erledigen.

Die Autorin und »Spiegel«-Kolumnistin Margarete Stokowski ist eine der wenigen jüngeren Feministinnen, die überhaupt die katholische Kirche wahrnehmen. Sie beschreibt in ihrem autobiografischen Roman »Untenrum frei« anschaulich, was in ihrer Kindheit jeder gesehen hat: »Ich fühle mich im Glauben wohl, aber nicht im kirchlichen Drumherum. Ich glaube damals sehr überzeugt an Gott und bete viel, hauptsächlich, indem ich Fragen stelle. Dabei stelle ich mir Gott als Mann vor – was könnte ein eindeutigeres Zeichen für die Schieflage sein, die ich bis in mein Innersten übernommen habe? Aber wie soll es anders sein? Alle, die in der Kirche etwas zu sagen haben, sind Männer. Jesus war ein Mann, seine Jünger waren Männer, alle Bischöfe, Pfarrer und Kapläne: Männer. Die einzigen wichtigen Frauen sind Maria, deren Hauptverdienst es war, auf magische Art schwanger zu werden, Ordensschwestern, die wie Pinguine aussehen und komische Namen haben, und ein paar Heilige. Immerhin, unter den Heiligen gibt es Männer und Frauen gleichermaßen.«

Fernsehmoderatorin Katrin Bauerfeind spottet in dem feministischen Blog »Edition F«: »Das Christentum hält von der Gleichberechtigung der Frauen ungefähr so viel wie die Hells Angels«. In der katholischen Kirche seien »alte Kerle« unter sich, die evangelische sei etwas lockerer, wirke jedoch so »als würde man beim Stierkampf jetzt auch Kühe zulassen.«

Solche leichtfüßig dahin geschriebenen Beobachtungen erscheinen Experten beider Konfessionen nicht satisfaktionsfähig. Die katholisch korrekte Replik lautet: Die jungen, vorlauten Damen ahnen nichts vom Priester als Imitatio Christi, sie haben nicht mitbekommen, dass Maria von Magdala zur Apostelin befördert wurde, sie wissen nichts von Kirchenlehrerinnen wie Theresa von Ávila, und eine Hildegard von Bingen kennen sie nur vom Kräuterteeregal im Bioladen. Der fachmännische Hochmut gegenüber Beobachterinnen ohne ekklesiologischen Hintergrund ändert nichts daran, dass die scheinbar unbedarften, jedenfalls des Kirchenkampfs unverdächtigen Autorinnen Recht haben: Die katholische Kirche sieht aus wie ein Männerclub, spricht wie ein Männerclub, ist ein Männerclub.

Verweiblichung zu diagnostizieren, nur weil es neben den beförderten, längst verstorbenen Kirchenfrauen seit nicht allzu langer Zeit Messdienerinnen und Pastoralreferentinnen gibt – so etwas nennen Seelenexperten eine Übersprunghandlung.