10,99 €
Die kleine Hexe Anemona hat mithilfe ihrer magischen Fähigkeiten gerade die Welt gerettet – aber plötzlich scheint ihr Talent, Dinge wiederzufinden, zu schwinden. Ausgerechnet jetzt! Denn der Dunkelseher Arno Dazumal braucht dringend ihre Hilfe: Entführer wollen ihn verschleppen und er hofft, dass Anemona ihn wiederfinden kann. Um Arnos Spur aufzunehmen, müssen Anemona und ihre Freunde in die gefährliche Unterwelt von Nimmerda reisen. Werden sie Arno Dazumal hier wirklich retten? Der zweite Band der phantasievollen Serie um Anemona und die magische Welt von Immerda: bezaubernd und sprachwitzig! Ausgestattet mit vielen Bildern von Sarah Warburton. Alle Bände der Serie »Der Zauber von Immerda«: Die Suche nach dem verschwundenen Dienstag (Band 1) Ein Hellseher sieht schwarz (Band 2)
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 246
Veröffentlichungsjahr: 2020
Dominique Valente
Ein Hellseher sieht schwarz
Magie stirbt nie – sie wartet nur darauf, dass wir bereit für sie sind.
Eben noch war Anemona die kleine Hexe, die die Welt gerettet hat. Aber plötzlich scheint ihre magische Fähigkeit zu verschwinden. Ausgerechnet! Denn der Dunkelseher Arno Dazumal braucht dringend ihre Hilfe. Zusammen mit ihren neuen Freunden und dem Monster von unter dem Bett begibt sich Anemona in ein neues magisches Abenteuer, das sie in die gefährliche Unterwelt von Nimmerda führt …
Alle Bände der Serie ›Der Zauber von Immerda‹:
Band 1: Die Suche nach dem verschwundenen Dienstag
Band 2: Ein Hellseher sieht schwarz
Weitere Bände sind in Vorbereitung.
Weitere Informationen finden Sie auf www.fischerverlage.de
Dominique Valente wurde in Südafrika geboren und lebt heute in Sussex, England. Bevor sie mit dem Schreiben von Büchern begann, hat sie als Journalistin gearbeitet. Da sie aber – wie sie vermutet – an dem Phänomen leidet, mit zunehmendem Alter immer jünger zu werden, zieht sie es heute vor, tagsüber die meiste Zeit im Pyjama zu bleiben und von mürrischen Monstern, schrulligen Drachen und Magie zu träumen.
Sarah Warburton ist Illustratorin, Mutter und Besitzerin eines Border Terriers, und ihr Zuhause befindet sich in einem überwucherten Garten und einem hübschen Atelier mit vielen Keksen und großen Tassen heißem Tee. Sie lebt in Bristol, England.
Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage finden Sie unter www.fischerverlage.de
[Widmung]
[Karte]
1 Laubpost
2 Magie der kuriosesten Sorte
3 Ein ungewöhnlicher Komplize
4 Die Beilhexe Pimpernell
5 Der Zauberer hinter der Wand
6 Der Kampf mit dem Turm
7 Die SS Schaumkrone
8 Besen, Rabe, Kessel, Hut
9 Magie, ahoi!
10 Sprig
11 Rettung im Regen
12 Die Iris im Marmeladenglas
13 Fedrians Rückkehr
14 Gefangen
15 Waldhörig
16 Die Bücherstadt Libraria
17 Der bibliotanische Garten
18 Der Geisterbaum
19 Die Zwischennebel
20 Nimmerda
21 Der Junge aus Federn und Schatten
22 Die vergessene Geschichte
23 Der Ferilisamen
24 Ein Zuhause
25 Familienangelegenheiten
Oswalds Universalwörterbuch (Auszug)
Danksagung
[Ankündigung Bd.3]
Für Harriet und Julia, ihr Lieben hinterlasst Feenstaub, wohin ihr auch geht.
Liebe Anemona,
wenn du diesen Brief liest, bin ich schon nicht mehr hier. Meine Versuche, eine Vergissdasnichtblume mit dem großen Wisperiabaum zu kreuzen, waren endlich von Erfolg gekrönt, und ich darf stolz verkünden, dass ich nun in der Lage bin, zehn Minuten in die Zukunft zu blicken. Unglücklicherweise habe ich dabei gesehen, dass ich gleich entführt werde! Meine Verfolger sind schon so nah, dass mir nicht mal mehr Zeit für eine Tasse Tee bleibt, bevor ich dir diesen Brief per Laubpost schicke.
Früher hatte ich eine Seilschaukel, die mir möglicherweise zur Flucht verholfen hätte, aber leider ist sie einem feurigen Hustenanfall von Flori, dem Drachenkind, zum Opfer gefallen, als er und seine Eltern das letzte Mal zu Besuch waren. Darum fürchte, nein, weiß ich, dass meine Entführer mich schon bald (in sieben Minuten und dreiunddreißig Sekunden, um genau zu sein) einholen werden.
Es ist mir nicht gelungen, die Wolkendrachen per Pfefferbaumnetzwerk zu kontaktieren … Also dachte ich mir, ich schreibe dir rasch ein paar Zeilen mit der Bitte, ob du, wenn es keine allzu großen Umstände macht, wohl zu meiner Rettung eilen könntest? Außerdem wäre es schön, wenn du in meiner Abwesenheit ein Auge auf Harold haben würdest. Er fühlt sich immer so einsam, wenn ich nicht bei ihm bin. Sein Futter beschafft er sich selbst.
Ich hoffe, es geht dir gut? Die ersten Apfelkuchenblüten öffnen sich und ich muss oft an dich denken.
In aller Hast –
dein Freund
Arno Dazumal
Ach herrje, dachte Anemona, als sie das zusammengerollte Blatt vor sich auf den unaufgeräumten Tisch legte. Ihr Herz fing an, wie wild zu hämmern.
Der Brief hatte sie auf einem eher unüblichen Weg erreicht. Auf ein Klopfen hin hatte Anemona das Dachbodenfenster geöffnet und sich einer ziemlich griesgrämig dreinschauenden Eiche gegenübergesehen. Der Baum hatte ein tief zerfurchtes Gesicht mit zwei Astlöchern als Augen und Reisigbüscheln als Brauen. Den grimmigen Mund bildete ein Zweiglein. Mit einem heiseren Schnauben hatte er Anemona ein zusammengerolltes Laubblatt gereicht und gleich darauf, nach einem letzten bitterbösen Blick, wieder seinen angestammten Platz an der Gartenmauer eingenommen. Zurück blieben nur eine Spur aus Eicheln und ein paar Fetzen unwirschen Gegrummels – Anemona schnappte etwas über ein äußerst erholsames zweihundertjähriges Nickerchen auf, aus dem der Baum gerissen worden war, nur um als Briefbote herhalten zu müssen!
Sie hatte ja keine Ahnung gehabt, dass Bäume sich von der Stelle bewegen konnten, von grummeln und Briefe zustellen mal ganz zu schweigen! Dafür war ihr, noch bevor sie das Blatt auseinanderrollte, der Verdacht gekommen, dass Arno Dazumal bei dieser Sache die Finger im Spiel haben könnte. Denn der Dunkelseher besaß die äußerst seltene Fähigkeit, sich die verborgene Magie von Pflanzen zunutze zu machen. Zwar war Anemona ein gewisses Maß an Verrücktheit in ihrem Leben gewohnt, aber über diesen Besuch konnte sie wirklich nur staunen.
Und da war sie nicht die Einzige. Auch ihr bester Freund Oswald – ein Kobold, der starke Ähnlichkeit mit einer Katze aufwies und unter ihrem Bett hauste – war in heller Aufregung. Im Moment allerdings kam sein panisches Gezeter aus dem großen blauen Ofen in der Ecke, in den er geflohen war, als Anemona das Fenster geöffnet hatte.
»Auwei-auwei! Ach du liebes Radieschen!« (Kobolde hockten gern in ihren Verstecken und lauerten auf gängige Redensarten, aber manchmal brachten sie sie ein wenig durcheinander.)
Anemona achtete nicht auf ihn, womit man ganz allgemein meist besser beraten war. Stattdessen holte sie tief Luft und versuchte, Arno Dazumal herbeizuzaubern. Wenn er ihr doch nur geschrieben hätte, wer seine Entführer waren! Sie kniff konzentriert die Augen zusammen und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, dass ihre Magie sie nicht im Stich lassen würde. Obwohl Stoßgebete da in letzter Zeit nicht viel geholfen hatten.
Und auch jetzt hatte das Ganze lediglich zur Folge, dass ihr Gesicht sich zu einer eher unvorteilhaften Grimasse zusammenknautschte und Oswald sich in sein plüschgrünes Fäustchen lachte. »Siehst aus, als müsstetest du dringselnd mal für kleine Hexen.«
Anemona ignorierte ihn weiter. Ihr Herz wummerte noch immer, doch so sehr sie sich auch anstrengte, Arno blieb verschwunden. Der Dunkelseher ließ sich beim besten Willen nicht aufspüren.
Was ungewöhnlich war, denn Anemona hatte die magische Veranlagung dazu, verlorene Sachen zu finden. Schuhe oder Socken zum Beispiel oder, wie vor kurzem erst, einen verschwundenen Tag, den die Bruderschaft des Wol mithilfe eines jahrtausendealten Zauberspruchs gestohlen hatte. Zusammen mit ihren Freunden – darunter auch Arno Dazumal und Moreg Vaine, die mächtigste Hexe von ganz Immerda – war es Anemona gelungen, den Tag wieder zurückzuholen.
Allerdings hatte sie noch nie versucht, eine vermisste Person herbeizuzaubern. Das einzige Lebewesen, das sie jemals auf diese Art »gefunden« hatte, war Oswald, den sie vor ein paar Jahren aus dem Ofen ihrer Nachbarn hervorgezaubert hatte und seitdem nicht mehr losgeworden war.
Anemona gab es auf und warf Oswald einen strafenden Blick zu. »Mir doch egal, wie ich aussehe. Arno Dazumal ist entführt worden!«
Oswald setzte sich ruckartig auf, wobei ein dunkles Rußwölkchen in die Luft stob. Vor Aufregung nahm sein normalerweise limettengrünes Fell schlagartig eine kürbisorange Färbung an, was ein Zeichen seiner koboldlichen Abstammung war. Er blinzelte mit seinen kugelrunden Glühbirnenaugen und legte vor Schreck die Ohren an. »Was sagsu? Wieso Entfürgselt?«
Anemona schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht! Vielleicht hat er irgendwo Ärger angezettelt?«
Der Kobold zuckte mit einer zotteligen Schulter. Die Vorstellung, dass Arno Dazumal irgendwo Ärger angezettelt haben könnte, war leider nicht ganz abwegig.
Dabei konnte Arno eigentlich gar nichts dafür. Als Dunkelseher (oder Oublier, um mal die offizielle Bezeichnung zu verwenden) konnte er die Erinnerungen der Menschen in seiner Nähe lesen, sogar die allerpeinlichsten. Und als wäre das nicht schon schlimm genug, neigte er auch noch dazu, die Geheimnisse auszuplaudern. Er selbst bekam davon überhaupt nichts mit, weil er nämlich immer in eine Art Trance verfiel, wenn die fremden Erinnerungen ihn übermannten. Was die Leute jedoch nicht unbedingt vom Sauerwerden abhielt. Manche schreckten sogar vor Mord nicht zurück, sofern man den Geschichten darüber, was früheren Dunkelsehern zugestoßen war, glauben konnte. Wenn Anemona recht überlegte, hätte wohl so ziemlich jeder Arno entführt haben können. Was ein ganz schönes Problem darstellte.
Sie las sich erneut den Laubbrief durch, in der Hoffnung, darin auf irgendetwas zu stoßen, das ihr helfen könnte, Arno zu finden. Doch abgesehen von einem vage blumenförmigen Tintenklecks neben seiner Unterschrift fiel ihr nichts auf. Seufzend begann sie, auf den staubigen Dachbodendielen auf und ab zu tigern und hinterließ dabei eine Spur aus Sockenabdrücken. Sie versuchte noch einmal, Arno mit Hilfe ihrer Gabe zu finden – es musste doch einfach funktionieren. Aber die Wahrheit war, dass ihre Magie schon seit einiger Zeit Aussetzer hatte.
Prompt ertönte die Stimme ihrer Schwester Camilla in ihrem Kopf: »Also ich hatte ja noch nie Probleme mit meiner Magie, nicht mal als ich damals mit Rumpelfieber im Bett lag und fast gestorben wäre. Aber so eine starke Begabung wie meine verliert man wohl auch nicht so leicht. Vielleicht war deine ja zu schwach und du hast sie einfach ausgeniest, Anemona.«
Anemona holte tief Luft und verbannte das nervtötende Gequassel ihrer Schwester aus ihren Gedanken. Sie war sich ziemlich sicher, dass man seine magischen Fähigkeiten nicht durch einen Schnupfen verlor.
Oder?
»Konzentrier dich«, ermahnte sie sich selbst und rief sich Arnos zotteliges weißes Haar, seinen knochigen Körperbau und all die sonderbaren Pflanzen vor Augen, mit denen er sich stets sämtliche Taschen vollstopfte. Sie suchte und suchte, aber vergeblich.
Und dann … passierte doch etwas.
Wenn auch etwas eher Unerfreuliches. Es begann mit einem lauten Plopp und endete mit dem vertrauten Geheul eines gewissen Kobolds.
»Auwei-auweiiii!«, jaulte Oswald. »Du liebe Tante RAFFZAHN, warum bin ich bloß mit diesem Hexinnenvolk verschlagen?« Er schoss aus dem Ofen hervor und kopfüber in die ramponierte, tausendfach geflickte grüne Zotteltasche, die zu Anemonas Füßen stand und sofort erbärmlich zu zittern begann.
Anemona kniff fest die Augen zu und traute sich gar nicht hinzusehen. Stattdessen bekam sie einiges zu hören.
Und zwar ein weiteres lautes Plopp, direkt gefolgt von einer Schimpftirade ihrer Mutter im Stockwerk unter ihr.
»ANEMONA MOSS! WAS HAB ICH DIR ZUM THEMAZAUBERN, SOLANGE DU NOCH NICHT WIEDER GESUND BIST, GESAGT?«
Anemona schluckte. »Äh … dass ich es lieber sein lassen sollte?«, murmelte sie. Dann öffnete sie ganz vorsichtig ein Auge und erbleichte. Fast der gesamte Dachboden war verschwunden. Nur eine einzige Bodendiele direkt unter ihren Füßen war noch übrig.
Der Rest war einfach weg.
Unten in der Küche standen ihre Mutter und ihre älteste Schwester Oleandra und starrten mit demselben fuchsteufelswilden Gesichtsausdruck zu ihr hoch.
»Ich – äh … ups … Tut mir leid, Mum«, stammelte Anemona.
Nun hätte man meinen können, ein verschwundener Dachboden allein wäre schon unangenehm genug, aber es sollte noch weitaus schlimmer kommen.
Oleandra runzelte verwirrt die Stirn, dann warf sie einen Blick auf den leeren Stuhl neben sich und riss die Augen auf. »W-wo ist denn Camilla?«
Am liebsten hätte Anemona sich ebenfalls in Luft aufgelöst, um sich zu ersparen, was unweigerlich als Nächstes kam. Ihre Mutter sah von Camillas Stuhl zu ihrer jüngsten Tochter hoch, den Mund zu einem dünnen, wütenden Strich zusammengepresst. »Du hast deine eigene Schwester verschwinden lassen? Schon wieder?«
Anemona biss sich auf die Lippe und wechselte einen Blick mit Oswald, der ängstlich aus seiner Tasche spähte.
»Auwei-auwei …«
Alles hatte mit den Löffeln angefangen.
Niemand konnte mit Sicherheit sagen, ob es die Kompottlöffel oder die Servierlöffel waren, die als Erste verschwunden waren, aber spätestens, als es im ganzen Dorf keine Teelöffel mehr gab (wenn das kein Grund war, auf die Barrikaden zu gehen!), verlagerten sich die Spekulationen in Richtung des jüngsten Mitglieds der Familie Moss.
In einem gewöhnlichen Dorf hätten ein paar fehlende Löffel wohl kaum für so viel Wirbel gesorgt, aber in Grinfog, das eine Familie mit vier Hexen beherbergte, dauerte es nicht lange, bis die Leute begannen, Fragen zu stellen. Und zwar auf eine Weise, die keinerlei Zweifel an den dazugehörigen Antworten zuließ.
Da Anemonas Begabung aber nun mal darin bestand, Dinge zu finden, und nicht, sie verschwinden zu lassen, war es ihrer Familie vorerst noch gelungen, die Sorgen der Nachbarn zu zerstreuen.
Vielleicht schlug ja der hereinbrechende Frühling Kapriolen? Oder steckte eine Bande löffelstibitzender Poltergeister dahinter? Ganz sicher hatte das aber nichts mit Anemona zu tun, davon waren alle überzeugt. Zumindest bis zum Großen Freudenfeuer in der Elpennacht, in der Anemona sich selbst zu fragen begann, ob sie nicht doch irgendwie für all diese rätselhaften Fälle des Verschwindens verantwortlich war.
Elpen – nicht zu verwechseln mit Elfen – waren kleine, stark behaarte und bärtige Geschöpfe, die unter der Erde hausten und hervorragend backen konnten. Vor vielen Jahren, als zufällig gerade ein sehr böser Zauberer namens Wolfred Humperdinck über ihren Hügel spazierte, explodierte einer der Elpenbacköfen und machte dem Bösewicht buchstäblich Feuer unterm Hintern, woraufhin er nie wieder in der Gegend gesehen wurde. Noch heute wird diese glückliche Fügung Jahr für Jahr mit Freudenfeuern, elpischem Morchelmet und angeklebten Backenbärten gefeiert.
Anemona legte das Rosinenbrötchen zur Seite, das sie zum Rösten übers Feuer gehalten hatte, und nahm ihren falschen Glitzerbart ab, um einer etwas aufdringlichen Nachbarin bei der Suche nach ihrem Anorak behilflich zu sein. Dass Anemona heute rein privat hier war, schien die Dame nicht im Geringsten zu interessieren.
Schicksalsergeben schloss Anemona die Augen, hob die Handflächen zum Himmel und musste unvermittelt husten, als sie ihre Magie auf die Suche nach Birdy Pondwaters verbummeltem Eigentum schickte.
Ein leises Plopp ertönte, doch es landete nichts in ihren ausgestreckten Händen, was Anemona schon ein wenig wunderte. Ihre Gabe mochte nicht sonderlich spektakulär sein, aber bisher war darauf stets Verlass gewesen, eine Tatsache, auf die sie sehr stolz war. Wie Granny Flora immer gesagt hatte: »Ein bisschen stiller Stolz hat noch keinem geschadet. Der laute Stolz ist’s, der einem die Nase nach oben verdreht.«
Granny Flora hatte unzählige solcher Weisheiten auf Lager gehabt. Und außerdem eine Fülle von Zaubertränken, deren Qualität jedoch leider infolge einer Kesselexplosion im Gebirge des Nax erheblich gelitten hatte.
Die Augen immer noch geschlossen, krempelte Anemona sich im Geiste die Ärmel hoch und startete einen neuen Versuch. »Keine Sorge«, versicherte sie Birdy, die aus irgendeinem Grund leise Schnaufgeräusche von sich gab, wie ein Wildschwein auf Futtersuche. »Wenn die verlorenen Sachen sich dort, wo sie gelandet sind, zu wohl fühlen, muss man sie erst ein bisschen locken, damit sie sich finden lassen. Aber die meisten kriege ich irgendwann rum.«
Doch Birdy ließ sich nicht beruhigen. Stattdessen kreischte sie aus voller Kehle drauflos.
Und als Anemona die Augen öffnete, sah sie auch, warum. Zu ihrem Entsetzen stellte sie fest, dass Birdys Kleid verschwunden war und die Dame nur noch im Hemdchen und einer altmodischen rot-weiß gemusterten Rüschenunterhose dastand. Kein Wunder, dass das ganze Dorf sie anstarrte, während allerorten vergessene Rosinenbrötchen im Feuer verkohlten.
»Was ist denn mit Ihrem Kleid passiert?«, flüsterte Anemona, die sich inständig wünschte, sie hätte ihrer bedauernswerten Nachbarin etwas anderes anbieten können als einen Glitzerbart, um damit ihre Blöße zu bedecken.
Birdy, die knallrot geworden war, stammelte irgendetwas Unverständliches vor sich hin, während Anemona sich nach dem Kleid umsah, für den Fall, dass der Wind es fortgeweht hatte. Doch sie konnte es nirgends entdecken. Dann drehte sie sich wieder um und erschrak, als ihr bewusst wurde, dass plötzlich alle sie anstarrten. Und zwar voller Angst.
Seltsam.
Gut, bisweilen mochte das Thema Magie der Familie Moss den einen oder anderen scheelen Seitenblick einbringen, aber im Allgemeinen wurden sie von der Dorfgemeinschaft akzeptiert – ungefähr im selben Maße wie eine etwas wunderliche Tante, die schließlich auch irgendwie zur Familie gehörte, egal, ob sie sich die Gesichter ihrer neunzehn Katzen auf Geschirrtücher sticken ließ.
Eine Woche später tauchte das verschwundene Kleid wie aus dem Nichts in Anemonas Küche wieder auf, und sie legte es in einem unbeobachteten Moment vor Birdys Haustür ab. Zwar kehrte in den darauffolgenden Tagen wieder etwas Ruhe ein, dafür blieb jedoch eine ganze Reihe von Anemonas Stammkunden weg, mit der Folge, dass sie nicht nur viel weniger zu tun hatte, sondern auch viel weniger Geld.
Camilla hatte den Fehler begangen, ihre kleine Schwester mit dem Vorfall aufzuziehen, was zu ihrem ersten Verschwinden geführt und Anemona ein fürchterliches Donnerwetter eingebracht hatte, dabei war die Vermisste nicht mal eine Minute später mit einem lauten, wütenden Plopp wieder aufgetaucht.
So sauer hatte Anemona Camilla noch nie erlebt. Sie hatte sogar gedroht, Anemona in die Zwischennebel zu verbannen, an jenen geheimnisumwobenen Ort, der die Welt der Lebenden von Nimmerda trennte. Von dort war noch nie jemand zurückgekehrt, hauptsächlich weil man dabei seine Seele einbüßte. Was das Ganze zu einer ziemlich ernstzunehmenden Drohung machte. Als Anemona konterte, in dem Fall würde sie Camilla für immer verschwinden lassen, beschloss ihre Mutter, dass jetzt aber wirklich Schluss war.
»Jetzt ist aber wirklich Schluss«, sagte sie, den Mund zu einem ärgerlichen Strich zusammengepresst, als Camilla einen Staubwedel auf Anemona hetzte. Das Einzige, was sie damit erreichte, war jedoch, sie zum Niesen zu bringen … woraufhin Camilla erneut verschwand und Regena entschied, dass es wohl am sichersten war, die beiden Streithennen vorerst voneinander fernzuhalten.
»Du kannst auf dem Dachboden schlafen, Anemona, bis wir dieser Sache auf den Grund gegangen sind. Ich bin mir sicher, dass es irgendetwas mit dieser hartnäckigen Erkältung zu tun hat, die du immer noch mit dir rumschleppst. Guck nur mal, was passiert ist, als du geniest hast. Und beim Feuer in der Elpennacht hast du gehustet, wenn ich mich recht erinnere.« Dann wurden Regenas Augen schmal. »Natürlich hättest du deine Magie gar nicht erst einsetzen dürfen, wenn du dich nicht wohl gefühlt hast. Das weißt du ganz genau. Wie lautet die oberste Regel für kranke Hexen?«
Anemona wollte gerade protestieren, dass es ihr ja wohl schon viel besser gehe, aber sie klappte den Mund wieder zu, als ihre Mutter abwartend die Arme verschränkte. Schließlich seufzte sie und murmelte: »Keine Magie.«
»Richtig.«
Das war keine ganz unsinnige Regel, wie Anemona durchaus bewusst war, denn selbst ein vermeintlich harmloser Schnupfen konnte allerlei magische Fehlzündungen produzieren. Anemonas Cousine, Petula Moss, die mit einem Talent für besonders bösartige Verwünschungen gesegnet war, hatte sich einmal darüber hinweggesetzt, als sie gerade unter den Stotterpocken litt. Sie hatte sich aus Versehen selbst in ein Schwein verwandelt, anstatt ihres Nachbarn, der daran natürlich seine helle Freude gehabt hatte. Es ging das Gerücht, dass sie bis heute ein Ringelschwänzchen habe.
»Also, keine Zauberei, bevor du nicht wieder ganz auf dem Damm bist«, ermahnte Regena sie abermals. »Ist das klar?«
Anemona kapitulierte und verzog sich auf den Dachboden. Einen halben Tag lang hielt sie durch.
Genau genommen war es ja nicht mal ihre Schuld gewesen, dass sie ihr Versprechen so schnell gebrochen hatte. Wenn man Anemona fragte, hatte sie ihre Erkältung lediglich aus Sorge um Arno kurz vergessen. Wenn ein guter Freund in der Klemme steckte, war ein läppischer Schnupfen nun mal zweitrangig. Oder zumindest hätte es so sein sollen, aber dann hatte ihre außer Rand und Band geratene Magie den Dachboden – und ihre Schwester – verschwinden lassen.
Zum Glück war beides ein paar Minuten später wieder da gewesen. Die Strafpredigt dagegen, die das Ganze nach sich zog, dauerte wesentlich länger.
Anemona saß am Küchentisch, während ihre Mutter kopfschüttelnd neben ihr auf und ab marschierte. »Ich weiß wirklich nicht, was ich noch mit dir machen soll. Deinen Vater habe ich schon nach Hause bestellt, damit wir die Sache mit der ganzen Familie besprechen können. Stell dir nur vor, deine Schwester wäre nicht wieder aufgetaucht! Du hast deine Magie nicht unter Kontrolle und obwohl du weißt, dass du uns alle damit in Gefahr bringst, setzt du sie weiterhin ein!«
»Aber Mum.« Anemona bekam sofort ein schlechtes Gewissen, weil ihre Mutter extra ihretwegen ihren Vater von der Arbeit geholt hatte. »Ich konnte überhaupt nichts dafür! Ich muss Arno Dazumal finden.« Wieder versuchte sie, das Problem zu erklären. »Er ist doch mein Freund und er braucht meine Hilfe. Ich hab einen Brief von ihm bekommen –«
»Ach ja, natürlich, dieser geheimnisvolle Brief, der rein zufällig verschwunden ist. Pfff«, spottete ihre Mutter und verdrehte die Augen.
Was leider stimmte. Ein paar Sachen vom Dachboden waren nicht wieder aufgetaucht, darunter Granny Floras alter lila Hut, ein paar der Tränke, die Anemonas Mutter ihr wegen ihrer Erkältung zu trinken gegeben hatte, und der Laubbrief. Und so glaubte niemand ihr ein Wort.
Regena schüttelte abermals den Kopf und massierte sich die Nasenwurzel. »Ich würde dir deine Geschichte ja gern abnehmen, Anemona, wirklich, aber … Bäume können nun mal nicht sprechen und sich erst recht nicht von der Stelle bewegen! Ich verstehe wirklich nicht, warum um alles in Immerda du so was behauptest. Als wäre es nicht schon besorgniserregend genug, dass du offenbar überzeugt bist, einen Dunkelseher zum Freund zu haben.«
»Hab ich auch!«, rief Anemona entrüstet.
»Nein, Anemona, hast du nicht! Das ist völlig ausgeschlossen. Oubliers sind extrem selten und die meisten sterben schon sehr früh, weil … nun ja, sie sich durch ihre Fähigkeiten leicht Ärger einhandeln.«
»Ich weiß! Darum braucht er mich ja auch. Es ist wirklich dringend!«
Regena schüttelte den Kopf und musterte ihre Tochter besorgt. »Ach, Liebes, du bist eben immer noch nicht ganz gesund. Vielleicht hast du ja Fieber, und das hat deine Magie so durcheinandergebracht. Und jetzt auch noch diese Wahnvorstellungen …«
Aber Anemona war nicht krank. Sie fühlte sich pudelwohl. Außerdem war sie schon oft erkältet gewesen, und das hatte nie ihre Magie beeinträchtigt. Es musste einen anderen Grund dafür geben, dass ihre Gabe derart verrücktspielte, da war sie sich sicher. Von irgendwo aus ihrem Hinterkopf hörte sie Granny Floras Stimme, die an einem kalten Winterabend flüsterte: »Menschen, die nach Wisperia gehen, kommen manchmal völlig verändert zurück. Ich hab von welchen gehört, deren Haar sich in Flammen verwandelt haben soll, die Hufe anstelle von Füßen haben und Blätterfinger … Waldhörig nennt man sie. Am Ende müssen sie für immer in Wisperia bleiben, weit weg von der Zivilisation, weil sie nämlich zu Wilden geworden sind.«
Anemona schluckte. Sie selbst war kürzlich auf ihrer Suche nach dem verschwundenen Tag in Wisperia gewesen. Vielleicht hatte ja der Wald irgendwas mit ihr angestellt. Verzweifelt versuchte sie, den Gedanken an Flammenhaare und Hufe niederzukämpfen.
Das Problem war, dass sie das niemandem in ihrer Familie erklären konnte, denn als der verschwundene Dienstag wieder seinen Platz eingenommen hatte, war damit auch die gesamte Wirklichkeit zurechtgerückt worden. Was bedeutete, dass sich niemand an den fehlenden Tag erinnerte, geschweige denn daran, welche Rolle Anemona bei alldem gespielt hatte. Außer ihr wussten nur diejenigen noch davon, die sich mit ihr zusammen innerhalb des Zaubers befunden hatten, mit dem der Tag zurückgeholt worden war.
»Bitte, Mum, hör mir doch mal zu! Ich glaube, ich weiß, was passiert ist. Pass auf, ich erzähle dir einfach alles der Reihe nach, und dann kannst du entscheiden, was wir jetzt machen sollen.«
Sie bat ihre Mutter und die Schwestern, sie nicht zu unterbrechen, damit sie ihnen die ganze Geschichte erzählen konnte. Zu ihrer Überraschung willigten sie ein. Hauptsächlich jedoch, wie ihr später klarwurde, weil sie abschätzen wollten, wie schlimm Anemonas Wahnvorstellungen schon waren, und ob sie lieber Hilfe holen sollten.
»Und darum hab ich jetzt Angst«, schloss Anemona nach einer Weile ihren Bericht, »dass irgendwas in Wisperia meine Magie durcheinandergebracht oder vielleicht sogar komplett auf den Kopf gestellt hat. Deswegen wäre es wahrscheinlich das Beste, wenn wir Moreg verständigen würden. Die weiß bestimmt, was zu tun ist, und außerdem kann sie mir helfen, Arno Dazumal zu finden.«
Es folgten einige lange Sekunden, in denen die drei anderen sie wortlos anstarrten, was Anemona sich damit erklärte, dass sie vermutlich beeindruckt waren. Immerhin hatte sie dabei geholfen, die Welt zu retten, und es bis heute für sich behalten. Und vielleicht waren sie sogar ein bisschen stolz auf sie, weil sie im Angesicht all dieser Gefahren so viel Mut bewiesen hatte. Doch schon bald darauf stellte sich heraus, dass etwas ganz anderes dahintersteckte.
Ihre älteste Schwester Oleandra machte einen Schritt auf sie zu und zog dabei ein Gesicht, als wäre soeben ein geliebtes Haustier gestorben. Behutsam legte sie Anemona die Hand auf die Stirn. »Es muss am Stress liegen, meinst du nicht auch?«, wandte sie sich dann bekümmert an ihre Mutter. »Scheint, als könnte sie seit Grannys Tod die Wirklichkeit nicht mehr verkraften.« Im nächsten Moment geriet ihre besorgte Fassade ins Wanken, und sie presste sich die Hand vor den Mund. »Oh … tut mir leid. Ich weiß, an dieser ganzen Sache ist eigentlich nichts zum Lachen, aber … ›Moreg verständigen‹?«
Auch Camilla fing jetzt an zu kichern und flüsterte vernehmlich: »Also ehrlich – Moreg nennt sie sie, als wäre das ihre beste Freundin oder so! Ich glaub, ich spinne!«
Anemona schloss frustriert die Augen. Als sie sie wieder aufmachte, sah sie, wie ihre Mutter sie sehr ernst und irgendwie traurig musterte. Dann fing sie an, auf sie einzureden, und zwar so langsam und überdeutlich, als wäre Anemona ein Kleinkind. Oder vielleicht einfach ein bisschen unterbelichtet.
»Schätzchen«, sagte sie und tätschelte Anemona liebevoll die Hand. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass Mrs. Vaine, die mächtigste Hexe von ganz Immerda, Zeit für die Probleme eines zwölfjährigen Mädchens hat.«
Camilla und Oleandra brachen abermals in haltloses Gekicher aus, doch Regena drehte sich zu den beiden um und bedachte sie mit einem Blick, der sie sofort zum Schweigen brachte.
»Entschuldige, Mum«, sagte Oleandra.
Regenas Stirn war sorgenvoll gerunzelt. »Aber was mich wirklich beunruhigt, sind diese Hirngespinste, Anemona. Dass du seit Grannys Tod offenbar überzeugt bist, du hättest zusammen mit Moreg ein wildes Abenteuer erlebt. Es tut mir schrecklich leid, Liebes, aber das ist alles nie passiert.«
»WAS fasuliert die da?«, meldete sich jetzt Oswald zu Wort, der sich unter dem Tisch zu Anemonas Füßen zusammengerollt hatte, und sein Fell leuchtete grellorange. »Ich war ja wohl höchstpersönlichstens dabei! Wurde mitgeschleppselt in dem haarhaften Henkelsack! Da ist nullig dran verflunkert, und die alte Floriflora hat gar nix damit zu tun, ihr … ihr … PUSTELICHEN PLITZFIEPEN!«
Schweigen breitete sich aus.
»Danke, Oswald«, sagte Anemona und wechselte einen niedergeschlagenen Blick mit dem Kobold. Ihnen war beiden klar, wie wenig sein kleiner Ausbruch bewirken würde. Dennoch war es schön, ausnahmsweise mal jemanden auf ihrer Seite zu wissen.
Anemonas Mutter verzog angewidert den Mund. Abgesehen davon jedoch deutete nichts darauf hin, dass sie Oswald auch nur gehört hatte. Das war ihre bevorzugte Art, mit ihm umzugehen.
Aber nicht Camillas. »Nur weil du es geschafft hast, deinem Koboldkumpel dieses Märchen weiszumachen, heißt das noch lange nicht, dass es wirklich so passiert ist«, schnaubte sie abfällig. »Der Feigling hockt doch sowieso den ganzen Tag in seiner Tasche oder unter deinem Bett. Wahrscheinlich könntest du ihm sonst was erzählen, und er würde dir glauben.«
Jetzt schoss Oswald unter dem Tisch hervor und funkelte sie wütend an. »Ich hab mich wohl verhorchzt! Lügner und Betrügner! Was für dreistliche Vorwerfungen an meine koboldige Personität! Sei verfluchzt, du … du hohlgebirnige Hexenharpyie – verfluchzt!«
»Pfeif gefälligst dein Monster zurück«, fauchte Camilla ihre Schwester an. »Sonst schick ich ihn dahin, wo der Pfeffer wächst!«
Anemonas Wut brodelte über, und sie sprang von ihrem Stuhl auf. »Lass ja deine FINGER von ihm! Ich hab KEINEWAHNVORSTELLUNGEN und ich erzähle auch KEINE MÄRCHEN. Es war GENAU, wie Oswald sagt!«
Sie atmete tief durch – zur Beruhigung, was allerdings nicht so recht funktionieren wollte – und versuchte dann erneut, die anderen zur Vernunft zu bringen. »Es ist wirklich so passiert, ihr könnt euch nur nicht dran erinnern, weil ihr nicht dabei wart! Weil ihr mir damals nämlich auch schon nicht helfen wolltet!«
Camilla stieß ein keckerndes Lachen aus und warf ihr rabenschwarzes Haar zurück. »Ja, genau, Anemona … als würden wir dir nicht dabei helfen, die Welt zu retten!«
Auch Oleandra prustete verächtlich.
Anemona seufzte. »Tja, habt ihr aber nicht, weil ihr mir da auch schon nicht geglaubt habt. Aber darum geht’s sowieso nicht. Sondern darum, dass ihr es eigentlich besser wissen müsstet, weil ihr Moreg schließlich selbst gesehen habt, nach Grannys Beerdigung. Ihr habt gesehen, dass wir uns unterhalten haben und sie mir meinen Besen mitgebracht hat, Wisper. Woher hätte ich den denn bitte haben sollen, wenn ich nicht mit auf dieser Mission gewesen wäre? Na? Und bevor Moreg gekommen ist, habt ihr die Drachen gesehen, also müsst ihr doch wissen, dass ich die Wahrheit sage! Woher hätte ich Moreg sonst kennen sollen, oder eine Wolkendrachenfamilie? Wie erklärt ihr euch das denn alles?«
Einen Moment lang sagte niemand etwas.
Irgendwann hörte Anemona über dem Wummern ihres Herzens, wie ihre Mutter einen tiefen Seufzer ausstieß. »Ach, Anemona. Das war dir vielleicht gar nicht klar, aber Moreg ist eine alte Freundin der Familie. Ich war als Kind mit ihrer Schwester Molsa befreundet. Und Moreg hatte stets eine sehr hohe Meinung von Granny Flora. Deine Großmutter war schließlich einmal die beste Trankbrauerin von ganz Immerda. Darum war Moreg