Diagnose Krebs - Isabell-Annett Beckmann - E-Book

Diagnose Krebs E-Book

Isabell-Annett Beckmann

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Beschreibung

Mehr als 500 000 Deutsche erkranken jährlich an Krebs. Viele Ratgeber richten ihren Fokus auf den Patienten oder das bestimmte Krankheitsbild. Mit der Diagnose beginnt jedoch auch das Leiden und die Hilflosigkeit von Freunden und Familie. "Diagnose Krebs" gibt den Angehörigen eine Orientierung: Wie kann ich den Befund verstehen? Wie gewinne ich Sicherheit im Umgang mit der Krankheit? Wie gehe ich mit dem Betroffenen und mir selbst um? Wie kann ich helfen? Wo finde ich Unterstützung? Sie lernen die Behandlungsschritte sowie die Herausforderungen der verschiedenen Behandlungsphasen kennen. So können Sie den Betroffenen oder die Betroffene während und nach der Krebstherapie z. B. bei den Themen Ernährung, Bewegung, Lebensstil aktiv unterstützen. Dieser Gesundheitsratgeber zeigt Ihnen anhand von mutigen Erfahrungsberichten auch, wie Sie gemeinsam stark bleiben. Er hilft dabei, die Krebsdiagnose zu akzeptieren und darauf aufbauend in der schweren Zeit gemeinsam eine offene Gesprächskultur zu entwickeln. "Diagnose Krebs" versteht sich als ein Begleiter, der bei körperlichen und seelischen Hindernissen auf besonders empathische Art Wege eröffnet. Darüber hinaus hat die Autorin in Zusammenarbeit mit den führenden deutschen Instituten der Krebsforschung und Krebsberatung alle wichtigen Informationen zu Hilfen im Alltag, Finanzen, Recht und Pflege zusammengetragen.

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Isabell-Annett Beckmann

Diagnose Krebs

Ein Ratgeber für Angehörige und Freunde

Fotografien von Sibylle Fendt

Inhaltsverzeichnis

Was wollen Sie wissen?

Der Verdacht wird Gewissheit

Dem Schock begegnen

Die ersten Schritte auf einem unbekannten Weg

Miteinander ins Gespräch kommen

Eine offene Gesprächskultur finden

Schwierige Themen nicht ausklammern

Behandlungen im Überblick

Therapien brauchen wissenschaftliche Grundlagen

Verfahren und Therapien

Die Nebenwirkungen lindern

Andere, nicht konventionelle Verfahren

Die Lebensqualität verbessern

Geschäft mit der Hoffnung

Den Weg unterstützen

Während der Behandlung

Als erwachsenes Kind den Eltern helfen

Als ein guter Freund helfen

Wieder zu Hause

Wenn die Erkrankung wiederkommt

Wenn keine Heilung mehr möglich ist

Den Krebs seelisch überwinden

Die Paarbeziehung neu gestalten

Cancer Survivors – das Leben danach

Krebs und die ständige Angst

Selbst gesund bleiben

Achten Sie auf sich!

Seien Sie gut zu sich selbst

Wo bekommen Sie Hilfe?

Wenn Sie allein zurückbleiben

Finanzen und Recht

Denken Sie an die Vorsorge

Unterstützung nach der Therapie

Hilfe für Zuhause

Leistungen im Pflegefall

Hilfe

Adressen

Stichwortverzeichnis

Was wollen Sie wissen?

Krebs löst Reaktionen zwischen Angst, Zuversicht und Hoffnungslosigkeit aus, und das nicht nur bei den Betroffenen selbst, sondern auch bei Angehörigen, Freunden und Kollegen. Das Leben mit der Erkrankung dauert manchmal Jahre. Dieser Ratgeber ist für alle geschrieben, die mit dem Kranken zusammen stark bleiben wollen.

Krebs! Ich kann es immer noch nicht fassen. Wie geht es denn jetzt weiter?

Trotz dieses Schocks heißt es erst einmal: Ruhe bewahren, tief durchatmen – auch wenn es unmöglich zu sein scheint. Eine Krebserkrankung ist in den meisten Fällen kein Notfall, die Behandlung muss nicht innerhalb weniger Tage beginnen. Es ist also genügend Zeit, in Ruhe mit den wichtigsten Menschen zu sprechen. Wie Sie diese ersten Schritte gehen können, erfahren Sie in dem Kapitel „Der Verdacht wird Gewissheit“ ab S. 11. Wie bei anderen Erkrankungen auch heißt es nun, sich umfassend zu informieren und so mehr Sicherheit zu gewinnen. Die Behandlung soll am besten in einem Krankenhaus mit besonderer Expertise erfolgen. Betroffene entscheiden bei der Auswahl der Klinik ebenso mit wie bei ihrer Behandlung. Darüber können Sie sich ab S. 24 informieren.

Wir diskutieren viel, mitunter kommt es zum Streit. Wie können wir gemeinsam Lösungen finden?

Viele Probleme ergeben sich daraus, dass nicht genug und vor allem nicht offen und ehrlich miteinander gesprochen wird. Dabei ist eine gute Kommunikation gerade im Umgang mit einer Krebserkrankung besonders wichtig. Respektvoll und einfühlsam miteinander zu reden, kann sehr viele Missverständnisse vermeiden und zur emotionalen Entspannung in der Familie beitragen. Tipps dazu finden Sie ab S. 29. Wie man sich auch an schwierige Themen heranwagen kann, können Sie ab S. 34 nachlesen. Wichtig ist, dass alle zu Wort kommen können, sowohl der Betroffene als auch die Angehörigen.

Ich habe viel über die Behandlungen und ihre Nebenwirkungen gehört. Kann mein Angehöriger etwas tun, dass es ihm besser geht?

Die klassischen Krebstherapien basieren auf langjährigen wissenschaftlichen Erkenntnissen und können viele Tumorarten bekämpfen oder sogar heilen. Sie sind hochwirksam. Sie bringen aber oft Nebenwirkungen mit sich, die die Patienten stark einschränken. Lesen Sie mehr dazu ab S. 45. Viele Krebspatienten möchten daher selbst etwas tun, um gesund zu werden. Dieser Wunsch ist nachvollziehbar und trägt oft zur Verbesserung der Lebensqualität bei. Allerdings ist bei komplementären oder gar alternativen Verfahren Vorsicht geboten. Ab S. 65 finden Sie ausführliche Informationen. Aber gemeinsam können Sie einiges tun, das vor allem Ihre mentale Gesundheit stärkt.

Wir hatten noch so viele Pläne. Wie können wir damit fertigwerden, dass daraus nichts mehr wird?

Wenn eine Krebserkrankung zurückkehrt oder nicht mehr geheilt werden kann, müssen der Kranke und seine Familie den Gedanken an die Endlichkeit des Lebens zulassen. Über den Tod zu sprechen, fällt vielen Mensch unfassbar schwer, ist aber so wichtig, um einen Umgang damit zu finden. Daher erfahren Sie ab S. 101, wie Sie das Thema ansprechen können. Für die letzte Lebensphase ist eine wertschätzende und auf die Bedürfnisse des Sterbenden ausgerichtete medizinische Versorgung von großer Bedeutung. Informationen über die Möglichkeiten der Palliativmedizin geben wir Ihnen ab S. 63. Die Gestaltung der letzten Lebensphase ist ein wichtiger Baustein der Trauerarbeit. Wie Sie das letzte Stück des Weges zusammen gehen können, beschreiben wir ab S. 105.

Wir werden das gemeinsam durchstehen! Doch wie wird die Erkrankung unsere Beziehung verändern?

Eine Krebserkrankung ist eine besondere Herausforderung für eine Partnerschaft. Sie tritt als dritter, unerwünschter Partner in die Beziehung und nimmt einen enormen Raum ein. Dabei als Paar im Gleichgewicht zu bleiben, ist schwer. Hilfestellung dafür finden Sie ab S. 116. Wenn erwachsene Kinder sich um ihre kranke Eltern kümmern, steht nicht nur die gewohnte Rollenverteilung plötzlich auf dem Kopf. Es können schnell Mehrfachbelastungen für unterstützende Angehörige entstehen. Wie sich Belastungen bewältigen lassen, erfahren Sie ab S. 133. Welche Möglichkeiten es gibt, einem kranken Freund und seiner Familie zu helfen und wo Sie selbst Hilfe bekommen, wird ab S. 146 beschrieben.

Manchmal bin ich rund um die Uhr beschäftigt. Was kann ich tun, damit ich nicht auf der Strecke bleibe?

Viele Angehörige von Krebspatienten konzentrieren sich darauf, ihn möglichst gut zu versorgen und gleichzeitig Alltag und Familie in Fluss zu halten. Dabei ist die Gefahr besonders groß, dass Sie als pflegender Angehöriger sich verausgaben und physisch sowie psychisch ausbrennen. Wie Sie sich davor schützen und was Sie für sich tun können, erfahren Sie ab S. 133. Führen Sie sich gerade in besonders anstrengenden Situationen immer wieder vor Augen, dass Sie gar nicht alles allein schaffen müssen. Anregungen, welche Hilfsangebote Sie selbst nutzen können, finden Sie ab S. 146. In vielen Phasen der Erkrankung steht Ihnen finanzielle Unterstützung zu. Die Anträge bei Krankenkassen und Versicherungen können Kraft kosten, wir helfen Ihnen dabei ab S. 170.

Auf uns kommen so viele finanzielle Belastungen zu. Wie können wir das alles stemmen?

Wer lange krank ist und somit nicht arbeiten kann und darf, sieht sich oft erheblichen finanziellen Belastungen ausgesetzt. Die Leistungen der Renten-, Kranken- und Pflegeversicherungen sollen den Kranken und seinen pflegenden Angehörigen unterstützen. Wie und wobei Sie diese in Anspruch nehmen können, erfahren Sie ab S. 172. Wer sicherstellen möchte, dass bei Bedarf ein Angehöriger persönliche und medizinische Entscheidungen für den anderen treffen darf, sollte sich unbedingt umfassend mit seiner Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht auseinandersetzen. Was Sie hier beachten sollten, erfahren Sie im Kapitel „Finanzen und Recht“ ab S. 158.

Von nun an wird es ganz besonders wichtig sein, offen und ehrlich miteinander zu sprechen.

Der Verdacht wird Gewissheit

Vielleicht haben Sie geahnt, dass Ihr Angehöriger eine ernsthafte Erkrankung haben könnte. Die Gespräche mit dem Arzt, die anschließenden Untersuchungen und nun die Diagnose: Es ist Krebs. Wie wird es jetzt weitergehen?

Aus dem unguten Gefühl, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist, wird mit dem Satz „Sie haben Krebs“ plötzlich Gewissheit. Den meisten Menschen zieht das zunächst einmal den Boden unter den Füßen weg. Kaum eine Krankheit ist mit so vielen negativen Attributen belegt wie Krebs: Leiden, Schmerzen, Tod. Viele Menschen kennen jemanden, der im näheren oder weiteren Umfeld an Krebs erkrankt oder sogar daran gestorben ist.

Ist die Diagnose Krebs nun ein Todesurteil? Auch wenn Krebs eine schwere, manchmal lebensbedrohliche Krankheit ist, überleben heute doch viele Betroffene oder sie leben noch Jahre als „chronisch Kranke“ bei guter Lebensqualität. Wissenschaft und Medizin haben in den letzten Jahrzehnten immense Fortschritte gemacht. Doch der Schock sitzt erst einmal tief. Jetzt geht es darum, sich zu orientieren und viel miteinander darüber zu sprechen, wie es weitergehen kann und soll: Welche sind die wichtigsten Fragen an die Ärzte? Wem erzählt man wann davon – den Kindern, Verwandten Freunden, Kollegen? Wenn ja, wie?

Dem Schock begegnen

Die Diagnose hat die bisherige Lebensplanung Ihrer gesamten Familie durcheinandergebracht. Jetzt ist es wichtig, dass Sie zusammen wieder Boden unter die Füße bekommen.

Die Zeit bis zur endgültigen Diagnose ist für viele Menschen eine emotionale Achterbahnfahrt: zwischen Angst und Hoffnung, Unsicherheit und Hoffnungslosigkeit. Nun haben Sie Gewissheit – das Gefühlschaos hört damit aber nicht auf. Viele Kranke reagieren gereizt oder wütend auf die Diagnose, weil sie sich hilflos fühlen. Angst ist das alles dominierende Gefühl: Angst, nicht mehr gesund zu werden, nicht mehr für die Familie sorgen zu können, ganz konkret auch die Angst vor der Therapie, vor Leiden und Schmerzen. Sehr viele stellen sich auch die Frage „Warum ich?“, suchen nach Fehlern in der Vergangenheit und entwickeln Schuldgefühle. Viele Betroffene und ihre Angehörigen mag daher das Wissen entlasten, dass Krebs in den meisten Fällen zufällig entsteht. Schauen Sie nun gemeinsam nach vorn auf das, was vor Ihnen liegt. Von nun an wird es ganz besonders wichtig sein, dass Sie offen und ehrlich miteinander reden.

Wie mit dem Schock umgehen?

Bevor Sie Ihr soziales Umfeld einbeziehen, ist es sinnvoll, dass Sie zunächst zu zweit mit der Diagnose zurechtkommen. Wenn Ihr Partner erkrankt ist, haben Sie möglicherweise bereits den Weg seit dem ersten Verdacht mit ihm zusammen bewältigt, haben an den Arztgesprächen teilgenommen und waren bei ihm, als er den entscheidenden Satz „Sie haben Krebs“ gehört hat. Auch wenn bei Ihnen beiden danach der Schrecken groß ist, versuchen Sie, einigermaßen ruhig zu bleiben. Denn erst, wenn alle nun folgenden Untersuchungen abgeschlossen sind und deren Ergebnisse vorliegen, werden Sie genau wissen, in welchem Stadium sich die Krebserkrankung befindet und wie die Prognose Ihres Partners aussieht. Es ist nicht hilfreich, sich bis dahin das Allerschlimmste auszumalen und womöglich in Panik zu geraten. Wenn Sie möchten, suchen Sie solange nach seriösen, objektiven Informationen zur Erkrankung, meiden Sie dagegen erst einmal Blogs, Foren und Erfahrungsberichte von anderen Betroffenen.

Wenn ein Elternteil, eine Schwester oder ein Bruder, ein anderer enger Angehöriger oder einer Ihrer guten Freunde erkrankt ist und Sie kurz nach der Diagnose ins Vertrauen zieht, lautet der Rat ähnlich: Helfen Sie, indem Sie Ruhe vermitteln. Dazu können schon einfache Fragen beitragen, wie zum Beispiel „Wie lautet die genaue Diagnose?“, „Soll ich zum nächsten Arzttermin mitkommen?“ oder „Wie kann ich dir helfen?“.

Zeigen Sie Ihrem Partner oder Angehörigen, dass er nicht allein ist. Vielleicht hilft es Ihnen beiden, sich gelegentlich abzulenken, indem Sie spazieren gehen, Musik hören oder einem Hobby nachgehen. Das Allerwichtigste ist, dass Sie beide ins Gespräch kommen bzw. im Gespräch bleiben und nicht jeder für sich allein grübelt. Tipps dazu finden Sie im Kapitel „Miteinander ins Gespräch kommen“ ab S. 29.

Die nächsten Angehörigen informieren

Eine sehr wichtige Überlegung zum jetzigen Zeitpunkt ist: Wem sagen Sie was, wie viel und wann? Darauf Antworten zu finden, die Gedanken zu beruhigen und zu ordnen, ist eine große Herausforderung. Auch wenn wir mittlerweile im 21. Jahrhundert angekommen sind, ist eine Krebserkrankung – anders als Herzinfarkt, Bluthochdruck oder Diabetes – bedauerlicherweise häufig immer noch kein Thema, über das offen gesprochen wird. Sie werden aber sehen, dass es Ihrem Angehörigen und Ihnen hilft, die Sorgen zu teilen.

Darüber sprechen hilft!

Wenn Ihr Angehöriger es schafft, auszusprechen, dass er an Krebs erkrankt ist, wird er sich vielleicht weniger einsam fühlen. Die Krankheit zu verheimlichen, kann ihm das Gefühl geben, dass daran etwas falsch ist oder er sich schämen müsse. Er hat aber keine Schuld daran!

Sollte Ihr Angehöriger allerdings nicht darüber reden wollen oder können, müssen Sie das akzeptieren; nach einer Weile kann sich seine Einstellung dazu ändern. Informieren Sie niemanden über die Krankheit, ohne dass der Betroffene es weiß und damit einverstanden ist. Es hinter seinem Rücken zu tun, wäre ein Vertrauensbruch und würde seine Entscheidungsfreiheit angreifen.

Wen auch immer Ihr Angehöriger ins Vertrauen zieht: Es kann ihm sehr helfen, dass derjenige mit ihm fühlt und ihm – im optimalen Fall – signalisiert: „Ich bin für dich da, du kannst dich auf mich verlassen.“ Seien Sie jedoch nicht enttäuscht, wenn nicht alle so reagieren. Da jeder Mensch eine individuelle Einstellung zu Krankheit allgemein und ganz besonders seine ganz eigenen Erfahrungen und Erlebnisse mit Krebserkrankungen hat, ist es nicht vorhersehbar, wie diejenigen, mit denen der Betroffene und Sie sprechen, diese Nachricht verkraften. Das Spektrum kann von Mitleid und Anteilnahme über spontane Hilfsbereitschaft bis hin zu vollkommener Abwehr reichen. Stellen Sie sich beide darauf ein und seien Sie nicht verletzt oder enttäuscht, wenn ein Mensch, den Sie ins Vertrauen ziehen möchten, abwehrend reagiert. Manch einer wird vielleicht auch Zeit brauchen, um die Nachricht zu verkraften, und dann später von sich aus auf Sie zukommen.

Professionelle Hilfe nutzen.Die Angst bei der Diagnose Krebs kann erdrückend sein, die Panik ist vielleicht riesig. Nutzen Sie die Möglichkeit der psychosozialen Begleitung durch einen Psychoonkologen frühzeitig. Fragen Sie Ihren Arzt oder in der Klinik danach.

Zusammen stark bleiben

Nichts verdrängen und nichts überstürzen. Eine Krebsdiagnose ist oft kein medizinischer Notfall, bei dem die Behandlung sofort beginnen muss. Bis alle Befunde vorliegen und über eine Therapie entschieden werden kann, vergeht in der Regel ein gewisser Zeitraum. Das heißt: Ihr Angehöriger braucht notwendige Entscheidungen nicht Hals über Kopf innerhalb weniger Tage zu treffen. Er soll aber alternativ auch nicht den Kopf in den Sand stecken. Eine Krebserkrankung verschwindet nicht von allein wieder. Die sogenannten Spontanheilungen, bei denen dies der Fall ist, sind extrem selten und eine sehr große Ausnahme. Und ein Tumor, gegen den nicht vorgegangen wird, wächst weiter.

Doch wann ist der richtige Zeitpunkt, die Familie über die Erkrankung zu informieren? Eine allgemeingültige Antwort darauf gibt es nicht, es gibt auch keinen „richtigen“ oder „falschen“ Moment. Wenn Sie bereits von dem Verdacht auf Krebs wussten und in die nachfolgenden Untersuchungen Ihres Angehörigen eingebunden waren, können Sie gemeinsam überlegen, welche Familienmitglieder Sie einweihen möchten und wann. Nicht alle müssen zum jetzigen Zeitpunkt bereits informiert werden, manche, zu denen Ihr Angehöriger keine enge Beziehung hat, vielleicht auch später nicht.

Wichtig ist, dass sich Ihr Angehöriger mit der Auswahl derer, die aus dem Kreis der Eltern, Geschwister oder anderen Verwandten informiert werden, gut fühlt. Er sollte allerdings auch eins bedenken: Er wird sich durch die Krankheit verändern, innerlich und äußerlich. Familienmitglieder, die den Grund dafür nicht kennen, werden Vermutungen darüber anstellen, möglicherweise falsche Schlüsse ziehen, sich innerlich von ihm entfernen und sich zurückziehen.

Vielleicht ist unter diesen nicht informierten Verwandten aber jemand, der Ihnen Halt geben oder Sie später in praktischorganisatorischen Belangen im Alltag unterstützen könnte. Dann besprechen Sie mit Ihrem Angehörigen, ob er einverstanden ist, dass diese Person doch von seiner Krankheit erfährt. Sicher werden Sie zusammen zu einer Entscheidung finden, die beide mittragen können. Hüten Sie sich aber davor, einen Wunsch Ihres Angehörigen nicht zu respektieren und jemanden hinter seinem Rücken zu informieren.

Kinder brauchen Wahrheit

Eltern haben das Bedürfnis, ihre Kinder vor dem Bösen der Welt zu schützen. Leider ist das nicht immer machbar. Die Diagnose Krebs trifft die ganze Familie, und deshalb sollten das Kind oder die Kinder bald von der Erkrankung erfahren. Mehr noch als Erwachsene haben sie ein feines Gespür dafür, dass irgendetwas nicht in Ordnung ist. Es wird ihnen nicht entgehen, wenn die Eltern gereizt, traurig oder niedergeschlagen sind, wenn vielleicht Gespräche unterbrochen werden, sobald das Kind dazukommt. Dann ist die Gefahr groß, dass die Kinder die Ursache für dieses ungewohnte Verhalten bei sich selbst suchen, sich die Schuld geben und sich fragen, ob sie etwas falsch gemacht haben. Kinder haben eine blühende Fantasie, und was sie sich an Schreckensszenarien ausmalen, übertrifft meistens die Realität und belastet sie mehr als die Wahrheit.

Mit Beginn der Behandlung Ihres Angehörigen wird sich auch ein Teil der Alltags-routine ändern, und wenn Kinder nicht wissen, warum dies geschieht, macht es ihnen Angst. Beziehen Sie daher Ihre Kinder beizeiten ein und lassen Sie sie ein Teil Ihres familiären Netzwerks sein. Von dem offenen Umgang mit der Krankheit wird die ganze Familie profitieren.

Checkliste

Tipps für das erste Gespräch

Wenn der Betroffene und Sie entscheiden, andere Angehörige ins Vertrauen zu ziehen, könnten Ihnen diese Tipps helfen:

Führen Sie das Gespräch erst, wenn Sie sich bereit dazu fühlen.

Wählen Sie für das Gespräch einen Zeitpunkt aus, an dem genügend Zeit dafür ist.

Sorgen Sie für eine ruhige Atmosphäre ohne Störungen und Ablenkungen.

Fallen Sie nicht mit der Tür ins Haus, sondern wählen Sie einen behutsamen Einstieg.

Geben Sie eine Information nach der anderen, sodass Ihr Gesprächspartner sie nach und nach verarbeiten kann.

Wenn Ihnen ein persönliches Gespräch zu viel ist, telefonieren Sie stattdessen, schreiben Sie einen Brief oder eine E-Mail.

Ihr Angehöriger steht im Fokus!Er sollte nicht darüber grübeln, wie sich die Nachricht für seine Gegenüber am schonendsten „verpacken“ lässt und was er tun kann, um die Gesprächspartner emotional aufzufangen. Wichtig ist, dass er sich dabei sicher fühlt.

Sicher werden Sie das Gespräch mit den Kindern gemeinsam führen; es kann aber sinnvoll sein zu überlegen, ob Ihr Angehöriger selbst über seine Krankheit spricht oder ob lieber Sie es machen sollen. Das hängt zum Beispiel davon ab, wie gefasst Sie oder Ihr Angehöriger auftreten können. Was genau Sie Ihren Kindern sagen und wie, ist auch eine Frage des Alters der Kinder, denn je nach Alter nehmen sie Informationen unterschiedlich auf. Es gibt aber einige grundsätzliche Empfehlungen:

Informieren Sie Ihr Kind in Etappen, die Aufmerksamkeit von jüngeren Kindern ist begrenzt, und es muss Zeit haben, die Informationen zu verarbeiten.

Versuchen Sie, Ihrem Kind Ruhe und Sicherheit zu vermitteln.

Erklären Sie Ihrem Kind, dass es nicht schuld an der Krebserkrankung ist.

Nennen Sie die Krankheit beim Namen und sagen Sie deutlich, dass Krebs nicht ansteckend ist.

Erklären Sie in einfachen Worten und kurzen, klaren Sätzen. Sie können versuchen, das Gespräch mit Ihrem Angehörigen oder einer vertrauten Person vorher durchzuspielen.

Erklären Sie, was passieren wird, wenn Papa oder Mama zum Beispiel ins Krankenhaus muss. Was sich später ereignen oder ändern wird, ist für Ihr Kind im Augenblick noch nicht interessant.

Was immer Sie Ihrem Kind sagen: Es muss wahr sein. Machen Sie keine unrealistischen Versprechungen.

Schildern Sie, was sich im Alltag Ihres Kindes verändern wird. Wer wird es zum Beispiel aus dem Kindergarten holen, wenn die Mutter im Krankenhaus ist? Wer kommt mit zum Fußball? Wer kümmert sich um die Hausaufgaben?

Unterdrücken Sie Ihre Gefühle nicht, denn Ihr Kind soll erleben und sicher sein, dass es auch Gefühle zeigen darf. Es ist aber gut, wenn Sie bei dem Gespräch nicht völlig aufgelöst sind.

Wenn das erste Gespräch beendet ist, signalisieren Sie Ihrem Kind, dass es Sie immer alles fragen kann.

Jüngeren, aber durchaus auch älteren Kindern gibt körperliche Nähe Vertrauen und Sicherheit. Kuscheln und schmusen Sie mit Ihren Kindern, wenn alle das Bedürfnis danach haben.

Umgang mit den Kleinsten

Bei Säuglingen und Kleinkindern bis zu zwei Jahren müssen Sie bedenken, dass sich das Sprachverständnis erst entwickelt. Trotzdem werden diese Kinder zum Beispiel merken, wenn eine Bezugsperson nicht da ist oder wenn sie sich körperlich verändert, z. B. die Haare verliert. Es empfiehlt sich, zu erklären, was sich ändert und was bestehen bleibt (z. B. „Oma holt dich aus der Kita ab, aber Mama liest weiterhin die Gute-Nacht-Geschichte.“). Für sie ist es auch sehr wichtig, dass sie sich sicher fühlen. Dabei hilft besonders körperliche Nähe; so merken sie, dass eine vertraute Person für sie da ist. Nehmen Sie Ihr Kind öfter in den Arm oder schmusen Sie mit ihm beim Einschlafen.

Mit den Größeren offen sprechen

Mit Kindern im Kindergartenalter (bis zu etwa sechs Jahren) können Sie kurze Gespräche führen und dabei auch das Wort „Krebs“ verwenden. Diese Kinder haben schon Erfahrungen mit Krankheit gemacht, eigene oder auch in ihrem kindlichen Umfeld. Allerdings sind dies in der Regel ansteckende (Kinder-)Krankheiten; mit Krebs können sie nichts verbinden. Vermitteln Sie ihnen besonders, dass sie an der Erkrankung keine Schuld haben. Sie können sich bei Papa, Mama oder Opa nicht anstecken und weiterhin mit ihnen kuscheln.

Zusammen stark bleiben

Kinder brauchen Sicherheit. Kinder fühlen sich intuitiv durch die Krankheit von Papa oder Mama bedroht. Sie brauchen die Sicherheit, dass sie trotz der Krankheit weiterhin geborgen sind. Offene Gespräche geben ihnen die Gewissheit, dass sie Sorgen und Ängste weiterhin bei den Eltern äußern können.

Je älter die Kinder werden, desto mehr können Sie ihnen erklären. Im Alter zwischen sieben und zwölf Jahren verstehen sie klare Sachinformationen in kleineren Einheiten. Wichtig ist, dass sie das Gefühl haben, Fragen stellen zu dürfen, wenn sie etwas beschäftigt. Insbesondere zwei Fragen bewegen diese Schulkinder häufig: Dürfen sie in der Schule oder mit Freunden über die Krankheit reden? Und dürfen sie jetzt überhaupt noch ins Kino gehen, an der Klassenfahrt teilnehmen oder einfach Spaß mit Freunden haben? Beantworten Sie beide Fragen eindeutig mit Ja. Nicht selten können bei Kindern dieses Alters Probleme in der Schule auftreten; diese können das Sozialverhalten ebenso betreffen wie die schulischen Leistungen.

Wenn Lehrer wissen,dass ein enger Angehöriger an Krebs erkrankt ist, können sie Veränderungen bei dem Schüler besser einordnen. Informieren Sie die Lehrkräfte aber nicht ohne das Wissen Ihres Kindes! Bei Bedarf können schulische Hilfsangebote (z. B. Schulsozialarbeiter, Vertrauenslehrer) einbezogen werden.

Pubertierende Jugendliche befinden sich in einer ohnehin schwierigen Phase und sind sehr mit sich selbst beschäftigt. Erkrankt ein Elternteil an Krebs, fühlen sie sich oft in ihrer Abnabelung gebremst, vor allem wenn sie glauben, in dieser Situation Verantwortung für die Familie übernehmen zu müssen. Wenn Eltern Hilfe (z. B. im Haushalt) brauchen, ist es gut, dies möglichst konkret zu sagen. Man sollte darauf achten, dass den Jugendlichen dennoch genügend Freiräume für eigene Aktivitäten bleiben.

Der Körper im Allgemeinen und mit der Sexualität verbundene Körperteile im Besonderen haben für viele Jugendliche einen hohen Stellenwert, und deshalb ist die Angst davor, selbst krank zu werden, durchaus typisch. Das gilt verstärkt für Töchter von Frauen mit gynäkologischen Krebsarten, also Brust-, Gebärmutter- oder Eierstockkrebs. In diesem Fall kann es sinnvoll sein, der Tochter ein Beratungsgespräch bei einem Frauenarzt vorzuschlagen.

Die Gespräche mit jungen Leuten können schwierig sein; überlegen Sie deshalb ruhig, ob vielleicht andere Personen, zu denen die Jugendlichen Vertrauen haben, besser dafür geeignet sein könnten.

Beobachten Sie Ihre Kinder

Auch die einfühlsamsten Gespräche können bei Kindern heftige Reaktionen auslösen. Altersabhängig kann das Spektrum von Angst vor Dunkelheit über Albträume, Konzentrationsund Essstörungen, Aggressivität bis hin zu völligem Rückzug reichen; das Verhalten kann sich auch erst im Laufe der Zeit ändern. Die Belastung Ihres Kindes kann sich ebenso in körperlichen Symptomen äußern, zum Beispiel in Bauchweh. Wenn Sie sich Sorgen machen und den Eindruck haben, dass Sie allein nicht mehr weiterkommen, nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch, zum Beispiel bei einer Krebsberatungsstelle oder bei einem Psychoonkologen.

Eine ausgeprägt schwierige Situation kann sich ergeben, wenn ein alleinerziehender Elternteil an Krebs erkrankt oder wenn Eltern und Kinder in einer Patchworkfamilie zusammenleben. Je nach Schwere der Erkrankung müssen in diesem Fall gegebenenfalls der andere Elternteil oder weitere Angehörige eingebunden werden, damit das Kind keine Angst hat, plötzlich allein zu sein. Diesen Kindern muss man besonders viel Sicherheit vermitteln.

Freunde und Arbeitskollegen einbeziehen?

Zu dem Netzwerk, das Sie begleiten wird, können auch Ihre Freunde gehören. Diese sind manchmal emotional weniger belastet als die engsten Angehörigen, was von Vorteil sein kann.

Auch bei Ihren Freunden können Sie nicht vorhersehen, wie der Einzelne auf die Krebsdiagnose Ihres Angehörigen reagiert. Vielleicht ist sogar der beste Freund Ihres Angehörigen zunächst so schockiert, dass er gar nicht weiter mit ihm über seine Erkrankung reden möchte – dann geben Sie ihm Zeit, sich mit der Nachricht auseinanderzusetzen, und machen Sie ein Gesprächsangebot, sobald er so weit ist.

Freunde und Bekannte können im Umgang mit dem Kranken durchaus „normaler“ als die enge Familie sein. Da sie mit ihm nicht so eng zusammenleben, ist die Krebserkrankung nicht zwangsläufig ein ständiges Gesprächsthema. Sie können Ihren Angehörigen auf diese Weise vielleicht leichter ablenken und aus der „Dauerschleife“ der Diagnose und ihren Folgen herausholen. Und manchmal können einfache Gesten viel bewirken: Kleine Aufmerksamkeiten und kurze Nachrichten zeigen dem Erkrankten, dass man an ihn denkt.

Auf die Frage, ob Ihr Angehöriger Arbeitskollegen und Vorgesetzte ins Vertrauen ziehen möchte, gibt es keine allgemeingültige Antwort. Diese Entscheidung hängt maßgeblich davon ab, wie eng sein Vertrauen zu den Kollegen ist. Bei einem eher freundschaftlichen Verhältnis kann es sinnvoll sein zu erklären, warum er häufiger fehlen wird oder länger krankgeschrieben ist. Fühlt er sich allerdings nicht wohl bei dem Gedanken, dass seine Kollegen von der Krebserkrankung wissen, dann kann er darauf verzichten, sie einzuweihen.

Muss man den Arbeitgeber informieren?Nein, der Arbeitgeber hat kein Recht darauf, die Diagnose zu erfahren. Es ist jedoch sinnvoll, dass Ihr Angehöriger sich in größeren Abständen bei seinem Arbeitgeber meldet, ihn wissen lässt, dass er grundsätzlich zurückkehren möchte, und ihm, wenn möglich, eine zeitliche Perspektive gibt.

Klärende Gespräche mit den Ärzten

Ihr Angehöriger wird in den kommenden Wochen und Monaten viele Arzttermine haben: mit verschiedenen Fachärzten, die ihn während Diagnostik, Behandlung, nach der Primärtherapie sowie während der Rehabilitation und der Nachsorge begleiten. Nicht jeder wird sein Fachwissen allgemein verständlich vermitteln können, sondern sich in seinem gewohnten Fachjargon ausdrücken. Sie und ihr Angehöriger sehen sich damit einer „Fremdsprache“ gegenüber, die Ihnen die Orientierung zusätzlich erschweren kann.

Zusammen stark bleiben

Wie Freunde reagieren können. Wenn Freunde und Bekannte nicht genau wissen, was sie sagen sollen, ist es völlig in Ordnung, wenn sie das genau so formulieren. Der kranke Mensch wird Verständnis dafür haben. Fragen Sie den Betroffenen stattdessen: „Was kann ich tun?“ oder „Was würde dir jetzt helfen oder gut tun?“. So kann er selbst entscheiden, ob er Hilfe möchte oder eben auch nicht.

Es ist aber wichtig, dass Sie und Ihr Angehöriger verstehen, was die Ärzte sagen. Bleiben Sie deshalb beharrlich und fragen Sie nach, welche Behandlungen wann und warum vorgesehen sind. Hinweise, was genau Sie und Ihr Angehöriger fragen können, finden Sie in der Checkliste auf S. 27.

Den Arztbesuch begleiten

Damit Sie Ihren Angehörigen von Anfang an gut unterstützen können, begleiten Sie ihn zu den Arztterminen, wenn er dies wünscht. Denken Sie vorher gemeinsam darüber nach, welche Fragen Sie haben, und machen Sie sich Notizen. Zu zweit fällt es leichter, an wichtige Dinge zu denken und Erklärungen des Arztes zu behalten. Selbstverständlich können Sie seine Antworten mitschreiben, damit Sie seine Informationen später nachlesen können.

Ärzte sind verpflichtet, ihren Patienten umfassend aufzuklären, damit dieser über seine Behandlung mitentscheiden kann. Eine solche Aufklärung benötigt Zeit – wenn Ihr Angehöriger meint, dass das Gespräch mit seinem Arzt zu kurz war und Fragen offen geblieben sind, soll er weitere Termine mit ihm vereinbaren.

Die ersten Schritte auf einem unbekannten Weg

Ihr Angehöriger und Sie werden sich einer weitgehend fremden Medizinwelt gegenübersehen. Versuchen Sie, sich möglichst gut darauf vorzubereiten.

Je mehr Sie über die Krankheit Ihres Angehörigen und darüber, wie es weitergehen wird, in Erfahrung bringen können, desto eher werden Sie wieder anfangen, Boden unter die Füße zu bekommen. Versuchen Sie so gut wie möglich dafür zu sorgen, dass in das Leben Ihrer Familie eine gewisse Ruhe einkehrt und Sie in der Zeit zwischen Diagnose und Therapiebeginn Informationen sammeln können (siehe ab S. 12). Wissen gibt Sicherheit – und dazu gehören zum Beispiel genauere Kenntnisse über die Krebserkrankung Ihres Angehörigen und die geplante Behandlung, gegebenenfalls eine zweite ärztliche Meinung (siehe S. 25) und die Entscheidung, wo Ihr Angehöriger sich behandeln lassen möchte.

Die Befunde verstehen

Diagnostische Verfahren wie zum Beispiel bildgebende Verfahren und Biopsien mit nachfolgenden feingeweblichen Untersuchungen dienen dazu, eine Krebsdiagnose zu stellen und zu bestimmen, in welchem Stadium sich die Erkrankung befindet. Die Ergebnisse dieses sogenannten Stagings werden in international einheitlichen Klassifikationen ausgedrückt, die auf Statistiken basieren und Aussagen darüber erlauben, wie sich der Tumor vermutlich verhalten wird. Sie sind hilfreich bei der Behandlungsplanung und lassen Rückschlüsse auf die Prognose der Erkrankung zu.

In Arztbriefen, Laborberichten und Befunden bildgebender Verfahren werden Ihnen viele Fachbegriffe begegnen. Der Arzt Ihres Angehörigen kann und soll ihm und auch Ihnen erklären, was damit gemeint ist.

Bei den meisten Krebsarten wird die Erkrankung mit der TNM-Klassifikation eingestuft. Diese Tumore werden auch als solide Tumore bezeichnet, da sie von einem Organ oder Gewebe ausgehend zunächst örtlich begrenzt wachsen.

Außer der TNM-Klassifikation gibt es ergänzende bzw. andere Klassifikationen wie FIGO für Tumoren der weiblichen Geschlechtsorgane, Ann-Arbor für Lymphome oder die UICC-Stadieneinteilung für Darmkrebs oder Hodenkrebs. Genaueres hierzu wird Ihnen und Ihrem Angehörigen der zuständige (Fach-)Arzt erläutern.

TNM-Klassifikation

Bei der TNM-Klassifikation beschreibt T die Ausdehnung des Primärtumors, N den Befall regionärer Lymphknoten und M das Vorhandensein von Absiedlungen in anderen Geweben, den sogenannten Fernmetastasen. Die Buchstaben werden miteinander kombiniert und mit kleinen Zahlen ergänzt: je größer die Zahl, desto weiter ist die Erkrankung fortgeschritten.

Weitere kleine Buchstaben bezeichnen zum Beispiel, ob die Ergebnisse anhand der klinischen Untersuchung ermittelt wurden (c), aus einem Operationsbefund stammen (p) oder ob es sich um einen Rückfall (Rezidiv) handelt (r).

Beim sogenannten Grading vergleicht der Pathologe, wie ähnlich die Tumorzellen, die bei einer Biopsie entnommen wurden, den normalen Zellen sind. Je ähnlicher sie sich sind – der Fachmann spricht von „gut differenziert“ –, desto weniger bösartig ist der Tumor, je mehr sie sich unterscheiden, desto aggressiver ist er im Allgemeinen:

G1 – gut differenziert (weniger bösartig)

G2 – mäßig differenziert

G3 – schlecht differenziert

G4 – nicht differenziert (sehr bösartig)

Kann das Internet weiterhelfen?

Eine Krebsdiagnose wirft unzählige Fragen auf. Bei der Suche nach Gesundheitsinformationen recherchieren etwa 96 Prozent der Deutschen im Internet. Erkrankte, Angehörige und Freunde werden dabei schnell feststellen, dass es scheinbar unendlich viele Seiten mit Gesundheitsinformationen gibt. Zwar kann Wissen dazu beitragen, Ängste abzubauen, aber bei einer solchen Fülle an Informationen verwundert es nicht, dass etwa zwei Drittel der suchenden Menschen Probleme haben, die Qualität und Zuverlässigkeit der Ergebnisse einzuordnen. Vermutlich haben Sie auch schon vor den Fragen gestanden: Wie sind die von mir besuchten Internetseiten zu bewerten? Kann ich mich auf die Informationen verlassen? Sind sie seriös?

Zwei Gütesiegel können Ihnen hierbei erste Anhaltspunkte geben: das Zertifikat des Aktionsforums Gesundheitsinformationssystem (afgis) e. V. und das HONcode-Zertifikat. Die Betreiber von Internetseiten mit diesen Gütesiegeln folgen bestimmten Qualitätskriterien. Wenn eine Website seriös ist und zuverlässige Informationen vermittelt, finden Sie auf der Seite Antworten auf die folgenden Fragen:

Wer betreibt die Seite? Das Impressum gibt darüber Auskunft, ob es sich zum Beispiel um eine Privatperson, ein Unternehmen, eine medizinische Fachgesellschaft oder eine gemeinnützige Organisation handelt.

Welches Ziel verfolgt die Seite und für wen ist sie gedacht?

Wer sind die Autoren, welche Qualifikationen haben sie?

Welche Quellen wurden für die Informationen verwendet? Handelt es sich um wissenschaftliche Quellen oder um persönliche Erfahrungen? Wie alt sind die wissenschaftlichen Quellen?

Wie wird die Qualität der Informationen sichergestellt? Werden sie regelmäßig aktualisiert? Werden die Inhalte von unabhängigen Experten geprüft?

Finden Sie Post-, E-Mail-Adressen, Telefonnummern oder ein Kontaktformular für den Fall, dass Sie Fragen oder Anregungen haben?

Finden Sie Informationen zum Schutz Ihrer Daten?

Wer finanziert die Internetseite? Werden mögliche Sponsoren oder Kooperationen offengelegt?

Wenn die Seite Werbung enthält: Hebt diese sich deutlich erkennbar von den redaktionellen Inhalten ab?

Seiten, die explizit für medizinische Laien vorgesehen sind, sollten darüber hinaus immer darauf hinweisen, dass die angebotenen Informationen nicht das Gespräch mit dem Arzt ersetzen.

Vorsicht ist geboten bei Foren und Blogs, die von – häufig selbst betroffenen – Privatpersonen betrieben werden. Solche persönlichen Erfahrungsberichte können durchaus wertvoll und interessant sein, aber dort wiedergegebene medizinische Informationen sind möglicherweise nicht wissenschaftlich abgesichert. Zudem besteht die Gefahr, dass solche Foren von unseriösen Geschäftemachern genutzt werden.

Die richtige Klinik finden

Der Haus- oder Facharzt Ihres Angehörigen hat ihn vermutlich bereits für die weiterführenden Untersuchungen zur endgültigen Diagnosestellung an Spezialisten überwiesen. Für die Behandlung der Krebserkrankung wird Ihr Angehöriger nun ein geeignetes Krankenhaus finden müssen – am besten mit angeschlossener Ambulanz – oder einen niedergelassenen Facharzt, der sich in der Onkologie spezialisiert hat. In Deutschland hat er dabei in der Regel die freie Wahl von Ärzten und Kliniken.

Sicher werden ihm seine behandelnden Ärzte Empfehlungen geben können; dennoch ist es sinnvoll, dass er sich ein eigenes Urteil über die zur Wahl stehenden Krankenhäuser bildet. Dabei mag die räumliche Nähe zu Ihrem Wohnort zwar durchaus ein Argument sein; für eine hochqualifizierte Behandlung, für die Lebensqualität und Prognose des Patienten sind aber zusätzliche Aspekte außerordentlich bedeutsam, die Sie berücksichtigen sollten.

Kosten bei freier Klinikwahl