Die 4 im Schatten: Der Koffer auf Gleis 17 - Leonie Breitner - E-Book

Die 4 im Schatten: Der Koffer auf Gleis 17 E-Book

Leonie Breitner

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Beschreibung

Die 4 im Schatten: Der Koffer auf Gleis 17 Vier Jugendliche entdecken in einem verlassenen Bahnhof einen mysteriösen Koffer – und stoßen auf das verschwundene Mädchen Jana W., offiziell seit 1995 spurlos nach Kanada ausgewandert. Doch je tiefer sie graben, desto deutlicher wird: Hier wurde etwas vertuscht. Ein Netz aus Schweigen, Angst und Lügen zieht sich durch die Vergangenheit ihrer Schule. Was sie aufdecken, verändert nicht nur ihre Stadt – sondern auch sie selbst. Ein fesselndes Jugend-Mystery über Mut, Wahrheit und das Recht, gehört zu werden.

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Veröffentlichungsjahr: 2025

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Titel:Die 4 im Schatten:

Der Koffer auf Gleis 17

Autor:Leonie Breitner

Biografie:

Leonie Breitner, 1991 geboren und aufgewachsen in Deutschland, hat schon früh ihre Leidenschaft für Geschichten und Charaktere entdeckt. Als begeisterteGeschichtenerzählerin

verbindet sie in ihren Büchern spannendePlotsmitden Herausforderungen des Alltags. Ihre Geschichten handeln von Freundschaft, Geheimnissen und den Abenteuern, die das Leben bereithält.

Mit ihrem Gespür für lebendige Dialoge und authentische Emotionen spricht Leonie Breitner besonders junge Leserinnen und Leser an.

Wenn sie nicht schreibt, verbringt sie ihre Zeit am liebsten in der Natur oder auf der Suche nach Inspirationen in ihrer neuen Umgebung.

Kapitel 1 – Der Fund „Kann mir mal jemand sagen, warum ich an einem Samstagmorgen in einem stinkenden, taubenscheißverseuchten Bahnhofskeller stehe, während andere Leute in meinem Alter gerade aufwachen und frühstücken?“ Max’ Stimme hallte zwischen den feuchten Wänden wider. Seine Stirn war schweißnass, obwohl er sich kaum bewegte. Er lehnte mit verschränkten Armen gegen eine grünlich verfärbte Wand, auf der irgendjemand mit Edding ein Herz und das Wort „LOVR“ gekritzelt hatte.

„Weil du’s versprochen hast. Und weil Herr Brunner mit deiner Versetzung gedroht hat, wenn du bei der Stadtaktion nicht mitmachst“, antwortete Sophie trocken. Sie balancierte einen Eimer mit weißer Farbe in der einen Hand und hielt in der anderen einen abgewetzten Pinsel, dessen Borsten aussahen wie Omas alter Spülbesen.

„Und weil du uns sonst ewig genervt hättest, dass du ’ne fette Entschuldigung brauchst, falls du durch Mathe rasselst“, fügte Emma hinzu, ohne aufzusehen. Sie stand auf einem wackeligen Hocker und übermalte ein Graffiti, das eindeutig keine künstlerische Absicht hatte. „Außerdem hat die Stadt versprochen, dass es Pizza gibt. Später.“

„Pizza.“ Max schnaubte. „Für einen Vormittag im Hades. Großartig.“

Lukas, der bisher geschwiegen hatte, hockte ein paar Meter entfernt vor einer rostigen Eisentür, die halb von einem kaputten Werbeplakat für ein Zirkusfestival verdeckt war. „Hier hinten zieht’s“, murmelte er. „Und schaut euch mal das Schloss an. Das ist nicht von hier. Irgendwas stimmt damit nicht.“

„Nicht schon wieder einer deiner Spürsinn-Momente“, sagte Max, aber seine Stimme war nicht mehr ganz so sarkastisch. Wenn Lukas so klang, hatte er oft recht. Und das bedeutete meistens: Ärger.

Sophie trat neben ihn. „Das Schloss ist echt alt. Vielleicht ein alter Lagerraum? Oder ein Anschlusskeller?“

Lukas klopfte gegen das Metall. Dumpf. Schwer. „Hier war lange niemand mehr drin.“

Emma stieg vorsichtig vom Hocker, trat zu den anderen und kniff die Augen zusammen. Der Raum, in dem sie arbeiteten, war einer der untersten Wartungsräume des Bahnhofs Eichenfeld. Stillgelegt seit über zehn Jahren. Sie sollten eigentlich nur Müll einsammeln und Wände streichen. Keine verborgenen Türen untersuchen.

„Da hängt was“, murmelte sie. „Ein Etikett?“ Sie zog an einer halbverfaulten Lederschlaufe und förderte ein verstaubtes Metallschild zutage: Gleis 17 – Technikraum.

„Gleis 17 gibt’s doch gar nicht mehr“, sagte Sophie leise. „Das war mal ein Wartungsgleis, oder? Vor zwanzig Jahren oder so?“

„Wurde nach dem Umbau stillgelegt“, ergänzte Lukas. „Kein Zugang mehr. Wurde nie offiziell rückgebaut.“

Max trat einen Schritt näher. „Na dann, Detektive – wie kriegen wir das Ding auf?“

Lukas zog seinen Werkzeugkasten aus dem Rucksack. Niemand fragte, warum er den dabei hatte. Es war einfach Lukas. Nach drei Minuten konzentrierter Arbeit klickte das Schloss, als hätte es sich nur gelangweilt.

Die Tür ächzte beim Öffnen, als würde sie sich sträuben. Kalte Luft schlug ihnen entgegen. Und der Geruch – eine Mischung aus Staub, altem Metall und einem Hauch von… etwas anderem. Etwas, das keiner so richtig einordnen konnte.

„Riecht wie ein Dachboden, auf dem jemand gestorben ist“, murmelte Max.

„Charmant“, sagte Emma. Sie zückte ihr Handy und schaltete die Taschenlampe ein. Der Strahl glitt über rostige Regale, leere Farbeimer, zerfallene Kartons – und dann, ganz hinten in der Ecke, auf einen Gegenstand, der nicht verrostet war. Sondern aus robustem, fast elegantem Leder bestand.

Ein Koffer.

Er war mit zwei Riemen verschnürt, mit abgewetzten Ecken, aber insgesamt erstaunlich gut erhalten.

„Wieso steht hier ein Koffer?“ flüsterte Sophie.

„Vielleicht vergessen“, sagte Max. „Von wem auch immer das hier mal war.“

„Vergessen? In einem abgesperrten Raum unter einem stillgelegten Gleis? Klar. Vielleicht hat auch jemand versehentlich seine Urlaubsunterlagen in einem Bunker abgestellt“, konterte Lukas.

Emma trat näher. „Da ist ein Namensschild dran.“ Sie wischte vorsichtig über das kleine, messingfarbene Schild an der Seite. Die Gravur war schwach, aber noch lesbar: J. W. – 1995.

„1995…“, wiederholte Sophie. „Das ist fast dreißig Jahre her.“

„Könnte jemand aus unserer Stadt sein. Wollen wir reinschauen?“ fragte Max und trat schon näher.

„Könnte auch jemandem gehören, der… nicht möchte, dass wir reinschauen“, warf Lukas ein. Doch keiner zog sich zurück.

Max beugte sich vor, zog an den Lederriemen – überraschend leicht. Die Schnallen klickten auf, der Deckel ließ sich öffnen.

Der Geruch von altem Papier, Staub und etwas muffig Süßlichem stieg auf. Emma hielt die Lampe direkt hinein. Die ersten sichtbaren Dinge waren ein alter Schulrucksack mit einem zerschlissenen „Take That“-Aufnäher, ein Notizbuch mit lila Gummiband, ein T-Shirt mit der Aufschrift "Life's a Beach", eine Kassette, ein zerknittertes Kinoticket von 1995 – und ganz unten: ein kleines Fotoalbum.

Sophie nahm das Notizbuch. „Das ist ein Tagebuch.“ Ihre Stimme war fast ehrfürchtig. „Der erste Eintrag ist vom… 17. Januar 1995. ‚Heute hat Herr M. mir wieder diese Fragen gestellt. Ich mag das nicht. Aber ich kann’s niemandem sagen. Nur S. weiß Bescheid.‘“

Die anderen schwiegen.

„Wer ist S.? Und wer ist Herr M.?“ fragte Max schließlich.

Emma blätterte im Fotoalbum. „Hier… ein Foto von einem Mädchen. Vielleicht 13 oder 14. Schulterlange braune Haare. Die Augen sehen irgendwie… traurig aus.“

„Steht da ein Name?“ fragte Lukas.

„Nur eine Unterschrift unter dem Bild: ‚Für später. Jana.‘“

„Jana W.“, murmelte Sophie. „Das ist sie. Die Besitzerin.“

Lukas nickte langsam. „Und das ist nicht einfach nur ein alter Koffer. Das ist eine Zeitkapsel. Eine Geschichte, die jemand verstecken wollte.“

Max war plötzlich still geworden. Er starrte auf die Kassette. „Warum sollte jemand so etwas hier unten verstecken? Und dann nie zurückkommen?“

Keiner antwortete. Die Frage hing in der Luft, schwer wie Blei.

Emma schloss langsam den Kofferdeckel. „Wir nehmen ihn mit. Aber nicht zur Polizei. Noch nicht.“

„Was dann?“ fragte Lukas.

„Wir finden raus, wer Jana war. Und warum sie diesen Koffer auf Gleis 17 versteckt hat.“

Kapitel 2 – Der Inhalt

„Mach’s vorsichtig, Max! Die ist fast so alt wie dein Dad.“ Emma kniete auf dem Boden von Lukas’ Schuppen und hielt die Kassette zwischen zwei Fingern, als wäre sie ein antiker Schatz. Die Kassette war durchsichtig, mit grauen Spulen, leicht vergilbt, auf dem Etikett stand in krakeliger Handschrift: „NICHT ANHÖREN!!“ – drei dicke Ausrufezeichen. Darunter die Initialen: J. W.

Max zuckte mit den Schultern. „Wenn da steht, man soll’s nicht anhören, dann ist das ja fast schon eine Einladung.“

„Oder eine Warnung“, warf Lukas ein, der in der Ecke saß und auf seinem Tablet versuchte, das Datum des Kinotickets aus dem Koffer einer bestimmten Vorstellung zuzuordnen. „Vielleicht wollte sie wirklich nicht, dass das jemand hört. Vielleicht ist das etwas richtig Persönliches.“

„Oder sie wollte nur Drama erzeugen“, sagte Sophie, die gerade das Tagebuch durchblätterte und dabei jede Seite mit dem Handy abfotografierte. „Schaut mal – manche Passagen sind durchgestrichen, aber noch lesbar, wenn man schräg draufguckt. Sie schreibt von jemandem namens ‚S.‘ und erwähnt immer wieder ‚die Sitzungen‘. Und dann dieser Satz hier: ‚Ich hab’s aufgenommen. Ich musste. Sonst glaubt mir keiner.‘“

„Also doch kein Mixtape“, murmelte Max und nahm Emma die Kassette vorsichtig ab. „Dann hören wir rein. Vielleicht ist es wichtig.“

„Wir sollten das nicht über Kopfhörer machen“, sagte Lukas. „Wenn jemand durchdreht oder da ein Geräusch kommt… ihr wisst schon… irgendwas Komisches… dann hören’s alle.“

„Was glaubst du, was da drauf ist? Dämonenstimmen?“ Max lachte trocken, steckte die Kassette in das alte, graubraune Kofferradio und drückte „Play“.

Ein kurzes Rattern. Leises Rauschen. Dann: Stille.

Dann plötzlich: eine Mädchenstimme.

„Heute ist Freitag. Ich war wieder bei Herrn M. Ich wollte nicht… aber Mama hat gesagt, ich soll. Dass ich sonst wieder eingewiesen werde. Ich will da nicht mehr hin.“ Die Stimme war jung, verunsichert, brüchig. „Er hat gesagt, ich soll ihm vertrauen. Dass ich Dinge sehe, die andere nicht sehen. Aber ich sehe nichts. Nur seine Hände. Und wie er mich immer anschaut.“

Stille.

Dann ein Stöhnen. Kein angenehmes. Eher erschöpft, verbittert.

„S. sagt, ich soll aufhören, da hinzugehen. Aber was dann? Wo soll ich hin? Ich habe niemanden. Wenn ich nicht mehr da bin, wird’s auch niemandem auffallen. Deshalb… mach ich das hier.“

Ein Rauschen. Dann das Geräusch, wie ein Stuhl verrückt wird. Schritte.

Dann… ein lautes Pochen. Dreimal. Wie ein Faustschlag auf Holz.

Das Band stoppte abrupt.

Emma hatte die Arme vor der Brust verschränkt, als wolle sie sich selbst festhalten. Sophie starrte mit weit aufgerissenen Augen auf das Kofferradio. Max schluckte hörbar. Nur Lukas bewegte sich, sprang auf und spulte das Band zurück.

„Warte!“, rief Emma. „Was machst du?“

„Ich will das Pochen nochmal hören“, sagte Lukas leise. „Ich glaub… ich kenn das Geräusch.“

Max schnaubte. „Klar. Wie oft hört man drei düstere Schläge mitten in einer Tonbandaufnahme aus den Neunzigern?“

Aber Lukas schüttelte den Kopf. „Nicht die Schläge. Den Raum. Da hallt was. Das ist… wie der Keller im Bahnhof. Hör genau hin.“

Er spulte das Band zurück, diesmal exakt bis zum Moment nach der Stimme. Play.

Das Pochen.

„Er hat recht“, flüsterte Sophie. „Das ist derselbe Raum. Die Akustik… ich erinnere mich.“

„Sie hat das in dem Technikraum aufgenommen“, sagte Lukas.

„Vielleicht hat sie da gelebt? Sich versteckt?“ überlegte Emma laut.

„Oder sie wurde… festgehalten“, sagte Max leise.

Stille.

Sophie nahm das Tagebuch wieder in die Hand. „Hier steht was über ‚die untere Tür‘. Sie schreibt: ‚Wenn ich den Schlüssel finde, kann ich da durch. Aber ich glaub, er hat ihn versteckt. Vielleicht in der Werkbank?‘“

„Werkbank?“, wiederholte Lukas. „In dem Raum war keine Werkbank.“

„Nicht mehr“, sagte Max. „Vielleicht wurde sie rausgeräumt. Oder in einem anderen Raum.“

„Da war doch diese zugemauerte Nische“, erinnerte sich Emma. „Vielleicht war dort früher noch was. Oder es gibt noch mehr Räume, die wir nicht gesehen haben.“

Lukas stand schon auf, schulterte seinen Rucksack. „Dann müssen wir nochmal hin. Heute Abend.“

„Was? Wieder dahin? Es war schon gruselig genug beim ersten Mal“, sagte Sophie.

„Dann nimm Max an die Hand“, grinste Emma, „dann ist es nur noch halb so schlimm.“

Max knuffte sie in die Seite. „Hauptsache, du läufst nicht wieder vor Angst in eine Spinnwebe und kreischst wie eine Sirene.“

„Das war eine Fledermaus, du Spaten!“

Trotz der düsteren Entdeckung lag ein schwacher Anflug von Lachen in der Luft. Es war ihre Art, mit der Spannung umzugehen.

Doch als sie am Abend erneut in den Keller des Bahnhofs stiegen, das Schloss diesmal offen, der Raum still und leer, wurde es wieder totenstill. Die Taschenlampen warfen flackernde Kegel auf bröckelnde Wände und rostige Rohre.

„Da“, flüsterte Lukas. „Die Stelle hinter dem Regal.“