Die Amato-Schwestern: Die Fäden des Schicksals - Jo Kommer - E-Book
SONDERANGEBOT

Die Amato-Schwestern: Die Fäden des Schicksals E-Book

Jo Kommer

0,0
4,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 4,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Santiago de Chile, 1970er-Jahre: Amelia Amato wächst als älteste Tochter eines italienischen Einwanderers und einer Chilenin behütet in einer wohlhabenden Familie auf. Ihr Vater Giuseppe besitzt eine erfolgreiche Strumpffabrik, die Familie genießt Wohlstand und Ansehen. Doch Amelia lehnt sich gegen die Privilegien ihrer Familie auf. Sie studiert und beginnt, sich für die Rechte der armen Bauern und Landarbeiterinnen einzusetzen. Als sie Ignacio Castillo, den Sohn eines Großgrundbesitzers, kennenlernt, verändert sich ihr Leben ... Doch am Horizont ziehen Gewitterwolken auf: Der Militärputsch in Chile bringt die Strumpffabrik, die Existenz der Amatos und Amelia selbst in große Gefahr.

Der erste Band der dramatischen Trilogie um das turbulente Leben der Familie Amato und ihre Strumpffabrik.

eBooks von beHEARTBEAT - Herzklopfen garantiert.



Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 362

Veröffentlichungsjahr: 2024

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber dieses BuchTitelWidmungVorbemerkungPrologKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Kapitel 26Kapitel 27Kapitel 28Kapitel 29Kapitel 30Kapitel 31Kapitel 32Kapitel 33Kapitel 34Kapitel 35Kapitel 36Kapitel 37Kapitel 38Kapitel 39Kapitel 40Kapitel 41Kapitel 42Kapitel 43Kapitel 44Kapitel 45Kapitel 46Kapitel 47Kapitel 48Kapitel 49Kapitel 50Kapitel 51Kapitel 52Kapitel 53Kapitel 54EpilogDanksagungÜber die AutorinImpressum

Liebe Leserin, lieber Leser,

herzlichen Dank, dass du dich für ein Buch von beHEARTBEAT entschieden hast. Die Bücher in unserem Programm haben wir mit viel Liebe ausgewählt und mit Leidenschaft lektoriert. Denn wir möchten, dass du bei jedem beHEARTBEAT-Buch dieses unbeschreibliche Herzklopfen verspürst.

Wir freuen uns, wenn du Teil der beHEARTBEAT-Community werden möchtest und deine Liebe fürs Lesen mit uns und anderen Leserinnen und Lesern teilst. Du findest uns unter be-heartbeat.de oder auf Instagram und Facebook.

Du möchtest nie wieder neue Bücher aus unserem Programm, Gewinnspiele und Preis-Aktionen verpassen? Dann melde dich für unseren kostenlosen Newsletter an: be-heartbeat.de/newsletter

Viel Freude beim Lesen und Verlieben!

Dein beHEARTBEAT-Team

Melde dich hier für unseren Newsletter an:

Über dieses Buch

Santiago de Chile, 1970er Jahre: Amelia Amato wächst als älteste Tochter eines italienischen Einwanderers und einer Chilenin behütet in einer wohlhabenden Familie auf. Ihr Vater Giuseppe besitzt eine erfolgreiche Strumpffabrik, die Familie genießt Wohlstand und Ansehen. Doch Amelia lehnt sich gegen die Privilegien ihrer Familie auf. Sie studiert und beginnt, sich für die Rechte der armen Bauern und Landarbeiterinnen einzusetzen. Als sie Ignacio Castillo, den Sohn eines Großgrundbesitzers, kennen lernt, verändert sich ihr Leben … Doch am Horizont ziehen Gewitterwolken auf: Der Militärputsch in Chile bringt die Strumpffabrik, die Existenz der Amatos und Amelia selbst in große Gefahr.

Für alle Frauen,die nicht die Anerkennung bekommenoder bekommen haben,die sie verdienen

Vorbemerkung

Diese Geschichte basiert auf einer wahren Begebenheit beziehungsweise wurde davon inspiriert. Namen von Menschen, die gelebt haben, sind geändert, bis auf die prominenter Persönlichkeiten, die bereits verstorben sind:

Augusto Pinochet (1915–2006), chilenischer General und von 1973 bis 1990 Diktator ChilesSalvador Allende (1908–1973), chilenischer Arzt und Politiker. Von 1970 bis 1973 Präsident von ChileFidel Castro (1926/1927–2016), kubanischer Revolutionär, kommunistischer Politiker, marxistischer Theoretiker und 1976 bis 2008 Staatspräsident Kubas

Trotz des zeitgeschichtlichen Hintergrunds und der wahren Begebenheiten handelt es sich bei diesem Roman um Fiktion.

Prolog

Santiago de Chile, Strumpffabrik Amato, April 1962

Giuseppe Amato zündete sich eine Zigarre an. Das tat er immer, wenn der Arbeitstag langsam zu Ende ging und er sich auf seinen letzten Rundgang durch die Fabrik machte. Er klemmte die Zigarre zwischen die Zähne, zog seine Anzugjacke glatt und richtete sich die Fliege. Dann nahm er einen Zug des aromatischen Tabaks und stieß einen feinen Ring aus, der langsam in das Büro hineinschwebte und immer größer wurde, bis er mit dem dunkelbraunen Holz der mächtigen Einbauschränke verschmolz.

Er drehte den Kopf zur Seite und warf einen kurzen prüfenden Blick durch die große Glasscheibe, die die Sicht auf die Produktionshalle freigab. Alles schien reibungslos zu laufen. Sicher konnte er sich aber erst sein, wenn er persönlich mit den Arbeiterinnen gesprochen und sich aus nächster Nähe ein Bild gemacht hatte.

Forschen Schrittes ging er zur Tür und öffnete sie. Sofort drang das Rattern der Maschinen an seine Ohren, das für ihn wie Musik klang.

»Don Giuseppe!« Juan schnellte in dem Moment herum, als er aus dem Augenwinkel sah, wie sein Chef in die Halle trat, und eilte zu ihm.

»Juan«, erwiderte Giuseppe und nickte seinem Assistenten wohlwollend zu.

»Es läuft alles wie vorgesehen. Wir haben das Tagessoll bereits erreicht und können schon für morgen vorproduzieren. Es gab keine Zwischenfälle, und die Arbeitsmoral ist gut.«

Giuseppe hob die Augenbrauen.

»Sie ist sehr gut. Die Arbeiterinnen sind zufrieden.« Juan nickte mehrmals, um seine Aussage zu unterstreichen.

»Wunderbar«, sagte Giuseppe und zog an seiner Zigarre, sodass eine Pause entstand. »Ich werde jetzt meine Runde machen und mir einen Überblick verschaffen.« Er kehrte Juan den Rücken und begab sich in die fabrikeigene Kinderkrippe, die in einem Nebenraum untergebracht war.

Er hörte ein leises Quengeln und ließ seinen Blick über die in akkuraten Reihen aufgestellten Wiegen schweifen, bis er das kleine Bündel entdeckte, das diese erbärmlichen Laute von sich gab.

»Sie hat Hunger«, erklärte Isabel, während sie zu dem Säugling eilte. »Aber sie schreit noch nicht. Sicherlich wird sie es aushalten, bis die Produktion für den Tag abgeschlossen ist.«

»Sie wissen, dass die Mütter jederzeit ihre Kinder stillen können, Isabel, egal zu welcher Uhrzeit«, erinnerte er das Kindermädchen. Dabei schlug sein unverkennbarer italienischer Akzent durch, den er auch nach über zwanzig Jahren in Chile nicht hatte ablegen können.

»Natürlich, Don Giuseppe«, antwortete sie und nahm das kleine Geschöpf auf den Arm, um es zu beruhigen.

Er beobachtete sie einen Moment. Es war ihm immer wichtig gewesen, jedem eine Chance in seinem Unternehmen zu geben, auch Müttern. Deshalb hatte er die Krippe eingerichtet und die nana eingestellt, die auf die Kinder der Arbeiterinnen aufpasste.

Giuseppe wandte seine Aufmerksamkeit einem fröhlich vor sich hin quiekenden Wonneproppen zu, der in einer Wiege neben ihm lag. Liebevoll streichelte er seine Wange und dachte an die Zeit zurück, als seine eigenen Kinder so klein gewesen waren, sein Ältester, Sergio, und die beiden Mädchen Amelia und Teresa. Eine Weile überließ er sich den Erinnerungen, dann riss er sich von seinen Gedanken los und löste seinen Blick von dem lachenden Babygesicht. Hier war alles in Ordnung, er konnte weitergehen. Giuseppe verabschiedete sich von Isabel und betrat wieder die Produktionshalle.

Mit der Zigarre zwischen den Zähnen schritt er durch die Gänge und grüßte jede seiner Arbeiterinnen mit einem freundlichen Nicken. Mit Adleraugen überprüfte er dabei die fachgerechte Bedienung der teuren Geräte und kontrollierte, ob die Qualitätsstandards eingehalten wurden. Er hatte nichts auszusetzen. Schließlich nahm er die Zigarre aus dem Mund und fragte im Vorbeigehen, ob alles in Ordnung wäre, was ihm stets bejaht wurde.

Im hinteren Teil der Halle blieb er unter den großen Fenstern stehen, durch die die letzten Sonnenstrahlen fielen. Seine Frau María war sicherlich schon damit beschäftigt, das Abendessen zuzubereiten. Das tat sie natürlich nicht allein, Gabriela, die Haushälterin, half ihr dabei. Sie arbeitete seit nunmehr siebzehn Jahren bei den Amatos und war mittlerweile ein Teil der Familie geworden.

María betätigte sich nur zum Vergnügen in der Küche, die Hausarbeit erledigten die Angestellten für sie. Kochen war ihre Leidenschaft, und sie war eine ausgezeichnete Köchin, die mit Begeisterung sowohl neue Rezepte ausprobierte als auch traditionelle chilenische Gerichte zubereitete wie cazuela oder empanadas. Darüber hinaus liebte sie die italienische Küche und verwöhnte ihren Mann gerne mit Speisen aus seiner Heimat. Schon zu Anfang ihrer Ehe hatte sie sich entsprechende Kochbücher gekauft, und nach all den Jahren war sie auch eine Meisterin der italienischen Kochkunst.

Giuseppe zog noch einmal an seiner Zigarre, bevor er die Produktionshalle verließ und in den Hof trat. Zufrieden beobachtete er, wie seine Mitarbeiterinnen die gefärbten Strümpfe auf langen Leinen zum Trocknen aufhängten. Er lief entlang der im sanften Hauch der Abendluft wiegenden Strumpfreihen, um die Qualität des fast fertigen Produkts zu prüfen. Als er in der letzten Reihe angekommen war, blieb er wie angewurzelt stehen.

»Teresa! Was machst du hier?« Eine Sekunde lang starrte er seine Tochter an, als wäre sie ein Geist. Dann sammelte er sich und fragte: »Hast du keine Hausaufgaben zu erledigen?«

»Nein, Papá.«

Giuseppe sah sich hilfesuchend um und fuchtelte mit seiner Zigarre in der Luft herum, als würde ihm das helfen, seine elfjährige Tochter davon zu überzeugen, dass es nicht ihre Aufgabe war, zusammen mit den Fabrikfrauen Strümpfe aufzuhängen.

»Möchtest du nicht lieber deiner Mutter in der Küche zur Hand gehen?«

»Nein, Papá, ich arbeite gerne in der Fabrik«, erwiderte sie und drapierte hingebungsvoll einen Strumpf auf der Leine.

»Dann hilf doch der nana mit den Säuglingen«, versuchte er, Teresa von einer in seinen Augen angemesseneren Tätigkeit zu überzeugen.

»Vielleicht morgen, Papá«, antwortete sie diplomatisch und lächelte ihn an.

Seufzend drehte sich Giuseppe um und setzte seinen Rundgang fort. Was soll aus dem Mädchen bloß einmal werden, fragte er sich. Wieso interessierte sie sich nicht für ihre Schulbücher, so wie ihre große Schwester? Die vierzehnjährige Amelia hing ständig über Wälzern, blätterte darin herum und studierte ihren Inhalt.

Dann dachte er an seinen Sohn Sergio. Sein Ältester, der das Familienunternehmen einmal übernehmen sollte, ließ sich so gut wie nie in der Fabrik blicken. Mit seinen sechzehn Jahren hätte er dort schon kräftig anpacken und die Grundlagen für die spätere Geschäftsführung lernen können. Für die Schule hatte er auch nichts übrig, eine Menge allerdings für das andere Geschlecht. Die Damenwelt war das Einzige, was Leidenschaft in dem Frauenhelden entflammte.

Giuseppe seufzte noch einmal, paffte zur Beruhigung an seiner immer kürzer werdenden Zigarre und strich sich seine dunklen Haare glatt. Mittlerweile war er hinter dem Fabrikgebäude angekommen. Am Ende des großen Grundstücks, gleich neben dem Gemüsegarten und den Zitronenbäumen, hörte er ein fröhliches Gackern. Er näherte sich dem Federvieh, das diese zufriedenen Laute ausstieß, und versank in der Betrachtung. Die braunen Hühner kamen flatternd auf ihn zugeeilt, als sie ihn sahen, und beäugten ihn erwartungsvoll. Sie hatten Hunger, so wie er. Bald würde Gabriela kommen und ihnen Körner und Küchenabfälle hinwerfen.

Er starrte eine Weile wie hypnotisiert auf die scharrenden, pickenden und umherschreitenden Vögel. Hätte er nichts anderes zu tun, hätte er stundenlang hier stehen können. Die Tiere ließen ihn alles um sich herum vergessen, aber er war mit seiner Runde noch nicht fertig, also riss er seinen Blick los und begab sich in das Lager hinter der Fabrikhalle.

Die Paraffinfässer für das Beschichten des Garns standen fest verschlossen in Reih und Glied, ebenso das Schmieröl für die Maschinen. Die neu angekommenen Kisten mit Garn waren vorschriftsmäßig verstaut worden. Giuseppe nickte zufrieden, als er sich umsah. Die Verpackungskartons für die Strümpfe stapelten sich bis zur Decke, daneben lag ein Haufen Garnreste.

»Mamma mia!«, entfuhr es ihm, als er näher an den weichen Berg aus dünnen Fäden trat. Erschrockene Augen, groß wie Untertassen und kugelrund, starrten ihn regungslos an. Das intensive Blau strahlte aus dem schwarzen Gesicht, zu dem sie gehörten. Vorsichtig näherte er sich dem Kopf, der aus dem Garnhaufen guckte, und beugte sich ein wenig nach unten. Da hörte er es, das leise Miauen, das tief aus dem Knäuel kam.

Er schnaubte empört und zeigte mit dem Finger auf den regungslosen Kopf mit den aufgerissenen Untertassenaugen.

»Du kleines freches Ding!«, presste er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor, richtete sich auf und atmete tief durch. Er betrachtete seine Zigarre, die nur noch ein kümmerlicher Stumpen war, der mit der Glut bald seine Finger verbrennen würde, und machte auf dem Absatz kehrt.

Er eilte an der Fabrikhalle vorbei über den Hof, der von der hohen, mit Wein berankten Mauer gesäumt wurde, auf das stattliche Wohnhaus zu. Zielstrebig ging er auf die Veranda und drückte den Zigarrenstummel in einem Aschenbecher aus, bevor er durch den Hintereingang in die dreistöckige Villa trat.

»Guten Abend, Don Giuseppe!«

»Magdalena, Valeria.« Er nickte freundlich den beiden Bediensteten zu, die sich im Flur zu schaffen machten. Magdalena war die Bügeldame, die mehrmals wöchentlich kam, um Leintücher, Tischdecken, Vorhänge, Kleider, Blusen, Hemden, Anzüge und alles andere zu glätten, was die Hausherrin gerne faltenfrei sah. Gerade half sie Valeria, die für die Reinigung der Räume und das Wäschewaschen zuständig war, die Kommoden in der Halle mit frisch gewaschenen und gebügelten Deckchen zu garnieren.

Giuseppe hastete an den beiden vorbei in die weitläufige Küche, wo Gabriela und seine Frau neben dampfenden Töpfen mit fliegenden Klingen verschiedenem Gemüse zu Leibe rückten.

»Giuseppe?«, rief María überrascht. »Du bist zu früh, das Essen ist noch nicht fertig!«

»María«, platzte es aus ihm heraus. »Deine verflixte Siamkatze hat sich schon wieder im Lager eingerichtet! In den Garnresten. Missifus hat dort Junge bekommen. Es ist alles voller Haare und wer weiß was sonst noch!«

María senkte ihr Messer und lachte verzückt. »Oh, und ich dachte schon, Missifus wäre für immer verschwunden. Aber sie ist nur losgezogen, um ihren Wurf zur Welt zu bringen.«

»Aber es werden immer mehr! Und sie schleichen überall herum. In unserem Haus, in der Fabrik und jetzt im Lager. Sie schlafen, wo sie wollen, und werfen alles um. Sie kennen keine Grenzen! Die Garnreste sind jetzt unbrauchbar!« Er sah sie vorwurfsvoll an.

María legte das Messer vor sich auf das Schneidebrett und stemmte die Hände in die Hüften.

»Die Garnreste waren sowieso nutzlos. Wenn es nach mir ginge, würde es in diesem Lager keine Garnreste geben und in der Fabrik nichts, das umgeschmissen werden könnte. Ich würde nämlich für Ordnung sorgen. Aber du lässt mich ja nicht.« Sie rümpfte beleidigt die Nase und fügte hinzu: »Garnreste gehören in den Müll!«

Sie wandte sich an die Haushälterin. »Gabriela, wir müssen nachher die Mutter mit ihren Kätzchen ins Haus holen. Es geht nicht, dass sie sie im Lager großzieht.«

»Natürlich, Señora«, stimmte diese ihr zu.

»Wir werden bald essen«, verkündete María beiläufig und wechselte damit das Thema. Sie schenkte Giuseppe ein Lächeln, als sei nichts gewesen.

»Gut.« Nachdenklich kratzte er sich am Kopf. Dann ließ er die beiden Frauen allein und kehrte in die Fabrik zurück, wo er das Sagen hatte.

Auf dem Weg dorthin traf er Amelia, die einen großen Stapel Bücher auf den Händen balancierte.

»Wo willst du damit hin?«, fragte er verwundert.

»Die sind für Isabel«, sagte sie fröhlich.

»Für die nana?«

»Ja.«

»Wozu braucht sie Bücher?«

»Zum Vorlesen.« Er sah ein Lächeln hinter dem Bücherturm hervorblitzen. »Das ist die beste Grundlage für gute Bildung.«

Giuseppe musterte sie irritiert.

»Die Kinder lernen so zuzuhören, ihr emotionales und soziales Verhalten wird gestärkt, und sie bekommen Lust später selbst lesen zu lernen«, erklärte sie.

Er wunderte sich, woher seine Tochter das alles wusste und wieso sie sich so sehr dafür einsetzte.

»Ich muss los. Die Bücher sind schwer.«

»Ja«, murmelte er und rief ihr hinterher: »Es gibt aber bald Essen!«

Kapitel 1

Chillán, Santa Rosa del Álamo, Januar 1969

Amelia Amato blieb vor Staunen die Luft weg. Vorsichtig beugte sie sich nach vorne, um ihren Blick durch die Windschutzscheibe die hohen Pappeln hinaufwandern zu lassen, die den Weg säumten. Vor ihr erstreckte sich eine schnurgerade Allee, die bis zu dem Haupthaus des herrschaftlichen Landguts Santa Rosa del Álamo führte. Es war das größte rund um die Stadt Chillán. Bei ihrer Arbeit hatte Amelia noch nie etwas Vergleichbares gesehen.

Vor wenigen Monaten hatte sie mit Stolz ihr Universitätsstudium der Sozialpädagogik abgeschlossen. Schon früh hatte sie erkannt, dass Bildung eines der wichtigsten Werkzeuge für ein selbstbestimmtes Leben und eine gesicherte Zukunft war – für alle. Deshalb war es ihr wichtig, nicht nur selbst einen guten Abschluss zu haben, sondern Bildung auch an andere weiterzugeben. Umso glücklicher war sie, eine gute Anstellung in einem Institut des Agrarministeriums ergattert zu haben.

Für ihre Arbeit musste sie in den Süden des Landes nach Chillán umziehen. Dort war es ihre Aufgabe, Bildung unter die einfachen Bauern zu bringen. Viele von ihnen waren inquilinos, Pächter, die ihre eigenen kleinen Farmen auf den Äckern der Großgrundbesitzer betreiben durften, im Gegenzug aber für sie arbeiten mussten. Für die reichen Farmbesitzer waren das billige Arbeitskräfte, die durch ihre fehlende Bildung und Armut von ihnen abhängig waren.

Amelia und ihre Kollegen wollten das ändern, indem sie den Bauern Schreiben, Lesen und Rechnen beibrachten und sie über ihre Rechte und Möglichkeiten, wie dem Beitreten einer Gewerkschaft, informierten. Oft war ihre Arbeit nicht einfach, da die Gesandten des Instituts für Landwirtschaftsentwicklung den Gutsbesitzern ein Dorn im Auge waren. Sie waren eine Bedrohung für ihre Existenz, denn durch ihre Unterstützung erreichten viele inquilinos, dass das Land der Gutsbesitzer durch Enteignung auf sie übertragen wurde.

Amelia ließ ihren Wagen vor dem großen Gutshaus, in dem die Grundbesitzer lebten, zum Stehen kommen.

Es war von einem gepflegten Garten, alten Obstbäumen, verschiedenen Nebengebäuden und Ställen umgeben. Rund um diesen Mittelpunkt des Landguts erstreckten sich weite Felder, die sich wie die bunten Flicken eines Teppichs aneinanderreihten und in der Ferne verloren.

»Bienvenido, Señorita«, begrüßte sie ein junger Mann, der auf sie zukam, als sie aus dem Auto stieg. Er nahm seinen Hut ab und deutete eine Verbeugung an, doch statt sie hereinzubitten, dirigierte er sie in Richtung der Ställe.

»Sie möchten mit unseren inquilinos sprechen?«, fragte er, während sie über das Anwesen schlenderten. Amelia nickte stumm. Die Eindrücke, die hier auf sie wirkten, überwältigten sie, vor allem die Gegenwart des attraktiven jungen Mannes, der sich ihr als Ignacio Castillo, Sohn des Großgrundbesitzers, vorgestellt hatte.

Sie blieben vor dem Pferdestall stehen, wo ein stämmiger Bursche mit zwei gesattelten Füchsen auf sie wartete. Freundlich lächelnd lud Ignacio Amelia mit einer Handbewegung dazu ein, aufzusteigen.

Sie starrte auf das Pferd, dessen Fell in der warmen Sommersonne rötlich schimmerte, und bemühte sich, ihre Nervosität zu verbergen. Ihre Mutter hatte vor Jahren versucht, sie für den Reitsport zu begeistern, konnte sie aber nur dazu bewegen, ein paar Reitstunden zu nehmen. Diese hatte Amelia ohne Freude über sich ergehen lassen und war jedes Mal froh gewesen, wenn sie heil wieder absitzen konnte.

»Sie können doch reiten, richtig?«, erkundigte sich Ignacio grinsend, dem Amelias Zögern wohl nicht verborgen geblieben war.

»Natürlich.« Sie nickte und versuchte, sich die lange zurückliegenden Lektionen auf dem Pferd ins Gedächtnis zu rufen, bevor sie beherzt ihren Fuß in den Steigbügel fädelte und sich mit fliegendem Rock in den Sattel schwang. Der Stallbursche übergab ihr die Zügel und klopfte dem Fuchs versöhnlich auf den Hals, als wolle er sagen: »Halte durch, mein Freund, und wenn es dir zu viel wird, wirf sie einfach ab.«

Mit routinierter Leichtigkeit stieg Ignacio auf seine Stute und gab ihr das Kommando, loszulaufen. Wie von allein setzte sich in diesem Moment auch Amelias Pferd in Bewegung. Nach und nach legte sie ihre anfängliche Verkrampftheit ab und bekam ein Gefühl für den Fuchs, der geduldig und sanftmütig zu sein schien. Sie löste ihren Blick von seinen Ohren, an denen sich ihre Augen festgeklammert hatten, und sah sich um. Eine sanfte Brise wehte über die endlosen Felder in ihr Gesicht und verfing sich in ihren langen dunkelblonden Locken, die mit jedem Schritt, den das Pferd tat, auf ihren Schultern wippten. Der Windhauch auf ihren geröteten Wangen und in ihrem schweißnassen Nacken war eine willkommene Abkühlung. Neben ihr ritt der junge Patrón, der seinen Blick prüfend über die Ländereien schweifen ließ. Es herrschte eine seltsame Stimmung, angespannt und doch voll untergründiger Romantik.

Amelia wusste, dass sie auf dem Gut Santa Rosa del Álamo nicht willkommen war. Viele der großen Landbesitzer hatten bereits Ackerflächen an ihre inquilinos abgeben müssen, aber Ignacios Familie war bisher von solchen Umstrukturierungen verschont geblieben. Das Auftauchen von Mitarbeitern des Agrarministeriums wie Amelia versetzte die Castillos jedoch in Unruhe. Deshalb hatte es Amelia viel Kraft gekostet, hier empfangen zu werden, und obgleich Ignacio sie höflich herumführte, deutete sie die Abwesenheit seines Vaters als klares Zeichen der Missbilligung.

Amelia ritt schweigend neben Ignacio Castillo her. Sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Sie spürte die unterschwellige Feindseligkeit, die seine Eltern ihm auferlegt hatten, und war gleichzeitig überwältigt von der landschaftlichen Schönheit, die sie umgab. Die Felder erstreckten sich kilometerweit vor ihnen und waren von hochgewachsenen Pappeln gesäumt. In der Ferne, wo die Bäume nur noch kleine Tupfer waren, türmten sich die Berge der Anden auf. Eindrucksvoll hoben sie sich vor dem blauen Himmel ab und bildeten den Höhepunkt der atemberaubenden Kulisse.

Amelia spürte in ihrem zwiegespaltenen Zustand immer wieder Ignacios Blicke auf sich. Kurz waren sie, prüfend, besorgt, bewundernd und schmeichelhaft. Wenn er wegsah, wandte sie den Kopf und schickte ihre Augen über seine Wange, die dunklen Locken, die unter seinem Hut hervorkamen, den Hals, den kräftigen Oberkörper, der unter dem weißen Hemd zu erahnen war. Es waren nur Momente, in denen sie unbemerkt ihren Begleiter musterte, nicht mehr als einen Wimpernschlag lang. In ihrem Gedächtnis fertigte sie Schnappschüsse von seiner Erscheinung an und setzte sie zu einem Gesamtbild zusammen. Einem Bild, das ihr gefiel.

Als sie am Randgebiet der Farm angekommen waren, wo die inquilinos auf ihren Feldern arbeiteten, reichte Ignacio Amelia die Hand, um ihr vom Pferd zu helfen. Ihre Blicke trafen sich für eine Sekunde. In diesem Moment erkannte Amelia in seinen sanften braunen Augen, dass auch er ein Bild von ihr hatte, eines, das ihm trotz aller Widrigkeiten gefiel.

Am Ende ihres Besuchs auf dem Landgut der Castillos verabschiedete sich Amelia von Ignacio und stieg mit klopfendem Herzen in ihr Auto. Mit zitternden Händen umfasste sie das Lenkrad. Ihr war übel und schwindelig. Sie konnte keinen klaren Gedanken fassen und sich nur vage daran erinnern, was sie mit den Bauern besprochen hatte.

Sie ließ den Wagen an und lenkte ihn in die Pappelallee, die sich vor ihr erstreckte. Sie fuhr langsam, denn ihr schwirrte noch immer der Kopf. Verstohlen suchten ihre Augen den Rückspiegel, um noch einen letzten Blick auf das große Gutshaus zu werfen, doch sie sah nur ihn, Ignacio. Wie eine Statue stand er vor dem Gebäude und beobachtete regungslos, wie sie davonfuhr. Ein seltsames Gefühl breitete sich in Amelias Innerem aus, das kaum zu ertragen war. Sie riss ihren Blick vom Spiegel los und atmete tief durch. Dann versuchte sie, ihre Gedanken zu sortieren, und fand einen, der ihr plausibel erschien: Sie musste Santa Rosa del Álamo noch einmal besuchen.

Kapitel 2

Chillán, Amelias Büro, Februar 1969

»Das Gut Santa Rosa del Álamo ist so groß«, hatte Amelia bei dem Telefonat mit Ignacio als Argument vorgebracht, »dass ich mehrmals kommen muss, um alle inquilinos kennenzulernen und mir generell einen besseren Überblick zu verschaffen.« Mit angehaltenem Atem hatte sie in ihrem Büro in den Hörer gelauscht, um die Antwort des jungen Patrón abzuwarten. Schon allein seine Stimme zu hören, löste in ihr etwas aus, das sie so nicht kannte.

Amelia hatte sich bisher nie besonders für das andere Geschlecht interessiert. Dafür war sie viel zu fokussiert gewesen. Zuerst in der Schule, wo sie täglich den Stoff aufgesaugt hatte, den die Lehrer der Klasse vorgetragen hatten, dann in der Universität. Zu Hause hatte sie die dicken Lehrbücher durchgeblättert und fast alles auswendig gelernt, bis sie abends mit roten Augen und schweren Lidern ins Bett gefallen war.

Sie wollte sich später nicht auf einen Mann verlassen müssen, der für ihren Lebensunterhalt sorgte. Ihr Plan war immer, auf eigenen Beinen zu stehen, damit sie unabhängig und frei in ihren Entscheidungen sein konnte.

»So wird sich nie ein Junge für dich interessieren«, hatte María immer wieder besorgt gemahnt und die dunkelblonden Locken ihrer Tochter zurechtgezupft. Amelia wusste, dass ihre Mutter stolz auf ihre helle Haarpracht war, die in diesem Land mit Wohlstand gleichgesetzt wurde.

Amelia selbst war ihr Äußeres nicht so wichtig. Sie wusste, dass Haar- oder Augenfarbe nichts mit Geld zu tun hatten. Sie waren ein Geschenk Gottes, wobei jedes andere Aussehen genauso viel wert war wie ihres. Trotzdem bemerkte sie, dass ihr zierlicher Körper, die goldenen Haare und die großen Rehaugen die Blicke der jungen Männer auf sich zogen. Sie nahm das mit einem gewissen Wohlwollen hin, zeigte es aber nicht nach außen, denn sie war lange nicht bereit, einen ihrer Verehrer näher an sich heranzulassen.

Nachdem sie ihr Universitätsstudium abgeschlossen und Erfüllung in ihrem Beruf gefunden hatte, war das nun anders geworden. Amelias Geist und ihre Seele begannen, sich für Neues und die schönste Nebensache der Welt zu öffnen, die Liebe.

Die Begegnung mit Ignacio hatte sie in ein Gefühlschaos gestürzt. Zum einen fühlte sie sich zu ihm hingezogen, zum anderen gehörte seine Familie zu den Großgrundbesitzern, gegen die Amelia vorging.

Das war aber nicht alles, was sie verunsicherte. Der Umzug in den Süden nach Chillán hatte so einige Herausforderungen für Amelia mit sich gebracht. Sie war behütet in einer wohlhabenden Fabrikantenfamilie in der Hauptstadt aufgewachsen. Ihre erste Anstellung hatte sie hier in dieser Kleinstadt gefunden, in der sie ganz auf sich gestellt war. Sie wohnte mit Ruffi, einem jungen Siamkater, den sie vom elterlichen Anwesen mitgenommen hatte, in einer winzigen Wohnung. Angestellte, die ihr im Haushalt halfen, hatte sie nicht, und außer ihren Kollegen kannte sie niemanden. Obwohl sie nur vierhundert Kilometer von Santiago trennten, fühlte sie sich, als wäre sie in einer anderen Kultur gelandet.

Die Arbeit führte sie in die Welt der einfachen Bauern und reichen Grundbesitzer. Eine Welt, mit der sie zu Hause nicht in Berührung gekommen war. Der Kulturschock, in dieses fremde Ambiente einzutauchen, war das eine, den extremen Kontrast zwischen Arm und Reich, die Abhängigkeit und Ausbeutung hautnah zu erleben, das andere.

Ignacio stand auf der Seite der Reichen, auf der Seite derer, die die kleinen Bauern ausnutzen, und das machte ihn zu Amelias Gegenspieler. Doch gegen jeden gesunden Menschenverstand wollte sie sich auf das Abenteuer einlassen, tiefer in seine Welt einzutauchen.

* * *

Jedes Mal, wenn die junge Frau vom Landwirtschaftsministerium auf dem Gut erschien, empfing Ignacio Castillo sie geduldig. Er ließ die Pferde satteln und nahm sie mit auf einen Ausritt. Die Erklärung, dass das Anwesen so groß sei und Amelia mehrere Besuche brauchte, um einen besseren Überblick zu bekommen, schien ihm plausibel. Schon bald gewann er jedoch den Eindruck, dass sie sich nicht so sehr für die Ausmaße der Ländereien seiner Familie interessierte als vielmehr für ihn selbst.

Während sie ausritten, spürte er ihre verstohlenen Blicke auf sich. Amelia schien jedes noch so kleine Detail seines Körpers zu inspizieren und in ihrem Gedächtnis abzuspeichern. Zu gerne hätte er in ihren Kopf gesehen und ihre Gedanken gelesen. Was dachte das Mädchen aus der Stadt über ihn? Dieses zierliche Wesen, das so zerbrechlich wirkte und gleichzeitig eine Entschlossenheit an den Tag legte, die bedrohlich für seine Existenz war.

Amelia faszinierte ihn, weil er noch nie einer solchen Frau begegnet war. Sie war klug, zielstrebig und wohlerzogen. Man merkte ihr an, dass sie aus der reichen Oberschicht stammte. Und doch war sie anders. Ihr ausgeprägter Sinn für Gerechtigkeit hatte sie in Ignacios Welt gebracht. Mit ihrer herzlichen Art ging sie auf die inquilinos zu und erklärte ihnen geduldig, welche Rechte und Möglichkeiten sie hatten. Möglichkeiten, gegen die Castillos vorzugehen. Gegen ihn, Ignacio. Sie war der Wolf im Schafspelz, und doch war sie zart wie ein Lamm. Obwohl sein Verstand und seine Eltern ihm sagten, dass Amelia die Feindin war, hoffte er nach jedem ihrer Besuche, dass sie wiederkäme.

Als Amelia wieder einmal zur Besichtigung erschien, erklärte Ignacio: »Heute werde ich Ihnen die letzten Ländereien unseres Landguts zeigen. Dann haben Sie alles gesehen.« Er sah den überraschten Ausdruck in ihren großen Augen. Gedankenverloren starrte sie ihn an, als suche sie nach einem Argument, weshalb sie dennoch regelmäßig herkommen müsse. Der Moment erschien Ignacio wie eine Ewigkeit. Zum ersten Mal hatte er Zeit, seinen Blick in Ruhe über die feinen Züge ihres Gesichts wandern zu lassen. Die zarten Lippen, die zierliche Nase und die sanften Augen, in denen er sich verlor. Er hätte gerne einen Vorwand aus ihrem Mund gehört, weshalb sie wiederkommen musste, aber ihre Lippen blieben verschlossen.

»Kommen Sie«, forderte er sie auf und schlenderte mit ihr zu den Ställen hinüber, wo die gesattelten Pferde bereits auf sie warteten. Sie stiegen auf und ritten los. Es war fast wie bei ihrem ersten gemeinsamen Ausritt, der von Anspannung und Schweigen begleitet gewesen war und sich doch so prickelnd angefühlt hatte. Amelia, die den jungen Patrón sonst mit Fragen gelöchert und ihm von ihrem Leben in Santiago erzählt hatte, war auf einmal verstummt. Sie schien alles gefragt und gesagt zu haben, oder sie war fieberhaft auf der Suche nach dem Gesprächsstoff, der die Endgültigkeit der Situation abwenden konnte.

Sie erreichten eines der Randgebiete des Landguts. Die Äcker, die vor ihnen lagen, waren nicht bestellt. Die Pflanzen wucherten wild auf den großen Flächen, die Natur hatte sie sich zurückgeholt. Unzählige Vögel und anderes Getier hatten hier eine Heimat gefunden.

»Sehen Sie die Bäume dort hinten?«, erkundigte sich Ignacio und zeigte auf eine Reihe hochgewachsener Pappeln, die hinter den verwilderten Feldern in den Himmel ragten.

Amelia nickte.

»Bis dorthin reichen unsere Ländereien.« Er sah sie an und lächelte. »Das ist alles. Jetzt haben Sie alles gesehen.«

Er beobachtete, wie seine Begleiterin aufmerksam ihren Blick bis zum Horizont schweifen ließ. Sie sah so aus, als hätte sie alles um sich herum vergessen.

»Gibt es hier Pumas?« Amelia fand endlich wieder Worte und sah ihn mit leuchtenden Augen an.

»Vielleicht«, antwortete er. »Ich habe hier noch nie einen gesehen. Aber bestimmt kommen sie manchmal von den Bergen herunter.«

Er stieg von seiner Stute und ging auf Amelias Fuchs zu. Einladend reichte er ihr die Hand. »Kommen Sie, wir gehen ein Stück zu Fuß.«

Sie nahm seine Hand und ließ sich aus dem Sattel gleiten. Nachdem sie festen Boden unter sich hatte und sicher auf beiden Beinen stand, schlenderten sie eine Weile schweigend nebeneinanderher.

»Dann sind Sie mit Ihrer Arbeit hier jetzt fertig?«, fragte Ignacio.

Amelia antwortete nicht sofort. Sie sah sich prüfend um, als müsse sie analysieren, ob sie tatsächlich alles gesehen hatte und ihre Mission somit abgeschlossen war. Ignacio spürte einige verstohlene Blicke über sich wandern, dann blieb sie abrupt stehen und sah ihn mit ernster Miene an.

»Ich muss noch Ihre Eltern kennenlernen.«

Erstaunt hielt Ignacio inne. »Wieso?«

»Nun ja, sie sind die Besitzer dieses Guts. Ich muss mit ihnen sprechen.«

»Worüber denn?«

»Über meine Arbeit.« Ihre Antwort kam prompt, wirkte aber nicht sehr überdacht.

»Sprechen Sie mit mir darüber.«

»Das geht nicht … Sie sind ja nicht der Besitzer.« Sie sah ihn verlegen an und fügte hinzu: »Sie sind nur der Sohn.«

Ignacio sah sie überrascht an. Dann lachte er. »Ich verstehe.« Er machte eine Pause und ließ seinen Blick über das wilde Land schweifen. »Aber Sie können nicht mit ihnen sprechen.«

»Warum nicht?«

»Sie sind nicht hier.« Er zuckte mit den Schultern.

»Und wo sind sie?«, bohrte Amelia nach. Es war deutlich, dass ihre Sprachlosigkeit gewichen war und der Ehrgeiz, der Sache auf den Grund zu gehen, sie gepackt hatte.

»In ihrer Stadtvilla in Santiago«, entgegnete Ignacio trocken.

»Was tun sie denn da?«

»Sie genießen das Leben.« Er atmete tief durch. »Sie versuchen, dort die Realität hier im Süden zu verdrängen.«

»Welche Realität?«

»Die Bedrohung, durch die Agrarreform alles zu verlieren.«

Amelia schwieg, und Ignacio konnte sehen, dass sie die Bedeutung seiner Worte verstanden hatte.

»Wenn sie heute nicht hier sind«, sagte sie nach einer Weile des Schweigens, »werde ich noch ein weiteres Mal kommen müssen. Ich möchte wirklich mit ihnen reden.«

»Das glaube ich nicht.«

»Was meinen Sie?«

»Dass Sie mit ihnen reden möchten.«

Amelia sah ihn perplex an.

»Haben Sie es immer noch nicht verstanden?« Er klang bestimmt, aber freundlich. »Für meine Eltern sind Leute wie Sie der Feind. Sie möchten mit den Gesandten vom Institut für Landwirtschaftsentwicklung nichts zu tun haben. Aus diesem Grund haben sie mir die Verwaltung des Guts zum größten Teil übertragen, und deshalb bin ich Ihr Ansprechpartner.« Er atmete aus und fuhr etwas sanfter fort: »Glauben Sie mir, Sie möchten nicht mit ihnen sprechen.« Er machte eine Pause, dann sah er ihr direkt in die Augen. »Sie können alles mit mir besprechen. Hier und jetzt. Ich bin der Verwalter der Ländereien.«

»Ich muss trotzdem noch mal zurückkommen«, hauchte sie und trat nervös von einem Bein aufs andere.

»Ich weiß«, antwortete er sanft.

»Wirklich?«

Er machte einen Schritt auf sie zu, sodass sich ihre Körper beinahe berührten.

»Ja.« Behutsam strich er ihr eine Strähne aus dem Gesicht und betrachtete sie aufmerksam. Sie war das Schönste, was er je gesehen hatte. Er fühlte, wie sie seine Berührung genoss und ihr Gesicht an seine Hand schmiegte. Vorsichtig näherte er sich ihr weiter und küsste sie zärtlich.

Obwohl er sich schon lange danach gesehnt hatte, ihre Lippen auf seinen zu spüren, war dieser Kuss aufregend und fühlte sich verboten an. Amelias klopfendes Herz, das er an seiner Brust spürte, verriet ihm, dass sie genauso empfand. Es war ein Abenteuer, größer als alles, was er bisher kannte – und es hatte gerade erst angefangen. Diese Frau war etwas Besonderes, und er wollte, dass sie für immer blieb.

Kapitel 3

Chillán, Santa Rosa del Álamo, Februar 1970

Ihre Liebe war wie die von Romeo und Julia – unerwünscht und leidenschaftlich. Sie war so groß, dass selbst Ignacios Eltern irgendwann einsehen mussten, dass sie nichts dagegen unternehmen konnten. Sie fürchteten, Amelia würde Unheil über das Anwesen bringen und zu seiner Zerstörung beitragen, dennoch stimmten sie einer Hochzeit zu.

Noch nie in ihrem Leben war Amelia so glücklich wie an diesem Tag. Und auch ihre Mutter María konnte ihre Freude nicht verbergen.

»Das habe ich mir so für dich gewünscht, hija«, sagte sie gerührt und zupfte Amelias Haare zurecht, obwohl die Frisörin schon bereitstand, um professionell Hand anzulegen.

Amelia setzte sich auf einen der Stühle, die in der Weinlaube hinter dem Gutshaus standen. Die großen Blätter der Weinranken schützten sie vor der warmen Sommersonne. Amelias Familie war zum ersten Mal in den Süden gereist, um sie zu besuchen. Es war auch das erste Mal, dass sie das Gut Santa Rosa del Álamo betraten. María war so beeindruckt, dass sie fast in Ohnmacht gefallen wäre, und Amelia wusste, dass in diesem Moment all ihre Träume in Erfüllung gegangen waren. Ihre Mutter hatte sich immer nur das Beste für ihre Kinder gewünscht, und damit meinte sie würdige Ehepartner. Sie sollten ihrem Stand entsprechen oder ihnen sogar dazu verhelfen gesellschaftlich aufzusteigen. Ignacio und die Castillos boten all das.

»Ich freue mich ja so für dich«, gab María ihrer Freude weiter Ausdruck und sah entzückt zu, wie Amelia frisiert wurde. »Ich hatte mir auch immer so eine große Hochzeit gewünscht, aber als dein Vater und ich heiraten wollten, suchte uns das Schicksal heim. Dein Großvater war kurz vorher gestorben, und so brachte ich es nicht übers Herz, ein großes Fest zu feiern.« Sie hing einen Moment ihren Gedanken nach. Es war nicht nötig, dass sie weitersprach, denn Amelia kannte die Geschichte. Nicht nur der Tod von Marías Vater hatte ihrer Mutter in dieser Zeit zugesetzt, sondern auch ihre schwere Krankheit zuvor. Sie hatte sich mit der heimtückischen Tuberkulose angesteckt und wurde zur Genesung in ein Sanatorium geschickt.

Hoch oben in den Bergen der Anden, vor den Toren Santiagos, hatte sie Monate verbracht und auf Besserung gehofft. Je weiter die Zeit fortschritt, desto größer wurde ihre Befürchtung, ihr Verlobter könne sie sitzenlassen. Aber Giuseppe hatte auf sie gewartet.

Der Hochzeit stand nach Marías Genesung nichts mehr im Wege, und sie dachte, das Schlimmste hinter sich zu haben, doch dann war ihr Vater gestorben. Von Kummer und Zukunftsangst zerrissen, hatte sie beschlossen, im Trauerjahr zu heiraten, denn sie war schon dreißig und noch kinderlos. Sie konnte nicht länger warten.

Amelia wusste, dass ihre Mutter an ihrem Hochzeitstag eine Entscheidung getroffen hatte, die fortan ihr Leben prägte: Sie wollte kein Drama mehr haben und es sich einfach gut gehen lassen. Sie genoss das Dasein in vollen Zügen und stellte Bedienstete ein, die ihr die Hausarbeit abnahmen, die Kinder betreuten und generell für Marías Wohlergehen sorgten.

Sie lebte das Leben, das sie sich immer erträumt hatte. In ihrem Auto fuhr sie in die Stadt, um in den besten Geschäften einzukaufen. An sonnigen Tagen ließ sie das Dach herunter und steuerte ihren Wagen offen durch die Straßen. Eine große Sonnenbrille und ein Kopftuch schützten sie vor dem Fahrtwind, der die feine Seide der Kopfbedeckung zum Flattern brachte. Wenn sie einkaufen ging, dann mit Stil. Dabei wurde sie immer von ihrer Bediensteten Gabriela begleitet. Diese trug ihr die Taschen, reichte ihr die Kleider, die sie anprobieren wollte, und hielt ihr die Türen auf. Ebenso liebte María, mit ihren Freundinnen zum Essen auszugehen und sich im Club Stadio Italiano zu vergnügen, in dem die Italienischstämmigen der gehobenen Klasse sportlichen Aktivitäten nachgingen oder einfach das Beisammensein in der Bar oder im Restaurant genossen. Durch die Heirat mit Giuseppe war auch sie Teil dieses exklusiven Kreises geworden.

»Du hast es wirklich verdient, glücklich zu sein«, ergriff María wieder das Wort, ohne ihre tragische Vergangenheit weiter auszubreiten.

»Danke, Mamá.« Amelia lächelte erleichtert.

»Was sind denn eure Pläne für die Zukunft?«, erkundigte sich María, ließ ihren Blick zwischen den Weinreben hindurchschweifen und schaute auf das weite Land, das sich dahinter ausbreitete.

»Ich werde mit Ruffi hierherziehen«, erklärte Amelia.

María drehte sich zu ihrer Tochter. »Das hier ist wirklich ein schöner Ort für eine junge Familie«, schwärmte sie und meinte damit nicht das Brautpaar und den Kater. Sie hatte traditionelle Vorstellungen einer Familie, und in ihren glänzenden Augen konnte Amelia lesen, dass sie fest mit Enkelkindern rechnete. Amelia hatte allerdings nicht vor, Kinder zu bekommen. Sie wollte frei bleiben. Aber das sagte sie ihrer Mutter nicht. Sie wollte sie nicht enttäuschen und Konflikte an diesem besonderen Tag vermeiden. Also nickte sie ihr nur lächelnd zu.

Wenig später schritt sie an Giuseppes Seite freudestrahlend zu dem Altar, der in dem verwunschenen Obstgarten des Landguts aufgebaut war. Die zahlreichen Gäste saßen auf Stühlen, die in akkuraten Reihen angeordnet waren und beobachteten die Trauung.

In dem Moment, als Ignacio vor Amelia stand und ihr tief in die Augen sah, wusste sie, dass sich all die Mühen gelohnt hatten. Ihre vielen Besuche auf Santa Rosa del Álamo, die ohne Sinn und Verstand abgelaufen waren und nur dazu dienten, dem jungen Patrón nahe zu sein, hatten sich gelohnt. Sie hatten sich kennen- und lieben gelernt. In Ignacio hat sie einen Seelenverwandten gefunden, jemanden, auf den sie sich verlassen konnte, der ihr alle Wünsche von den Lippen ablas und sie so sein ließ, wie sie war. All ihre Eigenheiten, ihre rebellische Art, den Drang etwas zu bewegen und die Zukunft zum Besseren zu wenden, akzeptierte er. Er hatte nie versucht, sie von ihren Ansichten abzubringen. Sie waren unterschiedlich und trotzdem füreinander geschaffen.

Amelia fühlte die warme Haut seiner Hand in ihrer und versank in seinen Augen. In diesem Moment gab es nur sie beide. Sie vergaß all die Gäste um sich herum, die gebannt den entscheidenden Worten lauschten.

»Ja, ich will.« Amelia hörte die drei Worte, die ihre Seele streichelten. Sie wollte auch. Sie hauchte es mehr, als dass sie es sagte. Dann spürte sie die den zarten Kuss ihres Mannes auf den Lippen. Sie fühlte sich vollkommen. Ihr größter Wunsch, für immer mit Ignacio vereint zu sein, war in Erfüllung gegangen.

Der Tag, an dem sich die beiden das Jawort gaben, änderte alles. Bald nach der Hochzeit beschlossen die alten Castillos, sich endlich zur Ruhe zu setzen und ihrem Sohn die Verwaltung der Ländereien gänzlich zu übertragen. Sie siedelten ganz nach Santiago in ihre Stadtvilla über, wo sie fortan in den Kreisen der gehobenen Gesellschaft das Leben der Reichen genossen.

Kurz darauf wurde Amelia krank. Sie fühlte sich so elend, als hätte ihr jemand die ganze Energie entzogen, und zu allem Überfluss war ihr ständig schlecht.

»Marta, bringen Sie mir bitte ein Glas Wein«, forderte sie die Haushälterin auf, die in ihrem Zuhause für Amelias und Ignacios Wohl sorgte.

Sie zögerte einen Moment und sah Amelia nachdenklich an. Es war nicht ihre Art zu widersprechen, und doch tat sie es.

»In Ihrem Zustand ist es keine gute Idee, Wein zu trinken, Señora«, sagte sie vorsichtig.

»Es ist nur ein Glas Wein«, entgegnete Amelia und lächelte matt, »der räumt den Magen auf.«

Marta ließ ihren Blick hilfesuchend zu Ignacio schweifen, der mit Amelia am Tisch saß und sich das Abendessen schmecken ließ. Er schaute von seinem Teller auf und sah Marta fragend an. Sie beugte sich leicht zu Amelia hinunter und sagte leise: »In der Schwangerschaft sollte man keinen Alkohol trinken, Señora.«

Amelia glitt die Gabel aus der Hand, sodass sie klirrend auf ihren Teller fiel. Entgeistert sah sie die Haushälterin an, dann wanderten ihre Augen zu Ignacio, der ebenso überrascht dreinsah.

»Sie glauben, ich bin schwanger?«

Marta nickte lächelnd. »Ja, Señora, das sieht man Ihnen an.«

Amelia hielt sich prüfend den Bauch, und ihre Augen wurden kugelrund. »Oh nein«, entfuhr es ihr. Ein Chaos der Gefühle brach über sie herein. Sie konnte nicht sagen, ob sie entsetzt war oder sich tatsächlich freute. Ignacios perplexer Gesichtsausdruck verriet ihr, dass er ebenso durcheinander war wie sie.

»Ich lasse Sie mal einen Moment allein«, murmelte Marta und eilte in die Küche.

»Oh mein Gott«, hauchte Amelia und sah über den Tisch zu ihrem Mann. Ignacio hielt sich vor Überraschung die Hand auf den Mund. Dann nahm er sie herunter, und Amelia sah sein breites Lächeln. Er stand auf und kam um den Tisch zu ihr, kniete sich neben sie und legte seine Hand auf Amelias, die noch immer auf ihrem Bauch ruhte. Mit der anderen strich er eine Haarsträhne hinter ihr Ohr.

»Das ist wundervoll«, flüsterte er und gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Wir werden Eltern.«

Bei diesen Worten konnte auch Amelia nicht länger an sich halten. Die Freude bahnte sich ihren Weg aus dem Gefühlschaos und zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht.

Kapitel 4

Santiago de Chile, Strumpffabrik Amato, März 1970

Teresa erhitzte das Siegelwachs und ließ es auf den Umschlag tropfen, dann drückte sie den Stempel hinein. Zufrieden betrachtete sie das Ergebnis. Das geschwungene A für Amato war deutlich zu erkennen. Sie war die Beste im Versiegeln von Briefen, deshalb erlaubte ihr Vater ihr auch, ihm bei dieser Tätigkeit hin und wieder zu helfen. Sonst duldete er ihre Anwesenheit in der Fabrik nicht, obwohl sie gerne mehr über die Abläufe in dem Familienunternehmen gelernt hätte. Ihr Traum war es, die Strumpffabrik eines Tages zu übernehmen. Aber er hatte andere Pläne. Er wollte die Firma, wie es Tradition war, Teresas älterem Bruder Sergio übergeben.

Sie seufzte und drückte den Stempel ein weiteres Mal auf einen roten Wachsklecks. Heutzutage versiegelte kaum noch jemand Briefe auf diese Art und Weise. Doch ihr Vater war in dieser Hinsicht eigen. Er legte viel Wert auf Liebe zum Detail, und genau das machte ihn mit seinen Socken und Strümpfen so erfolgreich. Sie wurden mit Hingabe und Sorgfalt entworfen und hergestellt. Teresa hatte tausend Ideen, die sie am liebsten in diesen Prozess mit eingebracht hätte, aber sie durfte es nicht, genauso wenig wie María. Teresa wusste, dass ihre Mutter ebenfalls gerne mehr in die Geschäfte der Fabrik eingebunden gewesen wäre, aber ihr Vater behielt seine Zahlen und Machenschaften für sich. Es war nicht so, dass er den Frauen nichts zutraute. Das wusste sie. Aber er wollte nicht, dass sie dazwischenfunkten und ihm die gleiche Ordnung aufdrückten, mit der sie die Bediensteten im Haus im Griff hatten. Außerdem bemühte er sich, seiner Frau und seinen Töchtern ein unbeschwertes Leben zu ermöglichen, eines, in dem sie nicht arbeiten mussten.

»Warum gehst du nicht mit deiner Mutter in den Club oder kochst mit ihr?«, versuchte er immer wieder, Teresa auf andere Gedanken zu bringen und in eine Richtung zu lenken, die einer Frau ihres Standes seiner Ansicht nach mehr entsprach.