Die drei !!!, 81, Geheimnis im Spukhotel (drei Ausrufezeichen) - Maja von Vogel - E-Book
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Die drei !!!, 81, Geheimnis im Spukhotel (drei Ausrufezeichen) E-Book

Maja von Vogel

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Beschreibung

Kim, Franzi und Marie sind "Die drei !!!". Mutig und clever ermitteln die drei Freundinnen und sind jedem Fall gewachsen. Die drei !!! übernachten in einem alten Schlosshotel. Doch unheimliche Schritte und andere unerklärliche Phänomene rauben den Detektivinnen den Schlaf. Eine nervenaufreibende Geisterjagd beginnt …

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Geheimnis im Spukhotel

Maja von Vogel

KOSMOS

Umschlagillustration von Ina Biber, Gilching

Umschlaggestaltung von Sabine Reddig

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und Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2021, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,

Pfizerstraße 5-7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-50369-0

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Auf in den Schwarzwald

»Hast du schon fertig gepackt?« Kim klemmte das Handy zwischen Ohr und Schulter, zog ihre Lieblingsjeans aus dem Schrank und warf sie in den Koffer.

»Fast«, antwortete Franzi am anderen Ende der Leitung. »Ich kann meine Wanderschuhe nicht finden. Außerdem hab ich keinen sauberen Pullover mehr.«

»Frag doch Chrissie, ob sie dir einen leiht.«

Franzi schnaubte. »Vergiss es. Die zickt gerade mal wieder rum.« Wenn Franzis ältere Schwester schlechte Laune hatte, ging man ihr besser aus dem Weg. »Ich muss Schluss machen, sonst bin ich nicht pünktlich bei dir.«

»Alles klar, bis später.« Kim drückte das Gespräch weg und warf das Handy aufs Bett. Nachdenklich starrte sie in ihren Koffer. Hatte sie alles? Klamotten, Waschbeutel, Detektiv­tagebuch, Schreibzeug …

Plötzlich wurde die Tür aufgerissen und Ben stürmte ins Zimmer. Natürlich ohne vorher anzuklopfen. »Wo sind meine Schienbeinschoner?«

Kim seufzte. »Woher soll ich das wissen?«

»Sie lagen im Bad. Jetzt sind sie weg.« Ihr Bruder klang so vorwurfsvoll, als hätte Kim die Schienbeinschoner persönlich weggezaubert.

»Pass halt auf deinen Kram auf. Und jetzt verschwinde, ich muss packen.«

Kaum hatte Ben das Zimmer verlassen, kam Lukas herein. »Hast du meine Stutzen gesehen?«

Kim verdrehte die Augen. »Nein, hab ich nicht.« Manchmal raubten ihr die Zwillinge den letzten Nerv.

Lukas drehte sich auf dem Absatz um und ging hinaus. »Mama, ich brauch meine Stutzen!«, brüllte er quer über den Flur.

»Irrenhaus«, murmelte Kim.

Sie wollte den Koffer gerade zumachen, da fiel ihr ein, was noch fehlte: ein Buch! Sie griff nach dem Krimi, der auf ihrem Nachttisch lag, und packte ihn ein. Kim war eine Leseratte und würde nie ohne Buch verreisen.

Frau Jülich streckte den Kopf zur Tür herein. »Bist du so weit? Papa will in einer Viertelstunde los.«

»Bin fast fertig.«

»Hast du die warme Strickjacke eingepackt?«, fragte ihre Mutter. »Im Oktober kann es im Schwarzwald ganz schön kalt werden.«

Kim nickte.

»Und feste Schuhe?«

»Ich nehme meine Wanderstiefel mit. Franzi will unbedingt einmal um den Titisee laufen.«

Aus dem Erdgeschoss ertönte ein markerschütternder Schrei, gefolgt von lautem Hundegebell.

»Ben? Lukas? Was ist los?« Frau Jülich eilte aus dem Zimmer.

Kim sprang auf und folgte ihrer Mutter die Treppe hinunter.

Die Zwillinge wälzten sich in der Küche auf dem Boden.

»Die gehört mir!«, schrie Lukas.

»Nein, mir!« Ben versuchte, seinem Bruder eine Tafel Schoko­lade aus der Hand zu reißen.

Pablo, der Hund der Jülichs, sprang aufgeregt um die beiden herum. Er schien das Ganze für ein lustiges Spiel zu halten.

»Schluss jetzt!«, rief Frau Jülich. »Hört sofort auf damit.«

Kim schnappte sich kurzerhand die Schokolade. »Wenn zwei sich streiten, freut sich die Dritte.« Sie lächelte. »Zufällig gehört diese Tafel mir. Nett, dass ihr mich daran erinnert. Ich wollte sowieso noch Reiseproviant einpacken.«

»Manno«, maulte Ben. »Das ist gemein.«

Frau Jülich warf einen Blick auf die Uhr über der Küchentür. »Beeilung, Jungs, ihr werdet gleich abgeholt.«

Die Zwillinge sprangen auf und verschwanden nach oben. Sie fuhren heute für fünf Tage ins Fußballcamp und darauf freuten sie sich schon seit Wochen.

Im Gegensatz zu ihren Brüdern konnte Kim Sport nichts abgewinnen. Sie lag lieber auf dem Sofa, las einen spannenden Krimi und knabberte Schokolade. Am liebsten ging sie jedoch mit ihren Freundinnen Franzi und Marie auf Verbrecherjagd. Zu dritt waren sie Die drei !!! und hatten schon achtzig Fälle gelöst – eine absolute Erfolgsquote!

»Kim!« Die Stimme von Herrn Jülich ertönte. »Kannst du mir mal mit den Kisten helfen?«

»Klar.« Kim verließ die Küche, stopfte die Schokoladentafel im Vorbeigehen in ihren Rucksack unter der Garderobe und lief nach draußen.

In der Einfahrt parkte der Familienkombi. Die Kofferraumklappe war geöffnet und Kims Vater wuchtete gerade eine schwere Holzkiste hinein.

»Im Schuppen stehen noch zwei Kisten«, keuchte Herr ­Jülich.

Gemeinsam schleppten Kim und ihr Vater die Kisten zum ­Auto und verstauten sie im Kofferraum.

»Ich wusste gar nicht, dass Kuckucksuhren so schwer sind.« Kim wischte sich eine Schweißperle von der Stirn.

»Meine Kuckucksuhren sind eben echte Wertarbeit«, stellte Herr Jülich zufrieden fest. »Ich bin gespannt, wie sie bei den Besuchern der Ausstellung ankommen.«

Kims Vater war Uhrmacher und hatte sich vor einer Weile mit einer eigenen Kuckucksuhren-Werkstatt selbstständig ­gemacht. In den Herbstferien wollte er seine handgefertig­ten Einzelstücke auf einer Kuckucksuhren-Ausstellung im Schwarzwald präsentieren, um sie einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Und das Beste war: Kim, Franzi und ­Marie durften mitfahren!

Kim warf einen Blick in den Kofferraum, der schon ziemlich voll war. »Hoffentlich passt unser Gepäck noch rein. Ich hol schon mal meinen Koffer. Franzi und Marie müssten auch gleich kommen.« Sie lief zurück ins Haus.

Die Zwillinge polterten gerade mit ihren Sporttaschen die Treppe hinunter.

»Geht noch mal aufs Klo«, mahnte Frau Jülich.

»Mama!«, riefen Kim, Ben und Lukas gleichzeitig.

Ausnahmsweise war Kim der gleichen Meinung wie ihre Brüder: Manchmal benahm sich ihre Mutter echt peinlich!

Als Kim mit ihrem Koffer aus dem Haus kam, fuhr der Wagen von Familie Winkler vor. Franzi und Marie sprangen heraus.

»Da sind wir!« Franzi stürmte zu Kim und umarmte sie. »Ich freu mich schon so auf die Reise.«

»Und ich erst.« Marie zupfte eine blonde Haarsträhne zurecht, die sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst hatte.

Frau Winkler, die die Mädchen hergefahren hatte, begrüßte Kims Eltern.

»Dann kann’s ja losgehen.« Herr Jülich verstaute das Gepäck im Kombi. Es passte gerade so rein. Maries Koffer war besonders schwer. »Himmel, was hast du denn alles eingepackt?«, wunderte sich Kims Vater.

»Nur das Nötigste«, behauptete Marie mit Unschuldsmiene.

Kim lachte. »Das bedeutet bei Marie fünf Paar Schuhe, drei Outfits pro Tag und ein Schminkset, das jeden Filmstar vor Neid erblassen lassen würde.«

»Gar nicht wahr«, erwiderte Marie etwas beleidigt.

»War doch nur ein Witz«, sagte Kim versöhnlich. Sie umarmte ihre Mutter zum Abschied. »Tschüss, Mama.«

Herr Jülich gab seiner Frau einen Kuss. »Übernimm dich nicht, okay? Erhol dich auch ein bisschen und genieß die ­Ruhe.«

Kims Mutter war Direktorin einer Grundschule und hatte vor einer Weile eine Weiterbildung als Vertrauenslehrerin absolviert. Sie war immer im Stress und wollte die Ferien nutzen, um einiges nachzuarbeiten.

Die drei !!! stiegen ins Auto, während Herr Jülich hinter dem Steuer Platz nahm. Kim winkte den Zwillingen zu, die auf dem Rasen vor dem Haus einen alten Fußball hin und her kickten.

»Tschüss, Planschkuh!«, rief Lukas und Ben verzog das Gesicht zu einer Zombie-Grimasse.

Kim grinste und streckte ihren Brüdern die Zunge heraus. Dann bog der Wagen um die Straßenecke und das Haus verschwand aus ihrem Blickfeld. Kim lehnte sich auf dem Bei­fah­rersitz zurück. Endlich war es so weit: Die Reise begann!

»Was ist das eigentlich genau für eine Ausstellung, zu der wir fahren?«, erkundigte sich Marie.

»Die Ausstellung heißt Kuckucksuhren im Wandel der Zeiten«, erklärte Herr Jülich. »Nur ausgewählte Kuckucksuhren­hersteller dürfen dort ausstellen und die meisten kommen aus dem Schwarzwald.«

»Warum?«, fragte Franzi.

»Im Schwarzwald werden schon seit dem 18. Jahrhundert ­Kuckucksuhren hergestellt. Es gibt dort die Deutsche Uhrenstraße, die zum Beispiel nach Schonach zur größten Kuckucksuhr der Welt führt.«

»Wahnsinn.« Kim unterdrückte ein Lächeln. Ihr Vater sah aus wie ein Kind, das vom Weihnachtsmann erzählt. Kuckucks­uhren waren seine große Leidenschaft.

»Es soll auch tolle Wanderwege im Schwarzwald geben«, sagte Franzi. »Ich hab uns schon ein paar rausgesucht.«

»Muss das sein?« Kim verzog das Gesicht. Allein von dem ­Gedanken an eine längere Wanderung bekam sie Muskelkater in den Beinen.

»Stell dich nicht so an«, sagte Franzi streng. Etwas versöhn­licher fügte sie hinzu: »Hinterher bekommst du auch ein Stück Schwarzwälder Kirschtorte.«

Kim fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Das hört sich schon besser an.«

»Und nach dem Wandern gehen wir in die Sauna und entspannen bei Massage, Gesichtsmaske und Fußbad«, schlug Marie vor.

»Klingt gut.« Kim gähnte und rutschte tiefer in den Sitz.

Vielleicht hätte sie gestern doch früher ins Bett gehen sollen. Sie hatte bis nach Mitternacht am Computer gesessen und an dem Fantasy-Krimi gearbeitet, den sie zusammen mit ihrem Freund David schrieb. Sie wechselten sich von Kapitel zu Kapitel ab und es lief gerade richtig gut.

»Freut ihr euch auch so, dass endlich Ferien sind?«, fragte Franzi in Kims Gedanken hinein.

Marie nickte. »Und ob! Die letzten Wochen waren echt stressig. Ich hatte ständig Proben mit der Theater-AG. Außerdem Gesangsunterricht, Yoga-Stunden und der Tanz-Workshop letztes Wochenende …«

»Wie schaffst du es bei all deinen Hobbys eigentlich noch, Holger zu treffen?«, erkundigte sich Kim.

»Gar nicht.« Marie seufzte. »Wir haben uns in letzter Zeit kaum gesehen.«

»Nervt dich das nicht?«, fragte Franzi.

»Doch, natürlich.« Marie zögerte. »Und nicht nur mich. Holger war letzte Woche richtig sauer, weil ich unser Treffen absagen musste. Mir ist eine Theater-Probe dazwischengekommen. Ich kriege einfach nicht alles unter einen Hut!«

Marie hatte schon immer viele Interessen gehabt, aber in letzter Zeit wurde ihr manchmal alles zu viel.

»Klingt nach Freizeitstress«, stellte Kim fest. »Dagegen solltest du etwas tun.«

»Was denn?«

»Wie wär’s, wenn du etwas kürzertrittst?«, schlug Franzi vor. »Gib eins deiner Hobbys auf. Oder auch zwei.«

»Ernsthaft?« Marie sah ihre Freundin entsetzt an.

»Ich finde die Idee super«, sagte Kim.

Marie seufzte. »Aber was soll ich denn weglassen?«

»Wehe, du hängst den Detektivclub an den Nagel«, drohte Franzi halb im Scherz.

Marie schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall. Die drei !!! ­stehen bei mir natürlich an allererster Stelle.«

»Du wirst bestimmt eine gute Lösung finden«, sagte Kim.

»Ich soll euch übrigens von Blake grüßen«, fiel Franzi ein.

»Danke.« Kim drehte sich zu ihrer Freundin um. »Wie geht’s ihm denn so in Kalifornien?«

Franzis Freund Blake war vor zwei Monaten in die USA ge­flogen, wo er ein Highschooljahr in Fontana absolvierte.

»Ganz gut, glaub ich.«

»Glaubst du?«, hakte Marie nach.

»Wir haben uns länger nicht gesprochen. Meine Eltern haben mir verboten, mit Blake zu skypen, wenn am nächsten Tag Schule ist.«

Wegen der Zeitverschiebung telefonierten Franzi und Blake meistens nachts, was dazu geführt hatte, dass Franzi permanent müde war.

Kim sah ihre Freundin mitfühlend an. »Das ist bestimmt schlimm für dich.«

Franzi nickte. »Manchmal hab ich das Gefühl, gar nichts mehr von Blakes Leben mitzubekommen. Dann ist er mir richtig fremd.«

»So eine Fernbeziehung ist echt nicht leicht«, sagte Marie.

»Ihr schafft das schon.« Kim lächelte Franzi zu.

Ihr Vater trommelte nervös mit den Fingern aufs Lenkrad. »Das darf doch nicht wahr sein!«

Umleitung ins Unwetter

»Was ist denn los?«, fragte Kim, aber im nächsten Moment sah sie es selbst. »Oh nein, Stau!«

Die Autos vor ihnen fuhren immer langsamer. Einige hatten die Warnblinkanlage eingeschaltet.

»Mal sehen, was der Verkehrsfunk sagt.« Kims Vater schaltete das Radio ein.

Die Stimme des Moderators ertönte: »… wurde soeben ein Unfall gemeldet. Die Autobahn ist in Richtung Süden voll gesperrt. Bitte umfahren Sie diesen Bereich weiträumig.«

Herr Jülich seufzte. »Mist! Das kann dauern …«

»Ich such nach einer Umleitung.« Kim zückte ihr Handy.

»Am besten, wir fahren ab, bevor nichts mehr geht.« Ihr ­Vater wechselte auf die rechte Spur.

Mittlerweile rollten sie nur noch im Schritttempo. Es dauerte ewig, bis die nächste Ausfahrt in Sicht kam, doch irgendwann hatten sie es geschafft. Herr Jülich setzte den Blinker und verließ die Autobahn. Leider war er nicht der Einzige. Stoßstange an Stoßstange schoben sich die Autos über den Asphalt.

»Wir könnten die Landstraße nehmen.« Kim hatte eine Umgebungskarte aufgerufen und versuchte, sich in dem Gewirr aus Straßen und Orten zurechtzufinden. »Die Strecke führt allerdings durch ein großes Waldgebiet und sieht ziemlich kurvig aus.«

»Egal«, sagte Marie. »Alles ist besser, als stundenlang im Stau zu stehen.«

Sie hatten das Ende der Abfahrt erreicht und fuhren auf der Landstraße weiter. Erst war es noch ziemlich voll, aber nach einer Weile löste sich der Verkehr auf und sie kamen gut voran. Die Strecke führte in sanften Kurven zwischen abgemähten Wiesen und gelben Stoppelfeldern hindurch. Am Straßenrand standen knorrige Apfelbäume und in einiger Entfernung türmten sich dunkle Wolken am Himmel.

»Ich fürchte, wir bekommen ein Unwetter«, sagte Herr ­Jülich.

Sie hatten gerade das Waldgebiet erreicht, das Kim auf der ­Karte gesehen hatte, als der Himmel alle Schleusen öffnete. Der Regen prasselte so heftig aufs Autodach, dass der Nachrichtensprecher im Radio nicht mehr zu verstehen war. Herr Jülich drosselte das Tempo. Er stellte die Scheibenwischer auf die höchste Stufe, doch sie kamen kaum gegen die Wasser­massen an.

Kim blinzelte durch die Frontscheibe. Die kurvige Straße war nur verschwommen zu erkennen. Rechts und links erhoben sich hohe Tannen, deren dichte Zweige wenig Licht durchließen. Vom Himmel war kaum etwas zu sehen. Obwohl es ­mitten am Nachmittag war, wurde es beinahe dunkel. Die Schein­werfer des Wagens tasteten sich über den regennassen Asphalt.

»Das ist ja eine richtige Sintflut«, stellte Franzi fest.

»Allerdings.« Herr Jülich blickte konzentriert auf die Straße, die sich in unvorhersehbaren Kurven und Schlaufen durch den düsteren Wald wand.

Plötzlich zuckte ein greller Blitz zwischen den Bäumen hindurch, gefolgt von grollendem Donner. Kims Hand wanderte automatisch zu ihrem Rucksack, der neben ihr im Fußraum stand. Sie zog die Tafel Schokolade heraus, die sie ihren Brüdern abgenommen hatte, riss das Papier auf und brach ein Stück ab.

»Also, ich brauche jetzt dringend etwas Nervennahrung. Wollt ihr auch?« Kim redete extra laut, um den Regen zu übertönen.

»Gerne.« Franzi griff nach der Schokolade.

Anschließend bedienten sich Marie und Herr Jülich. Eine Unterhaltung war wegen des heftigen Prasselns kaum möglich und angespanntes Schweigen breitete sich im Auto aus. Das Wasser klatschte gegen die Scheiben und es war fast, als würden sie über den Grund eines Sees fahren. Beinahe erwartete Kim, Fische am Fenster vorbeischwimmen zu sehen. Statt­dessen blitzte es noch einmal. Der darauffolgende Donnerschlag war so laut, dass Kim zusammenzuckte.

»Das hat garantiert irgendwo eingeschlagen!«, rief Franzi.

Kim schluckte. Sie hätte gerne noch mehr Schokolade ge­gessen, aber von der Tafel war nichts mehr übrig.

In diesem Moment begann der Motor zu stottern.

»Was ist denn das?« Herr Jülich runzelte die Stirn.

Eine Lampe am Armaturenbrett blinkte auf. Das Auto ruckte, der Motor würgte, gurgelte – und verstummte.

»Verdammt!«, schimpfte Kims Vater, während der Wagen ausrollte und am Straßenrand stehen blieb. Herr Jülich versuchte, den Motor neu zu starten. Nichts passierte. Genauso wie beim zweiten, dritten und vierten Versuch.

»Was ist los?«, wollte Kim wissen.

»Frag mich was Leichteres.« Ihr Vater fuhr sich ratlos durch die Haare. »Der Wagen hat in letzter Zeit schon ein paarmal merkwürdige Geräusche gemacht. Eigentlich wollte ich ihn längst in die Werkstatt bringen, aber die hatten keinen Termin mehr frei.« Er griff nach seiner Jacke. »Ich schau mir das mal an.«

Während ihr Vater ausstieg, sich die Jacke über den Kopf hielt und um den Wagen herumlief, starrte Kim missmutig aus dem Fenster. Hätten sie doch bloß nicht diese blöde Umleitung genommen! Draußen bewegten sich die Zweige der Tannen im Wind. Weit und breit war kein anderer Wagen zu sehen. Niemand würde ihnen helfen. Sie saßen in diesem verdammten Wald fest.

Kurze Zeit später wurde die Motorhaube zugeschlagen, die Fahrertür öffnete sich und Herr Jülich ließ sich auf den Sitz fallen.

»Und?«, fragte Franzi.

Kims Vater zuckte mit den Schultern »Ich bin Uhrmacher, kein Automechaniker. Keine Ahnung, was mit dem Motor los ist.« Aus seinen Haaren tropfte das Wasser.

In der Ferne leuchtete der Himmel auf und es grummelte. Das Gewitter zog weiter. Auch der Regen schien allmählich nachzulassen.

»Was machen wir jetzt?«, fragte Kim.

Ihr Vater seufzte. »Ich fürchte, wir müssen den Wagen abschleppen lassen.« Er zog sein Handy hervor und warf einen Blick auf das Display. »Mist, kein Empfang! Wie sieht’s bei euch aus?«

Kim, Franzi und Marie kontrollierten ihre Handys. Niemand hatte Netz.

»Wir sitzen offenbar in einem Funkloch.« Herr Jülich steckte sein Handy weg. »Auch das noch! Wisst ihr was? Wir suchen uns jetzt eine Unterkunft für die Nacht. Heute können wir sowieso nicht mehr weiterfahren.«

»Wo sollen wir denn hier übernachten?« Kim runzelte die Stirn.

»Ich glaube, weiter hinten stand ein Hinweisschild an der Straße«, sagte Franzi. »Vielleicht gibt es hier ja irgendwo ein Hotel oder eine Pension.«

»Auf geht’s.« Herr Jülich öffnete die Tür und stieg aus.

Die drei !!! suchten ihre Sachen zusammen und kletterten aus dem Wagen. Kim schlüpfte in ihre Regenjacke und zog sich die Kapuze über den Kopf. Der Regen war in feines Nieseln übergegangen und die feuchte Luft legte sich wie ein Tuch auf Kims Gesicht.

Ihr Vater hatte die Kofferraumklappe geöffnet und reichte den Mädchen ihr Gepäck. Dann schloss er den Wagen ab und griff nach seinem Koffer. Schweigend marschierten sie auf der Landstraße ein Stück zurück. Das Rattern der Rollkoffer übertönte das leise Rauschen des Windes in den Baumwipfeln. Direkt neben der Straße gurgelte ein Bach. Sonst war nichts zu hören.

»Da ist es ja!« Franzi zeigte auf ein windschiefes Schild am Straßenrand. Es war teilweise mit Moos bewachsen und die altmodischen Buchstaben waren verblasst.

Kim brauchte eine Weile, um die Schrift zu entziffern. »Schlosshotel Waldesruh«, las sie vor.

»Na also.« Herr Jülich lächelte erleichtert. »Das klingt doch gut. Hier geht’s lang.«

Sie folgten dem Pfeil auf dem Schild und bogen in einen schlammigen Weg ein, der noch tiefer in den Wald führte. Der Asphalt war alt und an vielen Stellen aufgeplatzt. Moos und Gras wucherten aus den Rissen.

»Igitt!« Marie war in eine Pfütze getreten. Das Wasser spritzte nach allen Seiten. »Jetzt hab ich nasse Füße. Und meine neuen Sneaker sind ruiniert.« Unglücklich starrte sie auf ihre Turnschuhe, die bis gerade eben zartrosa gewesen waren. Jetzt spielte der Ton ins Schlammfarbene.