Die Göttliche Komödie. Illustrierte Ausgabe - Dante Alighieri - E-Book

Die Göttliche Komödie. Illustrierte Ausgabe E-Book

Dante Alighieri

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Beschreibung

Der Dichter Dante unternimmt eine Reise durch Hölle und Fegefeuer bis hinauf ins Paradies. In dem Gedicht wird der Pilger Dante von drei Führern begleitet: Virgil, der die menschliche Vernunft repräsentiert und ihn durch das gesamte Inferno und den größten Teil des Purgatorio führt; Beatrice, die neben Theologie, Gnade und Glauben auch die göttliche Offenbarung repräsentiert und ihn ab dem Ende des Purgatorio führt; und der heilige Bernhard von Clairvaux, der den kontemplativen Mystizismus und die Verehrung der Gottesmutter Maria repräsentiert und ihn in den letzten Gesängen des Paradiso führt. Die “Göttliche Komödie” kann als Allegorie beschrieben werden: Jeder Gesang und die darin enthaltenen Episoden können viele alternative Bedeutungen enthalten. Das Gedicht wird oft für seine besonders menschlichen Qualitäten gelobt: Dantes geschickte Beschreibung der Charaktere, denen er in der Hölle, im Fegefeuer und im Paradies begegnet, seine bittere Anprangerung der florentinischen und italienischen Politik und seine starke poetische Fantasie. Diese Ausgabe ist geschmückt mit Illustrationen von Gustave Doré.

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DANTE ALIGHIERI

DIE GÖTTLICHE KOMÖDIE

 

Neu übersetzt in deutschen Terzinen vonRichard Zoozmann

 

 

 

Mit 16 Bildern von Gustav Doré

DIE GÖTTLICHE KOMÖDIE wurde in der vorliegenden Form zuerst veröffentlicht vom Hesse & Becker Verlag, Leipzig 1928.

 

Diese Ausgabe wurde aufbereitet und herausgegeben von

© apebook Verlag, Essen (Germany)

www.apebook.de

1. Auflage 2023

 

V 1.0

 

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über www.dnb.d-nb.de abrufbar.

 

 

Illustrierte Ausgabe

ISBN 978-3-96130-556-8

 

Buchgestaltung: SKRIPTART, www.skriptart.de

 

 

Books made in Germany with

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

DIE GÖTTLICHE KOMÖDIE. Illustrierte Ausgabe

Impressum

DIE HÖLLE

Erster Gesang

Zweiter Gesang

Dritter Gesang

Vierter Gesang

Fünfter Gesang

Sechster Gesang

Siebenter Gesang

Achter Gesang

Neunter Gesang

Zehnter Gesang

Elfter Gesang

Zwölfter Gesang

Dreizehnter Gesang

Vierzehnter Gesang

Funfzehnter Gesang

Sechzehnter Gesang

Siebzehnter Gesang

Achtzehnter Gesang

Neunzehnter Gesang

Zwanzigster Gesang

Einundzwanzigster Gesang

Zweiundzwanzigster Gesang

Dreiundzwanzigster Gesang

Vierundzwanzigster Gesang

Fünfundzwanzigster Gesang

Sechsundzwanzigster Gesang

Siebenundzwanzigster Gesang

Achtundzwanzigster Gesang

Neunundzwanzigster Gesang

Dreißigster Gesang

Einunddreißigster Gesang

Zweiunddreißigster Gesang

Dreiunddreißigster Gesang

Vierunddreißigster Gesang

DER LÄUTERUNGSBERG

Erster Gesang

Zweiter Gesang

Dritter Gesang

Vierter Gesang

Fünfter Gesang

Sechster Gesang

Siebenter Gesang

Achter Gesang

Neunter Gesang

Zehnter Gesang

Elfter Gesang

Zwölfter Gesang

Dreizehnter Gesang

Vierzehnter Gesang

Funfzehnter Gesang

Sechzehnter Gesang

Siebzehnter Gesang

Achtzehnter Gesang

Neunzehnter Gesang

Zwanzigster Gesang

Einundzwanzigster Gesang

Zweiundzwanzigster Gesang

Dreiundzwanzigster Gesang

Vierundzwanzigster Gesang

Fünfundzwanzigster Gesang

Sechsundzwanzigster Gesang

Siebenundzwanzigster Gesang

Achtundzwanzigster Gesang

Neunundzwanzigster Gesang

Dreißigster Gesang

Einunddreißigster Gesang

Zweiunddreißigster Gesang

Dreiunddreißigster Gesang

DAS PARADIES

Erster Gesang

Zweiter Gesang

Dritter Gesang

Vierter Gesang

Fünfter Gesang

Sechster Gesang

Siebenter Gesang

Achter Gesang

Neunter Gesang

Zehnter Gesang

Elfter Gesang

Zwölfter Gesang

Dreizehnter Gesang

Vierzehnter Gesang

Funfzehnter Gesang

Sechzehnter Gesang

Siebzehnter Gesang

Achtzehnter Gesang

Neunzehnter Gesang

Zwanzigster Gesang

Einundzwanzigster Gesang

Zweiundzwanzigster Gesang

Dreiundzwanzigster Gesang

Vierundzwanzigster Gesang

Fünfundzwanzigster Gesang

Sechsundzwanzigster Gesang

Siebenundzwanzigster Gesang

Achtundzwanzigster Gesang

Neunundzwanzigster Gesang

Dreißigster Gesang

Einunddreißigster Gesang

Zweiunddreißigster Gesang

Dreiunddreißigster Gesang

Aus dem Nachwort zur ersten Ausgabe

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Zu guter Letzt

DIE HÖLLE

 

 

»Es beginnt die Komödie des Dante Alighieri, Florentiners von Geburt, nicht von Sitten.«

 

ERSTER GESANG

Ich fand mich, grad in unseres Lebens Mitte,In einem finstern Wald zurück, verschlagen,weil ich vom rechten Pfad gelenkt die Schritte.

    Ha! wie er ausgesehn ist hart zu sagen,Der wüste Wald mit wildverwachsenen Strecken,Daß in Gedanken sich erneut mein Zagen.

    So herb ists, herber kann der Tod nicht schmecken.Doch um vom Heile, das ich dort gefunden,Zu melden, muß ich anderes erst entdecken.

    Wie ich hineinkam, kann ich nicht bekunden,So tief war ich zur Zeit vom Schlaf benommen,Als meinem Blick der wahre Weg entschwunden.

    Doch nun an eines Hügels Fuß gekommen,Wo dieses Tal zu seinem Ende gleitet,Das mir mit Bangen hielt das Herz beklommen,

    Blickt ich empor und sah schon hingebreitetAuf Bergesschultern den Planeten prangen,Der uns auf jedem Wege richtig leitet.

    Da war ein wenig gleich die Furcht vergangen,Die auf des Herzens See mir angedauertDie Nacht, die ich durchlebt in solchem Bangen.

    Und wie, wer atemlos und angstdurchschauertDem Meer entrann und nun zurückgebogenVom Strande späht zur Flut, die tückisch lauert,

     So wandte auch, noch immer fluchtbewogen,Mein Geist sich rückwärts, auf den Engpaß blickend,Draus nie ein Wesen lebend heimgezogen.

    Nach kurzer Rast, dem müden Leib erquickend,Klomm ich weiter bergan am öden Hange,Immer zum tiefern Fuß den Stützpunkt schickend.

    Und sieh! wo steil beginnt die Felsenwange,Ein Panther, mit geflecktem Fell die GliederBedeckt, geschmeidig und behend im Gange,

    Der wich vor meinem Angesicht nicht wieder;Nein, hemmte so mich, daß ich, statt nach oben,Mehrmals aufs neu zum Walde wollte nieder.

    Die Zeit wars, als der Morgen sich erhoben.Die Sonne stieg, vom gleichen SternenbildeUmkränzt, als erstmals Gottesliebe droben

    Die Welten umschwang durch des Alls Gefilde,So daß mit neuer Hoffnung mich belebtenAuf Rettung vor dem buntgefleckten Wilde

    Frühlicht und Frühling, die mich hold umwebten.Doch so nicht, daß die Sinne mir im neuenSchreckanblick eines Löwen nicht erbebten –

    Der mir erhobenen Hauptes schien zu dräuenUnd sich voll Hungers wider mich zu rüsten,Daß selbst die Luft sich schien vor ihm zu scheuen –

    Und einer Wölfin, die von allen LüstenMir trächtig schien trotz ihren dürren Weichen,Alsob durch sie schon viel sich grämen müßten.

    Die machte also meinen Mut erbleichenDurch ihren Blick, drob ich vor Furcht erschauert,Daß ich die Höh nicht hoffte zu erreichen.

    Und jenem gleich, der gern Gewinn erlauert,Und kommt die Zeit, wo sich Verluste zeigen,Was auch sein Denken ist, er weint und trauert,

     So schuf das Tier mich, dem kein Friede eigen,Indem sichs schrittweis nähernd mich im GrimmeZurücktrieb, wo die Sonnenstrahlen schweigen.

    Indes ich fliehend noch bergabwärts klimme,Auftauchte da vor meinem Blicke einer,Der vor Erschöpfung scheinbar ohne Stimme.

    »Wer du auch seist,« begann ich, als ich seinerAnsichtig ward in solcher wüsten Heide,»Ob Schatten oder Mensch, erbarm dich meiner«. –

    »Nicht Mensch; Mensch war ich,« gab er zum Bescheide.»Und meine Eltern einst Lombarden waren;Denn Mantua war Heimatstadt für beide.

    Gezeugt, zwar spät, sub Julio dem Zäsaren,Lebt ich in Rom zur Zeit Augusts des Guten,Als Lügengötter Ehrfurcht noch erfahren.

    Ich war Poet und sang den frommgemutenAnchisessohn, der Troja mußte meiden,Als Ilions Pracht versank in Staub und Gluten.

    Doch du, was kehrst du um zu solchen Leiden?Was steigst du nicht, um auf dem Berg der Wonnen,Des Glückes Grund und Anfang, dich zu weiden?« –

    »So bist du denn Vergil, bist jener Bronnen,Dem reich des Wohllauts voller Strom entflossen?«Sprach ich zu ihm, die Stirn von Scham umronnen.

    »Du Licht und Ehre der Apollgenossen,Gieb, daß mir zur Empfehlung nun gedeiheInbrunst und Fleiß, die mir dein Werk erschlossen.

    Vorbild und Meister, dank ich deiner WeiheDoch nur den schönen Stil, der mir verliehen,Drob man ein wenig Ruhm mir prophezeie.

    Sieh dort das Tier, davor ich im Entfliehen.Hilf mir, ruhmvoller Weiser, ihm entrinnen;Durch Puls und Adern läßt mirs Schauder ziehen.« –

     »Auf einem andern Weg mußt du vonhinnen,«Sprach er zu mir, den Tränen ganz bezwungen,»Um aus der Wüste Rettung zu gewinnen.

    Denn dieses Tier, das dich mit Furcht durchdrungen,Läßt keinen fahrlos wandeln seine Straße,Nein, hemmt solang ihn, bis es ihn verschlungen.

    Voll Trug und Tücke steckts in solchem Maße,Daß seine Lüste unersättigt bleiben,Und stärker hungerts nach als vor dem Fraße.

    Viel Tiere sinds, die sich mit ihm beweiben,Und mehr noch folgen, bis sich wird erhebenDer Jagdhund, es in bittern Tod zu treiben.

    Dem wird nicht Erz noch Erde Nahrung geben,Doch Weisheit, Liebe, Tugend wird ihm munden;Und zwischen Filz und Filz entsprießt sein Leben.

    Italien wird durch ihn der Schmach entbunden,Drob Turnus und Kamilla einst erlagen,Euryalus und Nisus ihren Wunden.

    Er wird das Tier durch alle Städte jagenBis ers zurückscheucht in die Höllenschlünde,Daraus der Urneid es ans Licht getragen.

    Drum denk ich, daß es besser um dich stünde,Wenn du mir folgst, daß ich dir Rettung leihe,Von hier dich führend durch die ewigen Gründe.

    Dort wirst du hören der Verzweiflung Schreie,Der Vorwelt Geister schauen, die jammernd flehen,Daß sie ein zweiter Tod von Schmerz befreie.

    Wirst andre dann in Feuersgluten sehenUnd dennoch froh, weil sie der Hoffnung leben,Wie spät es sei, zur Seligkeit zu gehen.

    Willst du zu diesen dich alsdann erheben,Kommt eine Seele, würdiger im Preise;Der werd ich dich beim Abschied übergeben.

     Denn der als Kaiser herrscht im HimmelskreiseWill nicht, weil widerstrebt ich seinen Worten,Daß irgendwen zu seiner Stadt ich weise.

    Er herrscht im Weltall, doch regiert nur dorten,Wo seine Stadt ist, und sein Thron zu sehen:O selig! den er ruft zu ihren Pforten.«

    Und ich zu ihm: »Poet, laß dich erflehenBei jenem Gotte, dem du fremd verbliebest.Um diesem Weh und schlimmerem zu entgehen,

    Bring mich, wie du zu sagen jetzt beliebest,Hin wo Sanktpeters Pforten mir erscheinenUnd sie, die als so traurig du beschriebest.«

ZWEITER GESANG

Der Tag entwich, und Nacht mit dunkelm ScheineNahm ab den Wesen, die auf Erden leben,All ihre Mühsal; und ich ganz alleine

    Hielt mich bereit, den Wettkampf anzuheben,Um Wegesmüh und Mitleid zu erproben,Davon Erinnrung treues Bild soll geben.

    O Musen, helft, und hoher Geist dortoben!Gedächtnis, das du schriebst, was ich gesehen,Hier zeige, wie dein Adelsinn zu loben.

    Und so begann ich: »Dichter, eh wir gehen,Prüf meine Kraft, ob sie dazu wird langen,Wenn du mich lässest schweren Weg bestehen.

    Du sagst, des Silvius Vater sei gegangen,Obwohl er noch hinfällig Fleisch gewesen,Zur ewigen Welt hinab, vom Leib umfangen.

    Doch ließ des Bösen Feind ihn des genesenIn Gnaden, eingedenk der hohen Taten,Dazu nach Art und Wirkung er erlesen,

    So billigts jeder, den Vernunft beraten.Sein Anspruch darf sich auf den Himmel gründenAls Vater Roms und Stifter seiner Staaten.

    Denn beides war doch, will man Wahrheit künden,Vorausbestimmt zum Heilsort, daß die ThroneDort für des größeren Petri Erben stünden.

    Ihm gab die Wandrung, die du rühmst, zum LohneErkenntnis hoher Dinge; sie errangenDen Sieg ihm und nachher die Papsteskrone.

    Auch durfte das Gefäß dahingelangen,Das auserwählt zur Stärkung für den Glauben,Aus dem von je der Heilsweg angefangen.

    Doch ich, warum hingehn? Wer wirds erlauben?Ich bin Äneas nicht noch Paulus. Keiner,Ich gar nicht, darf so hoch den Anspruch schrauben.

    Und wag ichs dennoch, fürcht ich, daß man meinerTörichten Wandrung lache. Dieses BangenVerstehst du Weiser eher, als sonst einer.«

    Und jenem gleich, der aufgiebt sein VerlangenUnd neuem Plan zulieb verfällt ins Schwanken,Bis gänzlich er verzichtet anzufangen,

    So ich. Grübelnd verzehrten die GedankenIm dunkeln Tal den Plan, der erst mich freute,Den ich ergriff im Anfang ohne Wanken.

    »Wenn ich mir deine Worte richtig deute,«Ließ des Erhabenen Schatten sich vernehmen,»Ist deine Seele jener Feigheit Beute,

    Der oft sich schwache Menschen anbequemen,Bis sie sie schreckt vom ehrenvollsten Wege,Alsob ein Tier sich scheut vor einem Schemen.

     Vernimm, damit sich diese Furcht dir lege,Warum ich kam und was ich hörte eben,Als Mitleid mir mit dir zuerst ward rege.

    Bei denen war ich, die im Zweifel schweben;Da rief ein selig Weib mich, schön zu schauen,Daß ich sie bat, Befehle mir zu geben.

    Ihr Auge schien ein Stern in Himmelsauen,Und sie begann zu reden sanft und leise,Wie man es hört von Engelslippen tauen:

    ›O Mantuanergeist, zu dessen PreiseDer Ruhm auf Erden niemals Schweigen kannteNoch schweigen wird, solang die Welt nur kreise:

    Mein Freund, den nie Fortuna Freund benannte,An wüster Felswand irrt der FurchtverstörteVom Wege ab, weil er sich rückwärtswandte.

    Auch fürcht ich, ging so irr schon der Betörte,Daß ich zu spät erschien im HelferdrangeNach dem, was ich im Himmel von ihm hörte.

    Nun eile, und mit deiner Worte KlangeUnd allem, was ihn sicher läßt entrinnen,Sei ihm solch Helfer, daß ich Trost erlange.

    Ich, Beatrice, sende dich vonhinnen;Ich komm daher, wohin ich wieder strebe.Aus mir spricht Liebe, sie lenkt mein Beginnen.

    Wenn ich vor meinem Herrn erst wieder schwebe,Will ich dich oft ihm nennen, dir zum Preise.‹Sie schwieg darauf. Und ich nun Antwort gebe:

    ›O Weib, an Tugend reich, die einzigerweiseDie Menschheit läßt ob allem Inhalt ragenDes Himmels, der sich dreht im engsten Kreise,

    Es schafft mir dein Befehl soviel Behagen,Daß Raschgehorchen Säumnis noch zu nennen.Du brauchst den Wunsch nicht dringlicher zu sagen.

     Doch warum scheinst du keine Furcht zu kennenUnd bist hierher zum Mittelpunkt gestiegen,Wenn Heimweh dich schon wieder ließ entbrennen?‹

    ›Weil gar soviel dir scheint daran zu liegen,‹Sprach sie, ›vernimm in Kürze denn, weswegenDer Herweg mir nicht ließ den Mut versiegen.

    Furcht soll man nur vor solchen Dingen hegen,Die mit der Macht begabt sind, uns zu schaden;Vor andern nicht, weil Furcht sie nicht erregen.

    Geartet bin ich so von Gottes Gnaden,Daß eure Erdennot mich nie beschleiche,Noch mich verletze dieser Brand und Schwaden.

    Es klagt ein edles Weib im HimmelreicheDer Hemmung halb, dahin ich dich nun schicke,Daß droben sie den harten Spruch erweiche.

    Die rief Lucien an im Augenblicke:»Soll ferner noch dein Treuer auf dich halten,Nimm sein dich an, daß Rettung ihn erquicke.«

    Lucia, feindlich allem rauhen Walten,Erhob sich schnell, daß sie am Ort erscheine,Allwo ich neben Rahel saß, der alten,

    Sprach: »Beatrice, Gottgelobte, Reine,Was hilfst du diesem nicht, der dir zuliebeDen Schwarm des Pöbels mied und das Gemeine,

    Alsob dein Ohr taub seinem Wehruf bliebe?Sahst du nicht, wie er mit dem Tod gerungenIn Wogen, wie kein Meer sie wilder triebe?«

    Nie schneller ist ein Erdenmensch gesprungen,Mag Glück ihm oder Flucht vor Unheil frommen,Als ich – da mir ans Ohr solch Wort geklungen

    Herab von meinem seligen Sitz gekommen,Vertrauend deiner edeln Rede gerne,Die dich und jeden ehrt, der sie vernommen.‹

     Sie sprachs, worauf sie ihrer Augen Sterne,In Tränen schimmernd, wieder von mir kehrte,Daß michs nur schneller hertrieb aus der Ferne.

    Und so kam ich zu dir, wie sie begehrte,Entriß dem Untier dich, das dir zum Hügel,Dem herrlichen, den kurzen Weg verwehrte.

    Und nun? Warum, warum hält dich ein Zügel?Warum im Herzen nährst du feiges Grauen?Warum sinkt dir gelähmt der Tatkraft Flügel,

    Wo doch drei hochgebenedeite FrauenIm Hof des Himmels Sorge für dich zeigen,Und solch ein Heil mein Wort dich läßt erschauen?« –

    Wie sich die Blümlein schließen und sich neigenIm Nachtfrost, aber scheint die Sonne heiter,Am Stengel offenen Kelches lichtwärtssteigen,

    So hob mein welker Mut sich tat-bereiter.Und so in Eifers Glut mein Herz entbrannte,Daß ich begann wie ein Albdruckbefreiter:

    »O wie voll Mitleid sie! die Hilfe sandte,Und huldreich du! der eilig nachgekommenDen Wahrheitsworten, die an dich sie wandte.

    Es fühlt mein Herz, von deinem Wort entglommen,Nach diesem Gange Sehnsucht, frei von Bangen,Daß ich den ersten Plan neu aufgenommen.

    Nun geh, uns beide spornt ein gleich Verlangen,Du Meister, du Gebieter und du Leiter.«So sprach ich. Und als er dann vorgegangen,

DRITTER GESANG

Durch mich gehts ein zur Stadt der Schmerzerkornen,Durch mich gehts ein zur Qual für Ewigkeiten,Durch mich gehts ein zum Volke der Verlornen.

    Den hohen Schöpfer trieb, mich zu bereiten,Gerechtigkeit, Allmacht zu offenbaren,Allweisheit und Urliebe allerzeiten.

    Vor mir war nichts Erschaffnes zu gewahrenAls Ewiges, und auch ich bin ewiger Dauer.Laßt, die ihr eingeht, alle Hoffnung fahren!

    Die Inschrift zeigte sich an einer MauerMit dunkler Farbe über einer Pforte.Drum ich: »O, Herr, der Sinn erweckt mir Schauer.«

    Da sprach der Wohlerfahrene diese Worte:»Hier können Zweifelängste nicht mehr frommenUnd jede Zagheit sterbe gleich am Orte.

    Wie ichs verhieß, sind wir zum Ziel gekommen,Wo du das schmerzgequälte Volk siehst ringen,Dem der Erkenntnis höchstes Heil genommen.«

    Dann fühlt ich seine meine Hand umschlingen.Mit heiterm Antlitz, drob ich ganz ihm traute,Führt er mich ein zu den geheimen Dingen. –

    Geseufze, Weinen hier und WehelauteHört ich die sternenlose Luft durchzischen,Daß drob mein Auge sich zuerst betaute.

    Verschiedene Sprachen, grausiges Wortvermischen,Des Zornes Schreie, schmerzliches Gestöhne,Stimmen, kreischend und dumpf, Faustschlag dazwischen,

    Schufen ringsum ein ewiges GetöneIn dieser Luft zeitloser Dämmerungen,Als tanzte kreiselnd lockerer Sand im Föhne.

     Und ich, dem Grausen hielt das Haupt umschlungen,Sprach: »Meister, welch ein Lärm wird hier erhoben?Und wer sind diese, so von Pein bezwungen?«

    Und er: »Nach diesen Chören, schmerzgewoben,Ziehn hier die trüben Seelen ihren Reigen,Die ohne Schmach und Ehre lebten droben.

    Gesellt sind sie der Rotte jener Feigen,Der Engel, die sich weder für noch gegenDen Herrgott, nein, parteilos wollten zeigen.

    Die Himmel, ungetrübten Glanz zu hegen,Stießen sie aus, doch nicht zum Höllenschlunde,Daß sich nicht Sünder brüsten ihretwegen.«

    Und ich: »Was, Meister, liegt der Pein zugrunde,Die sie so drückt zu heftigem Schmerzgewimmer?«Er sprach: »Ich geb mit kurzem Wort dir Kunde.

    Des Todes Hoffnung tagt den Bösen nimmer.Ihr Wandel hier ist solch ein lichtlos-trüber,Daß ihren Neid kein ander Los dünkt schlimmer.

    Nichts dringt von ihrem Ruhm zur Welt hinüber,Vergebens Recht und Mitleid sie erflehen.Kein Wort von ihnen, schau und geh vorüber.«

    Und, spähend, konnt ich eine Fahne sehen,Bereit, sich immerwirbelnd umzuschwingen,Alsob es sie verdrieße, stillzustehen.

    Und so gewaltige Mengen Volkes gingenIhr nach, wie ich vordem es nimmer glaubte,Daß je der Tod soviele mocht verschlingen.

    Als erst der Blick Bekannte mir erlaubteZu sehn, sah ich auch den, der durch EntsagenAus Feigheit großen Gutes sich beraubte.

    Da ward mirs deutlich, ohne noch zu fragen,Daß hier des Weges jene Memmen strebten,Die Gott und seinen Feinden mißbehagen.

     Die Elenden, die nie in Wahrheit lebten,Sie waren nackt und peinigend umflogenVon Mücken- und Wespenschwärmen, die dort webten.

    Ihr Antlitz war mit Streifen Bluts durchzogen,Die abwärtstropften, untermengt mit Zähren,Von scheußlichem Geschmeiß dann aufgesogen.

    Und als dem Blick ich Umschau ließ gewähren,Sah ich an einem großen Strom sich scharenViel Volk, und bat: »Herr, wolle mir erklären,

    Wer diese sind, die zum HinüberfahrenAus unbekanntem Antrieb so entbrennen,Soweit ich das im Zwielicht kann gewahren.«

    Er gab mir Antwort: »Alles lernst du kennen,Wenn uns der Fuß zum düstern Rand getragenDes Flusses, den sie Acheron benennen.«

    Da ließ mich Scham die Augen niederschlagen.Befürchtend, daß ihn weiteres Reden störte,Enthielt ich bis zum Flusse mich der Fragen.

    Und da! zum Strand ein Boot ich plätschern hörte,Gelenkt von einem altersbleichen Greise:»Weh euch, verworfene Seelen und betörte,

    Hofft niemals zu erschauen des Himmels Kreise!Ich führe euch,« er riefs aus rauher Kehle,»Zur ewigen Finsternis, zu Glut und Eise.

    Und du, die dort verweilt, lebendige Seele,Laß diese, deren Lebenslicht verglommen.«Doch als er sah, ich trotze dem Befehle,

    Rief er: »Hier giebt es kein Hinüberkommen!Daß dichs zu anderm Strand und Hafen trage,Muß dir dereinst ein leichteres Fahrzeug frommen.«

    Der Führer drauf: »Charon, dem Zorn entsage.Wo eins ist das Vollbringen und Verlangen,Dort will mans also! Und nicht weiter frage.«

     Da wurden glatter die behaarten WangenDem Steuermanne auf dem fahlen Sumpfe,Dem sich ums Auge Flammenräder schlangen.

    Doch jene Seelenschar, die nackte stumpfe,Erblaßte zähneklappernd voll Verzagen,Als Charons Wort erscholl, das grausigdumpfe.

    Gott und der Menschheit galt ihr lästernd Klagen.Sie fluchten Eltern, Ort und Zeit und Samen,Draus sie dem Schoß verpflanzt, der sie getragen,

    Worauf sie alle weinend näherkamenZum vielverhaßten Strand, wo bangverzagendDie Gottverächter stets ein Ende nahmen.

    Charon, der Dämon, treibt sie alle jagendMit sprühendem Blick zusammen; die da säumen,Ermuntert er, sie mit dem Ruder schlagend.

    Und wie der Herbst die Blätter von den BäumenEins nach dem andern rupft, und zwingt die Zweige,All ihren Schmuck der Erde einzuräumen,

    So Adams böse Brut beim FingerzeigeZum Strande einzeln lief, als wenn betrogenVom Lockruf Vögel ziehen zum Dohnensteige.

    So fahren sie dahin auf dunkeln Wogen,Und eh sie landen dort am Uferwalle,Sind diesseits neue schon herangezogen.

    »Mein Sohn,« der Meister gütig sprach, »sie alle,Die unter Gottes Zorn dahingegangen,Sammeln sich hier vom ganzen Erdenballe

    Und eilen, fluthinüber zu gelangen.Denn Allgerechtigkeit macht sie sich sputen,Sodaß sich in Begierde kehrt ihr Bangen.

    Kein guter Geist fuhr je durch diese Fluten.Drum, führte Charon über dich Beschwerde,So kannst du seiner Worte Sinn vermuten.«

     Als er so schloß, begann die düstere ErdeSo stark zu beben, daß ich noch vor Grausen,Denk ich daran, in Schweiß gebadet werde.

    Vom Tränenland hob sich ein Sturmwindsausen,Durchzüngelt von der Blitze roten Schlangen,Daß jeder Sinn mir unterging im Brausen.

VIERTER GESANG

Den tiefen Schlaf zersprengte mir im HaupteEin Donnerkrach, daß ich zusammenschreckteGleich einem, den Gewalt des Schlafs beraubte.

    Ich spähte ausgeruhten Auges und reckteMich auf, daß ich von meinem AufenthalteGeschärften Blicks Genaueres entdeckte.

    Und wirklich fand ich mich am Uferspalte,Der abwärtsführt zum schmerzensreichen Schlunde,Draus endlos Jammer donnernd widerschallte.

    Ob ich den Blick auch schickte tief zum Grunde,So schwarz blieb der, so neblig allerseiten,Daß ich nichts unterschied in weiter Runde.

    »Laß uns zur blinden Welt nun abwärtsgleiten,«Begann der Dichter mit ganz blassen Wangen;»Ich geh zuerst und du wirst nach mir schreiten.«

    Drauf ich, dem seine Blässe nicht entgangen:»Wie komm ich hin, wenn du des Schreckens Beute,Wo sonst von dir ich Zager Mut empfangen?«

    Und er zu mir: »Der Jammer dieser Leute,Die drunten sind, bemalt mir nur die WangeMit solchem Mitleid. Nicht als Furcht dies deute.

     Wohlauf drum, weil der Weg uns treibt, der lange.« –So schritt er zu und so ließ er mich dringenZu dieses Abgrunds erstem Kreisumfange.

    Doch nach den Lauten, die ich hörte klingen,Gabs lautes Weinen nicht; nur seufzend KlagenLieß hier die ewige Luft erzitternd schwingen.

    Und dies entstand von Leiden ohne Plagen,Die all die großen und zahllosen ScharenDer Kinder, Frauen, Männer hier ertragen.

    Der Meister sprach: »Willst du denn nicht erfahren,Was hier für Geister dir der Ort bescherte?So laß mich, eh du gehst, dir offenbaren,

    Daß sie nicht sündig. Doch mit eigenem WerteWar nichts getan: sie mangelten der Taufe,Die jenes Glaubens Tür, den man dich lehrte.

    Lebten sie auch vor Christi Zeitenlaufe,Sie ehrten doch nicht Gott wie sichs gebührte;So zählt mich zu den Seinen dieser Haufe.

    Nur dieser Mangel, keine Schuld sonst führteZu den Verlorenen uns. Hier schmerzt uns ebenDie Sehnsucht nur, die hoffnungslosgeschürte.«

    Sehr schmerzlich ließ dies Wort mein Herz erbeben;Denn Seelen, denen hohe Tugend eigen,Erkannt ich, die in diesem Vorhof schweben.

    »Sag, Meister, mir; sag, Herr,« brach ich mein(Gewißheit jenes Glaubens zu gewinnen, Schweigen,Vor dem sich muß jedweder Irrtum neigen),

    »Half keinem eigenes Verdienst vonhinnen »Noch fremdes je, daß er dann selig würde?«Und er, durchschauend mein verhehltes Sinnen,

    Begann: »Ich war noch Neuling dieser Hürde,Da sah ich den gewaltigen Herrscher kommen,Gekrönt mit seines Sieges Lorbeerbürde.

     Des ersten Vaters Geist hat er entnommen,Abel, den Sohn, und Noa, diesem Bann;Auch Moses, der Gesetze gab den Frommen.

    Erzvater Abram, König David dann,Israel mit dem Vater und den SöhnenUnd Rahel auch, die er so schwer gewann,

    Und viele sah ich noch mit Heil ihn krönen.Doch merk: zuvor hats nie sich zugetragen,Daß sein Erlösungsruf hier mochte tönen.« –

    Stets-wandernd, ob wir auch Gespräches pflagen,Wir unterdessen durch das Dickicht stiegen(Das Dickicht, dicht von Geistern, will ich sagen).

    Erst wenig ließen wir des Weges liegenVom Gipfel an, da sah ich FeuershelleIm Halbrund rings die Finsternis besiegen.

    Ziemlich entfernt noch waren wir der Stelle,Doch schon so nah, um etwa zu erkennen,Daß ehrenwertes Volk sich hier geselle.

    »O du, den Kunst und Wissen rühmend nennen,Sag an, warum solch Vorrecht die genießen,Daß sie vom Los der übrigen sich trennen?«

    Und er: »Sich von der Menge auszuschließen,Gewährte Gott, weil sie in deinem LebenDen ehrenvollsten Namen hinterließen.«

    Da hört ich eine Stimme sich erheben:»Dem hohen Dichter laßt uns Ehre zeigen!Heimkehrt sein Schatten, der sich wegbegeben.«

    Als diese Stimme drauf erstarb im Schweigen,Sah ich heran vier hohe Schatten wallen;Dem Blick war Trauer nicht noch Frohsinn eigen.

    Der gute Meister sprach: »Schau den, der allen,Die Herrscherhand bewehrt mit einem Schwerte,Vorangeht wie ein König den Vasallen:

     Homer ists, der als Dichterfürst Geehrte.Ihm folgt Horaz, der Meister in Satiren,Ovid sodann, zuletzt Lukan, der werte.

    Und weil uns alle gleiche Titel zieren,Womit den Einen du mich hörtest loben,So ehren sie mich schicklich als den Ihren.«

    Die schöne Schule sah ich so verwobenMit jenem Meister höchster Sangesweise,Der ob den andern schwebt als Adler droben.

    Nach kurzem Zwiegespräch in ihrem Kreise,Hold mich zu grüßen sie herab sich ließen –Und darob lächelte mein Meister leise.

    Doch größern Vorzug sollt ich noch genießen:Sie luden mich als Sechsten in die Mitte,Mich solchen Geistesriesen anzuschließen.

    So lenkten wir zum Lichtschein hin die Schritte,Von Dingen sprechend, schön an ihrer StelleZu reden, wo sich hier nur Schweigen litte.

    Nun gings zu eines stolzen Schlosses Schwelle,Umschirmt von sieben hohen Mauerringen,Beschützt von eines schönen Baches Welle,

    Durch den wir wie auf trockenem Lande gingen;Trat mit den Weisen dann durch sieben Pforten,Wo grüne Wiesenmatten uns empfingen.

    Wir trafen Leute stillen Blickes dorten,Von Haltung würdevoll und ernst an Mienen,Redselig nicht, doch sanft in ihren Worten.

    Wir zogen nunmehr seitwärts hin von ihnenZu einer ringsum-offenen, lichten Stelle,Wo unserm Blick sie insgesamt erschienen.

    Dort grad vor mir auf grüner WiesenhelleSah ich die hohen Geister: sie gewährtenDurch ihren Anblick eine Freudenquelle

     Bis heute mir! – Im Kreise der GefährtenSah ich Elektren, Hektorn und Äneen,Dann Zäsar, den mit Falkenblick verklärten.

    Sah auch Kamilla und PenthesileenZur anderen Seite; konnte bei LatinenLavinia, seine Tochter, sitzen sehen.

    Sah jenen Brutus, der vertrieb Tarquinen.Lukretia, Julia, Martia durft ich schauen,Kornelia auch und abseits Saladinen.

    Dann, als ich etwas höherhob die Brauen,Bemerkt ich auch den Meister aller WeisenIm Kreis der Jünger, die auf Weisheit bauen.

    Sie einen sich, bewundernd ihn zu preisen.Zunächst ihm konnten meinem Blick sich bietenSokrates, Plato. Sah auch – der das Kreisen

    Der Welt dem Zufall zuschreibt – Demokriten,Thales, Diogenes, Anaxagoren,Empedokles, Zeno und Herakliten,

    Tullius, Linus, Orpheus, und der geborenZum Arzt, Dioskorid. – Die Runde zierteAuch Seneka, der die Moral erkoren,

    Galen, Euklid, der Form und Raum studierte.Sah Hippokrat, Ptolmäus, Avicennen,Averroës, der wacker kommentierte.

    Eingehend kann ich sie nicht alle nennen,Weil nicht der Reim des Stoffes Fülle bindet,Daß sich Gesichte und Berichte trennen.

    Der Bund der Sechs auf Zwei nun wieder schwindet.Auf anderm Pfad führt mich der weise LeiterAus stiller Luft hin, wo es zitternd windet;

FÜNFTER GESANG

So gings vom ersten Kreis zum zweiten nieder;Und bildet der auch eine kleinere Schleife,Hallt er doch mehr vom Schmerzgeheule wider.

    Am Tor grinst Minos wild, forscht, zwingt zur ReifeDie Schuld ans Licht und schickt als UrteilskünderSo tief als er es anzeigt mit dem Schweife.

    Ich meine: ohne Rückhalt muß der Sünder,Der vor ihn tritt, gestehn der Frevel Masse.Und er, ein unerbittlicher Ergründer,

    Erwägt, welch Höllenort die Seele fasse.Er peitscht sich mit dem Schweif sovielemale,Als man sie Stufen niedersinken lasse.

    Hier drängt sich stets das Volk, das schreckensfahle,Tritt einzeln her zum Spruch, ob ihm auch grause.Sie beichten, hören, stürzen dann zutale.

    »O du, der eintritt zu dem Schmerzenshause,«Rief Minos laut, als er mich wahrgenommen,Im hohen Amte machend eine Pause,

    »Wem traust du? Wie bist du hereingekommen?Nicht täusche dich das Tor, wie weit es rage!«Mein Führer drauf: »Was soll dein Schreien frommen?

    Nicht seinen Schicksalsgang zu hemmen wage,Wo eins ist das Vollbringen und Verlangen,Dort will mans also! Und nicht weiter frage.« –

    Jetzt wars, wo Schmerzenslaute angefangenMein Ohr zu treffen. Jetzt war ich gestiegenHinab, wo endlos Klagen mich durchdrangen.

    Ich kam zum Ort, wo alle Lichter schwiegen,Der gleich dem Meere brüllt, wenn es gewittertUnd feindlich sich die Winde drauf bekriegen.

     Ruhlose Höllenwindsbraut packt erbittertUnd reißt mit sich dahin die Geisterheere,Dreht, schleudert sie, daß Glied für Glied erzittert.

    Sobald sie nun ergreift des Anpralls Schwere,Bricht los ein Weherufen, Ächzen, Klagen,Da lästern sie dann des Allmächtigen Ehre.

    Ich hörte, daß verdammt zu solchen PlagenDie wären, die – verlockt vom Sinnentruge –In Wollust frönend der Vernunft entsagen.

    Und wie die Stare fliegen, dicht im ZugeGedrängt, dem Frost des Winters zu entrinnen,So treibt der Wind die Sünderschar im Fluge

    Nach hier, nach dort, auf, nieder, und vonhinnen.Mit Trost kann keine Hoffnung sie versöhnen,Nicht Ruh, nein: mindere Pein nur zu gewinnen.

    Und wie die Kraniche mit KlagetönenDie Lüfte rasch durchziehen in langen Fahnen,So sah ich kommen unter lautem Stöhnen

    Die Schatten auf des wütigen Windes Bahnen.»Meister,« sprach ich, »welch Volk wird in die RundeHier so gepeitscht von schwärzlichen Orkanen?« –

    »Die erste dieser hier, davon du KundeBegehrest,« jener mich darauf belehrte,»War Kaiserin vielsprachigem Völkerbunde.

    Die Wollust war es, die sie so verzehrte,Daß ›Schuld hieß Huld‹ nach ihrer Satzung Thesen,Die Schmach zu tilgen, die sieselbst entehrte.

    Es ist Semiramis, von der zu lesen,Daß sie dem Ninus folgte, ihrem Gatten.was heut des Sultans, ist ihr Land gewesen.

    Die andre, untreu des Sichäus Schatten,Ließ Liebesnot zum Tod freiwillig schreiten.Sie schwebt voran der nie an Wollust satten

     Kleopatra. – Die Ursach schlimmer Zeiten,Helenen sieh! Achill, ein Held vor allen,Den noch zuletzt die Liebe zwang zum Streiten.

    Sieh Paris hier und Tristan näherwallen.«Wohl mehr als tausend er mir wies und nannte,Die Liebe straucheln und hierher ließ fallen.

    Als ich aus meines Lehrers Mund erkannteDie Frauen und Ritter aus der Vorwelt Tagen,Empfand ich, daß mich Mitleid übermannte.

    Und ich begann: »Poet, gern möcht ich sagenEin Wort den zweien, die umschlungen gehen,Scheinbar als Windesspielball hingetragen.«

    Und er: »Wenn nur, sobald sie näherwehen,Dein Mund bei jener Liebe sie beschwöre,Die sie umherjagt, bleiben sie wohl stehen.«

    Und als das Paar so nahe, daß michs höre,Ruf ich: »O weilt, ihr Seelen voller Plagen,Und sprecht mit uns, falls euch kein andrer störe.«

    Wie Tauben weit und fest die Flügel schlagen,Zum holden Nest gelockt vom Sehnsuchtsharme,Und eigenen Wunsches durch die Luft getragen,

    So diese aus der Dido dichtem SchwarmeZu uns her durch der Luft Beschwerde flogen:So stark mein Anruf war, der liebeswarme.

    »O freundlich Wesen du, das holdgewogenUns aufsucht hier in purpurdunkler Sphäre,Uns, deren Blut die Erde aufgesogen,

    Wenn uns geneigt des Weltalls König wäre,Wir bäten ihn, dir Frieden zu erzeigen,weil unserer Qual du zollst des Mitleids Zähre.

    Magst du zum Sprechen oder Hören neigen,Wir reden gern und leihen euch die Ohren,Will nur, wie jetzt, der Wind indessen schweigen.

     Am Strande liegt die Stadt, die mich geboren,Dort wo der Po die Meerflut weiß zu finden,Drin er und sein Gefolg sich bald verloren.

    Liebe, die edle Herzen schnell kann binden,Mit Macht für meine Schönheit ihn entzückte,Die mir geraubt; wie! kann ich nie verwinden.

    Liebe, die Gegenliebe stets beglückte,Hielt für den Freund so heftig mich verblendet,Daß ichs, du siehst es, noch nicht unterdrückte.

    Liebe hat uns vereint ins Grab gesendet;Kaïna harrt auf ihn, der uns erschlagen.«So sprachen diese zwei zu uns gewendet.

    Als ich die Seelen also hörte klagen,Senkt ich und hielt gesenkt den Blick solangeBis ich Vergil »Was sinnst du?« hörte fragen.

    »Weh!« sprach ich, »welch ein Sehnen ängstlichbangeUnd wieviel süßes Träumen zog herniederDie beiden zu so schwerem Schmerzensgange.«

    Drauf kehrt ich mich zu jenen beiden wiederUnd sagte: »Sieh, Franzeska, wie dein LeidenMit frommer Trauer mir benetzt die Lider.

    Doch sprich: als liebeskrank geseufzt ihr beiden,Wie und wodurch ließ denn in solchen StundenAmor der Wünsche Zweifel sich entscheiden?«

    Und sie zu mir: »Kein Schmerz kann mehr verwunden,Als der: im Elend freudenreicher TageZu denken – auch dein Lehrer kanns bekunden.

    Doch weil so voller Sehnsucht deine Frage,Was uns zuerst zur Liebe mocht erregen,So dulde, daß ichs unter Weinen sage.

    Wir lasen eines Tags der Kurzweil wegen,Welch Liebesnetz den Lanzelot gebunden;Allein wir zwei und ohne Arg zu hegen.

     Oft hatten unsere Augen sich gefundenBeim Lesen und wir fühlten uns erbleichen.Doch eine Stelle hat uns überwunden.

    Als wir gelesen, wie vom Mund, dem weichen,Ersehntes Lächeln küßt solch hoher Streiter –Da trieb es, bebend mir den Mund zu reichen,

    Auch den hier, der nun ewig mein Begleiter.Ein Kuppler war das Buch und ders gedichtet.An jenem Tage lasen wir nicht weiter...«

    Indem der eine Geist mir dies berichtet,Vergoß der andre soviel Tränen wieder,Daß ich vor Mitleid hinschwand wie vernichtet

SECHSTER GESANG

Kaum daß mir mein Bewußtsein wiederkehrte,Das mir vergangen vor dem Weh der beidenVerwandten, das mit Trübsal mich beschwerte,

    So sah ich ringsherum nur neue LeidenUnd Leidende, wohin ich mich bewegen,Wohin ich mich zu sehen mocht entscheiden.

    Ich bin im dritten Kreis, wo kalter RegenAls Fluch herniederfällt in ewiger Dauer,Des Art und Stoff sich nie zu ändern pflegen.

    Schmutzwasser, Schnee und Hagel, körnigrauher,Durchfegen hier die dunkle Luft mit Brausen.Die Erde stinkt, die aufsaugt solche Schauer.

    Das Untier Zerberus, seltsam, zum Grausen,Bellt wie ein Hund voll Wut aus dreien KehlenDas Volk an, das hier eingetaucht muß hausen.

     Sein Schwarzbart trieft, sein Aug ist düsteres SchwelenWampig sein Bauch. Die scharfbeklaute Kralle,Zerkratzt, zerfleischt und schindet schlimm die Seelen.

    Die heulen Hunden gleich im Tropfenfalle.Bald diese und bald jene Seite drehenVom Regen ab die Elendswichte alle.

    Als Zerberus, der Lindwurm, uns ersehen,Reißt er die Mäuler auf und zeigt die Hauer;Kein Glied am Körper blieb ihm stillestehen.

    Mein Führer aber, frei von jedem Schauer,Griff Erde auf und warf die Faust, die volle,Tief in den Schlund dem gierigen Verdauer.

    Und wie ein Hund nachläßt in Gier und Grolle,Gleich ruhig wird, wenn er den Fraß gefangen,Und nur noch sinnt, wie er ihn schlucken solle,

    So ließ die schmutzigen Fratzen ruhig hangenDer Dämon Zerberus, der sonst anschmettertDie Seelen, daß sie taub zu sein verlangen. –

    Wir gingen nun auf Schatten, hingewettertVon Regens Wucht, doch unsere Sohlen tratenNur scheinbar Körper, die wir überklettert.

    So lagen alle fühllos, als wir nahten.Nur einer hat sich blitzgeschwind erhoben,Als er uns sah bei sich vorüberwaten.

    »O du, der durch die Hölle wird geschoben,«Rief er, »erkenne mich, will dirs gelingen.Dir ward vor meinem Hintritt Eintritt droben.«

    Und ich: »Die Qualen, die du leidest, bringenVielleicht entstellt dein Bild mir vor die Sinne;Mir scheint, du bist mir fremd in allen Dingen.

    Doch sage mir, wer bist du im GerinneDes Jammerorts? Mags größere Strafen geben,Ward ich doch keiner ekelhafteren inne.«

     Da rief er: »Deine Stadt, von NeidbestrebenSo voll, daß schon der Sack will überlaufen,Umschloß auch mich dereinst im heiteren Leben.

    Ihr Bürger wußtet Ciacco mich zu taufen;Und weil ich frönte nur dem gierigen Schlunde,Durchweichen, wie du siehst, mich diese Traufen.

    Doch bin ich nicht allein im Unglücksbunde,Denn alle diese müssen gleiches leidenUm gleiche Schuld.« Nicht gab er weitere Kunde.

    Und ich: »O Ciacco, nicht kann ichs vermeiden,Daß deine Qualen mich zu Tränen rühren.Doch, weißt dus, sprich, wie sich das Los entscheiden

    Der Bürger wird, die Zwist und Streit verführen?Weilt ein Gerechter dort? Kannst du mir sagen,Aus welchem Grund sie solchen Hader schüren?«

    Und er: »Es kommt nach langem Streit zum Schlagen.Die Waldpartei, nachdem viel Blut vergossen,Wird die der andern ächten und verjagen.

    Doch eh drei Sonnenläufe noch verflossen,Wird diese sinken und die andre steigenMit Hilfe des, der noch tut unentschlossen.

    Hoch wird sie lange Zeit die Stirne zeigen,Die andre halten unter Druck und Banden,Mag sie erzürnen, mag in Scham sie schweigen.

    Zwei sind gerecht nur, aber unverstanden.Stolz, Neid und Habsucht machen allbehendeDreifachen Brands die Herzen schon zuschanden.«

    Hier machte er dem Klagelied ein Ende.Und ich zu ihm: Noch wünsch ich mehr zu wissen,Und bitte denn um weitere Redespende.

    Noch läßt mich Mosca, Farinata missenDein Wort. Arrigos, Rusticuccis Seelen,Tegghiaios und der andern, ruhmbeflissen,

     Wo sind sie? Wolle mir dies nicht verhehlen.Gern wüßt ich, ob sie Himmelslust erfahren,Ob sie im bittern Brand der Hölle schwelen?«

    Und jener: »Die sind bei den schwärzeren Scharen;Vielfältige Schuld hält drunten sie auf immer:Steigst du so tief noch, wirst du sie gewahren.

    Doch kehrst du heim zum holden Erdenschimmer,Laß nicht den andern Kunde von mir fehlen.Mehr sage und mehr antwort ich dir nimmer.«

    Die graden Augen wurden drauf zu scheelen;Er sah mich flüchtig an, das Haupt dann neigendHinfiel er zu den andern blinden Seelen.

    Mein Führer sprach: »So wird er schlafen schweigend,Bis des Gerichts Posaunenrufe schallenUnd machtvoll kommt ihr Feind, vom Himmel steigend.

    Zur Trauergruft wird jeder wieder wallen,Sein Fleisch und Aussehen wird ihm neu gegeben,Zu hören, was in Ewigkeit wird schallen.« –

    Nun ging es langsam fort, wo sich verklebenZu ekelm Wuste Schatten und Regenschauer,Berührend mancherlei vom Jenseitsleben,

    Weshalb ich sprach: »Sag, Meister, ob die TrauerVon diesen nach dem großen Spruch sich mehre,Sich mindre oder gleich verbleib an Dauer?«

    Und er: »Ein Wesen, fragst du deine Lehre,Kann sich um so vollkommner offenbaren,Als Lust und Schmerz es fühlt mit größerer Schwere.

    Obgleich nun dieser Maledeiten ScharenNie wirkliche Vollkommenheit erlangen:Sie hoffen einst auf mehr als hier sie waren.«

    Drauf sind wir weiterfort im Kreis gegangen,Mehr sprechend als ich sagen will in Worten,Bis hin, wo wir auf Stufen abwärtsdrangen.

SIEBENTER GESANG

Pape Satan, pape Satan aleppe!«Schrie krächzend Pluto; doch des Weisen Stimme,Dem alles kund, scholl freundlichtröstend: »Schleppe

    Dich nicht mit Furcht. Er kann trotz seinem GrimmeUnd großer Macht dich nicht verhindern wollen,Daß diesen Fels dein Fuß herniederklimme.«

    Gekehrt zur Fratze, die von Zorn geschwollen,Rief er sodann: »Schweig, Wolf, vermaledeiter!Friß und verschlinge dich im eigenen Grollen.

    Nicht unbefugt zur Tiefe gehen wir weiter.Dort will mans so, wo mit dem Schwert stieß niederDen stolzen Schänder Michael der Streiter.«

    Wie windgeschwellte Segel haltlos wiederZusammenklappen, wenn zerknickt die Masten,So knickten ein des Untiers grause Glieder. –

    Zum vierten Abgrund ging es ohne Rasten,Wo vollgepfropft in tieferen SchmerzensgründenAus aller Welt endlose Qualen lasten.

    Gerechter Gott! wer könnte Häufung kündenVon größern Martern, als ich hier gesehen,Dran wir zugrundegehn kraft unserer Sünden?

    Wie der Charybdis wilde Wogen gehen,Zerschellend an der Gegenströmung Toben,So muß das Volk sich hier im Wirbel drehen.

    Hierunten sah ich Seelen mehr als droben,Die mit Geheul, sich in zwei Gruppen teilend,Durch ihrer Brust Gewalt Lasten herschoben.

    Zusammenstoßen sie und unverweilendMacht alles Kehrt, beginnt aufs neu die ReiseUnd schreit: »Was hältst du?« – und: »Warum soeilend?«

     So trieben sies in diesem dunkeln Kreise,Bis sie von rechts und links zurückgekommen,Schreiend und lästernd sich in ihrer Weise.

    War halb der Kreis durchstürmt und eingenommenDer Gegenpunkt, gings neu zum Wetterennen.Und ich, davon im Herzen ganz beklommen,

    Ich sprach: »Mein Meister, laß mich nun erkennen,welch Volk dies ist und ob hier links die ScharenAll der Geschorenen geistlich sind zu nennen?«

    Und er zu mir: »Hier diese alle warenSo blind an Geist in ihrem ersten Leben,Daß rechtes Maß ihr Aufwand nie erfahren.

    Ihr Belfern wird dir gültig Zeugnis geben.Wenn sie im Kreis zum Wendepunkt gekommen,Trennt sie die Schuld, drin sie sich widerstreben.

    Die dort sind geistlich, denen man genommenDen Haarschmuck. Päpste sinds und Kardinäle,Bei denen Geiz den Gipfelpunkt erklommen.«

    Ich sprach: »Ich glaube, Meister, wohl: ich zähleHier manchen, den ich müßte wiederkennen,Und der sich unter gleichem Schandmal quäle.«

    Doch er zu mir: »Das muß ich Täuschung nennen!Besudelt und entstellt vom Lasterleben,Wie könnte sie der Blick erkennbar trennen?

    Sie müssen stets im Widerstoß erbeben,Bis sich die einen mit geschlossenen Händen,Die andern haarlos aus der Gruft erheben.

    Sie hat beraubt Schlechtsparen und SchlechtspendenDer schönen Welt, zum Zank in diese GosseGestürzt – und nun laß mein Erklären enden.

    Drum sieh, mein lieber Sohn, die kurze PosseDer Güter, die Fortunen sind beschieden,Drob soviel Zwist erwächst dem Menschentrosse.

     Denn alles Gold, was unterm Mond hieniedenIst oder war, es könnte nie betauenNur eine müde Seele hier mit Frieden.« –

    »Meister,« sprach ich zu ihm, »noch laß mich schauen:Wer ist Fortuna, die auf unserer Erde,Sagst du, die Güter hält in ihren Klauen?«

    Und er zu mir: »O blinde Menschheitsherde!Welch Wissensmangel läßt euch doch erkranken. –Beherzige wohl, was ich dir sagen werde.

    Er, dessen Weisheit frei von allen Schranken,Er schuf die Himmel und gab ihnen Leitung,Daß alle Teile allen Klarheit danken

    Durch seines Lichts gleichmäßige Verbreitung.So gab dem Erdenglanz der ewige HüterAuch eine Dienerin zur Wegbegleitung.

    Die schickt zu ihrer Zeit die eiteln GüterVon Volk zu Volk, von Blut zu Blut, nie dauernd,Trotz Witz und Einspruch menschlicher Gemüter.

    Drum herrscht ein Volk, ein andres schmachtet trauernd,Wie sies bestimmt hat, die indes gelegenGleich einer Schlange, unterm Grase lauernd.

    All euer Wissen kämpft umsonst dagegen.Sie sorgt, sie urteilt und beschickt hieniedenIhr Reich, wie auch die andern Götter pflegen.

    In ihrem Wandel weiß sie nichts von Frieden.Notwendigkeit erhält sie stets im Jagen,Drum ist ein Wechsel manchem oft beschieden.

    Das ist sie, die so oft ans Kreuz geschlagenVon denen, die sie lobend sollten ehren,Und sie mit Unrecht schelten und verklagen.

    Doch hörts die Selige nicht, sich dran zu kehren.Mit andern Urgeschöpfen läßt sie eilenDie rollende Kugel und erfreut sich deren.

     Jetzt komm zu größerer Qual hinab die Steilen,Schon jeder Stern sinkt, der sich aufgeschwungenSeitdem ich aufbrach, und es frommt kein Weilen.« –

    So ward zum andern Rand der Kreis durchdrungenOb einem Quell, der kochend sein GefälleIn einen Bach gießt, der dem Quell entsprungen.

    Dunkler als Purpur noch war seine Welle.Und von der trüben Flut begleitet, klommenWir abwärts über eine grausige Stelle,

    Bis wir zu einem Sumpf, dem Styx, gekommen,Der rasch den Trauerbach am Fuß des steilenBösartigen Abgrunds insich aufgenommen.

    Begierig ließ ich rings die Blicke eilenUnd sah im Sumpfe schlammbedeckte nackte,Von Zorn durchschüttelte Gestalten weilen.

    Nicht nur mit Fäusten schlug man sich; man packteSich auch mit Kopf, Brust, Füßen wie mit Klauen,Wobei den Leib stückweis der Zahn zerhackte.

    Der Meister sprach: »Mein Sohn, hier kannst du schauenDie Seelen derer, die der Zorn macht rasen.Und glaub mirs, wenn ich dir will anvertrauen:

    Noch andere liegen unterm ekeln WrasenUnd seufzen so, daß brodelnd aufwärtsfließen,Wie dich der Blick belehret, diese Blasen.

    Sie sprechen tief im Schlamme: ›Traurig ließenDie süßen Lüfte uns in Sonnentagen,Gewohnt, ins Herz des Trübsinns Qualm zu schließen.

    Jetzt müssen wir in schwarzer Suppe klagen‹Solch eine Hymne gurgeln sie im Schlunde,Die sie mit klarem Wort nicht können sagen.«

    So zwischen dem Morast und festem GrundeDen Rundgang wir entlang dem Schmutzteich nahmen,Den Blick gekehrt auf die mit Schlamm im Munde.

ACHTER GESANG

Weiterberichtend sag ich, daß uns lange,Eh wir zum Fuß des hohen Turms gekommen,Die Blicke zog zu seines Daches Hange

    Ein Flämmchenpaar, das wir dort sahen entglommen,Und dem fernher ein drittes Antwort kündet,So fern, daß es dem Auge blieb verschwommen.

    Blickend zum Meer, drin alle Weisheit mündet,Begann ich: »Welch Gespräch wird hier gepflogenVon diesen zwein? Und wer hat sie entzündet?« –

    »Schon kannst du sehen auf den schmutzigen WogenDas, was ich zu erwarten im Begriffe,«Sprach er, »wenn dirs der Sumpfqualm nicht entzogen.«

    Kein abgeschossener Pfeil jemals durchpfiffeDie luftige Bahn mit solcher Blitzesschnelle,Als ich es sah von einem winzigen Schiffe,

    Das grade auf uns zuschoß durch die Welle;Ein Mann nur drin, ders lenke und beschütze.Der schrie: »Bist du, verruchter Geist, zur Stelle?« –

    »Phlegias, Phlegias, dein Schreien ist nichts nützeFür diesmal,« hört ich meinen Weggenossen.»Dein sind wir nur zur Überfahrt der Pfütze.«

    Wie jemand merkt, daß ihm ein großer PossenGespielt sei, drob ihn Zorn will schier besiegen,Hielt Phlegias seine Wut insich verschlossen.

    Mein Führer war ins Boot hinabgestiegenUnd hieß nach ihm mich nehmen meine Stelle.Erst als ich drinnen, schien es schwer zu wiegen.

    Kaum daß im Schiff ich saß und mein Geselle,Sah ich den alten Kiel vondannen eilenUnd tiefer furchen wohl als sonst die Welle.

     Als wir den toten Graben so zerteilen,Taucht ein Beschlammter auf und schreit: »Wer immerDu seist, du kommst zu frühe, hier zu weilen.«

    Und ich zu ihm: »Ich kam, doch bleib ich nimmer.Doch wer bist du, so schmutzig und abscheulich?«Er sprach: »Du siehst es, einer voll Gewimmer.«

    Und ich: »So sei – verdammt und unerfreulich –Weinend und klagend ewig hier gefunden!Dich kenn ich, schwärzt dich der Morast auch greulich.«

    Da hielt er jede Hand ums Bord gewunden,Daß ihn der kluge Meister mußt verjagen,Rufend: »Weg! troll dich zu den andern Hunden.«

    Drauf er, den Arm um meinen Hals geschlagen,Mich küssend sprach: »O Seele, glutenvolle,Gesegnet sei der Schoß, der dich getragen.

    Auf Erden lebte dieser HochmutstolleDerart, daß nichts wird seinen Namen loben;Drum zürnt auch hier sein Schatten noch im Grolle.

    Wie viele schilt man große Fürsten droben,Die hier im Kot wie Säue werden stehen,Nachlassend grause Flüche nur dortoben.«

    Drauf ich: »Gern, Meister, möcht ich eines sehen,Daß er von dieser Tunke kosten müßte,Bevor ans Land wir aus dem Sumpfe gehen.«

    Und er zu mir: »Noch eh die andere KüsteUns naht, wirst du es schauen mit Behagen.Befriedigung fordert billig solch Gelüste.«

    Kurz drauf sah ich erbärmlich ihn geschlagenVon einer Schar der Kot- und Mistbeschlammten:Gott will ich ewig Lob und Dank drum sagen!

    »Packt den Argenti!« schrien die Zornentflammten.Da sah ich selbstzerfleischen sich mit BissenAus Wut den florentinischen Verdammten.

    Hier trennten wir uns –mehr nicht lohnt zu wissen;Doch drang ans Ohr mir jetzt solch schmerzhaft Brüllen,Daß ich vorspähend das Auge aufgerissen.

    Der gute Meister sprach: »Bald wird enthüllenSich dir ein Ort, mein Sohn: Dis heißt die Stätte,Die scharenweis bösartige Bürger füllen.« –

    »Schon konnt ich, Meister, ihre Minarette,«Sprach ich, »im Talgrund voneinander trennen.Dort glühts, alsob es Feuer insich hätte.«

    Und er: »In ihrem Schoß das ewige BrennenMacht solche Röte diese Stadt gewinnen.Bald läßt die untere Hölle dichs erkennen.« –

    Einlenkten wir in tiefe Grabenrinnen,Die jene hoffnungslose Stadt umschlangen.Mir schienen eisern Mauerwerk und Zinnen.

    Nicht ohne einen großen Umweg drangenWir dahin, wo des Fergen barsche Worte»Steigt aus, hier ist der Eingang!« uns erklangen.

    Himmelsverbannter sah ich an der PforteTausend und mehr, und trotzig schrien die Frechen:»Wer ists, der in des toten Volkes Orte

    Als Unverstorbner wagt dreist einzubrechen?«Mein weiser Meister aber gab ein Zeichen,Er wolle insgeheim mit ihnen sprechen.

    Da mocht ihr großer Grimm ein wenig weichen.Sie riefen: »Komm allein; doch den laß fliehen,Der vorlaut sich gedrängt zu unsern Reichen.

    Allein soll er die Narrenstraße ziehenNach Haus, wenn es ihm glückt! Doch du wirst bleiben,Der ihm ins Nachtgefild Geleit verliehen.«

    Ob mich der Mut verließ: muß ichs beschreiben,O Leser, bei so schnöder Worte Klange?Wer würde meine Heimkehr hier betreiben?

     »O teuer Führer, der mich, wenn mir bange,Schon siebenmal und öfter hat beschwichtetUnd mich entriß dem unheilvollsten Zwange,

    Nicht laß mich,« bat ich, »sonst bin ich vernichtet.Und ists verwehrt uns, weiter vorzudringen,Sei schnell auf Rückkehr unser Sinn gerichtet.«

    Doch jener Herr, befugt mich herzubringen,Sprach zu mir: »Fürchte nichts; denn unsere ReiseHemmt keiner, läßt uns höhere Macht gelingen.

    Drum harre hier, und neu mit Hoffnung speiseDen schwachen Mut; denn nie wird es geschehen,Daß ich dich lasse hier im tiefen Kreise.«

    So geht er hin und läßt mich einsam stehen,Der holde Vater; und in ZweifelsbangenLaß durch den Kopf ich Ja und Nein mir gehen. –

    Nicht konnt ich hören, was dort vorgegangen;Doch lang nicht blieb er stehen zu kurzem Worte,Als alle in die Stadt im Wettlauf sprangen.

    Die Widersacher schlugen zu die PforteDicht vor des Meisters Brust. So ausgeschlossen,Kam langsam er zurück zu mir am Orte,

    Gesenkten Blicks, dem aller Mut entflossen.»Wer ists, der mir zu wehren sich gelüsteDes Jammers Haus?« So seufzt er leis-verdrossen.

    Und dann zu mir: »Ob ich mich auch entrüste,Erschrick nur nicht; denn ich besteh die Proben,Wie man dadrin sich auch mit Abwehr brüste.

    Alt ist solch Trotz! Man sah bereits ihn tobenAn einer weniger-geheimen Pforte,Vor die seitdem kein Riegel ward geschoben:

    Du sahest über ihr die Todesworte.Und diesseits schon den Abhang niederschreitet,Der keinen Führer braucht durch diese Orte –

    Solcher, der Zutritt uns zur Stadt bereitet.«

NEUNTER GESANG

Des Kleinmuts Blässe, die mein Antlitz deckte,Als ich den Führer sah so traurig kehren,Trieb ihn, daß er die eigene Furcht versteckte.

    Er horchte aufmerksam, alsob belehrenDas Ohr ihn sollte, weil nicht in die WeiteDas Auge drang, dem Dunst und Qualm zu wehren.

    »Nur uns allein gebührt der Sieg im Streite,«Begann er, »wenn nicht ... darf ich auf ihn pochen?Wie lang doch währts bis Er an meiner Seite!«

    Ich sah wohl, daß er sich nur unterbrochen,Um mir den Schlußgedanken zu verdecken,Denn anders klang, was er zuerst gesprochen.

    Gleichwohl ließ mich sein Selbstgespräch erschrecken;Denn in dem Satze, den er jäh durchschnitten,Sah Schlimmres als er selbst mein Argwohn stecken.

    »Hat je des Qualenkessels Grund beschrittenVon denen einer, die im ersten KreiseGetäuschter Hoffnung Strafe nur erlitten?«

    So fragt ich. »Nur sehr selten,« sprach der Weise,»Geschahs, daß unsereiner ward erkoren,Den Weg zu wandern, den ich jetzt durchreise.

    Zwar ich ward einmal schon hierherbeschworen.Durch der Erichtho grausige Zaubereien,Die Tote weckt, schritt ich zu diesen Toren.

    Kaum ließ mein Tod sich Fleisch und Geist entzweien,Als sie mich hergesandt zu diesen Mauern,Um einen Geist Judeccas zu befreien,

    Des tiefsten Ortes, dessen finstern SchauernZufernst ums All des Himmels Räume schwingen.Vertraut ist mir der Weg, drum laß dein Trauern.

     Von einem Sumpf, draus ekle Dünste dringen,Ist dieser Schmerzenswohnort rings umwunden,Zu dem nur Zorn uns Einlaß kann erzwingen.«

    Was er noch sprach, ist meinem Sinn entschwunden,Weil mir der hohe Turm, starr hinzuschauenZur Zinnenglut, das Auge hielt gebunden,

    Wo plötzlich, steil emporgereckt zum Grauen,Drei blutbefleckte Höllenfurien standen:Glieder und Haltung ganz wie Erdenfrauen,

    Nur daß die Hüften grüne Hydern bandenUnd daß, wo Haare sonst das Haupt umspinnen,Sich Natternbrut und Vipern grausig wanden.

    Und er, dem wohlbekannt die DienerinnenDer Königin niemals-ausgeweinter Zähren,Er rief: »Sieh da die schrecklichen Erinnen!

    Rechts weint Alekto, links siehst du Megären,Dazwischen ist Tisiphone zu schauen.«Und er verstummte mitten im Erklären.

    Die Brust zerriß sich jede mit den Klauen,Und zu der Fäuste Schlagen scholl ihr Brüllen,Daß ich mich eng am Dichter hielt vor Grauen.

    »Er werde Stein! Laß uns dein Haupt enthüllen,Medusa,« kreischten sie und stierten nieder,»An Theseus endlich Rache zu erfüllen!« –

    »Dreh dich und drück aufs Auge fest die Lider,wenn es bei Gorgos Anblick offenstände,Du kehrtest niemals heim nach oben wieder!«

    So rief Vergil, der – daß er selbst mich wände –Sich eilte und zum Schutze des GesichtesAuf meine Hand noch legte seine Hände. –

    Ihr, deren Geist sich freut gesunden Lichtes,Bedenkt die Lehre, die mit Schleiers HülleDen Sinn bedeckt des seltsamen Gedichtes! –

     Schon überflog ein dröhnendes GebrülleDie trüben Wogen so, alsob vor GrausenEin jedes Ufer tiefer Schreck erfülle.

    Es klang wie Sturmwind, der mit zornigem BrausenBekämpft die Lüfte, die zuheiß-erglühten,Der durch die Waldung rast mit wildem Sausen,

    Äste knickt, abreißt, mitsichführt im Wüten,Und staubaufwirbelnd stolz durchfegt die Aue,Daß bang die Herden fliehn und die sie hüten.

    Mein Auge gab er frei und sprach: »Nun schaueDein Sehnerv hin zum abgestandenen Schaume,Dort, wo am beißendsten der Qualm, der graue.«

    Wie Frösche angstvoll aus des Sumpfes RaumeVor ihrer Feindin Schlange jäh zerstiebenUnd eng sich kauern an des Ufers Saume,

    So sah ich tausend Seelen angstgetrieben,Ja mehr, vor einem fliehn, dem beim DurchschreitenDes grausen Styx die Sohlen trocken blieben.

    Die linke Hand bewegte er zuzeiten,Daß er den dicken Dunst vom Antlitz bannte,Denn das nur schien ihm Unmut zu bereiten.

    Wohl merkt ich, daß der Himmel ihn entsandte,Zum Meister kehrt ich mich; doch auf sein ZeichenIch stummen Neigens Ehrfurcht ihm bekannte.

    Ha! wie er schien vor Unmut zu erbleichen.Er trat ans Tor und schlugs mit einer Rute:Aufsprangs, denn jedes Hemmnis mußte weichen.

    »Himmelsverbannte, ewigen Trotz im Blute,«Begann er auf der fürchterlichen Schwelle,»Was führt euch zu so tollem Übermute?

    Was trotzt dem Willen ihr von höchster Stelle,Der, eurer lachend, stets sein Ziel gefunden,Und euch ward mehrmals neuen Schmerzes Quelle?

     Was hilfts, die Stirn am Schicksal zu verwunden?Denkt euers Zerberus: zu seinem GlückeZeigt er nur Kinn und Hals noch heut zerschunden!«

    Dann kehrte durch den Schlammpfad er zurücke,Doch ohnedaß sein Wort an uns erginge,Nein so, alsob ihn andres quäl und drücke,

    Als unsere Sorge, die ihm zu geringe. –Wir lenkten nun zur Stadt, vom heiligen WorteGesichert, daß der Eintritt uns gelinge,

    Und schritten ungehindert durch die Pforte.Ich aber, zu erkunden voll Verlangen,Was einschloß dieser Festung äußere Borte,

    Sah ringsherum, als ich hineingegangen.Und rechts und links war weites Feld zu schauen,Von Qual und Foltern sonder Zahl umfangen.

    Gleichwie bei Arles, wo Rhodans Fluten stauen,Gleichwie bei Pola, wo Quarnaros WellenItalien schließen, badend seine Auen,

    Von Hügelgräbern rings die Felder schwellen,So hier aus allen Seiten sie erschienen,Nur daß hier schmerzlicher die Ruhestellen.

    Zahlreiche Flammen sprühten zwischen ihnenUnd gaben solche Glut den Sarkophagen,Daß glühender braucht kein Stahl der Kunst zu dienen.

    All ihre Deckel standen aufgeschlagen;Und drinnen wußten bittere Jammertönevon Armen und Verletzten viel zu klagen.

    »O Herr,« sprach ich, »wer sind die Unglückssöhne,Die eingesargt in diesen glühenden ZwingernSolch Wimmern hören lassen und Gestöhne?« –

    »Von Ketzern starrt, von höheren und geringern,Samt ihrem Troß dies Feld; und solcher ArtenGiebts mehr hier als du ahnst von Irrtumsbringern.

     Die Gleichen,« schloß er, »sich mit Gleichen paarten,Und mehr und minder glühen die Gräber innen.« –Und rechts sich wendend gings zu neuen Fahrten

 

ZEHNTER GESANG

    

Jetzt geht im abgelegnen Hohlweg weiterZwischen dem Stadtwall und den Martern allenMein Meister, und ich hinterher als Zweiter.

    »O höchste Kraft, die durch die sündigen Hallen,«Begann ich, »mir zum Führer ward und Fergen,Sprich nun und laß Belehrung dir gefallen.

    Das Volk, das ringsum diese Gräber bergen,Darf ich es sehn? Sind doch schon abgehobenDie Deckel und bewacht von keinem Schergen.«

    Und er zu mir: »Die Schließung bleibt verschobenBis heim von Josaphat die Seelen wallenMit ihren Körpern, die sie ließen droben.

    Hier liegt bestattet Epikur samt allenNachfolgern, die mit ihm am Wahn gehangen,Daß mit dem Leib die Seele wird zerfallen.

    Drum wird die Frage, die an mich ergangen,Und jene auch, die du bei dir verstohlenBehieltest, hierdrin schnell Bescheid erlangen.« –

    »Mein guter Führer, dir schlägt unverhohlenMein Herz. Du wolltest, daß ich schweigsam bliebe,«Sprach ich, »und hast mirs jüngst erst anempfohlen.« –

    »O Tusker, der zur Stadt voll GlutgestiebeLebendig eintrat und mit biederer Rede –Daß etwas hier zu harren dir beliebe!

     Zeigt deine Mundart doch, klar wie nicht jede,Daß du in selber edeln Stadt geboren,Mit der ich wohl zu häufig lag in Fehde.«