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Wer Rotkäppchen unterschätzt, lebt gefährlich ...
Märchen stehen für Jack und seine Freunde nicht unbedingt an erster Stelle der weltweit gültigen Coolness-Skala. Jedenfalls so lange, bis sie ungeplant in der Märchenwelt landen – mit dem Auftrag, Rotkäppchen zu retten.
Dumm nur, dass die davon so gar nichts hält und beschlossen hat, ihr eigenes Ding durchzuziehen, statt wie vorgesehen die Großmutter zu besuchen …
Die Grimmigen Wölfe – das sind Jack, Yusuf, Moona, Mütze und Mats. Sie sind nicht nur die coolsten Rapper der Schule, sondern außerdem in geheimer Mission unterwegs: die Märchenwelt vor dem Untergang zu bewahren.
Alle verfügbaren Bände der Die Grimmigen Wölfe-Reihe:
Die Grimmigen Wölfe und die Rotkäppchen-Rebellion (Band 1)
Die Grimmigen Wölfe und das Dornröschen-Drama (Band 2)
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Seitenzahl: 111
Veröffentlichungsjahr: 2022
Luzie-Linn Beeke
Mit Illustrationen von Lorna Egan
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© 2022 cbj Kinder- und Jugendbuchverlag
in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München
Alle Rechte vorbehalten
Illustrationen: Lorna Egan
Umschlaggestaltung: buxdesign GbR | Lisa Höfner unter Verwendung einer Illustration von © Illustration: Lorna Egan
ah · Herstellung: bo
Satz: Uhl + Massopust GmbH, Aalen
ISBN 978-3-641-27557-0V002www.cbj-verlag.de
INHALTSVERZEICHNIS
1. Kapitel:Die weltweit gültige Coolness-Skala
2. Kapitel: Was für ein Theater!
3. Kapitel: Die Grimmigen Wölfe
4. Kapitel: Prinzen stinken!
5. Kapitel: Wo sind wir?
6. Kapitel: Das Märchen-Warnsystem
7. Kapitel: Hütet euch vor dem Schwarzen Weg
8. Kapitel: Rotkäppchen und der maaaagische Stein
9. Kapitel: Alte, kranke Großmütter
10. Kapitel: Der Schwarze Weg
11. Kapitel: Das Reich der Schatten
12. Kapitel: Ein echt grimmiger Wolf
13. Kapitel: Prinz Coolibert
14. Kapitel: Rotkäppchen und der Wolf
15. Kapitel: Kotzübel
16. Kapitel: Die Nacht beginnt
17. Kapitel: Endlich frei
18. Kapitel: Rückwärtsgehen
19. Kapitel: Wieder zu Hause?
Auf der weltweit gültigen Coolness-Skala ist mein Name locker eine Acht von zehn. Blöd ist nur, dass es auch noch den Rest von mir gibt: Segelohren, Sommersprossen und eine fette Zahnlücke zwischen den oberen Schneidezähnen. Das bedeutet natürlich Punktabzug. Drei für die Ohren, zwei für die Zahnlücke und einen für die Sommersprossen. Wenn du Jack heißt und am Ende doch nur eine Zwei bist, ist das echt frustrierend. Wenigstens heiße ich nicht Gustav oder Torben-Hendrik, dann wäre ich eine minus Vier.
Mein bester Freund Yusuf ist mindestens eine Sieben, obwohl er einen Bauch hat und eine Stimme kriegt wie ein kleines Mädchen, wenn er etwas witzig findet. Die Sieben hat er sozusagen geerbt. Seine zwei großen Brüder sind so cool, dass du im Hochsommer eine Winterjacke brauchst, wenn sie neben dir auftauchen. Sie haben immer die angesagtesten Turnschuhe an den Füßen und reden wie die Gangster in New York. Wenn du aus so einer Familie kommst, kannst du ein Geburtstagsclown sein und bist trotzdem noch eine Sechs.
Moonas Name ist fast so cool wie meiner. Er kommt aus Indien, genau wie ihre Mutter. Moona ist das hübscheste Mädchen an unserer Schule. Sie hat lange schwarze Haare, die glänzen wie unser Auto, wenn es aus der Waschstraße rollt. Es gibt keinen Jungen in unserem Viertel, der nicht schon mal in sie verknallt war. Dafür ziehe ich jetzt großzügig keine Punkte ab, aber für die Sache mit dem Umarmen schon! Moona muss ständig irgendwas oder irgendwen umarmen. Egal ob Hunde, Bäume, Omas oder weinende Erstklässler. Einmal hat sie sogar unsere Mathelehrerin Frau Dreier umarmt. Für eine Lehrerin ist Frau Dreier echt okay, nur die Sache mit dem Rechnen nimmt sie zu persönlich. »Wenn ich sehe, wie ihr die Zahlen quält, würde ich am liebsten losheulen!«, hat sie gesagt, und da ist Moona nach vorne und hat sie umarmt. Das ist so uncool, dass ich dafür vier Punkte abziehen muss.
Ina umarmt höchstens ihre Mutter, aber nur an Geburtstagen und Weihnachten. Und ihre Haare sehen auch nicht nach Waschstraße aus, sondern nach Sturmwarnung. Aber das wissen nur wir, weil sie die Explosion immer unter einer Mütze versteckt. Sie hat mehr Mützen im Schrank als die Königin von England Hüte. Deshalb ist ihr Spitzname auch Mütze. Mütze spielt Fußball, fährt Skateboard und hat eine ziemlich große Klappe. Sie ist eine glatte Neun. Aber weil ihr die Mützen so oft über die Augen rutschen, rennt sie immer irgendwo vor und liegt dann mit verdrehten Augen auf dem Boden. Das gibt natürlich Abzug. Aber weil sie nie flennt, reichen drei Punkte.
Mats sieht dagegen ziemlich oft aus, als würde er gleich flennen. Dann macht er ein Gesicht wie Frau Dreier, bevor Moona sie umarmt hat. Mats weiß alles, obwohl er der Kleinste von uns ist. Er ist schon mit fünf in die Schule gekommen, weil er schlauer ist als Einstein. Sein Hobby ist Wahrscheinlichkeitsrechnung. Wenn ich noch nicht mal weiß, dass es ein Problem gibt, hat Mats längst ausgerechnet, wie groß die Wahrscheinlichkeit ist, dass uns die Katastrophe überrollt. Meistens flüstert er. Als ob Katastrophen schlafende Tiger wären, die er nicht wecken will. Mats hat locker einen IQ von hundertvierzig, aber auf der Coolness-Skala ist er bloß eine Eins.
Meine Freunde und ich haben zusammen also einundzwanzig von fünfzig Punkten (das hat Mats ausgerechnet). Das heißt, dass unsere Gang beinahe mittelcool ist. Allerdings nur, solange keiner weiß, wo wir leben.
Wenn man nämlich in Straßen wohnt, die Rotkäppchenweg, Rapunzelgasse, Zum Froschkönig oder Hinter den sieben Bergen heißen, dann bleiben nicht mehr viele Punkte über – höchstens zehn (das habe ich ausgerechnet).
In meiner letzten Mathearbeit hatte ich auch zehn von fünfzig Punkten (das hat Frau Dreier ausgerechnet). Mangelhaft stand drunter.
Das bedeutet: Wir sind offiziell uncool!
Vor der Schule treffen wir fünf uns immer bei den Tischtennisplatten. Als ich heute zu unserer Lieblingsplatte komme, sind die anderen schon da.
Mats und Moona machen merkwürdige Verrenkungen. Moonas Mutter ist Yogalehrerin und bringt ihr dauernd irgendwelche Turnübungen bei. Aber jetzt nicht Liegestütze oder Kniebeugen! Eine Yogaübung bist du erst, wenn du einen Tiernamen hast und seltsam aussiehst.
Yusuf sitzt vor den beiden, futtert Kekse und guckt sich das Spektakel an. Mütze liegt daneben und hat sich ihre Mütze über die Augen gezogen. Yoga und Kekse sind nicht so ihr Ding.
Ich lasse mich neben sie fallen. »Leute! Wir müssen ganz dringend an unserer Coolness arbeiten.«
»Wem sagst du das?«, brummt Mütze.
Yusuf verschlingt schmatzend den nächsten Keks. »Wenn wir umziehen, ist das Problem doch gelöst.«
Jeder von uns weiß, was er meint. Es gibt eine einzige Straße im Märchenviertel mit einem echt coolen Namen: Der Schwarze Weg. Und »Ich heiße Jack und wohne auf dem Schwarzen Weg« gibt selbst mit Zahnlücke und Segelohren noch acht Punkte.
Mats versucht, mit der Nasenspitze seine Knie zu berühren. Keine Ahnung, welches Tier das sein soll. »Die Wahrscheinlichkeit, dass auf dem Schwarzen Weg fünf Wohnungen gleichzeitig frei werden, ist unter zwei Prozent«, keucht er.
Ich seufze. Mathematik ist voll die Spaßbremse! Aber meistens hat sie recht, genau wie Mats. Die Kinder, die auf dem Schwarzen Weg wohnen, werden ihren Eltern auf keinen Fall erlauben, umzuziehen. Die denken, sie wären was Besseres. Sie nennen sich die Schwarze Bande. Wir nennen sie die Idioten.
Zu den Idioten gehören Katze, Karotte und Kugel. Karotte ist der Anführer. Er ist lang und dünn und hat knallorange Haare. Kugel ist klein und dick und hat die Intelligenz einer Haselnuss. Katze ist das einzige Mädchen in der Bande. Mal schnurrt sie und streicht dir um die Beine und im nächsten Moment fährt sie ihre Krallen aus und kratzt dir durchs Gesicht.
Die Idioten gehen wie wir auf die Gebrüder-Grimm-Schule. Die Grimms waren zwei Brüder, die vor ziemlich langer Zeit gelebt haben. Besonders cool waren die bestimmt nicht, sonst wären sie ja die ersten Gangster-Rapper geworden und nicht die ersten Märchensammler.
Für unsere Lehrer ist die Sache mit den Märchen allerdings ein gefundenes Fressen: Im Herbst lassen sie uns Märchengedichte für den Schulbasar schreiben, im Winter holen sie eine Märchenerzählerin in die Schule, im Frühling veranstalten sie ein Märchenquiz und im Sommer kommt das große Finale – das Märchentheater.
»Dann sollten wir wenigstens die Schule wechseln«, schlägt Mütze vor.
Yusuf schüttelt den Kopf. »Vergiss es! So kurz vor dem peinlichen Höhepunkt des Jahres lässt die Wolf niemanden mehr gehen.«
Frau Wolf ist unsere Direktorin. Wenn sie sauer ist, sieht sie einem echten Wolf ziemlich ähnlich. Und ausgerechnet heute will sie das Märchen bekanntgeben, das wir diesen Sommer aufführen. Das wird bestimmt wieder megapeinlich!
»Vielleicht hat sie ja ein cooles Märchen ausgesucht«, sagt Moona. Sie steht da wie ein Klappspaten und guckt durch ihr Beine.
»Klar«, meint Mütze trocken. »Und außerdem hat sie die Ferien um vier Wochen verlängert und die Hausaufgaben abgeschafft.«
»Im Ernst?« Moona reißt ihre Scheinwerfer-Augen auf, weil sie wieder mal auf einen von Mützes Witzen reingefallen ist.
Wir müssen wirklich ganz dringend an unserer Coolness arbeiten!
Zu Beginn der Mittagspause versammelt sich die ganze Schule in der Aula. Die Wolf steht vorne auf der Bühne und wartet darauf, dass es endlich leise wird. Als jeder einen Platz gefunden hat und kein Erstklässler mehr heult, weil er seine Lehrerin verloren hat, verkündet sie schließlich strahlend: »Das diesjährige Stück wird Rotkäppchen!«
Ein Stöhnen geht durch die Aula.
Frau Wolf kneift die Augen zusammen. »Schön, dass ihr euch so freut. Dann könnt ihr ja jetzt darüber nachdenken, was ihr dazu beitragen wollt.«
»Ich weiß es schon«, flüstert mir Yusuf zu. »Rechtzeitig abhauen!«
Blöderweise wird die einzige Tür von unserem Sportlehrer bewacht. Also müssen wir uns noch jede Menge unnötiges Gelaber anhören, bevor die Wolf dem Sportlehrer ein Zeichen gibt und er endlich die Tür in die Freiheit öffnet. Erleichtert drängeln alle nach draußen.
An der Tischtennisplatte treffe ich meine Freunde wieder.
»Wenigstens muss ich diesmal keine Prinzessin spielen«, freut sich Moona. Auf ihrem T-Shirt steht Rettet die Wale. Wer regelmäßig Moonas T-Shirts liest, weiß immer, was er zu tun hat: Wale retten, Wasser sparen, Müll trennen und lächeln!
Yusuf hält ihr seine Plätzchentüte hin. »Nimm, Schwester! Das muss gefeiert werden.«
Moona ist nicht wirklich Yusufs Schwester. Er sagt das nur so. Das hat er von seinen großen Brüdern.
Moona greift in die Tüte. »Wisst ihr noch, letztes Jahr?«
Wir nicken. Als Moona im letzten Sommer auf die Bühne gekommen ist, haben ihre Haare mit ihrem Kleid um die Wette geleuchtet, und die drei Prinzen haben sie angestarrt, als hätten sie noch nie eine Prinzessin gesehen. Keiner hat sich gerührt, um dem fürchterlichen Drachen den Kopf abzuschlagen. Frau Wolf ist hinter der Bühne auf- und abgesprungen und hat wie wild geflucht. Als das Publikum langsam unruhig geworden ist, ist Moona rüber zu dem Drachen und hat ihn umarmt. Die Leute sind völlig aus dem Häuschen gewesen. Sie haben geklatscht und gejohlt und das Stück war aus.
»Das war so cool«, sagt Mats.
»Nicht so cool, wie das, was wir machen!«, schnurrt Katze, die wie aus dem Nichts neben der Tischtennisplatte aufgetaucht ist.
»Hä?«, macht Mütze.
»Wir bauen den Wolf!« Katzes grüne Augen funkeln. »Einen elektrischen Wolf aus Blech und Stahl. Die Augen sind rote Scheinwerfer und hinter dem Maul führt eine Treppe direkt in den Bauch.«
»Wir machen was viel Cooleres!«, rufe ich.
»Und das wäre?«
»Verraten wir nicht.«
»Ihr habt keine Ahnung. Stimmt’s?« Katze kichert. Dann winkt sie uns so dämlich zu, als ob sie echt eine Tatze hätte, und zieht ab.
»Warum hast du das gesagt?«, jammert Mats. »Die Wahrscheinlichkeit, dass wir was Cooleres als einen Stahlwolf machen, ist null.«
»Sie hat mich provodingst«, verteidige ich mich.
»Egal«, brummt Mütze. »Vergiss die Wahrscheinlichkeit! Wir machen trotzdem was Cooleres.«
Und da hat mein bester Freund einen seiner seltenen Geistesblitze. »Wir gründen eine Band!« Yusuf wirft sich nach hinten auf die Platte und spielt Luftgitarre. »Die Theaterstücke sind nur so langweilig, weil coole Musik fehlt!«
Ich reiße eine Faust in die Luft. »Das ist es! Eine Band ist megacool!«
Kurz herrscht ehrfürchtige Stille.
Dann fragt Moona: »Und wie wollen wir uns nennen?«
»Wie findet ihr Die fünf Zwerge?«, fragt Mats.
Wenn ich das vorgeschlagen hätte, hätte Yusuf mir gegen die Stirn geklopft und gerufen: »Hallo? Jemand zu Hause?« Aber ich fange ja auch nicht sofort an zu flennen.
»Ich weiß!« Mütze springt so plötzlich auf, dass ihr die Mütze über die Augen rutscht. Sie rudert mit den Armen und fällt rückwärts von der Platte. Wir schieben die Köpfe über den Rand. Mütze ist auf unseren Jacken gelandet. Von ihrem Gesicht ist bloß ihr Mund zu sehen. Der grinst. »Die Grimmigen Wölfe!«
Yusuf haut mir vor Begeisterung so auf die Schulter, dass ich auch fast von der Platte falle. »Das ist der beste Band-Name, den ich je gehört habe.«
Dann spielt er gleich noch ’ne Runde Luftgitarre. Ich steige mit ein und spiele Luftschlagzeug. Der Drummer in einer echten Band zu sein, wäre megacool. Ich muss nur rechtzeitig umziehen, bevor wir so berühmt sind, dass wir Interviews geben. Kein anständiger Star wohnt auf dem Rotkäppchenweg! Langweiliger als dieses Märchen ist nur noch Entenfüttern im Park.
Aus den Augenwinkeln sehe ich plötzlich, dass Katze schon wieder um die Platten schleicht. »Wir müssen sofort zur Wolf«, flüstere ich. »Bevor die Idioten davon Wind bekommen und auch eine Band machen wollen.«
Wir stürmen rauf zum Lehrerzimmer. Yusuf hämmert gegen die Tür wie jemand, der dringend eine Pausenschlägerei melden muss. Mats versteckt sich hinter meinem Rücken. Die Tür wird aufgerissen und Frau Wolf steht vor uns.
»Wir sind die Grimmigen Wölfe!«, ruft Moona. Dabei strahlt sie, als wären wir in Wirklichkeit die fröhlichen Schafe.
»Wenn ich nicht sofort einen Kaffee bekomme, bin ich der einzige grimmige Wolf hier«, knurrt Frau Wolf.