Die großen Western 175 - G.F. Waco - E-Book

Die großen Western 175 E-Book

G. F. Waco

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Beschreibung

Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Der Mann kommt unauffällig in die Stadt, er steigt aus der Postkutsche und hat einen schwarzen Rock an, der ihm fast bis in die Kniekehlen hängt. Dieser Mann erscheint zwei Tage vor dem Termin, an dem Slick Cuervo aus dem Jail von Santa Fé kommen soll und hat nur eine Reisetasche bei sich, die aber ziemlich schwer zu sein scheint. Er sieht so harmlos aus, daß die meisten Leute ihn für einen Händler halten, der schlechte Zeiten erlebt hat und seine Ware nicht los wird. Wenige Minuten nach dem Mittag rollt die Stagecoach ein, der Mann steigt aus und nimmt seine schwere Reisetasche in die Hand. Dann geht er langsam und freundlich grüßend die Straße vor Warners Saloon hinunter, bis er vor dem Empire-Saloon steht und etwas nachdenklich die Fassade betrachtet. Seine Schritte führen auf die Tür zu und sein steifer, runder Hut stößt um ein Haar oben an. Der große, hagere Mann mit dem freundlichen Gesicht und dem doch müden Zug um die Augen schiebt die Türen auf, geht in den vom matten Licht erhellten Saloon und bleibt stehen, als er Colder Barbaree am Fenster hüsteln hört. Außer Barbaree sind nur noch drei Männer im Saloon. Es kann Zufall sein, aber Sid McKennan hat sicher Durst auf ein Glas Whisky. Tobias Nutton wird wieder einmal heimlich einen Whisky trinken wollen und Jeff Brian hat sicherlich mit Barbaree über die Lieferung von Whisky zu reden. "Hallo, Tate", sagt Colder etwas zu heiser. "Ich wollte nicht hinauskommen und niemanden aufmerksam werden lassen. Es ist dir doch recht?" Tate,

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Die großen Western – 175 –

Die Zornigen

G.F. Waco

Der Mann kommt unauffällig in die Stadt, er steigt aus der Postkutsche und hat einen schwarzen Rock an, der ihm fast bis in die Kniekehlen hängt. Dieser Mann erscheint zwei Tage vor dem Termin, an dem Slick Cuervo aus dem Jail von Santa Fé kommen soll und hat nur eine Reisetasche bei sich, die aber ziemlich schwer zu sein scheint.

Er sieht so harmlos aus, daß die meisten Leute ihn für einen Händler halten, der schlechte Zeiten erlebt hat und seine Ware nicht los wird.

Wenige Minuten nach dem Mittag rollt die Stagecoach ein, der Mann steigt aus und nimmt seine schwere Reisetasche in die Hand.

Dann geht er langsam und freundlich grüßend die Straße vor Warners Saloon hinunter, bis er vor dem Empire-Saloon steht und etwas nachdenklich die Fassade betrachtet. Seine Schritte führen auf die Tür zu und sein steifer, runder Hut stößt um ein Haar oben an.

Der große, hagere Mann mit dem freundlichen Gesicht und dem doch müden Zug um die Augen schiebt die Türen auf, geht in den vom matten Licht erhellten Saloon und bleibt stehen, als er Colder Barbaree am Fenster hüsteln hört.

Außer Barbaree sind nur noch drei Männer im Saloon. Es kann Zufall sein, aber Sid McKennan hat sicher Durst auf ein Glas Whisky. Tobias Nutton wird wieder einmal heimlich einen Whisky trinken wollen und Jeff Brian hat sicherlich mit Barbaree über die Lieferung von Whisky zu reden.

»Hallo, Tate«, sagt Colder etwas zu heiser. »Ich wollte nicht hinauskommen und niemanden aufmerksam werden lassen. Es ist dir doch recht?«

Tate, der Mann mit dem langen Rock und dem jungen, steifen Hut, wendet sich langsam um und blickt die vier Männer der Reihe nach an. Er läßt seine Tasche nicht aus der Hand, geht auf die Männer zu und streckt Colder seine schmale blasse Hand entgegen.

»Hallo, Colder«, erwidert er müde und wirkt auf einmal schläfrig. »Ein schöner Tag, die Vögel singen, ich sah reifes Korn auf den Feldern und den blauen Himmel. Wirklich, ein schöner Tag, das richtige Reisewetter für einen Mann wie mich. Ich komme doch noch rechtzeitig?«

Er reicht jedem die Hand und murmelt dabei jedesmal seinen Namen, ein wohlerzogener, gebildeter Mann anscheinend.

»Tate Burley ist mein Name. Freut mich sehr, Mister, freut mich sehr.«

»Und das«, sagt Nutton leicht verschnupft, nachdem er den laschen Händedruck Burleys hinter sich hat, »ist dein berühmter Mann für uns, Colder?«

Es klingt eine Menge Zweifel aus seinen Worten, der einfach nicht zu überhören ist.

Colder Barbaree zuckt leicht zusammen, aber Tate Burley lächelt so freundlich und so still wie jemand, der einem Kind eine Belehrung erteilen muß.

»Ja«, sagt Burley sanft. »Ich bin der Mann, Mr. Nutton, wie? Ich bin kein Revolvermann der üblichen Sorte, mein Freund, ich übe meinen Beruf in Schießhallen und bei Wettbewerben aus.

Wenn ich gekommen bin, dann nur aus dem Grund, daß mir Colder vor vielen Jahren einen sehr großen Gefallen getan hat. Und ein Mann wie ich erinnert sich immer an Gefälligkeiten. Wollen wir hier stehenbleiben oder gibt es noch einen anderen Raum, in dem man sich unterhalten kann, Gentlemen?«

Er fragt sanft, sein Augenaufschlag ist freundlich. Und doch spürt Nutton plötzlich, daß dieser Mann gefährlich ist, gefährlich durch seine Sanftheit und seine Beherrschung.

Colder Barbaree dreht sich wortlos um, geht los und führt sie alle in seinen Privatraum, in dem er auf einen der Sessel deutet und Tate Burley zum Setzen auffordert.

»Danke«, sagt Burley leise, fast zu leise. »Lieber Freund Colder, ich bin einmal gekommen, weil mich eine persönliche Freundschaft mit dir verbindet. Zum anderen, die Rede war von elfhundert Dollar. Ich muß gestehen, dieser Preis erscheint den Ausflug nach Estancia wert zu sein. Ich muß in sechs Tagen in El Paso sein, dort ist ein Schießwettkampf beim Rodeo, den ich nicht versäumen möchte.

Es ist manchmal doch ganz gut, wenn man sich hin und wieder eine Karte schreibt und sich nicht ganz aus den Augen verliert, Colder. Nun, wer ist dieser Slick Cuervo?«

Er setzt sich, die Tasche steht zwischen seinen makellos sauberen schwarzen Schuhen mit grauen Gamaschen. Ein wirklicher Gentleman.

»Eine Bestie«, sagt der schmächtige McKennan sprudelnd. »Er ist mit dem Revolver so schnell, daß man ihn kaum ziehen sieht. Und außerdem hat er geschworen, uns alle umzubringen. Uns alle, das heißt, alle Männer der Jury, die ihn damals verurteilte, auf einige Jahre im Jail zu verschwinden. Wir dachten, ehem, einen Mann zu finden, der Slick vor der Stadt erwarten kann und ihn dort fordert. Zu diesem – ehem – Zweck, ehem, ist uns kein Preis zu hoch. Ich wollte sagen – tausend Dollar zusammen.«

»Eintausendeinhundert«, sagt Burley mit sanftem Augenaufschlag leise. »Mir wurde von einhundert Dollar mehr geschrieben, Mr. McKennan, wenn ich den Namen richtig behalten habe.«

»Ja, natürlich«, erwidert der Barbier schnell. »Der Preis geht schon in Ordnung, ehem. Nur fragt es sich…«

Er hustet gleich ein halbes Dutzendmal.

»Fragt es sich, Mr. Burley, ob Sie sich zutrauen, dieses Ungeheuer auch zu erschießen, denn lebendig darf es nicht in die Stadt, sonst…«

Er faßt sich an den Hals und hat wohl das Gefühl, daß ihm Slick mit seinem Rasiermesser ein wenig die Haut kitzelt.

»Hast du ihnen nicht gesagt, daß ich mir das zutraue, Colder?« fragt Burley sacht. »Mr. McKennan, ich wäre sonst wohl nicht hier, wie?«

McKennan sieht ihn prüfend an und schluckt.

»Hören Sie, Burley, kann ich für mein gutes Geld wenigstens offen mit Ihnen reden?« erkundigt er sich dann heiser.

»Natürlich, Mister. Ich gehe niemals auf einen Mann los, der mir soweit unterlegen ist wie Sie«, sagt Burley. »Sie wollen wissen, ob ich schnell genug bin, ich denke das. Ist es richtig?«

»Ja, Mister, das ist es.«

»Nun gut!«

Burley sagt nur diese zwei Worte, dann erhebt er sich, tritt etwas vom Tisch weg und geht in die freie Ecke des Zimmers hinüber, wendet den Männern den Rücken zu, aber dreht sich gleich darauf um. Nun ist seine weite Jacke offen.

»Tate, von mir aus brauchst du keinen Beweis anzutreten«, sagt Colder Barbaree schnell. »Ich weiß doch Bescheid, Alter, wir sind uns doch nicht fremd.«

»Nun, aber deine Freunde hier…«

Burley bewegt plötzlich die Hände und McKennan bleibt der heisere Laut der Überraschung in der Kehle stecken.

Niemand weiß, woher Tate Burley seine Revolver zieht, aber fest steht, daß er innerhalb eines winzigen Augenblicks seine beiden Revolver in den Händen hat.

Dann pufft es dreimal schwach, und der Rauch steigt aus den Revolvermündungen.

»Es sind nur leere Patronen ohne Kugel, aus denen ich das Pulver entfernt, aber das Zündhütchen steckengelassen habe«, sagt Burley ruhig. »Soll ich richtige Patronen verwenden, Gentlemen, dann sind Sie alle innerhalb von drei Sekunden tot. Genügt das, Mr. McKennan?«

McKennan ist kreidebleich geworden und faßt sich wieder an den Hals.

»Sie sind ja noch schneller als Rey Thayer«, sagt der Barbier ächzend. »Und da – hat man niemals von Ihnen etwas gehört?«

»Ich bin Kunstschütze«, erwidert der sanfte Burley nicht ohne Stolz. »Manchmal allerdings muß ich beweisen, daß ich nicht nur Kerzen ausschieße, sondern Lebenslicht ausblasen muß. Es dauert mich jedesmal schrecklich, aber ich zwinge niemals einen Mann zum Kampf. Ich erschieße keinen, der es nicht verdient. Ist jemand hier, der daran zweifelt, daß ich Mr. Cuervo etwas überlegen bin?«

Sie schütteln stumm die Köpfe und starren wie hypnotisiert auf Burleys Hände, die die Revolver unter der Jacke verschwinden lassen.

»Sein Vater war Zauberer«, munkelt Colder Barbaree. »Er ließ Uhren und Goldstücke verschwinden. Tate macht es mit seinen Revolvern und schießt über den Rücken fast genausogut wie nach vorn. Ich muß euch das wohl sagen, damit ihr keine Befürchtungen habt.

Eins aber ist wichtig, Freunde. Von uns allen darf keiner ein Wort über Tates Besuch und seine Absicht verlieren. Es darf überhaupt nichts über ihn gesprochen werden. Er ist Händler, das ist alles. Haben wir uns verstanden?«

Burley sitzt dabei, als wenn ihn das alles nichts angeht. Er betrachtet seine Fingernägel und wischt sie mit seinem Taschentuch ab.

»Und die anderen?« fragt Brian heiser. »Die anderen werden nicht zahlen, wenn sie ihn nicht sehen und sprechen können, ich kenne sie doch, sie sitzen auf hundert Dollar wie eine Glucke auf den auszubrütenden Eiern.«

»Nun, Gentlemen, vielleicht kommen diese anderen Jurymänner in den nächsten beiden Tagen einmal vorbei und besuchen mich, wenn sie es so nötig zu haben glauben. Colder, sage ihnen nur meine Bedingungen, damit die Sache gleich ihre Richtigkeit hat.«

»Ja«, murmelt Colder Barbaree gepreßt. »Ich habe euch bereits gesagt, daß Tate das Geld vorher bekommen muß. Das ist seine Bedingung, ich zahle meinen Anteil sofort aus.«

»Deinen Anteil behalte du nur«, erwidert Burley nun und läßt sich zum erstenmal etwas lauter vernehmen. »Von dir nehme ich keinen Cent, Colder. Also, Freunde, wenn das Geld bis morgen in meiner Tasche ist, dann reicht mir das. Ich führe eine eigene Bank – sozusagen.«

Er wirft keinen Blick auf seine Tasche, aber Colder Barbaree weiß genau, daß diese Tasche viele Fächer hat, und daß sie voller Geld ist, wenn auch obenauf sicher Unterwäsche und Hemden Burleys liegen werden.

Die drei anderen Jurymänner blicken sich an und überlassen dann Nutton die Antwort.

»Burley, Sie werden Ihr Geld bekommen. Und wir hoffen, daß Slick dann niemals in die Stadt kommt. In Ordnung?«

»In Ordnung.«

Burley lehnt sich zurück und gähnt leicht. Er scheint wirklich müde zu sein.

Er möchte sein Zimmer sehen, sagt er und verabschiedet sich förmlich. Drei Männer bleiben zurück, als er mit Colder davongeht. Sie sitzen Augenblicke stumm und verdauen erst seinen Anblick. Dann sagt McKennan gepreßt:

»Er erwischt Slick und bläst ihn in die Hölle. Slick ist bekannt dafür, daß er sich fordern läßt und nichts lieber als einen Kampf hat, bei dem er jemanden umbringen kann. Colder muß sich etwas ausdenken, damit Slick ihn wirklich trifft. Was meint ihr?«

»Ein guter Mann, nur etwas unheimlich schnell«, murmelt Nutton. »Habt ihr mal seine Augen gesehen? Vollkommen starr, wie tot.«

»Ja«, erwidert Brian. »Mich hat es gegruselt, als er abdrückte, und ich hätte tot sein können. Keine Regung in seinen Augen, unheimlich, gruselig. Warten wir, bis Colder kommt.«

Es dauert nicht lange, dann kommt Colder herein und steckt sich eine Zigarre an, nachdem er allen ein Glas seines besten Whiskys eingeschenkt hat.

»Daß dieser Narr Longsdale nicht mitmacht, ist ärgerlich«, sagt Colder dann. »Nun, Tate erwischt Slick schon. Er hat gesagt, daß er ihm entgegenreiten wird, sobald er hier auftaucht. Ich habe Jube Bescheid gesagt, daß er auf die Straße achtet. Die vier anderen Cuervos werden Slick gebührend abholen wollen und ihn im Triumph nach Hause bringen.

Es ist nur nötig, daß Jube auf die vier anderen Cuervos achtet, die bestimmt nach Santa Fé reiten und Slick seinen schwarzen Feuergaul bringen, den er mehr liebt als alles auf der Welt. Und dann packt Tate ihn bei der Rückkehr. Habt ihr andere Vorschläge zu machen?«

»Es wird der beste Weg sein, Colder«, antwortet McKennan. »Er darf einfach nicht. Die anderen werden Burley sehen wollen, wir müssen ihnen Bescheid sagen.«

»Macht das nur, sie sollen aber einzeln kommen und zu niemandem reden.«

Sie sprechen noch eine Weile über Burleys wundervolle Schnelligkeit, dann verschwinden sie einzeln und tauchen in der Stadt unter.

*

In den nächsten Stunden kommen ab und zu einige Männer in den Sa­loon und besuchen das obere Stockwerk und ein Zimmer, in dem Tate Burley langausgestreckt auf dem Bett liegt und die Fragen der Männer beantwortet.

Da ist der Schmied, da kommt der Bäcker, der Besitzer der Fellhandlung ist der nächste und die beiden Brüder Lowell, die einen Pferdehandel haben, erscheinen bald darauf.

Nach und nach finden sich die restlichen sechs Mann der Jury von damals ein. Nur der Schwager von Win Sales fehlt, der noch nicht weiß, daß Burley gekommen ist, sicher aber bald erscheint.

Jim Perry, der Besitzer der Fellhandlung, ein kleiner, nervöser und leicht schielender Mann, der von allen fast die meiste Angst vor Slick hat, muß ohnehin nach Encino und bietet sich an, Sales Schwager Bescheid zu geben.

Kurz darauf verläßt der kleine, leicht schielende Mann die Stadt und treibt sein Pferd ziemlich hart an.

Mr. Perry hat Angst, eine fast krankhafte Furcht, die ihn um sein Leben bangen läßt. Er ist nicht mehr jung, die meisten Jahre hat er hinter sich, und seine Familie ist mit diesen Jahren auch ständig gewachsen. Perry hat eine Frau und acht Kinder.

Und manchmal denkt ein Mann zu sehr an seine Frau und seine acht Kinder. Dieser Mann möchte dann etwas ganz genau und mit absoluter Gewißheit bestimmt haben. Darum geschehen oft die seltsamsten Dinge.

Mr. Jim Perry reitet nach Encino.

Zu dieser Zeit sitzt Gregg Longsdale vor jenen Kästen, in denen in Reih und Glied seine Setztypen geordnet stehen.

Gregg Longsdale mag keine Revolvermänner, er ist ein Mann der Schwarzen Kunst und beherrscht sie so gut, daß seine wöchentliche Zeitung für dieses County nicht nur im County selber, sondern auch in den größeren Städten Santa Fé und Albuquerque gelesen wird. Er hat sein Blatt »Estancia Globe«, getauft und setzt alles selber. Einen Gehilfen hat er nicht, denn er findet keinen, weil Gregg ein Idealist ist und folglich nie über genug Geld verfügt, um sich einen Gehilfen leisten zu können.

Jetzt setzt Gregg seinen Artikel für die Wochenendausgabe und blickt ab und zu auf den Block, der mit seinen krausen Schriftzeichen gefüllt ist, die außer ihm kein Mensch lesen kann. Greggs Finger sind schon schwarz, auf seiner Schürze sind eine Menge Flecken, und selbst im Gesicht hat er eine Menge schwarzer Stellen.

»Gibt es für einen Mörder Gerechtigkeit«, liest Gregg laut und muß dann die Brille absetzen, denn das linke Glas hat einen schwarzen Fleck bekommen. Er wischt sie also sauber, setzt sie erneut auf und liest dann weiter.

Longsdale hat, das weiß er, einen seiner prächtigsten Artikel verfaßt. Es fehlt aber auch nichts, um die ganze Nichtswürdigkeit Slickard B. Cuervos zu schildern.

Alles ist da aufgezählt, was die meisten Leute noch nicht wissen, Gregg aber mühsam zusammengetragen hat. Da steht drin, daß Slicky schon als Kind sich damit beschäftigte, seine Brüder zu fesseln und ihnen ein Holzfeuer unter den nackten Füßen zu machen, woraufhin ihn der alte Yank so fürchterlich verdroschen hat, daß Slickboy drei Wochen auf dem Bauch liegen mußte und zeit seines Lebens mehrere vernarbte Stellen, deutlich erkennbar als Striemen einer Peitsche, auf dem rückwärtigen Teil des unteren Körpers tragen muß.

Des weiteren ist da die Geschichte jener drei Indianer, die Slick, den kaum aus den Jugendjahren herausgewachsenen Burschen, wegen ihrer Schwester sprechen wollten, die Slick einmal getroffen hat. Die drei Indianer kamen nie mehr nach Hause. Es sind noch viel mehr Dinge in dem Artikel enthalten, der schließlich die Schlußsätze hat:

Und dieser Mensch, den man nicht Mensch nennen kann, ohne an der ganzen menschlichen Rasse zu zweifeln, diese wilde Betie kommt nun als freier Mann wieder in ein Land, das Elemente wie ihn nicht brauchen kann.

Wie wir hören, hat man ihn wegen besonders guter Führung aus dem Jail entlassen. Ein erneutes Zeichen seiner verbrecherischen Schlauheit, seiner verschlagenen Intelligenz.

Mitbürger, es ist an der Zeit, es in aller Deutlichkeit auszusprechen: Rafft Euch auf und seid mutige Amerikaner, schickt ein Ungeheuer in Menschengestalt dorthin, wohin es gehört, in die Wüste. Und ist dies noch immer nicht der richtige Platz für ihn, dann schickt ihn in die Hölle.

Damit, das weiß Gregg Longsdale auch, hat er wahrscheinlich sein Todesurteil selber unterschrieben. Aber Gregg, fast zwei Meter lang und dürr wie eine Bohnenstange, ist ein Mann absoluter Ehrlichkeit, die fast in Selbstvernichtung ausartet. Er hat das hier setzen müssen und er wird es auch drucken. Über seinem Arbeits­tisch hängt ein Spruch, zu dem Gregg nun sinnend aufblickt und mit seinen kurzsichtigen Augen blinzelnd die Buchstaben liest:

Und wenn die Welt voll Teufel wär…

Ja, denkt Gregg Longsdale bitter. Das ist wahrhaftig ein Teufel. Nur, weil ihn Rays Schwager niederschlug, als er sich seiner Frau auf die Art nähern wollte, die jeder Mann mit einer Kugel oder einem Axthieb beantwortet, brachte er Rays Schwager um. Es gibt keinen Beweis, das endlich ist es auch gewesen, das seinen Hals vor dem Galgen bewahrte.

Dieser Teufel, ich wollte, Ray wäre hier, der würde ihm die Flügel beschneiden. Ich setze es, mag kommen was will!

Der lange Gregg Longsdale steht auf und nähert sich mit der letzten, fertig gesetzten Seite seiner Druckmaschine. Er denkt an Ray Thayer und daran, wie er die Bekanntschaft Rays machte.

Damals kam Gregg mit einem Wagen und seiner Druckmaschine über die Berge und lief drei Rustlern in die Arme, die aber nur Papier fanden und das weder essen noch sonstwie verwenden wollten, außer für einen Zweck.

Als die Burschen nichts fanden, was sie an wertvollen Dingen bei Gregg erhofft hatten, wollten sie Gregg ein wenig verprügeln. Und da kam zufällig Thayer an. Seit dieser Stunde weiß Longsdale, daß er in Thayer einen wirklichen Freund gefunden hat.

Gregg seufzt, schiebt den fertigen Kasten ein, klemmt ihn fest und sieht noch einmal nach dem Zeitungspapierstapel. Dann betätigt er einen Hebel, drückt kurz an, das erste Blatt hebt sich, der Schwenktisch geht über den Setzkasten und senkt sich dann. Noch eine Schwenkung des Armes, die erste Seite, die Titelseite mit der Rückseite, ist fertig. Nun setzt sich Gregg hin und studiert seinen Satz noch einmal auf Fehlerquellen, aber Gregg findet keine. Er hat als kleiner Mann begonnen, Lettern ins Kreuz geworfen bekommen und ist sogar getauft worden, nachdem er seine Prüfung mit Auszeichnung bestanden hatte. Voller Rührung denkt er an seine ersten Gedichte, einen ganzen Band, den er selber gedruckt hat, für den er aber niemals genug Abnehmer gefunden, weil er in seinen Gedichten vielleicht schon zu sehr die Ungerechtigkeit der Welt angeprangert hat, und die Hauptpersonen immer arme Teufel gewesen sind.

Wie gesagt, der lange Gregg ist Idealist. Und folglich hat er manchmal sogar nichts zu essen. Wenn Suzanna, Brians Tochter, nicht wäre, die ihm meist mit verlegenem Gesicht einen gut gefüllten Korb hinstellt, dann wäre der gute Gregg vielleicht schon so mager, daß er zwischen den Zeilenabständen seiner Zeitung durchfallen würde, gäbe es das.

Sie werden spucken und brüllen, denkt Gregg zufrieden und legt nun erst richtig los, denn tausend Exemplare zu drucken, das ist verdammt eine schreckliche Arbeit für nur einen armen und hungrigen Mann. Der Teufel soll Slick holen und mit ihm diese ganzen Cuervos. Ich werde doch besser meinen alten Revolver holen und ihn putzen, was?

Ein sehr nachdenklicher Gregg Longsdale geht hin und holt seinen Revolver.

Und er ist sicher, daß er ihn brauchen wird, sobald das erste Exemplar seiner Zeitung den Cuervos zu Gesicht kommt. Es wird sogar ziemlich rauh werden. Auch der Drucker Gregg Longsdale wartet auf Slick Cuervo, aber er kämpft auf seine Art, mit Druckerschwärze und Lettern.

Geist gegen Gewalt, das ist seine Devise.

Und doch hat in den meisten Fällen zuerst immer die Gewalt gesiegt.

Gregg ist bereit, bis zum Ende auszuharren und lieber zu sterben, als die Wahrheit zu verschweigen.

Und darum ist dieser Drucker ein prächtiger Mann.

*

Jube Saenger wohnt an der Straße nach Santa Fé und handelt mit vielen Dingen.

Er braucht heute nicht zu arbeiten, denn Colder Barbaree hat ihm einen Besuch gemacht und ihm hundert Dollar hinterlassen. Darum ist Jube froh, daß er nicht handeln und sich den Mund zerreden muß.

Er arbeitet draußen und streicht seinen Zaun an, eine Arbeit, die er schon lange tun wollte, eine unauffällige Arbeit, so ist es.