Colt 52 - G.F. Waco - E-Book

Colt 52 E-Book

G. F. Waco

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Die Stagecoach von Trinidad nach Denver erreicht Colorado Springs. »Colorado Springs, Ladies and Gentlemen! Alles aussteigen, wenn Sie Kaffee trinken wollen! Wir halten eine halbe Stunde.« Er klettert vom Bock und ißt im Saloon zwei Steaks und einen großen Teller Bratkartoffeln. Dann fahren sie weiter. Hinaus aus der Stadt und die Flußstraße nach Denver entlang. Die Pferde schnauben. Der Mann, der hinter der Biegung mit noch drei anderen hält, hat sich etwas ausgerechnet und sieht zu seinen Leuten auf der Plattform, die sich ducken, als die Stagecoach den Berg heraufkommt. Die Männer starren nach unten. Der Alte sitzt schräg auf dem Bock und schnarcht. John Miller hält die Zügel. Rechts an der Kutsche brennt eine Laterne. Der Mond ist aus den Wolken gekrochen und bescheint die Kutsche und den Weg, während die Felsen in der Dunkelheit liegen. »Da kommt sie«, sagt einer der vier Burschen heiser und zieht das schwarze Halstuch hoch. »Macht euch fertig. Jim, du bleibst oben und hältst den Fahrer in Schach. Wenn der Bursche verrückt spielen will, weißt du, was du zu tun hast. Nimm den Karabiner, der ist sicherer.«

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Die großen Western – 262 –

Colt 52

G.F. Waco

Die Stagecoach von Trinidad nach Denver erreicht Colorado Springs. Der alte Benny Ford, der mit John Miller auf dem Bock sitzt, ruft:

»Colorado Springs, Ladies and Gentlemen! Alles aussteigen, wenn Sie Kaffee trinken wollen! Wir halten eine halbe Stunde.«

Er klettert vom Bock und ißt im Saloon zwei Steaks und einen großen Teller Bratkartoffeln. Dann fahren sie weiter. Hinaus aus der Stadt und die Flußstraße nach Denver entlang. Die Pferde schnauben.

Der Mann, der hinter der Biegung mit noch drei anderen hält, hat sich etwas ausgerechnet und sieht zu seinen Leuten auf der Plattform, die sich ducken, als die Stagecoach den Berg heraufkommt. Die Männer starren nach unten. Der Alte sitzt schräg auf dem Bock und schnarcht. John Miller hält die Zügel. Rechts an der Kutsche brennt eine Laterne. Der Mond ist aus den Wolken gekrochen und bescheint die Kutsche und den Weg, während die Felsen in der Dunkelheit liegen.

»Da kommt sie«, sagt einer der vier Burschen heiser und zieht das schwarze Halstuch hoch. »Macht euch fertig. Jim, du bleibst oben und hältst den Fahrer in Schach. Wenn der Bursche verrückt spielen will, weißt du, was du zu tun hast. Nimm den Karabiner, der ist sicherer.«

Sie hören das Rollen der Räder, das Klirren der Ketten und das Schnauben der Pferde. Der erste der Burschen richtet sich langsam auf, als die Kutsche unter ihnen ist. Er hat den Colt in der Faust und springt mit einem jähen Satz auf das Dach der Stagecoach. Er landet breitbeinig. Der Anprall bringt ihn zum Wanken und läßt ihn in die Knie gehen. John Miller spürt den Ruck, der hinter ihm die Kutsche erschüttert. Er sieht sich um und erkennt im selben Augenblick einen Mann, der von oben herunterkommt. Der Mann landet unmittelbar hinter ihm, und John macht das einzig Richtige, er läßt sich nach vorn fallen, weil er dem drohenden Revolver des Burschen mit der schwarzen Gesichtsmaske entgehen will. Er duckt sich und reißt seinen Colt heraus. In derselben Sekunde reißt oben Jim seinen Karabiner hoch und schießt aus sechs Metern Entfernung mit dem Spencer. Der Karabiner donnert krachend, und John Miller richtet sich steil auf dem Bock hoch. Er dreht sich leicht, und sein Colt beginnt zu hämmern. Er krampft den Finger durch und schießt die Trommel leer, während er seitwärts vom Bock stürzt und schwer auf die Straße kracht. Sein Revolver schweigt, und die Reiter, die hinter der Biegung gewartet haben, jagen mit ihren Pferden los.

Der alte Benny Ford wacht bei dem ersten Krach auf. Er ist noch nicht ganz munter, als ihn einer der Kerle mit dem Colt von hinten niederschlägt. Jemand packt ihn am Kragen und wirft ihn auf die Straße. Der Alte bleibt dort unten liegen und bewegt sich nicht.

»Heraus aus dem Kasten!« ruft einer der Kerle und springt seitlich ab.

Er hat den Colt in der Hand, sieht das Gesicht eines Mannes mit schreckgeweiteten Augen aus dem Fenster starren und feuert dicht über den Kopf des Mannes hinweg in die Kutsche. Der Mann brüllt vor Schreck auf und jammert.

»Komm heraus und mach keine krummen Sachen!« ruft nun auch der andere Mann, der sich in die Zügel legt und die Kutsche anhält. »Dir passiert nichts, wenn du friedlich bleibst.«

Jim reißt den Wagenschlag auf und hebt drohend seine beiden Eisen. Nun reißt auch an der anderen Seite jemand die Tür auf.

»Ich habe nichts«, sagt innen ein dicker Mister ängstlich. »Ich habe gar nichts, Freunde, ich bin ein armer Mann.«

»So siehst du auch gerade aus«, knurrt ihn ein hochgewachsener Bandit an. »Raus mit dir, du dickes Ungeheuer.«

Er packt ihn und zieht ihn aus der Kutsche. Der Dicke fällt zu Boden.

Die Banditen sehen seine dicke Uhrkette und die goldene Sprungdeckeluhr. Ein Griff und ein Kerl hält sie in der Hand.

»Besten Dank, mein Freund«, sagt er ironisch. »Ich werde sie in Ehren tragen, dessen sei versichert. So eine Uhr wollte ich immer schon mal haben.«

Er grinst, und einer hält den Dicken fest. Sie räumen seine Taschen aus. Danach durchsuchen sie die Kutsche, finden die Geldkassette und reiten mit der Beute davon.

»Diese Höllenhunde«, sagt Benny wild und taumelt zum Bock. Er reißt den Karabiner hoch und feuert dreimal gegen den Himmel. »Das Zeichen versteht jeder. Wenn jemand in der Nähe ist, werden wir bald Hilfe bekommen. Was ist mit John?«

Er geht schwankend zu seinem Beifahrer. Und dann prallt er zurück und schlägt ein Kreuz. Langsam nimmt er den Hut ab und sagt heiser:

»Diese Kerle haben ihn erschossen.«

Benny Ford schießt noch dreimal.

*

Terry Laredo Scott zuckt bei dem ersten peitschenden und rollenden Knall, der durch die Berge tost, zusammen. Er sieht zu den steilen Graten der Rocky Mountains hoch und wirft seine Decke zurück.

Erst nach einer Weile fegt das Bellen der Schüsse wieder auf.

Er legt seinem schwarzen Wallach den Sattel auf und sitzt nach weniger als zwei Minuten auf dem Pferd. Der Wallach schnaubt leise und prescht los. Laredo kennt die Schlucht, die auf den Weg nach Denver zu führen muß, von seinem Ritt in der Dämmerung her. Er jagt seinen Wallach vorwärts und lauscht in die Nacht hinaus. Aber da schießt niemand mehr. Doch dann hört er die drei peitschenden Abschüsse des Karabiners und weiß, daß sich jemand in Not befinden muß.

Er spornt den Wallach an und fegt in die Schlucht hinein. Der rasende Trommelwirbel der Hufe steigert sich noch, und Laredo braust um einen Felszacken, als er plötzlich und völlig überraschend ein Rudel Reiter bemerkt. Er sieht die Masken, und seine Hand greift nach dem Karabiner.

Laredo Scott sieht einen Burschen zum Revolver greifen und weiß, daß er mit seinem Karabiner zu langsam ist. Zwar versucht er es noch, aber sein Schuß kommt um den Bruchteil einer Sekunde zu spät.

Der Revolver vor ihm brüllt auf, und Laredo sieht die ellenlange Feuerlanze auf sich zurasen. Er duckt sich und verliert fast den Karabiner, als ihn die Kugel in der Brust trifft.

Oh, verdammt, denkt Laredo und fühlt den heißen Schmerz in sich aufsteigen. Diese Burschen fragen nicht erst. Er sinkt auf den Hals des Pferdes, das schrill wiehernd zur Seite ausbricht und einen Gaul vor sich rammt. Laredo kann sich kaum halten. Der Wallach bricht durch einige Wacholderbüsche, und Laredo klammert sich fest. Er atmet keuchend und flucht zwischen den Zähnen, als der Wallach seinem Zügeldruck nicht mehr gehorcht und eine steile Halde emporjagt.

Das Tier kommt fast nach oben, rutscht ab, die Grassoden geben nach. Laredo fliegt aus dem Sattel und rollt den Steilhang hinunter.

Ein Wacholderstrauch bremst ihn. Hinter ihm kollert der Wallach ein Stück nach, und der Sattelgurt reißt, als der Sattel wie ein Pflug durch den Schotter schrammt. Knallend zerplatzt der Riemen.

Der Wallach springt auf die Beine und humpelt ein wenig auf dem linken Vorderhuf. Doch dann trabt er an und bleibt neben Laredo stehen, der sich nicht bewegt. Der Wallach schnaubt und trabt unruhig im Kreis. Er hört die Rufe und verschwindet zwischen den Bäumen, als er die Pferde kommen und die Reiter rufen hört.

Es sind sechs Mann, die vor Laredo anhalten.

»Der ist hin«, sagt einer kurz. »Wo kam der Kerl denn so plötzlich her? Es werden doch nicht etwa noch mehr in dieser Schlucht stecken?«

Sie sehen sich an und reißen ihre Pferde herum. Dann jagen sie weiter und lassen den anscheinend Toten liegen.

Laredo Scott rührt sich erst, als die Sonne längst auf den Busch scheint und ihm in den Nacken brennt. Er stemmt sich hoch und fällt dann wieder zurück. Seine Augen öffnen sich zu einem kleinen Spalt, und sein Atem geht fauchend.

Der Wallach steht ein Stück weiter und kommt mit schleifenden Zügeln heran.

»Was ist denn?« fragt Laredo heiser und betrachtet verwundert das Pferd. »Was ist denn mit uns passiert, Alter? Verdammt, ich werde doch nicht schlapp? Geh, hole jemand. Such Hilfe, Alter. Such Hilfe.«

Laredo wird erneut ohnmächtig. Der Wallach dreht eine Runde um seinen Herrn. Dann trabt er langsam los. In die Richtung, aus der sie am Vortag gekommen sind.

*

Sheriff Iven MacNail ist allein mit sich und seinen Gedanken, wie nur ein Mann allein sein kann. Er flucht bitter vor sich hin, und seine Niederlage läßt ihn vor Wut und nicht vor Altersschwäche zittern. Er denkt an den Rancher Steward Pierce und flucht erneut.

»Ich werde dir die Pest an den Hals schicken«, sagt Iven knurrend und tastet nach seinem Kopf. »Du verdammter Schuft. Ich hab’ blaue Flecken am ganzen Körper. Deshalb muß ich auch fahren und kann nicht reiten. Vielleicht schaffe ich es gar nicht bis Denver, aber das ist nun auch gleich. In der Stadt nimmt mich doch niemand ernst. Aber sie sollen mich ernst nehmen! Und wenn ich mir alle Haare abschneide und mir selber eine Mondglatze mache. Aber sie sollen mich kennenlernen.«

Er fährt nicht zu schnell, dieser alte Sheriff, der die bitterste Lehre seines Lebens erhalten hat. Vielleicht mußte er dazu so alt werden. Vielleicht hätte er sich längst einen Deputy besorgen sollen. Und nun weiß er, daß er vieles verkehrt herum aufgezogen hat.

»Diese Höllenhunde«, sagt er verbittert. »Sie tanzen mir in der Town auf der Nase herum, belästigen die Bewohner, und nun haben sie mich verprügelt, als ich für Ordnung sorgen wollte.«

Er rasselt eine ganze Galerie Kraftausdrücke herunter, denn hier ist er allein, und niemand außer dem alten Braunen an der Deichsel kann ihn hören. Er ist sogar froh, einmal richtig fluchen zu können und nicht nur Rücksicht nehmen zu müssen.

Dann denkt er an seine Tochter Silvia, die ihn verpflastert hat und ihn schweigend und vorwurfsvoll ansah.

»Diese Hexe«, sagt er zwischen den Zahnstummeln hinweg. »Wenn sie wenigstens geredet hätte. Aber sie hat mich nur angestarrt. Wenigstens anspannen hat sie mir geholfen, und etwas zu essen hat sie mir auch eingepackt. Und dann hat sie geredet, als ich glücklich auf diesem Wagen hockte. Dad, hat sie gesagt, vielleicht siehst du nun endlich ein, daß du alt bist. Vielleicht schießt dich Steward, dieser größenwahnsinnige Bursche, noch mal tot. Aber du mußt ja mit deinem dicken Kopf durch die Wand. Dann versuche es ruhig. Ich werde solange warten.«

Er knurrt bitter, als er um die Wegbiegung fährt und neben ihm ein Stein herunterkollert. Das Geräusch läßt den Sheriff hochsehen. Er sieht einen schwarzen Hengst auf seiner Höhe mittraben und anhalten, als er auch anhält.

Was ist denn das? fragt sich Iven und blickt schärfer hin. Das ist ein tolles Pferd mit einer dreckigen Flanke und abgeschrammten Haaren. Es hat ein Halfter und keinen Reiter, geschweige denn einen Sattel. Wo ist der Reiter geblieben?

Er fährt kopfschüttelnd wieder an, und oben setzt sich der Wallach wieder in Bewegung. Iven fährt 60 Yards und kommt an eine Krümmung des Weges. Er sieht die Blutlache auf dem Weg, einige Patronenhülsen und starrt verstört auf die Spuren. Dann beugt er sich über die Wagenbrettkante und studiert aufmerksam die Spuren.

Man hat die Stagecoach überfallen, denkt er und sieht sich um. Aber er findet weiter nichts. Was will denn bloß der Gaul hier? Ich werde mal ein Stück weiterfahren und sehen, was er macht.

Und das tut er denn auch. Und jedesmal, wenn er anhält, bleibt auch der Wallach stehen. Fährt er an, trabt der Wallach oben mit. Langsam senkt sich der Hang, und der Wallach taucht plötzlich vor dem Sheriff in der Schlucht auf. Kopfschüttelnd ruft der Sheriff den Wallach an, und das Tier kommt langsam auf ihn zu. Es bleibt dicht vor dem Wagen stehen, schnaubt und scharrt mit den Hufen.

»Komm schon her«, sagte Iven brummig. »Was willst du denn? Wo ist denn dein Reiter, Schwarzer? Nanu, warum drehst du um? He, wohin willst du denn? Nun bleibt das Höllenvieh stehen und dreht seinen Schädel nach mir um! Donnerwetter, was will das Vieh bloß?«

Er hockt still und massiert sich die lange und dürre Nase. Da dreht sich der Schwarze wieder und kommt zurück. Das Manöver wiederholt sich noch zweimal, und Iven MacNail geht ein Licht auf.

Das Pferd will mich mitlotsen. Also ist dort hinten etwas. Vielleicht sein Reiter. Also werde ich vorsichtig in die Schlucht fahren.

Er lenkt den Braunen herum, und der Schwarze trabt vor ihm her. Der Wagen rollt etwa fünf Minuten, als das Pferd nach links abbiegt und der Sheriff auf den Steilhang sieht.

Dort liegt der staubüberladene Sattel, und die Schleifspur ist gut zu erkennen. Der Sheriff hält verwundert an und starrt auf das Ende der Spur. Er treibt den Braunen an, sieht auf die Beine eines Mannes und die verzierten Texasstiefel mit den großen Sporen. Der Mann hat eine dunkle Hose an, eine blaue Weste und ein gelbes Hemd. Das Hemd hat einen großen roten Fleck.

»Alle Teufel«, sagt Iven erschrocken. »Den hat es aber schlimm erwischt. Und sein Pferd lief Hilfe holen. Wenn ich nur vom Wagen komme.«

Er zieht sich hoch, und wider Erwarten geht es ganz gut. Bald steht er neben dem Unbekannten und läßt sich auf die Knie herunter. Er dreht ihn vorsichtig um, und der Mann bewegt müde den rechten Arm. Dann schlägt er langsam die Augen auf und sieht genau auf den Orden.

»Gutes Pferd«, sind seine ersten Worte, die heiser und von fiebrigen Lippen kommen. »Gutes Pferd – gutes Pferd – Alter.«

Und dann schließen sich die blauen Augen wieder. Der Mann atmet ganz flach, und der Sheriff hat nicht mal ein Verbandspäckchen bei sich. Er kommt torkelnd in der Hitze der Schlucht hoch und wankt zum Sattel. Aufheben kann er ihn nicht, aber am geplatzten Gurt hinter sich her schleifen, das kann er noch gerade. Er sucht in den Satteltaschen und findet zwei schimmernde Eisen mit geriffelten Schalen.

»Halleluja, Mister«, sagt er langsam. »Wer du auch bist, aber ein Bursche besonderen Stils mußt du sein, sonst würdest du nicht diese prächtigen Eisen in der Tasche haben. Du gefällst mir allein wegen der Eisen. Aber Verbandszeug brauche ich dringender.«

Er durchsucht die andere Tasche und findet einen Lederbeutel, der seltsam schwer ist. Daneben ein Päckchen mit Binden und Watte, wie es jeder einsame Reiter bei sich trägt.

»Nun also«, sagt Iven befriedigt. »Da haben wir es ja schon gefunden. Teufel, ich muß ihm das Hemd ausziehen. Aber sicher hat er noch eins im Packen. Der Mister ist fertig. Mein Freund, ich verbinde dich.«

Er reißt Laredo das Hemd auf, und der Wallach kommt näher.

Der Sheriff verbindet Laredo schnell und so gut er kann. Er nimmt dann die Decken vom Sattel und breitet sie auf dem Flachwagen aus. Etwas Gras stopft er unter die Decken, damit der Mann weicher liegen soll, und dann bemüht er sich eine ganze Zeit, seinen Findling auf den Wagen zu bekommen. Er schwitzt und ist selber nahe daran, sich gleich zu Laredo auf den Kasten zu legen.

»Großer Geist«, sagt MacNail keuchend, als er Laredo endlich oben hat. »Dieser Mister wiegt seine hundertachtzig Pfund oder noch mehr. Und ich bin halbtot. Nun noch den Sattel herauf und den Gaul anbinden. Komm her, du Höllenvieh mit Menschenverstand, ich binde dich an. Was denn, du willst nicht? Komm her.«

Aber der Wallach weicht vor ihm aus und geht rückwärts. Der Sheriff starrt den Gaul entgeistert an und schüttelt den Kopf.

»Nun, dann lauf so hinter uns her.«

Iven MacNail hockt sich auf einen Stein und ist ziemlich fertig. Dann durchsucht er die Satteltaschen und findet einige Zeitungen und einen Armeeschein.

»Terry Laredo Scott«, liest er. »Geboren in San Diego, Texas. Secounde-Leutnant.«

Er steckt das Papier wieder ein und öffnet den Beutel und ein Päckchen. Er starrt auf einige tausend Dollar.

Woher hat er so viel Geld? Aber ein Bandit kann er nicht sein. Sonst würden sie ihn nicht hier liegengelassen haben. Was sind das für Zeitungen?

Er schlägt eine Zeitung auf. Es ist der »Austin Mirror«.

»Laredo Scott schießt Bankräuber nieder«, liest er verwundert. »Gestern kamen die Ringo-Brothers von San Antonio über den Colorado-River und ritten am Court-House und der City Hall vorbei zur Bank. Marshal Scott saß gerade beim Barbier, als die Ringos…«

Der Sheriff sieht von der Zeitung zu Laredo und nimmt langsam seinen verbeulten Hut ab. Er macht ein sehr zufriedenes und fröhliches Gesicht, je weiter er liest. Immer wieder blickt er von der Zeitung zu Laredo und grinst immer stärker.

Und schließlich lacht er grimmig vor sich hin.

»Sieh mal einer an, den Nachtmarshal von Austin habe ich aufgelesen«, sagt er grinsend. »Das weiß nur ich, Freunde. Und ich werde ihn euch als Kuckucksei in das Nest legen. In den anderen Zeitungen stehen noch mehr Geschichten. Leute, nun sollt ihr euren Spaß bekommen. Ich werde keine Minute von seinem Lager weichen und ihn eigenhändig füttern, damit er schnell wieder auf seinen Beinen stehen kann. Er trug keinen Colt, sonst hätte er wohl die Kugel nicht bekommen.«

Der Sheriff steckt die Zeitungen sorgfältig in den Sattel zurück, klettert auf den Wagen und grinst diabolisch, als er ihn wendet. Hinter dem Wagen trabt der Wallach.

*

Der Sheriff fährt im Bogen um die Stadt, als er sich ihr nähert. Es ist Mittagszeit, und die Straßen sind fast leer. Trotzdem benutzt der Sheriff noch den Feldweg, der ihn von hinten auf seinen Hof bringt. Er sieht seine Tochter aus dem Fenster blicken.

Silvia MacNail macht erstaunt die Augen auf, als sie ihren Vater sieht.

»Ich dachte, du wolltest nach Denver?« fragt sie. »Wen hast du da hinter dem Wagen? Das ist ja ein Pferd.«

»Ja«, sagt der Alte sparsam und mürrisch. »Und da zu einem Pferd auch ein Reiter gehört, habe ich ihn gleich mitgebracht. Er liegt hinten, und du kannst mir tragen helfen.«

»Ist er verwundet?« fragt sie und kommt schnell heraus. »Tatsächlich, Dad. Bist du unter die Samariter gegangen?«

»Etwas mehr Respekt könntest du haben, Tochter«, erklärt Iven gereizt. »Ich bin immerhin dein Vater.«