Der alte Fuchs von Arizona - G.F. Barner - E-Book

Der alte Fuchs von Arizona E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. Einen Augenblick sieht sich Batson James um. Dann huscht er los und erreicht den Zaun. Vor ihm knarren Räder – der Fluch eines Mannes ertönt, etwas klatscht, ein Pferd wiehert. Langsam hebt Bat James den Kopf, bis er über den Zaun blicken kann. Er verschmilzt mit der Dunkelheit des Baumes, der seine Zweige über den Zaun sinken läßt. Niemand kann ihn hier sehen, auch das Laternenlicht reicht nicht bis zu ihm hin. »Der Teufel soll Bill holen!« sagt Bat James heiser. »Keine Spur von ihm, aber am Office hängt der Steckbrief von uns allen. Wenn sie uns suchen oder er im Jail steckt – verdammt, ich komme nicht an das Jail heran. Vielleicht sitzt Bill drin, was?« Einen Moment denkt er an Bill Co - nan und dessen Auftrag. Conan hat sich nicht gemeldet. Sie haben nichts über ihn erfahren können. Roan, der die Bande führt, hat keinen zweiten Mann in die Stadt geschickt. Sie sind nun da – fünf Männer, deren äußerste Vorhut Bat James ist. Drei warten einige Meilen entfernt, der vierte steckt hinten am Bachufer und hat die Pferde. Irgendwie ist es James unbehaglich zumute. Das völlige Schweigen Conans ist ihnen allen auf die Nerven gegangen. »Wir müssen vorsichtig sein«

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Die großen Western Classic – 16 –

Der alte Fuchs von Arizona

... kann immer noch Banditen fangen

G.F. Barner

Einen Augenblick sieht sich Batson James um. Dann huscht er los und erreicht den Zaun.

Vor ihm knarren Räder – der Fluch eines Mannes ertönt, etwas klatscht, ein Pferd wiehert.

Langsam hebt Bat James den Kopf, bis er über den Zaun blicken kann. Er verschmilzt mit der Dunkelheit des Baumes, der seine Zweige über den Zaun sinken läßt. Niemand kann ihn hier sehen, auch das Laternenlicht reicht nicht bis zu ihm hin.

»Der Teufel soll Bill holen!« sagt Bat James heiser. »Keine Spur von ihm, aber am Office hängt der Steckbrief von uns allen. Wenn sie uns suchen oder er im Jail steckt – verdammt, ich komme nicht an das Jail heran. Vielleicht sitzt Bill drin, was?«

Einen Moment denkt er an Bill Co - nan und dessen Auftrag. Conan hat sich nicht gemeldet. Sie haben nichts über ihn erfahren können. Roan, der die Bande führt, hat keinen zweiten Mann in die Stadt geschickt.

Sie sind nun da – fünf Männer, deren äußerste Vorhut Bat James ist. Drei warten einige Meilen entfernt, der vierte steckt hinten am Bachufer und hat die Pferde. Irgendwie ist es James unbehaglich zumute. Das völlige Schweigen Conans ist ihnen allen auf die Nerven gegangen.

»Wir müssen vorsichtig sein«, hat John Roan heiser gesagt. »So leicht ist das nicht – vielleicht haben sie ihn erwischt, vielleicht hat der Sheriff unseren Steckbrief bekommen. Seht nach, aber vorsichtig, sage ich euch. Nutzt jeden dunklen Fleck aus, geht zum Office, vielleicht entdeckt ihr ihn. Und dann zur Wagenstation schleichen. Bill kennt den Mann und der Mann ihn, aber er kennt keinen von uns, vergeßt das nicht. Wir wissen nur, wie Conan pfeifen wollte, also mach den Pfiff nach, Bat. Und kommt der Bursche, dann nur nicht mit ihm unter einer Laterne stehenbleiben, verstanden? Immer die Dunkelheit nutzen.«

Dunkel, denkt Bat James grimmig, ist es hier genug, Boß, ich weiß nicht, wo ich den Kerl finden soll. Seine Beschreibung habe ich, den Pfiff kenne ich auch. Und wenn der Bursche nun nicht hier in der Station ist, was dann?

Er flucht leise, starrt auf den Hof und sieht die beiden Kutschen vor dem großen Schuppen stehen. Vierzig Yard lang ist der Hof. Das Tor ist offen, auf der Straße drüben gehen Leute vorbei. Aus dem Haus und dem Stall fällt Licht in den Hof. Jemand kommt mit zwei Pferden auf den Stall zu, der Mann hat gerade noch geflucht.

Er soll humpeln, sagt sich Bat James. Daran muß man ihn erkennen. Humpelt er, nein, der hinkt nicht. Verdammt, was bin ich unruhig. Wenn ich wenigstens wüßte, was mit Bill passiert ist.

Der Mann verschwindet mit den Pferden im Stall. Und dann kommt seine Stimme heiser und laut in die Dunkelheit hinein: »Joe, wo steckst du? Gib den Pferden Futter.«

Joe, denkt James und zuckt heftig zusammen – Joe, er ruft nach dem Hinker, der heißt auch Joe.

Links vom Stall ist ein kleiner Anbau, ein flacher Bretterschuppen. Erst in dem Moment, als sich die Tür des Anbaues öffnet und Licht in den Hof fällt, sieht Bat James, daß der Bau nur ein Fenster zur linken Seite besitzt. Die ganze Zeit brennt dort Licht. Und nun taucht ein Mann in derTür auf, der sein linkes Bein leicht nachzieht.

»Der Hinker«, sagt James zischend und sinkt ein wenig tiefer hinter dem Zaun herab. »Verdammt, ja, da ist er.«

Aus schmalen Augen beobachtet er den Hinker, der über den Hof geht und sich am Brunnen zwei Eimer nimmt. Im Stalleingang taucht nun der nächste Mann auf, der gerade die Pferde hineingebracht hat.

»Joe, versorge die Gäule, dann kannst du Feierabend machen.«

»Und die Mitternachtskutsche, Steve?«

»Reeves stellt seine Pferde selbst ein und versorgt sie auch allein«, erwidert Steve kurz. »Du kennst Reeves ja – mach dir darum keine Sorgen.«

Joe brummelt etwas, geht mit den Eimern auf den Stall zu und verschwindet darin. Der andere Mann aber überquert den Hof. Die Tür des Hauses knallt hinter ihm zu. Stille über dem Hof – kein Mensch mehr zu sehen.

Einen Moment zaudert James, er hat schon zwei Finger zwischen den Lippen. Dann aber dreht er sich um. Er läuft nun geduckt hinter dem Zaun entlang. Als er um die Ecke des Stalles biegt, sieht er Licht aus dem zweiten Stall fallen. Das eine Fenster steht hoch, Licht strömt über den Busch und läßt die Blätter schimmern. Vorsichtig sieht sich Bat James um, ehe er es wagt, sich dem Lichtschein zu nähern.

Im nächsten Moment blickt er in den Stall. Vor ihm ist eine Boxenwand. Links an ihr vorbei kann er in den Gang blicken. Die Boxen liegen an beiden Seiten des Ganges. Er sieht etwa ein Dutzend Pferde.

»Na, nun komm schon herum, komm schon, Alter, es gibt Heu.«

Jemand redet – der Hinker.

In der nächsten Sekunde kommt der Hinker mit der Heugabel in der Faust in den Gang.

In diesem Augenblick hat James zwei Finger zwischen den Lippen und pfeift einmal. Der erste Pfiff ist nur kurz, dann kommen drei längere Pfiffe und zuletzt noch ein kurzer.

Der Hinker, der dicht vor dem Heu stehengeblieben ist, zuckt zusammen und dreht sich dann langsam um.

»Hier, Joe«, sagt James zischelnd, als der Mann unsicher auf die Tür starrt. »Hier, am Fenster. Komm her, Joe, schnell!«

Bat sieht die großen, aufgerissenen Augen vom hinkenden Joe. Joe sieht entsetzt aus. Vielleicht hat er gedacht, daß dort Bill Conan sein müßte, der den Pfiff kennt. Nun aber sieht er das Gesicht am Fenster, er senkt blitzschnell den Kopf und blickt sich um. Sein erster Blick gilt derTür. Dann sagt er leise: »Warte, Mann, ich muß erst die Tür schließen. Verdammte Geschichte, ich warte schon seit drei Tagen.«

Er humpelt durch den Gang, die Tür klappt zu. Und dann nähert er sich einer Box. Dort lehnt irgendwo ein Besen in der Ecke. Mit dem kommt er zum Fenster, nachdem er Heu auf dem Boden der Box verstreut hat.

Teufel, der ist gerissen, denkt Bat James.

»Sollte einer kommen«, sagt Klumpfuß im Nähertreten, »dann kann ich hier fegen. Wer bist du – einer von Bills Freunden?«

»Ja«, erwidert James leise. »Mann, wo ist Bill – wir warten seit zwei Tagen darauf, daß er uns ein Lebenszeichen gibt. Wo ist Bill?«

Klumpfuß-Joe, wie Bill Conan den Mann genannt hat, steht der Schweiß auf der Stirn. Er wendet sich noch einmal um, blickt zur Tür und sieht James dann aus unruhigen Augen an.

»Mensch, soll das heißen, daß ihr nichts wißt?« fragt er zurück. »Hör mal, am Office hängt euer Steckbrief, es ist verdammt gefährlich für euch, in die Stadt zu kommen. Ihr wißt nichts?«

»Was, zum Teufel, sollen wir wissen?« zischt James. »Der Sheriff hat ihn doch nicht erwischt und ins Jail gesperrt?«

»Ins Jail?«

Klumpfuß-Joe starrt James seltsam an, leckt sich über die mageren, verkniffenen Lippen und murmelt heiser: »Wenn ihr Bill sucht, dann geht zum Friedhof.«

»Auf dem Friedhof?« fragt er ächzend. »Mensch, mach keinen Unsinn, Bill ist doch nicht etwa...«

»Er ist tot«, antwortet Joe der Hinker hastig. »Er versuchte gegen Harris zu ziehen, aber er war um zwei Nasenlängen zu langsam für den Sheriff. Ich hatte noch kurz vorher mit ihm gesprochen. Er wollte sich Reeves ansehen. Du weißt, warum?«

»Reeves fährt die Kutsche, was? Jedenfalls sagte Bill uns das. He, hör mal, ich habe etwas Zeit – mach erst deine Arbeit fertig, damit es nicht auffällt, dann komm heraus, Joe.«

Joe starrt ihn durchdringend an, nickt bedächtig und sagt lauernd: »Hat Bill euch von meinem Anteil gesagt?«

»Zwanzig Prozent, ist das nicht ein bißchen viel für den Tip?« fragt James mürrisch. »Er hat es gesagt, aber zwanzig Prozent dafür, daß wir jedes Risiko haben? Joe, Mann, dieser Reeves soll ein verdammt harter Brocken sein, hörte ich.«

»Das geht mich nichts an. Ihr wißt den Termin nicht. Mann, der Tip ist mehr wert, aber ich bin mit zwanzig Prozent zufrieden. Wenn ich die nicht bekomme, sage ich kein Wort.«

»Also gut, mein Boß läßt dir bestellen, daß es in Ordnung geht«, erwidert James etwas bissig.

»Wir werden sehen«, murmelt Joe der Hinker. »Ich bin gleich fertig, dann komme ich hinaus – warte hinten links von hier an den Brettern, die bis an meinen Anbau liegen.«

»In Ordnung.«

Joe verschwindet im Gang – James dreht sich um und schleicht zu den Brettern. Hinter ihnen kauert sich James hin.

Er denkt an die vierzigtausend Dollar.

Ein großer Schlag, danach verschwinden.

Barry Harris muß sich ein Grinsen verkneifen, er sieht wirklich aus wie ein Fuchs. Wenn ein Fuchs alt und sein Haar weißsilbrig geworden ist, dann brauchte er nur nochTracy McCalls faltiges Großvatergesicht zu haben – und das, was hier hereinkommt, wäre genau beschrieben.

Tracy McCall betritt das Office.

»’n Tag«, sagt Tracy und schielt auf den Schaukelstuhl, in dem das Kissen für den Kopf schon wieder verkehrt herum hängt. Zuerst geht der alte Tracy zum Schaukelstuhl, nimmt das Kissen, dreht es um, damit das gestickte Bild einer Jagdszene zu sehen ist, und läßt sich danach sanft nieder. Da sitzt er und sagt nichts. Er schließt wie ein alter Mann, der endlich den richtigen Ruheplatz gefunden hat, seine Augen.

Barry Harris grinst nun doch.

Der Alte feiert Wiedersehen mit jenem Möbelstück, das er zu gern mit auf seine Ranch genommen hätte, wenn es nicht Stadteigentum gewesen wäre. Dabei darf man ihn nicht stören, das wäre lästerlich. Also hat Barry wieder mal volle zwei Minuten Gelegenheit, das Gesicht zu studieren. Tracy Abraham McCall ist ein dürrer, kleiner, alter und krummbeiniger Mann. Wer ihn so sitzen sieht, muß ihn für den friedfertigsten Menschen dieses Jahrhunderts halten. Er wird einen alten, freundlich zwinkernden Mann sehen. Und niemals denken, daß Tracy McCall über dreißig Jahre seines Lebens Marshal, Indianerscout, Agent für die Eisenbahn und Sheriff in einem halben Dutzend wilder Städte gewesen ist.

In diesem Moment muß Barry seine Betrachtungen unterbrechen. Old Tracy hat genug geschaukelt, macht die Augen auf und starrt Barry aus seinen hellblauen, unschuldigen Augen wie ein neugeborenes Kind an.

»Schön«, sagt er dann zufrieden. »Du mußt mir den Stuhl verkaufen, mein Sohn. Ich kann nicht extra wegen eines verdammten Schaukelstuhles jede Woche einmal in die Stadt kommen. Was willst du für den Stuhl haben?«

»So wenig wie das letzte Mal«, antwortet Barry grinsend. »Nichts, denn er ist nicht zu verkaufen, Großvater.«

»Großvater«, sagt Old Tracy mit leisem Vorwurf. »Ich bin weit davon entfernt, Großvater zu sein. Vorläufig habe ich genug damit zu tun, Vater zu sein. Es ist schlimm, wenn man eine Tochter hat, Sohn, glaubst du das?«

»Ich weiß nicht, ich kenne sie nicht, Opa«, sagt Barry grienend. »Mir genügt ein McCall, Tracy. Ist sie wenigstens hübsch?«

»Ist sie«, erwidert der Alte. »Schon als Baby war sie viel schöner als alle anderen auf der Welt. Ich frage dich, hast du mir vielleicht zugetraut, nicht die schönste Tochter der Erde zu haben?«

»Ich traue dir eine ganze Menge zu«, antwortet Barry. »Zum Beispiel frage ich mich, was du hier in der Stadt zu tun hast? Du warst erst am Montag hier. Heute ist Freitag. Was willst du alter Fuchs?«

»Ich?« fragt Tracy McCall verwundert – und jeder muß denken, daß er wirklich nichts als erstaunt ist. »Ich wollte noch mal schaukeln, mein Sohn. Das ist alles.«

»Du lügst!«

»Ich – was, ich lüge? Daß du dich nicht schämst, du Säugling. Ich wollte wirklich nur schaukeln.«

»So, dann schaukle mal, ich habe noch zu schreiben«, erwidert Barry und grinst sein Heft auf dem Tisch an. »Wenn du genug geschaukelt hast, dann kannst du ja wieder gehen, wie? Störe mich nicht, es ist dringend!«

Dann schreibt er. Der Alte schaukelt auch wirklich. Donner, denkt Barry, sollte ich mich geirrt haben? Man weiß verdammt nie, woran man mit dem alten Burschen ist. Ich müßte mich schwer täuschen, wenn er nicht was gehört hat, schließlich war er Dienstag in Las Vegas, um einzukaufen. Und wenn er heute an die Frachtlinie Pferde verkauft hat, muß er es gehört haben, denn gestern ist er erst aus Las Vegas zurückgekommen.

Er schreibt – die Feder kratzt über das Papier.

Der Alte schaukelt immer nervöser. Und dann sagt er mürrisch: »Ich habe nachgedacht, Sohn, ich habe eine ganze Menge nachgedacht!«

»Stör mich nicht dauernd, ich muß arbeiten, Großvater.«

»Hör mal, vielleicht muß ich dich stören«, sagt der Alte stur. »So einfach kann die Sache vielleicht nicht sein, Sohn. Es sind doch sechs gewesen, was?«

»Lesen kannst du ja – hast draußen gestanden und das Brett studiert, ich weiß«, erwidert Barry. »Ja, es waren sechs.«

»Du sagst es – wo sind die anderen fünf, he?«

»Ich denke, du bist schaukeln gekommen, Tracy?«

»Sagte ich das tatsächlich?« fragt der Alte verblüfft. »Du mußt dich glatt verhört haben, mein Sohn. Aber ein Lügner bin ich nicht.«

»Nein, du bist der wahrhaftigste Mensch des Jahrhunderts«, murmelt Barry kurz. »Also, was willst du wieder? Tracy, in deinem Alter solltest du nur noch im Schaukelstuhl sitzen und dem lieben Gott für jeden Tag danken. Fang nicht wieder an, Banditen zu jagen!«

»Das tue ich doch nie«, erwidert Tracy McCall und lügt schon wieder, denn es gibt keinen Überfall, bei dem er nicht seine Nase plötzlich in das Office steckt. »Wo sind also diese fünf greulichen anderen Banditen, mein Sohn?«

»Irgendwo – nur nicht in der Stadt.«

»Und wenn sie nun doch hier sind, he? Reeves kennt Bill Conan nicht – nie im Leben was von dem gehört oder gesehen. Und ich glaube Reeves.«

»Das weiß ich längst alles, Großvater.«

»Du weißt – du weißt!« schnarrt der Alte. »Nichts weißt du. Ein Sheriff muß immer denken, besser als andere, vor allen Dingen als die Banditen, verstanden? Daß du dir nie das Denken angewöhnen willst. Du bist ein prächtiger Sheriff, nur fehlen dir noch einige Dinge. Und ehe du die nicht kannst, wirst du niemals...«

»Das höre ich zum dreihundertsten Male«, brummt Barry und legt die Feder hin. »Was, also, denkst du schon wieder?«

»Das ist so«, erklärt der Alte und schaukelt nun wie besessen. »Der Kerl, der auf dich geschossen hat, sagte vorher, daß er Reeves kennt – woher hat er von Reeves gewußt, he? Reeves fährt immer die Geldkutsche, seltsam, was?«

»Nur weiter, ich werde langsam neugierig!«, brummelt Barry Harris. »Oder soll ich dir die Geschichte zu Ende erzählen?«

»Hähä, kannst du nicht, du kannst ja nicht denken, Sohn.«

Barry sieht ihn an, kneift die Augen zusammen und schweigt einen Moment.

Dann sagt er kühl: »Ich denke, sie haben einen Überfall auf einen der nächsten Geldtransporte vor. Sie kannten Reeves’ Namen, sie wußten über Reeves Bescheid. Also werden sie versuchen, einen der nächsten Geldtransporte hochgehen zu lassen. Das ist im Grunde alles. Es ist gut, daß ich das weiß.«

»Und das ist alles?« staunt der Alte, beugt sich vor und sieht seinen Nachfolger durchbohrend an. »Ich werde dir sagen, was das ist – das ist Blödsinn. Du kannst sie vorher greifen, wenn du nur geschickt genug bist.«

»Aha, wieder eine deiner Ideen«, murmelt Barry freudlos. »Ich soll also nach ihnen suchen, wie? Ich erinnere mich an Greener, den Halunken habe ich nur wegen deiner verrückten Idee drei Tage lang in den Bergen gesucht. Nach deiner Idee mußte er in den Bergen stecken. Und wo war er? In Las Vegas drüben. Drei Tage bin ich mit heraushängender Zunge in der Hitze in den Bergen umhergeritten. Mein Pferd mußte seinen eigenen Schweiß saufen, sonst wäre es verdurstet.«

»Ha? Teufel, das ist stark, das war mein einziger Fehler in neunundzwanzig Jahren!« knurrt der Alte ärgerlich. »Und den mußt du mir immer wieder vorhalten. Hören wir damit auf, ich sage dir nur, du kannst sie alle fünf erwischen.«

»Ja, ja«, erklärt Barry sanft. »Ich gehe hin, stelle mich auf den Friedhof und warte, bis sie Blumen für Billy Conans Grab bringen. Meinst du das?«

»Mach keine blöden Witze, Junge, ich meine es ernst. Hast du dir Gedanken darüber gemacht, woher sie über Reeves Bescheid gewußt haben könnten?«

»Na, von irgendwem werden sie es erfahren haben. Soll ich vielleicht tausend Miner und sechshundert Stadtbewohner befragen, ob einer diesem Billy Conan was erzählt hat?«

»Nein, natürlich nicht, aber denke doch mal nach, mein Sohn: Wenn du einen Überfall vorhättest, würdest du nicht den genauen Termin erfahren wollen, an dem die Kutsche abgeht?«

»Sicher würde ich das, nur das ist unbestimmt. Es kann heute oder auch erst in einer Woche sein. Sie müssen raten – oh, verdammt, und wenn sie nicht zu raten brauchen?«

Der Alte nickt wie ein Uhrwerk und schlägt sich auf die Schenkel.

»Ich wußte doch, man muß dir nur erst einen Gedanken in dein Gehirn setzen«, sagt er stolz. »Dann fängst du an, richtig nachzudenken, Junge! Ich sage dir, die Halunken brauchen nicht zu raten. Sie werden es genau einen Tag vorher wissen, an dem das Geld von Williams abgeht. Und was fragst du dich weiter?«

»Mach keinen Unsinn, hier kennen nur ein halbes Dutzend Leute den Termin«, erwidert Barry heiser. »Willst du etwa sagen, einer von ihnen müßte Bill Conan gekannt haben?«

»Ist das ausgeschlossen, he?«

»Großvater, es sind lauter anständige, ehrliche...«

Der Alte verzieht sein Gesicht, beginnt zu lachen und tippt sich an die Stirn.

»Seit wann bist du auf der Welt?« fragt er spottend. »Die ehrlichen und anständigen Leute, daß ich mich nicht totlache, mein Sohn.«

»Wenn du das so siehst, dann ist jeder ein Gauner. Ich kann mir nicht denken...«

»Du solltest das aber bedenken. Stell dir vor, daß trotz aller Geheimhaltung irgendwo ein Loch ist. Es kann dann nur direkt in der Station sein – oder in der Mine, wie? Dort wissen allerdings nur zwei Leute von der Geldsendung, der Kassierer und der Direktor. Bei der Linie sieht das schon anders aus, meinst du nicht? Erstens bekommen sie Bescheid, wenn das Geld abzuholen ist. Zweitens fahren sie nur am Tag, das wird den beiden Fahrern gesagt.