Tödliche Freundschaft - G.F. Barner - E-Book

Tödliche Freundschaft E-Book

G. F. Barner

0,0

Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. »Weit genug«, sagte der bullige, stämmige Fremde rechts von Taylor so sanft, dass Taylor die Gefährlichkeit des Mannes sofort erkannte, »jetzt bleibst du besser stehen, mein Freund!« Das ist doch nicht wahr, dachte Taylor entsetzt, am hellen Tag, mitten in Tombstone? Der Kerl hat ja einen Revolver in der Faust. Er hielt an, als die Mündung des Revolvers hochwanderte und auf seinen Kopf zeigte. Dann sah er den zweiten Mann. Und nun wusste Taylor, warum sie gekommen waren. Er hatte sie vor einer halben Stunde gesehen, als er im Store gewesen war. Seine Pferde hatten vor dem Balken draußen gestanden, und die beiden Männer waren unter einigen anderen Burschen gewesen, die sich die Gäule angesehen hatten. Klick! Der zweite Mann, ein hagerer Bursche mit stechenden Augen und einem mageren, knochigen Hals, zog den Hammer seines Colts zurück. Das scharfe Klicken ließ eine Gänsehaut über Taylors Rücken rieseln. Dann stieß sich der Hagere von der Stallwand ab, entspannte den Hahn und grinste breit. Das Grinsen erinnerte Taylor an den aufgerissenen Fang eines Wolfes. Die kalten Augen des Hageren grinsten nicht mit. Taylor blickte Hilfe suchend über den Hof des Mietstalles. Benton, der Mietstallbesitzer, stand wie angeleimt auf der Türschwelle seines Hauses. Er sah aus, als hätte er keinen Hals mehr, denn er hatte den Kopf eingezogen, als schwebten Gewitterwolken über ihm. »Du sollst verschwinden!«, befahl plötzlich der dritte Mann.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 144

Veröffentlichungsjahr: 2020

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



G.F. Barner – 164 –

Tödliche Freundschaft

… zwischen knallharten Männern

G.F. Barner

»Weit genug«, sagte der bullige, stämmige Fremde rechts von Taylor so sanft, dass Taylor die Gefährlichkeit des Mannes sofort erkannte, »jetzt bleibst du besser stehen, mein Freund!«

Das ist doch nicht wahr, dachte Taylor entsetzt, am hellen Tag, mitten in Tombstone? Der Kerl hat ja einen Revolver in der Faust.

Er hielt an, als die Mündung des Revolvers hochwanderte und auf seinen Kopf zeigte. Dann sah er den zweiten Mann. Und nun wusste Taylor, warum sie gekommen waren. Er hatte sie vor einer halben Stunde gesehen, als er im Store gewesen war. Seine Pferde hatten vor dem Balken draußen gestanden, und die beiden Männer waren unter einigen anderen Burschen gewesen, die sich die Gäule angesehen hatten.

Klick!

Der zweite Mann, ein hagerer Bursche mit stechenden Augen und einem mageren, knochigen Hals, zog den Hammer seines Colts zurück. Das scharfe Klicken ließ eine Gänsehaut über Taylors Rücken rieseln. Dann stieß sich der Hagere von der Stallwand ab, entspannte den Hahn und grinste breit.

Das Grinsen erinnerte Taylor an den aufgerissenen Fang eines Wolfes. Die kalten Augen des Hageren grinsten nicht mit.

Taylor blickte Hilfe suchend über den Hof des Mietstalles. Benton, der Mietstallbesitzer, stand wie angeleimt auf der Türschwelle seines Hauses. Er sah aus, als hätte er keinen Hals mehr, denn er hatte den Kopf eingezogen, als schwebten Gewitterwolken über ihm.

»Du sollst verschwinden!«, befahl plötzlich der dritte Mann. Er kam nun um die Stallecke. Sein dunkler prächtiger Anzug und sein weißes Hemd mit der schwarzen Schleife erinnerten Taylor an einen Spieler. Genauso ausdruckslos war auch sein Mienenspiel, als er zu Benton sah. »Hast du dir die Löffel nicht gewaschen, Benton? Ich sagte, du sollst die Fliege machen!«

»Mister Murdigan«, stöhnte Benton. Er war kreidebleich geworden und schwitzte heftig. Aber sicher lag es nicht an der Nachmittagssonne über Tombstone. »Hören Sie, Mister Murdigan, das ist mein Mietstall, mein Hof und …«

»Halts Maul!«, fauchte der Hagere. »Der Boss ist so freundlich gewesen, dich um etwas zu bitten, du Narr. Verschwinde, aber schnell, ehe ich dir mit dem Colt das Maul zuschlage. Eins – zwei …«

Drei brauchte der Hagere nicht mehr zu zählen. Benton nahm die Beine in die Hand, sauste in den Hausflur und schlug die Tür hinter sich zu.

Murdigan, der Mann, den Taylor für einen Spieler hielt, setzte sich in Bewegung. Er kam auf Taylor zu, blieb vor ihm stehen und begann auf den Zehenspitzen zu wippen. Dabei sah er Taylor durchbohrend an.

»Erstklassige Pferde«, sagte er dann nasal. »Zuchtgäule, was? Sicher schnell und ausdauernd – oder?«

Taylor hatte schon viele raue Burschen getroffen, aber noch nie drei so eiskalte Kerle wie die hier. Als Pferdehändler kam Taylor mit allen möglichen Leuten zusammen. Er hatte es gelernt, rau zu sein, doch er wusste, dass er gegen diese Burschen keine Chance besaß.

»Ja«, bestätigte er gepresst. »Hören Sie, Murdigan, ich kenne Sie nicht. Was wollen Sie?«

»Was schon?«, fragte Murdigan näselnd. Er griff in die Brusttasche, zog eine dünne Marsh-Stogie-Zigarre aus einem Etui, biss die Spitze ab und spuckte sie Taylor vor die Stiefel. Der Hagere gab ihm unaufgefordert Feuer, und Murdigan nahm erst einige Züge, ehe er weiter redete. »Ich werde sie kaufen, Taylor! Was kosten sie?«

»Sie sind nicht zu verkaufen!«, erwiderte Taylor schluckend. »Sie sind schon verkauft.«

»Tatsächlich?«, murmelte Murdigan belustigt. »So, sind sie das? Nun, an wen, he?«

»An – an Harry Anderson von der Pembroke-Ranch, nahe Casa Grande«, klärte ihn Taylor auf. »Er hat sie vor drei Monaten bei mir bestellt.«

»Und bezahlt?«, erkundigte sich Murdigan lauernd. Er schnippte die Asche von seiner Zigarre und sah Taylor schief von unten her an. »Ich habe etwas gefragt, mein Freund, na?«

»Nein – bezahlt nicht«, stotterte Taylor. »Ich bringe niemals weniger als zehn Pferde von New Mexico aus herüber. Diesmal bin ich in Benson gewesen. Meine Leute sind dort, und ich will mich mit Harry Anderson hier treffen. Ich kann die Stuten nicht an Sie verkaufen, Murdigan.«

Murdigan klemmte die Marshzigarre im linken Mundwinkel fest, und dann sprach er durch den rechten.

»Euke! Charlie!«

»Er hat noch kein Geld bekommen?«, staunte der bullige Mann und war mit zwei Schritten an Taylors Seite. Sein Revolverlauf stieß Taylor in die Rippen, während der Hagere von vorn kam und Taylor den Colt wegnahm. »Charlie, was sagst du dazu? Ich glaube, er will nicht an den Boss verkaufen – er will uns ärgern.«

»Du sagst es, Luke«, grinste der Hagere. Er sah kurz zur Wassertonne, holte aus und warf Taylors Colt in das hochspritzende Wasser. »Taylor, verstehst du nicht, was du zu tun hast? Geh mal rückwärts, mein Freund. – Nun, geh schon.«

Sein Grinsen war wie fortgeblasen. Er stieß Taylor vor sich her, bis der Pferdehändler an die Pumpe prallte. Es war eine Schwengelpumpe, und der Gusseisenkopf presste sich wie eine Riesenfaust in Taylors Rücken.

Gleichzeitig stieß der bullige Luke seinen Colt ins Halfter. Er trat hinter Taylor, schnappte nach dessen Unterarmen und riss ihm die Hände hinter der Pumpe zusammen. Taylor konnte sich jetzt nicht mehr wehren, denn auch zum Austreten fehlte ihm der Raum.

»Ich habe gesagt, dass ich die Pferde kaufen will«, murmelte Murdigan, indem er die Zigarre aus dem Mund nahm und näher trat. »Du bist nicht klug, Taylor, wenn du es ablehnst. Zum letzten Mal, Taylor, verkaufst du jetzt?«

Du großer Geist!, dachte Taylor entsetzt. Was sind das für Halunken? Harry Anderson ist zwar noch nicht hier, kann aber zu jeder Stunde eintreffen. Wir sind verabredet. Er zahlt gut für solch ausgezeichnete Pferde, und die beiden Stuten sind das beste Material, was ich seit Monaten gehabt habe. Da Anderson noch mehr Pferde braucht, bringe ich mich um mein Geschäft, wenn ich die beiden Stuten an diesen Kerl verkaufe.

»Ich kann nicht!«, keuchte Taylor »Murdigan, machen Sie keinen Unsinn! Sie könnten es bedauern. Gibt es immer noch keinen Sheriff oder Mar­shal in diesem Nest?«

»Noch nicht«, grinste der Hagere. Er nahm die Zigarre von Murdigan entgegen, sog an ihr und spuckte dann aus. »Schmeckt nicht, Boss. Ah, hat er nach einem Marshal rennen oder schreien wollen? Wolltest du das wirklich tun, Taylor? Boss, die Zigarre schmeckt scheußlich.«

»Ja«, machte Murdigan träge. »Dann drück sie doch aus, Charlie.«

Taylor sah zu, wie der hagere Charlie heftig an der Zigarre sog, bis die Glut fast einen halben Zoll lang war. Im nächsten Moment griff Charlie nach Taylors rechtem Ohr. Seine knochigen langen Finger quetschten Taylors Ohrmuschel zusammen. Dann zuckte Charlies Rechte mit der glühenden Zigarrenspitze hoch. Und danach stieß die Glut auf Taylors Nasenspitze.

Taylor stieß ein heulendes Gebrüll aus. Der rasende Schmerz trieb ihm die Tränen in die Augen. Er sah für Sekunden nichts mehr, schrie auch nicht mehr, denn der Hagere schlug ihm so hart unter das Kinn, dass er den Mund zuklappte.

»Was hast du denn?«, erkundigte sich der bullige Luke hinter Taylor mit satanischer Freundlichkeit. »Charlie, was hast du mit ihm gemacht?«

»Iiich?«, wunderte sich Charlie unschuldig. »Ich nichts, aber er hat mir den Kopf ins Gesicht stoßen wollen und ist mit seinem langen Rüssel gegen meine Zigarre gekommen. Jetzt hat er eine Brandblase auf dem zu langen Riechzinken, hähä.«

Taylor stöhnte schwer. Luke verdrehte ihm immer mehr die Handgelenke. Charlie ließ seine geknickte Sargnudel fallen und griff mit der Rechten nach Taylors linkem Ohr. Als er zu ziehen begann, hatte Taylor das Gefühl, dass seine Ohren auf Eselslänge gebracht werden sollen. Selbst Taylors Mund zog sich nun bei dem gewaltigen Zerren in die Breite.

In diesem Moment hätte ein anderer Mann kapituliert. Taylor hatte keine Chance, aber er war kein Mann, der sich geschlagen gab, solange er noch bei Verstand war.

Die grinsende Fratze des Hageren war dicht vor Taylors Gesicht, und während Charlie immer wilder an Taylors Ohrmuscheln zog, erkundigte sich der hagere Halunke höhnisch:

»Na, du Gartenzwerg, wie gefällt dir das? Pass mal auf, wie lang deine Löffel werden. Ich wette, ich kann sie gleich über deinem gehirnlosen Schädel zusammenknoten. Wie denn? Hast du Wasser in den Augen? Boss – Boss, er freut sich so, dass er vor Lustigkeit dicke Tränen heult.«

Den kleinen Mike Taylor packte die grimmige Wut. Er konnte nun keinen Zeh mehr bewegen, denn der verfluchte Hundesohn Charlie hatte sich mit seinen Stiefelabsätzen auf die Zehen gestellt. Das Wasser lief dem kleinen Mike Taylor im Mund zusammen, und als es genug war, spuckte Taylor es aus. Er spie es mitten in Charlies Gesicht.

Mike Taylor, der kleine Mann aus New Mexico, sah die beiden Reiter in der sengenden Mittagssonne über die breite, staubige Straße zwischen den elf Häusern Tombstones kommen.

»Ihr Schweine!«, schrie Mike Taylor gellend los. »Ich verkaufe Andersons Stuten niemals an euch! Und wenn ihr mich totschlagt, ihr bekommt sie nicht!«

Dann war die Faust da. Sie landete in seinem Bauch unter seinen Rippen und lähmte ihn.

Mike Taylor sah nichts mehr, nur noch Feuerringe, doch er hörte etwas: Pferde jagten heran. Sein Schrei hatte die beiden Männer erreicht.

*

Bruce Anderson, der Sohn von Ranchbesitzer Harry Anderson, betrachtete staunend die Fassade des Empire-Saloons, den es bei seinem letzten Besuch in Tombstone so wenig gegeben hatte wie die anderen sechs Häuser. Damals hatte Tombstone aus ein paar lausigen Hütten und Bretterbuden bestanden. Jetzt konnte man schon beinahe von einer kleinen Stadt sprechen, obgleich es immer noch Bretterbuden und einige dreckige Lehmhütten gab. Namen auf Schildern über Store und Saloons, die Bruce Anderson beim letzten Besuch gesehen hatte, gab es nicht mehr. Nach Tombstone kamen Leute, blieben kurze Zeit und verschwanden wieder, wenn ihre Suche nach Silber keinen Erfolg hatte. Und täglich kamen neue an, mit Wagen, zu Pferde; manche einzeln, andere in ganzen Clans.

»Ein richtiger Palast«, stöhnte Bob Kemmerling. »Ich werde verrückt, mir fallen die Augen heraus, Bruce! Ouh – sieh mal da oben – das Fenster!«

Bob Kemmerling sperrte den Mund vor Staunen auf. Es war Spätnachmittag. Bis zur Dämmerung blieb kaum eine Stunde. Die Sonne stand tief im Westen, schien durch das offene Fenster im Obergeschoss des Empire-Saloons, der vielleicht schon den zweiten Besitzer und den nächsten Namen hatte, und beleuchtete ein rothaariges Girl.

Das Girl war dabei, ein verdammt enges Kleid über den Kopf zu streifen. Das rote Haar verschwand gerade – und da stieß Bob Kemmerling einen schrillen Pfiff aus. Augenblicklich fuhren die Arme des Girls wieder in die Höhe.

»Eine Lady mit Flammenhaar«, stellte Bruce sachkundig fest. »Alle Wetter, die ist ja einsame Klasse! Mensch, Bob, du weißt doch immer einen Trick, was?«

»Nimm deinen Hut ab!«, zischte Bob leise, sah, indem er den Hut vom Kopf riss, mit einem strahlenden Lächeln zum Fenster hoch, während die Lady einen Moment zauderte. Dann jedoch trat sie näher ans Fenster. Sie trug ein schwarzrotes Fischbeinkorsett. Und was aus den herzförmigen Bögen des Korsetts in zwei Wölbungen quoll, war todsicher mehr als einen Blick wert.

»Howdie, Reddy«, flötete Bob. »Ich ziehe meinen Hut vor der schönsten Lady Arizonas.«

Die Lady ließ ein leises, kehliges Lachen hören, winkte und trat dann wieder zurück.

»Oha«, machte Bob klagend, »dass es so was in diesem Nest gibt! Bruce, das entschädigt mich für zwei Tage Staubschlucken und Sonnenglut.«

»Du verrücktes Huhn!«, knurrte Bruce. »Was wäre gewesen, wenn die Lady einen Mann gehabt und der bei ihr im Zimmer gewesen wäre?«

»So etwas weiß ich doch«, warf sich Bob Kemmerling in die breite Brust. »Mein lieber Mann, eine feurige Jungfrau erkenne ich auf hundert Schritt. Wir werden diese Nacht eine Menge Spaß bekommen, wetten?«

Bob Kemmerling sah grinsend Bruce an, doch der sah an ihm vorbei, zischte scharf und hielt sein Pferd zurück. Links vor ihnen lag der Mietstall. Das Hoftor stand auf, und hinter dem Hoftor ertönte der schrille Schrei:

»Ihr Schweine! Ich verkaufe Andersons Stuten niemals an euch. Und wenn ihr mich totschlagt, ihr bekommt sie nicht.«

Kemmerling warf bei dem schrillen Schrei den Kopf herum. Der Name Anderson war gefallen, und der Kampfhahn Bob Kemmerling reagierte augenblicklich.

»Taylor!«, stieß Bruce im gleichen Moment durch die Zähne. »Bob, das ist Taylor. Los, Mann!«

In der nächsten Sekunde schlug er seinem Schecken die Hacken ein. ­Bruce war mit dem alten Harry, seinem Vater, damals in New Mexico bei Taylor gewesen. Er kannte Taylor gut und handelte sofort. Doch auch Bob Kemmerling, der Feuerkopf der Pembroke-Mannschaft, war kaum weniger schnell.

Mit einem Blick überflog Kemmerling den Hof und sah genug.

»Bruce, du rechts, ich links!«

»Yeah!«, knurrte Bruce. »Auf sie!«

Der Schecke Bruce Andersons sprang nach einem harten Hackenschlag mit einem Satz an und preschte dann auf das Tor zu. Während sich ­Bruce rechts hielt, folgte ihm Bob Kemmerling und jagte an der linken Flanke des Schecken vorbei durch das Tor.

Im nächsten Augenblick sah Bruce Anderson den dunkel gekleideten Mann vor sich.

Murdigan fuhr beim Trommeln der Hufe, das sich von hinten näherte, blitzschnell herum und griff unter seine Spielerjacke. Kaum sah Bruce die Hand Murdigans verschwinden, als er sein Gewicht nach links verlagerte und den rechten Stiefel aus dem Steigbügel nahm. Der Schecke erreichte Murdigan, Bruce’ Stiefel schoss zur Seite, und während Bruce sich eisern festhielt, knallte der Stiefel gegen Murdigans Oberarm. Der Tritt war so heftig, dass Murdigans Hand wieder aus der Jacke fuhr. Herumgeschleudert und hintenüberfliegend, verlor Murdigan den Halt. Aus seiner Hand flog ein kurzläufiger Bullcolt im hohen Bogen über die Pumpe hinweg und landete mitten im Hof.

Der wilde, verwegene Bob Kemmerling preschte auf den hageren Charlie zu. Charlie hatte gerade ausholen und Taylor die Faust in den Bauch graben wollen, als er das Hufgetrappel hörte. Die Hand des Hageren schnappte nach dem Revolver, und Kemmerling beugte sich weit nach rechts. Die klobige Faust des Cowboys landete im Vorbeijagen des Pferdes an Charlies Kopf, und Charlie sauste an der Pumpe vorbei. Der Revolverschwinger taumelte, von Bobs Faustschlag halb betäubt, bis an die Wassertonne. Als er dort zusammenbrach, riss Kemmerling seinen Braunen herum und sprang aus dem Sattel. Er landete vor Charlie neben der Tonne.

Währenddessen preschte Bruce Anderson weiter. Der bullige Luke hatte Taylor losgelassen. Taylor brach in die Knie, Luke sprang zurück, stieß einen schrillen Angstschrei aus, als das Pferd auf ihn zuraste, und versuchte, um den Stall zu hechten. Es war wiederum Bruce’ rechter Stiefel, der den Mann im Sprung erwischte. Der Tritt schleuderte den schreienden Luke an der Stallecke vorbei und mitten in einen herrlichen Orgelpfeifenkaktus an der Giebelwand des Stalles.

In der nächsten Sekunde steigerte sich Lukes Geschrei zum irren Heulen. Die Stacheln spießten den bulligen Schläger auf. Er hatte beim Sturz seinen Colt verloren, saß mit dem Gesäß in den Stacheln und ließ sich dann fallen, um sich heulend im Sand zu wälzen.

»Der Hundesohn ist fertig!«, knurrte Bruce wütend, riss das Pferd herum und duckte sich, denn Murdigan schnellte wie ein Panther auf seinen Bullcolt zu. Murdigan schrie vor Wut, als er dicht vor dem Colt im Hof landete, streckte die Hand aus und …

Im selben Moment feuerte Bruce Anderson.

Das Brüllen des Schusses ließ das Geheul Lukes verstummen. Die Kugel schlug unmittelbar vor Murdigans Kopf in den Sand, riss ihn zu einer Fontäne hoch und fegte die Tausende von Körnchen in sein Gesicht.

Murdigan sah nichts mehr. Ein Höllenfeuer brannte ihm in den Augenhöhlen, dennoch stieß er sich ab und bekam den Bullcolt zu packen.

»Nicht doch, Mister!«, knurrte ­Bruce scharf, indem er aus dem Sattel sprang, und zwar direkt auf Murdigans Unterarm. »Lass los, du Narr! Weg mit dem Colt, sonst breche ich dir den Arm!«

Murdigan begann zu wimmern, öffnete die Hand, und Bruce trat den Colt weg. Das Klatschen links ließ Bruce den Kopf herumnehmen. Er sah zwei Stiefel aus dem großen Wasserfass ragen. Von dem Hageren, der Taylor die Faust in den Bauch geknallt hatte, war sonst nichts mehr zu sehen.

Bob Kemmerling stieß gerade die Stiefel ganz in das Fass hinein, grinste schon wieder und sagte trocken:

»Schätze, der Mister braucht eine gewaltige Abkühlung, Bruce. Ah, er strampelt? Dann wollen wir ihm mal helfen.«

Kemmerlings Bärenkräfte beförderten den zappelnden Charlie aus der Tonne. Charlie blieb wie ein halbtoter Fisch im Sand liegen, spuckte eine Unmenge Wasser aus, verdrehte die Pupillen und stemmte sich endlich auf.

»Das hast du nicht besonders prächtig gemacht, Hundesohn!«, fuhr ihn Bob an. »Ich wette, du hast Taylors Bauch mit einem Sandsack verwechselt, was? Drei Mann gegen einen – das ist etwas, was ich verdammt nicht leiden kann, Bursche!«

Er schlug kurz und kräftig zu. Charlie flog wieder auf die Brust und blieb stöhnend liegen.

»Bob, der hat genug!«, stellte Bruce fest. »Kümmere dich um den Heuler hinter der Ecke!«

Bob stürmte los, packte den brüllenden Luke am Kragen und schleifte ihn hinter sich her, um ihn neben Charlie abzulegen. Währenddessen zog Bruce Anderson Murdigan in die Höhe.

Tayler hielt sich – er lag auf den Knien neben der Pumpe – den Leib und stöhnte:

»Mister Anderson, ein Glück, dass Sie gekommen sind! Diese Halunken sind wie die Teufel über mich hergefallen. Sie wollten mich zwingen, die Stuten an den Kerl zu verkaufen. Er heißt Murdigan.«

Bruce sah Murdigan an. »So, du heißt also Murdigan. Seit wann haben Ratten denn Namen?«, fauchte Bruce ergrimmt. »Taylor, haben Sie gesagt, dass mein Vater die Stuten bestellt hatte?«

»Ja«, ächzte Taylor, »aber der Kerl hat mich ausgelacht. Und dann hat er seine beiden Schläger losgelassen.«