Die jene Welt erlangen - Andreas Kleinschmidt - E-Book

Die jene Welt erlangen E-Book

Andreas Kleinschmidt

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Beschreibung

Die jene Welt erlangen Wunderbare Übergänge in die unsichtbare Welt Roman Teilnehmer einer Therapie - "Plauderstunde" erleben die Verwandlung ihres ganzen Lebens

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Jesus Christus spricht: Die aber gewürdigt werden, jene Welt zu erlangen und die Auferstehung von den Toten.

Lukasevangelium 20,35a

Inhaltsverzeichnis

Die Übergänge

Die „Plauderstunde“

Der Garten

Die Baccara Rosen

Der Misanthrop

Der ewige Frühling der Gefühle

Die Stadt im Himmel

1. Kapitel Die Übergänge

Es war ein Spätsommertag oder ein Frühherbsttag gewesen wie man ihn sich nicht schöner vorstellen konnte.

Zum ersten Mal war er durch diesen Teil des Stadtparks gegangen, über schmale Holzbrücken, die einen Bach überquerten, über Kieswege und Rasenflächen, die jetzt mit kleinen braunen Birkenblätter bedeckt waren.

„Wie schade, Frieder, “ sagte sie mit einem Seufzer. „Der Sommer ist vorbei, morgen schon soll es kühler werden, der letzte warme Tag vielleicht.“ Einen Augenblick schweig sie. Dann tröstete sie sich selber: „Dann freue ich mich eben schon auf den nächsten Frühling, er wird ja gewiss kommen.“

Ihre traurige Stimmung hatte sich auch ihm mitgeteilt, aber anders als sie, die schon im nächsten Augenblick wieder vergnügt und lebensfroh sein konnte, hielt bei ihm diese Stimmung immer länger an und es bereitete ihm Mühe, sich wieder daraus zu befreien.

Frieder Herz mochte seine Nichte, sie verband Sensibilität mit Lebensfreude, als sie ihn jetzt wieder einmal besucht hatte, wollte sie mit ihm unbedingt durch einen bestimmten Teil des Stadtparks in die Innenstadt gehen, diesen hatte er bisher noch nie betreten, und er machte sich dies jetzt zum Vorwurf, bevor er dann wie stets daraus für sich eine Lehre zog: Man konnte jahrelang meinen, mit etwas wie einer Stadt vertraut zu sein, und es doch nicht vollständig kennen – dies galt ja nicht nur für Orte, sondern auch für Menschen.

„Früher hast du dich doch auch immer auf die dunklen Novembertage gefreut,“ sagte er. Sie lachte. „Daran siehst du, auch ich werde älter.“

Sie blieben vor einem Kiosk stehen, wie zu Kontrast zum Frieden und der Schönheit im warmen, sonnendurchfluteten Park mit seinen Bäumen, Pflanzen und Gräsern schrien sie die Tageszeitungen mit ihren hässlichen Schreckensmeldungen über Terroranschläge, Krieg und Zerstörung an: Wacht auf aus euren Träumen und seht, wie die Welt wirklich ist.

Es war eine zerrissene Welt, in der sie lebten, und diese Zerrissenheit spiegelte sich in seinem Herzen, Frieder Herz empfand sie schmerzhafter als andere, intensiver etwa als seine Nichte, deren Lebensfreude und Aufgeschlossenheit für ihre Mitmenschen sie leichter die Negativseiten des Lebens ertragen oder übersehen ließ.

„Grüble nicht“, war eine ihrer Sätze, mit dem sie ihn auch jetzt wieder ermahnte, sich nicht zu tief und zu lange in sich selbst zu verkriechen. „Du lässt dir einfach immer alles zu nahe gehen“, sagte sie in energischem Ton, indem sie ihn unterhakte und von dem Kiosk wegzog. „Und es setzt sich alles immer so fest bei dir. Weißt du was, du gehst jetzt dort in das Café und wartest auf mich, ich will noch ein wenig shoppen, das will ich dir nicht zumuten, mich dabei zu begleiten,“ sagte sie, und schon war sie in einem der Bekleidungsgeschäfte verschwunden.

Im Café bestellte er sich einen Cappuccino und beobachtete die Menschen, die auf dem Bürgersteig vorüberhasteten. Wie gerne hätte ich etwas von der Leichtigkeit meiner Nichte, wünschte er sich, einfach abschalten zu können, das wäre es doch. Aber immer wieder musste er nach Übergängen von der einen Welt in die andere, von dem Sichtbaren zum Unsichtbaren, vom Unvollkommenen zum Vollkommenen suchen, diese Suche war ihm zutiefst mitgegeben, er konnte sie nicht loswerden.

Er suchte die Übergänge draußen und in seinem Inneren, manchmal meinte er, sie erahnen, ja fassen, erfassen zu können, dann aber entzogen sie sich ihm wieder, und dies – so sagte er sich – mussten sie ja auch, denn diese andere Welt musste ihm ja von dieser Welt verschlossen bleiben, denn andernfalls wäre es ja nicht mehr eine andere Welt. Er suchte die Übergänge zur unsichtbaren geistreichen Welt umso sehnsuchtsvoller je inhaltloser, geistloser ihm die sichtbare Welt wurde.

Weil die Gesellschaft, in der er lebte, die ihn täglich umgab, mehr und mehr ihre Inhalte verlor und zu einer Medien- und Informationsgesellschaft wurde, die sich mit „panem et circensis“ begnügte, mit Brot und Spielen, die mit einer Reduktion auf den Materialismus und mit einer oberflächlichen Unterhaltungsindustrie der Sinnfrage permanent auswich.

Und auch jetzt in diesem Augenblick wurde diese seine Sicht auf die Gesellschaft, in der er lebte, wieder bestätigte: Als er seinen Blick über die Menschen in dem Caffè schweifen ließ, sah er an allen Tischen Menschen, die den Nacken über ihr Handy gebeugt hatten, selbst wenn sie in Begleitung waren, und als er seinen Blick abwandte und auf die Straße hinaussah, stellte er fest, dass auch dort kaum ein Passant vorbeiging, der nicht mit seinem Handy oder Smartphone beschäftigt war.

Er musste kurz auflachen, bei aller Tragik über diese Massensucht hatte der Anblick sich neigender Köpfe auch etwas Komisches an sich. Und es schien ihm, je mehr dies geschah, je größer und schneller die Möglichkeiten wurden, sich gegenseitig zu informieren, um so inhaltsloser wurden diese Informationen, ja der Vermittlungsvorgang, der eigentlich nur dienende Funktion für die Inhalte haben sollte, wurde selbst zum Inhalt, ja zu einem Art Sinn- und Gottersatz, eine wahrlich teuflische Perversion des dem Menschen eingegebenen Suchens nach Wahrheit. In krassem Gegensatz zur materialistischen globalen Informations- und Spaßgesellschaft standen die Eruptionen von Hass und Gewalt zwischen den Völkern.

Sie zeigten zwar, dass die Sinnfrage nicht gelöst war, aber zu einer tiefgreifenden, globalen Neuorientierung führten sie nicht. Die Frage nach Gott und seiner unsichtbaren, vollkommenen Welt kam nicht in den Blick. Die Suche nach tiefer, beständiger Freude wurde aufgegeben zugunsten einer Spaßgesellschaft, die sich durch Ablenkung und Vermeidung von der Sinnfrage hatte abbringen lassen, und die auf Gewaltausbrüche, Krieg, Terrorismus ohne wirkliche und wahrhaftige Aufklärung des „Warum“, der tieferliegenden Gründe nur pragmatisch und machtförmig reagierte. Die Frage nach Gott wurde nicht gestellt, wenn von ihm geredet wurde, dann so, dass er für die eigenen religiösen, machtförmigen Interessen vereinnahmt wurde. Offenbarungsurkunden wie die des Neuen Testamentes wurden in ihren Aussagen nicht mehr zur Kenntnis genommen angepasst an die eigenen Vorstellungen: Ein Kollege hatte ihm einmal gesagt, wenn überhaupt könne er mit dem Liebesgebot etwas anfangen, mit dem richtenden, Menschen und Völker vernichtenden Gott des Alten Testamentes könne er nichts anfangen, ja, an einen solchen Gott glaube er nicht.

Er hatte dann selbst die Aussagen Jesu in den Evangelien über Gott nachgeprüft und gefunden, dass diese sogar noch radikaler waren als die des Alten Testamentes, einen Sohn Gottes, der von Gott, seinem Vater zur Sünde gemacht und in die Gottverlassenheit des Kreuzes dahingegeben wurde, war ein Gericht, das nicht radikaler und furchtbarer sein konnte: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“, fragte der Mensch, der in vollkommenem Gehorsam seinem Gott und Vater gegenüber gelebt hatte.

Wenn selbst dieser das Gericht Gottes erfuhr, um wieviel mehr musste es die treffen, die aneinander und an Gott vielfach schuldig wurden.

Er hatte dann sogar ein Seniorenstudium an der Uni begonnen, um sein Theologiestudium, das er seinerzeit zwar beendet aber nie beruflich umgesetzt hatte, insbesondere Altgriechisch und Neues Testament aufzufrischen, jetzt, da er seine Praxis aufgegeben hatte, hatte er genug Zeit für solche Studien, und er hatte festgestellt, dass er nicht der einzige ältere Mensch war, der sich für Religion interessierte, es gab einige ergraute Häupter unter den jungen Studierenden.

Und wieder war es für ihn faszinierend, wie sehr doch die neutestamentlichen Texte immer wieder das traditionelle Gottesbild und Christentum in Frage stellten, so die Annahme, die Bibel spräche immer nur von dem „lieben Gott“, dessen Beruf es sei, zu verzeihen, wie Heinrich Heine angenommen hatte. So fand er im Lukasevangelium die Erzählung von Menschen, die Jesus davon berichteten, dass der Statthalter Pilatus Galiläer beim Opfern hatte töten lassen. Die Reaktion Jesu: „Meint ihr, dass diese Galiläer mehr gesündigt haben als alle anderen Galiläer, weil sie das erlitten haben? Ich sage euch: Nein; sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen. Oder meint ihr, dass die achtzehn, auf die der Turm von Siloah fiel und erschlug sie, schuldiger gewesen seien als alle anderen Menschen, die in Jerusalem wohnen? Ich sage euch: Nein; sondern wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle ebenso umkommen.“

Ohne Metanoia, so der griechische Begriff, ohne Sinnesänderung, die das ganze Denken und das innere und äußere Leben eines Menschen erfasst und neu auf Gott ausrichtet, hat kein Mensch Lebensrecht und Lebensanspruch, durch die Sünde haben alle dieses verloren, und nur durch Jesus und den Glauben an ihn war für jeden Menschen die Umkehr zu Gott möglich, so die vielfältige aber letztlich einhellige Botschaft aller Zeugnisse und Zeugen des Neuen Testamentes, Frieder Herz hatte es mehrere Male und mit Hilfe verschiedener Kommentare gelesen.

Nur klare und entschiedene Umkehr von allen verkehrten Wegen kann allein retten vor ähnlichen Gerichten. Diese Umkehr, die Abkehr von den Sünden geschieht allein durch den Glauben an Jesus allein. Da diese Umkehr im ersterwählten Volk Gottes, in Israel, nicht gekommen ist, kamen die Gerichte vierzig Jahre später, als die Römer Jerusalem zerstörten.

Er merkte: Es war leichter zu sagen, welche Dinge den Weg in die vollkommene Welt versperrten als zu sagen, welche sie ermöglichten. Die Übergänge mussten auf jeden Fall mit Sehnsucht zu tun haben, mit Gefühl, mit Unsagbarem, nicht Vermittelbaren, denn Worte und Zeichen, ja Bilder, jede Form von Kommunikation war da ausgeschlossen, wo es um jene unsichtbare vollkommene Welt ging – ihr Geist, ihre Inhalte ließen sich nicht in die sichtbare Welt transponieren, denn dieser Vorgang hätte sie ja schon ihres Wesens beraubt.–

Er sah eine Wiese am Waldrand. Dort lag er mit dem Mädchen, in das er verliebt war und hatte alles vergessen, hinter sich gelassen bis auf ihre Zweisamkeit, alles in ihm und um ihn herum war hell, leicht, warm, der Boden unter ihm und der in seinem Herzen waren zu einer Einheit verschmolzen, das Glück war hier und jetzt, es waren Jahrzehnte seither vergangen, aber dies Bild hatte sich in seiner Seele festgebrannt, mit einer Urgewalt hielt diese es fest, so sehr auch die Zeit an ihm arbeiten wollte, es blieb unverändert. In dieser seligen Zweisamkeit kam er der Ewigkeit sehr nahe, aber dieser Übergang war ohne Erfahrung, alles eine Illusion, eine Einbildung einer überreizten Phantasie.

Aber war das wirklich ein Defizit, war es nicht vielmehr not-wendig für diesen Übergang zum vollkommenen Glück, dass alle Erfahrungen der unvollkommenen Welt nicht vorhanden waren oder nicht mehr vorhanden waren.

War vielleicht auch der Sinn der Erfahrung, die Quintessenz eines langen Lebens nicht der, durch Erfahrung gereift zu sein, sondern wieder Kind zu werden, wieder aus allem Irdischen zum Ursprung zurückzukehren, zu seinem eigenen Inneren, das bereits himmlisch gefüllt war und sich gegen und in den irdischen Erfahrungen behaupten musste – die Welt wird euch ein Himmelreich, hatte Johann Sebastian Bach vertont – und waren die Erfahrungen nur lästiges Geröll über der Quelle, das es galt, wegzuschaffen, um wieder an die ersten Urerlebnisse heranzukommen, die in ihm selber vor aller Zeit in Ewigkeit angelegt waren.

Nein, da war ein Fehler in seinem Denken, stellte Frieder Herz selbstkritisch fest, diese Rückkehr zum Ursprünglichen konnte keine Rückkehr zur Naivität sein, sondern geschah mit Einschluss der emotionalen und gedanklichen Verarbeitung seiner Lebenserfahrungen, denn auch der Erlöser war ja nicht über diese Erde geschwebt, sondern in alle Tiefen menschlichen Seins eingedrungen, er hatte zur Höhe nur durch den Weg in die Tiefe gefunden, er musste leiden, bevor er zum Sieg und zur Freude geführt wurde, vor seinem „Es ist