Die Kinder des Aseroth - Relana Eisenblätter - E-Book
SONDERANGEBOT

Die Kinder des Aseroth E-Book

Relana Eisenblätter

0,0
0,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 1,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Es war ein Tag wie jeder andere, als wir die Stille des Mars unterbrachen. Doch diese Stille war anders – sie trug eine Schwere, die keiner von uns je zuvor gespürt hatte. Als hätte der Planet selbst den Atem angehalten, um einem unausweichlichen Urteil zu lauschen. Ich saß tief unter der Oberfläche, in den labyrinthartigen Gängen unter dem uralten Vulkan Olympus Mons – dem höchsten Punkt unseres Planeten und dem symbolischen Zentrum unserer Zivilisation. Dort, im Innersten der geothermalen Kammern, lebte der Herzschlag des Mars: die großen Fusionsreaktoren, versiegelt in kilometerdickem Gestein, gespeist von der inneren Wärme eines Planeten, der längst als tot geglaubt war.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Relana Eisenblätter

Die Kinder des Aseroth

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Kapitel 1: Der Fall von Aseroth

Es war ein Tag wie jeder andere, als wir die Stille des Mars unterbrachen. Doch diese Stille war anders – sie trug eine Schwere, die keiner von uns je zuvor gespürt hatte. Als hätte der Planet selbst den Atem angehalten, um einem unausweichlichen Urteil zu lauschen.

Ich saß tief unter der Oberfläche, in den labyrinthartigen Gängen unter dem uralten Vulkan Olympus Mons – dem höchsten Punkt unseres Planeten und dem symbolischen Zentrum unserer Zivilisation. Dort, im Innersten der geothermalen Kammern, lebte der Herzschlag des Mars: die großen Fusionsreaktoren, versiegelt in kilometerdickem Gestein, gespeist von der inneren Wärme eines Planeten, der längst als tot geglaubt war.

Wir hatten ihn wiederbelebt. Durch Wissenschaft, durch Mut, durch Jahrhunderte der Planung. Der Mars war unsere Heimat geworden. Keine Kolonie – ein Reich. Und ich, Dr. S'varon, war einer seiner Wächter.

„Dr. S’varon, kommen Sie sofort hierher!“

Die Stimme meines Assistenten Valis zischte durch den Kommunikator wie ein Stromstoß. Angespannt, aber ohne Panik. Valis war ein kühler Kopf, jemand, der auch dann ruhig blieb, wenn alles brannte. Das machte seine Stimme umso beunruhigender.

Ich erhob mich, ließ die holographischen Messanzeigen in der Luft zurück, die noch eben meine Aufmerksamkeit gefesselt hatten. Der Gang war lang, metallisch, leer – und meine Schritte hallten darin wie Schläge auf einen Sargdeckel.

Schon bevor ich den Kontrollraum erreichte, spürte ich es. Die Luft war geladen, als ob selbst die Elektronen in den Wänden Unruhe verspürten. Dann sah ich die Anzeigen – und alles in mir wurde still.

Die Reaktorleistung war jenseits aller Skalen. Energie pulsierte durch die Hauptadern des Marsnetzes, nicht als kontrollierte Ströme, sondern als chaotische, lebendige Masse. Die Sicherungen waren längst gefallen, das System hatte die Kontrolle verloren. Es war, als hätte sich das Herz des Planeten selbst entzündet.

„Valis, was…?“

„Der Reaktor bricht. Nicht nur einer. Alle. Gleichzeitig. Es ist, als hätte etwas… sie geweckt.“

Ich starrte auf die Zentrale Anzeige: eine holographische Projektion des Mars, seine Energieknoten rot leuchtend. Dann brach eine nach der anderen zusammen – wie Dominosteine, von innen heraus gesprengt.

„Es ist zu spät, S’varon!“

Valis’ Stimme war nun ein Ruf, ein letztes Aufbäumen.

Auf dem Bildschirm wuchs ein strahlender Punkt – nicht wie Feuer, nicht wie Plasma. Es war reine Energie, blauweiß, vibrierend, als ob sie die Struktur des Raums selbst zerriss. Die Materie um sie herum löste sich auf, wurde transluzent, zerfiel in ihre molekularen Bestandteile.

„Der Reaktor… er… frisst sich durch den Mars.“

Ich hörte mich sprechen, aber es war nicht mehr meine Stimme. Es war die Stimme eines Mannes, der Zeuge des Endes wurde.

---

Rückblende – Der Aufstieg von Aseroth

Aseroth war einst unser größter Triumph. Der dritte Marsmond – ein künstlicher, hohler Himmelskörper, einst eine riesige Gravitationsplattform, geschaffen aus alten Materialien, die im Orbit gesammelt worden waren. Wir hatten ihn stabilisiert, mit Städten versehen, Forschungslabors, sogar mit einem eigenen Magnetfeldkern.

Aseroth war mehr als ein Symbol – er war die Seele unseres Fortschritts. Von dort aus steuerten wir die Energieflüsse, die Gravitationswellenzüge, die Terraforming-Systeme. Manche glaubten sogar, er sei empfindungsfähig.

Doch das war Aberglaube. Oder?

---

Gegenwart

Die Kontrollkammer vibrierte. Die Wände begannen sich zu wölben. Der Boden bebte. Ich spürte es nicht nur unter den Füßen – ich spürte es in meinem Innersten, als würde der Mars selbst seine Kinder abstoßen.

Und dann sahen wir es: Aseroth.

Der Mond, unser Wächter, unser Werk. Er war plötzlich sichtbar, mit bloßem Auge, obwohl der Himmel eigentlich verdeckt sein sollte. Etwas hatte ihn aus seiner Umlaufbahn gerissen.

„Wie kann das sein?“ hauchte Valis. „Er sollte hinter dem Horizont sein…“

Doch Aseroth bewegte sich nicht in einer natürlichen Bahn. Er taumelte. Rotierte. Ein Blitz zuckte über seine Oberfläche, als würde er von innen heraus zerbersten.

Und dann kam der Riss.

Ein Spalt aus Licht und Dunkelheit zugleich, der sich quer durch den Himmel zog. Kein natürlicher Spalt – etwas anderes. Etwas, das die Regeln des Raumes brach.

Und Aseroth wurde… verschluckt.

Nicht zerstört. Nicht explodiert. Er verschwand – gezogen in eine andere Wirklichkeit, verzerrt, zerrissen, aufgelöst in ein Prisma aus Zeit und Raum.

---

„Wir müssen hier raus!“ rief ich.

Aber es war zu spät.

Die Flure der Anlage wurden von einem Wind aus glühender Energie geflutet. Die Temperatur stieg binnen Sekunden um Hunderte Grad. Die Struktur brach, Metall schmolz, Schutzfelder zerplatzten wie Seifenblasen.

Ich griff nach Valis’ Arm, zog ihn mit, rannte, stolperte, stolperte weiter. Und dann – Stille.

Ein Moment völliger Leere.

Keine Geräusche. Keine Zeit.

Ich blickte auf. Aseroth war weg. Nur eine flackernde Silhouette blieb am Himmel zurück – wie ein Schatten an einer Wand, nachdem das Licht verlöscht war.

---

„Terra…“

Es war der letzte Gedanke, bevor ich fiel.

Die Erde.

Unser einziger Ausweg. Unser letzter Zufluchtsort.

Wenn wir es nur rechtzeitig schafften…

Kapitel 2: Exodus

Als ich wieder zu mir kam, lag ich unter Trümmern aus Stahl und Glas, die einst der Kontrollraum gewesen waren. Mein Atem ging schwer, jedes Einatmen brannte wie Feuer in der Lunge. Um mich herum flirrte die Luft – nicht vor Hitze, sondern vor Energie, die sich immer noch entlud, elektrisch knisternd wie ein lebender Sturm.

Ein dumpfes Grollen zog durch das Gestein. Der Mars zitterte. Nicht wie bei einem Beben – sondern wie ein sterbender Organismus, dessen Herzschläge unregelmäßig und schwächer wurden.

„Valis?“

Ich kroch aus den Trümmern, suchte mit tauben Fingern nach der Silhouette meines Assistenten. Es dauerte, bis ich ihn fand – er lebte. Bewusstlos, aber stabil.

Wir hatten keine Zeit. Ich war Wissenschaftler, kein Soldat. Kein Held. Aber ich wusste, was nun geschehen musste: raus aus Olympus Mons, zum Raumhafen der Oberen Hemisphäre. Wenn überhaupt noch etwas funktionierte, dann dort.

Mit letzter Kraft aktivierte ich mein Interkom. Die Verbindung zur zentralen Rettungsstelle war instabil, aber ein Rauschen antwortete. Dann eine Stimme:

„S’varon? Bei allem, was heilig ist – lebt ihr noch?“

Ich erkannte sie sofort. Direktorin Nhema, Leiterin der Marsflotte.

„Wir leben. Zwei Personen. Kontrollbasis Südsektor.“

„Ihr müsst sofort zu Startpunkt Aurelia. Wir evakuieren. Noch sieben Sprungschiffe sind funktionstüchtig. Danach… ist nichts mehr.“

Ich blickte zum Himmel. Risse. Schwarze Risse.

---

Aurelia-Startpunkt, sechs Stunden später

Wir erreichten die Startbucht in einem alten Gleitmodul – halb zerstört, kaum steuerbar. Überall herrschte Chaos. Menschen in weißen und blauen Uniformen, Kinder, Verwundete. Die Marswächter versuchten Ordnung zu schaffen, aber es war wie ein sterbender Stern, der seine eigene Schwerkraft nicht mehr halten konnte.

Ein Schiff hob ab – die Suna-Klasse Ark VII, gefüllt mit tausenden. Dann ein greller Blitz – sie schaffte es nicht. Eine Instabilität im Magnetfeld riss sie auseinander wie ein Blatt im Wind.

Nhema kam uns entgegen, blutverschmiert, aber ungebrochen.

„Ihr beide – mit mir.“

Sie führte uns zu einem kleinen Sprungschiff – kaum mehr als eine Hülle mit Grav-Antrieb.

„Ziel: Terra. Auto-Kurs. Keine Garantie, ob ihr ankommt – aber besser als hier zu sterben.“

Ich zögerte.

„Wie viele… schaffen es?“

Sie antwortete nicht.

Wir starteten. In der Dunkelheit.

---

Der Flug

Es gab keinen Abschied. Keine letzten Blicke. Nur das Geräusch eines startenden Schiffs und das dumpfe Dröhnen eines Planeten, der in sich selbst zusammenbrach.

Durch das Sichtfenster sah ich die Oberfläche des Mars, wie sie aufplatzte – Lava, Asche, Licht. Und über allem: der Ort, wo einst Aseroth stand. Eine Lücke im Raum. Eine Narbe in der Realität.

Ich schloss die Augen.

Und wir flogen.

---

Nächster Halt: Terra. Die Erde.

Unser uralter Ursprung – und vielleicht unsere letzte Hoffnung.

Doch wir wussten nicht, was uns dort erwarten würde. Oder wer.

Kapitel 3: Ankunft

Der Transit dauerte drei Tage nach Bordzeit – aber Zeit war an Bord des Sprungschiffs ein Trugbild. Die Triebwerke hatten uns in eine verborgene Bahn zwischen Mars und Erde geschleudert, eine Route, die unter normalen Umständen ein Meisterstück interplanetarer Navigation gewesen wäre. Jetzt war sie unser einziger Ausweg.

Ich saß in der Beobachtungskapsel, mein Blick verloren im All. Neben mir lag Valis, in einer der lebenserhaltenden Ruheschalen, sein Zustand stabil, aber fragil. Die Systeme hielten ihn am Leben – aber für wie lange?

Ich rief Daten aus dem Bordarchiv ab: Telemetrie, Navigation, alte Daten zur Erde. Bilder flackerten vor meinen Augen. Terra – der blaue Planet, schimmernd im Schwarz. So fern, so vertraut. Es war lange her, dass ich sie gesehen hatte. In Studien, in Aufzeichnungen. In Träumen.

Und dann, am dritten Tag: das Leuchten.

Nicht plötzlich. Nicht dramatisch. Still, wie ein Sonnenaufgang.

Der Bordcomputer bestätigte: Orbit erreicht. Terra – vor uns.

Ich stand auf, trat zum Frontsichtfeld.

Es war überwältigend.

Wolken zogen wie Adern über die Oberfläche, Meere glänzten in tiefem Blau, Gebirge zeichneten sich ab wie die Erinnerungen einer uralten Welt. Es war, als sähe ich zum ersten Mal echte Farben.

Mein Herz schlug schneller. Nicht vor Aufregung – vor Furcht.

Denn was, wenn wir nicht willkommen waren?

---

Die erste Landung

Die Autopilot-Funktion der Vatria-Einheit 17 führte uns in eine kontrollierte Bahn über den Südkontinent. Die Sonden hatten den einzig geeigneten Landeplatz ausgewählt: eine weite, vereiste Fläche auf 76 Grad Süd, 32 West – Antarktika.

Das war das erste Geschenk des Zufalls: Die Eiswüste bot genug unbesiedeltes Terrain, um unbemerkt zu landen.

Das zweite Geschenk war der Himmel: wolkenfrei, windstill.

Als die Gravitation stärker wurde, hörte ich Valis stöhnen – er kam zu sich. Ich beugte mich über ihn, und zum ersten Mal seit Tagen sprach ich wieder:

„Wir sind da.“

Er blinzelte, erkannte das Sichtfeld – und weinte.

Nicht vor Freude. Nicht vor Schmerz. Sondern weil es das einzig Menschliche war, das in diesem Moment möglich war.

---

Außenmission 001: Terra

Die Rampen öffneten sich mit einem Zischen. Kälte schlug uns entgegen wie eine Wand. Der Atem gefror in der Luft, und dennoch – es war atembar.

Ich trat hinaus.

Der Boden war hart, fest. Schnee knirschte unter meinen Füßen. Ich hob eine Hand, streckte sie gen Himmel.

Sonne.

Eine echte Sonne.

Valis trat neben mich. Wir waren allein. Aber nicht verloren.

Ich griff zum Kommunikationsmodul. Eine letzte Nachricht ging an die verbliebenen Schiffe, die vielleicht noch starteten oder bald eintrafen:

„Koordinaten sicher. Landung geglückt. Projekt Exil beginnt. Codename: Athanis.“

---

Letzte Szene – Beobachter

Hoch über uns, verborgen in den Schatten der Polarlichter, erwachte etwas.

Etwas, das geschlummert hatte.

Etwas, das Terra selbst bewacht hatte – lange bevor der erste Mensch sich einen Gedanken über den Mars gemacht hatte.

Ein einzelnes, schlitzförmiges Auge öffnete sich in der Tiefe des Gletschers. Und es sah uns.

Kapitel 4: Das Erwachen

Wir nannten es Athanis. Die erste Stadt, die wir nicht auf dem Mars, sondern auf Terra gründeten – unter einem Himmel, der nicht der unsere war, und auf einem Kontinent, der uns mit eisiger Gleichgültigkeit empfing.

In den ersten Wochen war Athanis nichts weiter als ein Kreis aus Landemodulen, verbunden durch Heizschleusen und Frachtcontainer. Die Kuppel, die uns Schutz vor den extremen Winden der Antarktis bot, war provisorisch, schwach – aber sie war unser Zuhause.

Mehr Schiffe trafen ein. Einige bruchgelandet, andere vom Kurs abgekommen. Von hunderttausend Evakuierten erreichten nicht einmal fünftausend lebend den Planeten.

Wir waren ein Flüstern dessen, was einst eine Welt gewesen war.

Ich wurde zum Koordinator ernannt. Nicht weil ich danach strebte, sondern weil niemand sonst die Kraft hatte, zu führen. Valis übernahm die Technische Leitung – sein Genius war ungebrochen, obwohl seine Augen oft leer in die Ferne blickten.

Wir bauten weiter. Errichteten Energiezellen, begannen mit der Umwandlung von Eis in Trinkwasser, etablierten Agrarkammern unter der Oberfläche. Langsam formte sich aus Chaos eine Struktur.

Doch nicht alles ließ sich ordnen.

---

Dritte Woche nach der Landung

Die ersten Meldungen kamen aus Sektor 9, nahe den südlichen Gräben der Gletscher. Ein Forschungsteam, das die geologische Stabilität prüfen sollte, war verschwunden.

Keine Signale. Keine Spuren.

Wir sandten ein Suchteam. Was sie fanden, erschütterte uns.

Ein Tunnel – künstlich, glatt geschmolzen, in den Eiskern geschnitten. Keiner von uns hatte ihn gebaut. Die Wände waren von seltsamen Symbolen bedeckt – spiralförmig, fast wie uralte Schriftzeichen.

Und dort unten, im blauen Dämmerlicht, lag etwas:

Ein Sarkophag. Riesig, schwarz, aus einer Legierung, die kein Mars-Metallscanner lesen konnte.

Er pulsierte.

Nicht wie ein Objekt. Wie etwas Lebendiges.

---

Die Nacht danach

Ich träumte.

Nicht wie gewöhnlich. Ich war wach und träumte gleichzeitig.

Ich stand auf einer zerbrochenen Welt – nicht Mars, nicht Terra. Roter Sand wehte in die Weite, aber der Himmel war grün, von Gewitter durchzogen.

Etwas erhob sich vor mir. Groß. Schlank. Reptilienhaft. Seine Augen leuchteten wie Sterne – und ich hörte es sprechen, obwohl sich kein Mund bewegte:

„Ihr seid zurück. Ihr wisst nicht, was ihr geweckt habt.“

Ich schreckte hoch. Mein Körper war schweißnass.

Der Sarkophag pulsierte noch immer. Und das Eis begann, sich zu verändern.

---

Letzte Szene – Beobachter II

Tief unter der Erde, im Zentrum eines uralten Tempels, erwachte ein weiteres Wesen.

Die Echsenwesen, die einst die Erde verlassen hatten, kehrten nicht zurück – sie waren nie fort gewesen.

Sie hatten nur geschlafen.

Und die Kinder des Aseroth hatten sie aus dem Traum gerissen.

Kapitel 5: Die Stimme unter dem Eis

Die Tage wurden länger. Nicht, weil sich die Sonne veränderte – sondern weil niemand mehr schlafen konnte.

Seit der Sarkophag gefunden worden war, lag eine Unruhe über Athanis. Die Techniker arbeiteten schweigend, die Kinder verstummten, die Nachtwachen berichteten von Schatten, die sich gegen den Polarhimmel bewegten, ohne Spuren zu hinterlassen.

Ich versuchte, Ruhe zu bewahren. Die Leitung der Siedlung erforderte Klarheit – aber mein Geist begann zu zweifeln.

Valis sprach es als Erster aus.

„Der Sarkophag sendet.“

Wir standen in der Hauptkammer der Analysehalle, das Objekt in Quarantäne, umgeben von Messgeräten, die überfordert zu sein schienen.

„Infraschall. Tieffrequenz, unterhalb der Wahrnehmungsgrenze. Aber sie wirkt. Sie beeinflusst uns.“

„Wie?“ fragte ich.

Valis zögerte.

„Träume. Gedanken. Entscheidungen. Manche berichten von Erinnerungen, die sie nie erlebt haben.“

Ich schwieg. Ich wusste, wovon er sprach. Ich hatte es gesehen – den grünen Himmel, die reptilischen Wesen, die Stimme.

---

Zerfall

Athanis begann zu zerbrechen.

Nicht körperlich – aber innerlich. Zwei Lager bildeten sich:

Die Bewahrer, angeführt von mir, wollten den Sarkophag untersuchen, verstehen, was wir geweckt hatten.

Und die Wächter, unter Führung von Kael – einem ehemaligen Sicherheitsoffizier der Marstruppe.

„Wir müssen es vernichten“, sagte Kael. „Es ist nicht von uns. Und es will nicht bleiben.“

„Und wenn es eine Intelligenz ist?“ hielt ich entgegen. „Ein Wesen, das uns warnen will? Ein Relikt einer Zivilisation vor uns?“

„Oder ein Gefängnis. Und wir sind dabei, das Siegel zu brechen.“

---

Der erste Kontakt

In der Nacht der Entscheidung – ob wir den Sarkophag öffnen oder versiegeln – begann er zu sprechen.

Nicht laut. Nicht durch Maschinen.

Er sprach in uns.

Ich erwachte und hörte die Stimme in mir, klar wie Eis, scharf wie Licht:

„S'varon. Dein Name war nicht immer deiner. Du bist Erbe von mehr, als du begreifst. Der Mars war nur der Anfang.“

Ich taumelte aus dem Schlafmodul. Der Sarkophag leuchtete. Nicht hell – sondern tief. Wie ein Auge, das aus einem uralten Traum blinzelte.

Dann geschah es.

Ein Riss. Ein leises Knacken – wie von gefrorenem Holz.

Und der Deckel begann sich zu bewegen.

---

Letzte Szene – Die Wache fällt

Kael, der den Sarkophag mit seinem Trupp bewachte, stürzte in die Halle – seine Waffen gezogen.

Doch er kam zu spät.

Der Deckel öffnete sich.

Ein Licht trat hervor. Und eine Gestalt erhob sich – dünn, hochgewachsen, silbrig, mit einer Haut, die sich bewegte wie flüssiger Stein.

Keine Worte. Nur ein Blick.

Kael fiel auf die Knie.

Nicht aus Schwäche – sondern aus Instinkt.

Kapitel 6: Der Fremde

Er stand aufrecht in der Mitte der Halle.

Groß, schlank, wie aus Metall geformt, aber lebendig. Seine Haut – wenn es Haut war – schimmerte in einem Licht, das von innen zu kommen schien, wie flüssiges Quecksilber durchzogen von bläulichen Pulsen.

Keiner sprach.

Keiner bewegte sich.

Kael kniete – unfähig, die Augen von der Gestalt zu lösen. Ich selbst konnte nicht sagen, ob ich atmete. Alles in mir schrie nach Flucht. Und doch – ich trat vor.

„Ich bin Dr. S’varon, Koordinator der Kolonie Athanis. Wer – oder was – seid Ihr?“

Die Antwort kam nicht als Laut. Sie kam direkt in meinen Verstand. Eine Frequenz jenseits der Sprache, aber erfüllt von Bedeutung:

„Ich bin Varuun. Hüter der Schwelle. Wächter des Verlorenen Pfades.“

Varuun. Der Name hallte in mir wie ein Echo uralter Erinnerungen.

---

Das Gespräch

Valis und ich führten das erste Gespräch. Unter strengen Sicherheitsprotokollen, die bald überflüssig wirkten – denn Varuun bewegte sich nicht wie ein Gefangener.

Er sprach in Konzepten, nicht in Sätzen. Seine Antworten waren Fragmente eines größeren Verständnisses.

„Aseroth war nie nur ein Mond. Es war ein Anker. Ein Schlüsselstein in einem Gitter, das Zeit und Raum umschließt.“

„Was ist dann geschehen?

---ENDE DER LESEPROBE---