Die Krimizimmerei Band 8 - Thorsten E. Meier - E-Book

Die Krimizimmerei Band 8 E-Book

Thorsten E. Meier

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Beschreibung

Hier kommt Inspektor Papierfresserchen, ein gewiefter Ermittler, der in den zurückliegenden Jahren schon so machen kniffeligen Kriminalfall gelöst hat. Dabei ist es ihm ganz egal, ob eine Torte verschwunden, ein Junge entführt oder die Pflaumen auf mysteriöse Weise abhandenkommen. Inspektor Papierfresserchen ist einfach immer zur Stelle, wenn es darum geht, Verbrecher, Diebe und Mörder zur Strecke zu bringen. Seine Methoden sind dabei vielleicht nicht immer ganz legal, aber all das hat er sich von seinen berühmten Kollegen abgeschaut, die ja wohl jeder von uns kennt: Sherlock Holmes, Miss Marple oder Pater Brown. Na ja, Inspektor Papierfresserchen ist natürlich nicht so anmaßend, sich mit diesen berühmten Herrschaften vergleichen zu wollen. Aber wer weiß schon, was in den kommenden Jahren noch so an Fällen an ihn herangetragen werden. Gut, Inspektor Papierfresserchen ist sicherlich nicht mehr einer der jüngsten Detektive, aber was spielt das schon für eine Rolle. Da klingelt doch schon wieder das Telefon ... Nicht mal eine Minute zum Ausruhen gönnen dem armen Kerl die Klienten ...

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Die Krimizimmerei

Spannende Kurzgeschichten für Kinder

Band 8

Thorsten E. Meier (Hrsg.)

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Impressum

Personen und Handlungen sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet - www.papierfresserchen.eu

© 2025 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR

Mühlstr. 10, 88085 Langenargen

Alle Rechte vorbehalten. Taschenbuchauflage erschienen 2025.

Cover gestaltet mit einem Bild von © design on arrival (Fotolia lizenziert) sowie © fergreogory (Adobe Stock lizenziert).

ISBN: 978-3-99051-377-4 - Taschenbuch

ISBN: 978-3-99051-378-1 - E-Book

*

Inhalt

Der Ringraub

Nebelschleier über Pier 19

Inspektor Papierfresserchen und die verschwundene Katze

Der Kriminelle!

Detektiv Papierfresserchen und das verschwundene Schatzbuch

Marie

Freudenfeuer

Swarovskis für Oma

Ein Gangsterschicksal

Handydiebstahl im Altersheim!

Die Nörglerin

Mit vier Fällen zur Oma

Klara, Karl und der verschwundene Ehrenkeks

Wo ist Luna?

Inspektora Nele: Das Gefängnis

Kira und die Karotten-Clique

PSG

FAMM und der geheimnisvolle Fall des Treppensturzes

Barney und der verschwundene Schlüssel

Die Maiglöckchen-Kapelle

Heute wird er es tun

Letzter Vorhang

Marthas Nacht

Der Apfelgartenkrimi

Das verschwundene Geschenk

Der verschwundene Zwilling

Lili und Lucky

Wolf im Schafspelz

Miss Crawford und ihr Stalker

Das ist eigentlich gar keine Geschichte

Tatü Tata

Unerwartet in der Wildnis

Hilfe für den Kellerjungen

Inspektor Papierfresserchen und der Schokoladendieb

Süße Überraschung

Der Tor, der das Tor zu spät aufstieß

Sorge um Herrn Friedrich

Der kleine Bahnhofswärter verfolgt nächtlichen Besuch

Wie ein Toter seinen Mörder überführte

Wasili, der Recke

Onkel Jochen, Detektiv

Blinde Rache

Die Spionin

Der Einbrecher

Das verschwundene Gespenst

Das Pfeifen der Fledermäuse

Nachtschicht

Die Wahrheit hinter der Fassade

Heimat erleben - Geschichten erzählen

*

Die Autorinnen und Autoren

Adrian Schwarzenberger

Alexander Weiz

Andrea Tillmanns

Andreas Haider

Babette Engels

Barbara Korp

Bernhard Finger

C. A. Manning

Carmen Schmidt

Charlie Hagist

Christian Günther

Christian Reinöhl

Christina Reinemann

David J. Moth

Dieter Franke

Dieter Scholz

Doreen Pitzler

Dörte Müller

Dr. Wolfgang ten Brink

Emilie Bollack Kirazkaya

Emma Summer

F. van Tilburg

Florian Geiger

Hannelore Futschek

Isabella Ruggeri

Jan Göbel

Jana Reuter

Janina Thomauske

Jasmin Fürbach

Jennifer Warwel

Karl-Heinz Richter

Luna Day

Monika-Maria Ehliah Windtner

Nadin Kadner

Oliver Fahn

P. C. Fischer

Pamela Murtas

Paula Nick

Roswitha Böhm

Sophie Kennel

Tita Schindhelm

Ulrike Müller

Vanessa Boecking

Volker Liebelt

Wolfgang Rödig

*

Der Ringraub

Ich saß bei einem dampfenden Tässchen schwarzen Tee und der Tageszeitung auf meiner Veranda. Es war Winter und es fröstelte mich leicht. Gerade als ich einen genüsslichen Schluck nehmen und die Zeitung zu lesen beginnen wollte, kam mein Freund Inspektor Holger plötzlich zur Tür hineingeplatzt.

„Walter, wir haben einen Fall!“, schrie er überglücklich und ich fuhr erschrocken zusammen.

Leicht erzürnt stellte ich meine Teetasse auf den Tisch neben die Zeitung und raffte mich auf. Ich nahm mir fest vor, zurück zu sein, bevor der Tee komplett abgekühlt war. Lustlos setzte ich also einen Schritt vor die Haustür und folgte meinem Kollegen. Er führte mich vor ein imposantes Gebäude, das ich staunend betrachtete. Wir standen doch tatsächlich vor dem Anwesen der Familie Nordfolk, einer der reichsten Familien der Stadt. Da es eine Weile dauerte, bis uns das gusseiserne Tor zum Eintreten geöffnete wurde, nutzte mein detektivischer Freund die Zeit, um mich über den Sachverhalt aufzuklären: „Heute Morgen kontaktierte mich Lady Nordfolk persönlich, um mir mitzuteilen, dass ihr äußerst wertvoller Diamantverlobungsring aus ihrem Besitz verschwunden ist. Sie glaubt, einer ihrer Bediensteten hat ihn gestohlen.“ Plötzlich wurde uns knarrend das Tor geöffnet und Holger verstummte. Wir durften eintreten, uns wurden die Mäntel abgenommen und wir wurden ins Teezimmer geführt, in dem uns die Lady empfing. Erstaunlicherweise bot sie uns keinen Tee an, obwohl das Service auf dem Tisch bereitstand.

„Sie verstehen, dass der Dieb unverzüglich gefunden und der Polizei übergeben werden muss! Auch wenn meine Diener mittlerweile zur Familie gehören, muss der Dieb seine gerechte Strafe erhalten!“, fiel sie gleich mit der Tür ins Haus.

Holger nickte: „Natürlich, Mylady. Versammeln Sie Ihre Dienerschaft in Teezimmer, wir werden nicht lange für die Klärung des Falls benötigen.“

„Werden wir nicht?“, flüsterte ich ihm leise zu.

Doch anstatt mir zu antworten, stand er auf, verbeugte sich und ließ sich das erste Dienerzimmer zeigen. Es war eine kleine Kammer, die einer Besenkammer glich und in der es erstaunlich kalt war, sodass ich mir nichts sehnlicher als meinen Mantel wünschte. Ein ordentlich gemachtes Bett, ein Tisch, ein Wandschrank, ein Stuhl und ein kleines Waschbecken befanden sich darin.

Holger setze sich auf das Bett und testete die Elastizität der Federn, indem er rhythmisch auf und ab wippte. Dann stand er auf und warf einen Blick in den Kleiderschrank, spähte unter das Bett und stellte fest, dass die Wasserquelle des Waschbeckens wohl schon seit einiger Zeit versiegt war.

Danach suchte er das Zimmer der Putzfrau, der Köchin und drei weiterer Diener auf und fuhr dort mit seiner Recherche fort. Hierbei stupste er im Vorbeigehen einer Marmorbüste auf die Nase und strich mit der flachen Hand über ein Gemälde an der Wand, als ein Zimmer plötzlich seine Aufmerksamkeit erregte. Die dunkelbraune Tür hob sich deutlich von den Türfarben der anderen Zimmer ab. Doch zu unserer Ernüchterung mussten wir feststellen, dass diese verschlossen war.

„Das hat bestimmt seinen Grund“, flüsterte ich Holger zu.

„Ja, das denke ich auch. Gehen und lenken Sie Mylady und die Diener im Teezimmer ab“, flüsterte er zurück.

Ich machte große Augen und schüttelte vehement den Kopf. „Auf gar keinen Fall! Holger, Sie wissen ganz genau, dass ich so etwas nicht kann.“

Der Inspektor lächelte leicht und klopfte mir auf die Schulter, während er durch das Schlüsselloch der Tür lugte. „Das schaffen Sie schon!“ Mit diesen Worten schob er mich in Richtung Treppenabgang und ich fügte mich grummelnd meinem Schicksal.

Im Teezimmer angekommen, wurde ich mit neugierigen Blicken seitens der Dienerschaft beäugt, die aufgereiht wie auf einer Perlenkette hinter dem Sofa standen, auf dem Lady Nordfolk thronte.

„Und? Wer hat meinen Verlobungsring entwendet?“, fragte sie erwartungsvoll.

Mir stand der Schweiß auf der Stirn. Ich hasste es, im Zentrum jeder Aufmerksamkeit zu stehen. Ganz im Gegensatz zu meinem Freund Inspektor Holger. Ich schluckte und suchte krampfhaft nach den richtigen Worten. Doch bevor ich einen Ton herausbrachte, stand Holger plötzlich hinter mir. Ich atmete erleichtert auf und trat einen Schritt zurück, überließ ihm das Rampenlicht.

„Kann es sein, Mylady, dass Sie nach dem Tod Ihres Mannes ein wenig in Geldnot geraten sind?“, konfrontierte er Lady Nordfolk unverblümt und ein Raunen ging durch die Dienerschaft.

Mylady war entsetzt. „Was erlauben Sie sich? Meine Finanzen gehen Sie überhaupt nichts an!“

Holger lachte spitzbübisch. „Ja, aber mit Ihren Finanzen hat es zu tun, Mylady. Als ich nach dem Ring suchte, wie Sie es mir aufgetragen hatten, stellte ich vier wesentliche Dinge fest. Erstens: Die Zimmer Ihrer Angestellten verfallen regelrecht. Sie haben kein fließendes Wasser, ihr Mobiliar verschimmelt und trotz der winterlichen Temperaturen draußen bleiben ihre Zimmer eiskalt, während das Teezimmer beheizt ist. Sie meinten doch vorhin, Ihre Dienerschaft würde zur Familie gehören. Das ist aber nicht sehr nett, Ihre Familienmitglieder fast erfrieren zu lassen. Zweitens: In letzter Zeit müssen einige der teuren Gemälde am Treppenaufgang durch billige Fotokopien ersetzt worden sein. Drittens: Die Marmorbüsten wurden durch Keramikimitate ausgetauscht. Und viertens, Ihr verstorbener Gatte Lord Nordfolk – Gott hab ihn selig – war ein Spieler.“

Lady Nordfolk blickte Inspektor Holger wütend an und stemmte entrüstet die Fäuste in die molligen Hüften. „Ich wüsste nicht, was das mit dem Ringraub zu tun hat.“

„Alles, Mylady! Ihr verstorbener Ehemann hat Ihr gesamtes Vermögen im Casino verspielt, das belegen die Dokumente in seinem Arbeitszimmer. Sie haben praktisch kein Geld mehr, weshalb Sie das Wasser und die Heizung für Ihre Angestellten abgestellt, Lohnkürzungen vollzogen und die Gemälde samt Marmorbüste verkauft haben. Aber als Sie feststellten, dass das auch nicht reicht, fiel Ihnen Ihr Verlobungsring ein. Ihr letzter wirklich wertvoller Besitz. Er enthält einen weißen, sehr teuren Diamanten, auf den eine Versicherung abgeschlossen wurde. Für den Fall, dass er entwendet worden und nie wieder aufgetaucht wäre, hätte man Ihnen eine Summe von zwei Millionen Pfund ausgezahlt. Die Rettung für Ihr Anwesen, das Sie ohne das Geld verkaufen müssten. So kontaktierten Sie mich, um die Entwendung zu bestätigen. Denn Sie wissen genau, welch große Stücke Scotland Yard auf mich hält. Sie wiesen mich mehrmals darauf hin, dass der Langfinger unter den Dienern zu finden sei. Eine Tatsache, bei der die Polizei nicht weiter nachgefragt hätte, da die Worte einer Lady gegenüber eines Dieners mehr ins Gewicht fallen. Unschuld hin oder her.“

„Haltlose Anschuldigungen sind das! Unverschämtheit! Verlassen Sie sofort mein Haus!“

Doch Inspektor Holger dachte nicht daran. Mit zwei schnellen Schritten war er nach vorne gestürzt und hatte sich die Teekanne geschnappt.

„Nicht!“, schrie Lady Nordfolk völlig entsetzt und alle im Raum waren geschockt, als sie sahen, was sich im Inneren der Teekanne verbarg.

Holger förderte den Diamantenring zutage und hielt ihn hoch. „Das ist der Beweis! Der Ring ist niemals entwendet worden. Sie wollten die Versicherung betrügen.“

Der Fall war gelöst.

Ich freute mich, endlich meinen trinkwarmen Tee genießen und die Zeitung studieren zu können. Doch meine Ernüchterung war groß, als ich feststellen musste, dass der Tee völlig kalt und die Tageszeitung von meiner Haushälterin als Anzünder für den Kamin verwendet worden war.

P. C. Fischer,Jahrgang 2002, hat bereits im Alter von sieben Jahren begonnen, erste Erzählungen und Kurzgeschichten zu schreiben. Mittlerweile studiert sie Medienkulturwissenschaften an der Bauhaus-Universität in Weimar. Wenn sie nicht schreibt, schaut sie gerne Filme, die sie im Dienste der Wissenschaft analysiert.

*

Nebelschleier über Pier 19

Die Uhr schlug Mitternacht, als Marlowe die knarrenden Stufen zu seinem Büro hinaufstieg, ein einsamer Leuchtturm in einer Stadt, die nie wirklich schlief. Er hatte das Gefühl, dass diese Nacht wie keine andere sein würde, eine Ahnung, die sich verdichtete, als er die schwere Tür seines Büros aufstieß. Das schwache Glimmen einer Schreibtischlampe warf lange Schatten und zeichnete die Silhouette einer wartenden Gestalt ab.

Elaine Sterling stand vor ihm, eine Frau, deren Erscheinung selbst den dichtesten Nebel zu durchdringen schien. Ihr Gesicht war von Sorgen gezeichnet, die Augen tief und rätselhaft wie der Ozean bei Nacht. Sie trug einen Mantel, der ihre Gestalt vollständig umhüllte.

„Ich brauche Ihre Hilfe, Mr. Marlowe“, begann sie. „Mein Mann Richard Sterling ist verschwunden. Er ist ein angesehener Geschäftsmann, aber seit einigen Tagen habe ich nichts mehr von ihm gehört. Die Polizei ... sie nimmt meine Sorgen nicht ernst.“

Marlowe lehnte sich zurück und betrachtete die Frau vor sich. Er spürte, dass hinter ihren Worten mehr steckte, ein Geheimnis, das tief in den Schatten der Stadt verwurzelt war.

„Setzen Sie sich, Miss Sterling“, sagte er schließlich. „Erzählen Sie mir alles. Von Anfang an.“

Während der Nebel draußen dichter wurde, begann Elaine Sterling zu sprechen. Ihre Worte webten ein Netz aus Geheimnissen und Lügen, das sich über die glitzernden Fassaden und dunklen Gassen San Franciscos erstreckte. Marlowe hörte aufmerksam zu und wusste bald, was zu tun war.

Die Morgensonne kämpfte vergeblich gegen die hartnäckigen Nebelschwaden, die sich wie ein grauer Schleier über Pier 19 legten. Als Jack Marlowe seine Untersuchung aufnahm, spürte er die raue Kälte des Morgens, die sich in die knarrenden Holzbohlen unter seinen Füßen fraß. Richard Sterling war hier zuletzt gesehen worden – und seine Instinkte sagten ihm, dass dies kein Zufall war. Der Pier, übersät mit verrosteten Containern, deren Farben längst verblasst waren, und verlassenen Lagerhäusern, deren zerbrochene Fenster wie leere Augenhöhlen in die Vergangenheit starrten, schien jede seiner Bewegungen zu beobachten.

Wie ein Geist, der Marlowes Gedanken lesen konnte, erschien plötzlich ein Mittelsmann aus dem dichten Nebel. Mit einer fast gespenstischen Ruhe führte er Marlowe durch ein verwinkeltes Netz aus engen, feuchten Gängen, die von den alten Mauern des Lagerhauses umschlossen waren.

„Hier“, flüsterte er, als sie vor einem verrosteten Metalltor Halt machten, das vor langer Zeit seine Farbe verloren hatte. „Was Sie suchen, liegt dahinter.“

Mit einem alten, abgenutzten Schlüssel, der ein leises Klicken im verrosteten Schloss auslöste, gewährte er Marlowe Zutritt. Der Raum roch nach verfallenem Holz und dem bitteren Aroma zurückgelassener Drogen, eine Mischung, die in der Luft hing und an Marlowes Sinnen zerrte. Staub tanzte in den wenigen Sonnenstrahlen, die sich ihren Weg durch die kleinen, schmutzigen Fenster gebahnt hatten, und legte sich auf verlassene Kisten, die noch kürzlich große Mengen Rauschgift verborgen hatten.

„Elaines Mann war tief darin verwickelt“, erzählte der Mittelsmann, während sie durch die Halle gingen. „Dies hier war sein Werk, ein Teil eines viel größeren Plans.“

Die Worte trafen Marlowe wie ein Schlag. Elaine, die verzweifelte Ehefrau, die in sein Büro gekommen war, erschien ihm jetzt in einem völlig anderen Licht. Sie war nicht nur eine Randfigur in dieser Geschichte; sie war ein Schlüssel zu einem Rätsel, das sich nun vor ihm ausbreitete.

Als Marlowe das düstere Innere des Lagerhauses hinter sich ließ, spürte er sofort, dass die Atmosphäre sich verändert hatte. Kaum hatte er seinen Fuß auf das rissige Pflaster von Pier 19 gesetzt, verdichteten sich die Schatten um ihn herum zu greifbaren Gestalten. Es war, als hätte die Nacht selbst Zähne und Klauen bekommen, bereit, ihn in die Schwärze zu ziehen.

Die Gangster traten aus dem Nichts hervor, ein halbes Dutzend Männer in abgetragenen Mänteln, deren Gesichter unter breitkrempigen Hüten verborgen waren. Nur das Glänzen ihrer Augen und das gelegentliche Aufblitzen eines Messers oder einer Pistole verriet ihre Anwesenheit. Einer von ihnen, ein breitschultriger Mann mit einer Narbe, die sich wie ein trockener Flusslauf über sein Gesicht zog, trat vor.

„Marlowe“, begann er, seine Stimme so rau wie das Knirschen von Schotter unter schweren Stiefeln. „Du scheinst dich in Dinge einzumischen, die dich nichts angehen. Das ist schlecht für deine Gesundheit.“

Die anderen kreisten ihn ein. Marlowe spürte die Kälte des Metalls, als der Lauf einer Pistole unvermittelt gegen seine Schläfe gedrückt wurde. Der kalte Schweiß, der ihm den Rücken hinunterlief, war ein stummes Zeugnis der Gefahr, in der er sich befand.

„Und lass mich dir etwas klarmachen, Marlowe“, fügte er hinzu, „du könntest enden wie Richard Sterling. Ein Verräter, der dachte, er könnte aussteigen und mit der Staatsanwaltschaft reden. Nun, wir haben ihm gezeigt, was wir von Verrätern halten. Er musste sterben, weil er nicht wusste, wann es Zeit ist, die Klappe zu halten.“

Die Stille, die folgte, war erdrückend. Die unverhohlene Drohung lag in der Luft wie Gift. Marlowe spürte den Druck der Pistole gegen seine Schläfe jetzt noch intensiver. Der Gangster machte eine Pause, als ob er Marlowe Zeit geben wollte, die Schwere seiner Worte zu verstehen.

„Siehst du, wir spielen nicht nach den Regeln der Gerechtigkeit, die du so hochhältst, Detektiv. Bei uns gibt es nur ein Gesetz – das des Schweigens. Brich es und du wirst das gleiche Schicksal wie Sterling erleiden. Denke daran, wenn du das nächste Mal überlegst, deiner Neugier zu folgen.“ Mit diesen Worten trat der Mann einen Schritt zurück, senkte die Waffe und gab seinen Komplizen ein Zeichen. Langsam, als wären sie nie wirklich da gewesen, lösten sie sich in den Schatten auf und ließen Marlowe allein zurück, während die Stille des Piers sich wie ein Mantel um ihn legte.

Marlowe arrangierte ein Treffen mit Elaine in einem abgelegenen Café, fern von den neugierigen Blicken und lauschenden Ohren, die die Stadt durchzogen. Als Elaine das Café betrat, lag eine spürbare Anspannung in ihrer Haltung; ihre Augen suchten hastig nach Marlowe. Als sie ihn sah, flackerte ein Ausdruck von Erleichterung über ihr Gesicht.

Marlowe verschwendete keine Zeit mit Höflichkeiten. Direkt und unverblümt legte er seine Erkenntnisse dar: die Verstrickungen ihres Mannes in die Unterwelt, die Rauschgiftgeschäfte, die Drohungen gegen sein eigenes Leben und schließlich die erschütternde Offenbarung über Richard Sterlings Versuch, als Polizeispitzel auszusteigen.

Elaine hörte schweigend zu. Als Marlowe endete, sah er, wie eine Last von ihren Schultern fiel. „Mr. Marlowe“, begann sie, ihre Stimme zitterte leicht, „was Sie mir erzählt haben, bestätigt meine schlimmsten Befürchtungen. Richard hat von Anfang an als Polizeispitzel gearbeitet. Er wollte aussteigen, für uns ein neues Leben beginnen ..., aber sie ließen ihn nicht.“

Sie machte eine Pause, sammelte sich, bevor sie fortfuhr. „Ich danke Ihnen für Ihre Hartnäckigkeit und Ihren Mut. Ich weiß jetzt, was ich tun muss. Es wird nicht leicht sein, aber ich bin bereit, für Gerechtigkeit zu kämpfen; für Richard und dafür, dass sein Schicksal nicht umsonst war.

Marlowe stand auf und verließ das Café. Sein Auftrag war zu Ende, aber die Geschichten, die in den Schatten von Pier 19 verborgen lagen, waren noch lange nicht alle erzählt. Das Dunkel der Stadt barg immer neue Rätsel, die darauf warteten, gelüftet zu werden.

Volker Liebelt,Jahrgang 1966, lebt in dem idyllischen Öhringen, einer Stadt, die seine Inspiration und Heimat gleichermaßen ist. Sein Schreibstil zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, dichte Atmosphären und komplexe Charaktere zu erschaffen, die die Leser in die dunklen Ecken der menschlichen Seele führen. In seiner neuesten Geschichte „Nebelschleier über Pier 19“ entführt er die Leser in die nebligen Gassen von San Francisco, wo Geheimnisse und Gefahren hinter jeder Ecke lauern. Durch das geschickte Verweben von Spannung und psychologischer Tiefe erforscht er Themen wie Verlust, Verrat und die unermüdliche Suche nach Gerechtigkeit.

*

Inspektor Papierfresserchen und die verschwundene Katze

Schnee fiel in einer dichten Flockenherde vor dem Fenster herab. Inspektor Papierfresserchen sortierte dahinter alleine Akten auf der Polizeistation und seufzte. Es war bald Weihnachten und die Fahndungsaufträge nahmen zu. Hier eine vermisste Person, da ein vermisster Hund. Doch die meisten Personen wurden schnell wieder gefunden, sie setzten sich ins Ausland ab und auch die Hunde fanden sich schnell wieder an. Das Telefon klingelte.

„Ja, hier Inspektor Papierfresserchen?“

„Sie müssen mir unbedingt helfen!“, meinte die verzweifelte Stimme am Ende der Leitung.

„Was ist denn passiert? Jetzt erzählen Sie mir erst einmal genau den Tathergang“, sprach der Inspektor beruhigend auf die Dame ein.

„Meine Katze Mimi ist verschwunden. Sie ist am Mittwochmorgen einfach nicht mehr nach Hause gekommen. Das ist so untypisch für sie. Was soll ich denn jetzt machen? Meine Mimi ist mein Ein und Alles.“

„Wir finden Ihre Katze und beginnen unverzüglich mit den Ermittlungen, wenn Sie mir einfach Ihre Adresse nennen würden, Frau äh ...?“

„Natürlich. Gertrude Steinfels, Kräuterweg 23, 12345 Werkbach.“

„Vielen Dank, Frau Steinfels. Ich bin auf dem Weg zu Ihnen.“

Der Inspektor fuhr mit dem Auto also zu der besagten Adresse und nahm gleich seinen Polizeikollegen Peter Fuchsig aus der Forensik mit, der gerade nichts zu tun hatte.

Die Dame öffnete den beiden bereits erwartungsvoll die Haustüre und bot ihnen Tee an. Dankbar nahmen sie diesen entgegen.

„Also am Mittwochmorgen haben Sie die Katze zuletzt gesehen?“

„Genau.“

„Und die Nachbar*innen haben die Katze nicht gesehen und auch nicht aufgenommen?“

„Nein.“

„Haben Sie bereits ein Suchplakat gedruckt mit einem Foto der Katze darauf?“

„Ja.“

„Wir haben heute Freitag, seit Mittwoch ist die Katze weg. Hat sich bisher niemand bei Ihnen gemeldet?“

„Nein, leider nicht.“

Peter Fuchsig und der Inspektor teilten sich auf, um die Nachbarschaft zu befragen. Sie schenkten zwar der Aussage der Dame Glauben, dennoch war es besser, die Äußerungen zu überprüfen. Sie begannen mit Frau Wendehals, die direkte Nachbarin rechts von Frau Steinfels war. Leider hatte auch diese Mimi seit Mittwochmorgen nicht mehr gesehen. „Sie kommt ab und zu, um Trockenfutter zu fressen, aber das wars dann auch“, fügte sie entschuldigend hinzu.

Bei Frau Weidenmeier, der Nachbarin links von Frau Steinfels, verhielt es sich nicht anders. „Ich habe die Katze, ehrlich gesagt, nie zu Gesicht bekommen. Ein richtiger Katzenmensch bin ich sowieso nicht“, meinte sie zerknirscht.

Auch die Befragung weiterer Zeug*innen führte ins Nichts.

Als Nächstes nahmen sich die beiden anonyme Hinweise aus der Bevölkerung vor. Ein Anrufer hatte eine schwarz-weiße Katze im Löhrgraben vorbeischleichen sehen, konnte aber nachts nicht ausmachen, ob die Katze grüne Augen gehabt hatte oder nicht. Sie fuhren trotzdem hin, aber von einer Katze fehlte jede Spur.

Eine andere Anruferin wollte zwei Passanten gehört haben, die über Mimi sprachen, aber wie sich herausstellte, handelte es sich um eine fette rote Katze namens Mimi aus der Nachbarschaft, die einfach nur den gleichen Namen trug.

Gerade waren Peter und der Inspektor dabei, noch einmal die Mindmap mit den Personen durchzugehen, die die Katze zuletzt gesehen hatten, da klingelte das Telefon.

„Ja, hier ist Dr. Schmidt. Sie suchen doch eine Katze? Ich glaube, ich habe sie gefunden.“

Der Tierarzt war ein junger, dynamischer Typ um die 40. Er war freundlich, aber kurz angebunden. „Ja, ich habe tatsächlich die gesuchte Katze bei mir. Eine ältere Dame aus dem Dorf hat sie bei mir abgegeben. Mimi war in keinem guten Zustand. Sie zitterte und war etwas mager. Ich habe ihr erst einmal eine Aufbauspritze verpasst.“

„Ja wunderbar. Der Fall ist geklärt. Peter, nimm du Mimi und setz sie gleich in das Katzenkörbchen“, sagte Inspektor Papierfresserchen, als er in der Praxis die Katze entgegengenommen hatte.

Herr Fuchsig tat wie geheißen und gemeinsam machten sich die beiden auf den Weg zu einer überglücklichen Gertrude Steinfels.

„Danke sehr. Endlich habe ich meine geliebte Mimi wieder! Darf ich sie zur Feier des Tages auf einen Tee einladen mit Keksen und Kuchen?“

Das ließen sich Herr Fuchsig und Inspektor Papierfresserchen nicht zweimal sagen und alle schlossen so einen erfolgreichen Tag ab.

Schnee fiel vor dem Fenster von Frau Steinfels in einer dichten Flockenherde herunter: Das Weihnachtsfest war nicht mehr weit. Es war Zeit, neuen Abenteuern entgegenzusehen.

Janina Thomauskestudierte Medien und Kommunikationswissenschaften und Anglistik / Amerikanistik auf Bachelorniveau und Medienwissenschaft im Master. In ihrer Freizeit schreibt sie gerne Gedichte für Erwachsene und Kurzgeschichten für Erwachsene und Kinder.

*

Der Kriminelle!

Als ich einkaufen war

und einen heimlichen Diebstahl sah,

da legte ich mich nachts auf die Lauer,

direkt hinter unserer großen, dunklen Mauer.

Hinter der dicken Mauer war es kalt,

aber ich blieb wach und hielt die Fäuste geballt.

Genau um Mitternacht

hat jemand hämisch gelacht.

Ich erschrak sofort

und presste mich ganz fest an den Lauerort.

Der kleine, dürre Mann brach bei den Nachbarn ein

und plünderte deren ganzes Sparschwein.

Als der Mann mich dann auch noch entdeckte,

aber genauso wie ich erschreckte,

nahm ich schnell ein Band

und fesselte seine linke und rechte Hand.

Der Mann versuchte sich zu befreien,

er konnte aber auch nicht mehr schreien,

denn ich hatte wie der Blitz

den Mann geknebelt, ach verflixt,

die Nachbarn kamen aus dem Haus

und schrien zum Mann: „Rück’ das Sparschwein raus!“

Als die Polizei später da war,

kam der Mann, das war ja klar,

ins Gefängnis – ha, ha, ha!

Sophie Kennelwurde 2013 geboren. Sie lebt im Neckar-Odenwald-Kreis, geht in die sechste Klasse eines Gymnasiums. Sophie verbringt gerne Zeit im Garten, reitet sehr gerne, liest oft und liebt Bücher über alles.

*

Detektiv Papierfresserchen und das verschwundene Schatzbuch

In der charmanten Stadt Papierhausen lebte Detektiv Papierfresserchen, der für seine klugen Lösungen bekannt war. Eines sonnigen Nachmittags kam die besorgte Frau Klein zu ihm ins Büro. „Detektiv Papierfresserchen, ich brauche Ihre Hilfe! Mein Lieblingsbuch ist verschwunden. Es ist das Buch über den geheimnisvollen Schatz von Papierhausen. Ich habe es überall gesucht, aber es ist wie vom Erdboden verschluckt.“

Papierfresserchen nahm sich der Sache an und begann mit der Untersuchung. Er besuchte Frau Kleins gemütliches Wohnzimmer, wo das Buch zuletzt gesehen worden war. Alles schien auf den ersten Blick normal. Das Regal war ordentlich, die Fenster waren geschlossen. Doch als Papierfresserchen genauer hinsah, bemerkte er, dass ein paar Bücher im Regal etwas schief standen.

„Haben Sie in letzter Zeit etwas am Regal verändert?“, fragte er Frau Klein.

„Eigentlich nicht“, antwortete sie. „Nur die Putzfrau kam letzte Woche, um alles aufzuräumen.“

Papierfresserchen beschloss, die Putzfrau zu befragen. Sie erzählte ihm, dass sie das Regal staubgesaugt hatte, und erinnerte sich, dass sie einige Bücher etwas verrückt hatte, um die Ecken des Regals besser erreichen zu können.

„Das könnte wichtig sein“, dachte Papierfresserchen und untersuchte den Boden hinter dem Regal. Dort fand er ein kleines Stück Papier, das nicht dort hingehörte. Es war eine Notiz mit einer Zeichnung eines Schlüssels und dem Hinweis:

Der Schatz ist nah, aber nicht hier.

Papierfresserchen entschloss sich, nach weiteren Hinweisen zu suchen. Er sprach mit den Nachbarn und stellte fest, dass der Bibliothekar Herr Müller kürzlich eine große Bücherreinigung durchgeführt hatte. Papierfresserchen besuchte die Bibliothek und fragte nach dem Buch.

„Oh, ich erinnere mich, dass ich einige Bücher, die in der Bibliothek nicht mehr benötigt wurden, in den Lagerraum gebracht habe“, sagte Herr Müller.

Papierfresserchen begab sich zum Lagerraum der Bibliothek und fand dort eine Reihe von Kisten. Er begann, die Kisten durchzugehen, und fand eine mit Büchern, die auf den ersten Blick nicht zu den anderen passten. Mit großem Interesse öffnete er die Kiste und entdeckte Frau Kleins vermisstes Buch, das zwischen anderen alten Büchern versteckt war.

„Hier ist es!“, rief Papierfresserchen triumphierend.

Er brachte das Buch zu Frau Klein, die vor Freude strahlte. „Oh, Detektiv Papierfresserchen, Sie haben es gefunden! Wie können wir Ihnen danken?“

Papierfresserchen lächelte freundlich. „Es war ein Abenteuer, Ihr Buch zu finden. Denken Sie daran, immer auf kleine Details zu achten. Ich freue mich schon auf meinen nächsten Fall.“

Und so endete der Tag für Detektiv Papierfresserchen, der wieder einmal bewiesen hatte, dass kein Rätsel zu groß oder zu klein ist, um gelöst zu werden. Die Kinder in Papierhausen wussten, dass sie sich auf ihn verlassen konnten, wann immer ein neues Abenteuer wartete.

Emma Summer

*

Marie

Marie schlüpfte in ihre Kleider. Bis zum Seineufer nahm sie die Metro, von dort eilte sie durch das Künstlerviertel. Mit der Arbeit im Café finanzierte sie sich ihr Studium.

Erschöpft saß Marie am Abend in der Metro und dachte an das üppige Trinkgeld, das ihr die Gäste zugesteckt hatten.

Der Kontrolleur riss Marie aus ihren Gedanken. „Ihre Fahrkarte, Madame!“

Marie tastete nach ihrem Portemonnaie, es war spurlos verschwunden. „Mon dieu, man hat mich beraubt!“, schrie sie.

Paul, der einige der Mitreisenden um ihre Geldbeutel erleichtert hatte, war gerade im Begriff, den Schauplatz seiner Taten durch die sich öffnende Tür zu verlassen.

„Haltet den Dieb!“, schrie Marie.

Die Hand des alten Mannes, der am Eingang saß, ruckte nach vorn. Paul fluchte, als er durch diesen so unerwartet auftauchenden Gehstock zu Fall kam und in Handschellen abgeführt wurde ...

Als Marie ihr Geld wiederhatte, lud sie den alten Mann zu einem Eisbecher ein – und eine wunderbare Freundschaft begann.

Ulrike Müller wurde 1964 in Endingen am Kaiserstuhl geboren, wohnt in Bühl/Baden und ist vierfache Mutter. Ihre Hobbys: Schreiben, (Vor-)Lesen, Nähen, Gärtnern und Clownerie. Veröffentlichungen in mehreren Anthologien.

*

Freudenfeuer

„’n Morgen“, brummelte Kommissar Meyer von der Kripo, als er dem Brandmeister der städtischen Feuerwehr gegenübertrat. Er lüftete kurz seinen verknautschten Hut, der eine spiegelblanke Glatze von beachtlichem Ausmaß entblößte.

Brandmeister Läsche zeigte stumm auf die beiden verkohlten Leichen, die aneinandergeschmiegt auf dem Boden der ehemaligen Gerätekammer der Turnhalle lagen. Ihre verzerrten Gliedmaßen boten einen überaus schrecklichen Anblick.

„Und das morgens um sechs Uhr“, murrte Meyer. „Wie sind die bloß nachts in die Turnhalle der Schule gekommen? Und was zum Teufel haben die hier getrieben? Sehen aus wie Pompeji-Körper.“

Über die Züge des Brandmeisters glitt ein anzügliches Grinsen. Mit einem starken Draht hob er behutsam neben der kleineren Leiche nahezu zärtlich ein Stück Stoff aus der Asche. Die Schlussfolgerung auf einen BH war eindeutig. Ebenso behutsam legte er den Fetzen auf eine Plastikplane und hob vorsichtig mit einem Holzrest einen Ruß geschwärzten Schlüsselbund von der dicken Kunststoffunterlage der beiden Personen.

„Hiermit sind sie reingekommen. Weiß der Kuckuck, wie sie an die Dinger gekommen sind.“

„Und wahrscheinlich haben sie geraucht“, mutmaßte Meyer.

Läsche blickte ihn beinahe mitleidig an. Seiner Mimik war eindeutig zu entnehmen, dass Meyer in seinen Augen als absoluter Trottel dastand. „Brandstiftung! Hier liegt eindeutig Brandstiftung vor. Irgendjemand hat mit Chemikalien gezündelt, vermutlich mit einer größeren Menge Brennspiritus oder Benzin oder was weiß ich. Oder vielleicht eifersüchtige Nebenbuhler. Die KTU wird uns vielleicht Hinweise liefern. Was weiß ich? Seine massigen Schultern zucken. „Sie hatten nicht den Hauch einer Chance bei der Geschwindigkeit, mit der sich das Feuer und der Rauch ausgebreitet haben – und dazu der ganze Kunststoffdreck hier in der Turnhalle, Erstickungstod par excellence.“ Er bewegte seinen schwergewichtigen Körper in Richtung Löschfahrzeuge. „Sie werden’s unter Umständen schon rauskriegen, Meyer.“

Der Kripobeamte vermeinte, ein spöttisches Kichern zu hören.

Was hätte Jutta Völke-Hansen als Sportlehrerin des Gymnasiums dem Kripobeamten und dem Feuerwehrmann auf ihre Fragen antworten können? Außer, dass gestern gegen Abend beim Abschließen der Halle noch alles in Ordnung schien. Erleichtert verließ die Lehrerin die beiden Amtspersonen. Gestern war gestern. Aus der Ferne wirkten das Feuer und die Rauchwolken wie ein Nolde-Aquarell. Farbintensiv und dynamisch.

Fünfundzwanzig Jahre Schuldienst zeichneten in ihrem Gesicht deutliche Spuren. Die Tränensäcke unter den müden Augen und die frustrierten Furchen von der Nase zu den Mundwinkeln sowie der enttäuschte, zusammengekniffene Mund stellten beredte Zeugnisse.

---ENDE DER LESEPROBE---