Die mystische Schlangenreise - Lutz Doblies - E-Book

Die mystische Schlangenreise E-Book

Lutz Doblies

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Beschreibung

Lucas stand plötzlich vor der Pyramide in Gizeh. Einen Augenblick vorher war er noch auf dem Bahnhof seiner Heimatstadt. War es ein Traum? War er wirklich hier? Er schloss seine Augen. Nach ein paar Atemzügen öffnete er sie wieder. Doch er stand immer noch vor der Pyramide. Nach einiger Zeit folgte er seiner inneren Stimme, die ihn in die unvollendete Kammer der Pyramide führte. Aber es ging noch weiter nach unten, doch dieser Bereich war mit einem Gitter versperrt. Als er darüber hinweg geklettert war und unten ankam, entdeckte er eine weitere Kammer, die unberührt erschien! Hier begannen seine Abenteuer...

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Seitenzahl: 157

Veröffentlichungsjahr: 2019

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„Mensch, du bist geschaffen nach dem Bild eines Gottes,

der Liebe ist.

Mit Händen, um zu geben,

mit einem Herzen, um zu lieben, und

mit zwei Armen, die sind gerade so lang,

um einen anderen zu umarmen.“

Phil Bosmans

Ein ganz besonderer Dank geht

an eine wunderbare Frau,

meine Frau Sigrid.

Schön, dass es Dich gibt.

Inhaltsverzeichnis

Prolog

Beginn der Reise

Die Indianer

In der Kammer

Philippinen

In der Kammer

Maya

In der Kammer

Die Würde des Schweigens

In der Kammer

Machu Picchu

In der Kammer

Inka

In der Kammer

Der Sinn der Reise

In der Kammer

China

In der Kammer

Der Delfin

In der Kammer

Hawaii

In der Kammer

Die Schlange

In der Kammer

Abschied ist ein Beginn

In der Kammer

Wieder zu Hause angekommen

Sein neues Leben

Du kannst dein Leben weder verlängern noch verbreitern,

nur vertiefen.

Gorch Fock

~*~

Prolog

Wer kennt es nicht, dass uns im Leben Situationen begegnen, die wir nicht verstehen. Auf der Suche nach Erklärungen werden wir oftmals schnell fündig und lehnen uns selbstzufrieden zurück. Wir brauchen uns mit diesem Thema nicht weiter zu beschäftigen, obwohl wir daraus viel lernen könnten.

Es hilft uns, ein paar Schritte zurück zu treten und unseren Abstand und Blickwinkel zu ändern, um zu verstehen. Sind wir jederzeit in der Lage, unseren Betrachtungswinkel, unsere Position zu ändern, um hinter die Dinge zu schauen? Wollen wir überhaupt eine neue Sichtweise einnehmen? Das kann bedeuten, alte Gewohnheiten zu verändern und das kann unbequem werden.

Wie sieht es mit vergangenen Situationen aus, mit denen wir noch emotional stark verbunden sind? Gut, die damaligen und vergangenen Situationen lassen sich nicht ändern. Das, was geändert werden kann, ist die Sichtweise und das Gefühl, das mit dieser Situation einhergeht. Wir können dann das Gute und den Sinn dahinter sehen und verstehen!

Ein Blick aus einer anderen Perspektive

ist eine neue Sichtweise

und hilft uns, mehr zu sehen und zu verstehen.

Lucas erfährt auf seiner Reise, dass es möglich ist, jederzeit unterschiedliche Betrachtungswinkel einzunehmen und zu nutzen. Das erfährt und lernt er von den unterschiedlichsten Kulturen. Er nimmt gerne die neuen bzw. alten Weisheiten in sein Leben auf, bemerkt, dass sein Leben in seinen Grundfesten sich ändert. Vieles sortiert sich neu und wandelt sich.

Er lernt, mit Situationen umzugehen, zu agieren statt zu reagieren und weise Entscheidungen zu treffen. Er lernt, Meister seines Lebens zu werden!

Um Lucas Erlebnisse und Erkenntnisse besser verstehen zu können, werden wir die Reisen aus seiner Sicht erfahren. Sie sind aus seiner Sicht dargestellt und direkt seinen Aufzeichnungen entnommen.

Seine wichtigsten Erkenntnisse hatte er besonders gekennzeichnet, um sie schneller wieder zu finden, als Leitfaden für sein neues Leben.

Wir, die wir das Buch lesen, haben so die Möglichkeit, die Position von Lucas und die des Beobachters einzunehmen.

Und nun ist es an der Zeit für die kleinen und großen Abenteuer seiner Reise und unseres Lebens. Auf zu den Erkenntnissen.

Aus der Dunkelheit brach ein Licht

und erleuchtete meinen Weg.

Khalil Gibran

~*~

Beginn der Reise

Er blätterte in einer Zeitschrift am Bahnhofskiosk. Wie er es jeden Tag machte, wenn er auf den Zug wartete. Er machte es, weil er es gewohnt war.

Lucas war ein Gewohnheitsmensch, der sich nicht traute, etwas anderes zu wagen. Wie üblich würde sein Tag ablaufen, dachte er an diesem Morgen. Warum sollte es anders sein als bisher? Aber es sollte anders kommen. An diesem Tag war der Wendepunkt in seinem Leben. Alles begann mit dieser Zeitschrift.

Er blätterte gelangweilt darin herum. Er hatte sie gestern durchgeblättert. So viele Zeitschriften gab es an diesem Kiosk nicht, dass er jeden Morgen eine neue hätte wählen können. Als Abwechslung, die er sich als Gewohnheitsmensch gönnte, blätterte er von hinten nach vorne.

Eine Seite fiel ihm beim Blättern besonders auf. Es war eine Seite, auf der eine Reise nach Ägypten angeboten wurde. Eine Werbeseite wie viele andere. Von dem Bericht über Schlangen auf der vorhergehenden Seite las er nur den hervorgehobenen Text über einen Mythos der Schlange:

„Bei den Buddhisten wird die Schlange oft an Treppen dargestellt. Die Naga Schlange stammt ursprünglich aus der hinduistischen Mythologie Indiens. Sie gilt als Wächter und Beschützer der Weisheit und der geistigen Schätze.“

Er wendete sich wieder der angebotenen Reise zu. Magisch fühlte er sich von dem Bild der großen Pyramide in Gizeh angezogen. Innerlich spürte er, dass er in das Bild hineingezogen wurde. Immer mehr und immer intensiver. Er konnte dem Sog des Bildes nicht widerstehen. Er glaubte, den Boden unter den Füßen zu verlieren und der Strudel zog ihn hinein. Es zerrte immer mehr an ihm und im nächsten Moment war er in Ägypten vor der großen Pyramide!

Er stand direkt vor ihr, sah sie an und hatte keinen Gedanken und fühlte überhaupt nichts. Sein Mund war vor Erstaunen halb geöffnet, seine Augen aufgerissen!

Es war früher Morgen, die Luft war angenehm warm. Das Schauspiel wie die Sonnenstrahlen der aufgehenden Sonne die Pyramide streiften und im Sand bizarre Schattenspiele hinterließen bot ein grandioses Bild. Der Boden war noch feucht von dem Regen in der Nacht. Die Wärme der Sonne ließ leichte Nebelschwaden aufsteigen, in der die Sonnenstrahlen kleine Regenbogen zeichneten.

Lucas fing an, sich ganz langsam zu bewegen.

War es ein Traum? Lag er noch im Bett?

Er führte langsam seine rechte Hand das Hosenbein hinunter. Es fühlte sich echt an, genau so, wie sonst. Auch der Sand unter seinen Schuhen ließ sich mit seinen Füßen zur Seite schieben. Er bückte sich und berührte den Sand mit seiner linken Hand. Er war feucht und warm und fühlte sich wie ganz normaler Sand an.

Er richtete sich wieder auf und schloss seine Augen. Nach ein paar Atemzügen öffnete er sie wieder. Doch er stand immer noch vor der Pyramide.

Ein Geräusch weckte ihn aus seinem Erstaunen. Er drehte sich um und sah weiter hinten ein Kamel. Jetzt spürte er auch den leichten Wind im Gesicht, der über das Plateau wehte. Seine Augen waren immer noch weit geöffnet und er konnte überhaupt nicht begreifen, was geschehen war. Er befand sich von einem Augenblick zum anderen nicht mehr am Bahnhof zu Hause, sondern war bei den Pyramiden in Ägypten!

Ein paar Jahre zuvor war er schon einmal hier gewesen. In der Reisegruppe hatte er viele wunderbare Erfahrungen gemacht. An vieles von damals erinnerte er sich wieder.

Der ängstliche Teil in ihm meldete sich. Er hatte außer seinem Personalausweis keine weiteren Papiere mit. Geld hatte er auch kaum bei sich. Sicherheitshalber glitt seine Hand in die Hosentasche, um nach seinem Ausweis zu fingern. Aber er war nicht dort, wo er sich normalerweise befand. Auch in den anderen Taschen war er nicht. Erschreckt fiel ihm ein, dass er ihn an diesem Morgen aus der Hosentasche genommen und auf seinen Küchentisch gelegt hatte.

„Ohne Geld und ohne Papiere“, sagte er leise und voller Angst. Er fing an, am ganzen Körper zu zittern. In seine aufgerissenen Augen war jetzt die Angst zu sehen. Deutlich spürte er Panik in sich aufsteigen!

Er wollte weglaufen, aber es ging nicht!

Durch einen Windstoß bekam er ein Sandkorn in das rechte Auge. Es schmerzte und holte ihn aus der Panik heraus. Plötzlich hörte er das Wort: „Vertraue“. Er drehte sich um, sah aber niemanden. Das Sandkorn hatte er aus seinem Auge heraus bekommen.

„Vor ein paar Minuten noch am Bahnhof und jetzt hier“, flüsterte er unsicher. Wieder hörte er das Wort vertraue.

„Auf wen? Auf was?“ rief er.

Und immer wieder vernahm er das Wort vertraue.

„Vertraue“, wiederholte er. Sehr selten in seinem Leben hatte er seinem Gefühl vertraut. Aber jetzt musste er es. Jetzt musste er auf sein inneres Gefühl, auf seine innere Stimme achten. Er wusste es.

„Vertraue“, sagte er vor sich hin. Dieses Wort, das er immer und immer wieder in einer sanften und sehr vertrauenswürdigen Stimme hörte, beruhigte ihn zunehmend.

Er atmete mehrmals tief durch. Dadurch wurde er noch ruhiger.

Er drehte sich um, um zum Ausgang zu gehen, weg von dem Plateau. Er hatte die Idee, zur Botschaft zu gehen. Dort würde man ihm bestimmt helfen. Aber würde man ihm glauben, wenn er seine Geschichte erzählte?

„Nein“, sagte er. „Ich muss mir etwas ausdenken. Vielleicht hätte man mir meine Papiere gestohlen! Dann würde die Frage kommen, in welchem Hotel ich wohnen würde.“

Aber er wohnte in keinem Hotel, er war hier nicht gemeldet. Auch die Einreisebehörden wussten nichts von ihm! Wieder stieg ein sehr unbehagliches Gefühl in ihm auf.

„Vertraue“, hörte er wieder in der gleichen sanften und liebevollen Stimmlage.

„Vertraue, vertraue, vertraue. Immer nur vertraue. Auf was, Auf wen?“ rief er um sich gleich den Mund zuzuhalten. Hoffentlich hatte ihn niemand gehört? Ein Mann, der ohne Einreisepapiere in einem fremden Land war, würde bestimmt ausgewiesen. Vielleicht sogar als Spion verhaftet?

„Das ist es!“ sagte er erleichtert, als er den Entschluss fasste, nicht wegzulaufen, sondern sich der Situation zu stellen, sie anzunehmen.

Er atmete tief durch. Er war hier vor der Pyramide und es hatte sicherlich einen Sinn! Er entschied sich, zu vertrauen.

Gerade als er sich auf den Boden setzten wollte, hörte er eine andere Stimme in sich: „Gehe in die unvollendete Kammer.“

Er setzte sich nicht. Erst einmal musste er überlegen, was das bedeuten konnte. Vielleicht war es nur eine Stimme ohne Bedeutung.

Das konnte schließlich auch vorkommen!

„Werde ich jetzt verrückt?“ fragte er sich. Schließlich hätten fünfzehn Prozent aller Menschen das Phänomen Stimmenhören. Warum sollte er nicht auch davon betroffen sein?

Aber was blieb ihm in dieser Situation anderes übrig, als auf diese Stimme zu hören. Er ging auf die Cheops Pyramide zu, die Treppe hinauf zum Eingang. Es waren keine Wärter vor der Pyramide. Kurz blieb er stehen, atmete noch einmal durch und schritt hinein. Langsam ging er zum Tor, das vor dem Eingang zur unvollendeten Kammer war. Das Tor war offen und er konnte hinunter zur unvollendeten Kammer. Der Gang war etwa sechzig Zentimeter hoch und er kroch hinein.

Nach langen zweihundert Metern war er unten angekommen und konnte sich hinstellen, strecken und gähnen. Er war unten! Aber was sollte er hier!

„Gehe weiter hinunter!“

Er sah ein Absperrgitter, das den Weg versperrte. Gerade als er über das Gitter klettern wollte, hörte er sich sagen: „Was mache ich eigentlich hier?“ und erschrak. Er musste sich auf den Boden setzen und erst einmal zu sich kommen.

„Tief durchatmen“, riet er sich und tat es.

Langsam kam er wieder in seine Mitte und nahm seine Situation an. Das erleichterte ihm sein weiteres Handeln sehr. So sehr sogar, dass es ihm schon fast Freude machte, den nächsten Schritt zu gehen. Denn was hatte er jetzt noch zu verlieren!

So stand er auf, kletterte über das Gitter und ließ sich in den Gang unter die unvollendete Kammer gleiten. Es war stockdunkel. Aber nach einiger Zeit gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit und er konnte Umrisse erkennen. Auf der einen Seite nahm er den Gang wahr und auf der anderen Seite eine Wand.

Er kroch den niedrigen Gang entlang, spürte aber, dass es nicht die richtige Richtung war. Er drehte sich also um. Als er in die andere Richtung kroch, kam er der Wand immer näher. Einen Moment passte er nicht auf, bemerkte die Stufe nicht und fiel sie hinunter. Völlig perplex und mit leichten Schmerzen in der linken Hand, mit der er sich abstützte, blieb er liegen.

Nach einer Weile sah er nach vorne und traute seinen Augen nicht. Er sah einen Altar, der von einem warm weißen Licht angestrahlt wurde. Das Gold des Altars strahlte so hell, dass er eine Aura zu haben schien.

Lucas rappelte sich auf um besser sehen zu können. Nicht nur der Altar leuchtete, sondern die gesamte Kammer war in warmes helles Licht gehüllt!

Ihm stockte der Atem von der Schönheit der Kammer. Es gab viel zu sehen, zu bewundern und zu bestaunen.

„Diese Kammer ist ja noch vollständig, noch unberührt!“ stellte er überrascht fest. Waren die anderen Kammern doch geplündert worden! Grabräuber hatten sich an den wertvollen Gegenständen bereichert. Nur diese Kammer war unberührt! Sollte es in dieser Pyramide noch weitere solche Kammern geben?

Lucas betrachtete den Altar genauer. Er war aus purem Gold und ringsherum verziert. Oben war er glatt wie ein Spiegel.

Es waren zwölf Stühle kreisförmig um den Altar aufgestellt. Alle sahen gleich und schlicht aus, die Bezüge waren aus Samt und die Polster weich. Die Lehnen waren halb hoch.

An drei Wänden waren Bücherregale aufgestellt, die sehr edle Bücher enthielten. Die Aufschrift war in Gold gehalten und der Einband war aus dünnem Samt oder aus Leder. Die Bücherregale reichten nur bis zur Hälfte des Raumes. Darüber hingen zwölf Bilder.

„Auch zwölf!“ bemerkte Lucas, als er die Bücherregale zählte.

„Warum gerade zwölf?“ fragte er, ohne eine Antwort zu erwarten.

In dem Moment fiel seine Aufmerksamkeit auf ein ganz bestimmtes Buch. Er stellte fest, dass es von der Numerologie handelte. Er nahm es heraus und schlug es erwartungsvoll auf. Vorsichtig blätterte er darin herum, denn es war ein sehr kostbares Buch. Er schlug die Seite mit der Beschreibung zu der Ziffer zwölf auf.

Lucas las vor:

„König Arthurs versammelte zwölf Ritter um seine Tafel. Jedem war wegen seines Charakterzuges eine Tugend zugeordnet, wie zum Beispiel Sir Lancelot, der den Zusatz ‚der Tapfere’ trug. Es galt allgemein das ritterliche Prinzip, das sich durch ein Bemühen um Vollkommenheit auszeichnete, im ständigen Kampf mit sich selbst. Der Gegner war das eigene ICH.“

„Ach so“, sagte Lucas, weil er immer eine andere Vorstellung der Ritter hatte. Er dachte immer, sie seien für die Herren in den Krieg gezogen. Dabei war ihre eigentliche Aufgabe, sich selbst zu vervollkommnen.

Die Aufgabe der Ritter der Tafelrunde war,

sich selbst zu vervollkommnen.

Der Gegner war das eigene ICH.

Er fuhr fort: „Wie oben so unten, eine Lehre des Hermes Trismegistos. Dieser Lehrsatz war die Grundlage der astrologischen Lehre im Orient. Jeder damals gut ausgebildete Arzt kannte sich in der Astrologie sehr gut aus und wendete dieses Wissen zum Wohle seiner Patienten an.“

Er las den Inhalt der Smaragdtafeln laut vor:

„Die Wahrheit mit Gewissheit und ohne jeden Zweifel ist dies:

Das Unterste ist wie das Oberste und das Oberste ist wie das Unterste, ein Werk des Einen.

So wie alle Dinge von dem Einen durch seinen Willen erschaffen wurden, so wurden alle Dinge aus diesem Einem heraus durch Adaptation erschaffen.

Seine Mutter ist der Mond, sein Vater ist die Sonne und die Erde hat ihn ernährt.

Dieses Eine ist die Ursache Aller Dinge.

Seine Kraft wird zur Perfektion, wenn sie in Erde verwandelt wird.

Trenne die Erde vom Feuer, das Subtile vom Groben klug und mit großem Unterscheidungsvermögen.

Dann steigt es von der Erde bis zum Himmel und sinkt vom Himmel zur Erde zurück und verbindet die Kraft des Unteren mit der Kraft des Oberen.

Dies ist die Kraft aller Kräfte, sie bewältigt das Feine und durchdringt das Grobe.

Auf diese Art wirst Du das Licht der ganzen Welt besitzen und alle Zweifel werden von dir abfallen.

Auf diese Art ward die große Welt erschaffen und auch die kleine Welt. Wunder werden vollbracht und das ist der Weg.

Darum wurde ich Hermes Trismegistos genannt“

Lucas blickte auf. Er spürte die unendlich tiefe Wahrheit dieser Worte. Eine Gänsehaut lief ihm den Rücken hinunter.

Dann las er weiter: „Gemäß der Zahl Zwölf, die als kosmische Zahl der Vollkommenheit galt, gibt es die zwölf Tierkreiszeichen.“

Daher gab es auch zwölf Ritter der Tafelrunde, dachte Lucas. Er las weiter, dass die Zwölf die Anzahl der olympischen Götter Griechenlands war, die Anzahl der Heldenaufgaben des Herakles und dass Jesus zwölf Apostel hatte. Dann gab es noch die zwölf Früchte des heiligen Geistes, die zwölf Tore und Grundsteine der heiligen Stadt, die Zwölf für das Kosmische Karma, die Implementierung der kosmischen Harmonie in die materielle Welt und in die Musik. Die Liste war noch sehr lang.

Lucas schlug das Buch zu und stellte es zurück. Er sah sich weiter um. Plötzlich hörte er Stimmen. Er drehte sich um, um zum Gang zu sehen.

Er sah, wie Taschenlampen von oben in den Gang hinein leuchteten. Er blieb ganz still, um nicht entdeckt zu werden.

„Aber das Licht in dieser Kammer“, sagte er um sich gleich darauf den Mund zuzuhalten. Er wollte nicht entdeckt werden. Anscheinend sahen die Besucher das Licht der Kammer nicht. Die Taschenlampen verloschen und die Stimmen wurden leiser.

„Warum wurde diese Kammer noch nicht entdeckt?“ fragte Lucas und sah sich um. Aber es war niemand in der Kammer, der es hätte beantworten können. So ging er zum Altar in der Hoffnung, dass er eine Antwort bekäme. Aber er fand keine. Stattdessen sah er neben dem Altar ein kleines Buch liegen, in dem auch ein Stift steckte.

„Mein Tagebuch?“

Er nahm es in die Hand, schlug es auf und fand leere Seiten. War es Zufall, dass dort dieses Buch lag? Aber, gab es wirklich Zufälle?

Nachdem er es auf einen Stuhl gelegt hatte, wandte er sich wieder dem Altar zu und betrachtete sich ausgiebig in der Spiegelfläche.

Mit der linken Hand fuhr er sich durch das Gesicht und sah es auch in seinem Spiegelbild. Mit der rechten Hand wischte er leicht über die Oberfläche des Altars.

~*~

Jeden Tag seines Lebens

eine feine, kleine Bemerkung einzufangen -

wäre schon genug für ein ganzes Leben.

Christian Morgenstern

Wenn die Vögel singen, rufen sie dabei die Blumen des Feldes oder

sprechen mit den Bäumen. Der Mensch mit all seiner Klugheit kann

nicht verstehen, was die Vögel sagen, was der Regen spricht, wenn er

auf die Blätter in den Bäumen fällt. Aber das Herz des Menschen

ist imstande, die Bedeutung dieser Stimmen zu fühlen und zu

begreifen.

Khalil Gibran

~*~

Die Indianer

Völlig überrascht und mit aufgerissenen Augen blickte ich mich um. Ich saß an einem Lagerfeuer, an dem auch viele Indianer saßen.

Michikinikwa, der Häuptling der Anishinabe Indianer saß neben mir und sah mir direkt in die Augen. Ich hatte das Gefühl, dass er nicht nur in meine Augen sah, sondern viel tiefer blicken konnte: in meine Seele hinein. So tief war die Berührung, dass es mir heiß und kalt den Rücken hinunterlief und ich eine Gänsehaut bekam. Ein Teil von mir wollte weglaufen, ein anderer Teil war sehr neugierig. Und dieser Teil war glücklicherweise viel stärker, so dass ich sitzen blieb. Noch aber wusste ich nicht, dass er mein erster Lehrmeister sein sollte.