Die Nacht der Diebe - Heinz Janisch - E-Book

Die Nacht der Diebe E-Book

Heinz Janisch

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Beschreibung

Lord Huber und sein vierbeiniger Assistent Herr Jaromir haben es in ihrem vierten Fall mit besonders rätselhaften Diebstählen zu tun: In mehreren Ländern wurden gleichzeitig Gegenstände entwendet, die an berühmte Personen erinnern. Zum Beispiel Mozarts Geige und Sherlock Holmes' Pfeife! Sollte es den geheimen Wettkampf der Meisterdiebe, die "Nacht der Diebe", tatsächlich geben? Und kann es sein, dass die Diebstähle genau damit zusammenhängen? Die beiden Ermittler machen sich auf den Weg … Doch wer Herrn Jaromir für einen ganz normalen Dackel hält, der hat schon so gut wie verspielt!

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Seitenzahl: 104

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Heinz Janisch

Mit Illustrationen von Antje Drescher

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie;detaillierte bibliografische Daten sind im Internetunter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Neue Rechtschreibung

© 2019 by Obelisk Verlag, Innsbruck – Wien

Lektorat: Regina Zwerger

Cover: Antje Drescher / www.antje-drescher.de

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-85197-915-2

eISBN 978-3-99128-015-6

www.obelisk-verlag.at

Inhalt

Erstes Kapitel

Zweites Kapitel

Drittes Kapitel

Viertes Kapitel

Fünftes Kapitel

Sechstes Kapitel

Siebentes Kapitel

Achtes Kapitel

Neuntes Kapitel

Zehntes Kapitel

Elftes Kapitel

Zwölftes Kapitel

Dreizehntes Kapitel

Vierzehntes Kapitel

Fünfzehntes Kapitel

Sechzehntes Kapitel

Pressestimmen

Erstes Kapitel

in dem sich Lord Huber überaus merkwürdig verhält,ein Dieb in Eile ist und Herr Jaromir zeigt,wie laut er bellen kann

„Ich glaube, es ist ein Diamant“, sagte Lord Huber laut und hielt einen glitzernden Stein in die Höhe. Er betrachtete ihn umständlich von allen Seiten.

„Er bekommt einen Ehrenplatz in meiner Sammlung!“, sagte er in einer Lautstärke, die Jaromir zusammenzucken ließ. Was war mit Lord Huber los?

Woher hatte er plötzlich einen Diamanten? Und weshalb zeigte er ihn in einem gut besuchten Kaffeehaus her, wo ihn jeder sehen konnte? Und warum redete er so laut, dass man ihn noch an den hintersten Tischen hören konnte?

War er plötzlich schwerhörig geworden? Oder war das alles nur Theater? Wollte er jemandem eine Falle stellen?

Lord Huber holte umständlich ein kleines Holzkästchen aus seinem Rucksack und legte den Diamanten vorsichtig hinein. Dann stellte er das Holzkästchen auf den Tisch.

Jaromir wunderte sich. Wenn der Stein ein Diamant war – warum gab ihn Lord Huber dann nicht in seinen Rucksack? Und warum stellte er das Holzkästchen auf den Tisch, wo es jeder sehen konnte?

Sie waren seit zwei Tagen in Graz, in der Steiermark, im Süden Österreichs. Herr Jaromir hatte sich auf den ersten Blick in die Stadt verliebt. Sie waren auf dem Schloßberg gewesen, dem Hausberg von Graz. Viele steinerne Stufen waren sie hochgestiegen, um das Wahrzeichen der Stadt zu besuchen, den alten, steinernen Uhrturm.

Vom Schloßberg aus hatten sie den Blick über die Dächer der Stadt genossen. Dann waren sie die Stufen wieder hinuntergestiegen, um gemütlich durch die alten Gassen zu bummeln. Auf dem belebten Hauptplatz hatten sie die beste Grillwurst der Welt gegessen. Das fand zumindest Herr Jaromir, der sich als Dackel von Welt mit gutem Essen auskannte.

Seit drei Jahren war Herr Jaromir nun schon an der Seite von Lord Huber, und er liebte dieses Leben.

Nicht nur, dass er den – manchmal etwas schrulligen – alten Herrn schätzen gelernt hatte und es ihm an nichts mangelte.

Er liebte auch das aufregende Leben als Privatdetektiv. Lord Huber und er waren ein erfolgreiches Ermittlerduo, das schon so manchen Fall gelöst hatte. Ob in einem Hotel am See (Die gestohlenen Juwelen), in Wien (Der Meisterdieb im Museum) oder in Venedig und in Rom (Der verschwundene Engel) – immer war es den beiden gelungen, die kniffligsten Fälle aufzuklären. Scotland Yard bat sie regelmäßig um Mithilfe, und auch die Polizei in anderen Ländern war froh, wenn Lord Huber und Herr Jaromir sie heimlich unterstützten.

Hatte das seltsame Verhalten von Lord Huber im Kaffeehaus mit einem neuen Fall zu tun?

Lord Huber hatte auf dem Hauptplatz gedankenverloren mit seinem Gehstock gespielt und dabei leise gemurmelt. Herr Jaromir wusste, was das zu bedeuten hatte. Im Gehstock war ein Telefon eingebaut. Lord Huber hatte mit jemandem ein kurzes Gespräch geführt. Aber er hatte zu Jaromir nichts über einen neuen Fall gesagt. Wollte er ihn nicht unnötig damit belasten?

Jaromir sah sich aufmerksam im Kaffeehaus um. Er konnte niemanden sehen, der ihm verdächtig erschien. Viele Studentinnen und Studenten saßen an kleinen Tischen und lasen in Büchern oder diskutierten, einige ältere Damen unterhielten sich flüsternd, drei Männer spielten Karten.

Für wen hatte Lord Huber die Rolle des reichen Steine-Sammlers gespielt?

Ein Diamant! Für seine Sammlung! Pah! Lord Huber hatte keine Sammlung von Edelsteinen, das wusste Herr Jaromir nur zu gut. Lord Huber bewohnte ein schönes, altes Haus, in dem sie viel zu selten waren, weil sie oft unterwegs waren. Aber Edelsteine oder gar Diamanten hatte Jaromir dort noch nie gesehen. Höchstens ein paar kleine, graue Kieselsteine.

Lord Huber schien das Holzkästchen auf dem Tisch schon wieder vergessen zu haben. Er war in eine Zeitung vertieft und las aufmerksam einen Artikel.

Ein älterer Kellner mit einem schwarzen Jackett hatte Herrn Jaromir bei ihrem Eintreffen im Kaffeehaus eine Schüssel Wasser gebracht und sie unter den Tisch gestellt. Nun kam er wieder, mit einem vollen Krug, um Wasser nachzugießen.

„Danke, Sie sind sehr aufmerksam!“, sagte Lord Huber zum Kellner, ohne von seiner Zeitung aufzuschauen. Der Kellner goss Wasser für Herrn Jaromir in die Schüssel, dann machte er mit einem weißen Tuch den Tisch von Lord Huber sauber.

„Gern geschehen!“, sagte der Kellner freundlich und wollte weggehen.

Aber er ging nicht – sein Jackett schien sich am Tisch verfangen zu haben. Nervös zerrte der Kellner an seinem Jackett. Irgendetwas musste passiert sein.

Herr Jaromir sah es genau – vom schwarzen Jackett des Kellners führte eine dünne Schnur geradewegs zum kleinen Holzkästchen, das Lord Huber auf den Tisch gestellt hatte. Das Kästchen war jetzt offen, die Schnur war im Inneren des Kästchens befestigt.

Lord Huber hatte längst seine Zeitung weggelegt. Er hob seinen Stock – und dann blitzte es dreimal auf.

„Auf frischer Tat ertappt“, sagte Lord Huber ruhig. Er zeigte auf seinen Stock. „Minikamera. Nur ein paar kleine Erinnerungsfotos.“

Der Kellner griff mit einer raschen Bewegung nach dem Holzkästchen, um damit flüchten zu können – aber das Kästchen rührte sich nicht vom Fleck. Es musste auf der Tischplatte festgeklebt sein!

„Spezialmagnet“, sagte Lord Huber. „Ich habe die Tischplatte präpariert. Mit Hilfe eines klugen Kollegen.“

Ein junger Mann von einem der Nebentische war aufgestanden und legte dem überraschten Kellner die Hand auf die Schulter.

„Gestatten, Chefinspektor Grünberg, Sonderermittler. Wir hatten Sie schon lange in Verdacht, Herr Leopold. Jetzt haben wir den Beweis.“

Er schob das Jackett zur Seite. Die dünne Schnur vom Kästchen führte zu einer großen Innentasche.

„Schau an! Sie haben sich extra eine große Innentasche für ihr Jackett nähen lassen. Da passt ja viel hinein. Nicht nur ein Diamant.“

Er holte den Stein aus der Innentasche des Kellners. Der Stein war mit einer dünnen Schnur umwickelt.

„Angelschnur“, sagte Lord Huber. „Dünn und reißfest. Ein alter Bubentrick. Ich habe ein Ende um den Stein gewickelt, der übrigens gar kein Stein ist. Das ist nur geschliffenes Glas. Das andere Ende der Schnur ist im Kästchen an einem Haken befestigt. Und da das Kästchen sicher und fest auf der präparierten Tischplatte steht, musste ich nur dafür sorgen, dass der Dieb sich den Stein holen will. Er wollte, wie wir sehen – und schon hing er an der Angel.“

In diesem Moment schlüpfte der Kellner geschickt aus seinem Jackett. Mit einem Satz war er bei der Tür.

Aber – da stand Herr Jaromir! Er versperrte den Ausgang und bellte, so laut er nur konnte. Er knurrte gefährlich und schnappte nach den Beinen des Kellners. Er sah zum Fürchten aus. An ihm gab es kein Vorbeikommen.

Der Kellner blieb resigniert stehen.

Einige Leute waren aufgesprungen und wussten nicht, was sie tun sollten.

„Bitte nehmen Sie wieder Platz!“, rief Chefinspektor Grünberg. „Ich bin von der Polizei. Es ist alles unter Kontrolle.“

Er wandte sich dem Kellner zu, der ängstlich auf Jaromir blickte.

„Dann nehmen wir lieber doch die Handschellen“, sagte er und griff in seine Tasche.

Minuten später wurde der Kellner von zwei Polizisten in Uniform abgeführt. Sie hatten vor dem Kaffeehaus auf ihren Einsatz gewartet.

„Ich danke Ihnen, Lord Huber! Und Ihnen, Herr Jaromir!“, sagte Chefinspektor Grünberg und setzte sich zu Lord Huber an den Tisch.

„Seit Monaten hören wir von Gästen des Kaffeehauses, dass ständig Dinge verschwinden – Geldbörsen, Brillen, Uhren, Handtaschen. Wir konnten uns keinen Reim darauf machen. Waren es Gelegenheitsdiebe? Oder Stammgäste, die gezielt die Leute im Kaffeehaus auskundschafteten? Oder war es jemand vom Personal? Wir haben schließlich herausgefunden, dass Herr Leopold Schulden hat. Er hat beim Kartenspielen mit Freunden viel Geld verloren. Seither beobachten wir ihn. Aber er war immer zu geschickt und zu schnell für uns. Wir brauchten einen Beweis.“

„Gut, dass Sie mich rechtzeitig angerufen haben“, sagte Lord Huber. „Und danke dafür, dass Sie unseren kleinen Zaubertrick mit der Tischplatte so perfekt vorbereitet haben.“

Er deutete auf das Holzkästchen auf dem Tisch.

„Gern geschehen“, sagte Chefinspektor Grünberg. „Aber es bleibt eine traurige Sache. Herr Leopold war ein guter und beliebter Kellner. Wahrscheinlich hat er keinen anderen Ausweg mehr gesehen. Und er hat es sehr geschickt gemacht.“

„Irgendwann machen alle Diebe Fehler“, sagte Lord Huber nachdenklich. „Er ist mit dem Tuch über den Tisch gefahren und musste dabei ganz schnell das Kästchen öffnen und den Stein herausholen. Deshalb hat er die dünne Schnur übersehen. Ein Dieb in Eile. Das kann nicht gutgehen.“

Herr Jaromir hatte aufmerksam zugehört. Er war verärgert. Warum war er nicht informiert worden?

„Ich wollte Sie nicht beunruhigen“, sagte Lord Huber in diesem Augenblick. Er hatte Herrn Jaromirs Ärger anscheinend gespürt. „Sie schienen mir so glücklich zu sein in Graz. Ich wollte Ihnen nicht die gute Laune mit einem Diebstahl verderben.“ Er nickte Herrn Jaromir anerkennend zu. „Danke, dass Sie die Flucht des Diebes verhindert haben! Wer weiß, ob die Polizisten draußen schnell genug reagiert hätten!“

Lord Huber klopfte mit seinem Stock auf die Zeitung, die vor ihm auf dem Tisch lag.

„Außerdem wollte ich Sie schonen. Ein neuer Fall wartet auf uns! Und ich fürchte, da bekommen wir es mit mehr als einem Dieb zu tun.“

Zweites Kapitel

in dem Zeitungen zerschnitten werden,eine berühmte Pfeife verschwindetund eine Geige für Misstöne sorgt

Die Aufregung im Kaffeehaus hatte sich wieder gelegt.

Chefinspektor Grünberg hatte mit der Besitzerin gesprochen und ihr alles erklärt. Sie hatte ungläubig zugehört und immer wieder den Kopf geschüttelt. Dann hatte sie sich eine Schürze umgebunden, um ihre Gäste selbst zu bedienen.

„Setzen wir uns doch dort in die Ecke“, sagte Chefinspektor Grünberg zu Lord Huber und Herrn Jaromir. „Da können wir in Ruhe reden. Ich will nur kurz etwas holen.“ Er ging zu dem Tisch, an dem er vorher gesessen war.

Jetzt erst sah Jaromir, dass auch der Chefinspektor einen Rucksack mit sich trug.

„Hier sind die gewünschten Zeitungen“, sagte Chefinspektor Grünberg zu Lord Huber und holte einen Stapel Zeitungen aus seinem Rucksack.

„Zeitungen? Welche Zeitungen? Hier gibt es doch genug davon!“, wunderte sich Jaromir.

„Wir brauchen sie aus vielen Ländern. Und wir wollen sie zerschneiden“, erklärte Lord Huber. „Damit hätten die Gäste hier im Kaffeehaus wohl keine Freude.“

Chefinspektor Grünberg legte den Stapel Zeitungen auf den Tisch – und holte noch eine große Schere aus seinem Rucksack.

Lord Huber rieb sich die Hände. „Ausgezeichnet! Dann können wir ja loslegen! Aber vorher möchte ich Herrn Jaromir noch die ganze Sache erklären.“

„Das wäre sehr freundlich“, knurrte Jaromir. „Ich möchte übrigens die englischen Zeitungen haben“, fügte er hinzu. „Mein Englisch braucht dringend eine Auffrischung.“

Lord Huber legte The Daily Telegraph, Jaromirs Lieblingszeitung, und ein paar andere Zeitungen auf den Boden.

„Einmal bellen genügt“, sagte er. „Dann bin ich schon mit der Schere zur Stelle.“

Lord Huber raschelte mit der Zeitung, die vor ihm auf dem Tisch lag. Er schaute Herrn Jaromir an.

„Chefinspektor Grünberg und ich, wir glauben, dass in diesen Tagen in ganz Europa Diebe unterwegs sind, um große und kleine Kostbarkeiten zu stehlen. Sie alle bereiten sich auf etwas Besonderes vor – auf die Nacht der Diebe!“

Jaromir blickte beide erstaunt an. Die Nacht der Diebe?

Davon hatte er noch nie gehört.

„Die Nacht der Diebe!“, fuhr Lord Huber fort. „Ist sie eine Legende? Gibt es sie wirklich? Ich glaube, ja. Es gibt sie. In einer Nacht im Jahr treffen sich Meisterdiebe aus der ganzen Welt an einem geheimen Ort und zeigen – einem uns leider unbekannten Chef oder einer Chefin – ihre Beute. Das können alle möglichen Dinge sein. Jeder will den anderen übertreffen. Alles wird ausgestellt und gezeigt – und dann wird der König der Diebe gewählt, er bekommt sogar eine kleine Krone aus Gold.“

„Wir haben schon oft von dieser geheimnisvollen Nacht der Diebe gehört“, sagte Chefinspektor Grünberg. „Angeblich werden immer nur fünf Meisterdiebe eingeladen. Aber wir hatten bisher keine konkrete Spur. Wer gehört zu den Meisterdieben? Wo findet diese Nacht der Diebe statt? Wer ist der Kopf dahinter? Wir glauben, dass wir bald einen entscheidenden Hinweis bekommen werden, der uns weiterhilft. Dann wissen wir hoffentlich, wo das nächste Geheimtreffen der Meisterdiebe stattfinden wird.“