Die Nacht, in der ich Weihnachten rettete - Ben Miller - E-Book

Die Nacht, in der ich Weihnachten rettete E-Book

Бен Миллер

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Beschreibung

Warmherzige Weihnachtsgeschichte voller Freundschaft, Magie und Abenteuer für Jungen und Mädchen ab 8 Jahren

Diese spannende Geschichte eignet sich für Jungs und Mädchen ab der 2. oder 3. Klasse. Das fantastische Abenteuer ist ein tolles Geschenk für Kinder ab 8 Jahren. Nicht nur für die Adventszeit!

Der Bestseller aus Großbritannien von Schauspieler und Kinderbuchautor Ben Miller 

Jackson liebt Weihnachten! Und er glaubt, alles darüber zu wissen – bis eines Nachts der Weihnachtsmann höchstpersönlich durch seinen Kamin saust. Der Weihnachtsmann erzählt ihm eine unglaubliche Geschichte: Wie er überhaupt zum Weihnachtsmann wurde. Sie handelt von Torvil, einem griesgrämigen Elf, der mit Hilfe eines lustigen Rentiers die wahre Bedeutung von Weihnachten findet. Die Geschichte ist nicht das, was Jackson erwartet hat, aber das macht ja bekanntlich die besten Geschichten aus ...

  • Ein fantasievolles und zauberhaftes Buchmit dem Zeug zum Kinderbuchklassiker 
  • Das perfekte Geschenk zu Weihnachten
  • Mit stimmungsvollen Bildernvon Daniela Jaglenka Terrazzini 
  • Extra-Motivation:Zu diesem Buch gibt es ein Quiz bei Antolin

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EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2023

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Ben Miller

Die Nacht, in der ich Weihnachten rettete

Mit Illustrationen von

Daniela Jaglenka Terrazzini

Aus dem Englischen von Leena Flegler

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Vollständige eBook-Ausgabe der Hardcoverausgabe München 2023

Text copyright © Ben Miller, 2018

Illustrations copyright © Daniela Jaglenka Terrazzini, 2018

Titel der Originalausgabe: The Night I Met Father Christmas

Die Originalausgabe ist 2018 bei Simon and Schuster Children’s UK Ltd erschienen.

© 2023 arsEdition GmbH, Friedrichstraße 9, D-80801 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

© Text: Ben Miller

Innenillustrationen: Daniela Jaglenka Terrazzini

Übersetzung: Leena Flegler

Covergestaltung: Grafisches Atelier arsEdition, unter Verwendung der Illustration von Daniela Jaglenka Terrazzini

Satz: Müjde Puzziferri, MP Medien, München

Wir behalten uns die Nutzung unserer Inhalte für Text und Data Mining im Sinne von § 44b UrhG ausdrücklich vor.

ISBN eBook 978-3-8458-5053-5

ISBN Print 978-3-8458-5049-8

www.arsedition.de

Alle Rechte vorbehalten. Unbefugte Nutzungen, wie etwa Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder Übertragung können zivil- oder strafrechtlich verfolgt werden.

Für Jackson, Harrison und Lana

Kapitel eins

Als ich noch klein war, sagte einer meiner Freunde einmal etwas richtig Dummes. Er behauptete, den Weihnachtsmann gäbe es nicht.

»Und wo kommen dann all die Weihnachtsgeschenke her?«, entgegnete ich, und darauf hatte er keine Antwort.

»Keine Ahnung«, sagte er nur, »das hat mir meine große Schwester so erzählt.«

»Wer kommt dann durch den Kamin, isst die ganzen Leckereien und trinkt den Whisky?«, hakte ich nach. »Und wer lenkt überhaupt den Schlitten?«

Mein Freund war eine Zeit lang still.

»Weißt du was? Du hast recht«, sagte er dann. »Ich weiß gar nicht, warum ich es angesprochen habe. Wollen wir Murmeln spielen?«

Am selben Abend lag ich lange wach. Ich hatte den Wortwechsel zwar für mich entschieden, trotzdem hatte mein Freund bei mir Zweifel gesät. Was, wenn es den Weihnachtsmann wirklich nicht gab?

Als das Weihnachtsfest näher rückte, fing ich an, mir allerlei beunruhigende Fragen zu stellen: Wer war dieser Weihnachtsmann? Warum brachte er überhaupt Geschenke? Wie konnte er sie alle innerhalb einer Nacht zustellen? Und wie hatte es damit angefangen?

Es gab nur eine Möglichkeit, der Sache auf den Grund zu gehen. Ich musste den Weihnachtsmann von Angesicht zu Angesicht treffen.

Natürlich erzählte ich niemandem, was ich vorhatte. Meine Eltern hätten mich nur davon abgehalten, und meine Schwestern hätten dabei sein wollen, auch wenn sie dafür viel zu klein waren. Schließlich handelte es sich um eine ernsthafte Mission, und ich durfte nicht riskieren, dass sie missglückte.

Endlich stand Weihnachten bevor, und am Vorabend kamen meine Eltern zu mir ins Zimmer, um Gute Nacht zu sagen.

»Du weißt, was für ein Tag morgen ist?«, fragte meine Mutter mit leuchtenden Augen.

»Mittwoch vielleicht?« Ich tat so, als wäre es mir einerlei.

Sie sah zu meinem Vater, der aber bloß mit den Schultern zuckte.

»Das stimmt, Schätzchen«, sagte sie dann und versuchte, geheimnisvoll zu klingen. »Es ist Mittwoch. Aber es ist auch Weihnachten!«

»Ach«, sagte ich. »So spannend finde ich Weihnachten auch wieder nicht.«

»Wirklich nicht?«, hakte mein Vater nach. Die beiden blickten richtig enttäuscht drein, und für einen kurzen Moment hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich ihnen gerade etwas vormachte.

»Es ist schon okay«, sagte ich deshalb, »wenn man Geschenke und Schokolade und andere Süßigkeiten und all solche Sachen mag. Ich selbst würde ja lieber noch ein paar Mathehausaufgaben fertig machen und klassische Musik hören.« Dann tat ich so, als müsste ich herzhaft gähnen, und schloss die Augen.

»Wie du meinst, Schätzchen«, sagte meine Mutter. Sie klang besorgt. Dann gaben sie mir einen Gutenachtkuss, knipsten das Licht aus und gingen nach unten.

Mit geschlossenen Augen blieb ich im Dunkeln liegen und spitzte die Ohren. Am anderen Ende des Flurs konnte ich meine Schwestern hören, die in ihrer erfundenen Zwillingssprache, die nur sie beide verstanden, miteinander redeten. Wenn ich sie sonst so reden hörte, fühlte ich mich immer ein bisschen außen vor, aber nicht an diesem Abend: weil ich nämlich etwas Besonderes vorhatte!

Irgendwann waren meine Schwestern verstummt und das Haus fühlte sich mit einem Mal sehr dunkel und düster an. Ich konnte meine Eltern unten leise murmeln hören, aber dann hörte auch das auf, und die Treppe knarzte, als sie hoch ins Schlafzimmer gingen.

Mir war klar, dass sie noch mal bei mir vorbeischauen könnten, deshalb stellte ich mich schlafend.

»Gute Nacht, kleiner Mann«, flüsterte mein Vater, als er mir sanft den Kopf zurück aufs Kissen schob und die Decke zurechtzog, damit mir warm blieb. Dann roch ich das Parfüm meiner Mutter, die mir noch ein Küsschen gab. Die Tür ging zu, und ich hörte, wie sie über den Flur in ihr Schlafzimmer gingen.

Ich blieb reglos in der Dunkelheit liegen und lauschte. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam ich zu dem Schluss, dass die Luft rein war, und schlug ein Auge halb auf. Auf meinem Wecker war es Viertel vor zwölf. Ich war noch nie, niemals so lange wach gewesen, und kurz fragte ich mich, ob ich um Mitternacht zu Stein erstarren würde wie ein Kind aus einem Märchen.

Ich schlug die Bettdecke zurück, setzte die Füße auf den Teppich und schlich zum Fenster. Draußen auf dem Fensterbrett lag Schnee. Obwohl der Mond bloß eine schmale Sichel war, leuchtete er hell. Im Nachbargarten streifte gerade ein Fuchs über den verschneiten Rasen. Über mir war der schwarzblaue Himmel mit Sternen und zarten Wolkenfetzen übersät. Nichts rührte sich: keine Sternschnuppen, keine Satelliten, nicht mal ein schlingernder Planet. Und erst recht kein Rentierschlitten.

Ein Fuchs streifte über den verschneiten Rasen.

Ich setzte mich wieder aufs Bett. Dann schob ich meine zwei Kissen und das Sitzkissen von meinem Stuhl zu einer Art Bett-Thron zurecht, sodass ich mich anlehnen und den Himmel beobachten konnte. Was immer passieren würde – ich würde nicht einschlafen. Ich wollte so lange warten, bis der Weihnachtsmann kam.

Die Glocken hörte ich zuerst. Ich hatte eigentlich damit gerechnet, Schlittenschellen zu hören, aber diese hier klangen eher wie die Kuhglocken, die man auch in den Alpen hörte. Ich rannte ans Fenster. Der Himmel war leer, genau wie zuvor. Irgendwo in der Ferne hörten die Glocken mehrmals kurz auf zu klingen, und immer wenn sie wieder zu hören waren, waren sie lauter als zuvor. Nach und nach kamen sie näher und allmählich wurde ich nervös. Und als sie kaum noch lauter hätten werden können, war plötzlich ein lautes Rumsen zu hören, dann ein Knirschen und Schlittern und das ganze Hausdach bebte. Ich war immer davon ausgegangen, dass der Weihnachtsmann bei seinem Besuch mucksmäuschenstill wäre, aber damit lag ich eindeutig falsch. Kein Wunder, dass er erst warten musste, bis alle tief und fest schliefen.

In Windeseile warf ich mir meinen Morgenmantel über, schlüpfte in meine Hausschuhe, schnappte mir meinen Plüschhasen und rannte nach unten. Ich platzte ins Wohnzimmer und lief auf den Kamin zu. Dort rieselte Ruß auf den kalten Kaminrost. Der Weihnachtsmann kam!

Oder zumindest versuchte er es. Es rieselte weiter Ruß und aus dem Schornstein waren gedämpfte, angestrengte Laute zu hören.

»Aaaaaachh«, murmelte er, »man sollte meinen, irgendwer würde zumindest an Weihnachten seinen Kamin sauber machen, aber nein!«

Dann kamen ein Aufschrei, ein Rascheln und ein Im-Schornstein-Feststeck-Geräusch. Es folgten ein Zappeln und ein Grummeln und eine kleine Gestalt plumpste nach unten.

Ich hatte mir den Weihnachtsmann immer als Riesen vorgestellt, doch in Wahrheit war er winzig. Er hatte ein kleines Bäuchlein, ja, trotzdem hätte man ihn nicht als dick bezeichnet. Er trug eine altmodische rote Samtjacke mit grünen Zierstickereien, eine passende rote Samthose und dunkelbraune Lederstiefel. Außerdem hatte er spitze Ohren und eine Himmelfahrtsnase und unter einer roten Samtmütze spähten kurze, weiße Locken hervor. Und mit einem Mal dämmerte mir: Der Weihnachtsmann war gar kein Mann. Er war ein Elf!

»Oh«, platzte es aus mir heraus.

»Aaah!« Der Weihnachtsmann machte vor Schreck einen Satz, stieß die Schüreisen um, taumelte rückwärts und landete mit dem Hintern in der Feuerstelle. »Aua! Mein Knöchel! Jetzt habe ich mir den Knöchel verknackst!«

»Tut mir leid«, sagte ich eilig und hatte sofort ein schlechtes Gewissen. »Ich wollte Sie nicht erschrecken. Kann ich Ihnen hochhelfen?«

Ich packte ihn am Arm und zog ihn auf die Füße.

»AUAAA!«, rief er erneut. »Ich kann den Fuß nicht belasten. Guck doch mal!«

Er versuchte sich hinzustellen, aber allem Anschein nach hatte er schlimme Schmerzen, also nahm ich ihn an den Achseln hoch und setzte ihn in den Ohrensessel meines Vaters.

»Hallo«, sagte er jetzt erst und sah mich mit hellblauen Augen an, während er immer noch um Fassung rang. »Äh … ich bin der … äh … Kamininspektor. Vom Amt. Ich soll hier den Kamin inspizieren. Ich hab ihn mir angeguckt, und er ist schon in Ordnung, deshalb gehe ich jetzt wieder. Danke für deine Hilfe.«

»Kamininspektor?«, wiederholte ich und zeigte auf die Legoschachtel, die aus seinem Geschenkesack ragte. »Sind Sie sich sicher?«

Eilig schob er die Schachtel zurück in den Sack und sah mich trotzig an. »Das ist mein Lego. Viele Erwachsene spielen mit Lego. Das liegt gerade im Trend.«

»Mir machen Sie nichts vor«, entgegnete ich. »Ich weiß, wer Sie sind.«

»Wirklich?«

»Na klar.« Ich machte auf cool. Immerhin stand ich gerade einem Weltstar gegenüber. »Das weiß doch jeder: Sie sind der Weihnachtsmann. Jahr für Jahr schreiben Kinder einen Wunschzettel mit Sachen, die sie sich wünschen, und schicken ihn dann zum Nordpol. Dort befindet sich Ihre Werkstatt, in der Ihre Elfen die Geschenke herstellen müssen …«

»Moooment«, fuhr er dazwischen. »Das sind nicht meine Elfen. Das sind meine Angestellten und sie kommen aus freien Stücken in die Werkstatt.«

»Aha!« Ich klatschte in die Hände. »Dann sind Sie also doch der Weihnachtsmann.«

»Oh.« Der Elf fühlte sich sichtlich ertappt.

»Soll ich erzählen, was ich noch alles über Sie weiß?«

»Ich habe so eine Ahnung, dass du das sowieso gleich tust …«

»Also, an Heiligabend beladen Sie Ihren Schlitten mit den vielen Geschenken. Dann spannen Sie Ihre neun Rentiere ein, das sind: Prancer und Dancer, Donner und Blitzen, Comet und Cupid, Dasher und Vixen und dann natürlich Rudolph. Die ziehen zusammen den Schlitten über den Himmel.«

»Und weiter?«

»Sie landen mit dem Schlitten auf jedem Haus, klettern durch den Schornstein und legen die Geschenke unter den Weihnachtsbaum. Genau wie jetzt gerade … Also müssen Sie der Weihnachtsmann sein.«

»Schon möglich«, erwiderte er, »schon ziemlich möglich. Und tatsächlich …«, er legte eine längere Pause ein und sah mir direkt in die Augen, »… hast du recht.«

Und dann lächelte er. Es war, als hätte jemand eine Lampe angeknipst. Seine Augen funkelten freundlich, und ich fühlte mich, als würde ich auf einer Welle des Glücks schaukeln wie ein Spielzeugboot in der Badewanne. All meine Zweifel waren schlagartig wie weggefegt. Der Weihnachtsmann war echt! Und er saß direkt vor mir, in meinem eigenen Zuhause!

»Du musst Jackson sein«, sagte er. »Warum bist du überhaupt noch wach? Wo doch alle anderen schon schlafen?«

»Ich habe auf Sie gewartet«, erklärte ich ihm. »Ich will Ihnen eine wichtige Frage stellen. Darf ich?«

»Schieß los.«

»Wer sind Sie?«, fragte ich.

»Wer ich bin?«

»Wie hat das alles angefangen? Wie sind Sie der Weihnachtsmann geworden?«

Der Weihnachtsmann nickte bedächtig, als wäre er von meiner Neugier ein winziges bisschen beeindruckt. »Das willst du wirklich wissen?« Er lächelte.

»Mehr als alles andere«, beteuerte ich.

»Bist du dir da wirklich superdupersicher?«, hakte der Weihnachtsmann nach. »Denn die Antwort könnte dich überraschen.«

»Alle guten Geschichten sind überraschend«, erwiderte ich.

»Das stimmt«, sagte der Weihnachtsmann, »das stimmt wirklich.« Dann angelte er mit dem Finger eine silberne Taschenuhr aus seiner Weste. »Na gut. Ich bin gerade leicht vor dem Zeitplan. Ich nehme an …«, wieder sah er mir direkt in die Augen, »… weil du sehr brav warst, kann ich es dir schnell erzählen.«

»Oh ja, bitte!«

Ich sollte vielleicht vorab noch eine Sache erwähnen – und zwar mein außerordentliches Erinnerungsvermögen. Ich kann mir Daten und Uhrzeiten von sämtlichen Mahlzeiten merken, die ich je gegessen habe: beispielsweise ein Käsebrot mit Senf statt Gurke um halb eins am vorvorletzten Mittwoch. Dass ich so ein gutes Gedächtnis habe, bedeutet auch: Wenn mir jemand irgendetwas erzählt, kann ich es für alle Zeiten Wort für Wort nacherzählen.

Wenn ich jetzt also sage, dass der Weihnachtsmann mir das hier erzählt hat, also … dann ist das genauso gut, als würde er es höchstpersönlich erzählen.

Kapitel zwei

Es war einmal vor langer Zeit ein Dorf in der Nähe des Nordpols, in dem weltweit die meisten Elfen wohnten. Solange man denken konnte, hatten sie fast alle in der örtlichen Schuhfabrik gearbeitet, die einst der berühmte Unternehmerelf Grimm Grimmsson gegründet und groß gemacht hatte.

Wie bestimmt jeder weiß, sind Elfen fantastische Schuhmacher und benutzen nur das allerweichste Leder, das sie ausschließlich per Hand zuschneiden und vernähen. Elfen sind überdies magisch begabt, sodass jeder Schuh seinem Träger perfekt passt.

Jahrhundertelang war kein menschlicher Schuhmacher imstande gewesen, einen Schuh anzufertigen, der auch nur ein Zehntel so gut wie der eines Elfen gewesen wäre. Deshalb musste Grimm Grimmsson auch nie Konkurrenz fürchten. Doch dann erfanden die Menschen Maschinen, die fast ebenso schnell fast ebenso gute Schuhe herstellten wie die Elfen. Natürlich passten die Menschenmaschinenschuhe nicht magisch auf jeden Fuß, aber das war den Leuten egal, weil die Schuhe wahnsinnig günstig waren.

Weil die Menschen irgendwann nur noch maschinengefertigte Schuhe kauften, gerieten die Elfenschuhe mit der Zeit in Vergessenheit. Nach einiger Zeit stellte Grimm Grimmsson fest, dass es ihn mehr kostete, die Fabrik zu betreiben, als er mit dem Verkauf der Schuhe verdiente. Und so verließ er eines Nachts – ein mittelgroßer Skandal! – mitsamt der gefüllten Pensionskasse der Schuhmacherzunft sein Heimatdorf.

All die Elfen, die in der Schuhfabrik gearbeitet hatten, verloren über Nacht ihre Arbeit. Sie verdienten nichts mehr, womit sie ihre Familien hätten versorgen können, und hatten auch nichts mehr zu tun, sodass sie zusehends verzagten. Irgendwann gab es nur noch zwei Arten von Elfen im Dorf: reiche und arme. Was mich zur Hauptfigur meiner Geschichte bringt: zu Torvil Weihnacht.

Torvil war zweifelsohne einer der reichsten Elfen im Dorf. Er war der Besitzer des einzigen Spielwarenladens und zu reichlich Wohlstand gekommen. Doch während die meisten Leute, die Geld scheffeln, Familie und Freunde nur zu gern daran teilhaben ließen, behielt Torvil sein ganzes Geld für sich.

Der Fairness halber muss man dazusagen, dass Torvil keine eigene Familie hatte und auch keine Freunde. Er war im Waisenhaus aufgewachsen, hatte seine Eltern nie kennengelernt und sein Lebtag niemandem richtig nahegestanden. Unsere Geschichte setzt an, als Torvil fünfhundertsechs Jahre alt war – weit älter als die meisten Elfen, wenn sie sich niederlassen und eine Familie gründen. Doch Torvil war in diesem Alter noch immer allein.

(Übrigens leben Elfen allgemein zehnmal länger als Menschen. Bis sie ungefähr zehn sind, werden sie als Babys betrachtet, bis etwa einhundertzwanzig gelten sie als Kinder, bis zweihundert als Teenager und erst im Alter von dreihundertdrei werden sie richtig erwachsen.)

Nicht dass es Torvil etwas ausgemacht hätte, dass er allein war. Er hatte festgestellt, dass Geld den Rang von Menschen einnehmen konnte. Und das Tolle an Geld war, dass es einen nicht enttäuschte. Wenn man nach dem Frühstück sein Vermögen zählte, konnte man sicher sein, dass es nach dem Mittagessen immer noch da war, und auch, wenn man nach dem Abendbrot abermals nachzählte, und ein letztes Mal, bevor man zu Bett ging. Leute kamen und gingen, doch Geld war für die Ewigkeit. Man musste bloß sicherstellen, dass man es nicht ausgab.

Kein Geld auszugeben, war eins von Torvils Lieblingshobbys. Und man konnte es nicht anders sagen: Torvil war geizig. Manchmal kam ein Elf auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für seine Tochter oder seinen Sohn in Torvils Ladengeschäft. War der Elf jedoch zu arm, um sich die teuren Spielsachen leisten zu können, kam Torvil gar nicht erst auf die Idee, den Preis zu senken oder vielleicht Star-Wars-Karten in die Einkaufstüte zu schmuggeln, sobald der Kunde nicht hinsah.

»Bitte, Herr Weihnacht, seien Sie so nett«, sagte der Kunde mitunter, worauf Torvil die immer gleiche Antwort gab: »Mit Nettigkeit, mein Lieber, kann ich meine Rechnungen nicht bezahlen.«

Nun könnte man meinen, mit einem Nachnamen wie Weihnacht hätte Torvil einen Sinn für das Weihnachtsfest gehabt. Aber das stimmte nicht. Torvil mochte das Weihnachtsfest kein bisschen. Er verabscheute es regelrecht. Sämtliche Weihnachtsfeste, an die er sich erinnern konnte, waren traurig gewesen, weil er sie allein in seinem leeren, kalten Haus verbracht hatte, ohne Freunde oder Verwandte, die zu Besuch gekommen wären, ohne Weihnachtskarten oder gar Geschenke. Deshalb ging alles, was normalen Leuten an Weihnachten gefiel, Torvil mächtig auf den Geist: Weihnachtsbäume, Adventskalender, Leute, die im öffentlichen Nahverkehr freundlich zueinander waren – all das bescherte ihm richtig schlechte Laune.