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Diana, Kate, Meghan – keine war je so glamourös wie Prinzessin Margaret! Ein Leben im Schatten kam für sie nie in Frage. Sie sonnte sich im Blitzlichtgewitter und brachte Glanz und Glamour in den Palast. Selbst als ihre Schwester Elisabeth zur Königin gekrönt wurde, stahl die vier Jahre jüngere Margaret ihr am Tag der feierlichen Zeremonie die Show. Durch eine vermeintlich unbedachte Geste verriet sie der Welt ihre Liaison mit einem Bürgerlichen – geschieden noch dazu. Das Volk und die Presse liebten die hübsche, unkonventionelle Prinzessin für ihre Skandale, ihr Faible für Mode, ihren scharfen Humor und ihre Strahlkraft, die ihren Tod bis heute überdauert.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
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Cover & Impressum
Vorwort
»Wir vier« – Glückliche Kinderjahre in einer bewegten Zeit
Geburt im »Gruselschloss« Glamis Castle
Erste Begegnung der Eltern
Schottland zwischen Selbstständigkeit und Bindung an England
Margarets königliche Großeltern
Das Handicap des Vaters
Unbeschwerte Kindheit
Der Irland-Konflikt
Zeit der Umbrüche – Thronbesteigung Georgs VI. und Zweiter Weltkrieg
Der Tod Georgs V.
»Verbotene Liebe« – Der Rücktritt Edwards VIII.
Das »Grab« – Umzug in den Buckingham-Palast
Verblasster Glanz – Englands Aufstieg zur Weltmacht
Im Hermelin zur Krönungszeremonie
Schmerzliche Trennung von den Eltern – Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs
Geheimer Aufenthalt auf Windsor
Royals zwischen Trümmern
Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit – Neue Pflichten, neue Freiheiten
Kurze Flucht aus dem »goldenen Käfig«
Faszination Südafrika
Ein Traumprinz für Elisabeth – Hochzeit mit Philip
Ein Kleid von Dior – Margaret wird zur Fashionikone
Im Dienst der Krone
Bruch mit Crawfie
Im Fokus der Paparazzi
Die Partyprinzessin
Das »Margaret-Set« auf der Bühne
Verlust des geliebten Vaters
Ein Opfer für die Krone? – Ende einer »großen Liebe«
Unendliche Trauer
Peter Townsend, der »ständige Begleiter«
Spätere Heirat (nicht) ausgeschlossen?
Eine verräterische Geste
Neue Verpflichtungen
Margarets »großes Opfer«
Margarets Hang zur Exzentrik
Zurück ins vergnügliche Leben
Staatsbesuch in Kenia
»Zu Tode gelangweilt«
Wasser ist nicht gleich Wasser
Das Königshaus in der Krise
»Ein Fellknäuel auf Beinen«
»Ich wollte eigentlich gar nicht heiraten« – Die turbulente Ehe mit Antony Armstrong-Jones
Ein Brief und seine Folgen
»Tony«
Gerüchte, Gerüchte
Ein schwuler Best Man?
Bruch mit einer alten Tradition – Flitterwochen in der Karibik
Erste Ehekrise
Glamourpaar im »Swinging London«
Ein geplatzter Staatsbesuch
Die »Königin der USA«
Royale Fettnäpfchen
Heimliche Affären – Die Scharaden des »glücklichen Ehepaars«
Margarets Affäre mit dem Jazzpianisten
Ein mutmaßliches Machtwort der Queen
Umbruch in Großbritannien
Margarets Paradies – Die Karibikinsel Mustique
Ein ungleiches Paar
Roddy – Eine neue Liebe
Neue Popularität des Königshauses
Scheidung von Tony
Bye, bye, Roddy
»Man kann in diesem Land einfach nicht heiraten«
»Tante Margot« – Jahre jenseits des Scheinwerferlichts
Im Schatten der Krone
Diana – Neuzugang am Königshof
Ein Problemfall im Buckingham-Palast
Margarets Bruch mit Diana
Das royale Trio
Die Kinder David und Sarah
Wiedersehen mit Peter Townsend
Die »andere Margaret«
»Annus horribilis«
Was geschah auf Mustique?
Margarets Tod
Nachwort
Anhang
Quellen und Literatur
Bildnachweis
Bildteil
Inhaltsübersicht
Cover
Textanfang
Impressum
»Palast-Rebellen« – Ausbruch aus dem »goldenen Käfig«
Im Laufe der Geschichte hat es immer wieder »Palast-Rebellen« gegeben, die aus dem starren höfischen Korsett, das ihnen Rolle und Etikette vorschrieb, ausgebrochen sind. Gerade das Haus Hannover, das zwischen 1714 und 1837 die englischen Könige stellte, hat sich in dieser Hinsicht einen denkbar schlechten Ruf erworben. Außereheliche Affären, verschiedene andere Skandale und ein bisweilen extremer Hang zur Verschwendung brachten die Monarchie zeitweise an den Rand des Abgrunds. Die Söhne Georgs III. (1738–1820) mussten von ihrem königlichen Vater sogar zur Heirat gezwungen werden, um die Dynastie vor dem Aussterben zu bewahren. Das hat letztlich nur mit Mühe und Not geklappt. Lediglich der viertgeborene Sohn Edward, Herzog von Kent (1767–1820), sorgte kurz vor seinem Tod noch für legitimen Nachwuchs, als aus seiner Ehe mit Victoire von Sachsen-Coburg-Saalfeld die ersehnte Thronfolgerin hervorging: Queen Victoria (1819–1901), nach der später ein ganzes Zeitalter benannt wurde. Seit ihrer Hochzeit mit dem deutschen Prinzen Albert im Jahr 1840 trug das englische Königshaus dessen Namen Sachsen-Coburg und Gotha.
Jetzt aber sollte das königliche Lotterleben ein Ende haben, um das ramponierte Ansehen der Monarchie wieder zu stärken und der Öffentlichkeit ein harmonisches und skandalfreies Familienleben zu präsentieren. Gerade Prinzgemahl Albert erwies sich dabei als hervorragender PR-Stratege, der das neue Medium Fotografie nutzte, um die »Schokoladenseite« der Royals hervorzuheben. Das funktionierte jedoch nur bedingt, denn ausgerechnet Bertie, der Thronerbe und spätere Edward VII., kümmerte sich nur wenig um höfische Konventionen. Nach seiner Hochzeit mit der schönen dänischen Prinzessin Alexandra führte der lebenslustige Prinz von Wales ein Leben als »verheirateter Junggeselle« und leistete sich zahlreiche Affären. Der deutsche Komiker Hape Kerkeling vermutet, zu diesen Liebschaften habe auch seine Urgroßmutter gehört. Die attraktive Zwanzigjährige soll den englischen König während dessen Kuraufenthalt in Böhmen 1903 kennengelernt haben und seine Geliebte geworden sein. Neun Monate später brachte sie eine außereheliche Tochter zur Welt, die auf den Namen Bertha getauft wurde.
Bewiesen ist allerdings nichts, auch nicht die Herkunft eines Kindes, das Edwards letzte Geliebte Alice Keppel im Jahr 1900 zur Welt brachte. Pikanterweise scheint Alice Keppel nämlich die Urgroßmutter von Camilla zu sein, der gegenwärtigen englischen Königin. Zwar hat Alices Ehemann George Keppel die kleine Sonia kommentarlos als sein eigenes Kind anerkannt, aber das muss noch nichts heißen. So etwas war damals durchaus üblich, wollte man sich nicht vor aller Welt zum »gehörnten« Ehemann machen. Jedenfalls geht man mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass Edward VII. der Erzeuger des Mädchens war. Sonia Keppel heiratete mit zwanzig Jahren den englischen Adligen Roland Calvert Cubbit, Baron Ashcombe, und ihre gemeinsame Tochter Rosalind (1921–1994), verheiratete Shand, schenkte 1947 Tochter Camilla das Leben. Die heiratete bekanntlich zunächst Andrew Parker Bowles und wurde nach ihrer Scheidung schließlich die rechtmäßige Ehefrau von Prinz Charles (2005), mit dem sie zuvor eine langjährige Affäre unterhalten hatte.
Als Edward VII. 1910 starb, folgte ihm sein Sohn als Georg V. (1865–1936) auf den Thron, der gemeinsam mit seiner Ehefrau Mary von Teck wiederum eine moralisch vorbildliche Ehe führte. Doch dann wiederholte sich die alte Geschichte. Auch wenn man den Namen des englischen Königshauses während des Ersten Weltkriegs in Windsor geändert hatte, um die deutschen Wurzeln zu kappen, wurde das »Personal« schließlich nicht ausgetauscht. Und so trat auch Sohn David, der nachmalige Edward VIII., in die Fußstapfen seines lebenslustigen Großvaters. Mit vierzig Jahren war er noch immer nicht verheiratet, bis er durch seine Liebe zu der zweimal geschiedenen Amerikanerin Wallis Simpson einen enormen Skandal auslöste, der schließlich zu seinem Rücktritt führte.
Als daraufhin sein jüngerer Bruder als Georg VI. neuer König wurde, schien die Welt wieder in Ordnung. Zusammen mit seiner Gemahlin Elisabeth und den beiden Töchtern Elisabeth und Margaret führte er ein vorbildliches Familienleben. Auch Elisabeth II., die nach dem Tod des Vaters 1952 den Thron bestieg, erfüllte ihre Rolle gewissenhaft und pflichtbewusst. Die vier Jahre jüngere Margaret musste hingegen ihren eigenen Weg finden. Zwar hatte sie als Mitglied des Königshauses diverse offizielle Verpflichtungen, ansonsten aber besaß die Zweitgeborene genügend Spielraum, um ein Leben nach ihren eigenen Vorstellungen führen zu können. In den Fünfzigerjahren avancierte die attraktive Margaret zur umschwärmten Modeikone, zum Partygirl, auf das sich sämtliche Kameraobjektive richteten. Fast immer sah man sie dabei mit ihrer eleganten Zigarettenspitze aus Elfenbein, sodass es jetzt auch für Frauen gesellschaftsfähig wurde, in der Öffentlichkeit zu rauchen.
Was Margaret jedoch fehlte, war eine wirklich befriedigende Aufgabe, ein ausgefülltes Leben. Nachdem die angestrebte Ehe mit dem sechzehn Jahre älteren Bürgerlichen Peter Townsend nicht zustande gekommen war, blieb die hübsche Prinzessin noch jahrelang unverheiratet. Erst als knapp Dreißigjährige trat sie mit dem renommierten Fotografen Antony Armstrong-Jones vor den Traualtar. Zusammen mit »Tony« durchbrach sie die Stäbe des »goldenen Käfigs« ihrer royalen Herkunft und machte sich in den Sechzigerjahren einen Namen als Star des »Swinging London« und moderne Prinzessin, die den Rahmen höfischer Konventionen sprengte.
Glücklich wurde Margaret jedoch nicht. Die Ehe scheiterte schon nach kurzer Zeit, und künftig suchte sie die Leere ihres Lebens mit oberflächlichen Vergnügungen, Alkohol und wechselnden Affären zu füllen. Dabei brachte sie eigentlich alle Voraussetzungen mit, etwas frischen Wind in das angestaubte englische Königshaus zu bringen. Margaret verfügte über natürlichen Charme, konnte Menschen für sich einnehmen, war unterhaltsam, interessiert an Kunst und Kultur. Doch letztlich stand sie sich selbst im Weg. Auch wenn sie sich gerne unters (Künstler-)Volk mischte, blieb sie doch stets die »Königliche Hoheit«, die auf standesgemäße Distanz bedacht war, keine Vertraulichkeiten zuließ und bisweilen auch sarkastisch, grob und verletzend sein konnte. Es war die Tragik ihres Lebens, dass sie keine Beschäftigung fand, die wirklich ausfüllend und befriedigend gewesen wäre.
Margarets rebellische Phasen, ihre größeren und kleineren Skandale sind heute längst in Vergessenheit geraten. Inzwischen haben andere Mitglieder des englischen Königshauses für wesentlich größere Schlagzeilen gesorgt. Ab ihrem fünfzigsten Lebensjahr stand Margaret nicht mehr im Rampenlicht, und es wurde zunehmend einsam um die Prinzessin. Die letzten Jahre waren von schweren Krankheiten überschattet, sodass sie sich nur noch selten in der Öffentlichkeit zeigte. 2002 starb die einstige »Palast-Rebellin« an den Folgen eines Schlaganfalls. Sie wurde 71 Jahre alt.
Für die später als glamourös bekannte »Partyprinzessin« des »Swinging London« ist es ein wohl eher ungewöhnlicher Geburtsort. Am 21. August 1930 erblickte Margaret Rose im abgelegenen schottischen Glamis Castle das Licht der Welt, dem Familiensitz ihrer Mutter Elisabeth. Ansonsten aber lebte die kleine Familie in (groß-)bürgerlicher Atmosphäre in ihrem Londoner Stadthaus 145 Piccadilly im Bezirk Mayfair.
Nicht nur die 1926 geborene »große Schwester« Elisabeth war überglücklich, endlich ein Geschwisterchen zu haben. Auch Mutter Elisabeth, eine geborene Bowes-Lyon, und Vater Albert, der Herzog von York, im Familienkreis »Bertie« genannt, erwiesen sich als ausgesprochen zugewandte und liebevolle Eltern, die mit den beiden Töchtern so viel Zeit wie möglich verbrachten. In Adelskreisen war das eher ungewöhnlich.
Aber die aus Schottland stammende Mutter Elisabeth, später allgemein bekannt als »Queen Mum«, war selbst in einer herzlichen Atmosphäre aufgewachsen, als neuntes von zehn Kindern des späteren 14. Earl of Strathmore, Claude George Bowes-Lyon, und seiner Frau Nina Cecilia. Die Bowes-Lyons gehörten zu den ältesten Adelsfamilien Schottlands.
Laut Aussage ihrer Kinderfrau Clara Cooper Knight war die kleine Elisabeth ein »außergewöhnlich glückliches, leicht zu handhabendes Kind, das früh herumkroch, mit dreizehn Monaten rannte und sehr bald sprach«.
Als sie vier Jahre alt war, erbte ihr Vater Glamis Castle und machte es zum Familiensitz. Wie es sich für ein altes Schloss gehört, ranken sich um das großzügige Anwesen zahlreiche Legenden, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Die wohl bekannteste handelt vom »Monster von Glamis«, einem missgebildeten Kind früherer Schlossbesitzer, das ein Leben lang hinter den dicken Mauern eingesperrt war. Als es starb, wurden die Räume, die es bewohnt hatte, angeblich zugemauert. Heute lässt sich nicht mehr nachvollziehen, ob in der gruseligen Legende womöglich ein wahrer Kern steckt. In der Familie Bowes-Lyon wurde das Thema jedenfalls totgeschwiegen. Lady Rose, eine von Elisabeths Schwestern, sagte später einmal: »Wie durften nie darüber reden. Unsere Eltern verboten es uns, und fragen durften wir nie.«
Warum? Lag es nur daran, dass körperliche Missbildungen ebenso wie Geisteskrankheiten in höheren Kreisen mit einem Tabu belegt waren? Oder war der Grund ein ganz anderer? Im engsten Familienkreis gab es nämlich gleich mehrere Fälle, in denen behinderte Kinder verschwiegen und weggesperrt wurden.
Da ging es zum einen um Elisabeths Nichten, die 1919 geborene Nerissa Bowes-Lyon und ihre Schwester Katherine, die 1926 zur Welt kam. Sie waren die Töchter von Elisabeths Bruder John Herbert und seiner Frau Fenella. Beide Mädchen litten unter einer schweren geistigen Behinderung und wurden abseits der Familie von Hausangestellten betreut. Sie konnten nicht sprechen und sollen auf dem geistigen Entwicklungszustand eines Kleinkinds geblieben sein. 1941 wurden sie in eine psychiatrische Einrichtung gebracht und offiziell für tot erklärt. Erst 1987 haben die Boulevardmedien aufgedeckt, dass beide damals weiterlebten. Nerissa starb 1986 und wurde in einem Armengrab auf dem Friedhof von Redhill/Surrey beigesetzt. Katherines Leben endete sogar erst 2014.
Auch in der Familie von Margarets Vater Bertie hatte es Vergleichbares gegeben. Sein Bruder John, das 1905 geborene jüngste Kind von König Georg V. und seiner Frau Mary, litt seit seinem vierten Lebensjahr an Epilepsie und zeigte Anzeichen von Autismus. Auch er wurde von der Öffentlichkeit abgeschirmt, letztlich auch von seiner Familie. Ab 1917 lebte der Prinz mit Kammerdiener und Kindermädchen auf der Wood Farm in Wolferton/Norfolk. Hier starb er am 18. Januar 1919 offenbar im Schlaf. John geriet in Vergessenheit und wurde auch auf den Stammtafeln der englischen Königsfamilie nicht erwähnt.
Über solche Familiengeheimnisse wurde natürlich Stillschweigen bewahrt und auch Margarets Mutter Elisabeth wird wohl nichts davon gewusst haben. Ohnehin scheint sie eine völlig unbeschwerte Jugend verbracht zu haben, auch wenn der Erste Weltkrieg das Leben der Familie Bowes-Lyon nicht ganz unberührt ließ, weil Glamis Castle vorübergehend in ein Lazarett umgewandelt wurde.
Nach Kriegsende war Elisabeth neunzehn Jahre alt und eine der hübschesten Debütantinnen, die bei Hof präsentiert wurden. Auf den verschiedenen Bällen und anderen gesellschaftlichen Veranstaltungen lernte sie im Sommer 1920 ihren späteren Ehemann kennen, Bertie, den Herzog von York. Doch während der sich sofort in die bezaubernde Elisabeth verliebte, erwiderte sie seine Zuneigung nicht, zumindest nicht sofort. Den ersten Heiratsantrag lehnte sie ab. Es bedurfte der Intervention von Berties Mutter Queen Mary, die die potenzielle Heiratskandidatin im September des Jahres persönlich in Augenschein nahm. Dabei gelangte sie wohl zu der Überzeugung, dass die junge Frau genau die Richtige für ihren zweitältesten Sohn sein würde. Das angenehme Äußere spielte sicherlich eine Rolle, aber ebenso Elisabeths schottische Wurzeln. Englands Verhältnis zu Schottland unterlag seit Jahrhunderten einem ständigen Auf und Ab, und nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gestaltete es sich recht problematisch. Die Schotten erlebten damals eine schwere Wirtschaftskrise mit hoher Arbeitslosigkeit, sodass seit langer Zeit wieder der Wunsch nach Unabhängigkeit von London erwachte.
Schottland nimmt gut ein Drittel Großbritanniens ein. Ab dem Jahr 400 begann der keltische Stamm der Scoten, die Westküste und die Hebriden zu besiedeln, während im Norden und Osten des späteren Schottlands die Pikten ansässig waren. Im sechsten Jahrhundert wurden sie von irischen Mönchen zum Christentum bekehrt und lebten abseits des großen Weltgeschehens. Doch dann kam es im neunten Jahrhundert zu bedrohlichen Überfällen der Wikinger. Um besser gegen die latente Gefahr gewappnet zu sein, schlossen sich die verschiedenen Stämme zum Königreich Scotia zusammen, das ab 1015 schon etwa das heutige Schottland umfasste.
Doch Schottland war damals alles andere als ein gefestigter Staat. Die Macht der Könige beschränkte sich im Wesentlichen auf das schottische Tiefland im Süden mit den Städten Glasgow und Edinburgh. In den Highlands hingegen, dem bergigen Hochland im Norden, herrschten nach wie vor die Clans, die traditionellen Familienverbände. Das Spannungsverhältnis zwischen König, Clanchefs und Adel bestimmte auch die nächsten Jahrhunderte.
Ebenso prägend für die Geschichte Schottlands ist der anhaltende Konflikt mit dem Nachbarn England um die Vorherrschaft auf der Insel. 1314 erhielten die Schotten nach einem gewonnenen Unabhängigkeitskrieg die Selbstständigkeit. Doch dann verspielten die schottischen Könige aus dem Hause Stuart viel Vertrauen, weil sie zu sehr damit beschäftigt waren, ihre eigene Machtbasis auszubauen, anstatt sich um ihr Land zu kümmern. Auch die berühmte Maria Stuart (1542–1587) bildete keine Ausnahme. Sie überwarf sich mit dem schottischen Adel und floh zu ihrer Cousine Elisabeth I. nach England, wo sie eine Weile unter Arrest stand, bis man sie schließlich wegen Hochverrats hinrichtete. Nach dem Tod Elisabeths I. 1603, die kinderlos geblieben war, wurde Maria Stuarts Sohn als Jakob I. neuer König von England.
Gleichwohl fühlten sich die Schotten benachteiligt, vor allem nach dem Inkrafttreten der Navigationsakte von 1651. Während sich England darin das Monopol für den lukrativen Handel mit den Kolonien sicherte, ging das ohnehin ärmere Schottland leer aus. Um das Gleichgewicht wieder herzustellen, schlug der reiche Unternehmer William Patterson 1695 vor, in Konkurrenz zu England eine eigene Handelsgesellschaft zu gründen, die Company of Scotland. Sie sollte ihren Posten in Darién haben, jener Landzunge im heutigen Panama, die Nord- und Südamerika miteinander verbindet. So würde auch Schottland eine Kolonie besitzen, New Caledonia. Es war geplant, von hier aus den Warenverkehr zwischen Südostasien und Europa zu organisieren, weil sich damit nach den Worten von William Patterson angeblich traumhafte Gewinne erzielen ließen. Um den Schiffen die lange und gefährliche Fahrt um das südamerikanische Kap Hoorn zu ersparen, wollte man Ware an der Küste umladen und auf dem Landweg zur anderen Seite transportieren.
Das hörte sich vielversprechend an. Die Schotten waren jedenfalls begeistert und brachten riesige Summen auf, um das ehrgeizige Projekt zu finanzieren. Im Juli 1698 stachen fünf hochseetüchtige Schiffe in See, an Bord 1200 abenteuerlustige schottische Siedler. Doch kaum hatten sie ihr Ziel erreicht, mussten sie feststellen, dass Patterson sie mit falschen Versprechungen in die Ferne gelockt hatte. Zum einen gehörte Darién bereits seit 1501 zu Spanien. Zum anderen aber – und das war entscheidend – erwies sich der Boden, auf dem sie ihre Siedlung errichteten, als wenig ergiebig. Am schlimmsten jedoch war das feuchtwarme Klima, das aus dem vermeintlich paradiesischen Darién eine Brutstätte für Krankheiten wie Malaria und Cholera machte. Nach nur einem halben Jahr hatten die Seuchen bereits ein Viertel der Neuankömmlinge dahingerafft, während die Überlebenden vom Hungertod bedroht waren. Nun wusste man auch, warum sich bislang noch kein einziger Spanier hatte blicken lassen. Im Sommer 1699 wurde einvernehmlich beschlossen, das sinnlose Projekt aufzugeben und in die schottische Heimat zurückzukehren.
Das windige Abenteuer blieb, von den vielen Todesopfern abgesehen, allerdings nicht ohne Folgen. Schottland hatte sich nämlich hoffnungslos verschuldet und stand am Rand des Staatsbankrotts. In dieser aussichtslosen Situation machte London ein Angebot, das der arme Nachbar im Norden kaum ablehnen konnte: Schottland sollte seine Unabhängigkeit aufgeben und Teil des Vereinigten Königreichs werden. Es würde auf diese Weise nicht nur seinen Schuldenberg loswerden, sondern im Gegenzug auch die völlige Freiheit in Seefahrt und Handelsverkehr erhalten. Selbst das Rechtssystem sowie die Währung würden unangetastet bleiben, und nicht nur das: Auch die reformierte Church of Scotland sollte fortbestehen, und man müsste sich keine Sorgen machen, von der anglikanischen Staatskirche vereinnahmt zu werden. So würden die Schotten zwar ihre Unabhängigkeit verlieren, nicht aber ihre nationale Identität.
Nach langwierigen Verhandlungen erklärte sich Schottland bereit, seine Selbstständigkeit aufzugeben. Am 25. März 1707 kam das schottische Parlament ein letztes Mal zusammen, um die Auflösungsmodalitäten abzuwickeln, sich also selbst abzuschaffen. Künftig durften die Schotten nur noch Abgeordnete ins britische Parlament nach London schicken.
Am 1. Mai 1707 trat der Unionsvertrag in Kraft. Anfangs stieß der Act of Union, die gesetzliche Grundlage für die Vereinigung der beiden Königreiche, auf wenig Gegenliebe. Als nach einiger Zeit ein spürbarer Wirtschaftsaufschwung einsetzte, gewöhnten sich die Schotten jedoch daran und waren schließlich sogar stolz darauf, Teil des Empires zu sein, das schon bald zur größten See- und Handelsmacht der Welt aufstieg. Als zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts der Glanz Großbritanniens allmählich zu verblassen begann, regte sich bei den Schotten allerdings erneut der Wunsch nach mehr Eigenständigkeit, und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Insofern war es ein cleverer Schachzug von Queen Mary, für Bertie eine schottische Ehefrau zu favorisieren, um die Vereinigung der Kronen auf diese Weise noch einmal zu bekräftigen. Man weiß nicht, wie viel Überzeugungsarbeit sie leisten musste, um Elisabeth den Herzog von York »schmackhaft« zu machen. Er mochte vielleicht eine »gute Partie« sein, doch anders als sein älterer Bruder, der spätere Edward VIII., stellte er nicht gerade den Traumprinzen einer attraktiven Adligen dar, die sich rühmen konnte, zahlreiche Verehrer zu haben.
Bertie war der zweite Sohn des englischen Königspaares, Georg V. und seiner Ehefrau Mary, deren deutsche Wurzeln nach dem Ersten Weltkrieg schamhaft verschwiegen wurden. Ohnehin war Mary von Teck keine wirklich standesgemäße Braut gewesen. Ihr Großvater Alexander von Württemberg hatte seinerzeit eine ungarische Gräfin geheiratet und war damit von der Thronfolge ausgeschlossen. Franz, der 1837 geborene Sohn des Paares, Marys künftiger Vater und das einzige Kind, das aus dieser »Mesalliance« hervorging, wurde später zum Herzog von Teck erhoben. Das steigerte seine Chancen auf dem adligen Heiratsmarkt aber nur unwesentlich. Doch er hatte Glück: Jenseits des Ärmelkanals drohte eine englische Prinzessin allmählich zur »alten Jungfer« zu werden, Mary Adelaide (1833–1897), eine Enkelin Georgs III. und Cousine von Queen Victoria, die 1837 den englischen Thron bestiegen hatte. Franz entschied sich für sie, auch wenn die Auserwählte, die aufgrund ihrer Korpulenz als »Fat Mary« verspottet wurde, alles andere als eine Schönheit war. Die beiden heirateten, und als erstes von vier Kindern kam am 26. Mai 1867 Tochter Mary im Londoner Kensington-Palast zur Welt.
May, wie sie im Familienkreis genannt wurde, wuchs zu einer stillen und zurückhaltenden jungen Dame heran, die, wie Queen Victoria mit sicherem Blick erkannte, genau die Qualitäten besaß, die Englands künftige Königin benötigen würde. Sie war ein Musterbeispiel an Disziplin und Pflichterfüllung. Für die Queen, die gerade auf der Suche nach einer passenden Gemahlin für ihren Enkel Albert Victor (1864–1892), den ältesten Sohn des Prinzen von Wales und nachmaligen Edward VII. war, kam sie zur rechten Zeit. Der skandalumwitterte Thronerbe benötigte dringend eine mustergültige Gattin, die ihn zurück auf den Pfad der Tugend lotste. Vermutlich wäre Mary mit dieser Aufgabe hoffnungslos überfordert gewesen, doch die Ehe kam ohnehin nicht zustande. Der Prinz starb bereits vor der Hochzeit im Alter von nur 28 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung.
Was nun? Queen Victoria zerbrach sich nicht lange den Kopf, sondern reichte die Braut an ihren nächsten Enkel weiter, der später als Georg V. den englischen Thron besteigen würde. Nach einer angemessenen Trauerzeit trat er am 6. Juli 1893 mit Mary vor den Traualtar.
Mary hatte gegen die Ehe mit dem etwas schlichten und nur mäßig begabten Georg offenbar nichts einzuwenden. Georg, der 1865 geborene Sohn Edwards VII. und dessen Frau Alexandra, war schon als Kind keine große Leuchte gewesen und hatte auch keine nennenswerte Bildung erhalten. Als junger Mann trat er in die Royal Navy ein und begann eine Karriere als Marineoffizier. Erst der überraschende Tod seines älteren Bruders 1892 veränderte sein Leben und machte ihn zum künftigen englischen König.
Auch wenn bei der arrangierten Ehe mit Mary von Teck keine Liebe im Spiel gewesen war, so gestaltete sich das Zusammenleben doch recht harmonisch. Das Paar bekam sechs Kinder: Edward 1894, Albert 1895, Mary 1897, Henry 1900, Georg 1902 und 1905 John, der behinderte und schließlich vom Hof verbannte Sohn, von dem bereits die Rede war. Doch auch die gesunden Königskinder wurden nicht gerade mit Liebe überhäuft, im Gegenteil. Georg V., der 1910 den englischen Thron bestieg, verlangte Disziplin und Respekt. Gefühle zu zeigen, war bei den Royals verpönt, sodass der Nachwuchs erheblich unter dem kühlen und distanzierten Elternhaus zu leiden hatte. Am schlimmsten traf es Bertie, Margarets späteren Vater. Er war ein schüchternes und unsicheres Kind, Linkshänder obendrein, was damals nicht hingenommen wurde. Folglich musste Bertie umerzogen werden, um vor allem zum Schreiben künftig die »schöne Hand« zu benutzen. Möglicherweise, so wurde gemutmaßt, war das der Grund, warum der kleine Junge anfing zu stottern, aber das ist nicht bewiesen. Glücklich war er jedenfalls nicht.