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Die Vorlagen für dieses E-Book liefern zwei gedruckte Bücher, also stecken jetzt zwei Bücher in einem: Erstmals 1984 war im Altberliner Verlag „Rosinen im Kopf. Eine unglaublich wahre Geschichte“ erschienen. Fünf Jahre später veröffentlichte Jurij Koch im Kinderbuchverlag Berlin „Die rasende Luftratte oder Wie der Mäusemotor erfunden wurde“. Und darauf muss man als Autor erstmal kommen. Allerdings hat Jurij Koch zumindest bei dem zweiten, 1989 erschienenen Buch gegenüber anderen Leuten einen großer Vorteil, wie er selbst zu Anfang der „rasenden Luftratte“ berichtet: Es gibt wohl keinen Menschen auf der Welt, der Stephan Möhring nicht kennt. Vor einigen Jahren war er ein Junge, den nur wenige kannten. Seine Schulkameraden, die Eltern, Oma, der Urgroßvater und vielleicht noch ein paar unwichtige Personen. Inzwischen aber schreiben Zeitungen über ihn. Er schaut uns von Bildern in Büchern, auf Wänden in Schulen und Ferienheimen an, wird von Präsidenten empfangen, darf Pfannkuchen essen und Limonade trinken, soviel er will. Jedermann weiß, dass Stephan den Mäusemotor erfunden hat. Ich bin gebeten worden zu erzählen, wie es dazu gekommen war. Man kann über bekannte Leute nicht genug berichten. Außerdem bin ich der einzige auf der Welt, der über die Ereignisse genau Bescheid weiß. Mit einem ähnlich überraschenden Einfall wartet auch die „unglaublich wahre Geschichte“ von den Rosinen im Kopf auf. Gemeint ist der Kopf von Mathie (ohne das erwartete s am Ende), der die unmöglichsten Sachen macht, zum Beispiel ein Flugzeug-Motorrad baut und sich vornimmt, in nur wenigen Wochen perfekt französisch sprechen zu können. Dafür entscheidet er sich für die ungewöhnliche und wahrscheinlich für andere Leute wenig erfolgversprechende Methode, einen ganzen Roman in der fremden Sprache auswendig zu lernen. Und da sagte die Mutter: Unser Sohn hat nichts als Rosinen im Kopf. Dieser Mathie hatte einen Bruder Thomas. Mathie und Thomas waren jedoch, wie das manchmal vorkommt, ungleiche Brüder: Während der eine immer etwas machen wollte, was nicht ging, wollte der andere nicht machen, was gegangen wäre. Mit einem Wort, Thomas war faul. Mit faulen Brüdern kann man manchmal die tollsten Sachen erleben. Und dann passiert es: Thomas ist verschwunden - nicht über alle Berge, sondern über alle Wolken. Mathie muss ihn retten und wieder auf die Erde zurückholen. Ob er es schafft? Und wie waren eigentlich die erwähnten Rosinen in den Kopf von Mathie gekommen?
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Seitenzahl: 55
Veröffentlichungsjahr: 2014
Jurij Koch
Die rasende Luftratte und Rosinen im Kopf
ISBN 978-3-86394-684-5 (E-Book)
"Die rasende Luftratte oder Wie der Mäusemotor erfunden wurde" erschien erstmals 1989 in Der Kinderbuchverlag Berlin, „Rosinen im Kopf. Eine unglaublich wahre Geschichte“ 1984 im Alberliner Verlag.
Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta Foto: Thomas Kläber
© 2014 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ddrautoren.de
Es gibt wohl keinen Menschen auf der Welt, der Stephan Möhring nicht kennt. Vor einigen Jahren war er ein Junge, den nur wenige kannten. Seine Schulkameraden, die Eltern, Oma, der Urgroßvater und vielleicht noch ein paar unwichtige Personen. Inzwischen aber schreiben Zeitungen über ihn. Er schaut uns von Bildern in Büchern, auf Wänden in Schulen und Ferienheimen an, wird von Präsidenten empfangen, darf Pfannkuchen essen und Limonade trinken, soviel er will.
Jedermann weiß, dass Stephan den Mäusemotor erfunden hat. Ich bin gebeten worden zu erzählen, wie es dazu gekommen war. Man kann über bekannte Leute nicht genug berichten. Außerdem bin ich der einzige auf der Welt, der über die Ereignisse genau Bescheid weiß.
An dieser Stelle wird sich der eine oder andere am Hinterohr kratzen. Dort liegt das Personengedächtnis. Bevor ihr nun zum Lexikon greift, muss ich der Ausführlichkeit wegen, mit der ich die Geschichte erzählen will, sagen, dass Stephan Möhring jetzt anders heißt. Nach seiner großen Erfindung hatte man ihm geraten, sich einen Namen zuzulegen, der seinen Erfolg nicht ins Lächerliche zieht. Eine Arbeitsgruppe, in der Schüler, Lehrer und Eltern mit einem Regierungsvertreter berieten, einigte sich auf den Namen Maus. Also Stephan Maus. Wenn ihr im Nachschlagewerk nachschlagt, müsst ihr ... Ist doch klar!
Ich will mich beeilen und zur Sache kommen, denn ausführlich erzählte Geschichten laufen Gefahr, langweilig zu werden. Obwohl ich euch raten möchte, Bücher nicht gleich aus der Hand zu legen, wenn ihr auf langweilige Stellen stoßt. Ihr könntet die spannendsten versäumen.
Stephan ist trotz seiner Berühmtheit nicht eingebildet. Er wird mir daher nicht übel nehmen, wenn ich nur seinen Vornamen verwende.
Stephans Geschichte begann mit einem Ärger. Er wurde ständig von Erwachsenen gefragt, was er denn einmal werden wolle, wenn er die Schule hinter sich gebracht haben würde. Viele Jahre hob er bei solchen witzlosen Fragen die Schultern und spitzte die Lippen. An seinem neunten Geburtstag antwortete er seinem Onkel, er werde Erfinder. Nachdem sich das Lachen des Onkels, seiner Frau und der anderen herumstehenden Verwandten gelegt hatte, fügte er noch hinzu, dass er einen neuen Motor erfinden wolle, der ohne Gestank und Abgase arbeite. Nun lachten die herumstehenden Verwandten, während der Onkel die Lippen zu einem Fragezeichen verzog. Er vermutete nämlich, dass die Bemerkung gegen sein stinkendes Auto gerichtet war, mit dem er seit dreißig Jahren zu allen Geburtstagen und ähnlichen Feiern aufkreuzte. Das Auto war ein Eigenbau, der mehrere Typen in sich vereinigte, schrecklichen Krach verursachte und viele Löcher und Ritzen besaß, aus denen jeweils ein anderer Gestank drang.
»Erfinder, soso«, wiederholte der Onkel und löschte das Fragezeichen auf den Lippen. »Ich wollte auch einmal die Welt umschiffen.« Er lachte über den eigenen Witz, von dem er dachte, dass er einer war. Die anderen Verwandten lachten nicht. Sie mochten den alten Isegrim nicht. Er ähnelte seinem Auto. Wenn er den Mund öffnete, verpestete er die Umwelt. Zum Beispiel behauptete er, dass die Welt bald untergehe. Dass es keinen Sinn habe, sich anzustrengen. Außerdem liebte er Kinder nicht. Weil sie immer Rosinen im Kopf hätten. Darüber war seine Frau traurig. Sie wollte gern einen Jungen wie Stephan.
»Du wirst schon sehn«, sagte Stephan.
Die Tante, also die Frau des Onkels, nickte beifällig. »Gib ihm Saures!«
Erfindungen lassen bekanntlich auf sich warten. Schon befürchtete Stephan, er könnte seinen zehnten Geburtstag nicht als Erfinder eines neuen Motors feiern. Da geschah es ...
Bevor ich aber nun berichte, was geschah, muss ich eure Aufmerksamkeit auf eine Nebensache lenken. Wie ihr seht, wusste Stephan sehr zeitig, was er werden wollte. Das ist bei allen großen Leuten so. Glaubt nicht Erfindern, die behaupten, sie hätten in Physik Fünfen gehabt. Vor allem Schriftsteller neigen zur Flunkerei. Dass sie wegen liederlicher Schrift und mangelnder Rechtschreibung sitzen geblieben wären und so. Damit wollen sie sich interessanter machen, als sie sind. Erfinder wissen als Kinder, dass sie Erfinder werden wollen. Alles andere ist erfunden.
Zurück zur Hauptsache. Eines Tages brachte Stephans Vater eine weiße Maus nach Hause. Sein Freund, ein Verkehrspolizist, hatte sie ihm geschenkt. Der züchtete in seiner Freizeit weiße Mäuse. Die Zoohandlung, die er seit vielen Jahren belieferte, konnte nicht alle abnehmen. Auf diese Weise kam Karottchen ins Haus. Sie bewohnte einen viereckigen Glasbehälter. Karottchen durfte auf Sägespänen und Zeitungsschnipseln herumliegen. Das Faulenzen aber gefiel ihr nicht lange. Sie versuchte, an den Wänden hinaufzuklettern und auf den Hinterbeinen zu tanzen. Das war ein ganz schönes Getue im Behälter. Stephan konnte nicht einschlafen, wenn er hörte, wie die Maus rackerte. Eines Nachts war ihm, als hätte jemand mit der Hand auf den Fußboden geschlagen. Er machte Licht und erschrak. Karottchen war verschwunden. Wo war sie? Stephan sah unters Bett. Dort saß sie. Als er zugreifen wollte, sprang sie in den Pantoffel. Von dort unter den Schrank und so weiter. Ich will die Jagd nicht ausführlich wiedergeben. Eingefangen wurde die Maus schließlich mithilfe der ganzen Familie.
In dem Augenblick sagte Stephan seinen in der ganzen Welt und darüber hinaus bekannten Satz: »Hier muss ein Rad rein.«
Vater, Mutter und Oma wussten nicht, was gemeint war. Sie rieben sich die Augen und gähnten. Die Oma murmelte: »Verdammtes Vieh.«
Stephan baute gleich am nächsten Tag ein Rad, eine hölzerne Trommel mit Speichen. Ihr wisst schon, was ich meine. Das Rad war einfach. Es war noch längst keine Erfindung. Ihr könnt es im »Museum für glänzende Einfälle« in der Stephan-Maus-Straße besichtigen. Dort steht es in demselben Glasbehälter, in dem Karottchen einst gewohnt hatte. Nur die Sägespäne und Zeitungsschnipsel sind aus hygienischen Gründen ausgewechselt worden.
Die Maus stürzte sich aufs Rad. Endlich war in ihrer Umgebung etwas, was sich bewegen ließ. Sie arbeitete Tag und Nacht. Obwohl von Arbeit nicht die Rede sein kann. Sie spielte. Was die Trommel hielt. Und Stephan machte sich Sorgen um sein kleines Wesen. Er beruhigte sich jedoch, als er sah, dass Karottchen ab und zu einschlief, um danach wieder frisch und munter ans Spielen zu gehen. Es war viel Menschliches in ihrem Benehmen.