Die Reden Gotamo Buddhos Mittlere Sammlung, zweiter Band - Neumann, Karl Eugen - kostenlos E-Book

Die Reden Gotamo Buddhos Mittlere Sammlung, zweiter Band E-Book

Neumann, Karl Eugen

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Project Gutenberg's Die Reden Gotamo Buddhos, by Karl Eugen NeumannThis eBook is for the use of anyone anywhere in the United States and mostother parts of the world at no cost and with almost no restrictionswhatsoever.  You may copy it, give it away or re-use it under the terms ofthe Project Gutenberg License included with this eBook or online atwww.gutenberg.org.  If you are not located in the United States, you'll haveto check the laws of the country where you are located before using this ebook.Title: Die Reden Gotamo Buddhos       Mittlere Sammlung, zweiter BandAuthor: Karl Eugen NeumannRelease Date: May 10, 2015 [EBook #48901]Language: German*** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE REDEN GOTAMO BUDDHOS ***Produced by Norbert H. Langkau, Reiner Ruf, and the OnlineDistributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net

Original-Buchumschlag

Anmerkungen zur Transkription

In diesem Text werden fortlaufend Seitenzahlen aus zwei verschiedenen Ausgaben anderer Autoren angegeben. Diese Verweise werden hier, fettgedruckt in geschweiften Klammern, am linken Rand außerhalbinnerhalb des laufenden Textes wiedergegeben. Die in der Originalversion gesperrt gedruckten Passagen werden in der vorliegenden Version mit Hilfe serifenloser Schrift in normaler Laufweite dargestellt.

Weitere Anmerkungen finden sich am Ende des Textes.

DIE REDEN GOTAMO BUDDHOS

AUS DER MITTLEREN SAMMLUNG MAJJHIMANIKĀYO DES PĀLI-KANONS

ZUM ERSTEN MAL ÜBERSETZT VON

KARL EUGEN NEUMANN

ZWEITE AUFLAGE

ZWEITER BAND MITTLERES HALBHUNDERT

MÜNCHEN 1921 * R. PIPER & CO.

ALLE RECHTE VORBEHALTEN COPYRIGHT 1921 BY R. PIPER & CO. / G. M. B. H. / MÜNCHEN

INHALT

Seite

VORREDE

IX

DIE MITTLERE SAMMLUNG DER REDEN GOTAMO BUDDHOS

ZWEITER BAND

MITTLERES HALBHUNDERT

SECHSTER THEIL

BUCH DER HAUSVÄTER

51.

Rede:

Kandarako

3

52.

Der Bürger von Aṭṭhakam

20

53.

Die Schritte des Kämpfers

25

54.

Potaliyo

34

55.

Jīvako

49

56.

Upāli

54

57.

Der Hundelehrling

79

58.

Abhayo der Königsohn

87

59.

Viel der Gefühle

94

60.

Fraglosigkeit

101

SIEBENTER THEIL

BUCH DER MÖNCHE

61.

Rede:

Rāhulos Ermahnung (I)

131

62.

Rāhulos Ermahnung (II)

140

63.

Der Sohn der Māluṉkyā (I)

148

64.

Der Sohn der Māluṉkyā (II)

157

65.

Bhaddāli

166

66.

Das Gleichniss von der Wachtel

181

67.

Vor Cātumā

196

68.

Vor Naḷakapānam

206

69.

Gulissāni

218

70.

Vor Kīṭāgiri

224

ACHTER THEIL

BUCH DER PILGER

71.

Rede:

Vacchagotto (I)

241

72.

Vacchagotto (II)

246

73.

Vacchagotto (III)

254

74.

Dīghanakho

266

75.

Māgandiyo

272

76.

Sandako

290

77.

Sakuludāyī (I)

314

78.

Der Sohn der Samaṇamuṇḍikā

344

79.

Sakuludāyī (II)

353

80.

Vekhānaso

367

NEUNTER THEIL

BUCH DER KÖNIGE

81.

Rede:

Ghaṭīkāro

377

82.

Raṭṭhapālo

390

83.

Makhadevo

415

84.

Madhuro

428

85.

Bodhi der Königsohn

438

86.

Aṉgulimālo

473

87.

Was einem lieb ist

485

88.

Der Ueberwurf

494

89.

Wahre Denkmale

502

90.

Am Zwieselstein

512

ZEHNTER THEIL

BUCH DER PRIESTER

91.

Rede:

Brahmāyu

527

92.

Selo

543

93.

Assalāyano

554

94.

Ghoṭamukho

569

95.

Caṉkī

587

96.

Esukārī

605

97.

Dhanañjani

614

98.

Vāseṭṭho

627

99.

Subho

638

100.

Saṉgāravo

655

ANMERKUNGEN

661

NACHWEISE. Vom Herausgeber

715

REGISTER

725

Alle Namen haben, wie bisher, nominative Endung beibehalten; zur Aussprache Seite VIII des ersten Bandes.

VORREDE

Wie schon in der Einführung zum ersten Bande, Seite XIX-XXIII, aus Inschriften des dritten vorchristlichen Jahrhunderts nachgewiesen, ist die älteste Gestalt des Kanons nicht in einem Tipiṭakam oder Dvipiṭakam sondern im Piṭakam schlechthin, nämlich im Suttapiṭakam, erhalten. Hieraus darf man schließen, wie dort begründet, auch das Vinayapiṭakam, wie später das Abhidhammapiṭakam, sei aus dem einen Kanon theils ausgeschieden, theils weiter entwickelt worden. Das vorliegende Mittlere Halbhundert des zweiten Bandes bestätigt diese Folgerungen noch genauer. Wir finden hier eine ganze Reihe von Reden, die reinen vinayo darlegen, sich bis zu den letzten Verzweigungen mit der Ordenszucht befassen, und zwar in ächter, ursprünglicher Weise, die dem wirklichen Leben entspricht, nicht mit jenen kasuistischen Erfindungen, die dem Vinayapiṭakam eignen und dessen überwiegend fingierten Charakter ausmachen. Gleich die Eröffnungsrede liefert ein klassisches Muster: klassisch, weil sie wiederum zunächst die Tugendsatzung mit aller Ausführlichkeit vorträgt, was auch im ersten Bande bei passender Gelegenheit immer geschieht. In diesem Betracht sind ja die zahlreichen Wiederholungen der Reden erklärlich, da fast jede, wie sie eben gesprochen wurde, dhammo und vinayo, Lehre und Zucht, als untrennbares Ganze giebt. Hier lässt sich nichts kürzen oder beschränken oder zusammenziehn ohne den gehörigen Zusammenhang zu verlieren: die Rede ist an eine oder an mehrere bestimmte Personen gerichtet gewesen, auf einen besonderen Anlass hin, doch im höheren Sinne allgemein gültig, hat weder zu viel noch zu wenig gesagt, sondern ihren Gang gerade eingehalten. Der Orden hatte daher bei Lebzeiten des Meisters wohl keinerlei andere Regel als die in den Reden verkündete, und diese Regel, gar verschieden von den später lawinenartig angewachsenen Korollarien, war eine ungemein einfache; so einfach, dass der Meister nicht selten einem Aufnahmesuchenden, im Gegensatze zu den nachmaligen umständlichen Vorbereitungen, sogleich und bloß mit den Worten »Komm’, o Mönch!« die Ordensweihe verlieh: sogar einem berüchtigten Mörder, nach dessen plötzlicher Umkehr, in der sechsundachtzigsten Rede. Gotamo selbst hat diese ursprüngliche Einfachheit vollkommen klar zugestanden, gegen Ende der fünfundsechzigsten Rede. Da fragt ein Mönch, woher es nur komme, dass es früher weniger Ordensregeln gegeben als jetzt, worauf ihm der greise Meister antwortet, Ordensregeln seien eben erst dann vonnöthen, wann die wahre Lehre untergehe, wann der Orden Größe und Ansehn und späte Jahre erreicht habe.

Vernehmen wir also in den Reden oft und oft des Meisters eigene Worte, rein erhalten wie sie gesprochen, so ist auch Fremdes zu merken und giebt sich meist unverhohlen kund; so schon die Umrahmung, die allerdings nur die Namen der Orte, der Personen und sonstige sachgemäße Mittheilungen bietet. Es hat aber doch hie und da Sagenhaftes Eingang gefunden, spätere Zuthat, z. B. in die dreiundachtzigste Rede. Dann sind es zuweilen upanischadartige und yogaverwandte Darlegungen, die uns begegnen, wie etwa in der siebenundsiebzigsten, bez. dreiundsiebzigsten. Gewisse Gleichnisse aus den alten Upanischaden, e. g. das in der achtundsechzigsten Rede, gewisse Uebungen des alten Yogas, besonders in der zweiundsechzigsten und zehnten behandelt, hat freilich schon Gotamo, wohlbewusst, übernommen, ausgebildet, vertieft. Der Meister behauptet ja niemals, seine Lehre widerspreche allem bisher Dagewesenen, sondern: »Wovon die Weisen erklären ‚Es ist nicht in der Welt‘, davon sage auch ich ‚Es ist nicht‘; wovon die Weisen erklären ‚Es ist in der Welt‘, davon sage auch ich ‚Es ist‘.«[*] Wie großartig der Meister zumal vedische Lehren vollendet hat, zeigt u. a. die fünfundfünfzigste Rede. Weil es aber bei mündlicher Ueberlieferung kaum anders möglich, wird auch der oder jener Jünger, nach des Meisters Tode, diesen oder jenen fremden Satz wissentlich oder unwissentlich mit überliefert haben, aus vedischen oder aus yogischen Kreisen, je nach dem gewohnten Schwergewichte. Sehr lehrreich sind hierfür die Lieder der Mönche, deren Gedanken durchaus nach dem Meister weisen, im Einzelnen aber noch subjektive Züge bewahren. Wenn sich nun, trotz der wachsenden Größe des Ordens, bis etwa in die Zeit Asoko des Großen kein tiefergehender Verfall entwickelt hat, was bei den anderen indischen Geistesdenkmalen in der Regel eher geschah, so ist das erstaunlich und kein geringer Beweis für die ungewöhnliche, andauernde Wirkung einer Persönlichkeit wie es die Gotamos war.[**] Diese Wirkung hat übrigens nicht bloß die Jüngerschaft gewaltig ergriffen, sie hat sich, wie bekannt, auf ganz Indien und weiter erstreckt; und insbesondere ist sie den Verfassern der späteren Upanischaden, des Yoga- und des Sāṃkhyaśāstram, und Barden und Dichtern, bis auf des Tul’sīdās[***] noch heute in Palast und Hütte, von Fürst und Bettler gesungenes Rāmcaritmānas herab[†], ausgiebig zustatten gekommen, ob sie es selber zwar nicht recht wissen, gleichwohl durch, oft wörtliche, Paraphrase der Meisterworte unschwer errathen lassen. Hat also Gotamo, und dann mancher der Jünger, vom Geiste der Zeit einiges benutzt, so haben die Späteren erheblich mehr von Gotamo und den Seinen gelernt, sich zu eigen gemacht und weitergegeben, bis es allmälig indisches Gemeingut geworden.

Nur indisches? Es hat den Anschein als ob jene Gedanken auch bei uns langsam, langsam merkbar würden, zu wirken begännen, kraft ihres unzerstörbaren Gehaltes. Eine gesammte Umwandlung altererbter Ueberzeugungen und Ansichten wird nun sicherlich kein Teleolog von ihnen erwarten, sowenig wie etwa unsere Missionare dergleichen beim braven Chinesen gewärtigen dürfen. Tausendjährigen Kulturen, und wären sie noch so morsch und überlebt, kann man nicht so leicht mit geistigen Mitteln beikommen, nicht von einem Jahrhundert zum anderen, wie dem Papste, schon den Untergang voraussagen: sie altern gern und wohlgemuth weiter. Aber die Gedanken haben keine Eile, langsam, langsam wirken sie durch unermessliche Zeiten und Räume, in ewiger Jugend. — Einst fragte mich der Gesandte von Siam am Berliner Hofe, Seine Exzellenz Phya Nond Buri, ob sich denn wirklich, wie man ihm erzählt habe, bereits buddhistische Einflüsse in Europa wahrnehmen ließen: ich entgegnete, ich hätte nicht eben viel davon gemerkt; da lächelte er in seiner feinen Weise und sagte, auf ein buddhistisches Volkswort anspielend: »Nun, wir haben ja Zeit, noch fünftausend Jahre.« — Wir haben mehr Zeit und weniger. Mehr, weil uns die Erde geduldig trägt; weniger, weil wir heute den Worten eines Meisters lauschen können, die aus der Welt des Unschönen und Schönen hinübergeleiten, wo es keinen Schein giebt. »Willkommen sei mir ein verständiger Mann«, sagt Gotamo, gegen Ende der achtzigsten Rede, »kein Häuchler, kein Gleißner, ein gerader Mensch; ich führ’ ihn ein, ich lege die Satzung dar. Der Führung folgend wird er in gar kurzer Zeit eben selber merken, selber sehn, dass man also ganz von der Fessel befreit wird, nämlich von der Fessel des Nichtwissens.«

Ohne einen Strich hinzu- oder hinwegzuthun, mit wohlgeprüften, -verglichenen, -gesicherten Lesarten, ist auch dieses Mittlere Halbhundert, das Majjhimapaṇṇāsam, schlicht und unangetastet übersetzt worden, bis auf den Titel und Punkt: so mag der Text in genauester Form, wenn es etwa noch weiter gelungen, in identischem Ausdrucke Zeuge sein. Die Zahlen am Rande geben die Seiten der Trenckner’schen Lesung an, so weit diese reicht: nach der sechsundsiebzigsten Rede die Seiten der siamesischen Ausgabe.

Wien, Ende 1899.

KARL EUGEN NEUMANN.

SECHSTER THEIL BUCH DER HAUSVÄTER

51.

Sechster Theil

Erste Rede

KANDARAKO

{339}Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Campā, am Gestade des Gaggarā-Sees, mit einer großen Schaar von Mönchen.

Da nun begab sich Pesso, der Sohn eines Elephantenlenkers, und Kandarako, ein Pilger, dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt begrüßte Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, den Erhabenen ehrerbietig und setzte sich seitwärts nieder; während Kandarako, der Pilger, mit dem Erhabenen höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte tauschte und sich dann seitwärts hinstellte. Seitwärts stehend blickte da Kandarako der Pilger über die lautlose, stille Schaar der Mönche hin und sprach nun zum Erhabenen also:

»Wunderbar, o Gotamo, außerordentlich ist es, o Gotamo, wie da Herr Gotamo so richtig die Jüngerschaft gewiesen hat! Die da früher, o Gotamo, in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte waren, haben auch diese Erhabenen ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern gewiesen, gleichwie da jetzt Herr Gotamo die Jünger richtig gewiesen hat? Und die da später, o Gotamo, in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein werden, werden auch diese Erhabenen ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern weisen, gleichwie da jetzt Herr Gotamo die Jünger richtig gewiesen hat?«

»So ist es, Kandarako, so ist es, Kandarako. Die da früher, Kandarako, in vergangenen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte waren, auch diese Erhabenen haben ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern gewiesen, gleichwie da jetzt von mir die Jünger richtig gewiesen sind; und die da später, Kandarako, in künftigen Zeiten Heilige, vollkommen Erwachte sein werden, auch diese Erhabenen werden ebenso richtig ein solches Ziel den Jüngern weisen, gleichwie da jetzt von mir die Jünger richtig gewiesen sind.

»Denn es giebt, Kandarako, Mönche unter diesen Jüngern, die Heilige, Wahnversieger, Endiger sind, die das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntniss erlöst haben. Und es giebt, Kandarako, Mönche unter diesen Jüngern, die Kämpfer sind, tapfer in Tugend, tapfer im Wandel, gewitzigt sind, witzig im Wandel; die haben ihr Gemüth auf die vier Pfeiler der Einsicht gegründet; auf welche vier? Da wacht, Kandarako, {340} ein Mönch beim Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht beim Gemüthe über das Gemüth, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wacht bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns.«

Auf diese Worte wandte sich Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, also an den Erhabenen:

»Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie so deutlich, o Herr, der Erhabene die vier Pfeiler der Einsicht gezeigt hat, die da zur Läuterung der Wesen, zur Ueberwältigung des Schmerzes und Jammers, zur Zerstörung des Leidens und der Trübsal, zur Gewinnung des Rechten, zur Verwirklichung der Erlöschung führen! Denn auch wir, o Herr, als Hausleute, weiß gekleidet, haben von Zeit zu Zeit unser Gemüth auf die vier Pfeiler der Einsicht gegründet: da wachen wir, o Herr, beim Körper über den Körper, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wachen bei den Gefühlen über die Gefühle, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wachen beim Gemüthe über das Gemüth, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns; wachen bei den Erscheinungen über die Erscheinungen, unermüdlich, klaren Sinnes, einsichtig, nach Verwindung weltlichen Begehrens und Bekümmerns. Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie genau, o Herr, der Erhabene, wo die Menschen so heimlich, wo die Menschen so verhohlen[1], wo die Menschen so häuchlerisch sind, weiß, was den Wesen frommt und was ihnen nicht frommt! Denn heimlich wie die Höhle, o Herr, ist der Mensch, und offen wie die Ebene, o Herr, ist das Thier. Ja, ich kann mich, o Herr, an einen Elephantenhengst erinnern: so oft der auch durch die Straßen von Campā gehn und kommen mag, wird er jedesmal all seine List und Tücke, Launen und Ränke offenbaren. Was da aber, o Herr, unsere Knechte und Söldner und Werkleute sind, die gehn anders an die Arbeit, und anders reden sie, und wiederum anders denken sie. Wunderbar, o Herr, außerordentlich ist es, o Herr, wie genau, o Herr, der Erhabene, wo die Menschen so heimlich, wo die Menschen so verhohlen, wo die Menschen so häuchlerisch sind, weiß, was den Wesen frommt und was ihnen nicht frommt. Denn heimlich wie die Höhle, o Herr, ist der Mensch, und offen wie die Ebene, o Herr, ist das Thier.«

»So ist es, Pesso, so ist es, Pesso: heimlich wie {341} die Höhle, Pesso, ist ja der Mensch, und offen wie die Ebene, Pesso, ist ja das Thier. — Vier Arten von Menschen, Pesso, finden sich hier in der Welt vor: welche vier? Da ist, Pesso, einer ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben; da ist wieder, Pesso, einer ein Nächstenquäler, ist der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben; da ist, Pesso, einer ein Selbstquäler, ist der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben, und er ist ein Nächstenquäler, ist der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben; und da ist, Pesso, einer weder ein Selbstquäler, ist nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben, noch ist er ein Nächstenquäler, ist nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben: ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal ist er schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden, fühlt sich wohl, heilig geworden im Herzen. Welcher ist es, Pesso, von diesen vier Menschen, der deinem Sinne zusagt?«

»Jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, der sagt meinem Sinne nicht zu; und auch jener Mensch, o Herr, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, auch der sagt meinem Sinne nicht zu; und auch jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, auch der sagt meinem Sinne nicht zu; aber jener Mensch, o Herr, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen: der sagt meinem Sinne zu.«

»Warum aber, Pesso, sagen jene drei Menschen deinem Sinne nicht zu?«

»Jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, der lässt sich selber, der Wohl begehrt und Wehe verabscheut, Quaal und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o Herr, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, der lässt den Nächsten, der Wohl begehrt und Wehe verabscheut, Quaal und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; und jener Mensch, o Herr, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist, der lässt sich wie den Nächsten, die Wohl begehren und Wehe verabscheuen, Quaal und Pein erleiden: darum sagt jener Mensch meinem Sinne nicht zu; aber jener Mensch, o Herr, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, {342} noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen: dieser Mensch sagt meinem Sinne darum zu. — Wohlan denn, jetzt, o Herr, wollen wir gehn: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«

»Wie es dir nun, Pesso, belieben mag.«

Und Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, durch des Erhabenen Rede erfreut und befriedigt, stand von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, schritt rechts herum und ging fort.

Da wandte sich nun der Erhabene, bald nachdem Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, fortgegangen war, also an die Mönche:

»Weise, ihr Mönche, ist Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, wissensmächtig, ihr Mönche, ist Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers. Wäre Pesso, ihr Mönche, der Sohn des Elephantenlenkers, noch eine Weile geblieben, bis ich ihm diese vier Arten von Menschen ausführlich erklärt hätte, großen Gewinn hätt’ er mit sich genommen. Aber, ihr Mönche, auch so schon hat Pesso, der Sohn des Elephantenlenkers, viel gewonnen.«

»Da ist es, Erhabener, Zeit, da ist es, Willkommener, Zeit, dass der Erhabene diese vier Arten von Menschen ausführlich erkläre: des Erhabenen Wort werden die Mönche bewahren.«

»Wohlan denn, ihr Mönche, so höret und achtet wohl auf meine Rede.«

»Gewiss, o Herr!« antworteten da jene Mönche dem Erhabenen aufmerksam. Der Erhabene sprach also:

»Was ist das nun, ihr Mönche, für ein Mensch, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist? Da ist, ihr Mönche, einer ein Unbekleideter, ein Ungebundener, ein Handverköster, kein Ankömmling, kein Abwärtling, gestattet keine Darreichung, keine Vergünstigung, keine Einladung, späht beim Empfangen des Almosens nicht nach dem Topfe, nicht nach der Schüssel, nicht über die Schwelle, nicht über das Gitter, nicht in den Kessel hinein, nimmt nicht von zu zweit Speisenden an, nicht von einer Schwangeren, nicht von einer Säugenden, nicht von einer, die vom Manne kommt, nicht von Beschmutzten, nicht wo ein Hund dabei steht, nicht wo Fliegen hin und her schwärmen, isst keinen Fisch, kein Fleisch, trinkt keinen Wein, kein gebranntes Wasser, keinen gegohrenen Haferschleim. Er geht zu einem Hause und begnügt sich mit einer handvoll Almosenspeise; geht zu zwei Häusern und begnügt sich mit zwei handvoll Almosenspeise; geht zu sieben Häusern und begnügt sich mit sieben handvoll Almosenspeise. Er fristet sein Leben durch die Mildthätigkeit von nur einer Spenderin, von nur zwei Spenderinen, von nur sieben Spenderinen. Er nimmt nur jeden ersten Tag Nahrung ein, {343}nur jeden zweiten Tag, nur jeden siebenten Tag. Solcherart wechselnd beobachtet er streng diese bis auf einen halben Monat ausgedehnte Fastenübung. Oder er lebt von Kräutern und Pilzen, von wildem Reis und Korn, von Saamen und Kernen, von Pflanzenmilch und Baumharz, von Gräsern, von Kuhmist, fristet sich von Wurzeln und Früchten des Waldes, lebt von abgefallenen Früchten. Auch trägt er das hänfene Hemd, trägt das härene Hemd, trägt einen Rock, geflickt aus den im Leichenhof und auf der Straße gefundenen Fetzen, hüllt sich in Lumpen, in Felle, in Häute, gürtet sich mit Flechten aus Gras, mit Flechten aus Rinde, mit Flechten aus Laub, birgt die Blöße unter pelzigem Schurze, unter borstigem Schurze, unter einem Eulenflügel. Und er rauft sich Haupt- und Barthaar aus, die Regel der Haar- und Bartausraufer befolgend; ist ein Stetigsteher, verwirft Sitz und Lager; ist ein Fersensitzer, übt die Zucht der Fersensitzer; ist Dornenseitiger und legt sich zur Seite auf ein Dornenlager; steigt allabendlich zum dritten Mal herab ins Büßerbad. So übt er sich gar vielfach in des Körpers inbrünstiger Schmerzensaskese. Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist? Da ist, ihr Mönche, einer ein Schlächter, der Schaafe und Schweine schlachtet, ist ein Vogelfänger, ein Wildsteller, ein Jäger, ein Fischer, ein Räuber, ein Henker, ein Kerkermeister, oder was man da sonst noch anderes als grausames Handwerk betreibt. Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.

»Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist? Da ist, ihr Mönche, einer ein König, ein Herrscher, dessen Scheitel gesalbt ist, oder ein hochmögender Priester. Der hat im Osten der Stadt ein neues Herrenhaus errichten lassen. Und mit geschorenem Haar und Barte, mit rauhem Felle gegürtet, mit Butteröl am Körper bestrichen, den Rücken mit einem Hirschhorne reibend tritt er in das Herrenhaus ein, begleitet von der ersten Gemahlin und dem Oberpriester. Dort nimmt er im offenen Hofe, von wo man das Gras entfernt hat, Platz. Einer Kuh, die ein ihr gleichendes Kalb bei sich hat, wird an dem einen Euter die Milch ausgemolken, und damit der König bedient; wird an dem zweiten Euter die Milch ausgemolken, {344}und damit die Königin bedient; wird an dem dritten Euter die Milch ausgemolken, und damit der Oberpriester bedient; wird an dem vierten Euter die Milch ausgemolken, und damit dem Feuer geopfert. Was noch bleibt wird dem Kalbe gelassen. Und er gebietet: ›Soviele Stiere sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Farren sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Färsen sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Ziegen sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Schaafe sollen erschlagen werden um des Opfers willen, soviele Bäume sollen gefällt werden, als Pfosten zu dienen, soviel Gras soll gemäht werden, als Streu zu dienen!‹ Und seine Knechte und Söldner und Werkleute gehn aus Furcht vor Strafe, von Angst eingeschüchtert, mit thränenden Augen klagend daran, den Befehl auszuführen. Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der ein Selbstquäler, der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, und der ein Nächstenquäler, der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist.[2]

»Was ist das aber, ihr Mönche, für ein Mensch, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen? Da erscheint, ihr Mönche, der Vollendete in der Welt, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene. Er zeigt diese Welt mit ihren Göttern, ihren bösen und heiligen Geistern, mit ihrer Schaar von Priestern und Büßern, Göttern und Menschen, nachdem er sie selbst verstanden und durchdrungen hat. Er verkündet die Lehre, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt, die sinn- und wortgetreue, er legt das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum dar.

»Diese Lehre hört ein Hausvater, oder der Sohn eines Hausvaters, oder einer, der in anderem Stande neugeboren ward. Nachdem er diese Lehre gehört hat, fasst er Vertrauen zum Vollendeten. Von diesem Vertrauen erfüllt denkt und überlegt er also: ›Ein Gefängniss ist die Häuslichkeit, ein Schmutzwinkel; der freie Himmelsraum die Pilgerschaft. Nicht wohl geht es, wenn man im Hause bleibt, das völlig geläuterte, völlig geklärte Asketenthum Punkt für Punkt zu erfüllen.[3] Wie, wenn ich nun, mit geschorenem Haar und Barte, mit fahlem Gewande bekleidet, aus dem Hause in die Hauslosigkeit hinauszöge?‹ So giebt er denn später einen kleinen Besitz oder einen großen Besitz auf, {345}hat einen kleinen Verwandtenkreis oder einen großen Verwandtenkreis verlassen, und ist mit geschorenem Haar und Barte, im fahlen Gewande vom Hause fort in die Hauslosigkeit gezogen.

»Er ist nun Pilger geworden und hat die Ordenspflichten der Mönche auf sich genommen. Lebendiges umzubringen hat er verworfen, Lebendiges umzubringen liegt ihm fern: ohne Stock, ohne Schwerdt, fühlsam, voll Theilnahme, hegt er zu allen lebenden Wesen Liebe und Mitleid. Nichtgegebenes zu nehmen hat er verworfen, vom Nehmen des Nichtgegebenen hält er sich fern: Gegebenes nimmt er, Gegebenes wartet er ab, nicht diebisch gesinnt, rein gewordenen Herzens. Die Unkeuschheit hat er verworfen, keusch lebt er: fern zieht er hin, entrathen der Paarung, dem gemeinen Gesetze. Lüge hat er verworfen, von Lüge hält er sich fern: die Wahrheit spricht er, der Wahrheit ist er ergeben, standhaft, vertrauenswürdig, kein Häuchler und Schmeichler der Welt. Das Ausrichten hat er verworfen, vom Ausrichten hält er sich fern: was er hier gehört hat erzählt er dort nicht wieder, um jene zu entzweien, und was er dort gehört hat erzählt er hier nicht wieder, um diese zu entzweien; so einigt er Entzweite, festigt Verbundene, Eintracht macht ihn froh, Eintracht freut ihn, Eintracht beglückt ihn, Eintracht fördernde Worte spricht er. Barsche Worte hat er verworfen, von barschen Worten hält er sich fern: Worte, die frei von Schimpf sind, dem Ohre wohlthuend, liebreich, zum Herzen dringend, höflich, viele erfreuend, viele erhebend, solche Worte spricht er. Plappern und Plaudern hat er verworfen, von Plappern und Plaudern hält er sich fern: zur rechten Zeit spricht er, den Thatsachen gemäß, auf den Sinn bedacht, der Lehre und Ordnung getreu, seine Rede ist reich an Inhalt, gelegentlich mit Gleichnissen geschmückt, klar und bestimmt, ihrem Gegenstande angemessen.

»Sämereien und Pflanzungen anzulegen hat er verschmäht. Einmal des Tags nimmt er Nahrung zu sich, nachts ist er nüchtern, fern liegt es ihm zur Unzeit zu essen. Von Tanz, Gesang, Spiel, Schaustellungen hält er sich fern. Kränze, Wohlgerüche, Salben, Schmuck, Zierrath, Putz weist er ab. Hohe, prächtige Lagerstätten verschmäht er. Gold und Silber nimmt er nicht an. Rohes Getreide nimmt er nicht an. Rohes Fleisch nimmt er nicht an. Frauen und Mädchen nimmt er nicht an. Diener und Dienerinen nimmt er nicht an. Ziegen und Schaafe nimmt er nicht an. Hühner und Schweine nimmt er nicht an. Elephanten, Rinder und Rosse nimmt er nicht an. Haus und Feld nimmt er nicht an. Botschaften, Sendungen, Aufträge übernimmt er nicht. Von Kauf und Verkauf hält er sich fern. Von falschem Maaß und Gewicht hält er sich fern. {346}Von den schiefen Wegen der Bestechung, Täuschung, Niedertracht hält er sich fern. Von Raufereien, Schlägereien, Händeln, vom Rauben, Plündern und Zwingen hält er sich fern.

»Er ist zufrieden mit dem Gewande, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch pilgert, nur mit dem Gewande und der Almosenschaale versehn pilgert er. Gleichwie da etwa ein beschwingter Vogel, wohin er auch fliegt, nur mit der Last seiner Federn fliegt, ebenso auch ist der Mönch mit dem Gewande zufrieden, das seinen Leib deckt, mit der Almosenspeise, die sein Leben fristet. Wohin er auch wandert, nur damit versehn wandert er.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Tugendsatzung empfindet er ein inneres fleckenloses Glück.

»Erblickt er nun mit dem Gesichte eine Form, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das Gesicht.

»Hört er nun mit dem Gehöre einen Ton,

»Riecht er nun mit dem Geruche einen Duft,

»Schmeckt er nun mit dem Geschmacke einen Saft,

»Tastet er nun mit dem Getaste eine Tastung,

»Erkennt er nun mit dem Gedenken ein Ding, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das Gedenken.

»Durch die Erfüllung dieser heiligen Sinnenzügelung empfindet er ein inneres ungetrübtes Glück.

»Klar bewusst kommt er und geht er, klar bewusst blickt er hin, blickt er weg, klar bewusst regt und bewegt er sich, klar bewusst trägt er des Ordens Gewand und Almosenschaale, klar bewusst isst und trinkt, kaut und schmeckt er, klar bewusst entleert er Koth und Harn, klar bewusst geht und steht und sitzt er, schläft er ein, wacht er auf, spricht er und schweigt er.

»Treu dieser heiligen Tugendsatzung, treu dieser heiligen Sinnenzügelung, treu dieser heiligen klaren Einsicht sucht er einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene. Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Einsicht. {347}Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Gemüthes, von Begierde läutert er sein Herz. Gehässigkeit hat er verworfen, hasslosen Gemüthes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit. Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, einsichtig, klar bewusst, läutert er sein Herz von matter Müde. Stolzen Unmuth hat er verworfen, er ist frei von Stolz; innig beruhigten Gemüthes läutert er sein Herz von stolzem Unmuth. Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewissheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz.

»Er hat nun diese fünf Hemmungen aufgehoben, hat die Schlacken des Gemüthes kennen gelernt, die lähmenden; gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung.

»Weiter sodann, ihr Mönche: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille[4], die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung.

»Weiter sodann, ihr Mönche: in heiterer Ruhe verweilt der Mönch gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so gewinnt er die Weihe der dritten Schauung.

»Weiter sodann, ihr Mönche: nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erreicht der Mönch die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die erinnernde Erkenntniss früherer Daseinsformen. So kann er sich an manche verschiedene frühere Daseinsform erinnern, als wie an ein Leben, dann an zwei Leben, dann an drei Leben, dann an vier Leben, dann an fünf Leben, dann an zehn Leben, dann an zwanzig Leben, dann an dreißig Leben, dann an vierzig Leben, dann an fünfzig Leben, dann an hundert Leben, dann an tausend Leben, dann an hunderttausend Leben, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenvergehungen, dann an die Zeiten während mancher Weltenentstehungen-Weltenvergehungen. ›Dort war ich, jenen Namen hatte ich, jener Familie gehörte ich an, das war mein Stand, das mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; dort verschieden trat ich anderswo wieder ins Dasein: da war ich nun, diesen Namen hatte ich, dieser Familie gehörte ich an, dies war mein Stand, dies mein Beruf, solches Wohl und Wehe habe ich erfahren, so war mein Lebensende; {348}da verschieden trat ich hier wieder ins Dasein‹: so erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss des Verschwindens-Erscheinens der Wesen. So kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. ›Diese lieben Wesen sind freilich in Thaten dem Schlechten zugethan, in Worten dem Schlechten zugethan, in Gedanken dem Schlechten zugethan, tadeln Heiliges, achten Verkehrtes, thun Verkehrtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf den Abweg, auf schlechte Fährte, zur Tiefe hinab, in untere Welt. Jene lieben Wesen sind aber in Thaten dem Guten zugethan, in Worten dem Guten zugethan, in Gedanken dem Guten zugethan, tadeln nicht Heiliges, achten Rechtes, thun Rechtes; bei der Auflösung des Leibes, nach dem Tode, gelangen sie auf gute Fährte, in sälige Welt‹: so kann er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sehn, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er kann erkennen wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren.

»Solchen Gemüthes, innig, geläutert, gesäubert, gediegen, schlackengeklärt, geschmeidig, biegsam, fest, unversehrbar, richtet er das Gemüth auf die Erkenntniss der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß.

»Also erkennend, also sehend wird da sein Gemüth erlöst vom Wunscheswahn, erlöst vom Daseinswahn, erlöst vom Nichtwissenswahn. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntniss geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketenthum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da.

»Den heißt man, ihr Mönche, einen Menschen, der weder ein Selbstquäler, nicht der Uebung der Selbstquaal eifrig ergeben ist, noch ein Nächstenquäler, nicht der Uebung der Nächstenquaal eifrig ergeben ist: {349}der ohne Selbstquaal, ohne Nächstenquaal schon bei Lebzeiten ausgeglüht, erloschen, kühl geworden ist, sich wohlfühlt, heilig geworden im Herzen.«[5]

Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene Mönche über das Wort des Erhabenen.

52.

Sechster Theil

Zweite Rede

DER BÜRGER VON AṬṬHAKAM

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der ehrwürdige Ānando bei Vesālī, nahe dem Bilva-Weiler. Um diese Zeit nun war Dasamo der Hausvater, ein Bürger von Aṭṭhakam, in Pāṭaliputtam angekommen, irgend ein Geschäft zu erledigen.

Und Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, begab sich nach dem Hahnenhaine, wo einer der Mönche weilte, begrüßte diesen ehrerbietig und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach nun Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, also zu dem Mönche:

»Wo hält sich denn, o Herr, der ehrwürdige Ānando jetzt auf? Wir möchten jenen ehrwürdigen Ānando gerne sehn.«

»Der ehrwürdige Ānando, Hausvater, der hält sich bei Vesālī auf, nahe dem Bilva-Weiler.«

Als nun Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, sein Geschäft in Pāṭaliputtam erledigt hatte, begab er sich nach Vesālī, zum Bilva-Weiler, dorthin wo der ehrwürdige Ānando weilte, begrüßte ihn ehrerbietig und setzte sich zur Seite hin. Zur Seite sitzend sprach nun Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, also zum ehrwürdigen Ānando:

»Ist wohl, Herr Ānando, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, eine Weise angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht?«

»Es ist, Hausvater, von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, eine Weise angegeben worden, {350}wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.«

»Was ist das aber, Herr Ānando, für eine Weise, die von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten angegeben wurde, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht?«

»Da weilt, Hausvater, ein Mönch, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Und er überlegt also: ›Auch diese erste Schauung ist zusammengesetzt, zusammengesonnen: was aber irgend zusammengesetzt, zusammengesonnen ist, das ist wandelbar, muss untergehn‹: so erkennt er. Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als eine Weise angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.

»Weiter sodann, Hausvater: nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt der Mönch die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung — die Weihe der dritten Schauung — die Weihe der vierten Schauung. Und er überlegt also: ›Auch diese vierte Schauung ist zusammengesetzt, zusammengesonnen: was aber irgend zusammengesetzt, zusammengesonnen ist, das ist wandelbar, muss untergehn‹: so erkennt er. Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, {351}als eine Weise angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.

»Weiter sodann, Hausvater: liebevollen Gemüthes — erbarmenden Gemüthes — freudevollen Gemüthes — unbewegten Gemüthes weilend strahlt der Mönch nach einer Richtung, dann nach einer zweiten, dann nach der dritten, dann nach der vierten, ebenso nach oben und nach unten: überall in allem sich wiedererkennend durchstrahlt er die ganze Welt mit unbewegtem Gemüthe, mit weitem, tiefem, unbeschränktem, von Grimm und Groll geklärtem. Und er überlegt also: ›Auch diese unbewegte Gemütherlösung ist zusammengesetzt, zusammengesonnen: was aber irgend zusammengesetzt, zusammengesonnen ist, das ist wandelbar, muss untergehn‹: {352}so erkennt er. Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als eine Weise angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich, in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.

»Weiter sodann, Hausvater: nach völliger Ueberwindung der Formwahrnehmungen, Vernichtung der Gegenwahrnehmungen, Verwerfung der Vielheitwahrnehmungen gewinnt der Mönch in dem Gedanken ›Gränzenlos ist der Raum‹ das Reich des unbegränzten Raumes — gewinnt der Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Raumsphäre in dem Gedanken ›Gränzenlos ist das Bewusstsein‹ das Reich des unbegränzten Bewusstseins — gewinnt der Mönch nach völliger Ueberwindung der unbegränzten Bewusstseinsphäre in dem Gedanken ›Nichts ist da‹ das Reich des Nichtdaseins. Und er überlegt also: ›Auch dies Erfassen der Nichtdaseinsphäre ist zusammengesetzt, zusammengesonnen: was aber irgend zusammengesetzt, zusammengesonnen ist, das ist wandelbar, muss untergehn‹: so erkennt er. Und dahin gekommen erlangt er die Wahnversiegung. Erlangt er aber die Wahnversiegung nicht, so wird er eben bei seiner Begier nach Wahrheit, bei seinem Genusse der Wahrheit die fünf niederzerrenden Fesseln vernichten und emporsteigen, um von dort aus zu erlöschen, nicht mehr zurückzukehren nach jener Welt. Das aber, Hausvater, ist von Ihm, dem Erhabenen, dem Kenner, dem Seher, dem Heiligen, vollkommen Erwachten, als eine Weise angegeben worden, wobei dem Mönche, der unermüdlich in heißem, innigem Ernste beharrt, das unerlöste Gemüth sich löst, und der unversiegte Wahn zur Versiegung kommt, und wo man die unerreichte unvergleichliche Sicherheit erreicht.«

Nach dieser Rede wandte sich Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, also an den ehrwürdigen Ānando:

»Gleichwie etwa, Herr Ānando, wenn ein Mann, der eine Schatzmulde sucht, {353}auf einmal elf Schatzmulden fände: ebenso nun auch habe ich, o Herr, der eine Pforte der Ewigkeit suchte, auf einmal von elf Pforten der Ewigkeit erfahren. Gleichwie etwa, o Herr, ein Mann, der ein Haus mit elf Pforten hat, bei einer Feuersbrunst durch eine jede der Pforten sich zu retten vermöchte: ebenso nun auch könnte ich, o Herr, durch eine jede dieser elf Pforten der Ewigkeit mich retten. — Da nun, o Herr, die anderen Geistlichen gewiss nicht ausbleiben werden, für ihren Lehrer das Lehrgeld einzusammeln[6], warum sollt’ ich nicht auch dem ehrwürdigen Ānando meine Ehrfurcht bezeugen?«

Und Dasamo der Hausvater, der Bürger von Aṭṭhakam, bat die Mönche von Pāṭaliputtam und von Vesālī zu Gast und bediente und versorgte sie eigenhändig mit ausgewählter fester und flüssiger Speise; und er gab jedem der Mönche ein neues paar Kleider, dem ehrwürdigen Ānando den Mantel dazu. Und er ließ dem ehrwürdigen Ānando ein Wohnhaus für fünfhundert Mönche erbauen.[7]

53.

Sechster Theil

Dritte Rede

DIE SCHRITTE DES KÄMPFERS

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Sakker, bei Kapilavatthu, im Park der Feigenbäume. Damals aber hatten die Sakyer von Kapilavatthu eben erst ein neues Herrenhaus erbauen lassen, und niemand noch hatte darin gewohnt, kein Asket und kein Priester noch irgendein menschliches Wesen.

Da begaben sich denn die Sakyer von Kapilavatthu dorthin wo der Erhabene weilte, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig und setzten sich seitwärts nieder. Seitwärts sitzend sprachen nun die Sakyer von Kapilavatthu zum Erhabenen also:

»Es ist da, o Herr, von den Sakyern in Kapilavatthu ein neues Herrenhaus errichtet worden, und niemand noch hat es bewohnt, kein Asket und kein Priester, noch irgendein menschliches Wesen. Das möge, o Herr, der Erhabene zuerst benutzen: vom Erhabenen zuerst benutzt, werden es dann die Sakyer von Kapilavatthu benutzen. So soll es den Sakyern von Kapilavatthu lange zum Wohle, {354} zum Heile gereichen!«[8]

Schweigend gewährte der Erhabene die Bitte.

Als nun die Sakyer von Kapilavatthu der Zustimmung des Erhabenen sicher waren, standen sie auf, begrüßten den Erhabenen ehrerbietig, gingen rechts herum und begaben sich nach dem Herrenhause. Dort ließen sie den Boden ganz mit Matten bedecken[9], die Stühle bereit richten, einen Eimer mit Wasser aufstellen und eine Oellampe zurecht machen. Dann kehrten sie wieder zum Erhabenen zurück, verneigten sich ehrerbietig vor dem Erhabenen und standen seitwärts. Seitwärts stehend sprachen nun die Sakyer von Kapilavatthu zum Erhabenen also:

»Ganz mit Matten bedeckt, o Herr, ist der Boden des Hauses, die Stühle stehn bereit, ein Eimer mit Wasser ist aufgestellt, eine Oellampe zurecht gemacht: wie es nun, o Herr, dem Erhabenen belieben mag.«

Da hat denn der Erhabene sich gerüstet, Mantel und Schaale genommen und ist in Begleitung der Jüngerschaar zum Herrenhause hingeschritten. Dort angelangt spülte der Erhabene die Füße ab, trat in den Saal ein und setzte sich nahe dem mittleren Pfeiler, gegen Osten gewendet, nieder. Und auch die begleitenden Mönche spülten die Füße ab, traten in den Saal ein und setzten sich nahe der westlichen Wand, gegen Osten gewendet, nieder, so dass der Erhabene ihnen voransaß. Und auch die Sakyer von Kapilavatthu spülten die Füße ab, traten in den Saal ein und setzten sich nahe der östlichen Wand, gegen Westen gewendet, nieder, so dass der Erhabene ihnen voransaß.

Nachdem nun der Erhabene die Sakker von Kapilavatthu bis tief in die Nacht in lehrreichem Gespräche ermuntert, ermuthigt, erregt und erheitert hatte, wandte er sich an den ehrwürdigen Ānando:

»Besinne dich, Ānando, den Sakyern von Kapilavatthu zuliebe auf die ›Schritte des Kämpfers‹; der Rücken ist mir ermüdet: den will ich ausstrecken.«

»Gern, o Herr!« erwiderte da der ehrwürdige Ānando, dem Erhabenen gehorchend.

Und der Erhabene spreitete den Mantel, vierfach gefaltet, aus und legte sich auf die rechte Seite wie der Löwe hin, einen Fuß über dem anderen, gesammelten Sinnes, der Zeit des Aufstehns gedenkend.

Und der ehrwürdige Ānando wandte sich nun also an Mahānāmo den Sakyer:

»Da ist, Mahānāmo, der heilige Jünger tüchtig in Tugend, die Thore der Sinne hütet er, beim Essen weiß er Maaß zu halten, er weiht sich der Wachsamkeit, sieben rechte Eigenschaften eignen ihm, und die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, die kann er nach Wunsch gewinnen, in ihrer Fülle und Weite.

{355}»Wie aber ist, Mahānāmo, der heilige Jünger tüchtig in Tugend? Da ist, Mahānāmo, der heilige Jünger tugendhaft, in reiner Zucht richtig gezügelt bleibt er lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpft er beharrlich weiter, Schritt um Schritt. Also ist, Mahānāmo, der heilige Jünger tugendhaft.

»Wie aber hütet, Mahānāmo, der heilige Jünger die Thore der Sinne? Hat da, Mahānāmo, der heilige Jünger mit dem Gesichte eine Form erblickt, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gesichtes verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gesicht, er wacht eifrig über das Gesicht. Hat er mit dem Gehöre einen Ton gehört — hat er mit dem Geruche einen Duft gerochen — hat er mit dem Geschmacke einen Saft geschmeckt — hat er mit dem Getaste eine Tastung getastet — hat er mit dem Gedenken ein Ding erkannt, so fasst er keine Neigung, fasst keine Absicht. Da Begierde und Missmuth, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißigt er sich dieser Bewachung, er hütet das Gedenken, er wacht eifrig über das Gedenken. Also hütet, Mahānāmo, der heilige Jünger die Thore der Sinne.

»Wie aber weiß, Mahānāmo, der heilige Jünger beim Essen Maaß zu halten? Da nimmt, Mahānāmo, der heilige Jünger gründlich besonnen die Nahrung ein, nicht etwa zur Letzung und Ergetzung, nicht zur Schmuckheit und Zier, sondern nur um diesen Körper zu erhalten, zu fristen, um Schaden zu verhüten, um ein heiliges Leben führen zu können: ›So werd’ ich das frühere Gefühl abtödten und ein neues Gefühl nicht aufkommen lassen, und ich werde ein Fortkommen haben, ohne Tadel bestehn, mich wohl befinden.‹ Also weiß, Mahānāmo, der heilige Jünger beim Essen Maaß zu halten.

»Wie aber weiht sich, Mahānāmo, der heilige Jünger der Wachsamkeit? Da läutert, Mahānāmo, der heilige Jünger bei Tage, gehend und sitzend, das Gemüth von trübenden Dingen; läutert in den ersten Stunden der Nacht, gehend und sitzend, das Gemüth von trübenden Dingen; legt sich in den mittleren Stunden der Nacht auf die rechte Seite wie der Löwe hin, einen Fuß über dem anderen, gesammelten Sinnes, der Zeit des Aufstehns gedenkend; läutert in den letzten Stunden der Nacht, wieder aufgestanden, gehend und sitzend, das Gemüth von trübenden Dingen. Also weiht sich, Mahānāmo, der heilige Jünger der Wachsamkeit.

{356}»Wie aber eignen, Mahānāmo, dem heiligen Jünger sieben rechte Eigenschaften? Da hat, Mahānāmo, der heilige Jünger Zutrauen, er traut der Wachheit des Vollendeten, so zwar: ›Das ist der Erhabene, der Heilige, vollkommen Erwachte, der Wissens- und Wandelsbewährte, der Willkommene, der Welt Kenner, der unvergleichliche Leiter der Männerheerde, der Meister der Götter und Menschen, der Erwachte, der Erhabene.‹ Und er ist schaamhaft, er schämt sich Schlechtes in Werken, Worten und Gedanken zu begehn, er wahrt sich, dass er nicht in böse, unheilsame Dinge gerathe. Und er ist schüchtern, er scheut sich Schlechtes in Werken, Worten und Gedanken zu begehn, er sorgt, dass er nicht in böse, unheilsame Dinge gerathe. Und er hat viel gehört, ist Behälter des Wortes, Hort des Wortes der Lehre; und was da am Anfang begütigt, in der Mitte begütigt, am Ende begütigt und sinn- und wortgetreu das vollkommen geläuterte, geklärte Asketenthum überliefert: das kennt er, behält er, beherrscht er mit der Rede, bewahrt es im Gedächtniss, hat es von Grund aus verstanden. Und er hat den Muth und die Kraft unheilsame Dinge zu verleugnen und heilsame Dinge zu erringen, er dauert stark und standhaft aus, giebt den heilsamen Kampf nicht auf. Und er hat Einsicht, ist mit höchster Geistesgegenwart begabt: was da einst gethan, einst gesagt wurde, daran denkt er, daran erinnert er sich. Und er ist witzig, mit der Weisheit begabt, die Aufgang und Untergang sieht, mit der heiligen, durchdringenden, die zur völligen Leidensversiegung führt. Also eignen, Mahānāmo, dem heiligen Jünger sieben rechte Eigenschaften.

»Und wie, Mahānāmo, kann der heilige Jünger die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, nach Wunsch gewinnen, in ihrer Fülle und Weite? Da weilt, Mahānāmo, der heilige Jünger, gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen, in sinnend gedenkender ruhegeborener säliger Heiterkeit, in der Weihe der ersten Schauung. Nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens erreicht er die innere Meeresstille, die Einheit des Gemüthes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene sälige Heiterkeit, die Weihe der zweiten Schauung. In heiterer Ruhe, gleichmüthig, einsichtig, klar bewusst weilt er, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: ›Der gleichmüthig Einsichtige lebt beglückt‹; so erwirkt er die Weihe der dritten Schauung. Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erwirkt er die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmüthig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Schauung. Also kann, Mahānāmo, der heilige Jünger die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, nach Wunsch gewinnen, in ihrer Fülle und Weite.

»Ist nun, Mahānāmo, der heilige Jünger also tüchtig in Tugend, hütet er also die Thore der Sinne, weiß er also beim Essen Maaß zu halten, weiht er sich also der Wachsamkeit, eignen ihm also sieben rechte Eigenschaften, {357}und kann er die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, also nach Wunsch gewinnen, in ihrer Fülle und Weite, so heißt man ihn, Mahānāmo, den heiligen Jünger, der die Schritte des Kämpfers gegangen, ja bis oben an die Verschaalung gelangt ist, fähig zur Durchbrechung, fähig zur Erwachung, fähig die unvergleichliche Sicherheit zu finden.

»Gleichwie etwa, Mahānāmo, wenn eine Henne ihre Eier, acht oder zehn oder zwölf Stück, wohl bebrütet, gänzlich ausgebrütet, völlig gar gebrütet hat; wie sollte da nicht jener Henne der Wunsch kommen: ›Ach möchten doch meine Küchlein mit den Krallen oder dem Schnabel die Eischaale aufhacken, möchten sie doch heil durchbrechen!‹, und jene Küchlein sind fähig geworden mit den Krallen oder dem Schnabel die Eischaale aufzuhacken und heil durchzubrechen: ebenso nun auch, Mahānāmo, wird der heilige Jünger, sobald er also tüchtig in Tugend ist, also die Thore der Sinne hütet, also beim Essen Maaß zu halten weiß, also der Wachsamkeit sich weiht, also sieben rechte Eigenschaften ihm eignen, und er also die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, nach Wunsch gewinnen kann, in ihrer Fülle und Weite, als solcher, Mahānāmo, der heilige Jünger geheißen, der die Schritte des Kämpfers gegangen, ja bis oben an die Verschaalung gelangt ist, fähig zur Durchbrechung, fähig zur Erwachung, fähig die unvergleichliche Sicherheit zu finden.

»Hat nun, Mahānāmo, ein solcher heiliger Jünger eben diese letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht, so erinnert er sich mancher verschiedenen früheren Daseinsform, mit je den eigenthümlichen Merkmalen, mit je den eigenartigen Beziehungen. So ist er zum ersten Mal hervorgebrochen, wie das junge Huhn aus der Eischaale.

»Hat nun, Mahānāmo, ein solcher heiliger Jünger eben diese letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht, so sieht er mit dem himmlischen Auge, dem geläuterten, über menschliche Gränzen hinausreichenden, die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen, gemeine und edle, schöne und unschöne, glückliche und unglückliche, er erkennt wie die Wesen je nach den Thaten wiederkehren. So ist er zum zweiten Mal hervorgebrochen, wie das junge Huhn aus der Eischaale.

»Hat nun, Mahānāmo, ein solcher heiliger Jünger eben diese letzte, gleichmüthig einsichtige vollkommene Reine erreicht, so lässt er den Wahn versiegen und macht sich die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten offenbar, verwirklicht und erringt sie. {358}So ist er zum dritten Mal hervorgebrochen, wie das junge Huhn aus der Eischaale.

»Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger tüchtig in Tugend ist, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger die Thore der Sinne hütet, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger beim Essen Maaß zu halten weiß, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger sich der Wachsamkeit weiht, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, dem heiligen Jünger sieben rechte Eigenschaften eignen, so gilt ihm das als Wandel. Wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger die vier Schauungen, die das Herz erquicken, schon im Leben besäligen, nach Wunsch gewinnen kann, in ihrer Fülle und Weite, so gilt ihm das als Wandel.

»Und wenn sich da, Mahānāmo, der heilige Jünger mancher verschiedenen früheren Daseinsformen erinnert, so gilt ihm das als Wissen. Und wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger die Wesen dahinschwinden und wiedererscheinen sieht, so gilt ihm das als Wissen. Und wenn da, Mahānāmo, der heilige Jünger mit der Wahnversiegung sich die wahnlose Gemütherlösung, Weisheiterlösung noch bei Lebzeiten offenbar macht, verwirklicht und erringt, so gilt ihm das als Wissen.

»Den heißt man, Mahānāmo, den heiligen Jünger, der wissend bewährt ist, der wandelnd bewährt ist, der wissend und wandelnd bewährt ist. — Auch Brahmā hat da, Mahānāmo, der ewige Jüngling, den Spruch gesagt:

›Der Krieger ist der höchste Herr
Von allen, die von Adel sind;
Der wissend, wandelnd ist bewährt
Ist höchster Herr bei Gott und Mensch.‹

Das aber ist da, Mahānāmo, ein Spruch, den Brahmā, der ewige Jüngling, recht gesungen, nicht unrecht gesungen, recht gesprochen, nicht unrecht gesprochen hat, der sinnig ist, nicht unsinnig, dem der Erhabene zugestimmt hat.«

Und der Erhabene stand nun auf und wandte sich also an den ehrwürdigen Ānando:

»Gut, gut, Ānando, gut hast du, Ānando, den Sakyern von Kapilavatthu die ›Schritte des Kämpfers‹ gezeigt.«

{359}Also hatte der ehrwürdige Ānando gesprochen, und der Meister es gebilligt. Zufrieden freuten sich jene Sakyer von Kapilavatthu über das Wort des ehrwürdigen Ānando.[10]

54.

Sechster Theil

Vierte Rede

POTALIYO

Das hab’ ich gehört. Zu einer Zeit weilte der Erhabene im Lande der Aṉguttarāper, bei Āpaṇam, einer Burg im Gebiete der Aṉguttarāper. Und der Erhabene, zeitig gerüstet, nahm Mantel und Schaale und ging nach Āpaṇam um Almosenspeise. Und als der Erhabene, von Haus zu Haus tretend, Almosen erhalten, kehrte er zurück, nahm das Mahl ein und begab sich dann in ein nahe gelegenes Waldgehölz, für den Tag. Im Inneren dieses Waldgehölzes setzte sich der Erhabene am Fuß eines Baumes nieder, bis gegen Sonnenuntergang da zu verweilen.

Und auch Potaliyo der Hausvater kam, in einen weiten Obermantel gehüllt, versehn mit Schirm und Sandalen, auf einem Spaziergange lustwandelnd, nach dem Waldgehölze. Und er trat in das Waldgehölz ein und kam dorthin wo der Erhabene weilte. Dort angelangt tauschte er mit dem Erhabenen höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte und stellte sich seitwärts hin. Und an Potaliyo den Hausvater, der seitwärts stand, wandte sich der Erhabene also:

»Man kann sich da, Hausvater, hinsetzen: wenn du willst sitz’ nieder.«

Also angeredet dachte Potaliyo der Hausvater bei sich: ›Hausvater hat mich der Asket Gotamo genannt!‹ Und verstimmt und missmuthig schwieg er still.

Und zum zweiten Mal wandte sich der Erhabene also an Potaliyo den Hausvater:

»Man kann sich da, Hausvater, hinsetzen: wenn du willst sitz’ nieder.«

Und zum zweiten Mal dachte Potaliyo der Hausvater bei sich: ›Hausvater hat mich der Asket Gotamo genannt!‹ Und verstimmt und missmuthig schwieg er still.

Und zum dritten Mal wandte sich der Erhabene also an Potaliyo den Hausvater:

»Man kann sich da, Hausvater, hinsetzen: wenn du willst sitz’ nieder.«

Und zum dritten Mal dachte Potaliyo der Hausvater bei sich: ›Hausvater hat mich der Asket Gotamo genannt!‹ Und verstimmt und missmuthig sprach er also zum Erhabenen:

{360}»Das kommt dir, o Gotamo, nicht zu, das steht dir nicht zu, dass du mich mit dem Worte Hausvater angehst!«

»Du hast ja, Hausvater, Mienen, Merkmale, Kennzeichen wie sie dem Hausvater eignen.«

»Gleichwohl hab’ ich, o Gotamo, jeder Thätigkeit entsagt, jeden Verkehr abgeschnitten.«

»Wie denn aber hast du, Hausvater, jeder Thätigkeit entsagt, jeden Verkehr abgeschnitten?«

»Was ich da, o Gotamo, an Geld und Gut, an Silber und Gold besessen habe, das hab’ ich alles meinen Kindern zum Erbe gegeben: und ich rathe da keinem zu, keinem ab, hab’ mir nur Kost und Gewand bedungen. Also hab’ ich, o Gotamo, jeder Thätigkeit entsagt, jeden Verkehr abgeschnitten.«

»Anders redest, Hausvater, du vom Verkehrabschneiden, und wieder anders wird im Orden des Heiligen der Verkehr abgeschnitten.«

»Wie denn aber, o Herr, wird im Orden des Heiligen der Verkehr abgeschnitten? Gut wär’ es, o Herr, wenn mir der Erhabene die Lehre so darlegen wollte, wie der Verkehr im Orden des Heiligen abgeschnitten wird.«

»Wohlan denn, Hausvater, so höre und achte wohl auf meine Rede.«

»Ja, o Herr!« erwiderte da aufmerksam Potaliyo der Hausvater dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

»Acht Dinge sind es, Hausvater, die hier im Orden des Heiligen den Verkehr abschneiden lassen: welche acht? Kein Wesen tödten lässt vom Tödten der Wesen abstehn, Gegebenes nehmen lässt vom Nehmen des Nichtgegebenen abstehn, die Wahrheit reden lässt von der Lüge abstehn, nicht verleumden lässt von Verleumdung abstehn, nicht begehrlich süchten lässt von begehrlicher Sucht abstehn, nicht rügen und schelten lässt von Rügen und Schelten abstehn, nicht wüthen und verzweifeln lässt von Wuth und Verzweiflung abstehn, nicht anmaaßen lässt von Anmaaßung abstehn. Das sind, Hausvater, kurz gesagt, nicht ausführlich unterschieden, die acht Dinge, die hier im Orden des Heiligen den Verkehr abschneiden lassen.«

»Diese acht Dinge, o Herr, vom Erhabenen kurz angegeben, nicht ausführlich unterschieden, die hier im Orden des Heiligen den Verkehr abschneiden lassen: möchte mir doch, o Herr, der Erhabene diese acht Dinge ausführlich darlegen, von Mitleid bewogen!«

»So höre denn, Hausvater, und achte wohl auf meine Rede!«

»Gewiss, o Herr!« erwiderte da aufmerksam Potaliyo der Hausvater dem Erhabenen. Der Erhabene sprach also:

{361}»‚Kein Wesen tödten lässt vom Tödten der Wesen abstehn‘: das ist gesagt worden; und warum ist das gesagt worden? Da überlegt, Hausvater, der heilige Jünger bei sich: ›Jene Fesseln, die mich zum Mörder machen könnten, die beginn’ ich zu lösen, abzuschneiden: denn wenn ich zum Mörder würde, so möcht’ ich gar mich selber verachten, wegen des Mordes, und, wohlüberlegt, möchten Verständige mich tadeln, wegen des Mordes, und bei der Auflösung des Körpers, nach dem Tode, stände mir üble Fährte bevor, wegen des Mordes. Das ist ja eben die Fessel, das ist die Hemmung, nämlich der Mord. Wenn aber durch Mord verstörendes, sehrendes Wähnen entsteht, kann es den, der sich vom Morde fernhält, also nicht ankommen.‹ ‚Kein Wesen tödten lässt vom Tödten der Wesen abstehn‘: wurde das gesagt, so war es darum gesagt.