Die Reise zum Südpol - Die norwegische Südpolfahrt mit der Fram 1910-1912 - Roald Amundsen - E-Book

Die Reise zum Südpol - Die norwegische Südpolfahrt mit der Fram 1910-1912 E-Book

Roald Amundsen

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Beschreibung

Die Eroberung des Südpol: Wer würde als erstes dieses Ziel erreichen? Robert Falcon Scott oder Roald Amundsen? Das war die Frage in den Jahren 1911 und 1912. Diese beiden Polarforscher lieferten sich ein Wettlauf in der Antarktis. Eigentlich plante Roald Amundsen seit längerer Zeit eine Expedition in die Arktis. Er wollte mit dem Schiff „Fram“ ins Nordpolarbecken fahren, sich dort im Eis einschließen lassen und sich innerhalb von vier bis fünf Jahren zum damals noch unentdeckten Nordpol treiben lassen. Doch Anfang September des Jahres 1909 verkündeten Frederick Cook und Robert Edwin Peary, dass sie den Nordpol bereits erreicht hätten. Amundsen änderte deshalb seinen Plan - wenn er schon nicht als Erster den Nordpol erreichen konnte, wollte er zumindest der erste Mensch am Südpol sein. Akribisch bereitete Roald Amundsen seine Expedition vor, legte zahlreiche Nahrungsmittel- und Ausrüstungsdepots an und erkundete die Umgebung. Dabei verließ er sich auf die Methode, die er für die flexibelste und für die Bedingungen in der Antarktis am besten geeigneteste hielt: Mit Schlitten, ähnlich denen der Ureinwohner der Arktis, und insgesamt 116 Hunden wollte er sich zum Pol begeben. Dieses E-Book enthält den kompletten Reisebericht Amundsens der erstmals im Jahr 1912 heruasgegeben wurde und weiterhin den Bericht der sogenannten Ostabteilung, einen Bericht des Kapitäns der Fram und einige Berichte, die die wissenschaftlichen Ergebnisse der Expedition erläutern. Die ausführlichen Schilderungen der beteiligten Forscher werden durch über 300 Fotografien, Bilder und Zeichnungen ergänzt und illustriert.

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Roald Amundsen
Die Reise zum Südpol
Die norwegische Südpolfahrt mit der Fram
1910–1912
Mit 300 Abbildungen, 8 Vierfarbdruckbildern nach Ölgemälden von Prof. W. L. Lehmann und 15 Karten und Plänen

2. E-Book-Auflage, Januar 2015

www.mach-mir-ein-ebook.de, Hamburg

ISBN: 978-3-944309-67-5

Originalausgabe: J. F. Lehmanns Verlag in München, 1912

Cover: Wisting mit Hundegespann am Südpol, 14.-17. Dezember 1911, Fotograf: unbekannt / Besitzer: Nationalbibliothek, bldsa_NPRA0525

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

Schrift: »Gentium« von SIL International, diese Schriftart ist unter der Open Font License verfügbar

Inhalt
Band 1 – Fahrt in die Antarktis und Überwinterung
Der erste Drahtbericht aus Queensland
Kapitel I – Die Geschichte der Südpolarforschung
Kapitel II – Plan und Ausrüstung
Kapitel III – Nach Süden
Kapitel IV – Auf der Eisplatte
Kapitel V – Winter
Band 2 – Eroberung des Südpols
Kapitel VI – Zum Pol
Kapitel VII – Nordwärts
Kapitel VIII – Die Schlittenreisen der Ostabteilung
Kapitel IX – Von Norwegen zur Eisplatte und die Fahrt der Fram durch den Atlantischen Ozean
Kapitel X – Die Fram
Kapitel XI – Vorläufige Verarbeitung der meteorologischen Beobachtungen in Framheim
Kapitel XII – Vorläufige Mitteilung über das Ergebnis der Untersuchung der Gesteinsproben, die Roald Amundsen von seiner Forschungsreise zum antarktischen Festland (Süd-Viktoria-Land und König-Edward-VII.-Land) mitgebracht hat
Kapitel XIII – Die im Jahr 1910 im nördlichen und im Jahr 1911 im südlichen Atlantischen Ozean mit der Fram gemachten ozeanographischen Untersuchungen
Kapitel XIV – Wissenschaftlicher Beweis, dass Roald Amundsen mit seinen vier Gefährten den Südpol erreicht hat
Anmerkungen

Der tapferen kleinen Schar, die an jenem Abend auf der Reede von Funchal auf Madeira gelobte, mir bei der Eroberung des Südpols beizustehen – meinen Kameraden — widme ich dieses Buch.

Uranienburg, 15. August 1912.

Roald Amundsen

Band 1

Fahrt in die Antarktis und Überwinterung

Die gute alte „Fram" hat die norwegische Flagge am weitesten nach Norden – 85° 55′ – und am weitesten nach Süden – 78° 41′ – getragen.

Wenn der Entdecker den Sieg gewonnen hat, jubeln ihm bei deiner Heimkehr alle entgegen. Wir sind alle stolz auf die vollendete Tatsache, für unser Volk – für die ganze Menschheit! Es ist uns, als hätten wir eine neue Feder auf unserem Hut und als hätten wir sie billig erworben.

Wie viele von denen, die heute mitjubeln, sind wohl damals dabei gewesen, als es die Ausrüstung des Unternehmens galt, als es am Allernotwendigsten fehlte, als Zusammenschluss und Unterstützung am dringendsten und notwendigsten waren? Sind, die Leute da Sturm gelaufen, um zuerst anzukommen? O nein, da stand der Leiter der Forschungsreise meist allein, allzu oft musste er erfahren, dass die größten Schwierigkeiten daheim überwunden werden müssen, ehe das Schiff den Anker lichtet. Wie es einst Kolumbus erging, so erging es seitdem unzähligen anderen.

Und so ist es auch Roald Amundsen ergangen – nicht nur das letzte Mal, als er mit der „Gjöa“ auszog, um Forschungen am magnetischen Nordpol anzustellen und durch die nordwestliche Durchfahrt zu segeln, sondern auch diesmal, als er im Jahr 1910 mit der „Fram“ zum Fjord hinauszog, zur Fahrt quer über das Nordpolarmeer. Was hat dieser Mann an Sorgen und Schwierigkeiten durchgemacht, die ihm hätten erspart werden können, wenn bei denen, in deren Hand es lag, sie ihm zu erleichtern, das Verständnis größer gewesen wäre! Und Amundsen hatte doch schon bewiesen, dass er aus dem richtigen Holz geschnitzt ist: die beiden großen Aufgaben seiner Fahrt auf der Gjöa waren ja gelöst worden. Immer hat er das Ziel erreicht, das er sich gesteckt hatte, er, der mit seiner kleinen Jacht durch das ganze Eismeer nördlich von Amerika fuhr, auf dem Weg, der seit vierhundert Jahren vergeblich gesucht worden war. Er setzte sein Leben und seine Fähigkeiten ein, was wäre natürlicher gewesen, als dass wir es uns zur Ehre gerechnet hätten, einen solchen Mann zu unterstützen?

Aber was hat er erleben müssen?

Lange plagte er sich, nur um die Ausrüstung aufzubringen, immer waren die Geldmittel knapp, und gering war und blieb das Interesse für ihn und sein Unternehmen bei allen – die wenigen ausgenommen, die ihm von jeher nach besten Kräften geholfen hatten. Er selbst opferte alles, was er auf dieser Welt besaß. Aber gerade wie das letzte Mal musste er auch bei dieser Fahrt mit Sorgen und Schulden beladen seine Heimat verlassen, und ebenso wie damals zog er in einer Sommernacht in aller Stille in die weite Ferne.

Es ging dem Herbst zu, da traf eines Tages ein Brief von ihm ein: um sich das Geld zu verschaffen, das er daheim zu einer Nordpolfahrt nicht hatte bekommen können, wollte er nun zuerst nach dem Südpol! Die Leute waren starr – sie wussten nicht, was sie sagen sollten. Zum Nordpol über den Südpol reisen! Dem Plan etwas so Großes und Neues hinzufügen, ohne erst um Erlaubnis zu fragen – das war unerhört! Einige fanden es großartig, anderen kam die Sache zweifelhaft vor, viele schrien, es sei ungehörig, pflichtvergessen – ja verschiedene wollten sogar, er solle zurückgehalten werden. Aber keine von diesen Äußerungen erreichte ihn. Er hatte seinen Kurs eingeschlagen, er selbst hatte ihn bestimmt, ohne einen Blick zurückzuwerfen.

Dann wurde die Sache allmählich vergessen, jeder dachte wieder nur an seine eigenen Angelegenheiten. Nebel herrschte; Nebel tagaus tagein, Woche um Woche, der kleinen Menschen so wohltuende Nebels in dem alles verschwindet, was groß und hervorragend ist. Da – ganz unerwartet dringt die helle Frühlingssonne durch die Nebelschicht!

Eine neue Botschaft ist da! Die Leute waren wieder starr – sie sehen in die Höhe: Hoch über ihnen glänzt eine Tat, ein Mann – Jubel erfüllt die Herzen; – die Augen leuchten mit den Fahnen um die Wette.

Warum? Wegen der großen geographischen Entdeckungen? Wegen der wichtigen wissenschaftlichen Ausbeute? Ach nein – das kommt erst später und dringt nur zu den wenigen Sachkundigen! Aber das war es, was alle begriffen: Menschengeist und Menschenkraft hatten über Naturgewalt und Naturkräfte gesiegt – dies hebt die Menschen heraus, empor über das Grau des Alltags – es ist ein Ausblick auf schimmernde Fernen mit himmelhohen Bergen, die sich von einem frostblauen Himmel abheben, auf gletscherbedecktes Land von unermesslicher Ausdehnung – ein Märchen aus längst entschwundenen Eiszeiten – der Sieg der Lebendigen über das erstarrte Reich des Todes. Von eisernem, zielbewusstem Manneswillen tönt es – durch erstarrende Kälte, durch Schneestürme und Tod hindurch!

Denn diesen Sieg verdankt man nicht den großen Erfindungen der Gegenwart und den vielen neuen Hilfsmitteln auf allen Gebieten; die Mittel sind uralt, es sind dieselben, die der Nomade schon vor Tausenden von Jahren kannte, als er über Sibiriens und Nordeuropas Schneefelder dahinjagte. Aber alles, das Große und das Kleine war bis in alle Einzelheiten durchdacht – und der Plan wurde glänzend durchgeführt. Auf den Mann kommt es an; hier wie überall.

Wie alles Große sieht das Vollendete ganz einfach und selbstverständlich aus, man meint: Natürlich, so hat es sein müssen!

Wenn ich von den Entdeckungen der Vorgänger absehe – die selbstverständlich eine notwendige Bedingung zum Erfolg waren – so erscheint sowohl der Plan als die Ausführung wie eine reife Frucht norwegischen Lebens und norwegischer Erfahrung aus alter und neuer Zeit. Es ist das tägliche Winterleben der Norweger in Schnee und Kälte, unserer Bauern beständiger Gebrauch von Schneeschuhen und Schlitten auf den Bergen und im Wald, unserer Seeleute ergiebige Waljagd im Eismeer, unserer Entdecker Reisen in den Polargegenden – dies alles, verbunden mit der Verwendung von Hunden als Zugtiere, ist dem Plan zugrunde gelegt worden und hat dessen Ausführung möglich gemacht – als der rechte Mann kam.

Deshalb – wenn der rechte Mann erst kommt, geht es durch alle Schwierigkeiten hindurch, als seien gar keine vorhanden, jede einzelne ist vorausgesehen und im Geiste schon vorher erlebt worden. Darum komme keiner daher und rede von Glück und günstigem Zufall! Amundsens Glück ist das Glück des Starken, der weisen Voraussicht.

Wie sehr entspricht doch das Telegramm, das er heimgeschickt hat, ihm selbst und der ganzen Fahrt! So einfach und schlicht ist es, als handle es sich um einen Osterausflug ins Gebirge. Er spricht von dem, was erreicht ist, nicht von denen, die sich abgemüht haben. Jedes Wort ist mannhaft! So musste der rechte Mann sein: ruhig und stark.

Noch ist es zu früh, die Tragweite der neuen Entdeckungen messen zu wollen. Aber schon das Telegramm hat den Nebel so weit gelichtet, dass die Umrisse Form annehmen. Sie tauchen schon auf aus dem Nebelheim, diesem Märchenland des Eises, das so ganz verschieden von allen anderen Ländern ist.

In dieser merkwürdigen Eiswelt hat Amundsen seinen eigenen Weg gefunden; von Anfang bis zu Ende sind er und seine Reisegenossen durch ganz unbekannte Landstrecken auf ihren Schneeschuhen gefahren; es gibt in der Weltgeschichte nicht viele Entdeckungsreisen, auf denen eine so lange noch nie betretene, von keinem menschlichen Auge je gesehene Strecke von Menschenfüßen zurückgelegt worden ist. Die Leute hielten es für selbstverständlich, dass Amundsen nach dem von Shackleton entdeckten Beardmore-Gletscher steuern werde, um auf diesem Weg die hohen Schneegefilde in der Nähe des Pols zu erreichen; denn dort konnte er ja sicher sein, vorwärts zu gelangen. Wir aber, die Amundsen kannten, dachten, es sähe ihm ähnlich, sich gerade von da wegzuwenden, wo andere Leute schon gegangen waren. Und glücklicherweise behielten wir recht. Auf der Hinreise zum Pol fällt Amundsens Weg an keiner einzigen Stelle mit dem englischen zusammen.

Dies ist ein großer Gewinn für die Forschung. Wenn in einem Jahr Kapitän Scott mit allen seinen Entdeckungen und Beobachtungen von der anderen Strecke wohlbehalten zurückkehrt, werden Amundsens Ergebnisse sehr im Wert steigen, weil die Verhältnisse dann von zwei Seiten beleuchtet werden. Gerade der gleichzeitige Vorstoß gegen den Pol von verschiedenen Ausgangspunkten aus war das Günstigste, was der Wissenschaft widerfahren konnte. Das durchforschte Gebiet wird dadurch so viel größer, der Entdeckungen sind es viel mehr, und die Bedeutung der Beobachtungen ist dadurch oft ums Doppelte, ja ums Vielfache größer.

Nehmen wir z. B. die meteorologischen Verhältnisse: eine Reihe fortlaufender Beobachtungen an einem Ort hat gewiss ihren Wert; wird sie aber gleichzeitig durch die Beobachtungsreihe eines anderen Ortes derselben Gegend ergänzt, so steigt ihr Wert bedeutend, und unsere Kenntnisse der atmosphärischen Bewegungen erweitern sich ungemein. Ebenso ist es bei anderen Untersuchungen. Scotts Reise wird sicherlich auf vielen Gebieten eine reiche und wichtige Ausbeute bringen; aber auch der Wert seiner Beobachtungen wird durch die Zusammenstellung mit denen von Amundsen noch vermehrt werden.

Einen wichtigen Anhang zu Amundsens Polarfahrt bildet die Schlittenreise des Leutnant Prestrud und seiner beiden Gefährten, die diese in östlicher Richtung zu dem im Jahr 1902 von Scott entdeckten unbekannten Edward-VII-Land machten.

Es sieht fast aus, als hinge dieses Land mit den Ländermassen und mächtigen Gebirgsketten zusammen, die Amundsen in der Nähe des Pols fand; und schon sehen wir neue Probleme aufdämmern.

Hissung der Flagge

Aber nicht allein die Reisen über Eisfelder und Hochgebirge sind meisterhaft durchgeführt worden, unser Dank gebührt auch Kapitän Nilsen und seinen wackeren Leuten; sie haben die Fram[1] zweimal durch diese südlichen mit Eis erfüllten Fahrwasser geführt, die verschiedene Sachkundige für so gefährlich hielten, dass die Fram unmöglich hindurchkommen könnte. Und beide Male wurde die Fahrt mit einer Schnelligkeit und Sicherheit ausgeführt, als wenn das Schiff eine stehende Straße zurückgelegt hätte. Der Baumeister der Fram, der prächtige Colin Archer, kann mit Fug und Recht stolz darauf sein, wie sein „Kind“ auch diese Aufgabe gelöst hat – dieses Schiff, das am weitesten nord- und am weitesten südwärts auf unserer Erde vorgedrungen ist. Aber Kapitän Nilsen und seine Leute an Bord der Fram haben noch mehr getan, sie haben eine Forschungsreise ausgeführt, die in Beziehung auf wissenschaftlichen Wert allem gleichgestellt werden kann, was ihre Gefährten in der unbekannten Eiswelt erreicht haben – obgleich die meisten Leute wohl nicht imstande sind, das einzusehen. Während Amundsen und seine Genossen den Winter im Süden verbrachten, hat Nilsen mit der Fram das Meer zwischen Südamerika und Afrika erforscht. Nicht weniger als sechzig Mal haben sie angehalten, um in diesem wenig bekannten Meeresgebiet in einer Tiefe von 1000 und mehr Metern Temperaturmessungen, Wasser- und Planktonproben aufzunehmen. So haben sie gewissermaßen die beiden ersten Querschnitte durch den südatlantischen Ozean gemacht und dadurch der menschlichen Wissenschaft neue Gebiete der unbekannten Meerestiefe erschlossen. Diese durch Lotungen erhaltenen Aufnahmen sind die vollständigsten und längsten, die von irgendeinem Teil des Weltmeeres bekannt sind.

Wäre es unnatürlich, wenn die, die sich so sehr abgemüht und so viel erreicht haben, nun heimkehrten, um auszuruhen? O nein; aber Amundsen denkt an Größeres. Zunächst ist dies getan, nun gilt es das eigentliche Ziel zu erreichen. Im nächsten Jahr geht es durch die Beringstraße nordwärts in Eis, Kälte und Dunkelheit hinein, quer über das Nordpolarmeer. Die Reise soll fünf Jahre dauern. Das erscheint fast übermenschlich, aber Amundsen ist auch dazu der rechte Mann. „Vorwärts" heißt das Schiff, „vorwärts“ lautet sein Wahlspruch, und „vorwärts“ kommt er. Die Hauptforschungsreise, die er jetzt unternehmen will, wird er gerade so sicher durchführen, wie die, von der er eben heimkehrt.

Aber während wir hierauf warten, wollen wir uns einstweilen über das freuen, was erreicht ist. Wir wollen den schmalen Schlittenspuren folgen, die die kleinen schwarzen Punkte – Hunde und Männer – über die endlose weiße Fläche dort im fernen Süden – wie einen Schienenstrang mitten ins Herz des Unbekannten hinein gezogen haben. Der Wind jagt mit rastlosem Sausen über diese durch die Schneewüste führenden Spuren hin – bald werden sie ausgelöscht sein.

Aber der Schienenstrang der Wissenschaft ist gelegt, unser Wissen ist bereichert worden.

Und die Tat leuchtet hell für alle Zeiten.

Lysaker, 3. Mai 1912

Fridtjof Nansen

Roald Amundsen in Polarkleidung

Der erste Drahtbericht aus Queensland

Am 10. Februar 1911 begannen wir in südlicher Richtung vorzudringen, um Vorratslager zu errichten. Bis zum 11. April waren drei solcher Lager fertig, in denen 3000 kg Lebensmittel und 1100 kg Seehundfleisch niedergelegt waren. Da keine Landmarken da waren, mussten wir den Ort jedes Vorratslagers mit Flaggen bezeichnen, die in einer Entfernung von je 7 km in östlicher und westlicher Richtung angebracht wurden. Die große Eisplatte war am leichtesten zu überschreiten, und sie war für die Hundebeförderung ganz besonders gut geeignet. Am 15. Februar fuhren wir mit unseren Schlitten 100 km weit. Jeder Schlitten wog 300 kg und war mit sechs Hunden bespannt. Die Oberfläche der Eisplatte[2] war gleichmäßig und feinkörnig. An einzelnen Stellen zeigten sich Spalten, die aber nur an zwei Punkten gefährlich waren. Die Platte zog sich wellenförmig lang und gleichmäßig dahin. Das Wetter war ausgezeichnet, entweder war es ganz ruhig oder es wehte ein schwacher Wind. Am 4. März maßen wir die niedrigste Temperatur auf dieser Fahrt: −45° C.

Als wir von unserem ersten Ausflug am 5. März in unser Winterlager zurückkehrten, erfuhren wir, dass die Fram uns schon verlassen hatte. Mit Freude und Stolz hörten wir von den Zurückgebliebenen, dass es unserem kühnen Kapitän gelungen war, das Schiff weiter nach Süden vorzubringen, als irgend ein anderes Schiff je gekommen war. Die alte gute Fram hat also die norwegische Flagge am weitesten nach Norden und auch am weitesten nach Süden getragen. Die größte südliche Breite, die die Fram erreichte, ist 78°41′.

Ehe der Winter begann, hatten wir 60.000 kg Seehundfleisch in unserem Winterlager. Das genügte für unsere 110 Hunde. Wir hatten acht Hundehütten, sowie eine Anzahl Verbindungszelte und Schneehütten gebaut. Nachdem so für die Hunde gesorgt war, dachten wir auch an uns selbst. Unsere kleine Hütte war fast ganz mit Schnee bedeckt, und erst Mitte April beschlossen wir, uns künstliches Licht darin einzurichten. Dies geschah mit Hilfe einer Luxlampe von 200 Normalkerzen, die eine wundervolle Helligkeit verbreitete und auch den ganzen Winter die Temperatur in der Hütte auf ungefähr 20° C erhielt. Die Lüftung war ausgezeichnet, wir hatten genügend frische Luft. Die Hütte stand in direkter Verbindung mit dem Haus, wo unsere Werkstatt, die Vorratskammer, der Lagerraum, der Keller und außerdem auch ein Badezimmer und ein Beobachtungsraum waren. So hatten wir alles unter Dach und Fach und auch leicht zugänglich, falls das Wetter so kalt und stürmisch werden sollte, dass wir uns nicht hinauswagen konnten.

Hüttenbau bei Framheim.

Die Sonne verließ uns am 22. April, und wir sahen sie erst nach vier Monaten wieder. Während des Winters arbeiteten wir unsere persönliche Ausrüstung vollständig um; denn als wir die Vorratslager anlegten, hatte es sich gezeigt, dass diese Ausrüstung für die ebene Eisplatte viel zu schwer und plump war. Daneben führten wir all die wissenschaftlichen Arbeiten aus, die zu erledigen waren. Wir machten eine Menge bemerkenswerter meteorologischer Beobachtungen. Es war sehr wenig Schnee vorhanden, obgleich sich offenes Walser in der Nähe befand. Wir hatten gehofft, im Laufe des Winters eine höhere Temperatur verzeichnen zu können, aber sie hielt sich sehr niedrig.

„Am 10. Februar begannen wir uns in südlicher Richtung durchzuarbeiten, um Vorratslager zu errichten“

Fünf Monate lang wurde die Temperatur gemessen; die Aufnahmen schwankten zwischen −50 und −60° C. Die niedrigste hatten wir am 13. August, nämlich −59°. Das Wetter war still; am 1. August hatten wir −58° bei einer Windgeschwindigkeit von 6 m in der Sekunde. Die Mitteltemperatur des Jahres betrug −26°. Von einem Tag zum anderen erwarteten wir einen Orkan, hatten aber nur zwei mäßige Stürme.

Die Südlichter konnten wir nach allen Himmelsrichtungen hin sehr gut beobachten. Den ganzen Winter hindurch war der Gesundheitszustand ausgezeichnet. Als die Sonne am 24. August: wieder auftauchte, beschien sie Männer an Leib und Seele frisch und gesund und vollkommen bereit, die Aufgabe, die gelöst werden sollte, in Angriff zu nehmen.

Schon am Tag vorher hatten wir die Schlitten an die Stelle gebracht, von wo aus der Marsch nach Süden angetreten werden sollte. Anfang September war die Temperatur gestiegen, und da hatten wir die Reisevorbereitungen begonnen.

Pinguine

Am 8. September machten sich acht Mann mit sieben Schlitten und 90 Hunden nebst Lebensmitteln für 90 Tage auf den Weg. Die Bodenbeschaffenheit war ausgezeichnet und die Temperatur erträglich. Aber schon am nächsten Tage zeigte sich, dass wir uns zu früh herausgewagt hatten. Die Temperatur fiel und hielt sich während der folgenden Tage zwischen 50 und 60° Kälte. Wir persönlich litten nicht darunter, da wir sehr gute Pelzanzüge hatten, aber bei den Hunden war es eine andere Sache. Sie wurden mit jedem Tag magerer, und wir merkten bald, dass sie es auf die Dauer nicht aushalten würden. An unserem Vorratslager auf 80° Breite beschlossen wir, umzukehren und den Anbruch des Frühlings abzuwarten. Nachdem wir die Lebensmittel wohl verwahrt hatten, kehrten wir in die Hütte zurück. Wir hatten einige Hunde eingebüßt und ein paar Fersen erfroren, sonst aber befand sich alles ausgezeichnet. Erst Mitte Oktober wurde es tatsächlich Frühling; nun tauchten da und dort Seehunde und Vögel auf. Die Temperatur hielt sich gleichmäßig zwischen 20 und 30° Kälte.

Auf der Seehundjagd

Wir hatten indes unseren ursprünglichen Plan, alle miteinander nach dem Süden vorzudringen, aufgegeben. Nur fünf Mann sollten dies tun, während drei andere einen Ausflug in östlicher Richtung unternehmen sollten, um das König-Edward-VII-Land zu besuchen. Dieser Abstecher war ursprünglich nicht geplant gewesen, da aber die Engländer im vorhergehenden Sommer ihre Absicht, dieses Land zu erreichen, nicht hatten ausführen können, hielten wir es fürs beste, auch diese Reise zu unternehmen.

Am 20. Oktober machte sich die nach Süden bestimmte Abteilung auf den Weg. Sie bestand aus fünf Mann mit vier Schlitten und 52 Hunden und hatte Lebensmittel für vier Monate bei sich. Alles war in ausgezeichneter Ordnung, und wir waren übereingekommen, den ersten Teil in aller Ruhe zurückzulegen, damit wir und die Hunde nicht zu ermattet würden. Wir wollten deshalb am 23. Oktober beim ersten Vorratslager, das sich am 80. Breitengrad befand, einen kleinen Aufenthalt machen. Da ringsum dichter Nebel herrschte, verfehlten wir zuerst den Weg, aber nach einem Marsch von 2 bis 4 km fanden wir doch den richtigen Platz wieder.

Nachdem wir uns hier ausgeruht und den Hunden so viel Salzfleisch gegeben hatten, wie sie zu fressen imstande waren, machten wir uns am 26. wieder auf den Weg. Die Temperatur hielt sich ständig zwischen −20° und −30°.

Am Anfang hatten wir beschlossen, nicht mehr als 20 bis 30 km am Tag zurückzulegen, doch konnten wir, dank unserer starken willigen Tiere, mehr leisten. Beim 80 Breitengrad fingen wir an, etwa mannshohe Schneewarten zu bauen, die uns bei der Rückkehr den Weg weisen sollten.

Am 31. erreichten wir das Lager bei 81°. Wir blieben einen Tag dort, und die Hunde bekamen Pemmikan. Am 5. November wurde das Vorratslager bei 82° erreicht, wo die Hunde zum letzten Mal so viel fressen durften, wie sie vermochten.

Am 8. zogen wir wieder südwärts, und von da an betrug der tägliche Marsch 50 km. Um die schweren Schlitten zu erleichtern, legten wir auf jedem Grad, den wir erreichten, Vorratslager an. Von 82° bis 83° war es die reinste Vergnügungsreise, denn Bodenbeschaffenheit und Witterung waren so günstig, wie man sie sich nur wünschen konnte. Alles ging wie am Schnürchen bis zum 9., wo wir das Süd-Viktorialand und die Fortsetzung der Bergkette sahen, die Shackleton auf seiner Karte angibt und die sich vom Breadmore-Gletscher in südöstlicher Richtung hinzieht. Am selben Tag erreichten wir 83° und errichteten dort das vierte Vorratslager.

Am 11. machten wir die interessante Entdeckung, dass die Rossplatte gegen Südosten in einen Winkel ausläuft, zwischen einer Gebirgskette, die vom Süd-Viktorialand südostwärts streicht, und einer anderen auf der entgegengesetzten Seite, welche südwestwärts streichend, eine Fortsetzung des König-Edward-VII-Land bildet.

Am 13. erreichten wir 84°, wo wir noch ein Vorratslager errichteten. Am 16. war 85° erreicht, und abermals wurden Vorräte niedergelegt. Vom Winterlager „Framheim“ aus waren wir die ganze Zeit geradewegs südwärts marschiert Am 17. November kamen wir bei 85° an eine Stelle, wo die Küste des Inlandes unseren Weg kreuzte, doch vorläufig ohne uns Schwierigkeiten zu bereiten. Sie stieg hier wellenförmig ungefähr 90 m hoch empor und einige große Klüfte bezeichneten ihre Grenze. Hier errichteten wir das Hauptlager; für 60 Tage Lebensmittel wurden auf die Schlitten geladen, und ein für ungefähr 30 Tage genügender Vorrat blieb hier zurück.

Das Gebirge, an dessen Fuß wir lagerten und das wir jetzt übersteigen sollten, sah mit seinen über die Küste aufragenden Gipfeln, die sich von 600 bis 3000 m erhoben, ganz und gar unzugänglich aus. Weiter südwärts ragten noch höhere Gipfel auf, deren Höhen 4500 m oder mehr betrugen.

Am nächsten Tag begann der Aufstieg, das heißt das Klettern. Beim ersten Teil war es keine schwere Arbeit, da die Steigung sanft aufwärts führte und Geröll und Eis den Abhang meist bedeckte. Dank unserer willigen Hunde dauerte es nicht sehr lange, bis wir den Anstieg hinter uns hatten.

Beim nächsten Teil aber trafen wir auf kleine, sehr steile Gletscher; hier mussten wir vor jeden Schlitten 20 Hunde spannen und konnten also immer nur zwei Schlitten auf einmal befördern. An einzelnen Stellen waren die Gletscher so steil, dass es schwer war, auf Schneeschuhen weiterzukommen, und mehrere Mal zwangen uns auch tiefe Spalten zum Umkehren.

Am ersten Tag kletterten wir 600 m hoch, am nächsten überschritten wir kleine Gletscher und lagerten uns dann in einer Höhe von 1370 m. Am dritten Tag mussten wir den großen Axel-Heiberg-Gletscher, der das Küstengebirge von den südlicher liegenden Bergen trennt, hinuntersteigen.

Am darauffolgenden Tag begann der längste Teil unserer Kletterwanderung. Viele Umwege mussten gemacht werden, um die zahlreichen Spalten und offenen Schluchten zu umgehen. Die meisten davon waren zugedeckt, da der Gletscher sich allem Anschein nach lange Zeit nicht mehr bewegt hatte; aber wir mussten trotzdem sehr vorsichtig sein, denn wir konnten ja nie wissen, wie hoch die Schneeschicht darüber war. Unser Lager befand sich in jener Nacht in überaus malerischer Umgebung in einer Höhe von 1500 m.

Der Gletscher war hier zwischen zwei 4500 m hohen Bergen eingeklemmt, die wir Fridtjof-Nansen- und Peter-Christophersen-Berg nannten.

Am Fuß des Gletschers sahen wir Ole Engelstabs großen Schneekegel bis zu 5000 m aufragen. Der Gletscher war in dem engen Pass sehr zerrissen. Hier schien es, als wollten uns gewaltige Spalten am Vorwärtsdringen verhindern, aber glücklicherweise war es nicht so schlimm, wie es aussah.

Unsere Hunde, die in den letzten Wochen schon eine Entfernung von 700 km überwunden hatten, vollbrachten an diesem Tag ein glänzendes Stück Arbeit: 35 km bei einem Aufstieg von 1700 m. Das war eine fast unglaubliche Leistung. Wir brauchten von der Eisplatte an nur vier Tage, bis wir oben auf der ungeheuren Inlandshochebene angekommen waren, und nun schlugen wir in einer Höhe von 2250 m unser Lager auf. Hier mussten wir 24 unserer mutigen Hunde schlachten, und nur 18 wurden zurückbehalten – sechs zu jedem unserer drei Schlitten. In diesem Lager mussten wir uns wegen des schlechten Wetters vier Tage aufhalten. Am 25. November waren wir indes des Wartens überdrüssig und zogen weiter; aber am 26. wurden wir von einem rasenden Schneesturm überfallen. In dem dichten Schneegestöber konnten wir nicht das mindeste sehen; aber wir fühlten, dass wir, ganz im Gegensatz zu dem, was wir erwartet hatten – nämlich einen weiteren Aufstieg – nun rasch abwärts stiegen.

Betty-Gipfel, 85° 7′ südliche Breite:

„Am nächsten Tag begann der Aufstieg.“

Der Höhenmesser[3] zeigte an diesem Tag eine Senkung von 180 m. Am nächsten Tag wurde der Marsch bei starkem Wind und dichtem Schneegestöber fortgesetzt. Unsere Gesichter wurden von der Kälte sehr mitgenommen; Gefahr war keine bei dem Marsch, aber wir konnten absolut nichts sehen. Unserer Berechnung nach erreichten wir an diesem Tag den 86 Breitengrad. Der Höhenmesser zeigte eine Senkung von 240 m. Am nächsten Tag ging es gerade so. Das Wetter klärte sich gegen Mittag auf, und vor unseren erstaunten Blicken zeigte sich im Osten in weiter Ferne eine mächtige Bergkette. Aber sie war nur einen kurzen Augenblick sichtbar, dann verschwand sie wieder im dichten Schneegestöber. Am 29. wurde das Wetter ruhiger, und die Sonne schien – das war eine angenehme Überraschung. Unser Weg führte über einen großen Gletscher, der sich in südlicher Richtung erstreckte und auf dessen östlicher Seite sich eine große nach Südosten laufende Gebirgskette erhob. Auf ihren westlichen Teil hatten wir indes keine Aussicht, da dieser in dichten Nebel gehüllt war. Am Fuß des Teufelsgletschers wurden auf 86° 21′ s. Br. Lebensmittel für sechs Tage niedergelegt. Der Höhenmesser zeigte 2440 m über dem Meer. Am 30. November begannen wir die Ersteigung des Gletschers. Der untere Teil war sehr zerklüftet und gefährlich, und die dünnen Schneebrücken über den Spalten brachen recht oft unter uns zusammen. An diesem Abend hatten wir von unserem Lager aus eine wundervolle Aussicht über das Gebirge im Osten. Der Helmer-Hansen-Gipfel war der merkwürdigste von allen – er ist 3600 m hoch und von einem so zerklüfteten Gletscher bedeckt, dass es aussieht, als könnte man da unmöglich festen Fuß fassen. Hier lagen auch die Oskar-Wisting-, Sverre-Hassel- und Olaf-Bjaaland-Berge von den Strahlen der Sonne hell erleuchtet vor uns. Ganz in der Ferne und wegen des treibenden Nebels nur ab und zu sichtbar, sahen wir den Th.-Nilsen-Berg mit seinen Zinnen, die eine Höhe von 4500 m erreichen; wir konnten aber nur die uns am nächsten liegenden Teile davon sehen. Da das Wetter sehr neblig war, brauchten wir drei Tage, um über den Teufelsgletscher hinüberzukommen.

Am 1. Dezember verließen wir mit größter Befriedigung, ja Begeisterung diesen Gletscher; er war von unzähligen Spalten und Löchern zerrissen, und seine Höhe stieg bis zu 2750 m an. Im Nebel und Schneegestöber sah er wie ein gefrorener See aus, aber es zeigte sich, dass es eine abschüssige, mit kleinen Eisblöcken übersäte Eisfläche war, und unser Spaziergang über diese Eismassen war durchaus nicht behaglicher Art. Der Boden unter uns war offenbar hohl, und es klang, als wanderten wir über leere Fässer hin. Zuerst brach ein Mann ein und dann ein paar Hunde, aber sie kamen doch glücklich wieder heraus. Wir konnten natürlich auf diesem glänzend polierten Eis unsere Schneeschuhe nicht gebrauchen, aber mit den Schlitten ging es verhältnismäßig gut. Wir gaben diesem Platz den Namen „Teufelstanzplatz“. Dieser Teil unseres Marsches war der schwierigste und widerwärtigste der ganzen Reise. Am 2. Dezember erreichten wir unseren höchsten Punkt; wir befanden uns nach dem Höhenmesser und Federbarometer[4] auf einer Höhe von 3280 m – es war 87° 51′ südlicher Breite. Am 8. Dezember hörte das schlechte Wetter auf, die Sonne lächelte aufs neue, und wir konnten astronomische Beobachtungen machen. Es zeigte sich, dass die Beobachtungen und unsere Berechnungen über die zurückgelegte Entfernung ganz genau dasselbe Ergebnis hatten, nämlich 88° 16′ südlicher Breite. Vor uns lag eine durchaus flache, nur von kleinen Spalten unterbrochene Hochebene. Am Nachmittag überschritten wir die Breite von 88° 23′, bis zu der Shackleton vorgedrungen war. Auf 88° 25′ schlugen wir unser Lager auf und errichteten unser letztes Vorratslager – das zehnte. Von 88° 25′ an senkte sich die Fläche gleichmäßig und ganz langsam. Am 9. Dezember erreichten wir 88° 29′ – am 10. Dezember 88° 56′, am 11. Dezember 89° 15′, am 12. Dezember 89° 30′, am 13. Dezember 89° 45′.

Vorratslager auf 84° südlicher Breite:

„Am 15. November 1911 erreichten wir den 84. Breitengrad, wo wir noch ein Vorratslager anlegten.“

Bis zu diesem Augenblick hatten die Sonnenbeobachtungen und unsere Entfernungsberechnungen überraschend gut gestimmt. Wir berechneten, dass wir am 14. Dezember den Pol erreichen würden. Am Nachmittag dieses Tages hatten wir strahlendes Wetter. Ein schwacher Wind aus Südosten bei einer Temperatur von −23°, und die Schlitten glitten ausgezeichnet dahin. Der Tag verging ohne nennenswerte Ereignisse, und um 3 Uhr nachmittags machten wir halt, da wir unserer Berechnung nach unser Ziel erreicht hatten.

Nun versammelten wir uns alle, um unsere norwegische Flagge aus bester Bannerseide gemeinsam aufzupflanzen. Wir gaben der ungeheuren Hochebene, auf der der Pol liegt, den Namen „König-Haakon-VII-Land“.

Es war eine ungeheure Ebene, die nach allen Richtungen hin in meilenweitem Umkreis ganz denselben Charakter zeigte. Am Nachmittag durchstreiften wir die Umgebung unseres Lagers, und am folgenden Tag, an dem sehr schönes Wetter herrschte, verbrachten wir von morgens 6 Uhr bis abends 7 Uhr die ganze Zeit damit, eine Reihe Beobachtungen aufzunehmen, die das Resultat 89° 55′ ergaben. Um den Pol so nahe wie möglich beobachten zu können, zogen wir die fehlenden 9 km weiter südwärts, dem Pol so nahe wie nur möglich. Am 16. Dezember schlugen wir da bei strahlendem Sonnenschein unter den günstigsten Verhältnissen für Beobachtungen unser Lager auf. Vier von uns machten zu jeder Stunde des Tages Beobachtungen – im ganzen 24. Die Ergebnisse werden Sachverständigen zur Untersuchung unterbreitet werden.

Nun hatten wir also dem Pol so nahe Beobachtungen gemacht, wie es mit den Instrumenten, die uns zur Verfügung standen, in menschlicher Macht steht. Wir hatten mit dem Sextanten und dem künstlichen Horizont den Pol auf 8 Kilometer Halbmesser bestimmt.

Am 17. Dezember waren wir fertig. Am Pol selbst errichteten wir ein kleines Zelt, umgaben es mit norwegischen Flaggen und pflanzten die norwegische Fahne und den Wimpel der Fram oben darauf. Das norwegische Lager auf dem Südpol erhielt den Namen Polheim. Die Entfernung von unserem Winterquartier bis zum Pol betrug ungefähr 1400 km, so dass wir also durchschnittlich täglich 25 km zurückgelegt hatten.

Am 17. Dezember wurde die Rückreise angetreten. Das Wetter war ungewöhnlich günstig, und die Heimreise war dadurch bedeutend leichter als unser Marsch zum Pol. Im Januar 1912 erreichten wir unser Winterquartier Framheim mit zwei Schlitten und 11 Hunden – alles befand sich in gutem Zustand. Auf dem Rückweg legten wir durchschnittlich täglich 36 km zurück. Die niedrigste Temperatur, die wir auf dieser Reise beobachteten, war −31° und die höchste −5°.

Das Hauptergebnis – abgesehen davon, dass der Pol erreicht ist – ist die Feststellung der Ausdehnung der Rossplatte sowie ihres Charakters. Sodann die Entdeckung einer Verbindung zwischen Süd-Viktoria-Land und, so weit es zu beurteilen war, dem König-Eduard-VII-Land durch die Fortsetzung der mächtigen Gebirge, die nach Südosten laufen und gegen Süden weit in der Ferne bis zu 80° 8′ gesehen wurden, die sich aber aller Wahrscheinlichkeit nach quer durch den antarktischen Erdteil fortsetzen. Diesem ganzen neuentdeckten Gebirgszug in einer Länge von 850 km gaben wir den Namen Königin-Maud-Gebirge.

Die Reise zum König-Edward-VII.-Land unter Leutnant Prestruds Leitung hat ausgezeichnete Ergebnisse geliefert. Scotts Entdeckung wurde bestätigt; die Untersuchung der Bucht der Wale und der Eisplatte ist auch von großem Interesse. Ferner sind reiche geologische Sammlungen des König-Edward-VII-Land und des Süd-Viktoria-Land angelegt worden.

Die Fram erreichte die Bucht der Wale erst am 9. Januar, da sie durch starke östliche Winde bei den Roaring Forties[5] aufgehalten worden war.

Am 16. Januar erreichte die japanische Forschungsreise die Bucht der Wale und das Land bei der Eisplatte in der Nähe unseres Winterlagers.

Die Fram in der Bucht der Wale

Am 30. Januar verließen wir die Bucht der Wale. Wir hatten heftigen Gegenwind, und so dauerte die Reise sehr lange.

Es geht uns allen ausgezeichnet.

Der Anfang von Roald Amundsens Werk in der Urschrift wiedergegeben

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