Die Schule - Walther Borgius - E-Book

Die Schule E-Book

Walther Borgius

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Beschreibung

Dr. Walther Borgius' Buch gliedert sich in zwei Hauptteile. Im ersten Teil beschreibt er die Geschichte der Schule und macht darin ihre Funktion als Herrschaftsmittel des Staates deutlich. Im zweiten Teil geht er auf "Grundsätzliches" der Schule ein. Dabei analysiert er verschiedene Schulfächer hinsichtlich ihres Nutzens für den Staat, beschreibt selbstbestimmtes Lernen, fordert die Beseitigung der Schule und zeigt neue Wege auf. Borgius Thesen und Aussagen sind erschreckend aktuell, bedenkt man, daß das Buch erstmals 1930 veröffentlich wurde. Seine Argumente für selbstbestimmtes Lernen und gegen die Schulpflicht sind auf jeden Fall eine Bereicherung für jeden, der sich diesen Diskussionen stellt. Seine Schulkritik jedenfalls hat nichts an Aktualität eingebüßt. "Es gibt nun Leute, welche behaupten: Ohne Zwang würden die meisten Kinder aber gar nichts leisten, für nichts wirkliches Interesse zeigen, geschweige denn gar sich realen ernstlichen und anhaltenden Anstrengungen dafür unterziehen, sondern nur faulenzen und Unfug treiben. Diese Auffassung (die übrigens allen Beobachtungen widerspricht) kommt mir immer vor, als behaupte man, die Kinder müßten, da sie noch gar nicht beurteilen vermöchten, was der Körper brauche, fünfmal täglich zu bestimmten Terminen vorgeschriebene Mahlzeiten von bestimmtem Ausmaß und bestimmtem Gehalt eingeflößt erhalten, ohne Rücksicht auf Hunger oder Neigung. Sonst würden sie alle "Suppenkaspars" werden und elendiglich verhungern." Walther Borgius

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Seitenzahl: 425

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Die Schule

Ein Frevel an der Jugend

von Walther Borgius

Widmung

Dem Andenken

des Gymnasial-Direktors Nötel (genannt »Schwerenötel«), des Gymnasial-Professors Laves (genannt Πῇχυς »die Elle«) und anderer sogenannter »Pädagogen«, die Gott in seinem Zorn – ausgerüstet mit allen Machtmitteln der Schuldisziplin – auf uns arme wehrlose Bengel losgelassen hat, in schaudernder Erinnerung gewidmet, – in dankbarer Anerkennung der Tatsache, daß sie mir schon frühzeitig die unerbittliche Erbfeindschaft zwischen Kind und Schule offenbarten und einprägten.

Einleitung

Nach allgemeiner Ueberzeugung der ganzen europäisch-amerikanischen Kulturmenschheit ist die Schule eine gemeinnützige Anstalt, welche von der Gesellschaft geschaffen ist im Interesse der jungen Generation, damit diese rechtzeitig die Kenntnisse und Fertigkeiten lernt, deren sie später bedarf, um den Anforderungen des Lebens gerecht werden zu können. In der neuen Zeit wurde dann ihre Leitung und Verwaltung auf den Staat abgewälzt, weil dieser, dank seiner größeren Neutralität, seiner reicheren Hilfskräfte und namentlich größeren Geldmittel ihre Aufgaben weit erfolgreicher zu erfüllen vermöchte. Vereinzelt noch vorkommende Mängel der Schule werden aus noch verbliebenen überholten Formen und Normen erklärt oder aus einem noch nicht zureichend erfolgtem Durchdringen neuer Errungenschaften der pädagogischen Wissenschaft. Es bedürfe daher weiteren Ausbaus und verständiger Reform der Schule, um sie zu immer wachsender Vollkommenheit zu führen und zu einem wahren Segen für die Jugend und die Gesellschaft überhaupt werden zu lassen.

Diese – vom Staat allenthalben proklamierte und vom leichtgläubigen Publikum kritiklos treuherzig kolportierte – Auffassung ist grundfalsch.

Die Schule ist ein raffiniertes Herrschaftsmittel des Staates, geschaffen (bzw. aus ähnlichen Ansätzen konkurrenzgefährlicher Stellen – Kirche, Städte, Private – usurpiert), um von Kindesbeinen an alle Staatsangehörigen an Gehorsam zu gewöhnen, ihnen die Suggestion von der Notwendigkeit des Staates in Fleisch und Blut übergehen zu lassen, jede Emanzipationsidee im Keime zu lähmen, die Entwicklung ihres Denkens in wohlgehegte Bahnen zu lenken und sie zu bequem regierbaren, demütigen Untertanen zu drillen.

Die Schule ist daher nicht eine segensreiche, nur noch unvollkommene Einrichtung, die höchstens durch Ausbau und Reform zu einer immer wertvolleren zu gestalten ist, sondern ein Uebel an sich, das restlos beseitigt werden muß, damit die Jugend, nach endlicher Befreiung von diesem verhängnisvollen Prokustesbett, sich künftig unverkrüppelt aus jeweiliger freier Selbstbestimmung ihrer eigenen individuellen Natur gemäß entfalten kann.

Das ist, wie der Leser sehen wird, nicht etwa bloße unfruchtbare Kritik oder die überspannte Idee eines schulverärgerten Utopisten, sondern nüchterne Erkenntnis eines schweren Krebsschadens unserer Kultur und plausibler positiver Vorschlag zu notwendiger Neugestaltung des Jugendlebens.

I. Geschichtliches.

Damit jene tief eingewurzelten falschen Vorurteile ein wenig gelockert werden, empfiehlt es sich, zuerst einmal der Geschichte des Schulwesens, die ja stets und immer von Schulfachmännern geschrieben wird und daher stets nur in harmloser Gestalt an das Publikum herangelangt, einen kritischen Blick zu schenken.

Ursprünglich freies Aufwachsen der Kinder.

Wenn die Auffassung vom Paradies, vom Goldenen Zeitalter an der Wiege der Menschheit, dem dann erst unfreundlicher werdende Epochen gefolgt seien, irgendwo richtig ist, dann ist das der Fall für das Leben des Kindes.

Zwar hat man Jahrhunderte lang das Märchen kolportiert, die »Wilden« seien – nun eben »Wilde«: rohe, grausame, barbarische Menschen, bei denen daher auch die Kinder in strenger Zucht gehalten würden, den Eltern blinden Gehorsam und rücksichtslose Dienstbarkeit schuldeten, ein trübes, eng geregeltes Leben führten, aus dem sie erst später wachsende Kultur zu liebevoller und verständiger Behandlung gerettet habe. Aber in Wirklichkeit ist gerade das Gegenteil richtig: Ein überreiches ethnologisches Material liefert uns heute den bündigen Nachweis, daß gerade bei den primitivsten Völkern die Kinder überall in glücklicher vollster Freiheit leben und von den Eltern, ja Erwachsenen überhaupt geradezu verzärtelt werden. Es scheint, daß man bei ihnen das Kind für etwas noch dem Göttlichen Näheres, dem Alltagsmenschen Ferneres, etwas Feineres und Edleres erachtet. So ehrt und schont man sie in jeder Hinsicht und hält ihnen den Ernst des Lebens nach Möglichkeit fern, bis sie durch Eintritt der Geschlechtsreife voll in das Menschentum eingehen und durch die »Jugendweihen« – mindestens die Knaben – dann feierlich als Mitglieder des Stammes aufgenommen werden:

Th. W. Danzel (»Kultur und Religion der primitiven Menschen«; Strecker & Schröder, Stuttgart, 1924, S. 67/68) sagt: »Die häusliche Erziehung ist außerordentlich milde. Es entspringt dieses Verhalten weder der Bequemlichkeit noch einer bewußten Absicht, sondern unmittelbar dem Gefühle … In gleichem Sinne berichten Knabenhans von den Australiern, Nansen von den Eskimos, Nordenskjöld von den Indianern, andere von den Weddas auf Ceylon … »Besondere Unterweisung gibt es auch für die praktischen Fertigkeiten nicht, sondern das Kind ahmt früh spielend die Tätigkeit der Erwachsenen nach, hilft dann wohl auch mit und lernt so das Nötige«.

Hellmuth von Bracken (»Die Prügelstrafe«; Dresden 1924, Verlag am andern Ufer, Buchholz-Friedewald, S. 82) führt aus: Bei den primitiven Völkern werden die Kinder nicht geschlagen, überhaupt nicht gestraft, es sei denn durch ein unfreundliches Wort. Ein Kind schlagen, das würden sie ähnlich empfinden, wie unsereiner die Tierquälerei eines rohen Gesellen. Bracken stellt hierüber interessantes Material aus zuverlässigen Quellen zusammen: von den Yagans auf Feuerland, den Eskimos. Weddas, den Choroti- und Ashuslay-Indianern.

Prof. Dr. Paul Barth (»Geschichte der Erziehung«, O. R. Reisland, Leipzig. 1911. – I. Die Entwicklung in den Naturformen der Gesellschaft, S. 50 ff.) bestätigt diese Erkenntnis. Er berichtet u. a.: »Bei einigen Völkern … ist der Knabe, sobald er geboren ist, der eigentliche Herr der Familie«, so »daß der Vater ihn niemals straft, daß die ganze Erziehung sich auf Unterweisung, Unterricht und Belehrung beschränkt«. Auf den Gesellschaftsinseln wird sogar der Sohn eines Häuptlings sogleich Häuptling in Titel und Ehrerweisung; der Vater bleibt nur noch sein Stellvertreter bis auf weiteres; ebenso, nur formell schwächer, ist das Verhältnis in gewöhnlichen Familien. Bei manchen Völkern nehmen die Eltern sogar den Namen des Sohnes an und nach verbreitetem Glauben geht die Seele der Eltern dann nach und nach in das Kind über, während sie bei ihnen selbst sozusagen allmählich abstirbt.

Auch eine sehr interessante, hierher gehörige sprachliche Bemerkung macht Barth: In der Sprache Homers »findet sich weder für »Lehrer« oder »Erzieher« noch für (das Verbum) »erziehen« ein spezifischer Ausdruck; dieses letzte wird vielmehr mit demselben Wort wie das physische aufziehen bezeichnet, neben dem noch das (überall, auch auf der tierischen Stufe vorhandene) unterrichten als διδάσϰειν besonders benannt wird; der spätere terminus technicus aber für erziehen παιδεύειν, den Plato sehr genau von aufziehen τρέϕειν scheidet, fehlt bei Homer durchaus.« (a. a. O., S. 68.)

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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