Die Schwestern vom Ku'damm: Ein neuer Morgen - Brigitte Riebe - E-Book
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Die Schwestern vom Ku'damm: Ein neuer Morgen E-Book

Brigitte Riebe

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Beschreibung

Der vierte Teil der erfolgreichen Ku′damm-Reihe von Bestsellerautorin Brigitte Riebe Berlin, 1966: Die geteilte Stadt ist ebenso im Umbruch wie das Modekaufhaus Thalheim am Ku′damm. Die Jugend rebelliert, die Röcke werden kürzer, doch Chef-Designerin Miriam Feldmann hat alle Mühe, Kaufhaus-Patriarch Friedrich davon zu überzeugen, dass die Frauen nun Knallfarben statt Pastell tragen wollen. Wenigstens ihr Privatleben läuft in gewohnt ruhigen Bahnen. Ihren Platz in der Familie Thalheim hat sie gefunden, Adoptivtochter Jenny wächst zu einer klugen jungen Frau heran. Als Miriam, die nie eigene Kinder bekommen konnte, mit Anfang vierzig schwanger wird, ist plötzlich auch ihr eigenes Leben im Umbruch. Dann begegnet sie einem Mann wieder, den sie im Krieg kennenlernte. Die Begegnung führt sie zu den dunkelsten Stunden ihres Lebens zurück … Alles wird anders: die Thalheim-Schwestern und ihr Kaufhaus im Berlin der Swinging Sixties.

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Seitenzahl: 517

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Brigitte Riebe

Die Schwestern vom Ku’damm: Ein neuer Morgen

Roman

 

 

 

Über dieses Buch

Berlin, 1966: Die geteilte Stadt ist ebenso im Umbruch wie das Modekaufhaus Thalheim am Ku′damm. Die Jugend rebelliert, die Röcke werden kürzer, doch Chef-Designerin Miriam Feldmann hat alle Mühe, Kaufhaus-Patriarch Friedrich davon zu überzeugen, dass die Frauen nun Knallfarben statt Pastell tragen wollen. Wenigstens ihr Privatleben läuft in gewohnt ruhigen Bahnen. Ihren Platz in der Familie Thalheim hat sie gefunden, Adoptivtochter Jenny wächst zu einer klugen jungen Frau heran. Als Miriam, die nie eigene Kinder bekommen konnte, mit Anfang vierzig schwanger wird, ist plötzlich auch ihr eigenes Leben im Umbruch. Dann begegnet sie einem Mann wieder, den sie im Krieg kennenlernte. Die Begegnung führt sie zu den dunkelsten Stunden ihres Lebens zurück …

Vita

Brigitte Riebe ist promovierte Historikerin und arbeitete zunächst als Verlagslektorin. Sie hat mit großem Erfolg zahlreiche Romane veröffentlicht, in denen sie die Geschichte der vergangenen Jahrhunderte lebendig werden lässt. Ihre Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Die Autorin lebt mit ihrem Mann in München.

Impressum

Liedtext auf S. 103 basiert auf I’m a Believer, The Monkees, Text: Neil Diamond

Liedtext auf S. 105: Downtown, Petula Clark, Text: Tony Hatch

Verse auf S. 441–445 aus: Selma Meerbaum-Eisinger: Blütenlese. Gedichte. Hg. v. Markus May. Stuttgart, 2013

 

Veröffentlicht im Rowohlt Verlag, Hamburg, Oktober 2021

Copyright © 2021 by Rowohlt Verlag GmbH, Hamburg

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt, jede Verwertung bedarf der Genehmigung des Verlages.

Covergestaltung Hafen Werbeagentur, Hamburg

Coverabbildung Bettmann/Getty Images; Roger-Viollet/Charles Marville – ullstein bild

Schrift Droid Serif Copyright © 2007 by Google Corporation

Schrift Open Sans Copyright © by Steve Matteson, Ascender Corp

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.

ISBN 978-3-644-00753-6

www.rowohlt.de

 

Alle angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Printausgabe.

Für Monica

***

Schlaf, mein Kindchen, so schlaf schon ein,

so schlaf doch und weine nicht mehr.

Sieh nur, im Schlaf ist die Welt ja dein,

so schlaf schon und wein nicht so sehr.

 

Schließe die Augen und schlafe schon,

Hör nur, es rauschet der Wald.

Im Schlafe, da gibt es nicht Haß, nicht Hohn,

im Schlafe, da ist es nicht kalt.

 

Schlafe, mein Liebling und lächle, Kind,

höre, der Fluß singt sein Lied.

Schlafe, dann singt dir vom Glück der Wind

Und singt dir vom Frühling, der blüht.

 

Schlafe, mein Kind und vergiß, was dich schmerzt,

dunkel ist für dich der Tag.

Hell ist die Nacht, wenn der Traum dich herzt,

so schlafe, mein Kindchen, so schlaf.

 

Selma Meerbaum-Eisinger

*1924, ermordet von den Nazis 1942

PROLOG

Berlin, 1933

Für mich riecht Mama am besten auf der ganzen Welt – nach frischer Wäsche, die in der Sonne getrocknet ist. Und die Schönste von allen ist sie auch, mit ihren dunklen Locken, den moosgrünen Augen und der zierlichen Figur. Wenn sie sich bewegt, sieht es wie Tanzen aus, wenn sie lacht, wird es um sie herum ganz hell. Alle Kleider stehen ihr – kein Wunder, weiß sie doch wie keine andere, wie man die besten Schnittmuster macht! Stoffe und Farben sind ihre Leidenschaft, und wenn ich sie manchmal versonnen am Schnitttisch sehe, dann hab ich sie so lieb, dass ich platzen könnte.

Sie hat versprochen, mir alles beizubringen, was sie kann. Mir liegen Zeichnen und Nähen auch, und wir wären sicherlich schon sehr viel weiter, müsste sie in letzter Zeit nicht immer so furchtbar viel weinen. Meistens macht Mama das heimlich, aber natürlich merke ich es trotzdem. Es tut mir weh, wenn sie so traurig ist.

Was nur könnte ich tun, um sie zu trösten?

Ich bin doch bloß ein Kind …

Die Menschen mögen uns Juden nicht mehr, das bekomme ich in der Schule jeden Tag zu spüren. Meine Noten sinken ab, und ganz allein auf der hintersten Bank sitzen muss ich nun auch. Die Mitschüler hänseln mich, weil ich wegen meines kaputten Rückens nicht so schnell wie andere laufen kann. Als «Judenkrüppel» beschimpfen sie mich, aber ich heule nicht, das werden sie nicht erleben. Nur noch zwei Mädchen und ein Junge spielen in der Pause mit mir, die dicke Anneliese Berg, die sonst keiner mag, und Silvie Thalheim aus dem Kaufhaus. Sie geht in die Klasse über mir, und ihr ist piepegal, was die Leute sagen. Ihr Zwillingsbruder Oskar ist der Frechste von allen – und der Mutigste dazu.

«Ich bin dein edler Ritter, Miri», schreit er, wenn die anderen mich wieder schikanieren wollen, und wirft sich entschlossen den Angreifern entgegen, selbst wenn die größer und viel stärker sind als er. «Und so ein Ritter kämpft immer für seine Dame!»

In Oskars Nähe fühle ich mich sicher, denn er vertreibt meine Angst, und zum Lachen bringt er mich auch immer wieder. Meistens nimmt er mich mittags auf dem Gepäckträger seines verschrammten Fahrrads mit zum Modekaufhaus Thalheim, das seinem Vater gehört. Seit die Braunhemden die Straßen Berlins unsicher machen, möchte Mama nicht mehr, dass ich allein unterwegs bin. So mache ich meine Hausaufgaben jetzt bei ihr im Atelier, löse meine Rechenaufgaben oder schreibe Aufsätze, während sie neue Modelle entwirft oder an ihren Schneiderpuppen Stoffe drapiert, bis wir schließlich zusammen nach Hause gehen. Natürlich versuche ich, ganz ordentlich zu erledigen, was Fräulein Hoffmann uns aufgegeben hat, aber ein halbes Auge ist dabei trotzdem immer heimlich bei ihr. Denn meine Mama besitzt die Gabe, selbst die anspruchsvollsten Kundinnen glücklich zu machen, und durch ihr Geschick erstrahlen sogar Problemfiguren in ungeahnter Eleganz.

«Es gibt keine hässlichen Frauen», sagt sie oft. «Nur schlechte Schnitte und leider viel zu viele talentlose Schneiderinnen.»

Im ganzen Laden ist sie hoch geachtet. Vor allem Friedrich Thalheim, der Chef, hält allergrößte Stücke auf sie. Seine Stimme wird weich, wenn er mit ihr spricht, er lächelt sie an und macht ihr immer wieder Komplimente.

«Sie sind das Herz unserer Firma, verehrte, liebe Ruth Sternberg. Was wäre das Modekaufhaus Thalheim denn schon ohne Sie?»

Dann wird Mama ganz rosig und sieht plötzlich wieder aus wie ein junges Mädchen. Sie mag ihn, das weiß ich, und ich mag ihn auch.

Sogar sehr.

Schade, dass er schon eine Familie hat, denke ich dann manchmal und erschrecke im gleichen Augenblick, weil ich alle Thalheims doch so gerne habe. Rike, die älteste der Kinder, die bereits auf dem Gymnasium ist, verehre ich sogar ein bisschen, und mit Silvie und Oskar spiele ich für mein Leben gern. Nur vor Alma, ihrer eleganten Mutter, bekomme ich manchmal ein wenig Schiss, wenn sie mich so durchdringend ansieht, als könne sie in mich hineinblicken.

Was sie da wohl entdecken würde?

Meine Traurigkeit, keinen Vater zu haben, obwohl Mama immer sagt, dass wir beide uns doch ganz und gar genügen? Und das stimmt ja auch – meistens jedenfalls. In meiner Geburtsurkunde steht in der Rubrik «Vater» ein gewisser Kurt Walter, doch ich bin inzwischen alt genug, um zu wissen, dass das lediglich für die Behörden ist. In Wahrheit war Kurt nur ein guter Kumpel von Mama, ein Sozialdemokrat, der die Nazis ebenso gehasst hat wie sie. Sie haben ihn eingesperrt, weil er den Mut hatte, das auch laut zu sagen. Jetzt ist er tot, und ich kann ihn leider nicht mehr fragen, ob er mir vielleicht nicht doch mehr verrät.

Bislang kannten wir kaum Sorgen. Mamas Beruf hat uns gut ernährt, wir sind zur Sommerfrische sogar ab und zu an die Ostsee gefahren, und bis zum letzten Jahr gab es ja auch noch Oma Dorle und Opa Jakob in Schöneberg, die ich oft besuchen durfte, bevor sie beide kurz hintereinander gestorben sind. Wir haben eine gemütliche Wohnung mit Erker und kleinem Balkon in der Rankestraße, so nah zum Ku’damm gelegen, dass Mama und Herr Thalheim manchmal sogar nach Ladenschluss weiterarbeiten können, wenn ich schon im Bett bin.

Sie wird jedes Mal ganz hibbelig, wenn er sich angekündigt hat, richtet einen kleinen Imbiss her und stellt den Riesling kalt, den er so gern trinkt. Meine Zimmertüre bleibt dann zu, das haben wir so ausgemacht. Aber ich rieche trotzdem den warmen, schweren Duft ihres Parfüms Joy, das sie nur zu besonderen Anlässen auflegt, sowie den Rauch seiner teuren Zigarren. An diesen Abenden schlafe ich immer ganz besonders gut, fühle mich behütet und beschützt, und wenn Mama dann am nächsten Morgen in der Küche verschmitzt zu pfeifen beginnt, ist die Welt für mich in Ordnung.

Jetzt hat sie morgens schon länger nicht mehr gepfiffen. Ihr Gesicht ist ganz spitz geworden, die Augen sind verweint.

«Die Nazis haben ganz Deutschland vergiftet», sagt sie zu mir. «Jetzt will uns plötzlich keiner mehr. Juden raus grölen sie. Aber Berlin ist doch unsere Heimat! Wo sollen wir nur hin, meine arme Kleene?»

Mir wird ganz bang zumute, wenn ich sie so reden höre. Diese blasse, verschreckte Frau ist mir fremd; ich will meine starke, strahlende Mama zurück.

«Der Herr Thalheim passt auf uns auf», antworte ich schnell, weil ich es kaum noch aushalte. «Das weiß ich ganz genau. Der braucht dich doch, Mama!»

Sie wischt sich die Tränen weg, versucht ein zaghaftes Lächeln.

«Und Berlin braucht uns auch.» Das klingt schon wieder eher nach ihr. «Oder sollen alle Frauen in der Stadt plötzlich nur noch olle braune Kartoffelsäcke tragen?»

Ich muss lachen, weil die Vorstellung zu komisch ist.

Mama hievt einen kleinen braunen Lederkoffer aufs Bett und klappt ihn auf. Das Futter ist gelblich und glänzend. Drinnen befindet sich ein exakt gefalteter Papierstapel mit lauter gestrichelten Linien.

«Ich fülle diesen Koffer nach und nach mit meinen besten Schnittmustern, und du versprichst mir, immer auf ihn aufzupassen. Gib ihn nie aus der Hand, Liebes, hörst du, niemals! Und sollte mir eines Tages etwas zustoßen …»

«Mama!», unterbreche ich sie. «Dir stößt doch nichts zu …»

«… nur für den Fall der Fälle.» Sie redet einfach weiter. «Dann wird dieser Koffer so etwas wie deine Lebensversicherung sein. Mit ihm kann ein kluges Mädchen wie du immer und überall überleben …»

Ich starre den Koffer an, dieses kleine rechteckige Lederding, das mich retten soll, und ich hasse ihn. Angst überflutet mich, eine riesige, dunkle Welle, gegen die ich machtlos bin.

«Mama …»

Mehr bringe ich nicht heraus, dann hält sie mich schon in den Armen, fühlt sich weich und warm an, ungemein tröstlich.

«Ich werde immer bei dir sein, kleine Miriam», flüstert sie in mein Haar. «Bis ans Ende aller Zeiten …»

2

Berlin, Winter 1966

Die Frau des frisch gekürten Außenministers und Vizekanzlers der Bundesrepublik Deutschland war so schmal geworden, dass Miri bei der Anprobe regelrecht erschrak. Die Norwegerin trug die dunkelblonden Haare inzwischen kürzer, zu einer Löwenmähne toupiert, was ihr Gesicht noch zarter wirken ließ. Reichlich Make-up hatte sie auch aufgelegt, als hätte sie sich in eine Rüstung gehüllt.

«Das sind ja fast zwei Kleidergrößen, Frau Brandt», sagte Miri, während sie das cyclamfarbene Cocktailkleid enger steckte. «Essen Sie denn gar nichts mehr?»

Rut Brandt setzte ihr feines Lächeln auf. Sie war ins Modekaufhaus Thalheim gekommen, zu einer Abschiedsrunde, wie sie gesagt hatte, um sich vor dem Umzug nach Bonn im Januar noch einmal mit schicker Berliner Mode einzudecken. Zum ersten Mal warteten Zivilbeamte dezent vor dem Eingang, auch das eine Neuerung, an die sich alle erst gewöhnen mussten.

«Eine leidige Magensache hatte mir den Appetit verdorben, die aber inzwischen zum Glück wieder ausgeheilt ist. Außerdem kann Politik bisweilen ganz schön zehren – sogar an der Frau eines Politikers.»

Sie zeigte ihre berühmten Grübchen, inzwischen unzählige Male abgelichtet, nicht mehr nur von Flori Thalheim, die ihr damals in einer intimen Fotosession die Angst vor der Kamera genommen hatte. Die Presse hatte die Familie Brandt als willkommenes Motiv entdeckt, vor allem seitdem die beiden älteren Söhne Peter und Lars im Sommer für die Verfilmung von Katz und Maus von Günter Grass vor der Kamera gestanden hatten, von der Presse bereits vor der Uraufführung kontrovers kommentiert.

«Aber Sie sehen ausgesprochen wohl aus, Frau Feldmann!», fuhr sie fort. «Das ist mir gleich aufgefallen. So rosig und …»

«… so schwanger», ergänzte Miri lächelnd und deutete auf ihren kleinen Babybauch, den das kurze grüne Jerseykleid hübsch verpackte. «Anfangs war mir ständig übel. Fürchterliche Wochen waren das! Doch inzwischen fühle ich mich rundum gut.»

«Gratuliere herzlichst – was für wundervolle Neuigkeiten! Wann ist es denn so weit?» Rut Brandt schien jegliches Interesse an neuer Garderobe verloren zu haben.

«Anfang Mai», erwiderte Miri. «Obwohl: Manchmal kommen diese Babys ja einfach, wann sie wollen.»

«Davon kann ich ein Lied singen», kam als Antwort mit einem tiefen Seufzer. «Unseren Ältesten hab ich während der Berlinblockade entbunden, den Jüngsten im Schatten des Mauerbaus. Ein Kinderspiel war keine meiner Geburten, auch nicht die von Lasse, unserem Mittleren, und bei Matthias war mein Mann zu alledem auch noch auf Dienstreise in den USA …» Sie hielt inne. «Ich wollte Ihnen wirklich keine Angst einjagen, Frau Feldmann», sagte sie rasch. «Bestimmt klappt bei Ihnen alles ganz prima. Ich war bei der letzten Geburt ja auch nicht mehr blutjung … bereits einundvierzig …»

«Und ich bin sogar stattliche zweiundvierzig», entgegnete Miri trocken. «Dafür verstehen wir reiferen Mütter mehr vom Leben, so ist es doch, oder?»

Beide lachten.

«Muss man wohl ja auch, wenn man das ganze Spektrum an Jugend zu Hause hast – einen Achtzehnjährigen, der partout nicht mit an den Rhein umziehen und hier sein Abi machen will, einen Fünfzehnjährigen, der seinen Freunden nachtrauert, und einen Kleinen, der schmollt, weil er in Berlin bereits in der Vorschule war und in Bonn wieder zurück in den Kindergarten soll. Von unserer kleinen Arche Noah aus Hund, Katze, Meerschweinchen & Co, die heil verfrachtet werden will, mal ganz abgesehen. Und dann lässt uns auch noch unsere Litti im Stich, der gute Geist unseres Hauses seit langen Jahren …» Ein weiterer Seufzer, dann lächelte sie erneut. «Berlin wird uns allen so fehlen! Ich bemühe mich, trotzdem zuversichtlich zu bleiben. Gemeinsam werden wir Bonn schon stemmen.»

«Sie werden garantiert die attraktivste Gattin eines Außenministers, die die Bundeshauptstadt jemals erlebt hat», versicherte Miri. «Sie haben so hübsche Knie, Frau Brandt. Wollen wir das Kleid nicht doch noch ein bisschen kürzer machen?»

«Obwohl ich bereits auf der bösen Seite der Vierzig angelangt bin?»

«Schönheit vor Alter!» Miri schmunzelte und steckte weiter ab. «Sogar ich in meinem Zustand trage Mini, wie Sie sehen. Du in deinem Zustand – das sagt mein Mann jetzt ständig. Am liebsten würde er mich wohl in Watte packen und bis zur Geburt gar nicht mehr von der Couch lassen!»

«Hat er sich denn nicht wahnsinnig gefreut? Ein Kind ist doch das Schönste im Leben überhaupt!»