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Das erlebnispädagogische Konzept "City Bound" verwandelt die Stadt zu einem vielfältigen Erlebnisraum. Bei ganz unterschiedlichen Aktionen können auch Menschen mit Beeinträchtigungen neue Erfahrungen machen und über ihre bisherigen Grenzen hinauswachsen. Sie verlassen ihre gewohnte Umgebung, erkunden den urbanen Raum und kommen in Kontakt mit bisher fremden Menschen. So werden Persönlichkeitsentwicklung wie auch soziale und Alltagskompetenz gefördert. Das Buch zeigt, wie erlebnispädagogische Aktivitäten für Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen, mit Seh- oder Hörbehinderung oder auch mit auffälligem Verhalten geplant und durchgeführt werden können. Den Schwerpunkt bildet die Sammlung von 50 City-Bound-Aktionen.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Paul Häb, Heilerziehungspfleger, Heilpädagoge, zertifizierter Waldpädagoge und City-Bound-Trainer, ist derzeit als Referent für Jugend und Schule tätig und gibt zudem bundesweit City-Bound-Workshops. Mehr Informationen und Kontakt zum Autor unter: [email protected] und www.citybound.org
Hinweis: Soweit in diesem Werk eine Dosierung, Applikation oder Behandlungsweise erwähnt wird, darf der Leser zwar darauf vertrauen, dass die Autoren große Sorgfalt darauf verwandt haben, dass diese Angabe dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes entspricht. Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen oder sonstige Behandlungsempfehlungen kann vom Verlag jedoch keine Gewähr übernommen werden.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.d-nb.de> abrufbar.
ISBN 978-3-497-02964-8 (Print)
ISBN 978-3-497-61329-8 (PDF-E-Book)
ISBN 978-3-497-61330-4 (EPUB)
2., durchgesehene Auflage
© 2023 by Ernst Reinhardt, GmbH & Co KG, Verlag, München
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Printed in EU
Cover unter Verwendung von Fotos von © iStock.com/ferrantraite und © iStock.com/albertc111
Satz: JÖRG KALIES – Satz, Layout, Grafik & Druck, Unterumbach
Ernst Reinhardt Verlag, Kemnatenstr. 46, D-80639 München
Net: www.reinhardt-verlag.de · E-Mail: [email protected]
Inhalt
Verzeichnis der City-Bound-Aktionen
Einleitung
Teil I – Grundlagen
1 Was ist Erlebnispädagogik?
2 Wer kann City-Bound-Aktionen mit Menschen mit Beeinträchtigungen umsetzen?
3 Was ist City Bound?
4 City Bound im heilpädagogischen Praxisfeld
4.1 Was ist City Bound im heilpädagogischen Praxisfeld?
4.2 AdressatInnen
4.3 Einsatzbereiche
5 Ausgangssituation der TeilnehmerInnen
6 Das Potenzial von City Bound
7 Leitideen
8 Lernen auf unbekanntem Terrain
9 Die Leitung
9.1 Kompetenzanforderungen an die Leitung
9.2 Die Rollen der Leitung
10 City Bound im Vergleich
Teil II – Planungshilfen
1 Einteilung der Aktionen
2 City Bound unter Berücksichtigung unterschiedlicher Beeinträchtigungen
2.1 Praxishinweise zu geistiger Beeinträchtigung
2.2 Praxishinweise zu körperlicher Beeinträchtigung
2.3 Praxishinweise zu Blindheit und Sehbeeinträchtigung
2.4 Praxishinweise zu Hörschädigung
2.5 Praxishinweise zu herausforderndem Verhalten
2.6 Praxishinweise zu Lernbeeinträchtigung
3 Auswahl der Aktionen
4 Checkliste für die Leitung
5 Hinweise zum Einsatz der City-Bound-Aktionen
5.1 Grundlegende Informationen
5.2 City-Bound-Programme
5.3 Anzahl an TeilnehmerInnen
Teil III –City-Bound-Aktionen
1 Hinweise zur Darstellung der City-Bound-Aktionen
2 50 City-Bound-Aktionen
3 Eigene City-Bound-Aktionen entwickeln
Teil IV –Reflexion
1 Reflexion – der Schlüssel zum Transfer
1.1 Reflexionsphasen
1.2 Reflexionsmethoden
Literatur
Verzeichnis der City-Bound-Aktionen
Akustischer Tumult
Barrierefreie Reise
Besichtigung von Neuland
Blickwinkel
Brieffreundschaft
Darf ich vorstellen
Designertasche
Ein Herz für die Umwelt
Erlebnisse buchen
Fantasiemensch
Film ab!
Fit macht Fun
Fliegende Fische
Flohmarkt
Freude im Glas
Für Dich
Gemeinsam Vielfältiges erleben
Gute Reise
Jahreszeitendokumentation
Journalist
Karaokespaß
Klettermax
Kunst zum Anfassen
Lichterfunkeln
Liebesschloss
Multikulti-Sprachen
Nadel im Heuhaufen
Novembertage
Perfektes Dinner
Persönliche Herausforderung
Perspektivwechsel
Picknick
Preisvergleich
Profi in eigener Sache
Second Hand
Seelenentspannung
Stadtführung
Stadtkonzert
Stadtrallye
Stadttauben
Straßenschilder und Co.
Theaterperformance
Unbekanntes Terrain
Von A bis Z aufgeklärt
Waldfreude
Walkie-Talkie-Tour
Weniger als zwanzig
Zeit, die läuft
Zeitwächter
Zielroute
Einleitung
„Das Leben ist ein Risiko. Mehr Risiko kann auch mehr Leben bedeuten.“ (Henrik Ibsen)
Etwas zu riskieren, sich zu überwinden, sich überraschen zu lassen, sich die Welt selbstständig zu erschließen, Freizeit nach eigenem Belieben zu planen und Herausforderungen zu meistern, gestaltet das alltägliche Leben abwechslungsreich und spannend. In der Konfrontation mit dem Unbekannten liegt das Potenzial persönlichen Wachstums. Welche Situationen bieten Menschen mit Beeinträchtigung die Möglichkeit, risikobereit zu sein, sich mit dem Unbekannten auseinander zu setzen und Abenteuer zu erleben? Diese Fragestellung nimmt eine wegweisende Position im vorliegendem Fachbuch ein und wird beantwortet, indem Heilpädagogik auf das erlebnispädagogische Konzept City Bound trifft, das sich den Erlebnisraum Stadt zu Nutze macht.
Bei dem zugrundeliegendem Konzept handelt es sich um eine Weiterentwicklung von City Bound für die Zielgruppe von Menschen mit Beeinträchtigung, da sich das Konzept in seinem Ursprung an Menschen ohne diagnostizierte Beeinträchtigung richtet. Die Modifikation des Konzeptes ist aber nicht damit gleichzusetzen, dass es von nun an eine spezielle Form von City Bound gibt oder geben soll. Es wird vielmehr eine entsprechende Anpassung der ursprünglichen Grundlagen für das heilpädagogische Praxisfeld dargestellt. Denn „Heilpädagogik [ist, Anm. d. Verf.] Pädagogik […] und nichts anderes!“ (Moor 1974, 273). Die praktische Erprobung kam zu folgendem Ergebnis: Behinderung stellt keine Barriere für die Durchführung von City Bound dar. Die Stadt ist ein Lern- und Erlebnisraum für ALLE Menschen. Denn jeder kann etwas riskieren, etwas wagen, sich überwinden, sich überraschen lassen und Herausforderungen meistern. Jeder kann wachsen. Einige Menschen befähigen sich selbst, und einige Menschen können dabei begleitet werden.
Vorliegendes Fachbuch soll PädagogInnen unterschiedlicher Professionen einen Zugang zum Thema City Bound ermöglichen und konkret zu einer Durchführung des Konzeptes mit Menschen mit Beeinträchtigung befähigen. Hierfür bietet die Publikation hinführend einige theoretische Grundlagen, im Folgenden Hinweise zur Planung und Durchführung mit der Zielgruppe, eine vielseitige Ideensammlung von City-Bound-Aktionen und vieles mehr.
Ein ganz besonderer Dank gilt den TeilnehmerInnen und ArbeitskollegInnen, die mit Neugierde und Abenteuerlust an der Erprobung des modifizierten Konzeptes teilgenommen haben. Wertvolle ImpulsgeberInnen waren Daniela Schick, Christoph Scharner, Tanja Klein und Christina Michels. Außerdem möchte ich mich bei den Menschen, die als motivierende und bestärkende WegbegleiterInnen an dem Gesamtprozess beteiligt waren, herzlich bedanken. Wenn in vorliegendem Fachbuch unter anderem von PädagogInnen gesprochen wird, repräsentiert diese Schreibweise die Diversität aller LeserInnen, die sich als weiblich, männlich oder non-binär beschreiben.
Und nun: Haben Sie den Mut, sich auf ein facettenreiches City-Bound-Abenteuer einzulassen und Menschen mit Beeinträchtigungen dabei zu begleiten!?
Mehr Informationen und Kontakt zum Autor unter:
www.citybound.org und [email protected].
TEIL I
Grundlagen
1 Was ist Erlebnispädagogik?
City Bound und Erlebnispädagogik hängen eng miteinander zusammen. Aufgrund stetig wachsender Einwohnerzahlen in Städten verliert die Natur, die in der klassischen Erlebnispädagogik als Medium genutzt wird, an Alltagsnähe. City Bound ist somit eine schlüssige Erweiterung und ein ergänzender Baustein in der Erlebnispädagogik.
Eine bekannte Definition von Erlebnispädagogik stammt von Heckmair und Michl:
„Erlebnispädagogik ist eine handlungsorientierte Methode und will durch exemplarische Lernprozesse, in denen junge Menschen vor physische, psychische und soziale Herausforderungen gestellt werden, diese in ihrer Persönlichkeitsentwicklung fördern und sie dazu befähigen, ihre Lebenswelt verantwortlich zu gestalten“ (Heckmair / Michl 2018, 108).
Das Fundament, auf dem die Erlebnispädagogik aufgebaut ist, findet sich in vier Leitideen wieder (Kamer 2017):
■Wachstumsorientierung: Die TeilnehmerInnen werden in erlebnispädagogischen Aktionen herausgefordert, sodass bestimmte Kompetenzen (z. B. die Sozialkompetenz) erweitert werden und die Persönlichkeitsentwicklung positiv beeinflusst wird. Durch das Erleben und die Bewältigung von Grenzerfahrungen werden das Selbstwertgefühl gestärkt und das In-Angriff-Nehmen nachfolgender Herausforderungen ermöglicht. Das eigene Handlungsrepertoire wird ausgebaut. Es erfordert Achtsamkeit seitens der Leitung, den schmalen Grat zu einer Überforderung nicht zu überschreiten. Denn durch das Gefühl von Panik ist kein Wachstum und Fortschritt möglich. Nach dem Prinzip der Freiwilligkeit ist die Leitung verpflichtet, die subjektiv empfundenen Grenzen der Teilnehmenden anzuerkennen (Kinne / Theunissen 2013).
■Ganzheitlichkeit: Ein wichtiges Bindeglied zwischen den Fachrichtungen Heilpädagogik und Erlebnispädagogik besteht in dem Prinzip des ganzheitlichen Lernens. Pestalozzis Forderung, Kindern und Jugendlichen ein Lernen mit Kopf, Herz und Hand zu ermöglichen, beeinflusst das pädagogische Handeln grundlegend (Kamer 2017). Das heißt, dass sowohl kognitive Prozesse (Kopf), als auch Handlungen (Hand) sowie Emotionen (Herz) angeregt bzw. einbezogen werden sollen, damit sich ein ganzheitlicher Lernprozess vollzieht. Vereinfacht gesagt: Das, was ich verstehe (Kopf), kann ich umsetzen. Das, was ich tue (Hand), bewegt mich. Das, was mich berührt (Herz), lässt Spuren in mir zurück. Diesen Spuren wird im Anschluss an erlebnispädagogische Aktionen in Form von Reflexionsprozessen auf den Grund gegangen. Dabei erhalten die TeilnehmerInnen die Chance, ihren Erlebnissen und Empfindungen Ausdruck zu verleihen und diese auf den Alltag zu transferieren.
■Selbstorganisation: In der Erlebnispädagogik erhalten die Teilnehmenden den Raum, den sie für selbstgesteuerte Prozesse benötigen, um Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen. Sie sind selbst für das Gelingen oder den Misserfolg der Aktion verantwortlich. Während der Umsetzung der Aktion werden sie nicht geleitet oder fremdbestimmt. Die Gruppe und die einzelnen TeilnehmerInnen sind gefordert, sich eigenständig zu organisieren. „Der Grad der Selbststeuerung ist dabei ihrer Entwicklung und Kompetenz angemessen zu planen“ (Kamer 2017, 14). Die Leitung nimmt sich zurück und ist kein Gruppenmitglied. In gefährdeten Situationen muss die Leitung selbstverständlich einschreiten, da die Sicherheit der Teilnehmenden und das Eingrenzen von Verletzungen physischer sowie psychischer Natur einen zentralen Stellenwert darstellen.
Hinweis: In der Durchführung von City Bound mit der Zielgruppe von Menschen mit Beeinträchtigung kommt es vor, dass die Leitung ebenso Gruppenmitglied ist und somit an dem Selbststeuerungsprozess beteiligt ist.
■Naturorientierung: Das Lernsetting ist die Natur. Es gibt vielfältige Naturräume, die es zu erkunden gilt und die Herausforderungen bereitstellen. Sei es eine Wanderung durch die Alpen, das Mountainbiking in den Bergen, eine Kletteraktion im Freien, eine Höhlenbegehung, Kooperationsspiele in der Natur und vieles mehr.
Hinweis: City Bound nutzt überwiegend die Stadt und urbane Räume als Lernmedium.
In der Umsetzung von City Bound orientiert sich die Leitung mit Ausnahme der Naturorientierung ebenso an den aufgeführten Leitideen.