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Wir betrachten die Nachrichten im TV, um zu überprüfen, ob das eingetreten ist, was wir uns vorgestellt haben. Kann man also die Welt durch Gedanken und Wünsche beeinflussen? Was ist mit den Japanern oder Engländern vor vielen hundert Jahren, welche Gott anflehten, sie vor der Invasion der Mongolen beziehungsweise der Spanier zu beschützen? Und die Abwehr gelang, insbesondere durch das tobende Meer, wie die Geschichtsbücher ausweisen.
Was hat der Zeiger hoch oben an der Dom-Uhr zu bedeuten, welcher bloß für eine bestimmte Person beharrlich auf fünf vor Zwölf steht? Und was ist mit dem möglichen Pochen in unseren Ohren?
Seltsame Fragen, welche die beiden Freunde in diesem Roman erörtern. Wohnt eine höhere, unterbewusst wirkende Macht in uns drinnen? Und kann man dieselbe am Ende auch noch steuern? Wie beurteilen wir in dieser Hinsicht den Schlaf, einen Zustand, in welchem unser Ich ausgeschaltet ist? Wer oder was ist in diesem Falle in uns sowie für uns tätig? Dürfen wir in dieser Hinsicht eine unsere Interessen verwirklichende höhere Macht unterstellen?
Der Besucher in diesem Roman drängt darauf, eine abgelegene Abstellkammer zu untersuchen. Die Vorstellung des »Unsichtbarmachens« geht ihm nicht aus dem Kopf. Und in besagtem Raum gedenkt er zu diesem Zweck einen Tarnanzug zu entdecken … Wir kommen nicht darum herum, aber man muss unbedingt selbständig denken!
Der Autor hat bewusst die alte Rechtschreibung gewählt.
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Veröffentlichungsjahr: 2025
Gerd Maximovič
Die Tarnkappe
Ein Zukunftsroman
Copyright © by Authors/Bärenklau Exklusiv
Cover: © by Steve Mayer, mit eigenen Motiven von edeebee, (KI), 2025
Korrektorat: Stephanie Burmeister
Dieser Roman ist auf ausdrücklichen Wunsch des Autors in der alten deutschen Rechtschreibung verfasst und veröffentlicht.
Verlag: Bärenklau Exklusiv. Jörg Martin Munsonius (Verleger), Koalabärweg 2, 16727 Bärenklau. Kerstin Peschel (Verlegerin), Am Wald 67, 14656 Brieselang
www.baerenklauexklusiv.de / [email protected]
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Inhaltsverzeichnis
Impressum
Das Buch
Die Tarnkappe
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
Weitere Romane und Erzählungen von Gerd Maximovič, einem Meister der klassischen Science-Fiction, sind erhältlich oder befinden sich in Vorbereitung
Wir betrachten die Nachrichten im TV, um zu überprüfen, ob das eingetreten ist, was wir uns vorgestellt haben. Kann man also die Welt durch Gedanken und Wünsche beeinflussen? Was ist mit den Japanern oder Engländern vor vielen hundert Jahren, welche Gott anflehten, sie vor der Invasion der Mongolen beziehungsweise der Spanier zu beschützen? Und die Abwehr gelang, insbesondere durch das tobende Meer, wie die Geschichtsbücher ausweisen.
Was hat der Zeiger hoch oben an der Dom-Uhr zu bedeuten, welcher bloß für eine bestimmte Person beharrlich auf fünf vor Zwölf steht? Und was ist mit dem möglichen Pochen in unseren Ohren?
Seltsame Fragen, welche die beiden Freunde in diesem Roman erörtern. Wohnt eine höhere, unterbewusst wirkende Macht in uns drinnen? Und kann man dieselbe am Ende auch noch steuern? Wie beurteilen wir in dieser Hinsicht den Schlaf, einen Zustand, in welchem unser Ich ausgeschaltet ist? Wer oder was ist in diesem Falle in uns sowie für uns tätig? Dürfen wir in dieser Hinsicht eine unsere Interessen verwirklichende höhere Macht unterstellen?
Der Besucher in diesem Roman drängt darauf, eine abgelegene Abstellkammer zu untersuchen. Die Vorstellung des »Unsichtbarmachens« geht ihm nicht aus dem Kopf. Und in besagtem Raum gedenkt er zu diesem Zweck einen Tarnanzug zu entdecken … Wir kommen nicht darum herum, aber man muss unbedingt selbständig denken!
Der Autor hat bewusst die alte Rechtschreibung gewählt.
***
»Willst Du die Nachrichten denn nicht sehen?«
»Wozu, mein Lieber?«
»Wozu?«
Der Angesprochene, Detlef Stark, alter Freund von Max Reimann, sie hatten sich lange nicht mehr gesehen, zuckte die Schultern.
»Wozu?« Stark lachte.
Na, wozu wohl?«, fügte er hinzu.
Um seine eigene – im Übrigen absurde – Frage zu beantworten: »Um eben das Neueste, was in der Welt geschieht, mitzubekommen. Darum, mein Lieber«, sagte Stark, und zwar auch ein wenig entrüstet.
Ob er wohl auf den Arm genommen werden sollte? So sah sein alter Freund eigentlich nicht aus. Das war auch nicht seine Art. Indessen aber, nach so vielen Jahren, da man sich zum ersten Male wieder begegnete, die Leute zeigen sich da verändert.
Nicht wahr, so ganz der Alte ist er nicht mehr, dachte Stark bei sich. Obwohl, so ein Spinner wie früher, also einer, der unablässig hintergründige Fragen stellt, ist er auch nicht mehr. Das heißt, Fragen hat er früher auch nicht immer nur aufgeworfen.
Detlef Stark lächelte im Inneren für sich. Reimann hatte, wie die anderen, nämlich auch noch etwas anderes zu tun. In der Ausbildung (da, wo sie sich kennen gelernt hatten), beruflich, was Frauen betrifft, und so weiter. Da vergehen sie einem dann, die schlauen Fragen. Trotzdem, eigenartig, obwohl das Leben auch ihm mitspielt und zusetzt, er ist doch irgendwie der Alte geblieben.
»Wirklich?«
»Was, wirklich, wozu sind denn sonst die Nachrichten da, mein Lieber?«, empörte sich Stark, insbesondere auch deswegen, so schroff abgewiesen zu werden.
Also, das war denn doch nicht sein alter Freund (obwohl es am Anfang und im Laufe des Tages, nach ihrem erneuten Kennenlernen so geschienen hatte). Als großzügig erwies sich der Gastgeber, wie immer. Das mußte man lassen. Er verfügte über ausgedehnte Räumlichkeiten, selbige waren fast nur mit Büchern vollgestopft. Seltsam, dieser gewagte, abwegige Spinner. Aber freigiebig war er trotzdem. Er hatte ihm, Stark, nämlich durchaus gerne einen beträchtlichen Bereich seiner Eigentumsverhältnisse zum Wohnen und Schlafen und überhaupt für jede weitere, sich in den vorgesehenen Rahmen einfügende Tätigkeit überlassen.
»Mach, was Du willst«, hatte Reimann bezüglich der Behausung zu ihm gesagt, »vorausgesetzt, das Haus bleibt stehen oder brennt nicht ab.«
Und dabei lachte er (damit kam er sich wohl witzig vor). Wobei man denken mochte, daß er – und das wäre wieder unverschämt gewesen – selbst diese abwegige Möglichkeit in Betracht zog. Er, Stark, und das Haus anzünden? Verrückt, verrückter geht es gar nicht mehr! Und auch noch das eines alten, treuen Freundes. Niemals. Er würde ihm, dem Max Reimann, unter keinen Umständen absichtlich Schaden zufügen.
Und unabsichtlich? schoß es Detlef Stark durch den Kopf. Ja, nicht wahr, dachte er bei sich, das sind so die verrückten Gedanken, auf welche man kommt, sofern man sich auf etwas oder auf jemanden einläßt. Und zwar auf etwas Fremdes, zumindest Unbekanntes. Noch immer vor dem prächtig glänzenden Bildschirm sitzend, spähte er verstohlen zu seinem Freund hinüber.
Und was machte dieser? Hing ersichtlich gelangweilt vor dem flachen Kasten. Gelangweilt, öde, Nachrichten, so schien es, die er schon hundert Mal gesehen haben mußte. Alter Aufwasch. Nichts Neues. Immer der gleiche Kram. Doch war es das ewige eintönige Einerlei von Nachrichten, welches sich – Fernsehen hin oder her – über all die Zeiten wiederholte, was Max Reimann so verdrossen und gelangweilt erscheinen ließ?
Jedenfalls, auch für ihn, für Detlef Stark, der den Fernseher wie ein fremdes Lebewesen musterte, welches er jetzt zum allerersten Male erspähte, erwiesen sich die von wohlklingenden Stimmen vorgetragenen Informationen nicht als völlig unerwartet. Wie auch, boten sie doch auch den einen oder anderen Brocken Neues.
Ob das Gerät kaputt war? Wie, kaputt, in diesem erstklassigen Wohnanwesen? Natürlich ging dies oder jenes auch in einem aufgeräumten, gepflegten Haus irgendwann zu Bruch. Aber so sah jedenfalls der Fernseher nicht aus (und schon gar nicht seine Umgebung). Zumal Reimann ihn in einem solchen Falle längst hätte reparieren oder entsorgen lassen. Wobei er ihn, sofern das Letztere zutraf, durch ein neues Gerät längst ersetzt haben würde. Nicht wahr.
»Dich belästigt das Nachrichten-Getue?«
»Na ja, schon irgendwie, lieber Freund.«
»Kann ich gut verstehen, mein Lieber.«
»Ja, wirklich?«, brummte Stark, einigermaßen zufrieden (irgendwie klärte sich das Problem denn doch auf).
Das waren zweifellos versöhnliche Klänge, die sich nunmehr einstellten. Das war auch besser so (dachte Detlef Stark bei sich), anstatt Unmut in irgend einer Form aufkommen zu lassen.
Max Reimann lachte seinerseits.
»Warum lachst Du?«
»Der Schlepper«, erwiderte der Gastgeber.
»Der Schlepper?« Detlef Stark gab sich zu Recht verwundert. »Welchen Schlepper, oder was meinst Du?«
»Der gleich vorkommt, den meine ich.«
»Der gleich vorkommt, mein Lieber?«, staunte der Besucher (wieder zunehmend unzufrieden, etwa mit seinem Mangel an Verständnis).
»Ja, in den Nachrichten, mein Guter.«
»Ach, was Du nicht sagst!«
Der Gast seinerseits grinste erneut. Obwohl seine Geste als Schutzmaßnahme gedacht war, erwies er sich diesmal als ratlos. Trotzdem gab er sich einigermaßen spöttisch. War der gute alte Max im übrigen nicht wirklich verrückt geworden? Ach ja, jetzt, wenn man ihn in irgend einer Weise ernst nahm, brauchte man gar keine Nachrichten mehr zu schauen. Wenn der gute alte Knabe nämlich immer schon vorher wußte, was sie – hier die reizende Sprecherin – als nächstes verkünden würde.
Und was vermeldete sie da, diese Susanne? Sie las vom Blatt ab. Wie unverschämt! Hätte sie nicht frei sprechen müssen? Oder jedenfalls auf die Projektion ihr gegenüber schauend, für den Zuschauer also unerkennbar, im Hintergrunde?
Sie sagte etwas, mit ihrer im übrigen durchaus lieblichen Stimme. Solche Leute wählen sie immer aus, für die Nachrichten und für andere vorzustellende Dinge, so etwa, um Filme oder Schnipsel von Dokumentationen in angemessener Weise darzubieten. Also, genau genommen, um sich selbst im besten Lichte in Erscheinung treten zu lassen.
Das etwa – und mehr noch – schoß Detlef Stark durch den Kopf, während die Frau, also diese Susanne, als nächstes von einem bösen Schlepperunfall berichtete. Von einem beträchtlichen Unglück. Ein Schiff war in das andere gefahren, also der Kapitän des Schleppers trug dabei die Schuld, ja, so viel stand für die Nachrichten-Verantwortlichen bereits fest, und darauf wurde – allerdings in zurückhaltender Weise – hingewiesen.
Aber das war doch teuflisch, jedenfalls für Detlef Stark, denn wäre dies eine normale alltägliche Begebenheit gewesen (und das war sie im Grunde ja), er hätte sich nicht im mindesten um sie gekümmert. Das heißt, er hätte sie wie üblich wahr oder auch nicht zur Kenntnis genommen. So, wie man halt das andere Leute betreffend Pech verzeichnet, ohne sich in größerem Ausmaß darum zu kümmern. Das hei9t, von der Erwägung im Hinterkopf einmal abgesehen: bloß gut, daß mir das nicht zugestoßen ist. Ich bin nämlich nicht an Bord eines der verunglückten Schiffe gewesen. Wie hießen die beiden nochmal?
»Glück gehabt«, murmelte Stark leicht verdrossen.
»Zufall«, ergänzte er zunehmend mißmutig.
›Du mit Deinem Dusel‹, wollte er eigentlich hinzusetzen, unterließ dies aber.
Statt dessen brummte er: »Spielt Dir jemand von der Nachrichten-Redaktion die Informationen vorher zu?«
»Du meinst, ob ich Kontakt mit einem der reizenden Fräuleins dort hätte?«
Max Reimann, der auf diese Weise hinreichend spöttisch rückfragte, verblieb indes ohne Erwiderung.
Höchst unwahrscheinlich, sann sein Besucher.
Statt dessen (warum, das wußte er selbst auch nicht so genau) setzte er nach: »Was macht Dein Lotto?«
»Mein Lotto?« Der überraschte Gastgeber wirkte arglos. »Was meinst Du?«
»Du spielst doch Lotto?«, verlangte Stark zu wissen.
»Das tue ich, mein Lieber«, bestätigte Reimann ganz ruhig (es handelte sich dabei allerdings tatsächlich um die selbstverständlichste Sache der Welt). »Und?«
»Und mit welchem Erfolg?«
Der Gast, der also nicht vom neutralen Ergebnis, sondern gleich vom Erfolg ausging, musterte den Gastgeber prüfend (und unverhohlen kritisch).
»Du bist aber neugierig, mein Lieber. Warst Du früher auch immer schon so wißbegierig?«
»Verzeihung, ich wollte Dir nicht zu nahe treten. Aber alleine Dein Haus mitsamt Zubehör wie Umgebung«, versetzte Stark und schaute sich in der engeren Umgebung in der Tat ein wenig bewundernd, vielleicht auch neidisch um (so etwas hätte er anscheinend auch gerne besessen).
Und er murmelte (wie sehnsüchtig): »Das kostet doch etwas, oder vielleicht nicht mein, Lieber?«
»Und jetzt willst Du auch noch wissen, was ich beruflich mache, um mir dergleichen leisten zu können, mein Guter?«
»Du bist zu beneiden, Max!«, lautete die knappe trockene Antwort.
Reimann nahm den von seinem alten Freund geäußerten Gedanken wieder auf: »Also, was das Lottospiel in dieser Hinsicht betrifft, das willst Du doch wissen?«
»Ja, in der Tat«, bekannte der Besucher.
Er wandte seinen Blick von der Nachrichtensprecherin ab. Denn sie war inzwischen zu einem anderen Thema übergegangen. Da gab es noch einige sportliche Erfolge zu vermelden, das war ja auch etwas (falls es einen interessierte).
»Also, Deine zweifellos vorhandenen Erfolge im Lottospiel würden mir denn doch einigermaßen zu denken geben«, versetzte der Gast, indem er unterstellte, was er eigentlich doch erst noch in Erfahrung bringen wollte.
»Tatsächlich?«
»Ja, ganz bestimmt!« Detlef Stark nickte wie mit voller Überzeugung.
»Also, erst einmal«, erläuterte Reimann sachlich und trocken, »ich spiele tatsächlich Lotto.«
»Aha, das dachte ich mir schon. Und mit welchem Erfolg?«, erkundigte sich Stark mit wachsender Begeisterung (denn irgendwo mußte der offensichtliche Reichtum seines Freundes doch wohl herkommen, nicht wahr).
Indes, er wurde abgewiesen: »Also mit äußerst geringem Erfolg, mein Lieber.«
»Und was verstehe ich darunter da nun wieder?«
»Der höchste Erfolg, den ich je zu verzeichnen hatte, das war ein Vierer.«
»Ein Vierer, Max?«
»Ja, mein Lieber. Und zwar vor geschätzten zwanzig oder dreißig Jahren.«
Das klang enttäuschend. Woher hatte der Gastgeber also sein Geld? Jetzt hätte Detlef Stark eigentlich auf den Beruf seines alten Freundes zu sprechen kommen müssen. Statt dessen wollte ihm der Schlepper – im Zusammenhang mit dem Unfall – nicht aus dem Kopf gehen.
»Sag’ mal«, fing er also wieder an.
»Ja, bitte?«
Max Reimann hatte den Fernseher umgeschaltet. Drollige und zuletzt auch weniger putzige Witzfiguren liefen zuletzt über den Bildschirm. Abwechslung, Unterhaltung. Ob sie seinen Freund wohl auf andere Gedanken bringen würden? Nein, dem schien nicht so.
»Wenn ich einmal dumm fragen darf.«
»Bitte, dumme Fragen gibt es nicht, es gibt nur dumme Antworten, genier’ Dich also nicht, nur zu, mein Lieber!«
»Danke.«
»Bitte.«
»Hast Du auf irgend einem anderen Wege von den Nachrichten, die hier gesendet werden, erfahren? Ich beziehe mich insbesondere auf den Schlepper-Unfall.«
»Du meinst, ob ich mich mit einem Agenten-Netz umgebe, das mich über alles Wesentliche und vor allem auch über alles Belanglose auf dem Laufenden hält?«
»Ahnungen«, brummte Stark nachdenklich, ohne eine weitere Erklärung seines Freundes abzuwarten, »so etwas gibt es.«
Laut versetzte er: »Daß Dich insofern eine Ahnung überkommt, alter Junge?«
»Hinsichtlich des Inhalts der heutigen Nachrichten, Detlef?«
»Ja, in etwa«, stimmte der Gast nickend zu (der Fernseher war inzwischen ganz ausgeschaltet).
»Wenn eine, Ahnung vorliegt, dann von etwas Wichtigem«, versetzte Reimann, der sich anscheinend mit einem gewissen Wohlgefallen auf dieses Thema einließ.
»Womit ich nicht andeuten will«, ergänzte er überlegend, »daß das, also der Unfall, für die beteiligten Opfer, etwa gleichgültig wäre. Nur, was mich – oder Dich, mein Freund, oder die allermeisten übrigen Personen – betrifft, wir sind da eben nicht hinein geraten, oder beteiligt. Ja, verstehst Du das?«
»Ich begreife das schon«, räumte Stark ein, der eher widerwillig von der von ihm aufgebrachten Vorstellung der Ahnungen abließ. »Aber ich habe Deine Erwägung soeben doch richtig verstanden?«
»In welcher Hinsicht, bitte?«
»Es langweilt Dich, Nachrichten zu schauen?«
»Mitunter etwas.«
»Weil sie immer öde und gleich sind?«
»In etwa.«
»Unfall hin oder her. Es ist, von den unschuldigen Opfern abgesehen, ja immer dasselbe?«
Max Reimann erteilte auf diese direkte Frage keine Antwort.
»Manche Dinge öden mich nun einmal an«, versetzte er statt dessen.
Nun kam aber sein alter Freund auf sein ursprüngliches Anliegen – also auf seinen unbestimmten Verdacht – zurück, indem er erklärte: »Wie ein Film, den man – bei aller Qualität – bereits kennt, weil man ihn schon x Mal gesehen hat?«
Der Gastgeber lachte. »Worauf willst Du hinaus?«
Sein Besucher schaute ihn mit großen Augen erstaunt an (als würde er seinen alten Freund überhaupt zum ersten Male wieder erkennen).
»Du wußtest vorher schon, was die nette Dame in den Nachrichten verkünden würde?«, wollte Detlef Stark darum wissen.
»Und wenn dem so wäre?«
»Na ja«, der Gast überlegte sich nun jedes Wort, »dann kannst Du entweder Gedanken lesen.«
»Oder?«
»Oder die Zukunft.«
»Und wenn es denn viel einfacher und billiger wäre?«
»Wie, bitte?«
»Plopp.«
»Plopp?«
Der Besucher begann nun am Verstand seines Gastgebers zu zweifeln. Gewiß, Max Reimann war immer schon ein irgendwie besonderer Typ gewesen. Auch in der gemeinsamen Schulzeit. So ganz zugänglich hatte man ihn nie erlebt. Und er stellte immer seine eigenen, oft seltsam anmutenden, mitunter unangenehmen Fragen. Welche, bei aller gebotenen Vorsicht, gerne aus dem Rahmen zu fallen pflegten.
Plopp.
Detlef Stark musterte den alten Freund nunmehr verstohlen. Dieser ließ sich den mißtrauischen Blick ohne weiteres gefallen.
Und so ging der Besucher denn auch, wenngleich vorsichtig, auf diesen Umstand ein: »Wie bitte, alter Junge?«
»Plopp«, erwiderte Reimann ganz ruhig.
Das klang so, als ob es sich bei dem von ihm geäußerten ›Plopp‹ um eine ganz alltägliche, rein sachliche, vielleicht auch vertrauliche Mitteilung handeln würde. Ein übler, mißratener Scherz wäre gleichzeitig nicht auszuschließen.
Stark tastete sich an diesen verwirrenden Umstand heran, indem er äußerst höflich (sich selbst unter Kontrolle bringend) versetzte: »Das sagtest Du schon einmal.«
Max Reimann lächelte verhalten. Auch ein wenig besorgt. So, als ob es da einen auch ihm unangenehmen Umstand gäbe. Und was machte er anschließend? Er tastete nach seinem Ohr. Und zwar nach seinem linken, wie Stark sehr wohl bemerkte. Schien darin, wenn auch nur oberflächlich, ein wenig herumzuwühlen. Betrachtete erst mißtrauisch, dann zufrieden die Fingerspitze, welche er soeben aus dem Ohr – und zwar aus seinem linken – gezogen hatte.
»Ist mit Deinen Ohren etwas nicht in Ordnung, Max?«, erkundigte Stark sich vorsichtig.
Jetzt bloß keinen Fehler machen. Wer weiß schon, wie solche Leute darauf reagieren werden, welche man nach so vielen Jahren wieder trifft.
Leute, welche sich sehr wohl einschneidend verändert haben könnten, allen sonstigen Annahmen oder Hoffnungen zum Trotze.
»Nein, alles bestens«, gab Reimann zur Antwort.
»Jedenfalls nahezu«, schränkte er gewissermaßen pflichtbewußt ein.
Und er blickte nochmals besorgt auf seine Hände. Aber da war alles in Ordnung, jedenfalls soweit er feststellen konnte. Das galt für die Umgebung seiner Fingernägel. Genau genommen, des einen Fingernagels, welcher auf geheimnisvolle oder unerklärliche Weise im linken Ohr geforscht hatte.
Forschen, das war übrigens die korrekte Bezeichnung, wie Detlef Stark dachte.
»Nahezu, Max? Was heißt das nun wieder? Bist Du schwerhörig geworden? So wirkst Du jedenfalls nicht.«
»Nein, danke.«
»Trotzdem, in einem solchen, jederzeit möglichen Falle.«
»Was ist da, Freundchen?«
»Ich kenne da einen Augen-Nasen-Ohren-Arzt, hier ganz in der Nähe.«
»Was Du nicht sagst!«
»Ich kann Dir seine Adresse geben …«
»Nein, vielen Dank, mein Guter!«
Das, was Detlef Stark zur Kenntnis genommen hatte, wollte ihm keine Ruhe lassen.
»Aber Du hast doch früher schon Probleme mit Deinen Ohren gehabt«, fuhr er fort. »Oder?«
Er stutzte. »Ich meine, das wäre denn doch etwas verfrüht, bei Deinem Alter.«
»Du willst es ja wieder mal ganz genau wissen, mein Lieber!«
»Entschuldige, Freundchen, aber die Gesundheit ist doch wohl das wichtigste, was man sich vorstellen kann, oder vielleicht nicht?«
»Da hast Du allerdings Recht, Freundchen!«
Forscht man übrigens einen anderen nach seiner Gesundheit aus? Falls ja, dann einerseits, weil man vielleicht einen guten Ratschlag in dieser Hinsicht zur Hand hat. Oder – wie hier – etwa die Adresse eines guten Arztes. Andererseits, wer weiß das schon, womöglich ist die eigene Gesundheit bereits etwas angeschlagen, und nun vertieft man sich in ein Thema, welches einem am Ende selbst noch Nutzen einbringen könnte.
»Also, wenn ich denn so direkt fragen darf?«
Der Eigentümer von Inventar und Haus hörte übrigens nach allem, was der Besucher festzustellen vermochte, ausgesprochen aufmerksam zu. Er vernahm mithin alles, was Stark bislang in dieser Hinsicht vorgetragen hatte. Daran bestand kein Zweifel. Und seine Antworten, obwohl sie, jedenfalls in den Ohren des Besuchers, zuletzt etwas eigentümlich klangen, trafen den Kern der Sache (auch wenn sie nicht durchweg Gefallen erregen mochten).
Das linke Ohr.
Plopp.
Das ging Detlef Stark nicht aus dem Kopf.
»Also, habe ich früher schon Probleme mit meinen Ohren gehabt?«, griff Reimann den von seinem Besucher vorgebrachten Gedanken auf.
»Weiß ich nicht so genau«, erteilte er nunmehr selbst die Antwort, ohne eine mögliche Bemerkung seines Freundes zu gestatten.
»Aber?«
Max Reimann lachte breit auf.
»Habe ich jetzt Probleme mit meinen Ohren?«, setzte er die einseitige Fragerunde fort.
»Und?«, forschte Stark, endlich zu Wort kommend, indem er angeregt die Finger des anderen betrachtete.
»Ach, weißt Du«, versetzte, wie nachlässig, Reimann.
»Was weiß ich?«
»Hm, hast Du schon einmal so ein Summen oder Klingeln in Deinen Ohren vernommen, mein Lieber?«
»Ob es in meinen Ohren jemals dröhnte, Max?«, erkundigte sich der andere, bewußt übertreibend.
»Es muß nicht dröhnen, dazu reicht ein unablässiges Rauschen oder gar ein höchst lästiges Pfeifen.«
»Na ja, wenn ich eine Explosion vernehme, dann breitet sich diese per Schallwellen auch in Richtung meines Gehöres aus. Jedenfalls, wenn ich in der Nähe dieses Vorgangs wäre.«
»Das meine ich nicht, Detlef.«
»Sondern, was meinst Du, Max?«
»Bist Du schon einmal dem Begriff Tinnitus begegnet?«
»Du meinst das Ohrklingeln oder das zugehörige Rauschen oder Pfeifen?«
»Ja, sehr gut, Du kennst Dich also aus.«
»Nun, das wäre wohl etwas übertrieben«, wehrte Stark ab.
»So etwas soll bei mir auch schon einmal vorgekommen sein«, ergänzte er nachdenklich. »Aber es verging bald wieder.«
»Und wie sieht es bei Dir aus?«, erkundigte er sich dann.
»Hast Du«, fragte er, wie von Witz überkommen, »den kleinen Mann im Ohr?«
»Und«, setzte er, nach wie vor in drolliger Stimmung, »Du hast dann mit dem Finger geforscht, um den kleinen Mann dort zu finden und ihn, womöglich, aus dem Öhrchen wieder heraus zu bekommen?«
Und schwieg erschrocken. Ging er zu weit? Was, wenn sein Gastgeber, des ganzen Gefrages überdrüssig, ihn alsbald hinauswerfen würde? Stark war zwar von allen möglichen Leuten eigentlich unabhängig. Indes aber, eine unbestimmte Vorstellung hatte ihn zum Besuch des alten Freundes denn doch bewogen. Und diesen Umstand wollte er nicht unbedingt aufs Spiel setzen.
Außerdem, merkwürdig, worauf sie bei ihrem Gespräch gekommen waren. Der Gastgeber jedenfalls wühlte – übrigens eher unauffällig – im Ohr, und zwar im linken, und seinem Gast gab das sehr wohl zu denken.
Mach Du nur Deine Witze, dachte Max Reimann bei sich.
»Und, wenn es bis zu einem gewissen Grad so wäre?«, wollte er dann wissen.
Diese Antwort Reimanns verschlug Stark die Sprache (das hätte er nicht erwartet). Aus einem Scherz drohte Ernst zu werden. Verstand der Gastgeber denn nicht, daß sein Besucher bloß einen – wenn am Ende auch noch verunglückten – Witz hatte machen wollen?
»Inwiefern äußert sich das, mein Lieber?«
Detlef Stark schaute seinen Gastgeber wieder prüfend an, und er sprach sehr sachlich, zurückhaltend, keineswegs übertrieben.
»Na ja, ich hatte das schon mal, mein Guter.«
»Das mit dem Ohr? Dem linken?«
»So in etwa.«
»Und was hattest Du da?«
Und nun wagte sich Stark, im Grunde gegen seinen Willen, abermals vor.
»Hörtest Du da etwa Stimmen?«, gedachte er, von dem Mann-im-linken-Ohr ausgehend, in Erfahrung zu bringen.
Er kommt sich sehr witzig vor, sann Reimann bei sich. Ist das eigentlich Zufall, daß er mich herausfordern willt? Oder beruht das auf meinem eigenen – im übrigen unklugen – Verhalten (also zum Beispiel im linken Ohr zu stochern)? Jedenfalls in Gegenwart anderer, doch eigentlich unbedarfter Leute? Aber lassen wir das erst einmal.
»Nein«, erteilte er Antwort. »Keine Stimmen, mein Lieber.«
»Da spricht niemand in Dir?«
»Nein, da spricht niemand in mir.«
»Und was tut sich dann? In Dir, mein Guter?«
»Na ja, bisweilen vernehme ich ein unaufhörliches Summen oder Brummen.«
»Ein Summen oder Brummen?«
»Ja, und in jedem Fall ein unterschwelliges Rauschen.«
Krankenberichte seines alten Freunde (sann Stark), sollte er sie nicht doch besser beim Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten abliefern? Also, vor allem natürlich beim für Fragen des Gehörs zuständigen Spezialisten. Es klingelt also bei ihm. Ob ich ihm nicht doch die erwähnte Adresse mitteilen sollte? Welche ich, verdammt noch mal, erst einmal heraussuchen müßte.
Detlef Stark hatte diese im Vorbeigehen erspähte Anschrift (vor allem die Hausnummer) doch tatsächlich vergessen. Fand den Weg dorthin natürlich auch ohne jeden Kompaß (sann er, sich witzig vorkommend). So etwas (wie Name und Anschrift des Arztes) fiel einem im übrigen aber immer gerade dann nicht ein, wenn man sie am dringendsten brauchte. Na ja, so dringend ist es dann auch wieder nicht (erwog er weiter). Andererseits ist es vielleicht doch besser, den alten Kumpel nicht zu sehr zu beunruhigen. Nicht wahr, selbst der geduldigste Mensch dreht sonst durch oder neigt zu gewissen Überreaktionen.
»Wäre es da nicht besser, zum Arzt zu gehen?«, schlug der Besucher, auf die letzte Bemerkung seines Freundes eingehend, behutsam vor.
»Du meinst, wenn besagtes Summen oder Brummen auf körperliche Ursachen zurückzuführen wäre?«
»Ja, klar, worauf denn sonst, mein Lieber?«
»Oder«, Stark stockte, »an welche anderen Ursachen dachtest Du sonst noch, mein Junge?«
Gute Frage.
»Nun, an nicht-körperliche Ursachen also, woran denn sonst?«, lautete die zu allermindest erstaunliche oder jedenfalls ernüchternde Antwort.
»Nicht körperliche Ursachen?«, forschte Stark ungewollt begierig nach.
Er hat doch den kleinen Mann im Ohr, dachte er dann wieder. Da ist er aber nicht der einzige, schoß es ihm durch den Kopf. Oder doch? Was man so alles hört über verrückte Leute, oder von ihnen selber. Das darf man nicht ernst nehmen. Es sollte besser sein, solche Dinge oder entsprechende Erscheinungen gar nicht erst in Erwägung zu ziehen.
Der Besucher, wie er darüber sann, erschrak vor sich selber. Waren das eigentlich seine eigenen Gedanken, welche da vorübergehend sein Denken beherrschten? Oder führte ihn jemand – bewußt oder ungewollt – vor, indem er ihm auch noch andere, normalerweise unübliche Vorstellungen einflößte?
»Was meinst Du damit? Nicht körperlich? Wie soll man ein Ohrenrauschen oder das dortige Klingeln denn sonst wohl erklären, mein Lieber?«
Nicht wahr, es war schon irgendwie verrückt, sich auf eine solche Diskussion einzulassen. Aber sei’s drum. Aus irgend einem Grunde hatte Reimann ihn doch wohl eingeladen.
»Du meinst, alles, was uns zustößt oder begegnet, läßt sich stets und immer rein sachlich und materiell begründen, mein Bester?«
»In der überwiegenden Zahl aller Fälle ganz bestimmt«, äußerte Detlef Stark eher vorsichtig (galt es doch, sich nicht zu weit vorzuwagen).
»Demnach verstehe ich Dich doch richtig«, fuhr Reimann unbeirrt fort.
»Inwiefern, mein Lieber?«
»Alles veranstaltet sich auch materiell in unserem Gehirn, alter Junge?«
»Wie anders willst Du unseren Denkprozeß denn sonst begründen?«
»Na ja, wie schon erwähnt, nicht-materiell natürlich.«
Oh Gott, dachte der Besucher bei sich, jetzt kommt er gleich auf Wunder zu sprechen. Und zwar bestimmt auch noch auf solche, welche ihm selbst zugestoßen oder begegnet sind.
»Also, Gedanken sind schwebende Gebilde«, stellte Stark fest. »In dieser Hinsicht würde ich Dir zustimmen.«
»Und?«
Der Gastgeber runzelte die Stirne. Sein Gast gab erstaunlicherweise insofern ja sogar plötzlich nach.
»Gleichzeitig darf man aber nicht übersehen«, erklärte der Besucher, »daß sie, unsere Gedanken also, im Gehirn gewissermaßen verankert sind.«
»Worauf willst Du hinaus, mein Lieber?«
»Auf die Verbindung von scheinbar mühelos treibenden Gedanken und der festen materiellen Grundlage, über welcher sie schweben.«
»Wobei alleine die Vorstellung«, fügte Stark hastig hinzu, »daß die Gedanken sich über dem Gehirn bewegen, also von einer konkreten Grundlage irgendwie abgehoben sein sollten, bereits übertrieben sein dürfte.«
»Oder doch nicht?«, murmelte er, nunmehr in Gegenwart des anderen, indes nur halblaut, an seinen eigenen Ausführungen zweifelnd (nicht wahr, wenn einen Bedenken überkommen, dann muß man das ja gerade nicht so lautstark verkünden).
Sein Gastgeber lächelte milde und wies bei dieser Gelegenheit seine blitzenden Zähne vor.
»Also, ich war früher öfters Mal beim Zahnarzt«, eröffnete er.
»Oder vielmehr bei der Zahnärztin«, setzte er hinzu, »falls dies von Bedeutung sein sollte.«
Der Gast lachte. Das klang schon sympathischer, als das, was er zuvor vernommen hatte – oder jedenfalls zur Kenntnis nehmen sollte (sann er, selbst mit breitem Lächeln). Schwebende Gedanken! Was für ein Unsinn! Vorstellungen und Ideen, welche aus dem Nichts kamen und sich hierenorts auf Erden niederschlugen? Er mußte vorsichtig sein, ermahnte er sich, daß er nicht selber anfing zu spinnen.
»Du gehst nicht zu jedem Zahnarzt?«, wollte er dann wohlwollend von seinem Gastgeber wissen.
»Nein, ich ging nicht zu jedem Zahnarzt«, lautete unverzüglich dessen Antwort.
»Du mußt Dich wohl fühlen bei der Gesellschaft, welche Du aufzusuchen pflegst, Max?«
»So ist es.« Der Gastgeber nickte.
»Und natürlich muß der Dentist – ich meine vielmehr die Dentistin – über hinreichendes Fachwissen wie Sachkenntnis verfügen? Sonst würdest Du sie oder ihn wohl kaum aufzusuchen gedenken?«, fragte Stark und schaute Reimann erwartungsvoll an.
In dessen Augen war kein Falsch zu bemerken. Der andere sprach also korrekt und ehrlich (jedenfalls schien er von dem von ihm verbreiteten möglicherweise unsinnigen Gedankengut überzeugt zu sein). Das galt zumindest so weit, wie man es aus der Warte des Besuchers zu beurteilen vermochte.
»So war es früher, mein Lieber.«
»So war es früher? In Bezug auf Deine Zähne?«
»Früher«, bestätigte Reimann, »als ich den Zahnarzt noch regelmäßig besuchte.«
»Eher die Dentistin?«
Max Reimann lachte. »Wohl eher.«
»Und was hat sich seitdem verändert? Ich meine«, bemerkte Stark, »Deine Zähne scheinen wirklich in Ordnung zu sein, sie sehen – jedenfalls oberflächlich von außen betrachtet – blendend aus.«
»Du übertreibst, aber trotzdem danke, mein Guter.«
»Und was hat sich da für Dich also geändert, Herr Reimann?«, gedachte Stark, wiederum die Ansprache wechselnd, mit einer Spur von Ironie in Erfahrung zu bringen.
»Ich bin schon lange nicht mehr beim Zahnarzt gewesen«, erteilte dieser Auskunft.
»Ja, das sagtest Du bereits. Übrigens bei der Dentistin. Und warum nicht, wenn ich fragen darf?«
»Ach«, Detlef Stark atmete tief durch, »weil Deine Zähne jetzt besser sind als früher?«
Er lachte verschmitzt. »Womit Du andeuten willst, Deine Zähne entwickeln sich immer besser, je älter Du wirst?«
»Ja, ist es das?«, fragte der Besucher unablässig weiter, über die Absurdität seiner eigenen Bemerkung sinnend (da stimmte nämlich etwas nicht).
Er legt mich doch rein? erwog er.
Obwohl, dachte er dann erneut, so sieht der gute alte Max Reimann gar nicht aus.
»Es hat schon lange keine Probleme mit meinen Zähnen mehr gegeben«, klärte der Hausherr ihn auf.
Detlef Stark lächelte fein, und er überlegte.
»Das liegt demnach also an den schwebenden Gedanken, welche wir soeben angeführt haben?«
»Und wenn dem so wäre, mein Guter?«
»Welche«, Detlef Stark stockte, »ein Eigenleben führen?«
Und er lachte erneut. Und dachte bei sich: was für ein Unsinn! Jetzt fange ich auch noch an zu spinnen. Das kommt davon, begibt man sich in Gesellschaft von solchen – ja, von solchen, na, wie nennen wir sie, sagen wir mal: von so – eigenwilligen Menschen.
»Nein, gar nichts?«, erkundigte er sich dann gleichwohl neugierig.
Denn man konnte ja nie wissen. Vielleicht hatte Reimann – mit seiner Dentistin – ja doch ein Rezept entwickelt, seine Zähne immer rein, gepflegt und gesund zu erhalten. Deswegen (wegen seines Freundes Gebiß) war Stark übrigens nicht zu ihm gekommen. Aber warum nicht, man nahm an Informationen mit, was immer man konnte.
»Eine kleine alte Plombe ist herausgefallen.«
»Neulich? Vor einiger Zeit?«
»Es ist schon etwas her.«
»Und hast Du Dich – zusammen mit Deiner Fachärztin – darum gekümmert?«
»Nein, habe ich nicht.«
»Das war zu unbedeutend, Max?«
»Normalerweise keineswegs, in diesem Falle aber ja.«
»Wenn ich nochmals nachhaken darf …«
»Hake gerne nach, mein Lieber …«
»Bei welcher Gelegenheit hat die alte unwichtige Plombe Dich oder Dein Gebiß verlassen?«
»Beim Essen.«
»Beim Essen? Du meinst, beim Kauen?«
»So ist es.«
»Und frühere Probleme mit Deinen Zähnen, sie haben sich ebenfalls jeweils beim Essen oder beim Kauen zugetragen?«
»Im Prinzip ja, aber nicht nur«, räumte Reimann ein, gleichzeitig seine Bedenken zu verstehen gebend.
»Doch man halte sich vor Augen«, erwog er, »gerade beim Essen und also auch beim Kauen und bei dergleichen Verrichtungen erkennt man, was die guten alten Zähne wert sind oder was sie noch auszuhalten vermögen.«
Detlef Stark lachte trotzig.
»Na, auf Metall würde ich trotzdem nicht gerade beißen wollen«, verkündete er.
»Ich auch nicht.«
Diese einigermaßen erstaunliche Antwort gab dem Besucher abermals zu denken (jedenfalls, wenn er von etwas Wunderbarem ausging, welches der Hausherr in irgend einer Weise doch wohl irgendwie angedeutet haben durfte).
Was ißt Du denn?, gedachte er, unmittelbar wieder sachlich werdend, prompt in Erfahrung zu bringen, er unterließ diese einigermaßen absurde Frage aber.
»Das Essen, die Speise sind also der Prüfstein für die Qualität Deiner – oder meiner – Zähne?«, erkundigte er sich statt dessen.
»So ist es.«
»Nun gut, aber ich verstehe eines nicht.«
»Was verstehst Du denn nicht, mein Lieber?«
»Dein Speiseplan, im großen wie im kleinen, er hat sich doch wohl kaum verändert, oder doch?«
»Nein, hat er nicht.«
»Aber Du berichtest mir von diesem Prüfstein, Deiner also gleichgebliebenen Nahrung. Sowie von Deinem diesbezüglichen Instrument, mithin Deinen Zähnen, welches, so habe ich das doch hoffentlich richtig aufgefaßt, so gut war oder ist, wie nie zuvor. Ja, so stellt es sich doch, mein Guter?«
»So oder so ähnlich ist es in der Tat, mein lieber Detlef.«
»Aha, und nochmals, das würde mich denn doch interessieren.«
»Bitte?«, fragte Reimann sichtlich aufgeschlossen.
Denn der andere ging ja offenbar auf seine Vorstellungen ein (zumindest auf das, was bislang angedeutet wurde).
»Was macht die Qualität Deiner Zähne aus, oder anders gefragt«, überlegte der Besucher, »was hat sich da verändert?«
»Ich meine«, setzte er hinzu, »es ist im Grunde doch alles beim alten geblieben, Essen, Kauen, vor allem auch die genossenen Speisen.«
»Ja, fast alles ist gleich geblieben.«
»Und trotz dieser gleichbleibenden Umstände hat sich Deine Zahnqualität verbessert? Ja, so ist es doch, wenn ich Dich richtig verstanden habe?«, fragte Stark, ohne zunächst auf die von seinem Freund vorgebrachte Einschränkung einzugehen (oder sie überhaupt zur Kenntnis zu nehmen).
»Hast Du, mein Lieber.«
»Und? Ich warte auf eine Antwort.«
Max Reimann lachte nun seinerseits wieder.
»Dir liegen Deine eigenen Zähne wohl auch sehr am Herzen?«, wollte er dann unbeeindruckt wissen.
»Allerdings. Ohne Zähne …«, brummte Detlef Stark gedankenverloren.
»Ohne Zähne sieht es schlecht aus mit dem Essen?«
»Das kannst Du wohl sagen, mein Junge!«
»Ohne sie gibt es kein richtiges Beißen?«
Nimmt er mich jetzt wieder auf den Arm? überlegte prompt der Besucher. Obwohl er selbst diesen Gedanken aufgebracht oder zu allermindest angeschnitten hatte. Doch er gelangte unter Berücksichtigung aller Umstände abermals zu der Auffassung, daß sein Gastgeber – entgegen jeder anderweitigen Unterstellung – es durchaus ernst meinte. Denn was er bis dahin auch immer eindeutig vorgewiesen hatte, es mündete derzeit allenfalls in einem dünnen Lächeln.
»Du willst also wissen«, bemerkte Reimann, »was ich insbesondere beim Essen oder Verspeisen mit meinen Zähnen mache? Und zwar«, setzte er hinzu, »anders als oder im Gegensatz zu früher?«
Sein Gast atmete befreit auf.
»Ja, allerdings«, räumte er ein, »das würde mich ganz bestimmt interessieren!«
Und dachte eigentlich eher ganz unwillkürlich einmal mehr bei sich: oh Gott, wo bin ich da nur hinein geraten?
Sein Gastgeber lächelte erneut milde, indem er versetzte: »Ich denke positiv, übrigens nicht nur in diesem Fall an meine Zähne, mein Guter.«
»Du denkst, was«, der Gast verschluckte sich bei dieser eher ungewöhnlichen, so schlicht vorgebrachten Antwort, »Du denkst positiv an Deine Zähne?«
Was? Das war doch nicht möglich! Der spinnt wirklich!
»Und«, fragte er, von einer Anwandlung des Spottes überkommen, »Du sprichst mit ihnen? Ich meine, mit Deinen Beißern? Du unterhandelst mit ihnen? Ja, ist das so, mein Guter?«
Und jetzt benötigte er bloß noch eine Bestätigung dieser Frage, und der Hausherr würde in eine entsprechende Anstalt – wer weiß schon, vielleicht in ein Irrenhaus – eingewiesen.
»In gewisser Weise«, erwiderte Reimann (ausweichend, wie es seinem Besucher erscheinen wollte).
Er drückt sich, dachte Stark. Eine klare Antwort wäre mir lieber.
Und seltsam, nebenbei wollte der Gast selbst nach seinen eigenen Zähnen tasten. Etwa, ob sie (insbesondere in Gegenwart des irritierenden Gegenübers) wirklich in Ordnung wären. Detlef stark tastete aber nicht. Verzog indes den Mund, wie zu einem Grinsen. Dabei zeigte er seine eigenen wohlgeformten und durchaus gesunden Zähne.
Auch er, Detlef Stark, verfügte also über einen guten Zahnarzt (oder eine fähige Dentistin), wie es Max Reimann nunmehr durch den Kopf schoß.
»Ich verstehe Dich nicht ganz, mein Lieber.«
»So, inwiefern denn?«, fragte Reimann wider besseren Wissens zurück.
»Du sprichst wirklich mit Deinen Zähnen?«, wollte Stark nunmehr ganz ohne Ironie von seinem Gastgeber wissen (jetzt hielt er bereits alles für möglich, na ja, fast alles).
Denn immerhin, eines mußte man zugeben. Dessen Gebiß schien in Ordnung, jedenfalls, soweit man dies von außen zu beurteilen vermochte.
»Na, ja, nicht direkt, mein Lieber«, beschied Reimann den anderen eher gemütlich (dabei seine Zähne bleckend).
»Nein, es findet kein Dialog mit Deinen Zähnen zu?«, stellte der Besucher die im Grunde genommen doch eigentlich absurde Frage.
Und plötzlich war sie immerhin wieder da, die Ironie.
»Es wäre schief oder unangemessen, dies so auszudrücken«, erfolgte die jedenfalls erstaunliche Antwort.
Indes, der Besucher beharrte auf dem angeschnittenen Gedanken. Zu interessant erschien ihm die angebliche Vorstellung – man spreche mit seinen eigenen Zähnen. Verzeihung, wie verrückt war denn das nun wieder?
»Aber Du sprichst doch mit jemandem?«, bohrte Stark also weiter.
»Oder mit etwas?«, fügte er, wie von einer Ahnung überkommen, hinzu.
»Mit etwas«, bestätigte Reimann (nun seinerseits wiederum lächelnd).
Detlef Stark lachte ungläubig auf.
»Mit etwas außerhalb von Dir oder mit etwas in Dir drinnen?«, beharrte er ganz ernsthaft (von echtem Forscherdrang überkommen, auch wenn die ganze Angelegenheit sich ins Absurde zu entwickeln drohte).
»Mit etwas in mir drinnen«, lautete unverzüglich die Antwort.
»Welches also ganz nahe bei Deinen Zähnen sitzt?«, erkundigte Stark sich ganz unverdrossen (wenn schon, denn schon, mal sehen, was der andere darauf jetzt noch antwortet).
»Ja, dort auch, aber nicht nur bei ihnen«, erwiderte der Hausherr frech, ja unverschämt (so kam es dem Gast jedenfalls vor).
Der Besucher ächzte (zumindest innerlich). War sein alter Freund und Kumpan wirklich verrückt geworden? Es wäre schade drum, nicht wahr.
»Und worum, wenn ich dies in Erfahrung bringen darf, handelt es sich bei einer solchen Unterredung, mein Lieber?«, erkundigte Stark sich weiter, um alsbald erneut zu stocken: »Um die Gesundheit des Gesprächspartners, mithin Deiner Zähne? Ja, ist das so, mein Lieber?«
Und er starrte den Gastgeber verstohlen an: war mit dem wirklich alles noch in Ordnung? Spricht mit seinen eigenen Zähnen …
»Nun, es ist eine Größe«, erwiderte der Hausherr (von der eigentlichen Frage abweichend, welche ihm vielleicht doch zu unangenehm zu werden drohte), »welche schon mit den verschiedensten Namen bedacht wurde. In der Geschichte der Menschheit.«
»Deine Zähne, Max?«, begehrte Stark da – angesichts der erwähnten Geschichte der Menschheit – einigermaßen töricht zu wissen.
Sein Vorschlag wurde abgewiesen: »Nein, die Größe, mit oder von der ich spreche, überragt übrigens allemal meine Zähne, wenn ich das einmal so ausdrücken darf.«
Detlef Stark fühlte sich schwach angesichts dieses Bescheids, ihm war fast zum Taumeln. Er riß sich aber zusammen.
»Mit den verschiedensten Namen, mein Lieber?«, erkundigte er sich.
Und ergänzte verwundert: »In der Geschichte der Menschheit?«
»Plopp!«, ließ sich Max Reimann geradezu aufreizend trocken vernehmen, er wirkte im übrigen völlig unbeeindruckt.
Das erneut vorgebrachte Geräusch klang in den Ohren seines Gastes, als ob der Gastgeber damit beispielsweise das Öffnen einer Sektflasche nachahmen oder zur Kenntnis bringen wolle.
»Das sagtest Du schon«, beeilte sich Stark, von zunehmendem Unbehagen
befallen, zu versichern.
»Da ploppt etwas?«, erkundigte er sich dann ungewiß, die Stirne runzelnd.
»Das kannst Du wohl zugeben«, entgegnete Reimann überzeugt.
»Dein Gesprächspartner?«, forschte Stark unsicher, doch wißbegierig.
Und ließ sich damit also offensichtlich auf das irrsinnige oder zu allermindest abwegige Gedankenspiel des anderen ein. Dabei wußte er noch gar nicht, wie sehr er damit ins Schwarze getroffen hatte.
Und er begann von Neuem: »Max, wir haben doch vorhin von Deinem Ohr gesprochen?«
»Haben wir, Detlef.«
»Und in dem Zusammenhang von dem Ploppen?«
»Du sagst es.«
»Und, wenn ich Dich richtig verstanden habe, wenn es ploppt, dann ist alles in Ordnung?«
»Sehr gut, alter Junge. So ist es.«
»Also«, der Besucher tastete sich – nach wie vor fast gegen seinen Willen – näher heran, »Du hattest Schwierigkeiten mit Deinem Hörvermögen?«
»Hatte ich, alter Knabe.«
»Und dann«, wiederholte Stark, »ploppte es, und alles war wieder in Ordnung?«
»So kann man es ausdrücken, Alter.«
»Und wie hast Du das fertig gebracht, von der Schädigung der Hörgänge weg und einmal mehr zu einem guten Hörvermögen hinzukommen?«
»Du hörst doch derzeit ausgesprochen gut?«, erkundigte sich der Gast ohne Unterlaß (der damit eigentlich nur seine eigene Beobachtung zu überprüfen gedachte).
Und prompt wurde er, auch ein wenig ironisch, bestätigt: »Ich vernehme jedes einzelne von Dir geäußerte Wort wirklich vorzüglich, wie in alten Zeiten, mein Lieber.«
»Und Du benötigst Dein Hörrohr nicht mehr, Alter?«, fragte der Besucher entsprechend keck zurück.
»Wer hat denn von einem Hörrohr gesprochen?«
»Ja, aber erwähntest Du nicht, Dein Gehör wäre geschädigt gewesen, und dann sei es wieder gut, so wie es sich auch jetzt ausgesprochen vorzüglich darstellt?«
Detlef Stark holte tief Luft. Hörrohr? Nein, kein Hörrohr, sann er. Aber was dann?
»Du bist also nicht beim Hals-, Nasen- und Ohrenarzt gewesen, alter Knabe?«, drängte er (den sich ihm eröffnenden unheimlichen Widerspruch auszuräumen oder irgendwie aufzuklären).
Die Antwort erfolgte, wie erwartet, prompt und entschieden: »Nein, war ich nicht, Alter.«
»Und wo warst Du dann?«, wollte der Besucher (der Verzweiflung nahe) alsbald wissen.
»Bei niemandem und nirgends!«
»Bei niemandem und nirgends?«
»Außer.«
»Außer?«
(Das wurde ja immer besser.)
»Jedenfalls bewegte ich mich nicht auf einer greifbaren Ebene, wenn Du verstehst, worauf ich mich dabei beziehe«, erläuterte Max Reimann lächelnd.
Nein, Detlef Stark verstand nicht. Aber er begriff immerhin, da kam jemand oder etwas ins Spiel herein, jedenfalls, wenn man die geschilderten Tatsachen zugrunde legte. Also, der Gastgeber hatte mit etwas oder mit jemandem gesprochen. So viel schien sicher. Aber womit oder mit wem? Und dann vor allem, wenn das stimmte, was der Eigentümer von Haus und Grundstück da vortrug, welche Verbindung bestand zwischen dem angeblichen Gespräch und seiner Gesundung oder Wiederherstellung?
Und, verdammt noch mal (das ließ Detlef Stark keine Ruhe), was war mit diesem vermaledeiten Ploppen?
»Also«, der Gast betrachtete seinen Gastgeber einmal mehr zweifelnd, »Du hast mit jemandem oder mit irgend etwas gesprochen?«
Max Reimann nickte, ohne mit der Wimper zu zucken. Indes schweigend. Es war ihm wohl zu viel, das alles jetzt nochmals vortragen zu müssen.
»Gut. Aber wie? Hast Du etwa das Telefon benutzt, um jemanden anzurufen, mein Lieber?«, fragte Stark wiederum ironisch (darin kam er sich denn doch überlegen vor).
»Nein, angerufen habe ich nicht. Jedenfalls nicht in diesem Sinne«, lautete die Antwort.
»Außerdem«, stellte Reimann fest, »ist mein Telefon seit einiger Zeit gestört oder jedenfalls nicht völlig in Ordnung.«
»Was hat Dein Sprechapparat denn?«
»Weiß ich nicht.« Der Gastgeber zuckte, halb ratlos, die Schulter. »Aber seit diese Einrichtungen – hier das Telefon also – mit dem Internet verbunden sind, ergeben sich ständig neue Probleme. Welche früher, als der Fernsprecher noch für sich alleine stand, nicht aufgetreten sind.«
»Aha«, brummte Detlef Stark (als ob er alles Vorgebrachte restlos verstünde).
Und dachte allerdings schlauerweise bei sich: muß man wirklich alles miteinander verknüpfen, damit, wenn eine Sache kaputt geht, gleich alle übrigen Einrichtungen entsprechend mitgerissen werden?
»Sogar eines, welches mir übel aufstößt«, ergänzte der Hausherr hinsichtlich der erwähnten Probleme.
»Und das wäre?«
»Nun, mitunter ständige Anrufe.«
»Na ja, das sind halt die Werbefirmen, die nicht aufhören können, ihre Waren oder Dienste anzupreisen.«
»Erstens ist das inzwischen verboten.«
»Na gut, und zweitens?«
»Ohne Anruf.«
»Anrufe ohne Anruf?« Detlef Stark starrte seinen alten Freund mit offenem Munde entsetzt an (wieder beschlich ihn das Gefühl, einer unheimlichen oder, wer weiß schon, einer verrückten Sache auf der Spur zu sein).
»Im sichtbaren Verzeichnis kann ich jeweils für gewöhnlich entnehmen«, erklärte der Gastgeber, »daß ein Anruf erfolgte. Oder auch, per Zahlenfolge angegeben, gleich mehrere von diesen.«
»Na, dann ist es ja gut.«
»Meinst Du?«
»Das hatte ich auch schon«, beeilte sich Stark zu versichern.
Das hatte ihn nämlich auch schon irritiert oder jedenfalls in geringem Ausmaß gewundert.
»Anruf, ohne im entsprechenden Verzeichnis zu erscheinen, mein Lieber?«
»Ja, ganz genau, Alter, so kam bei mir auch schon vor«, bemerkte der Besucher, um hinzuzusetzen: »Je elektronischer unsere Welt wird, umso mehr überraschende und scheinbar unerklärliche Fehler schleichen sich in das Geschehen ein, nicht wahr.«
»Aber, Elektronik hin, Elektronik her, das bringt uns vom eigentlichen Thema ab, mein Lieber«, beeilte Stark sich zu versichern (der die Vorstellung vom Telefon ja überhaupt erst aufgebracht hatte, weil er sie abermals für witzig hielt).
»Hm, Dein Telefon war – und ist – wohl nicht in Ordnung?«
»So kann man es betrachten.«
»Aber Du hast mit jemandem gesprochen?«
»Habe ich, mein Lieber.«
»Wegen Deiner Ohren?«
»Erst wegen der Ohren. Dann bin ich auch auf die Zähne gekommen.«
Uff, dachte Stark, der mutet einem ja einiges zu. Erst geht sein Telefon nicht. Nun gut, das ist in Ordnung. Das hatte ich auch schon. Aber dann spricht er sowohl wegen seiner Zähne wie seiner Ohren, oder vielmehr umgekehrt, wegen seiner Ohren und dann seiner Zähne, ja, mit wem eigentlich?