Die Todesmine - G.F. Waco - E-Book

Die Todesmine E-Book

G. F. Waco

0,0
2,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Die Faust zischte herum, sie kam ohne Warnung. Ein fürchterlicher Hieb traf John Dixon und schleuderte ihn aus dem Stand auf den Rücken. »Du, wieder du?« keuchte der Alte. Er war groß und breit, ein Bär von Mann und gut sechzig Jahre alt. In seinen Fäusten aber saß immer noch Dynamit. »Du verdammter Schieler!« Die anderen standen wie erstarrt neben ihren Pferden, als der Wutausbruch des alten Zach Dixon über seinen zweitältesten Sohn hereinbrach wie ein Hurrikan. »Du gehirnloser Narr!« fauchte der Alte. Er hob den Fuß und stieß ihn John in die Rippen, daß der aufheulte und seinen älteren Bruder Elder, den Liebling des Alten, hilfeflehend ansah. »Wer hat dir geraten, dich mitten in San Antonio in den Generalstore Gilmores zu wagen und dann noch den Kerl zu verprügeln? Das ist doch nicht zu fassen, ich werde noch wahnsinnig! Zwei Jahre sitzt der Lümmel im Jail – zwei Jahre hat er seinen Bruder und seinen Vetter durch seine Dummheiten auch ins Jail gebracht, und dann geht er hin und will sich am Vorsitzenden der Jury rächen. Du Idiot!« »Hör auf, Vater!« sagte Elder, das Ebenbild des Alten und der einzige Mensch, auf den der Alte jemals gehört hatte. Denn Elder war schlau, war noch gerissener als der alte Zach. »Vater, laß das! Ich habe ihm schon sein Teil verpaßt!«

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 143

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Die großen Western – 356 –

Die Todesmine

Unveröffentlichter Roman

G.F. Waco

Die Faust zischte herum, sie kam ohne Warnung. Ein fürchterlicher Hieb traf John Dixon und schleuderte ihn aus dem Stand auf den Rücken.

»Du, wieder du?« keuchte der Alte. Er war groß und breit, ein Bär von Mann und gut sechzig Jahre alt. In seinen Fäusten aber saß immer noch Dynamit. »Du verdammter Schieler!«

Die anderen standen wie erstarrt neben ihren Pferden, als der Wutausbruch des alten Zach Dixon über seinen zweitältesten Sohn hereinbrach wie ein Hurrikan.

»Du gehirnloser Narr!« fauchte der Alte.

Er hob den Fuß und stieß ihn John in die Rippen, daß der aufheulte und seinen älteren Bruder Elder, den Liebling des Alten, hilfeflehend ansah. »Wer hat dir geraten, dich mitten in San Antonio in den Generalstore Gilmores zu wagen und dann noch den Kerl zu verprügeln? Das ist doch nicht zu fassen, ich werde noch wahnsinnig! Zwei Jahre sitzt der Lümmel im Jail – zwei Jahre hat er seinen Bruder und seinen Vetter durch seine Dummheiten auch ins Jail gebracht, und dann geht er hin und will sich am Vorsitzenden der Jury rächen. Du Idiot!«

»Hör auf, Vater!« sagte Elder, das Ebenbild des Alten und der einzige Mensch, auf den der Alte jemals gehört hatte. Denn Elder war schlau, war noch gerissener als der alte Zach. »Vater, laß das! Ich habe ihm schon sein Teil verpaßt!«

»Der Schieler bringt mich noch um meinen Verstand!« ächzte der alte Satan Zach.

Sie hatten ihn schon immer so genannt. Nicht nur seine Kinder – in ganz Süd-New-Mexico hing ihm dieser Spitzname an. »Kaum vier Tage aus dem Jail, und schon fängt er etwas an. Ausgerechnet mit Gilmore! Und dann überzeugt er sich nicht mal, ob die Luft rein ist, der Trottel. Mensch, wenn Joel Torran in der Nähe ist, kannst du doch nicht über jemand herfallen. So viel Dummheit auf einmal darf es doch nicht geben. Und so was ist mein Sohn, alle Teufel!«

John lag da und hielt sich wimmernd die Rippen. Er war hager, dürr – eine Bohnenstange mit einem langen Schädel und Schielaugen. Er hatte sonst vor nichts Angst. Kein Dixon fürchtete sich vor irgend jemand – nur vor dem eigenen Vater.

Der Alte hatte einmal Rinder züchten wollen, aber das war ihm zu mühsam gegangen. Er trank lieber, soff wie ein Loch. Und wenn er betrunken war, dann wurde er zum wilden Tier, dann war er der Satan, der seine Familie verdrosch.

»Ich wußte es doch nicht«, heulte John. »Wenn ich es geahnt hätte, wäre ich doch nicht… Niemals…«

»Du Schwachkopf! Wenn Dummheit weh täte, wärest du den ganzen Tag am Heulen!« fauchte der Alte. »So was – so sieht man sich nach zwei Jahren wieder! Das muß ich erleben, ich, der ich mich wie ein Kind auf das Wiedersehen freue. Elder, wo ist dieser elende Torran geblieben?«

Patty Nolan, der große fleischige Klotz von Mann, der Vetter der drei Dixon-Söhne, zitterte vor Angst am ganzen Leib.

Er hätte mit der bloßen Faust einen Ochsen erschlagen können, doch sein Kopf…, nun ja, er war etwas dumm, er hatte kaum Verstand. Wenn man ihm nicht sagte, was er zu tun hatte, hockte er sich hin und starrte vor sich nieder. Dann dachte er an Mädchen, an Frauen. In der Beziehung war er wie ein Tier.

Patty war mit in Gilmores Store gegangen. Sie hatten Gilmore, den Vorsitzenden der Jury, in sein Sirupfaß getaucht und sich totlachen wollen.

Patty Nolan schlotterte aus Angst vor dem Alten am ganzen Leib. Das Lachen war ihm schon in Gilmores Store vergangen, als Joel Torran plötzlich vor ihnen gestanden hatte. Torran, der Schurke, der verdammte Kerl, dieser Pferdejäger, Mustangfänger, Vormann des alten Major William Goodrie, dem die größte Pferderanch in ganz New Mexico gehörte. Torran war gekommen. Und dann hatte dieser Kerl, dem keine Spur entging, der als Rebellensergeant für die Yankees hinter mordenden und brennenden Apachen hergeritten war und sie gefunden hatte, zuerst Patty erwischt.

Danach war John quer durch den verwüsteten Store in eine herausgerissene Pfefferschublade geschossen. Und schließlich war Elder von draußen hereingekommen, weil ihn das Gebrüll von Bruder und Vetter auf den Plan gerufen hatte.

Sie sahen alle drei aus, als hätte Torran eine seiner Pferdeherden über sie hinweggejagt. Beulen, Schrammen, dicke Augen, sie hatten Prügel bezogen!

Wenn Lou Sanders, Elders Geliebte, nicht gewesen wäre und den Schaden für sie bezahlt hätte, wären sie wieder im Jail gelandet.

»Dad, er war mit einer Herde unterwegs und trieb sie nach Socorro«, antwortete Elder finster. »Er hatte diesen Greaser dabei, Rual Coniegas, seinen besten Zureiter und Treiber. Nachdem Lou bezahlt hatte, ließ man uns laufen.«

»Was für eine Herde?«

»Mustangs – stämmige Pferde, wie sie die Armee braucht, Dad.«

»Ausgerechnet Torran!« knurrte der Alte. »Der hat euch damals erwischt, als John auf die verrückte Idee kam, Bill Goodrie Pferde zu stehlen. Patty, du Ungeheuer, mußt du alles mitmachen, was dir John in dein dummes Gehirn bläst?«

»Ich… ich…« Patty konnte vor Angst nur noch stottern.

»Na gut, schon gut, du Ausgeburt der Dummheit!« bellte der Alte. »Du kannst ja nichts dafür. Lou!«

Sein finsterer Blick traf Lou Sanders. Die vollschlanke Frau mit dem kastanienbraunen Haar und den graugrünen Katzenaugen, lehnte am Sattel ihres Pferdes. Sie war eine teuflisch schöne Frau: aufregend, sinnlich – die Sünde in Person. Mit ihrem Vater hatte der alte Zech die ersten Schmuggeltouren über die Grenze nach Mexiko unternommen. Gemeinsam getrunken, gemeinsam gefeiert, gestohlen, herumgeliebt.

Lous Vater hatten ein paar mexikanische Strauchdiebe erschlagen. Die Mutter, die es immer mit anderen Männern getrieben hatte, war bald ganz verkommen. Daher war Lou bei ihrem Onkel in El Nogal gelandet. Der hatte einen Saloon an der Grenze. Und was Lou dort an Männern gehabt hatte, ließ sich kaum zählen.

Ihre Wandlung war gekommen, nachdem sie Elder kennengelernt hatte. Elder, der zu sehr an seiner zu früh gestorbenen Mutter und an seiner kleinen Schwester Christine gehangen hatte – Elder war ihr Geliebter geworden.

Sie hatte ihm – und der Alte begriff das kaum – die zwei Jahre wie eine Nonne die Treue gehalten.

Es stimmte tatsächlich!

Elder führte kaum schmutzige Reden wie andere Männer. Für Elder war eine Frau eine Art Heilige. Es verging kein Tag, daß sie nicht…, nun ja, er war genauso verrückt nach ihr wie sie nach ihm.

Und zwei Jahre waren eine verdammt lange Zeit für einen ausgewachsenen Mann.

»Danke, Lou«, knurrte der Alte. Er wußte, sie war eiskalt, sie konnte über Leichen gehen. Seitdem sie Elder gehörte, hatte sie sich gewandelt. Sie lief ihm nach wie ein Schoßhund, es gab nur noch einen Mann für sie. »Lou, weißt du, was ich vorhabe?«

»Ja, Zach.«

»Es können ein paar Leute sterben, Lou.«

»Na und?«

Teufel, dachte der Alte, wenn ich so eine Frau gehabt hätte. Lou ist in Ordnung, die macht alles mit. Ich wollte zwar keine Frau dabei haben, aber nun ist sie einmal hier, dann soll sie auch bei uns bleiben.

»Lou, es kann so hart werden, daß du es nicht erträgst«, warnte er sie. »Du bist eine Frau.«

»Ich bin Elders Frau, Zach. Wo er auch hingeht – ich gehe mit. Du bist sicher, daß die Geschichte vom Schatz der Tulerosa stimmt?«

»Ich weiß, daß es den Schatz der Tulerosa geben muß, und der alte Alec Monahan der einzige Mann ist, der das Geheimnis kennt, Lou. Also gut, reiten wir los! Ich erzähle euch alles unterwegs. In einer halben Stunde erreichen wir das Tal, in dem Monahans Ranch liegt. Komm, Bullit!«

Elder warf einen Blick auf den riesigen Bluthund, der hechelnd an der langen Laufleine angeschlossen war. Dann traf sein Blick Jesse, den »Kleinen«, wie sie den jüngsten Dixon immer genannt hatten.

Der jüngste Dixon war immerhin schon zweiundzwanzig Jahre alt. Er hatte auf sie bei Lou gewartet und ihnen gesagt, daß der Alte das größte »Ding« plante, von dem andere nur zu träumen wagten. Unterwegs war er dann mit den ersten Einzelheiten herausgerückt.

Nun waren sie alle wieder zusammen, aber sie waren mehr als hundertdreißig Meilen von der verkommenen Ranch der Dixons entfernt. Der Alte hatte während der zwei Jahre, die Elder, John und Patty im Staatsgefängnis hinter Gittern gesiebte Luft geatmet hatten, einen teuflischen Plan ausgebrütet.

Die Dixons – die Satansbrut, wie man sie nannte – steckten jetzt in der Sierra Luera, und keine vier Meilen trennten sie noch von der sogenannten Rel Wall Ranch des alten Alec Monahan.

Die Ranch war eine Festung, bewacht von zwei auf den Mann dressierten Halbwölfen. Ihre roten Sandsteinmauern waren nur einmal von Dustin Clay überstiegen worden. Seitdem konnte Dustin den linken Arm nicht mehr gebrauchen. Einer der Halbwölfe hatte ihm den Arm zerfleischt, und Dustin war halb verblutet aus der Einsamkeit der Berge nach Ojo del Lobo entkommen.

Die Dixons kamen – und mit ihnen Tod und Teufel!

*

»Elder!«

Zach Dixon hob warnend die Hand und kauerte auf den Hacken seiner mit Deckenstreifen umwickelten Stiefel. Sie waren allein und weit vor den anderen: Der Alte und Elder, sein Lieblingssohn. Gegen den Wind hatten sie sich bis auf hundert Schritte an die Mauer herangeschlichen.

Es war wie damals, als Elder mit John und Patty auf die Skalpjagd gegangen war, und man für einen Apachenskalp noch hundert Silberpesos bekommen hatte. Das war lange her, aber es hatte ihnen den schlechten Ruf eingetragen. Seitdem machte es ihnen nichts mehr aus, wenn sie töteten.

»Sssst, komm!«

Der Alte glitt heran, den Indianerbogen in der Faust, die Pfeile im Köcher, im Lederbeutel das vergiftete Fleisch. Kojotengift, das binnen einer Minute tödlich wirken sollte.

Hinter der Mauer konnte nur noch eine dieser Wolfsbestien sein. Mit der anderen war Alec Monahan unterwegs nach Westen in die Mogollon Mountains. Angeblich lief der eine Wolfsbestand hinter den hohen Mauern mit ihren düster gähnenden Schießscharten nachts frei herum. Aber mit dem Wind konnte auch die Bestie nichts wittern und schlecht hören.

»Nahe genug, Junge, was?«

»Ja«, zischte Elder. Er wußte, der Alte konnte mit dem Apachenbogen wie ein richtiger Indianer umgehen. »Bist du wirklich sicher, daß Monahan mit seiner Tochter zur Old Spanish Mine unterwegs ist?«

»Er zeigt ihr den Schatz!« flüsterte der Alte. »Verlaß dich darauf, Elder. Nachdem Dustin damals über die Mauer stieg, schickte das Schlitzohr Monahan seine Tochter nach Santa Fé und Denver. Jetzt ist sie zurückgekommen – eine richtige Lady. Man sieht ihr verdammt nicht an, daß sie die Enkelin eines Tulerosa-Chiefs ist – des letzten, den es gab, ehe die Mimbres-Apachen den kleinen Rest Tuleros-Indianer umbrachten.«

Elder kannte die Geschichte der Tulerosa. Die friedlichen und zum größten Teil von Padres bekehrten Indianer hatten die Kunst der Silberschmiede beherrscht. Als Alec Monahan vor vielen Jahren zu ihnen gekommen war, um mit ihnen Handel zu treiben, hatte er die einzige Tochter des Tulerosa-Chiefs Messiah kennengelernt und geheiratet. Die Frau des Tulerosa-Häuptlings war eine Mexikanerin gewesen, ihre Tochter also ein Halbblut.

»Du meinst, sie weiß nichts von dem Schatz ihres Großvaters?« flüsterte Elder.

»Ich wette meinen Kopf – sie hat keine Ahnung«, zischelte der alte Zach. »Denke nur daran, wieviel Männer dem gerissenen alten Monahan schon in die Berge folgten und wie wenige jemals wieder auftauchten. Angeblich gibt es in der Old Spanish Mine in den zerklüfteten Mogolon Mountains nur noch kümmerliche Reste von Spaltsilber, die auszubeuten es sich nicht lohnt. Dennoch hat Monahan selbstgegossene Silberbarren bei den Banken in Socorro, Albuquerque und Santa Fé gegen Dollar eingetauscht. Er hat überall erzählt, er hätte das bißchen Silber in wochenlanger Arbeit aus der alten Mine geschürft und dort auch in der Schmelze zu Barren gegossen. Aber keine Bank hat etwas davon gewußt, daß er bei anderen das gleiche zusammenlog. Es gibt den Schatz der Tulerosa, Junge, das schwöre ich dir!«

Elder nickte stumm und sah zu, wie der Alte die vergifteten Fleischbrocken auf die Pfeilspitzen spießte. Der Alte hatte das fettähnliche Gift in die aufgeklappten Fleischstücke getan und diese dann vernäht. Das Gift war völlig geruchlos, und auch der Wolfsbastard hinter den Mauern würde es nicht wittern.

Der Plan des Alten war teuflisch vollkommen. Seit anderthalb Jahren war Zach Dixon nun hinter dem listigen Monahan her. Er hatte jeden seiner Schritte beobachtet und herausgefunden, daß Monahan tatsächlich über Silber verfügte.

Nach Zach Dixons Worten hatte sich der alte Monahan kaum noch mit der Zucht und den Verkauf von Maultieren beschäftigt. Obgleich er also kaum über Geld verfügte, hatte er jeden Monat für mehr als zweihundert Dollar Silber bei den verschiedenen Banken eingetauscht und das Geld von den Banken seiner Tochter nach Denver schicken lassen.

Alle Teufel, dachte Elder, diesmal scheint der Alte mit seiner Nase wirklich auf etwas gestoßen zu sein. Gerüchte genug über den Schatz der Tulerosa hat es immer gegeben. Monahans einziges Kind, dieses Viertelblut, wäre wirklich die Erbin des Schatzes. Außer einem halbblinden und taubstummen Tulerosa, den Messiah, der alte Tulerosa-Chief, seiner Tochter damals mitgab, damit er sie beschützte, lebte keine Tulerosa mehr.

Elder lugte über die Rinne hinweg, in der sie sich der Mauer genähert hatten. Drohend zeichneten sich die dunklen Schießscharten im hellen Mondlicht ab. Dort drüben konnte nur noch der steinalte und taubstumme Tulerosa sein – und der verfluchte Wolfsbastard.

Es gab keinen anderen Weg für sie – sie brauchten irgendein Kleidungsstück des alten Alec Monahan. Hatten sie es, würde Bullit, der auf Kojotenjagd dressierte Bluthund, den sich der Alte schon vor Monaten gekauft hatte, die Spur Monahans nie verlieren.

Dreimal in vier Monaten war Monahan zu der alten Spanish Mine geritten. Sie gehörte ihm, er besaß die Schürfrechte. Zach Dixon, der Monahan im weiten Abstand gefolgt war, hatte den schlauen Fuchs erst in die entgegengesetzte Richtung die Ranch verlassen, dann aber nach Westen umbiegen sehen. Monahan hatte alles getan, um Verfolger abzuschütteln. Dann war er in der alten Mine verschwunden.

»Fertig, Elder!« wisperte der Alte. »Hoffentlich schläft der alte Tulerosa nicht im Hof in der Nähe des Wolfsbastardes. Das Vieh soll ungeheuer schlau und von Monahan zu einem Totbeißer abgerichtet worden sein. Ich weiß verdammt nicht, ob der halbblinde Tulerosa noch soviel sehen kann, um schießen zu können. Achte auf die Schießscharten, Junge. Zeigt sich was, dann halte drauf, aber sieh zu, daß du den dreckigen Indianer nicht tötest, verstanden?«

Elder nickte kurz. Er kniete nieder, legte das Gewehr auf den Rand der Bodenrinne und hielt den Atem an. Die Nacht war bis auf das leise Sirren des Windes totenstill. Hinter den düsteren Mauern rührte sich nichts, schimmerte auch kein Licht.

Es muß gelingen, dachte Elder erregt, wir müssen hinein, sonst finden wir Monahans einen Tag alte Spur nicht mehr.

Sein blitzschneller Seitenblick huschte zu seinem Vater. Der alte Zach hatte den ersten Giftpfeil auf die Sehne des Indianerbogens gelegt. Jetzt hob er die Hand und zielte steil gegen den Himmel.

»Denk an den Wind!« zischte Elder. »Er könnte den Pfeil abtreiben. Das Ding muß mitten im Hof landen. Mein Gott, hoffentlich beginnt dieses Wolfs­ungeheuer nicht sofort zu heulen, wenn es den Aufschlag hört.«

Der Alte antwortete nicht. Seine tiefliegenden Augen maßen mit einem scharfen Blick die Entfernung zur Mauer und den Winkel, in der der Pfeil steigen mußte.

Zach Dixon riß die Hand mit einem Ruck zurück. Die Sehne des Bogens sang und zitterte. Dann schnellte sie jäh nach vorn. Der erste Giftpfeil trat seine Reise über die Mauer hinweg an…

*

Vier Pfeile waren davongezischt und dann hinter der Mauer verschwunden. Und jetzt.

Ein grauenhaftes Heulen schallte mit dem Wind zu Elder und dem Alten hin. Ein durch Mark und Bein gehendes Gewinsel kam danach durch die Luft.

»Los!« keuchte der Alte, der sich wie Elder längst die Deckenstreifen von den Stiefeln gerissen hatte. »Los, lauf, Junge! Die Schießscharten!«

Elder hetzte wie ein wildes Tier auf die Mauer zu. Hinter ihm der Alte mit rasendem Puls.

Die Mauer wurde immer größer, sie wuchs wie eine Wand vor ihnen auf. Zweieinhalb Schritt hoch war sie. In knapp zwei Schritt Höhe lagen die Schießscharten.

»Den hat’s!« gurgelte der Alte, als sie an der Mauer waren. »Der hat es gefressen!«

»Ouuhhhh!«

Ein entsetzliches Toben entstand irgendwo im Hof. Der Halbwolf hatte das Gift im Bauch und raste dort wie irr mit seinen schrecklichen Schmerzen umher.

Der Alte bückte sich – Elder sprang ihm auf den Rücken. Es gab nur den einen Weg über die Mauer durch eine Schießscharte.

Teufel, der Wolfsbastard verreckte, man hörte es an seinem entnervenden Heulen. Der Plan des Alten ging auf. Teuflisch schlau bedacht und eingefädelt und lange genug vorbereitet. Nun war es soweit.

Elder flog auf die Mauer, riß den Alten nach und sprang dann in den Hof. Links das Haus, halbrechts der Stall, an seiner linken Flanke ein Schuppen und die Corrals. Am Tag hatten sie es durch das Fernrohr des Alten genau gesehen, aber keine Bewegung ausgemacht.

Jetzt war eine da – unter dem Vorbaudach des ganz aus Felsblöcken erbauten Hauses drehte sich etwas schrecklich heulend. Mit einem Blick erfaßte Elder Dixon, daß es der Wolfsbastard war, der sich dort unmittelbar an der schweren Bohlentür des Hauses drehte.

Elder stürmte los, als sich der dunkle Schatten der Tür jäh öffnete. Geifernd, heulend und sich windend wollte der Wolfsbastrard durch die sich spaltbreit öffnende Tür ins Haus hinein. Im wilden Ansturm seines Todesahnens rammte er die Tür buchstäblich auf.

Licht im Haus – und im Licht der Schatten eines alten weißhaarigen Mannes. Der Tulerosa flog zur Seite, als der rasende Wolfsbastard ihn rammte.