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Eigentlich wollten Cliff und Judy ihr Hotel in San Bernardino nach den Ermittlungen zum mysteriösen Termitenhügel in der Mojave-Wüste schon längst wieder verlassen haben, doch ein Anruf von Ruth Sekada veranlasst sie dazu, ihren Aufenthalt zu verlängern. Die Sioux-Indianerin bittet die Bundesmarshals eindringlich darum, sich vor Ort mit der Ermittlerin Lydia Jones zu treffen. Laut einer Zeugin, die sich in deren Schutz befindet, soll hinter dem Flugzeugabsturz ihres letzten Falls weitaus mehr als ein technischer Defekt stecken - womöglich ein gezielter außerirdischer Anschlag!
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Seitenzahl: 137
Veröffentlichungsjahr: 2022
Cover
Auf der Flucht
UFO-Archiv
Vorschau
Impressum
Rafael Marques
Auf der Flucht
Death Valley
Kalifornien, 16. November 2022, 13:22 Uhr
Es war Herbst. Eine Zeit, in der die Blätter fallen, die Temperaturen sinken und Regengüsse das vom Sommer ausgetrocknete Land heimsuchen.
Nicht so im Death Valley. Obzwar es sich auch hier nachts deutlich abkühlt, brennt die Sonne tagsüber gnadenlos auf das leblos wirkende Tal nieder. Dennoch existiert hier Leben, wenngleich der Ort, an dem sich Jenna Garland gerade aufhielt, unzweifelhaft vom Tod geprägt wurde.
Die junge Frau spürte ihn förmlich, als würde er direkt vor ihr stehen und ihr sein sanftes Lächeln schenken. Beinahe hätte Jenna ihre Hand nach ihrem Bruder ausgestreckt, der hier wie vierundzwanzig andere Menschen gestorben war ...
Wimmernd krampfte sie sich zusammen, während die Bilder durch ihren Kopf schossen. Es waren keine Visionen, sie sah auch nicht durch Carters Augen, auch wenn ihre Verbindung als Zwillinge immer sehr eng gewesen war. Ihre Vorstellungskraft war lediglich stark ausgeprägt, und jetzt, im Angesicht des Todes, machte sie sich beinahe selbstständig.
Sie sah Carter, wie er seine Finger in die Lehnen seines Sitzes krampfte, während die De Havilland DHC-8 immer mehr an Höhe verlor. Wie er verzweifelt um sein Leben schrie und doch nichts daran ändern konnte, dass das Flugzeug mit Wucht an der Felswand zerschellte, explodierte und ihn mit in den Tod riss. Bei dem Absturz vor dreizehn Monaten hatte es keine Überlebenden gegeben, sie hatte auch nie erfahren, aus welchem Grund die Maschine abgestürzt war. Ein technischer Defekt war die lapidare Erklärung gewesen.
»Jenna?«, hörte sie die sanfte Stimme ihrer Begleiterin, die neben ihr in die Knie gegangen war. »Geht es?«
»Ja, schon gut. Ich muss da durch.«
»Soll ich mich zurückziehen?«
»Nein, bleib nur.«
Jenna war der grauhaarigen Frau dankbar. Nicht nur, dass sie ihr wieder auf die Beine half, sondern auch, dass sie diese Strapazen überhaupt auf sich nahm. Sie riskierte so viel, um Jenna dabei zu unterstützen, die Wahrheit zu erfahren. Jene über den Tod ihres Bruders, denn sie war von Anfang an davon überzeugt gewesen, dass es kein Unfall gewesen war. Oder besser gesagt Zufall, dass ausgerechnet dessen Flugzeug abgestürzt war. Jetzt, so lange Zeit nach dem Tod, hatte sich diese Ahnung bestätigt.
Jenna atmete tief durch und wischte sich die Tränen aus dem Gesicht. Eigentlich wollte sie nicht weinen, sondern Stärke zeigen, gerade weil ihr Bruder an diesem Ort gestorben war und sie insgeheim sogar gehofft hatte, dass etwas von ihm hier zurückgeblieben war. Seine Präsenz war vorhanden oder zumindest das Gefühl, dass sie ihm hier, am Grund der Schlucht, näher war als an jedem anderen Platz auf der Welt.
Trotzdem würde sie keine Möglichkeit mehr erhalten, noch einmal mit Carter Kontakt aufzunehmen und über all das zu reden, was zwischen ihnen unausgesprochen geblieben war. Sie waren im Streit auseinandergegangen, ein Umstand, den sie sich niemals verzeihen würde. Schon allein, weil sie durch ihr Schicksal so stark miteinander verbunden waren, und das nicht nur, weil sie Zwillinge waren.
Plötzlich spürte sie Lydias Hand auf ihrer Schulter. Jenna lächelte ihr zu, wobei ihr Blick unwillkürlich in Richtung Himmel wanderte. »Ich weiß, dass ihr da seid«, flüsterte sie. »Ich kann euch immer noch hören.«
Eine Antwort erhielt sie natürlich nicht. Der Himmel blieb klar und wolkenfrei, nur der aus aufgewirbeltem Sand und Staub bestehende Nebel verhinderte eine freie Sicht auf die Sonne.
Schließlich wandte sich Jenna wieder ihrer Begleiterin zu. »Können wir jetzt zum Krater fahren?«, fragte sie.
»Ja.«
»Danke.«
Desert Flower Hotel
San Bernardino, Kalifornien, 16. November, 13:42 Uhr
Cliff Conroy mochte zwar nicht der perfekte Hausmann sein, aber wenn er etwas beherrschte, dann, seine Wäsche einigermaßen ordentlich zusammenzulegen. Eine Kunst, die hart erlernt war und von der sich so mancher Mann mehr als nur eine Scheibe abschneiden konnte. Dummerweise bekam so gut wie niemand etwas von dieser ungemeinen Fingerfertigkeit mit.
Angesichts des Umstandes, dass kein weiterer Fall anlag, hatten Judy und er ihren Aufenthalt in San Bernardino einfach noch um ein paar weitere Tage verlängert. Auch, um noch einige Dinge zu klären, immerhin war ein wichtiger Mitarbeiter des Institute of Modern Sciences auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen, während drei andere Personen erhebliche Gedächtnislücken aufwiesen und einer von ihnen sogar im Krankenhaus gelandet war. Dort würde Michael Webster wohl noch einige Zeit bleiben, immerhin hatte er sich ein Bein und eine Rippe gebrochen. Dessen Kollegen Kimberly Jackson und Jeff Billings hatten da etwas mehr Glück gehabt.
Davon konnte man auch bei Judy und ihm sprechen, und noch immer ging ihm der Anblick dieses antennenartigen Gebildes nicht aus dem Kopf, das von den beeinflussten Termiten errichtet worden war.
Sie waren wohl unter den Einfluss eines abgestürzten UFOs und dessen mutmaßlich noch lebenden Piloten geraten, mit dem Ziel, Kontakt zu weiteren Außerirdischen aufzunehmen und von der Erde gerettet zu werden. Fast wäre ihm das auch gelungen, allerdings hatte Cliff den Termitenbau zur Explosion gebracht, wodurch anscheinend auch das UFO zerstört worden war. Ganz genau wusste er es aber nicht, doch der riesige Krater am Rande der Mojave-Wüste sprach schon Bände*.
Senator Campbell wusste natürlich, dass sie noch immer im Desert Flower Hotel gastierten, aber so langsam wurde es jahreszeitlich bedingt etwas ungemütlich. Wahrscheinlich würden sie bald Richtung Norden aufbrechen, immerhin stand sein Winnebago noch in Idaho, wo sie im Falle eines vermeintlich außerirdischen Boogeymans ermittelt hatten. Für den Fall mit den Termiten waren sie daraufhin über den Flughafen von Los Angeles mit einem Leihwagen angereist.
Cliff dachte schon daran, Judy auf ihrem Zimmer einen Besuch abzustatten, als jemand an seine eigene Zimmertür klopfte. Die Schläge erfolgten in einem bestimmten Rhythmus, den seine Partnerin und er untereinander vereinbart hatten. So mussten sie nicht jedes Mal neben der Tür Stellung beziehen, in der Angst, dass ein Agent der NSA oder ein Grauer auf sie lauern würde.
So öffnete er Judy die Tür und ließ sie herein. »Schon mit dem Packen fertig?«, fragte er.
»Das war ich schon, bevor du überhaupt angefangen hast.«
»Natürlich. Was gibt es?«
Seine Partnerin ließ sich auf dem kleinen Sessel neben dem Bett nieder. »Eigentlich nichts«, begann sie. »Oder doch. Weißt du, wir haben jetzt einige Tage hier verbracht, unsere Freizeit genossen und einfach mal ausgespannt. Dagegen habe ich auch nichts, ganz im Gegenteil. Trotzdem frage ich mich im Nachhinein, warum wir es nicht einmal versucht haben, mehr über das herauszufinden, was wir in der Wüste erlebt haben. Gut, es gab die Explosion, das Camp wurde zerstört und damit auch der Termitenhügel und das UFO. Andererseits hätten wir uns trotzdem den Krater noch einmal ansehen können. Sind wir mittlerweile so abgestumpft, dass wir nicht einmal mehr versuchen, die Antworten zu finden, die nach einem weiteren unbefriedigenden Abschluss zurückbleiben? Gerade in Momenten, in denen wir nicht von Fall zu Fall hetzen, sollten wir uns mehr mit dem Erlebten beschäftigen. Sonst bleiben wir nichts weiter als kleine Lichter in einem riesigen Sternenmeer.«
»Du wirst ja richtig philosophisch.«
Judy hob drohend einen Zeigefinger. »Lenk nicht vom Thema ab.«
Cliff seufzte und ließ sich auf der Bettkante nieder. »Ich verstehe, was du meinst«, gab er zu. »Nach all dem, was wir in den letzten Monaten erlebt haben, habe ich mich aber einfach so müde gefühlt. Wie oft sind wir dabei dem Tod mit mehr Glück als Verstand entkommen? Auch bei der Explosion hätte es uns erwischen können, da war ich schon froh, mal eine Weile nicht über meine Sterblichkeit nachdenken zu müssen. Oder darüber, ob wir im Weltraum allein sind oder nicht.«
»Mir geht es da genauso. Allerdings schaffe ich es nicht mehr, richtig abzuschalten. Irgendwann kommen die Gedanken ja doch wieder zurück, und dann frage ich mich, warum wir immer wieder zulassen, dass wir gegen Wände laufen, statt einen Weg an ihnen vorbei zu finden.«
»Noch mehr Philosophie.«
»Cliff!«
Der ehemalige IT-Sicherheitsbeauftragte der NASA reichte seiner Partnerin eine Hand, die Judy sofort ergriff. Er lächelte schmal, als er ihr Mut zuzusprechen versuchte: »Ich kann mich täuschen, aber ich habe das Gefühl, dass wir mit jedem Fall näher an die Wahrheit herankommen. Denk an das Labor am Grund des Meeres, an die Klone, das UFO im Sumpf oder zuletzt das vermutliche Alien im Wandschrank. Es kommt mir so vor, als würde uns nur noch ein entscheidender Schritt fehlen, um auf die Wahrheit zu treffen. Außerdem müssen wir uns Campbells Vertrauen mit jedem neuen Fall erarbeiten, das weißt du als Psychologin sicher besser als ich.«
»Ja, bestimmt.«
»Außerdem – wenn du dich richtig erinnerst, war ich nach meiner Rückkehr ins LBJ-Space-Center in derselben Stimmung wie du. Ich habe mich sogar mit dem Senator und Andrej Garbatschow angelegt, weil ich nicht eingesehen habe, was uns das alles eigentlich bringt*. Du kennst mich, ich bin ein ziemlicher Dickkopf. Damals hast du es geschafft, mich zu beruhigen, und ich hoffe, dass mir das jetzt auch bei dir gelingt.«
Sie seufzte, löste sich von seiner Hand, richtete sich wieder auf und ging in Richtung Tür. »Vielleicht sollten wir die Abreise noch um ein paar Stunden verschieben und uns noch ein Mittagessen im Hotel gönnen. Immerhin haben wir die Zimmer bis morgen früh gebucht.«
»Noch ein Steak?«
Cliffs Frage blieb unbeantwortet, denn nun meldete sich sein Smartphone. Viele Menschen gab es nicht, die diese Nummer kannten, immerhin waren ihnen die Mobiltelefone von Senator Campbell zur Verfügung gestellt worden, als dieser sie zu Bundesmarshals ernannt hatte. Cliff rechnete sogar fest damit, dessen Stimme nun zu hören, als er das Gespräch annahm, doch er sah sich getäuscht.
»Hallo Cliff, hier ist Ruth Sekada.«
Beinahe wäre dem ehemaligen NASA-IT-Experten vor Überraschung das Handy aus den Fingern gerutscht. Mit einem Anruf der Ureinwohnerin vom Stamm der Sioux hatte er am allerwenigsten gerechnet. Die Frau aus einer langen Ahnenreihe von Schamanen und Medizinmännern war so etwas wie eine Verbündete oder Vertraute des Senators, die immer von einem Hauch ›Magie‹ umgeben wurde. Sie verfügte über Kräfte, die sie nicht nur zwischen Raum und Zeit wandeln ließen, sondern sogar so stark waren, dass sie sich vor außerirdischen Einflüssen schützen konnte.
Es lag nun schon fast wieder ein Jahr zurück, dass die drei sich auf äußerst dramatische Weise zum letzten Mal begegnet waren. Damals war Judy von einem Grauen entführt und in die Vergangenheit – oder wie sie sich ausgedrückt hatte, ›in die Welt und die Zeit ihrer Ururgroßeltern‹ – verschleppt worden. Was dabei genau geschehen war, wusste Cliff bis heute nicht, allerdings gelang es ihm zumindest, den Grauen zu erschießen und seine Partnerin zu retten*.
Im Laufe des letzten Jahres hatten sie einige Male an Ruth gedacht und waren einmal sogar mit einer guten Bekannten der aus Uncton stammenden Sioux in Kontakt gekommen. Diese Frau hieß Lydia Jones, war ebenfalls eine Vertraute des Senators und in dessen Auftrag unterwegs gewesen, um mysteriösen Ereignissen in den Sümpfen von Louisiana auf den Grund zu gehen**. Wie sich später herausgestellt hatte, war sie dabei im Besitz der von Ruth angefertigten Säckchen gewesen, mit denen es Cliff und Judy schon in der Vergangenheit gelungen war, sich vor außerirdischem Einfluss zu schützen.
Und nun hörte er endlich wieder ihre Stimme. Natürlich aktivierte er sofort den Lautsprecher seines Smartphones, damit auch Judy mithören konnte.
Man sah der früheren Polizeipsychologin deutlich an, wie sehr sie allein der Name der Schamanin elektrisierte. Es war für sie in Momenten der absoluten Klarheit immer eine große Belastung, nicht genau zu wissen, was in der Vergangenheit mit ihr geschehen war, und nun wurde sie womöglich wieder mit den damaligen Ereignissen konfrontiert.
»Ruth, das ist ja schon ewig her!«, rief Cliff und lachte dabei. »Wie geht es Ihnen?«
»Mir persönlich gut, und ich wünschte, ich hätte mehr Zeit, mich mit Judy und Ihnen zu unterhalten. Leider geht es gar nicht um mich, sondern um eine Freundin, die in Gefahr ist und Ihre Unterstützung braucht.«
»Eine Freundin? Doch nicht etwa Lydia Jones?«
Die Sioux stieß ein kurzes, hartes Lachen aus. »Ich habe schon damit gerechnet, dass Sie ihren Namen nennen würden, obwohl ich viele Freunde habe. Sie haben recht, es geht tatsächlich um Lydia. Um sie und um eine junge Begleiterin, eine besondere Frau, aber das wird sie Ihnen bestimmt alles erzählen, wenn sie bei Ihnen eintrifft.«
Cliff verkniff sich die Frage, woher Ruth wusste, wo Judy und er sich gerade aufhielten. Mittlerweile hatte er sich zusammengereimt, dass Senator Campbell über ein großes Netz an Vertrauten verfügte, die über den UFO-AKTEN-Server miteinander verbunden waren. Auch zu der Sache mit den beeinflussten Termiten war sicher bereits ein neuer Eintrag angelegt worden, weshalb jeder mit Zugriff auf den Server wusste, dass Judy und er in einem Hotel in San Bernardino schliefen. Und selbst wenn nicht, hätte der Senator sie jederzeit darüber informieren können.
»Darf ich fragen, warum sie gerade zu uns will? Ist sie einfach nur in der Gegend? Oder hängt es irgendwie mit unseren Ermittlungen am Rande der Mojave-Wüste zusammen?«
»Sowohl als auch. Es geht auch darum, dass sie Ihnen vertraut und ich ebenso. Ich rechne damit, dass sie in etwa einer Stunde bei Ihnen eintrifft, vielleicht auch ein wenig früher. Wie gesagt, ich würde mich gerne noch länger mit Judy und Ihnen unterhalten, aber es geht eigentlich gar nicht um mich. Viel Glück Ihnen beiden.«
»Gleichfalls«, erwiderte Cliff, woraufhin Ruth das Gespräch beendete.
»Irgendetwas stimmt da nicht«, ergriff Judy als Erste das Wort. »Ruth klang ziemlich belegt, so als ob sie unter einem enormen Druck stehen würde. So habe ich sie noch nie erlebt.«
»Ich auch nicht«, erklärte Cliff. »Nicht einmal, als Andrej Garbatschow und sie mir dabei geholfen haben, dich aus der Vergangenheit zu holen. Also, was machen wir jetzt?«
»Mmh, na dann lass uns Essen gehen! Jetzt erst recht!«
Rand der Mojave-Wüste
Kalifornien, 16. November, 14:13 Uhr
Jenna nahm die unbestimmte Schwingung wahr, dessen war sich Lydia sofort sicher, als sie sich über die einsame Wüstenstraße dem Schauplatz der Explosion näherten. Laut dem Eintrag auf dem UFO-AKTEN-Server hatten dort unter einem fremden Einfluss stehende Termiten eine wie auch immer geartete Anlage errichtet, um Kontakt zu einer mutmaßlich außerirdischen Macht aufzunehmen.
Selbst in Lydias Ohren klang diese Erklärung ziemlich weit hergeholt, allerdings war sie nicht ganz von der Hand zu weisen. Die Kräfte, über die gewisse Personen und Wesen verfügten, waren nur schwer zu ergründen, das wusste sie aus eigener Erfahrung. Sie selbst besaß ein gewisses PSI-Potenzial, dessen Stärke sie immer wieder aufs Neue überraschte.
Dank dieser Fähigkeiten nahm sie ebenfalls die Schwingungen wahr, die von dem mit Absperrband gekennzeichneten Areal ausgingen. Laut der Aufzeichnungen von Cliff Conroy und Judy Davenport war der Bereich des Kraters nur am ersten Tag nach der Explosion überwacht und vergeblich von den lokalen Behörden abgesucht worden. Cliff hatte mittels zweier Benzinkanister den Termitenhügel – und damit auch alles, was darunter verborgen gelegen hatte – zur Explosion gebracht, wodurch das Camp zweier Wissenschaftler völlig zerstört worden war. So war es an sich kaum möglich, nachzuvollziehen, ob dort unten im Sand wirklich das Wrack eines UFOs gelegen hatte. Zumindest nicht mit normalen Methoden.
Jenna hielt es kaum noch auf ihrem Platz aus. Kaum dass Lydia den Wagen abgestellt hatte, sprang sie auch schon von ihrem Sitz und lief durch die von Sand, Felsen und Kakteen geprägte Landschaft auf den Krater zu. Lydia dagegen bewegte sich etwas langsamer, was jedoch nur sekundär an ihrem Alter lag. Sie war fast siebzig und damit kein junger, agiler Hüpfer mehr, andererseits auch sehr gut trainiert und recht ausdauernd. Zusätzliche Sicherheit gaben ihr ihre PSI-Kräfte, ohne die sie längst nicht mehr leben würde.
Dennoch wäre sie vor einiger Zeit beinahe ihrem Leichtsinn zum Opfer gefallen, als sie in Senator Campbells Auftrag nach einem anderen abgestürzten UFO in den Sümpfen von Louisiana suchen sollte. Conroy und Davenport hatten sie gerettet, wobei sie und ihre Großnichte ebenso wie ihre demente Schwester kurz darauf von Senator Campbells Leuten zu ihrer eigenen Sicherheit evakuiert worden waren. Trotzdem war ihr bekannt, dass damals ein Wrack gefunden wurde und sogar ein Video gedreht werden konnte, wenngleich sich das UFO dabei selbst zerstört hatte.
In diesem Fall gab es bereits kein Wrack mehr, dennoch hatte das UFO hier seine Spuren hinterlassen. Unwillkürlich blickte sie in Richtung des noch immer von einer feinen Staubwolke bedeckten Himmels, wobei sie an einen weiteren Teil des Einsatzberichtes dachte. Kurz nach der Explosion waren über Cliff und Judy Lichter erschienen, mutmaßlich die eines weiteren GhostRiders, mit dem das Wesen in dem Wrack über die Termiten Kontakt aufnehmen wollte. Nur Sekunden später hatte sich das Objekt entfernt, aber was war, wenn es noch immer dort draußen lauerte? Wenn es wusste, was Lydia plante und das zu Ende bringen wollte, was es vor dreizehn Monaten begonnen hatte?