Die UFO-AKTEN 5 - Arndt Ellmer - E-Book

Die UFO-AKTEN 5 E-Book

Arndt Ellmer

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Beschreibung

In die Painted Desert zwischen Flagstaff und Old Oraibi verirrt sich selten ein Mensch - denn wer es wagt und dann die Orientierung verliert, spielt unweigerlich mit seinem Leben.
So ergeht es auch einer Gruppe Cowboys, die sich vor einem Sandsturm in einen vergessenen Canyon rettet. Ihre Pferde reißen sich los und galoppieren davon - ein Todesurteil für die Männer! Doch als der Sturm nachlässt, sehen sie sich einer viel unheimlicheren Bedrohung ausgesetzt.
Die Realität um sie herum verblasst. Gleißende Lichter tauchen auf und locken sie tiefer in die Schlucht hinein. Ein einziger Cowboy entkommt den Visionen und flieht in die offene Wüste hinaus. Seine Chancen sind gleich null.
Als die Pferde allein die nächste Ansiedlung erreichen, brechen Rettungstrupps in die Painted Desert auf - aber mit dem, was sie finden, hat niemand gerechnet ...


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Inhalt

Cover

Lichter des Todes

UFO-Archiv

Vorschau

Impressum

Arndt Ellmer

Lichter des Todes

Vier Cowboys reiten durch die Painted Desert. Der Wüstenstaub brennt in ihren Augen, die sengende Hitze treibt ihnen den Schweiß auf die Stirn, und selbst weit hochgezogene Halstücher bieten nur unzureichenden Atemschutz in dieser menschenfeindlichen Umgebung.

Immer wieder fasst sich Jeff Lynch, der Boss der Gruppe, an die Brusttasche seiner Weste. Hier bewahrt er einen uralten Plan auf, dessen Schriftzeichen und Symbole unermesslichen Reichtum versprechen – wenn die Hinweise stimmen, die vor langer Zeit in das Leder geritzt wurden. Lynch hat daran keine Zweifel. Er und seine Wegbegleiter fühlen sich dem heiligen Ort der Anasazi-Indianer – und damit dem Erfolg – schon greifbar nahe.

Allerdings rechnen die Männer zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht mit einem Phänomen, das sie den Verstand kosten wird...

Flagstaff AirportFlagstaff, Arizona, 14. Oktober 2021, 14:00 Uhr

Eine Brise aus Herbst und Kerosin fuhr in den Raum und wirbelte die Blätter auf dem Schreibtisch durcheinander, als die Tür zum Flughafenbüro aufschwang.

»Hallo Tom. Komm rein! Bist du schon lange hier?«

Tom Cunnings schüttelte den Kopf. »Ein paar Minuten erst. Die Cessna, die vorhin einen Looping durch die Abfertigungshalle gezogen hat – das war ich.«

Jake Bloomingdale schaute erneut vom Computerbildschirm auf und machte eine einladende Handbewegung zu dem abgenutzten Ledersessel. »Setz dich. Die Überführungs-Papiere für den Helikopter sind so gut wie fertig. Ein feines Teil. Da wird der Typ mit seiner alten Schrottkiste Augen machen. Sag mal, kann sich dieser Dexter Barnaby so ein Gerät überhaupt leisten?«

»Klar doch. Ich kenne Dex schon seit Jahrzehnten. Wenn jemand den Titel ›König der Lüfte‹ verdient, dann ist er es ... gleich nach dem Weißkopfadler. Warum fragst du?«

Jake schnaufte, dann bestätigte er den Ausdruck der Überführungs-Papiere. Mit einem lauten Sirren begann der Laserdrucker zu arbeiten. Als die frischbedruckten Seiten auf der Papierablage zum Vorschein kamen, lehnte sich Jake schließlich über den Schreibtisch. Er griff nach dem noch warmen Bündel Papier, ordnete es und blätterte darin.

»Weil der Kerl mir nicht besonders zuverlässig vorkommt. Er hat sich sogar bei der Angabe seines Geburtsdatums geirrt. Da steht was von 1941.«

»Das ist korrekt. Dexter ist knapp über achtzig.«

Jake blieb der Mund offen stehen. »Moment mal, ich habe mich wohl verhört. In diesem Alter erneuert ihm kein Mensch seine Fluglizenz.«

»Dex hat eine Sondergenehmigung, weil er den Flugdienst fürs Navajo-Reservat erledigt.«

Wieder schnaufte Bloomingdale und kratzte sich am Kopf.

»Seine Dokumente sind allerdings in Ordnung«, gab er zu. »Na denn ... Nimm den Helikopter also mit. Und guten Flug.«

»Runter komme ich immer.«

Die beiden Männer reichten sich die Hand, und Bloomingdale händigte Cunnings die Papiere aus. Draußen schüttelte Tom den Kopf und lachte leise.

»Kennt nicht einmal den alten Dexter«, murmelte er. »Als Nächstes wird er mich fragen, wer die Gebrüder Wright waren ...«

Draußen, ein wenig abseits vom Flugfeld, stand ein nagelneuer Bell-Helikopter. Seine Rotoren machten nicht mehr Lärm als der Lüfter eines herkömmlichen PCs, und die Flugeigenschaften stellten alles in den Schatten, was Barnaby von seiner alten Rostlaube, die er liebevoll ›Miss Ellie‹ getauft hatte, gewohnt war.

Vielleicht hat Jake ja gar nicht so unrecht!, dachte Tom, während er in die Kanzel kletterte und die Energiezufuhr einschaltete. So eine moderne Maschine ist Dex gar nicht gewohnt. Bevor er vor lauter Übermut die nächstbeste Felswand küsst, sollte ich ihm ein paar Flugstunden geben.

Er setzte das Headset auf und schaltete das Funkgerät ein.

»Cunnings auf Parkfeld 7 an Tower«, sagte er. »Ich bitte um Startfreigabe.«

»Wird hiermit erteilt«, klang die ruhige Stimme des Dienstleiters auf. »Wohin fliegen Sie diesmal, Cunnings?«

»Flagstaff – Gallup, die Wüstenroute.«

»Roger. Der Himmel über der Painted Desert ist hell und klar. Viel Spaß. Genieße den Ausblick.«

»Thanks!«

Ein leises Sirren kündete vom Anlaufen des Motors. Zwei Minuten später hob der Bell-Leisetreter fast geräuschlos ab und huschte quer über das Flugfeld in den Himmel über dem Nordosten von Flagstaff hinein.

Eine gute Flugstunde lag vor ihm, und Tom Cunnings befolgte den Rat des Flugleiters. Als er die Painted Desert erreichte, ließ er die Staub- und Felswüste mit all ihrer pastellfarbenen Pracht auf sich wirken.

Nur aus der Vogelperspektive konnte man diese wunderbare Laune der Natur richtig würdigen. Auf dem Landweg erschien dieser Teil der Wüste des Großen Beckens eher unwirtlich. Tom ließ sich von dem Anblick gefangen nehmen, während er den Helikopter mit leichter Hand steuerte.

Das regelmäßige Blinken am Armaturenbrett wäre ihm ums Haar entgangen. Automatisch wanderte sein Blick zum Kompass.

Ein unterdrückter Fluch kam über seine Lippen.

Das fehlte ihm noch! Der Kompass spielte verrückt! Auch auf dem digitalen Navigationsdisplay änderte sich ständig der Kurs, und das, obwohl Cunnings eigentlich nur geradeaus flog. Bei einem Helikopter mit einer halben Flugstunde auf dem Tacho durfte so etwas nicht passieren.

»Verdammt!«, knirschte er. »Wird doch wohl hoffentlich keine Montagsmaschine sein.« Er kippte einen Schalter am Flugfunkgerät.

»Cunnings an Flagstaff Tower«, meldete er sich. »Ich habe hier ein Problem mit dem Kompass und der Navigationsanzeige. Nichts Schlimmes, aber ich muss mich anderweitig orientieren.«

Erst hörte er nur ein Rauschen in den Kopfhörern seines Headsets, dann kam leise die Stimme des Fluglotsen durch:

»Ich kann Sie kaum verstehen, Cunnings. Wir haben ...«

Der Rest des Satzes kam überhaupt nicht mehr an.

»Das darf ja wohl nicht wahr sein!«, wetterte Cunnings. »Was ist los mit diesem Scheißding?«

Aber alles Schimpfen und Klopfen half nichts. Die Funkverbindung konnte nicht aufrechterhalten werden. Nicht einmal ein Rauschen drang mehr aus den Kopfhörern. Dafür blinkte an der Armaturentafel ein zweites Rotlicht.

Nun griff Cunnings in die Hosentasche und holte sein Smartphone heraus. Er drückte auf das Display, um den Sperrbildschirm zu entsperren. Die Bedienoberfläche erhellte sich, zeigte aber keine Reaktion. Dann wurde plötzlich der Bildschirm vollkommen schwarz. Hatte sich der Akku entladen? War der Grund hierfür ein Software-Absturz? Oder gab es Interferenzen zwischen der Elektronik des Helikopters und der des Mobiltelefons?

Cunnings konnte sich diesen Fehler nicht erklären. Ohne Hoffnung auf Erfolg probierte er noch zweimal, das Smartphone neu zu starten. Jedoch war auch das vergeblich. Vor lauter Verzweiflung schmiss der Helikopterpilot das Mobiltelefon schließlich mit voller Wucht auf den Sitz neben sich.

Diesmal fluchte der Lieferant für Luftfahrzeuge aller Art deutlich lauter. Gleichzeitig schob er den Steuerknüppel ein wenig nach vorne. Wenigstens reagierte die Maschine darauf und sank langsam tiefer.

In Sichtweite und keine zehn Kilometer vom Little Colorado entfernt tauchte eine Felsformation mit einem Canyon auf, der sich in Jahrmillionen in das Gestein gegraben hatte.

Cunnings kramte die Flugnavigationskarte des Gebiets hervor, verglich die Landmarken und wusste, wo er sich befand. Es handelte sich um den Ort, von dem Dex immer wieder erzählt hatte. Es war sozusagen sein Lieblingsthema, und er machte ein ziemliches Brimborium darum.

In dem Canyon sollte ein uraltes Heiligtum der Anasazi- Indianer existieren, ein Indianerstamm, der vor über siebenhundert Jahren spurlos verschwunden war. Barnaby glaubte an Gespenster und machte jedes Mal einen weiten Bogen um die Region.

Tom war froh, dass er diese Orientierungsmarke entdeckt hatte. Bei strahlendem Sonnenschein und wenig Wind bereitete es ihm keine Schwierigkeiten, von hier aus auch ohne Kompass und Navigationsdisplay den Weg nach Gallup zu finden. Ein Funkgerät benötigte er dazu auch nicht. Selbst auf sein Smartphone konnte er verzichten.

Im nächsten Augenblick entschied er sich gegen Gallup. Drei Sekundärgeräte, die innerhalb kurzer Zeit ihren Geist aufgaben, waren exakt drei zu viel. Zumindest bei einer nagelneuen Maschine wie dieser. Schon um seines guten Rufes willen konnte Tom es sich nicht erlauben, einem Kunden so etwas zuzumuten.

Obwohl die Warnlampe noch immer brannte, versuchte er es erneut mit dem Headset.

»Flagstaff, könnt ihr mich hören?«

Es war sinnlos. Cunnings entschloss sich endgültig, die Maschine nach Flagstaff zurückzufliegen und Barnaby zu kontaktieren, um ihn zu vertrösten. Der Hersteller musste den Helikopter zurücknehmen und ein einwandfreies Modell liefern.

Der Bell beschrieb eine langgestreckte Kurve über der Hügelformation und ging dabei erneut tiefer. Als Tom am Steuerknüppel zog, um höher zu gehen, geschah ... nichts!

Die Maschine zeigte keine Reaktion!

Tom drückte den Knüppel nach links und versuchte sie wieder auf geraden Kurs zu bringen. Stattdessen wurde die Kurve enger, und der Helikopter legte sich gefährlich zur Seite. Der dunkle Einschnitt in der Hügelformation befand sich jetzt unmittelbar unter ihm, und Tom erkannte ein helles Licht, das einen Teil des Canyons ausfüllte.

Was zum Teufel war das? Hatte jemand Flutlichtstrahler in dem Felseinschnitt installiert? Höchst unwahrscheinlich ...

Tom Cunnings gab den Versuch auf, die Maschine aufrichten zu wollen. Selbst eine Erhöhung des Schubs brachte nichts. Die Motoren für die Rotorblätter sirrten unbeeindruckt in gleichbleibender Geschwindigkeit weiter.

Cunnings griff hinter den Sitz, wo für alle Fälle der Fallschirm hing. Bei dieser geringen Flughöhe von höchstens 984 Fuß über Grund würde er zwar nicht viel nutzen, aber besser das als gar nichts.

Tom zog sich den Sack aus Polyamid über und legte die linke Hand auf das Gurtschloss des Sessels. Mit einem raschen Blick fand er den Notschalter, mit dem er den Rotor kurz vor dem Ausstieg absprengen konnte. Er klappte die Plastikabdeckung zurück, betätigte den Knopf aber noch nicht.

Zuvor versuchte er noch einmal, den Helikopter zu irgendeiner Reaktion zu bewegen.

Es war aussichtslos. Mit notorischer Eigensinnigkeit schraubte sich die Maschine abwärts auf den Canyon zu, und in Tom Cunnings keimte der furchtbare Verdacht auf, dass das Licht dort unten vielleicht etwas mit dem Zustand der Steuerung zu tun hatte. Womöglich lag auch hierin der Grund, warum sich sein Smartphone nicht mehr anstellen ließ.

Okay, dann eben springen.

Er beugte sich zur Seite und wollte die Tür aufstoßen. Es gelang ihm nicht. Der Öffner des Magnetschlosses reagierte nicht!

Sämtliche Farbe wich aus seinem Gesicht, als er endlich erkannte, wie aussichtlos seine Lage war.

»Komm endlich!«, stieß er hervor. »Mach keinen Mist!«

Wie ein Verrückter trat er gegen die Tür und riss am Steuerknüppel herum. Der Helikopter ignorierte alle Bemühungen und trudelte in immer enger werdenden Kreisen weiter abwärts.

In dem Licht da unten begann es wie Nebel zu wogen. In seinem Zentrum bildete sich ein greller Fleck, der sich blitzartig ausdehnte.

»Mayday, Mayday!«, brüllte Cunnings ins Headset und versuchte es erneut mit der Tür, dann mit dem Fenster.

Aber wenn auch alles andere in diesem Teufelsding zu Bruch ging – das Fenster hielt!

Die Maschine befand sich noch höchstens hundert Meter über dem Canyon. Die Leuchterscheinung dehnte sich weiter aus, zuckte wie reinweiße Lava aus dem Schlund hervor nach oben.

Und der Bell raste exakt auf das Zentrum des Leuchtens zu!

Als die Kanzel in den »Nebel« eintauchte, tanzten bunte Schlieren in allen Farben des Regenbogens über die Scheiben. Übergangslos wurde es im Inneren der Maschine eiskalt. Cunnings begann zu frieren. Ein Stich in seinem Schädel ließ ihn aufschreien. Etwas wie eine glühende Nadel bohrte sich in sein Gehirn.

Nur noch undeutlich erkannte er draußen die wild wirbelnde Spirale, in der der Hubschrauber zu Boden stürzte. Gleichzeitig spürte er Schwerelosigkeit, die seinen Körper nach oben gegen die Gurte treiben ließ. Der Helikopter raste in das zuckende Licht hinein, und das Cockpit um Tom Cunnings herum löste sich auf.

Sein letzter Eindruck war, reglos in einem Eisblock zu stecken und einen Vulkan in sich zu tragen.

Dann erlosch sein Bewusstsein.

Painted Desert, ArizonaNavajo Indian Reservation, 14. Oktober, 18:00 Uhr

Ihre Augen brannten vom Schweiß und Staub. Die bis über die Nase hochgezogenen Halstücher verschafften ihnen einen nur unzureichenden Atemschutz in dieser menschenfeindlichen Umgebung.

Aus zusammengekniffenen Lidern starrten die vier Reiter dorthin, wo sich als verschwommene Linie der Horizont abzeichnete. Die sengende Hitze ließ die Konturen der Wüste verschwimmen und zauberte geisterhafte Bilder in die Luft.

»Schneller, Leute!«, rief Wilbur Mansfield. Dumpf klang seine Stimme hinter dem Tuch hervor. »Ich kann es kaum erwarten!«

Pete Russell ritt auf gleicher Höhe mit Mansfield und schüttelte den Kopf. »Nimm Rücksicht auf dein Pferd, Mann. Der Leichteste bist du nun wirklich nicht.«

Und das war maßlos untertrieben. Die fast hundertdreißig Kilo des Fettkloßes aus Virginia schwabbelten bedrohlich und irgendwie unwirklich im Sattel hin und her. Nach bewährter Westernmanier ritt auch Mansfield einhändig, aber im Unterschied zu seinen Gefährten blieb ihm vermutlich nichts anderes übrig. Er musste sich mit der freien Hand unweigerlich am Knauf des Westernsattels festhalten.

Der dritte im Bunde, John Ferguson, murmelte in einem fort vor sich hin und hörte nicht auf, sie mit seinem Wissen über Halluzinationen, Fata Morganas und die Tücken verschiedener Wüsten zu nerven. Dazwischen kam er immer wieder auf die Schätze der Inkas zurück, und hätte nicht das Halstuch sein Gesicht zum größten Teil verdeckt, wäre bestimmt ein überirdisches Strahlen darauf zu sehen gewesen.

»Schluss jetzt mit dem Unfug«, krächzte Jeff Lynch. Der Boss der Gruppe deutete mit dem Kopf in Richtung Sonne. »Sobald sie untergeht, wird es erträglicher. Seht ihr den dunklen Streifen im Nordwesten? Dort beginnt der Kakteenwald. Dort suchen wir uns einen Rastplatz für die Nacht.«

Zum erneuten Mal tastete er mit der rechten Hand zur Brusttasche seiner Lederweste und vergewisserte sich, dass der Plan noch da war. Das kleine Stück Hirschleder sollte sie reich und glücklich machen.

Unermesslich reich, wenn die Schriftzeichen und Symbole stimmten, die kundige Hände vor vielen Jahrhunderten in das Leder eingeritzt und gefärbt hatten.

Nur deshalb nahmen sie die Strapazen dieses Rittes in Kauf.

Natürlich hätten sie alles viel einfacher haben können. Es wäre kein Problem gewesen, einen Jeep zu mieten und über die Straßen Arizonas zu rasen. Länger als einen Tag hätten sie bis ans Ziel nicht gebraucht.

Aber ein solches Vorgehen hatte auch Nachteile – zumindest für sie. Man musste sich den Wagen irgendwo leihen. Man brauchte Sprit. Man musste sich auf den ausgefahrenen Wegen halten, wollte man keinen Reifen- oder Motorschaden riskieren. Und verließ man doch die Straße, zog man eine deutliche Spur hinter sich her. Alles Dinge, die ihrem Plan zuwiderliefen.

Also quälten sich die vier Männer seit drei Tagen auf Schleichwegen durch das zerklüftete Gelände, durchquerten ehemalige Kohleabbaugebiete, stapften mit den Pferden am Zügel Abraumhalden hinauf, versteckten sich im spärlichen Bewuchs der Steppe am Rand des Navajo-Reservats und legten pro Tag nicht mehr als dreißig Kilometer zurück.

Sie hielten sich abseits der Straßen und Siedlungen, lebten von ihren Vorräten und schliefen im Freien bei ihren Pferden. Begegnungen mit Menschen oder Fahrzeugen wichen sie aus. Für die Welt existierten sie nicht mehr, seit sie sich auf den Weg gemacht hatten. Früher hätte man sie als Wegelagerer bezeichnet. Heute nahmen sie nichts von den Lebenden, sondern von den Toten.

Ihr Ziel war ein heiliger Ort in der Painted Desert, der »Angemalten Wüste«. Ein Stück Land, das die Natur mit ihrem schöpferischen Farbpinsel reichhaltig verziert hatte. Staub und Steine in roten, blauen, grünen, grauen, braunen und gelben Farben bestimmten das Bild.

Außer den vier Männern wussten nur noch zwei Menschen über das Unternehmen Bescheid: Mandy und Mona, die Freundinnen von Jeff und Pete. Zwar kannten sie das Ziel der Reiter, nicht aber den Grund für die Exkursion.

Dass sie die zwei Frauen eingeweiht hatten, entsprang einer so einfachen wie wichtigen Überlegung: Wenn sie sich nach Ablauf von sechs Tagen nicht meldeten, würden die beiden zur Polizei gehen und eine Vermisstenanzeige aufgeben. Die Wüste war kein Ort, wohin man sich ohne eine Lebensversicherung wagen sollte ...

Doch bisher lief alles nach Plan. Ein Tag noch bis zum Erfolg, und ein zweiter zum Bergen und Sichern der unermesslichen Schätze des alten Heiligtums.

Der Erfolg war greifbar nahe, und auf Jeff Lynchs Gesicht zeichnete sich bereits unverhohlene Gier ab. Bald jedoch verwischte der Schweiß diesen Ausdruck wieder. Er fuhr sich mit dem Hemdsärmel über die Stirn und den Nasenrücken.

»Los«, sagte er und trieb seinen Braunen an. »Die paar Meter schaffen wir noch.«

Sie hatten Glück. Inmitten der Saguaros entdeckten sie einen verlassenen Hogan, eine typische Rundhütte der Navajo. Die indianischen Eigentümer hatten das Domizil verlassen, um erst kurz vor dem Winter zurückzukehren.

Die Tür stand weit offen. Im Inneren befand sich ohnehin nichts, was sich zu stehlen gelohnt hätte. Neben dem Hogan lag eine eingefasste Wasserstelle.

Die vier Männer sattelten ab und hobbelten die Pferde neben der Wasserstelle an. Sofort begannen die Tiere das spärliche Gras abzuweiden. Zusätzlich warfen die Reiter ihnen ein paar Handvoll Hafer und Mais hin.

»Und nun zu dir, du Großmaul und Dauerredner«, knurrte Lynch und wandte sich Ferguson zu. »Du gehst mir schon den ganzen Tag auf den Keks.«

Übergangslos trat absolute Stille ein. Selbst die Pferde schienen den Atem anzuhalten. Aufmerksam äugten sie zu den Menschen herüber.

Lynch und Ferguson standen sich gegenüber. Lynch spreizte die Beine und lehnte den Oberkörper leicht nach vorne. Er war von kleiner, drahtiger Statur und trug eine rote Narbe dicht unter dem schwarzen Haaransatz auf der Stirn.

»Pete, du passt auf«, sagte er zu Russell, ohne den Blick von Ferguson zu wenden. »Wir ermitteln den Sieger nach Punkten.«

Ferguson grinste. Er überragte Lynch um mehr als einen Kopf, wirkte grobknochig und ein wenig unbeholfen. Die blonden Locken hingen ihm in die Stirn. Jetzt warf er seinen Hut weg und zuckte mit den Schultern.

»Wenn du dir einen Satz heiße Ohren einfangen willst«, sagte er in gleichgültigem Tonfall.

Jeff Lynch gab ein Knurren von sich, machte einen Ausfallschritt und hob gleichzeitig die Arme vors Gesicht. Damit hoffte er den Gegner abzulenken, um mit dem rechten Fuß sein Schienbein zu treffen und ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Doch der Tritt ging ins Leere, und wie aus dem Nichts heraus traf ein Schlag sein linkes Ohr

Lynch taumelte benommen zur Seite. Sein Ohr klingelte wie verrückt, doch er bemühte sich, nicht darauf zu achten. Zwischen seinen Fäusten raste ein Schatten heran und zwang ihn zu einer heftigen Bewegung nach hinten. Im nächsten Moment belehrte ihn ein Tritt gegen den rechten Fußknöchel, dass er auf eine Finte hereingefallen war.

»He, Jeff!«, grölte Wilbur Mansfield. »Sieh dich vor, sonst fliegt dir noch dein Kopf davon!«

Lynch sparte sich eine Antwort. Aus verkniffenen Augen starrte er auf Ferguson. Dieser tänzelte herausfordernd hin und her.

»Willst du mir Tanzstunden geben?«, höhnte Lynch, der langsam wieder die Fassung zurückgewann und herausfordernd grinste. »Wir sind hier aber nicht auf der Highschool, du Travolta für Arme.«

Der Angriff Fergusons kam blitzartig, aber Lynch hatte damit gerechnet. Er beugte sich seitlich aus der Schlaglinie.