Die UFO-AKTEN 64 - Rafael Marques - E-Book

Die UFO-AKTEN 64 E-Book

Rafael Marques

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Auf Anraten der Youtuberin Johanna Chabot reisen Cliff und Judy nach Idaho, um Melody Watson zu treffen. Bei ihrem Besuch stellen die beiden fest, dass die Haushälterin unter einem schweren Trauma leidet. Zudem beharrt sie immer wieder darauf, vor zwei Wochen von einem mysteriösen Licht entführt worden zu sein und erwartet eine erneute Ankunft in der kommenden Nacht. Das macht die Bundesmarshals natürlich hellhörig. Selbiges gilt für die rätselhafte E-Mail, die sie ausgerechnet da erhalten, als sie das weitere Vorgehen besprechen wollen. Der Verfasser gibt vor, sie zu kennen, Ray zu heißen und ehemaliger NSA-Mitarbeiter zu sein. Ferner fordert er sie dazu auf, nach Wyoming zu kommen. Dieser Bitte folgen sie schließlich und werden dort auf den jugendlichen David Emerald aufmerksam, dessen Blick geradezu bezwingend ist ...


Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 131

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Augen des Bösen

Leserseite

Vorschau

Impressum

Rafael Marques

Augen des Bösen

Big Horn Hills

Beckton, Wyoming, 20. Februar 2024, 20:24 Uhr

Verträumt, zugleich auch müde, betrachtete Kristy den Sternenhimmel. In solchen Nächten ließ sie ihre Gedanken oft in die Ferne schweifen, hinaus in fremde Welten, die sich irgendwo dort oben in weit entfernten Galaxien befanden. Dann fragte sie sich immer wieder, wie die Bewohner jener Planeten wohl lebten und ob sie mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatten, wie sie selbst. Denn sicher gab es auch dort Wesen, die sich an einsame Orte stellten und ebenso gedankenverloren das Firmament betrachteten, in der Hoffnung, eine fremde Macht könnte ihre stummen Rufe erhören. Die 15-Jährige wusste es aber insgeheim besser. Ihr war nicht nur bekannt, dass dort draußen noch anderes, intelligentes Leben existierte, vermutlich war sie sogar selbst der beste Beweis dafür ...

Eine Erinnerung an ein spezielles Ereignis gab es zwar nicht, allerdings musste sie angesichts ihrer besonderen Fähigkeiten davon ausgehen, dass sie von Wesen aus dem All manipuliert worden war. Darauf deuteten jedenfalls Berichte zahlreicher anderer Betroffener hin, die wie sie waren. Oft genug waren ihr derartige Beschreibungen zu Ohren gekommen, dass sie sich inzwischen fragte, ob eine derart wundersame Begegnung ebenfalls tief in ihrem Gedächtnis schlummerte.

Menschen mit besonderen Kräften nannte man sie, PSI-Begabte – auch Kristy Howe zählte zu ihnen ...

Manchmal glaubte sie, die Sterne mit verschiedenen Augen zu sehen. Einmal, indem sie sie als ferne Planeten und Himmelskörper annahm, auf denen sicher auch irgendeine Art von Leben existierte. Wesen, die ihr die Kraft verliehen hatten, in die Träume fremder Menschen einzudringen, mit ihnen zu kommunizieren und sie dabei auch zu manipulieren. Gleichzeitig dachte sie auch wie ein sehr einsames Kind, wenn sie sich vorstellte, dass jeder dieser Lichtpunkte eine einzelne Seele in einem Meer aus Dunkelheit war. Ob ihre Mutter auch dort oben schimmerte und auf diese Weise auf sie herabblickte?

Kristy hatte es ihr oft nicht leicht gemacht, wenngleich ihr Verhältnis in den vergangenen Monaten vor ihrem Tod schwerwiegenden Veränderungen unterworfen gewesen war. Nur dank ihr war sie überhaupt noch am Leben und auch nicht in die Gefangenschaft der NSA geraten.

Stattdessen lebte sie nun in einer neuen Gemeinschaft, die ihr ebenso wie eine Familie vorkam, obwohl man sie oft wie eine gleichberechtigte Erwachsene behandelte. Besonders, weil sie über ihre einzigartigen Kräfte verfügte, die sie in die Position versetzten, die Grenzen zwischen Raum und Zeit zu überwinden und Orte jenseits der menschlichen Vorstellungskraft zu erreichen.

Die Gedankenwelt war ein Ort, die jeder einmal betrat, jedoch niemals verstand, in welch einer Umgebung er sich dabei bewegte. Sie war für Kristy so etwas wie eine zweite Heimat geworden, denn wenn sie versuchte, auf diese besondere Weise Kontakt aufzunehmen, stellten sich ihr keine Hindernisse in den Weg.

Lange hatte sie diese Fähigkeiten als gegeben hingenommen, ohne in der Lage zu sein, sie zu kontrollieren. Inzwischen machte sie sich immer mehr Gedanken darüber, was sie eigentlich tat und wie alles vonstattenging, zumal sie durch die Unterstützung von FREE PSI auch in der Lage war, ihre Kräfte gezielt einzusetzen.

»An was denkst du, Kristy?«

Die Jugendliche blinzelte und wandte ihren Blick von dem glitzernden Firmament ab. Sie saß auf dem Rücksitz eines Geländewagens, der auf dem Gipfel eines lediglich mit einigen Büschen bewachsenen Hügels parkte. Einzelne, einsame Häuser erhoben sich im Hintergrund als düstere Silhouetten, während sich unter ihnen ein kleines Dorf ausbreitete. Sie waren nicht ohne Grund in der Nacht gekommen, denn die Menschen aus Beckton sollten nicht mitbekommen, was in ihrer Nähe geschah. Weder das, was Kristy tat noch wie die Reaktion der anderen darauf ausfallen würde.

»Kristy?«

Die Angesprochene zuckte zusammen. Gehört hatte sie die Frauenstimme schon längst, allerdings verlor sie oft die Konzentration, wenn sie zu tief in ihre eigene Gedankenwelt eintauchte und nach einer Weile auch mit düsteren Erinnerungen an ihr eigenes Leben konfrontiert wurde. Man sagte ihr nach, dass sie in diesen Momenten wie eine seelenlose Puppe dasitzen würde, was sie schon ein wenig erschaudern ließ.

»Ja?«, fragte sie und streckte sich dabei.

»Geht es dir auch wirklich gut?«

»Natürlich. Es ist nichts.«

Kristy sah das Lächeln der blonden Frau im Rückspiegel. Es war weder falsch noch gehässig, sondern von einer einnehmenden Ehrlichkeit geprägt, die ihr ein Gefühl der Geborgenheit vermittelte. Alice, die sie auf die lange Reise nach Wyoming mitgenommen hatte, war seit jener Nacht, in der sie aus ihrem Elternhaus fliehen musste, immer für sie da. Inzwischen betrachtete sie sie als eine Mischung aus bester Freundin und großer Schwester, obwohl sie mindestens fünfzehn Jahre voneinander trennten, wenn nicht noch einige mehr.

»Bist du wirklich bereit dazu?«, fragte Alice nach, die wie so oft eine ihrer Sportkappen trug. »Niemand wäre dir böse, wenn du jetzt sagst, dass du dich nicht traust.«

Ihr Atem ging flach, als sich Kristy über die Brust fuhr und nach ihrem Herzen tastete. Es schlug weder schneller noch langsamer wie sonst, was sie auch nicht überraschte. Sie war nicht aufgeregt, nicht einmal ansatzweise, eher gespannt und voller Vorfreude. Diesmal wollte sie unbedingt etwas für den PSI-begabten Jungen tun, wegen dem sie die weite Reise nach Wyoming auf sich genommen hatten. Einmal schon war sie indirekt Zeuge geworden, wie ein Mann mit diesen wundersamen Fähigkeiten gestorben war, während sie auf geistige Weise mit ihm in Kontakt stand. Captain Joshua Lee hatte sich zu diesem Zeitpunkt in Gefangenschaft der NSA befunden und war trotz ihres Eingreifens bei einer gewaltigen Explosion gestorben. Seine geistigen Schreie, die Angst, die ihn und damit auch sie kurz vor seinem Ende erfasst hatte, wollte sie auf keinen Fall ein zweites Mal erleben. Und wie die Dinge nun so standen, würde das auch nicht passieren. Nicht heute, jedenfalls.

David Emerald war exakt in ihrem Alter und sollte angeblich ebenfalls über die Macht verfügen, in die Gedanken seiner Mitmenschen einzudringen. Das behaupteten zumindest die Quellen von FREE PSI, über die es ihnen gelungen war, den Wohnort des Jugendlichen ausfindig zu machen. Eine normale Kontaktaufnahme erschien nicht nur ihr unmöglich, das sagte ihr schon ihre eigene Erfahrung. Zunächst, als Cliff und Judy in ihr Leben getreten waren und später, als die NSA gnadenlos in ihr Zuhause eingedrungen war, wurde ihr eindringlich vor Augen geführt, dass nichts im Leben einfach war. Menschen mit Fähigkeiten wie ihren schotteten sich aus gutem Grund von der Außenwelt ab und würden ganz sicher nicht sofort Vertrauen gewinnen, wenn man mal eben an ihrer Tür klopfte und erklärte, man würde sie verstehen. Deshalb sah ihre Methode, den ersten Kontakt aufzunehmen, ein wenig anders aus.

Um in die Träume und Gedanken ihrer Mitmenschen einzudringen, musste sie sich nicht direkt neben ihnen befinden, aber zumindest in einem Abstand von wenigen Kilometern. Anderenfalls genügten ihre Kräfte nicht, mit ihnen in Kontakt zu treten. Auch bei den Geschehnissen in Mount Vernon hatten Alice und sie eine lange Reise auf sich nehmen und in einem verlassenen Bauernhaus verstecken müssen.

»Ich mache es«, erklärte sie, ohne Alice noch einmal eines Blickes zu würdigen. Sie war nicht sauer auf ihre Freundin, und mittlerweile kannte sie Kristy hoffentlich gut genug, um zu verstehen, dass ihre Art, mit ihr umzugehen, auf keinen Fall böse gemeint war. In diesen Minuten wollte sie einfach nur für sich sein und mit ihren Gedanken ins Reine kommen, bevor sie den letzten Schritt unternahm und ihren Geist auf die Reise schickte. Früher war das quasi von sich aus geschehen, gesteuert von ihrem Unterbewusstsein, während sie inzwischen dazu in der Lage war, ihre Fähigkeiten zu steuern und zu kontrollieren, damit nicht wieder Unschuldige zu Schaden kamen. Das verdankte sie ebenfalls jenem Mann, der sie nach dem Tod ihrer Mutter bei sich aufgenommen hatte.

Ihre Augen schlossen sich fast von selbst. Sie schnallte sich ab und sank zur Seite, bis ihr Kopf mit dem Stoffbären in Form eines Kissens in Berührung kam, der sie so frappierend an ein Kuscheltier aus ihrem alten Zimmer erinnerte. Sie schmiegte sich an ihn, lächelte und wartete darauf, dass ihr Geist ihren Körper verließ.

David Emeralds Traumwelt

Beckton, Wyoming, 20. Februar 2024, 20:41 Uhr

Kristy genoss die Reise durch den licht- und farblosen Raum, durch einen endlosen, unsichtbaren Tunnel, den sie mit Sinnen durchstreifte, die weit über den normalen Verstand hinausgingen und ihr ein Gefühl von Freiheit und Glückseligkeit verschafften. Früher hatte sie diese Welt weder erfassen noch beschreiben können, geschweige denn, dass sie sich ihr überhaupt bewusst gewesen war. Nun hingegen wollte sie von ihr gar nicht ablassen, so sehr liebte sie die Schwerelosigkeit ihrer Seele, die auf der Suche nach einem Menschen wie ihr war.

Sie sah keine Formen, keine Landschaften, Gebäude oder Menschen. Trotzdem spürte sie, dass sie sich ihrem Ziel näherte, das sie als pochende, wärmende Aura wahrnahm, die nur darauf zu warten schien, mit ihr in Kontakt zu treten.

Oder wie einer dieser Tiefsee-Anglerfische, der sein Leuchtorgan in endloser Dunkelheit aktiviert, um seine Beute anzulocken, kam es ihr in den Sinn.

Warum dieser erschreckende Gedanke ihr ausgerechnet jetzt durch den Kopf schoss, wusste Kristy selbst nicht so genau. Es war jedenfalls nicht das erste Mal, dass sich derart ihrem Charakter fremde Gedanken vor ihrem geistigen Auge manifestierten. Mit der Zeit war sie für gewisse Strömungen sensibilisiert worden, und mit der Unterstützung ihres Gönners war sie inzwischen in der Lage, diese zu identifizieren und ihre Konsequenzen zu ziehen. Einmal wäre sie schließlich fast gestorben, in ihrem alten Leben, als ein anderer, in NSA-Gefangenschaft befindlicher PSI-Begabter ihr scheinbar jegliche Kräfte entzogen hatte. So etwas sollte ihr nicht noch einmal passieren.

War die Aura, die sie anzog, wirklich negativ? Einen Beweis dafür erhielt sie nicht, es blieb ihr lediglich diese Intuition, die sie nicht ignorieren wollte. Deshalb versuchte sie, zunächst einmal auf Abstand zu gehen, doch die Anziehungskraft war einfach zu stark. Sie rief bei ihr eine nie gekannte Sehnsucht hervor, sich mit diesem David Emerald zu vereinigen und ihm alles zu geben, was sie besaß. Ihre Seele, ihr Wissen, ihre Erinnerungen ...

Nein! NEEEINNN!

Ihre innere Stimme schrie wie von Sinnen, als Kristy in das Licht und die Wärme eintauchte. Für einige Momente wurde sie von zarten Strömungen umschmeichelt, bis sie eine Art geistiger Hammerschlag traf. Ihre Umgebung veränderte sich daraufhin radikal, sodass sie sich in der nächsten Sekunde in einem kahlen, von Graffiti, Moos und Brandspuren übersäten Bad wiederfand, dessen Zentrum eine weiße Wanne bildete. Der Frauenkörper, der dort in blutrot gefärbtem Wasser trieb, war von unzähligen Schnitten gezeichnet, die Augen angesichts des Schreckens und der Schmerzen geweitet.

»Ich bin eine Mörderin!«, drang es aus dem Mund der Toten, deren Kopf plötzlich zur Seite ruckte. »Ich habe gemordet! Ich habe den Tod verdient!«

Kristy war nicht in der Lage, auch nur einen Ton herauszubringen. Der Schrecken und die starken, fremden Kräfte fesselten sie auf der Stelle. Selbst, als sich die Schnitte im Gesicht der Frau noch weiter zu vertiefen begannen und das Blut in Strömen herausquoll, konnte sie nichts anderes, als den Kopf zu schütteln.

Weg!, schrie eine schrille Stimme in ihrem Kopf. Ich will hier weg!

Verzweifelt versuchte sie, sich aus der geistigen Verbindung zu lösen, doch diesmal war sie nicht dazu fähig. Die anderen, fremden, feindlichen, ja sogar bösen Energien waren stärker. Je mehr sie sich wehrte, desto schneller verließen sie die Kräfte, und als die Tote ihre skelettierte Hand nach ihr ausstreckte, verlor Kristy den Boden unter den Füßen.

Ihr Bewusstsein erlosch, ihr Geist blieb gefangen.

Big Horn Hills

Beckton, Wyoming, 20. Februar 2024, 20:44 Uhr

Alice atmete erleichtert durch, als sie sah, wie sich auf Kristys Gesicht ein seliges Lächeln abzeichnete. Wieder einmal hatte sie sich auf eine geistige Traumreise begeben, noch dazu auf eine in unbekanntes Terrain, da niemand von ihnen wusste, wie dieser David Emerald einzuschätzen war. Ein 15-Jähriger, der quasi nicht existierte, jedenfalls war er an keiner Schule des Landes registriert und seit Jahren auch anderweitig nicht mehr in Erscheinung getreten. Trotzdem musste es ihn geben, das sagten ihr zumindest ihre vertrauenswürdigen Informanten.

Zunächst einmal ging es aber um Kristy selbst. Die Jugendliche war für sie inzwischen so etwas wie eine Ziehtochter geworden, jedenfalls war sie ihr durch die gemeinsame Zeit sehr ans Herz gewachsen. Ein Hauch von Familie, sozusagen, etwas, dass sie selbst nie erlebt hatte. Besonders nicht in dem Alter der 15-Jährigen, deshalb versuchte sie umso mehr, ihr den Alltag trotz des tragischen Verlustes ihrer Mutter so angenehm wie möglich zu gestalten. Dass sie für FREE PSI gleichzeitig einen wichtigen, wenn nicht gar entscheidenden Baustein in der Umsetzung ihrer Pläne darstellte, war für sie nur zweitrangig. Auf den Menschen kam es an, nicht auf seine Fähigkeiten, das hatte sich ihre Organisation schließlich auf die Fahne geschrieben.

Sie wollte sich schon von dem liegenden Mädchen abwenden, als etwas geschah, das ihr einen Schauder über den Rücken trieb. Erst waren es nur Kristys Züge, die sich wie unter Schmerzen verzerrten, nur Sekunden später wurde sie von Krämpfen durchgeschüttelt und stieß spitze, schrille Schreie aus.

»Kristy!«, rief Alice, sprang aus dem Wagen und riss die linke Hintertür auf. Mit beiden Händen griff sie nach dem Kopf ihres Schützlings, der nicht nur schweißgebadet war, sondern auch von innen her glühte. Sie versuchte, sie zu beruhigen oder aufzuwecken, obwohl man ihr eindringlich davon abgeraten hatte, etwas Derartiges zu versuchen. In diesen Sekunden spielte das für sie keine Rolle mehr, sie wollte nichts weiter, als dass die Kleine keine Schmerzen mehr verspürte.

Noch einmal rief sie ihren Namen, und diesmal wurde ihr eine Reaktion entgegengebracht. Kristy riss die Augen auf und starrte sie mit einem Blick an, der Alice innerlich vereisen ließ. Sie hatte sich verändert, radikal sogar. Ihre Augen zeigten keine grünen Pupillen mehr, nein, die gesamten Augäpfel waren durch und durch schwarz.

Als sie die Erkenntnis traf, erschlafften Kristys Glieder. Wie eine Puppe sackte sie in ihrem Griff zusammen und blieb reglos auf ihrem Lieblingskissen liegen. Alice' Herz begann nun zu rasen, weil sie glaubte, in die veränderten Augen einer Toten zu starren. Tränen rannen ihr über das Gesicht, bis sie erleichtert feststellte, dass das PSI-begabte Mädchen noch einen schwachen Puls aufwies.

Sie lebte, ja, aber nur im biologischen Sinne. Obwohl ihre Augen geöffnet waren, sah und hörte sie nichts, davon war sie überzeugt. Etwas musste mit ihr während ihrer geistigen Reise geschehen sein, und es stand für Alice außer Frage, dass dafür nur eine einzige Person verantwortlich sein konnte: David Emerald.

»Ich werde dich retten«, flüsterte Alice ihrem Schützling zu und hauchte ihr einen Kuss auf die glühende Stirn. »Egal, wie.«

Beckton war eine sehr übersichtliche Ortschaft mit einem kleinen Ortskern im Tal und einigen einsamen Villen, Häusern und Gehöften auf den umliegenden, baumarmen Hügeln. Auch das Gebäude, das Alice' Informationen nach die geheimnisvolle Familie Emerald beherbergen sollte, lag auf einer solchen Erhebung. Das hölzerne, zweistöckige Anwesen mit den verwinkelten Erkern und den schwarzen Fenstern machte auf sie einen baufälligen Eindruck, mal ganz davon abgesehen, dass es düster und abweisend wirkte. Es war daher kaum vorstellbar, dass dort eine Familie mit einem jugendlichen Sohn wohnen sollte.

Trotzdem würde sie nicht von ihrem Vorhaben ablassen. Sie fühlte sich für Kristy verantwortlich und damit auch für den entsetzlichen Zustand, in dem sie sich aktuell befand. Noch immer standen ihre geschwärzten Augen weit offen, während ihr Atem so flach ging, dass sich ihre Brust kaum bewegte. Keine Frage, sie musste so schnell wie möglich in ein Krankenhaus gebracht werden, wenngleich sie davon ausging, dass die Ärzte ihr wohl kaum helfen könnten.