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"Die verlassene Stadt" ist ein Theaterstück für junge Menschen und Theatergruppen nach einer Idee zu William Goldings Roman "Herr der Fliegen": Eine Abschlussklasse strandet nach einem Flugzeugabsturz auf einer abgelegenen Insel. Die Jugendlichen stoßen auf eine verlassene, aber voll funktionsfähige Stadt. Während sie auf Rettung warten, genießen sie die Annehmlichkeiten der verlassenen Stadt. Doch langsam verschlechtert sich ihre Lage und auf einmal muss jede und jeder einzelne sich entscheiden.
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Seitenzahl: 73
Veröffentlichungsjahr: 2023
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20 Schülerinnen und Schüler einer Abschlussklasse:
Chelsea (radikale Feministin)
Maxim (Mathe-Ass)
Betsy (Jahrgangsbeste und Bücherwurm)
Wolf (Mannschaftskapitän und Leader)
Bilal und Michael (Wolfs beste Freunde)
Nele (Ökoaktivistin)
Jesus (gewaltfreier Pazifist)
Jenny (feierwütiges Partybiest)
Igel (Punk und Anarchist)
Olli (allseits beliebter Kumpel)
Bibi (modebewusst und konsumfreudig)
Kira (ihre beste Freundin)
Pierre und Lilly (unzertrennliches Liebespaar)
Chang, Andy, Jaqui, Sandra und Patty (weitere Schüler:innen)
Prolog
1. Aufzug
2. Aufzug
3. Aufzug
4. Aufzug
5. Aufzug
Nachwort des Autoren
Der Bühnenvorhang ist noch zu. Das Licht geht an. In der Mitte der Bühne liegt eine einzelne Person regungslos. Aus dem Hintergrund ertönt die Stimme von Jesus.
JESUS: Hallo! Ist da jemand? ... Hallo!
Die Person am Strand schlägt die Augen auf, stützt sich langsam auf. Ein Typ mit längeren Haaren hastet verzweifelt auf die Bühne.
JESUS: Hallo! Warum antwortet denn niemand? Die können doch nicht alle ...
Der Typ entdeckt die liegende Person am Strand.
JESUS: Hey du! Er kniet sich neben die liegende Person. Alles okay?
MAXIM: Ja, alles okay. Er erhebt sich, schaut sich um, fasst sich an den schmerzenden Kopf. Wo sind wir denn?
JESUS: Das weiß ich auch nicht. Irgendeine unbekannte Küste. Ich renn’ schon seit ’ner halben Stunde am Strand lang. Hab’ schon gedacht, dass ich ... Er verstummt.
MAXIM: Was ist eigentlich passiert? Wie kommen wir hierher?
Jesus antwortet nicht.
MAXIM: Und mehr sind nicht... hast du nicht gefunden?
JESUS: Nein, noch nicht. Vielleicht sind sie ...
MAXIM: Wir können nicht die einzigen Überlebenden sein! Wir müssen die anderen finden!
JESUS: Es war aber kein Land in Sicht!
MAXIM: Nun, hier ist aber Land. Er betrachtet den anderen. Hey, ich kenne dich. Du bist doch der Typ, der jeden Morgen mit dem verrosteten Ford vorfährt.
JESUS: Richtig.
MAXIM: Gehst bei Mindermann in den Mathe-Leistungskurs.
JESUS: Stimmt auch!
MAXIM: Nun gut, ich bin Maxim!
JESUS: Ich heiße Jesse. Aber ich werde nur Jesus gerufen. Wegen der langen Haare.
MAXIM: Bist ja auch der einzige, der sie noch so trägt!
JESUS: Na und?
MAXIM: Und der einzige, der noch mit so einem Friedens-Button an der Jacke herumläuft.
JESUS: Hast du was dagegen?
MAXIM: Nun ja. Leben und leben lassen. Jeder so, wie er's mag, nicht wahr? Hilf mir mal hoch! Bin noch ein wenig wackelig.
JESUS hilft ihm hoch: Geht’s?
MAXIM: Ja, danke. Er guckt nach oben. Ist verdammt heiß!
JESUS: Muss Mittag sein. Die Sonne steht fast im Zenit.
MAXIM guckt nach hinten: Sieht aus wie der reinste Dschungel.
JESUS: Ist wohl besser, wir gehen immer am Strand entlang.
MAXIM: Gut, gehen wir und suchen die anderen.
Die beiden verlassen die Bühne.
Szene 1
Der Vorhang geht auf. Bühnenbild 1 (eine Stadt, auf der Bühne eine Bank)
Eine Gruppe Schüler steht zusammen, alle reden durcheinander.
OLLI: Eine Stadt!
PATTY: Aber keine Menschen!
JAQUI: Scheint komplett verlassen.
CHANG: Was du nicht sagst.
ANDY: Supergeil, eine Geisterstadt!
BETSY: Und ich dachte, wir sind auf einer einsamen Insel.
OLLI: Du hast zu viel Robinson Crusoe gelesen!
BETSY: Blödmann!
PATTY: Keine einzige Menschenseele.
JAQUI: Ein bisschen unheimlich finde ich das schon.
MICHAEL: Wieso? Das ist doch die irreste Location für eine Abi-Abschlussfahrt, die man sich denken kann.
BILAL: Jo, hier geht die Party ab.
BIBI: Scheiße, mein Handy ist im Arsch.
KIRA: Vielleicht geht’s wieder, wenn du es trocknest. Meines funktioniert, aber Netz habe ich nicht.
BETSY: Wo wir wohl sind?
NELE: Ob die uns hier finden?
WOLF: Ruhe mal! Sind wir jetzt eigentlich vollzählig?
SANDRA: Und der Strand und die Palmen. Unglaublich!
JENNY: Wie aus einem Kinofilm!
WOLF: Durchzählen!
BILAL: Ja, wie in der „Blauen Lagune“.
MICHAEL: Den Film hab ich auch gesehen. Voll peinlich die Szene ...
WOLF: Hey, ihr Komiker. Könntet Ihr bitte Eure Unterhaltung beilegen?
JESUS: Wir sind um die halbe Insel gelatscht.
NELE: Woher willst du denn wissen, dass das eine Insel ist?
MAXIM: Was soll es denn sonst sein? Wir waren hunderte Kilometer vom Festland entfernt über dem Ozean, als die Motoren ausgefallen sind.
WOLF: Still jetzt ihr zwei! Also nochmal: Durchzählen!
Eins
Zwei
Drei
Vier
WOLF: Hey du!
IGEL: Was willste?
WOLF: Zählen!
IGEL betont gedehnt: Fünf!
Sechs
Sieben
Weiteres Gemurmel, aber es wird bis 20 durchgezählt.
WOLF: Also, wir sind tatsächlich komplett. Eigentlich ein echtes Wunder nach dieser Notlandung.
LILLY: Was ist eigentlich mit dem Piloten?
CHANG: Der ist noch mal rein in die Maschine, als wir schon alle draußen waren. Der wollte noch einen Funkspruch absetzen!
BILAL: So eine Kacke. Dann hat der es nicht mehr raus geschafft.
MICHAEL: Das ging zu schnell. Erst lag die Maschine ganz ruhig auf dem Wasser und dann sank sie weg wie ein Stein.
LILLY: Aber, wenn wir nun wirklich ganz alleine sind? Sie klammert sich an Pierre.
PIERRE: Mach dir keine Sorgen. So was gibt’s nicht mehr, einsame unentdeckte Inseln.
WOLF: Seid doch endlich mal ruhig.
ANDY: Und ich hab noch gesagt, als die erste Turbine ausfiel...
CHANG unterbricht ihn: Nichts hast du gesagt, du hast dir vor Angst fast in die Hose gemacht.
ANDY: Sei vorsichtig was du sagst, sonst ...
WOLF: Könnt ihr mir mal aufhören!?
CHELSEA: Wir sollten die Stadt durchsuchen!
WOLF: Ja gleich. Aber zuerst ...
OLLI: Prima, super Idee. Das machen wir!
Bibi schminkt sich mit Taschenspiegel und Lippenstift
BIBI: Wie ich aussehe! Meine Haare.
Sie versucht ihre Frisur mit den Händen zu ordnen.
CHELSEA: Tussi!
BIBI: Rasier du dich lieber mal unter den Achseln. Sonst kriegst du nie einen ab.
NELE: Hey, hört doch endlich auf, euch ständig zu streiten.
JENNY: Guck mal da!
KIRA: Gasthaus „Zum Meeresblick“
Lilly kuschelt sich an Pierre.
LILLY: Da ziehen wir ein. Nicht wahr, Pierre?
Pierre gibt ihr zur Antwort einen Kuss.
WOLF: Also wir bilden Gruppen und um halb sechs treffen wir uns wieder.
MAXIM: Das ist eine gute Idee. Wir sollten die Gruppen aufschreiben.
WOLF: Hat jemand Papier und Stift?
MAXIM: Meiner schreibt nicht mehr.
BETSY: Ich. Hier.
Betsy reicht Wolf einen Zettel und einen Stift.
WOLF: Prima. Danke.
IGEL: Was soll das denn?
WOLF: Jeder schreibt seinen Namen auf dieses Papier.
IGEL: Scheiß Bürokratie.
WOLF: Fang du mal an!
Die Liste geht herum.
WOLF: Wir sollten überprüfen, ob wir wirklich alleine auf der Insel sind.
OLLI: Sieht ganz so aus.
WOLF: Wenn wir also jetzt die Stadt erkunden, sollten wir auch gucken, wo wir was zu essen finden.
LILLY mit einem verliebten Blick auf Pierre: Und wo wir heute Nacht schlafen!
WOLF: Sicher, und wo wir schlafen können!
BIBI: Gibt's hier wilde Tiere?
BILAL: Ja, Löwen.
MICHAEL: Und Werwölfe und Vampire. Pass auf, dass die dich nicht beißen.
Beide lachen. Bibi zeigt den beiden den Mittelfinger.
BIBI: Fickt Euch, ihr Arschlöcher.
MICHAEL: Hoho! Hört euch die Schnecke an!
MAXIM: Hey, hört endlich mit dem Scheiß auf!
WOLF: Also jeder guckt, wo er heute nacht schlafen wird.
BILAL mit einem Blick auf Jenny: Jungen und Mädchen getrennt?
CHELSEA: Wirklich sehr komisch!
JENNY : Da kannst du deinen Arsch drauf verwetten, Süßer.
Sie dreht sich von Bilal ab.
BETSY: Also wann treffen wir uns wieder hier?
MICHAEL: Hey Bücherwurm, kannst du nicht hören? Halb sechs hat er gesagt.
LILLY: Das ist zu wenig Zeit. Sie guckt Pierre an. Ich bin für halb acht.
CHELSEA verdreht die Augen: Vielleicht geht’s hier gerade um etwas wichtigeres als euer kleines Glück zu zweit.
MAXIM: Um halb acht ist es schon dunkel.
BILAL: Also halb sechs. Dann los, wir haben nicht mehr so viel Zeit.
WOLF: Nicht so schnell. Wir sollten noch Aufgaben verteilen!
MICHAEL: Ich hab jetzt Hunger.
BILAL: Ich auch.
MICHAEL: Also gehen wir.
Bilal und Michael gehen.
WOLF: Stopp! Verdammt nochmal! Seid doch ein wenig diszipliniert. Der reinste Kindergarten.
IGEL: Mach dich nicht so wichtig, Alter!
Er geht auch.
LILLY: Dann bis später.
Sie und Pierre gehen Arm in Arm davon.
MAXIM: Ist die Liste nun durch?
NELE: Ich bin die letzte.
JENNY: Na endlich. Können wir jetzt los?
BETSY: Alle sollten probieren herauszufinden, wo wir nun eigentlich sind.
MAXIM: Das sollte nicht so schwer sein.
BIBI hakt Jenny und Kira unter: Was meint ihr, ob man hier etwas Vernünftiges zum Anziehen findet? Meine Hose ist völlig hinüber.
Die drei gehen ab.
JESUS: Sonst noch was?
MAXIM: Ich denke, das ist erst mal alles.
WOLF: Und heute Abend machen wir eine Vollversammlung und besprechen unsere Lage.
NELE: Also halb sechs.
WOLF: Ja.
CHELSEA zu Nele: Komm, gehen wir.
Beide ab. Alle Schüler verstreuen sich in verschiedene Richtungen. Wolf bleibt noch einen Moment nachdenklich als Letzter stehen. Dann geht er auch. Das Licht im Saal geht aus.
Szene 2