Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 508 - Erika Sommer - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 508 E-Book

Erika Sommer

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Beschreibung

Er ist der reichste Grundbesitzer in der ganzen Gegend. Torben Bergsteiner, stark, wild und unberechenbar, macht es sich zum Vergnügen, die umstehenden kleinen Höfe aufzukaufen und so seine Macht immer weiter zu vergrößern.

Nur zwei Menschen trotzen dem gefürchteten Mann: Eberhard Graf Ebbstein und seine schöne, stolze Tochter Silke von der Rosenburg.
Doch dann gerät Graf Ebbstein in finanzielle Not, und schon streckt Bergsteiner seine gierigen Hände nach der Rosenburg aus ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Silke von der Rosenburg

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2020 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Ellya / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9792-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Silke von der Rosenburg

Tapfer kämpft sie um ihre Heimat

Er ist der reichste Grundbesitzer in der ganzen Gegend. Torben Bergsteiner, stark, wild und unberechenbar, macht es sich zum Vergnügen, die umstehenden kleinen Höfe aufzukaufen und so seine Macht immer weiter zu vergrößern.

Nur zwei Menschen trotzen dem gefürchteten Mann: Eberhard Graf Ebbstein und seine schöne, stolze Tochter Silke von der Rosenburg.

Doch dann gerät Graf Ebbstein in finanzielle Not, und schon streckt Bergsteiner seine gierigen Hände nach der Rosenburg aus …

Im Dorf nannten sie ihn „Bärenjäger“. Und tatsächlich war Torben Bergsteiner der einzige Mann in der Gegend, der es mit diesen gefährlichen Tieren aufnahm. Er war mit Leib und Seele Bauer und der Bergsteinerhof sein Lebensinhalt. Aber auch den weltlichen Dingen war der stattliche Mann zugeneigt.

Alle Mädchen aus dem Dorf sahen ihm nach, und für manch eine von ihnen war es eine schmerzliche Enttäuschung, als er die schöne Isabell von Latersbach freite, eine Adelige, die doch eigentlich gar nicht auf einen Bauernhof passte. Doch die Ehe war glücklich und fruchtbar geworden. Seitdem waren viele Jahre vergangen …

Der Bergsteinerhof war heute eines der mächtigsten Güter weit und breit. Immer wieder wurden Söhne geboren, echte Bergsteiner, die durch ihren Mut und ihre Unerschrockenheit von sich reden machten. Ihr Reichtum wuchs ins Unermessliche. Ihr Besitz dehnte sich schon weit bis ins Tal hinunter, und es gab fast keinen Bauern, der bei dem Bergsteiner nicht in der Kreide stand.

Und immer wieder gab es einen Torben, wild und verwegen, wie sein Vorfahr, der Tod und Teufel nicht fürchtete. Nur dass es heute keine Bären mehr gab, mit denen er seine Kräfte messen konnte. Und die Bauern im Dorf waren friedliche Leute, die Mühe hatten, ihr tägliches Brot zu beschaffen.

Die jungen Burschen gingen dem Bergsteiner geflissentlich aus dem Weg, denn niemand hatte Lust, mit seinen derben Fäusten Bekanntschaft zu machen.

Der jetzige Besitzer des Bergsteinerhofes herrschte wie ein König in seinem Reich. Er hatte eine betuchte Bauerntochter geheiratet, die sehr viel von ihrem Fach verstand und Haus und Hof in mustergültiger Ordnung hielt. Sie kamen gut miteinander aus, wenn auch von himmelhoch jauchzender Liebe zwischen ihnen keine Rede sein konnte. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne und eine Tochter hervor.

Die Jungen hießen Torben und Chris. Die Tochter trug den Namen Isabell wie ihre schöne Vorfahrin, deren Ansehen noch heute hoch in Ehren gehalten wurde und deren Bild groß im Arbeitszimmer des Hausherrn hing.

Schon als Kind war die kleine Isabell von einer bezaubernden, elfenzarten Schönheit, die der vierschrötige, kraftvolle Bauer immer wieder staunend betrachtete. In der ersten Zeit wagte er es nicht, das zarte Geschöpf anzufassen, aus Furcht, es mit seinen groben Fingern zu zerdrücken.

Fast erschrocken beobachtete er seine Frau, die das Kind behandelte wie die beiden Buben, die neben ihrer kleinen Schwester wie grobe Hauklötze schienen.

„Nimm sie mal, Torben“, forderte sie ihn auf und drückte dem entsetzt zurückzuckenden Mann das kleine Geschöpf in die Arme. Und Bergsteiner, der sonst Tod und Teufel nicht fürchtete, stand stocksteif und hielt das Kind wie ein kostbares Kleinod, wagte es nicht, die Arme fest um den kleinen Körper zu legen.

Die Bäuerin schüttelte lachend den blonden Kopf.

„Nun sei doch nicht so dumm, Torben. So zart die Kleine auch ausschaut, sie ist eine Bergsteiner, deine Tochter, und sie kann etwas vertragen. Du musst sie richtig halten“, mahnte sie eindringlich. „Oder willst du, dass sie zu Boden fällt?“

Unwillkürlich schlossen seine Hände sich fester um das zarte Körperchen. Ein so unbeschreibliches Gefühl von Glück und Stolz erfüllte ihn, dass er seinen Kopf zu dem Kind herunterbeugte und die Stirn des Mädchens mit behutsamer Zärtlichkeit küsste.

„Meine Tochter, meine süße kleine Tochter“, flüsterte er, und es lag eine solche Liebe in seiner leicht bebenden Stimme, dass es der Frau heiß in die Augen stieg.

Das kleine Mädchen wuchs heran und war der Liebling im ganzen Haus. Sogar das Gesinde schmolz dahin wie Schnee in der Sonne, wenn es sie mit seinen grünen Augen ansah und so lieb lächelte, dass einfach niemand widerstehen konnte. Jeden Wunsch las man dem Kind von den Augen ab, und wenn es mit seiner hellen Stimme die Kinderlieder sang, die seine Mutter ihm lehrte, lauschten alle entzückt.

Aber trotz aller Zartheit war die kleine Isabell eine echte Bergsteiner. Ja, sie übertrumpfte oft ihre Brüder durch ihren Wagemut und ihre Verwegenheit. Dabei waren die beiden Buben keineswegs plump oder unbeholfen. Sie waren groß und schon sehr stattlich gewachsen für ihr Alter.

Besonders Torben, der ältere Junge, hatte etwas von der lautlosen Geschmeidigkeit einer Katze an sich. Er verstand es, sich wie ein Indianer an das Wild anzuschleichen, ohne dass es seine Witterung aufnahm. Schon als Vierzehnjähriger fing er einen Fuchs mit bloßen Händen, ohne auch nur die geringste Verletzung davonzutragen. Sein Vater war mächtig stolz auf seinen späteren Erben.

Die Mutter aber war entsetzt und voller Besorgnis. Sie untersuchte ihren Sohn, ob er auch nicht den kleinsten Kratzer abbekommen hatte, und bestand darauf, dass der Arzt ihm eine Spritze gegen Tollwut gab. Zwar wehrte Torben sich erbost, aber er musste sich fügen.

So sanft die Bäuerin auch war, sie besaß einen eisernen Willen, gegen den selbst ihr Mann nicht ankam. Auch er fand es übertrieben, aber brummend gab er nach und fuhr seinen Sohn selbst in die Kreisstadt.

Grimmig ließ Torben die Behandlung über sich ergehen und schwor sich, sein nächstes Abenteuer für sich zu behalten.

Dann jedoch stellte sich heraus, wie klug die Bäuerin gehandelt hatte. Die Untersuchung des Tierarztes ergab, dass der Fuchs wirklich von der Tollwut befallen gewesen war. Nicht auszudenken, was dem Jungen für ein grauenvolles Schicksal bevorgestanden hätte, wäre seine Mutter nicht so unerbittlich gewesen.

In diesem Moment tat Torben seiner geliebten Mutter heimlich Abbitte. Er gehörte nicht zu denen, die viel Worte machten. Auch darin war er ein echter Bergsteiner. Aber die Mutter verstand ihn auch so, als er ihr von seinem nächsten Taschengeld, das ziemlich karg bemessen war, eine Schachtel Pralinen mitbrachte und sie ihr wortlos in die Hand drückte.

„Für mich?“, freute sie sich, obwohl sie sich aus Süßigkeiten nur wenig machte. „Das ist aber lieb von dir, Torben. Du bist ja ein kleiner Kavalier.“

Torben wand sich vor Verlegenheit und wehrte großspurig ab.

„Quatsch!“ Aber seine blauen Augen, die einen seltsamen Kontrast zu seinem dunklen Haar boten, strahlten glücklich. „Nur dir gegenüber, Ma, du bist eben eine Ausnahme. Die anderen Weiber können mir gestohlen bleiben.“

Verhalten lachte die Bäuerin auf und strich ihrem Jungen über das widerspenstige krause Haar. Er war seinem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten und so wild und unerschrocken, dass seine Mutter oft hatte Angst um ihn hatte. Doch der Bauer zeigte immer Verständnis, war er doch selber in seiner Jugend ein Draufgänger und Raufbold gewesen.

Er lachte dröhnend, wenn er von einem neuen verwegenen Streich seines Sohnes erfuhr, zahlte, ohne mit der Wimper zu zucken, die manchmal sehr hohe Geldstrafe, die man dem Sohn auferlegt hatte, wenn einer seiner Streiche ihn mit dem Gesetz in Konflikt gebracht hatte. Solange er nichts Unehrenhaftes tat, waren es für den Bergsteiner nur Bubenstreiche.

„Jugend muss sich austoben. Herrgott, was haben wir früher nicht alles angestellt, und kein Hahn hat danach gekräht. Aber heute hat man einfach kein Verständnis mehr für solche Dummen-Jungen-Streiche, und alles schreit sofort nach der Polizei!“

Vorwurfsvoll sah die Bäuerin ihn an.

„Dass er auf die Kirchturmspitze klettert und den goldenen Wetterhahn herunterholt, nur um eine dumme Wette zu gewinnen, Torben, das nennst du einen Bubenstreich? Für mich ist das eine Herausforderung an das Schicksal, ein Spiel mit seinem Leben. Torben, ich habe Angst um den Jungen und flehe dich an, die Zügel etwas straffer zu ziehen. Lass seinem Übermut nicht zu freien Lauf. Noch kannst du ihn mit Geduld und Strenge zurechtbiegen, damit er lernt, sein wildes Blut zu bändigen.“

♥♥♥

Häufig führten Torbens verwegene Streiche zu Diskussionen zwischen den Eheleuten. Wieder und wieder bat die Bäuerin ihren Mann, härter durchzugreifen.

„Willst du, dass ich einen Duckmäuser aus ihm mache, so einen Träumer wie Chris?“, brauste der Bauer eines Tages auf. Er konnte es nicht verwinden, dass sein Zweitgeborener sich viel lieber in Bücher vergrub, als mit seinem Bruder herumzutollen.

Ein Schatten glitt über das Frauengesicht. Ein fast erhabener Stolz lag auf ihrem Antlitz.

„Chris ist kein Duckmäuser, Torben, das weißt du sehr gut. Auch er steht seinen Mann, wenn es darauf ankommt, und er weiß auch seine Fäuste zu gebrauchen. Aber er ist bedächtiger und zurückhaltender als Torben und rennt nicht blind in jede Gefahr hinein. Willst du ihm daraus einen Vorwurf machen?“

In seinem Innern musste der Bauer ihr recht geben. Torben war wirklich manchmal zu ungestüm. Eines Tages konnte das böse für ihn ausgehen.

„Unsinn! Ich mache Chris keinen Vorwurf“, brummte er, schon nachgiebiger. „Aber es behagt mir nicht, dass er seine Nase dauernd in diese verflixten Bücher steckt, anstatt mit den anderen Burschen herumzutoben, wie es sich für einen richtigen Jungen in seinem Alter gehört.“

„Es macht ihm eben Freude, sein Wissen zu erweitern, Torben.“

„Und was soll er mit all diesem Wissen hier auf dem Bergsteinerhof, he? Will er es vielleicht dem Rindvieh eintrichtern, oder was will er sonst damit anfangen?“

„Studieren, Torben“, kam es ruhig zurück.

Als wäre eine Bombe zu seinen Füßen eingeschlagen, so jäh wich der Bauer zurück und starrte seine Frau an, als wäre sie ein Geist. Er brauchte eine Weile, bis er das Gehörte verarbeitet hatte.

„Studieren?“, wiederholte er, als wollte er sich vergewissern, dass er sich nicht verhört hatte. „Noch nie hat ein Bergsteiner den Hof verlassen, um zu studieren“, brauste er dann zornig auf.

Die Bäuerin blieb ganz ruhig. Sie wusste ihren Mann zu nehmen und wollte ihm Zeit lassen, sich an den Gedanken zu gewöhnen. Im Grunde seines Herzens war er gütig und verständnisvoll, wenn er es auch hinter einer rauen Schale verbarg.

Ihr Schweigen schien ihn zu besänftigen, denn nun klang seine Stimme schon ruhiger.

„Wie mir scheint, kommt es dir gar nicht so unsinnig vor, he?“

Sie neigte zustimmend den Kopf.

„Stimmt, Torben, mir scheint es sehr vernünftig von Chris, sich später auf eigene Füße zu stellen.“

„Vernünftig?“ Mit einer schroffen Handbewegung schien er ihre Worte einfach hinwegfegen zu wollen. „Er ist ein Bergsteiner, er gehört auf den Hof.“

„Als was, Torben, als Handlanger seines Bruders, der doch einmal hier der Herr sein wird? Er wird hier nichts weiter sein als ein Knecht.“

„Er gehört hierher; der Hof ist groß genug für alle“, fuhr er auf.

„Aber nicht groß genug für zwei Herren, Torben“, widersprach seine Frau. „Torben ist der Erstgeborene, und er wird hier einmal der Bauer sein. Isabell wird heiraten und bekommt ihr Erbteil ausgezahlt. Aber was wird dann aus Chris? Die beiden Jungen sind zu grundverschieden, um miteinander auf engem Raum leben zu können. Noch lieben sie sich, Torben, noch.“

Die Frau machte eine bedeutungsvolle Pause und fuhr dann nach einer Weile eindringlich fort.

„Ich weiß, sie werden sich eines Tages hassen, wenn du sie zwingst, hier zusammenzuleben. Willst du es darauf ankommen lassen?“

„Aber so war es doch immer der Brauch auf Bergstein.“ Es klang schon gar nicht mehr so selbstbewusst und überzeugend.

„Ja, früher, Torben, das mag sein. Aber die Zeiten haben sich geändert. Unsere Jugend ist selbstständiger und selbstbewusster geworden. Sie lässt sich nicht mehr in die veralteten Sitten und Gebräuche einsperren, die weiß Gott nicht immer gut gewesen sind. Wie viel Hass und Unglück wurde dadurch heraufbeschworen. Bruder kämpfte gegen Bruder, und manchmal kam es sogar zu gemeinem Brudermord!“

Heftig schüttelte die Frau den Kopf.

„Nein, so weit lasse ich es zwischen meinen Söhnen nicht kommen, Torben. Gleiche Lebenschance für jedes unserer Kinder. Torben bekommt den Hof, und Chris soll studieren. Ich bin überzeugt, er wird seinen Weg machen, und wir werden eines Tages sehr stolz auf ihn sein.“

Die Bäuerin schwieg einen Moment und sah nachdenklich an ihrem Mann vorbei aus dem Fenster.

„Und auch Isabell soll nicht darauf angewiesen sein, den erstbesten Mann heiraten zu müssen, der um ihre Hand anhält“, fuhr sie dann fort.

Nun verschlug es dem Bauern doch die Sprache.

„Sag mal, was ist denn auf einmal in dich gefahren?“, fragte er nach einer Weile fassungslos. „Warum kommst du mir mit all diesem modernen Kram, von wegen, dass Frauen ihr Leben selbst in die Hände nehmen und auf eigene Füße stellen sollen? Willst du dieses lächerliche Theater hier auf dem Bergsteinerhof am Ende einführen? Dann hast du dich aber gewaltig verrechnet, meine Liebe!“

Er reckte seine breiten Schultern und streckte kampfbereit das Kinn vor.

„Hier gilt noch mein Gebot, und es wird so gehalten, wie schon bei meinen Vorvätern. Isabell wird einen Bauern heiraten, damit sie bis an ihr Lebensende versorgt ist.“

„Und wenn sie nicht will, Torben, wenn sie selbst über ihr Leben entscheiden will?“, kam es ruhig zurück.

Ungläubig sah er sie an, dann schüttelte er energisch den Kopf.

„Quatsch, schließlich ist sie meine Tochter.“

„Eben, und sie hat auch deinen Dickschädel geerbt. Sie weiß jetzt schon sehr genau, was sie will, und versteht sich durchzusetzen. Glaubst du wirklich, sie wird sich einmal von dir ihren zukünftigen Mann aussuchen lassen?“

Innerlich musste der Bauer ihr zustimmen und war auf einmal gar nicht mehr so fest überzeugt von seiner Behauptung. Und weil er unsicher geworden war, machte er jetzt eine unwirsche Handbewegung.

„Herrgott, was soll das eigentlich jetzt alles? Wozu sich jetzt schon den Mund heiß reden? Isabell ist ja erst zehn Jahre. Bis sie im heiratsfähigen Alter ist, läuft noch sehr viel Wasser den Berg herunter.“

„Stimmt, das mit Isabell hat noch Zeit. Aber was Chris angeht, da musst du dich entscheiden, Torben. Der Junge vertrödelt sonst sinnlos seine besten Jahre, wenn er noch weiter hier die Schule besucht. Ich habe bereits mit seinem Lehrer gesprochen. Er ist überzeugt, dass Chris es spielend schaffen wird.“

Sie trat auf Torben zu, legte ihm bittend die Hände auf die Schulter. Ihr Gesicht war dem seinen ganz nahe, und wieder einmal wunderte er sich darüber, wie glatt und faltenlos ihr Gesicht noch immer war.

„Bitte, Torben, gib dem Jungen die Chance. Ich habe dich nie für mich um etwas gebeten. Aber das kannst du mir nicht abschlagen, denn ich habe noch drei Wünsche bei dir frei. Erinnerst du dich? Bei jeder Geburt beschworst du mich, einen Wunsch zu äußern. Ich hatte keinen, denn ich war zufrieden mit dem, was ich hatte. Sie stehen mir also noch offen.“

Ob er wollte oder nicht, nun musste er grinsen.

„Ganz schön raffiniert, das muss man schon sagen“, knurrte er in widerwilliger Anerkennung und gab sich einen Ruck. „Gut, Kat, ich gebe mich geschlagen. Chris soll studieren. Aber wenn es schiefgeht, wasche ich meine Hände in Unschuld! Es war dein Wunsch, den du noch frei hattest, und ein Bergsteiner hält, was er verspricht.“

Auch der Bäuerin lag es sonst nicht, ihre Gefühle offen zu zeigen. Umso überraschter war der Mann, als sie im jähen Überschwang die Arme um seinen Hals schlang und ihm einen Kuss gab.

„Ich wusste es doch, du stehst dem Glück deiner Kinder niemals im Weg“, sagte sie dabei und schluchzte auf vor Glück.

♥♥♥

Das kleine Bergdorf bot einen zauberhaften Anblick. Die hübschen alten Bauernhäuser mit ihren blumengeschmückten Balkons schmiegten sich an die Bergwände, umgeben von schönster Alpenflora. Saftige Wiesen, Laub und Nadelwälder waren die reizvollen Gegensätze zu der kargen, aber beeindruckenden Berglandschaft, die manchen Urlauber anzog.

Die Höfe lagen meist weit auseinander, und der Bürgermeister hatte es sich etwas kosten lassen, schöne, gepflegte Wanderwege anzulegen, was natürlich auch den Bauern zugutekam. Aber die größte Anziehungskraft besaß das gräfliche Wildgehege, das mitten im Wald lag.

Eberhard Graf von Ebbstein hatte nur zögernd seine Zustimmung gegeben, dass das Wildgehege für die Urlauber zugängig gemacht wurde.

Noch zorniger aber wurde der alte Oberförster, und er konnte grob werden, wenn er einen dabei ertappte, dass er seinen Unrat einfach in den Wald warf. Ohne den Grafen um Erlaubnis zu fragen, hatte er überall große Schilder angebracht, die jede Verschmutzung des Waldes unter Strafe stellten.

Graf Eberhard lachte laut auf, als er die Schilder zum ersten Mal sah. Er schalt seinen Oberförster nicht wegen seiner Eigenmächtigkeit, denn er wusste, der alte Mann liebte den Wald über alles.

„Aber fragen hätten Sie mich doch können“, meinte er mit leichtem Vorwurf, nur um das Gesicht zu wahren.

Der Oberförster schob seinen grünen Hut etwas weiter in den Nacken zurück.