Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 578 - Ruth von Neuen - E-Book

Die Welt der Hedwig Courths-Mahler 578 E-Book

Ruth von Neuen

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Beschreibung

Es ist der Blick auf den Hügel, wo das prächtige Schloss der Fürsten Ellinghoven steht, der Frau Mia dazu veranlasst, ihre Tochter und ihren Mann zu größtem Ehrgeiz anzutreiben. Die adelsstolze Fürstin Theda ist Mia ein Dorn im Auge. Schon mehrfach wurde sie von ihr auf demütigende Weise belehrt, dass zwischen der Fürstenfamilie und ihr, der unbedeutenden Mia Seidler, Welten liegen.
Seitdem ist Mia geradezu von dem Gedanken besessen, es der hochmütigen Fürstin zu zeigen. Und tatsächlich trägt ihr Eifer Früchte. Ihr Mann Hans, der Schreinermeister, steigt ebenso wie ihre bildhübsche Tochter Vanessa die Erfolgsleiter empor, während es mit der Adelsfamilie wirtschaftlich bergab geht. Doch ehe Frau Mia ihren Triumph richtig auskosten kann, geschieht etwas vollkommen Unerwartetes, das ihr den Atem raubt ...


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Inhalt

Cover

Vanessas Erziehung zur höheren Tochter

Vorschau

Impressum

Vanessas Erziehung zur höheren Tochter

Warum das Kind des Schreinermeisters etwas ganz Besonderes war

Es ist der Blick auf den Hügel, wo das prächtige Schloss der Fürsten Ellinghoven steht, der Frau Mia dazu veranlasst, ihre Tochter und ihren Mann zu größtem Ehrgeiz anzutreiben. Die adelsstolze Fürstin Theda ist Mia ein Dorn im Auge. Schon mehrfach wurde sie von ihr auf demütigende Weise belehrt, dass zwischen der Fürstenfamilie und ihr, der unbedeutenden Mia Seidler, Welten liegen.

Seitdem ist Mia geradezu von dem Gedanken besessen, es der hochmütigen Fürstin zu zeigen. Und tatsächlich trägt ihr Eifer Früchte. Ihr Mann Hans, der Schreinermeister, steigt ebenso wie ihre bildhübsche Tochter Vanessa die Erfolgsleiter empor, während es mit der Adelsfamilie wirtschaftlich bergab geht. Doch ehe Frau Mia ihren Triumph richtig auskosten kann, geschieht etwas vollkommen Unerwartetes, das ihr den Atem raubt ...

»... und somit taufe ich dich auf den Namen ...« Der greise Pfarrer wischte sich die Brille sauber und hielt sich dann einen Zettel näher vor die Augen. »... taufe ich dich auf den Namen Va...« Wieder stutzte er und warf einen hilflosen Blick auf die junge Mutter, die ihr Baby über das Taufbecken hielt.

»Vanessa«, sprach diese nun klar und deutlich in die Stille hinein, wobei sie das winzige Bündel mit zärtlichem Stolz betrachtete.

Sekundenlang herrschte atemlose Stille in der kleinen Kirche, bis unterdrücktes Kichern und verlegenes Räuspern hörbar wurden. Alles aber wurde übertönt von dem durchdringenden Gebrüll des Täuflings, gegen dessen Stimmgewalt der alte Pfarrer vergeblich anzukämpfen versuchte.

Seine feierlichen Worte gingen in dem markerschütternden Schreien des Babys unter, und als dieses endlich Ruhe gab, wischte er sich erleichtert die Stirn trocken. Die übrigen Anwesenden machten ebenfalls einen recht erschöpften Eindruck, und lediglich die junge Mutter strahlte voller Glück.

Nach der Taufe ging Hans Seidler mit seiner Frau Mia, die das Baby auf dem Arm trug, durch das Dorf nach Hause. Dem jungen Ehepaar schlossen sich Verwandte und Freunde an, und so war es ein stattlicher Zug, der die sonnenbeschienene Straße entlangschritt.

In das kleine Haus des Schreinermeisters Hans Seidler hätten die vielen Leute wohl kaum hineingepasst, aber dafür fanden alle im Garten Platz, wo lange Tische aufgestellt waren.

Frau Mia bettete ihr Töchterchen behutsam in eine Holzwiege, deren kunstvolle Schnitzerei allgemeine Bewunderung fand.

»Damit hat Hans mich überrascht«, erzählte Frau Mia ihren Gästen, »eine größere Freude hätte er mir nicht machen können.« Ein dankbarer Blick flog zu dem Gatten, der das Lob ein wenig verlegen über sich ergehen ließ.

»Es ist die schönste Wiege, die ich je gesehen habe«, beteuerte die Frau des Dorfarztes in ihrer überschwänglichen Art, »gerade wie für eine Prinzessin.«

»Vanessa ist ja auch unser Prinzesschen.« Frau Mia beugte sich zu ihrem Kindchen hinab, das jetzt friedlich schlummernd in den Kissen lag.

»Sag mal, Hans, wie kommt ihr ausgerechnet auf den Namen Vanessa?«, meldete sich nun ein Onkel des jungen Ehemannes zu Wort. »Also, wenn ihr mich fragt, ich finde den Namen reichlich hochtrabend für euch schlichte Leute.«

»Uns gefällt der Name«, sagte Hans Seidler gutmütig.

»Ich finde, der Name Vanessa passt eher zu denen da oben auf dem Schloss«, meinte eine andere Verwandte. »Von einem Mädchen, das so heißt, erwartet man doch was ganz Besonderes.«

»Vanessa wird etwas ganz Besonderes«, erklärte Frau Mia entschieden.

Die Anwesenden wechselten vielsagende Blicke miteinander, um sich dann achselzuckend dem guten Kuchen zuzuwenden, der nun ihre volle Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.

Zum Tuscheln fand man dennoch Zeit, und so flüsterte denn auch die Frau des Oberförsters ihrer Nachbarin zu, dass der Hans keinen leichten Stand habe bei seiner jungen Frau.

»Sie will immer ein bisschen sehr hoch hinaus, so als sei sie etwas Besseres.«

»Lange genug hat sie sich ja auch überlegt, ob sie den Hans nehmen soll«, raunte die andere zurück. »Als Lehrerstochter war ihr ein einfacher Handwerker nicht gut genug.«

»Und sie hat auch keine Ruhe gegeben, bis er seine Meisterprüfung machte«, mischte sich eine dritte Frau in das Gespräch. »Das Praktische, ja, das liegt dem Hans, aber was er so noch alles lernen musste, das hat ihm anfangs keine Freude gemacht. Die Mia hat ihn jeden Tag abgehört wie eine Lehrerin, und nun spricht sie sogar davon, dass der Hans seinen Betrieb vergrößern soll.«

Das Getuschel wurde unterbrochen, als der greise Pfarrer erschien. Nach guter alter Dorfsitte war er auch zum Kaffee gebeten worden, und natürlich hatte der Hausherr ihm den bequemsten Sessel reserviert.

Der Pfarrer scherzte mit den glücklichen Eltern und behauptete augenzwinkernd, bis das Baby im Schulalter sei, habe er sich gewiss an den seltenen Namen Vanessa gewöhnt.

»Hoffentlich«, meinte Hans Seidler schmunzelnd, während Frau Mia nur still vor sich hin lächelte und ihren Gedanken nachhing. Sie wirkte auch ziemlich abwesend, als der Gatte seinen besten Wein aus dem Keller holte und man fröhlich auf das Wohl des kleinen Menschleins anstieß.

Erst als sich Frau Hormes, die Arztfrau, teilnehmend nach denen da oben erkundigte, blitzte es in den braunen Augen der jungen Frau kurz auf. Ohne sich ihre Spannung anmerken zu lassen, lauschte sie auf jedes Wort des Pfarrers, und so hörte sie denn, dass die junge Fürstin eine sehr schwere Geburt gehabt habe.

»Deswegen hat man mit der Taufe der kleinen Prinzessin, die eigentlich schon letzte Woche stattfinden sollte, auch noch gewartet.«

»Und wann ist nun die Taufe im Schloss?«, wollte die spitznasige Tante Clara wissen.

»Morgen. Sie sehen, meine Herrschaften, ein Dorfpfarrer kommt aus dem Festefeiern nicht heraus.«

Die Gäste hatten jetzt ein Gesprächsthema, das alle gleichermaßen interessierte.

Man stellte Betrachtungen darüber an, ob die zarte Fürstin Giovanna, die einem hohen italienischen Adelshaus angehörte, wieder ihre volle Gesundheit zurückerlangen werde. Mutmaßungen wurden laut, warum Fürst Berthold die unscheinbare, meist kränkliche Giovanna zur Gattin gewählt habe, und jemand wusste zu berichten, dass bei dieser Ehe die Mutter des Fürsten ihre Hand im Spiel gehabt habe.

»Vor acht oder neun Jahren hieß es, der junge Fürst wolle ein armes, bürgerliches Mädchen heiraten. Na, das hat Fürstin Theda natürlich mit allen Mitteln verhindert. Eine weite Reise hat sie damals mit ihrem Sohn unternommen, und dabei hat sie ihn mit der ausländischen Prinzessin zusammengebracht und auf eine schnelle Heirat gedrängt.«

»Der junge Fürst ist ja auch erst vor ein paar Jahren in die Heimat zurückgekommen«, warf Hans Seidler ein. Weder ihm noch den anderen fiel es auf, dass Frau Mia mit leichter Unruhe dem Gespräch folgte.

»Fürst Berthold lebte längere Zeit in der Heimat seiner Gattin«, gab der Pfarrer nun Auskunft. »Fürstin Giovanna soll sich ihrer angegriffenen Gesundheit wegen möglichst viel im sonnigen Süden aufhalten.«

»Aber seit der Prinz geboren ist, sind sie nach Schloss Ellinghoven übergesiedelt.« Frau Hormes hatte gern das letzte Wort und ärgerte sich ein bisschen, als der Pfarrer ihre Behauptung richtigstellte.

»Das stimmt nicht ganz«, meinte der alte Herr bedächtig, »Prinz Eckart ist zwar hier geboren, aber seine Eltern sind wenige Monate darauf wieder nach Italien zurückgefahren und haben den Knaben der Obhut seiner Großmutter anvertraut. Hin und wieder waren sie für ein paar Wochen hier im Schloss, aber doch immer nur vorübergehend.«

»Der arme kleine Prinz, wie traurig, dass er ohne seine Eltern aufwachsen muss.« Die weichherzige Frau Oberförster hatte Tränen in den Augen.

Tante Clara reckte ihre spitze Nase in den Himmel.

»Das ist nun mal so bei feinen Leuten. Die überlassen die Erziehung ihrer Kinder immer anderen. Der kleinen Prinzessin wird wohl das gleiche Schicksal beschieden sein.«

»Und die energische Fürstin Theda wird ihren ganzen Einfluss bei der Erziehung ihrer Enkelkinder geltend machen«, setzte die Arztfrau bekräftigend hinzu.

Hans Seidler ging zu seiner jungen Frau hinüber, die schon eine ganze Weile an der Wiege ihres Kindchens stand, und legte zärtlich einen Arm um ihre Schultern.

»Du hast nur noch Augen für unser Töchterchen«, beklagte er sich scherzend, »für unsere Vanessa, die einmal etwas Besonderes werden soll.«

»Sie wird etwas Besonderes, Hans, dafür müssen wir beide uns mit allen Kräften einsetzen«, erwiderte Frau Mia und ging ins Haus.

Hans Seidler stand nun allein vor seinem wenige Wochen alten Töchterchen, das jetzt die Augen öffnete und seinen Hunger lautstark in die Welt hinausschrie.

Krebsrot, mit zahnlosem Mund, unterschied es sich in nichts von einem ganz gewöhnlichen Säugling, und es bedurfte schon einer guten Portion Fantasie, sich vorzustellen, dass die kleine Vanessa sich einmal zu einem außergewöhnlichen Mädchen entwickeln würde.

♥♥♥

Seitwärts vom Dorf auf einer bewaldeten Anhöhe lag Schloss Ellinghoven. So wie der prachtvolle majestätische Besitz auf die kleinen Häuser des Dorfes hinabblickte, so hochmütig sahen auch die Schlossbewohner auf die einfachen Leute im Dorf hinab.

Der alte Fürst, der nun schon seit Jahren unter der Erde ruhte, war ein recht leutseliger Herr gewesen. Seine um viele Jahre jüngere Gattin, die Fürstin Theda, hatte gleich nach dem Tod jeden Kontakt zu den Dorfbewohnern abgebrochen. Als Einziger hatte der greise Pfarrer Klein im Schloss Zutritt, was jedoch nicht bedeutete, dass die stolze Fürstin ihn als ihresgleichen betrachtete.

»Fürstin Theda misst den Wert eines Menschen an seiner blaublütigen Ahnenreihe«, pflegte der Pfarrer oftmals zu sagen, allerdings nur dann, wenn niemand ihn hörte. Er schätzte die kaltherzige Fürstin nicht sonderlich, und auch heute empfand er es keineswegs als angenehme Pflicht, zur Taufe aufs Schloss zu gehen.

Die kleine Schlosskapelle war über und über mit Blumen geschmückt, und beim Anblick der vielen elegant gekleideten Gäste drängte sich ihm unwillkürlich der Vergleich mit der schlichten Feier des gestrigen Tages auf. Hier hielt nicht etwa die Mutter ihr Kindchen über das Taufbecken, sondern eine Säuglingsschwester mit weißem Häubchen und verkniffenem Mund.

Fürstin Theda, trotz ihrer fünfzig Jahre eine stattliche Erscheinung, wachte mit strengem Blick über den reibungslosen Ablauf des Zeremoniells. Wieder musste der Pfarrer eine kleine Ansprache halten und das Taufgelübde sprechen.

Die zahlreichen Namen der kleinen Prinzessin gingen ihm jedoch recht glatt über die Lippen, obwohl manche noch viel unaussprechlicher waren als beispielsweise Vanessa. Es mochte daran liegen, dass solche Vornamen zu einer Prinzessin eben besser passten als zu dem Töchterchen des Schreinermeisters im Dorf.

Die kleine Astrid, so sollte das Prinzesschen gerufen werden, war ein süßes blondlockiges Baby. Ebenso blond war der achtjährige Prinz Eckart, der mit großen Augen sein kleines Schwesterchen bestaunte. Er glich aufs Haar seinem Vater, Fürst Berthold, aber ein aufmerksamer Beobachter konnte schon jetzt erkennen, dass die Züge des bildhübschen Knaben fester und energischer waren als die seines Vaters.

Ungewollt zog der Prinz die Blicke der Anwesenden auf sich, was Fürstin Theda mit Genugtuung zur Kenntnis nahm. Eckart war ihr ganzer Stolz, und sie liebte ihren Enkel mehr als den eigenen Sohn, der ihr immer ziemlich fremd geblieben war.

In Gedanken nannte sie ihn manchmal einen weichlichen Schwächling, womit sie nicht einmal so unrecht hatte. Noch jetzt ging Fürst Berthold allen wichtigen Entscheidungen aus dem Weg, so wie er auch seiner energischen Mutter die Verwaltung des Besitzes überließ.

Prinz Eckart war aus anderem Holz geschnitzt als sein Vater. Er verfügte über einen eigenen Willen, der nicht so schnell zu brechen war.

Nicht immer gelang es der energischen Fürstin Theda, sich bei dem Enkel durchzusetzen, und bei allem Respekt, den dieser der Großmama entgegenbrachte, kam es hin und wieder zu Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen.

Das tat jedoch der Liebe keinen Abbruch, und oftmals wünschte sich die Fürstin, der Sohn besäße die gleiche Willenskraft wie ihr Enkel. Einmal – ein einziges Mal nur – hatte Berthold einen eigenen Willen gezeigt, und das ausgerechnet in einer Sache, die sie niemals gutgeheißen hätte.

Nur selten dachte Fürstin Theda an jene Tage zurück, und wenn, dann mit der Genugtuung, dass ihre Macht über den Sohn letzthin stärker gewesen war als dessen Verliebtheit. Gottlob war diese Verirrung längst überwunden, und glücklicherweise hatte Berthold eingesehen, was er sich und seinem Stand schuldig war.

Das Harmonium in der Schlosskapelle war verstummt, die Gäste strömten ins Freie. Man erging sich im Park und auf der sonnigen Terrasse, deren breite Flügeltüren in die Gesellschaftsräume des Schlosses führten. Diener reichten auf silbernen Tabletts Champagner, und angesichts der delikaten Häppchen musste der greise Pfarrer wiederum an die Taufe im Garten der Seidlers denken.

Hummer, Kaviar, Lachs – das alles mochte eine Menge Geld gekostet haben. Aber Frau Mias selbst gebackener Apfelkuchen hatte ihm noch besser geschmeckt als diese kostspieligen Delikatessen.

Fürstin Giovanna, die Mutter des Prinzesschens, ruhte auf einer Liege, die man im Schutz einer Markise aufgestellt hatte. Die dunklen Schatten unter ihren Augen ließen sie älter erscheinen, als sie mit ihren achtundzwanzig Jahren war.

»Wenn dich die vielen Menschen zu sehr anstrengen, führe ich dich in deine Gemächer, Giovanna.« Fürst Berthold war zu seiner Gattin getreten, um deren Mund ein leichter Zug von Ungeduld glitt. Das ständige Umsorgtwerden machte sie nervöser als die Gäste, die ohnehin kaum Notiz von der blassen jungen Fürstin nahmen. Man war ja nicht hier, um sich der Leidenden zu widmen, sondern um dabei zu sein.

Zu solchen Anlässen traf sich der hohe Adel, bei dem auch die jüngere Generation nicht fehlte. Hier wurden Verbindungen angeknüpft, die oft zu einer späteren Ehe führten, und sogar die Kinder, die sich ausgelassen auf dem großen Rasen tummelten, waren vor zukünftigen Spekulationen nicht sicher.

Christiane Gräfin von Klatt hatte ihre fünfjährige Tochter Ilona mitgebracht, und Pfarrer Klein, der als stiller Beobachter etwas abseitsstand, konstatierte mit heimlichem Vergnügen das Bemühen der Gräfin, Eckarts Interesse an ihrem Töchterchen zu wecken. Der blonde Prinz zeigte wenig Neigung, an dem Spiel der kleinen Mädchen teilzunehmen.

Wie zufällig gesellte sich der Pfarrer dazu und zog Eckart in ein Gespräch über Pferde, womit er das richtige Thema getroffen hatte.

»Papa hat mir eine wunderschöne Stute geschenkt«, berichtete der kleine Prinz zutraulich, »möchten Sie sie sehen, Herr Pfarrer?«

»Gern. Aber ist es nicht unhöflich, wenn wir beide uns einfach entfernen?« Bei dieser Frage geriet Eckart einen kurzen Moment in Verlegenheit, aber als er das verschmitzte Lächeln in den Augen des Pfarrers entdeckte, blinzelte er in jungenhaftem Übermut zurück.

»Wir schleichen uns davon, vielleicht merkt es keiner«, raunte er dem alten Herrn wie einem Verschworenen zu. Tatsächlich gelangten sie unbemerkt durch eine kleine Seitenpforte des Parkes auf den Gutshof und in den großen hellen Pferdestall.

»Das ist meine Stute.« An einer der vielen Boxen blieb der Prinz stehen und wartete mit kindlicher Neugier auf das Urteil des Pfarrers.

»Ein prachtvolles Tier«, lobte dieser mit echter Bewunderung. »Bleibt das hübsche Pony, das du früher geritten hast, nun für dein kleines Schwesterchen, Eckart?«

Etwas verdutzt hob der Knabe den Kopf, und in seinen Augen lag ein leichtes Staunen, das nicht etwa der Frage des Pfarrers galt, sondern der Tatsache, dass dieser ihn mit seinem Vornamen angeredet hatte.

»Bist du gewöhnt, dass man dich mit deinem Titel anspricht?«, erkundigte sich der alte Herr lächelnd.

»Ja, meine Hauslehrer sagen Prinz Eckart«, gab der Knabe mit gewinnender Freundlichkeit Auskunft, »aber du kannst ruhig Du zu mir sagen.«

»Gut«, meinte der Pfarrer schmunzelnd, »sagen wir beide also Du zueinander.« Und in Gedanken setzte er hinzu: Sehr oft werden wir wohl keine Gelegenheit dazu haben.

Als das ungleiche Paar zu den übrigen Gästen zurückkehrte, schien niemand sie vermisst zu haben bis auf Gräfin Klatt, die ihrem verzogenen Töchterchen Verhaltensmaßregeln erteilte.

»Da kommt ja endlich dein großer Freund, der jetzt gewiss mit dir spielen will.« Mit diesen Worten schob sie die kleine Ilona dem Prinzen zu, in dessen Augen es unwillig aufblitzte.

»Ein reizendes Bild, nicht wahr?«, wandte sich die Gräfin mit mütterlichem Stolz Fürstin Theda zu, »mein Töchterchen ist ganz vernarrt in Ihren Enkel, Durchlaucht. Sie hat Geschmack, meine Kleine, und Prinz Eckart scheint sich auch recht gern mit ihr zu beschäftigen.«

»Ja, ein ganz reizender Anblick«, wiederholte die Fürstin zwar lächelnd, aber sie schickte den Enkel gleich darauf unter einem Vorwand ins Schloss. Nur zu gern kam Prinz Eckart dem Wunsch seiner Großmama nach, und er ließ sich viel Zeit, bis er zurückkam.

Auch das hatte der Pfarrer alles mit angesehen und gehört, und natürlich dachte er sich seinen Teil. Mit seiner Vermutung, dass die stolze Fürstin Theda mit ihrem Enkel sehr hochfliegende Pläne für die Zukunft hatte, kam der alte Herr der Wahrheit recht nahe. Nachdenklich trat er den Heimweg an.