Fürsten-Roman 2586 - Ruth von Neuen - E-Book

Fürsten-Roman 2586 E-Book

Ruth von Neuen

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Beschreibung

Die schöne Herrin vom Rosenschloss
Endlich wieder als Heftroman: Ein Juwel zum Jubiläum!
Von Ruth von Neuen

Es scheint ihm wie ein Wink des Schicksals, als Fürst Gerold eines Tages auf die Tochter seiner verschollenen Freundin Eva trifft. Bis heute weiß der Fürst nicht, warum die junge Dorflehrerin, die ihm wie eine Schwester war, damals spurlos verschwand. Selbst Diemut, Evas Tochter, kann das Rätsel nicht lösen, weiß auch nicht, wer ihr Vater ist, sondern nur, dass sie es versäumt hat, ihre nun verstorbene Mutter zu befragen.
Der alte Fürst zögert nicht lange und nimmt die vom Schicksal geplagte Diemut zur Frau. Es wird eine Ehe sein, die nur auf dem Papier besteht, eine allzu kurz bemessene Frist, die Fürst Gerold nutzen will, an Diemut gutzumachen, was er Eva schuldig zu sein glaubt. Der Alte ist nicht nur an den Rollstuhl gefesselt, sondern eine tückische Krankheit wird seinem Leben bald ein Ende setzen. So widmet Diemut ihrem väterlichen Freund und Gatten jede freie Minute, und sie leben in vollkommener Harmonie. Und als Fürst Gerold nach nur wenigen Monaten Ehe verstirbt, zieht es Diemut den Boden unter den Füßen weg. Nun ist sie wieder ganz allein. Allein mit dem Geheimnis ihrer Herkunft. Aber sie ahnt nicht, dass des Rätsels Lösung näher ist, als sie für möglich hält ...

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Seitenzahl: 147

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Inhalt

Cover

Impressum

Die schöne Herrin vom Rosenschloss

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Forewer / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8683-7

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Die schöne Herrin vom Rosenschloss

Endlich wieder als Heftroman: Ein Juwel zum Jubiläum!

Von Ruth von Neuen

Liebe Leserinnen und Leser,

nicht nur in unserer Reihe „Fürsten-Jubiläum“ geht es im Oktober festlich zu, auch in der Reihe „Fürsten-Roman“ dürfen Sie sich auf nostalgische Glanzstücke mit allerhand Extras und Gewinnspielen freuen.

Dieses Juwel aus der Feder von Ruth von Neuen ist ein Highlight der BASTEI-Sammlung, das wir Ihnen exklusiv zum Jubiläumsmonat noch einmal ans Herz legen möchten.

Genießen Sie mit dieser Perle aus längst vergangenen Tagen große Gefühle, und schenken Sie sich ein brillantes Lesevergnügen.

Sie sind eingeladen: Feiern Sie mit uns ein rauschendes Fest, und versäumen Sie nicht, an unserem exklusiven Gewinnspiel in diesem Heft teilzunehmen! Vielleicht haben Sie ja Glück und sitzen schon bald beim Staatlichen Russischen Ballett oder dem Musical LUDWIG² im Publikum. Mitmachen lohnt sich!

„Auf der Stelle machst du kehrt, Laurenz“, kam es energisch von den Lippen des etwa fünfundvierzigjährigen Mannes, „das ist kein Spaziergang, sondern eine Strapaze, die ich dir nicht zumuten kann.“

„Nur noch fünf Minuten, Durchlaucht“, erwiderte der Diener, der den Rollstuhl seines Herrn in gleichmäßigem Tempo weiterschob, „dann haben Sie den schönsten Ausblick über ganz Reichenhall.“

„Fünf Minuten“, wiederholte Gerold Fürst zu Ebersbach ärgerlich lachend, „das schwindelst du mir nun schon seit mehr als einer halben Stunde vor. Mir kann es schließlich gleichgültig sein, Laurenz, ich sitze bequem, aber der Weg steigt ständig bergan, und du bist auch nicht mehr der Jüngste.“

„Die Steigung ist so gering, dass man sie überhaupt nicht wahrnimmt“, versicherte der grauhaarige Diener, „und dass ich mit der Zeitangabe ein bisschen gemogelt habe, ist Ihre Schuld, Durchlaucht. Sobald ein Ziel Ihnen zu weit vorkommt, ziehen Sie es vor, im Garten des Sanatoriums zu bleiben, obgleich Sie dort keine Minute Ruhe haben.“

Über das schmale, männlich schöne Gesicht des Fürsten glitt ein leichtes Lächeln, und in seinen Augen lag heiterer Spott, als er nun den Kopf zurückwandte.

„Auf den Gedanken, ich könnte Geschmack daran gefunden haben, begehrter Mittelpunkt zu sein, bist du wohl nicht gekommen, Laurenz?“

„Nein, Durchlaucht“, gab der Diener im gleichen heiteren Ton zurück, „gestern sagten Sie noch, dass Ihnen die Anhänglichkeit der Damen lästig sei, und von den Herren behaupteten Sie, es seien dumme Schwätzer und Wichtigtuer.“

„Unmöglich, Laurenz, du musst dich irren!“, rief der Fürst in gespielter Entrüstung aus, „ich kann mich nicht erinnern, derart abfällig über die Gäste des Sanatoriums gesprochen zu haben.“

„Aber ich“, beharrte der Diener schmunzelnd, „und wenn ich vielleicht Ihrem Gedächtnis etwas nachhelfen darf, Durchlaucht …“

„Nicht nötig“, winkte der Fürst lachend ab, „aber das alles ist kein Grund, diese Kraxelei zu unternehmen. Es gibt genug schöne Aussichtspunkte, die mit dem Auto zu erreichen sind.“

„Dort wimmelt es von Ausflüglern“, gab Laurenz zu bedenken, worauf sein Herr sich geschlagen gab. Überdies hatten sie die kleine Anhöhe endlich erreicht, und der überraschte Ausruf des Fürsten war dem Diener reicher Lohn für die ausgestandene Strapaze. Er fuhr den Rollstuhl des Fürsten nahe an das schützende Holzgeländer, sodass dieser die prachtvolle Aussicht über waldige Höhen voll genießen konnte.

Nachdem Laurenz sich noch davon überzeugt hatte, dass sein Herr nicht der prallen Sonne ausgesetzt war, zog er sich auf eine Holzbank zurück, die etwas abseits stand. Fürst Ebersbach hatte ein kleines Buch hervorgeholt, in dem er zu lesen begann und das er hin und wieder sinken ließ, um sich an dem herrlichen Panorama zu erfreuen.

Er liebte es, die Schönheiten der Natur für sich allein zu genießen, wobei die Anwesenheit seines Dieners ihn niemals störte. Seit über zwanzig Jahren war Laurenz stets in seiner Nähe, und im Laufe der Zeit hatte sich ein richtiges Vertrauensverhältnis zwischen ihnen gebildet.

Fürst Gerold, der nach einem tragischen Unfall gelähmt und an den Rollstuhl gefesselt war, trug sein schweres Los mit unendlicher Geduld. Das war nicht immer so gewesen. Es hatte Zeiten gegeben, in denen er mit dem Schicksal gehadert hatte — Wochen und Monate, in denen er so verbittert gewesen war, dass er niemanden um sich ertrug.

Misstrauisch hatte er sich von den Menschen zurückgezogen, sich verkrochen wie ein verwundetes Tier bis zu dem Tag, an dem er Eva begegnet war — Eva, die ihn wieder das Lachen gelehrt hatte. Sie war die Erste, die ihm kein Mitleid entgegenbrachte, die ihn mit Fragen nach seinem Leiden verschonte und nicht in jenem behutsamen Ton mit ihm sprach, der ihn zum Außenseiter stempelte und den er hasste.

Ganz zufällig hatte er Eva kennengelernt, die gerade als blutjunge Lehrerin ins Dorf gekommen war. Fürst Gerold legte sein Buch beiseite, und wie so oft wanderten seine. Gedanken in die Vergangenheit — zu jenem Tag im Mai, der genauso sonnig gewesen war wie der heutige.

Damals hatte er erstmals mit seinem Rollstuhl den Schlosspark verlassen, in der Hoffnung, zu der frühen Morgenstunde niemandem zu begegnen. Eine Waldlichtung, nicht weit von Schloss Ebersbach entfernt, war sein Ziel, obwohl eben dieses malerische Fleckchen Erde trübe Erinnerungen in ihm wecken musste.

Durch eine unachtsame Bewegung war ihm die Decke von seinen Knien gerutscht, und bevor er sich danach bücken konnte, hatte eine schmale Mädchenhand sie bereits ergriffen. In diesem Augenblick erst hatte er Eva gesehen, die nur wenige Schritte von seinem Rollstuhl entfernt im hohen Gras saß und ihn zutraulich anlachte.

„Fragen Sie jetzt nur nicht, wo ich so plötzlich herkomme“, hatte sie dabei gesagt, „ich war nämlich schon eher hier als Sie. Aber da Sie nur Augen für die alte Rotbuche hatten, konnte ich ungestört weiter die Aufsätze meiner Schüler korrigieren.“ Während sie sprach, hatte sie sich etwas zur Seite geneigt, um ihm die Decke hinüberzureichen, wobei ihm angenehm zum Bewusstsein kam, dass sie nicht etwa aufsprang, um ihm ihre Hilfe anzubieten.

Sie übersah es auch, dass es ihm ein wenig Mühe machte, die Decke über seine Beine auszubreiten, und erkundigte sich statt dessen mit gekraustem Näschen, ob man Hyazinthe mit einem Ypsilon schreibe.

„Als Lehrerin müssten Sie das eigentlich wissen“, war seine heitere Antwort gewesen, über die sie schallend gelacht hatte. Augenzwinkernd hatte sie ihm verraten, dass sogar Lehrer manchmal Kummer mit der Rechtschreibung hätten und dass sie keine rühmliche Ausnahme bilde.

Erst später, nachdem er Eva besser kennengelernt hatte, war ihm bewusst geworden, dass sie absichtlich ihr Licht unter den Scheffel gestellt hatte, um ihn aus seiner Reserve herauszulocken. Das war ihr übrigens schon an diesem ersten Tag gelungen, und zwar auf eine ebenso reizende wie geschickte Art. Harmlos hatte sie ihn gebeten, einige Aufsätze durchzulesen und sein Urteil abzugeben.

Nach dieser ersten Begegnung hatte er Eva fast täglich auf der Waldlichtung getroffen, wobei sie nach und nach gute Freunde geworden waren. Die junge Lehrerin hatte ihm gestanden, dass sie sich stets einen Bruder gewünscht habe, einen netten, gescheiten Bruder, bei dem man seine kleinen und großen Sorgen abladen konnte.

Scherzend hatte er — Gerold — sich als Ersatz zur Verfügung gestellt und tapfer die kleine Bitterkeit unterdrückt, dem schönen Mädchen nicht mehr bedeuten zu dürfen. Ein halbes Jahr hatte die Freundschaft zwischen ihm und Eva gedauert, einen unvergesslich schönen Sommer lang.

Der Fürst begann zu frösteln, obwohl die Sonne noch genauso warm schien wie vorhin. Laurenz schien auf seiner Bank eingenickt zu sein, und rücksichtsvoll, wie Fürst Gerold stets war, wollte er seinen treuen Diener nicht aufwecken. Also tastete er selbst nach seiner Decke, die ihm jedoch bei dem Versuch, sie über seine Knie auszubreiten, entglitt.

Der ärgerliche Ausruf, der seiner Hilflosigkeit galt, erstarb ihm auf den Lippen, als er jetzt ein Mädchen bemerkte, das sich nach der Decke bückte, um sie ihm mit einem reizenden Lächeln zurückzureichen.

„Danke“, murmelte er, wobei er die Fremde immer noch fassungslos anschaute.

War es möglich, dass die Natur sich so wiederholen konnte, dass sie zweimal das Gleiche schuf, oder hatte er sich derart mit der Vergangenheit beschäftigt, dass seine Phantasie ihm einen Streich spielte und er in diesem Mädchen Eva wiederzusehen glaubte?

Völlig benommen strich der Fürst sich über die Stirn, und für den Bruchteil einer Sekunde schloss er die Augen. Als er sie wieder öffnete, war die schöne Fremde verschwunden, und stattdessen stand Laurenz neben seinem Rollstuhl.

„Wünschen Sie ins Sanatorium zurückzukehren, Durchlaucht?“ In den Worten des Dieners lag so viel Sorge, dass der Fürst sich zu einem Lächeln zwang.

„Hast du die junge Dame gesehen, Laurenz?“, wandte er sich diesem fragend zu.

„Ja, Durchlaucht. Ich bin wohl ein wenig eingenickt, und als ich Stimmen hörte, wurde ich wach und sah sie.“

„Hat sie dich an jemanden erinnert, Laurenz?“, fragte der Fürst weiter, obgleich er die Antwort im Voraus wusste. Unruhig wich der Diener dem forschenden Blick seines Herrn aus, ehe er fast widerwillig entgegnete: „Im ersten Augenblick glaubte ich, es sei Fräulein Eva.“

„Dann ist dir die verblüffende Ähnlichkeit also auch aufgefallen“, gab der Fürst wie zu sich selbst sprechend zurück, „und ich dachte schon, dass ich am hellen Tag Gespenster sehe …“

„Nein, Durchlaucht, wie ein Gespenst sah die junge Dame nun wirklich nicht aus“, ließ Laurenz sich nun wieder vernehmen, „aber die andere — die Ältere meine ich, die hätte man leicht für ein Schreckgespenst halten können.“

„Sie war nicht allein?“, entfuhr es dem Fürsten betroffen.

„Nein, Durchlaucht, das Schreckgespenst — Verzeihung, ich wollte sagen die ältere Dame — stand ganz in meiner Nähe, und sie schien verärgert zu sein, dass die junge Dame zu Ihnen hingegangen war. Jedenfalls machte sie eine unfreundliche Bemerkung, und dann gingen beide gemeinsam den Weg zurück.“ Laurenz hatte die angezogene Bremse des Rollstuhles gelöst und machte ebenfalls Miene umzukehren.

Ziemlich auffällig war er bemüht, seinen Herrn auf andere Gedanken zu bringen, und für eine Weile schien der Fürst darauf einzugehen. Umso betroffener war der Diener, als sein Herr plötzlich zu wissen verlangte, was die ältere Dame der jüngeren gesagt habe. Einen kurzen Moment druckste Laurenz unschlüssig herum, um schließlich zu erklären, er könne sich nicht mehr genau erinnern.

„Dann denke gefälligst mal nach, mein Lieber“, erwiderte der Fürst, der seinen Diener durchschaute. „Bis wir im Sanatorium sind, wird es dir hoffentlich eingefallen sein.“

„Nun ja, sie sagte was von aufdringlich oder so ähnlich“, bequemte Laurenz sich, wenn auch nur widerwillig, zu einer Auskunft.

„War das alles?“ Fürst Gerold ließ nicht locker.

„Hm“, der Diener tat so, als müsse er nachdenken, „ja und dann sagte sie noch wörtlich: ‚Ein Mädchen aus gutem Haus muss zurückhaltend sein, sonst ergeht es dir so wie deiner Mutter‘. Das war aber wirklich alles, was ich gehört habe, Durchlaucht.“

„Das genügt.“ Die Worte des Fürsten klangen knapp aber nicht unfreundlich. Er hatte sein Augenmerk auf zwei Damen gerichtet, die eben in eine belebtere Straße einbogen. „Folge ihnen unauffällig, Laurenz, und versuche ausfindig zu machen, wer sie sind und in welchem Verhältnis sie zueinander stehen. Mich kannst du allein lassen. Die kurze Strecke bis zum Sanatorium schaffe ich ohne deine Hilfe.“

Tatsächlich hatte der Fürst das Kurheim, das er jedes Jahr für einige Wochen aufzusuchen pflegte, bald erreicht, und wie immer stürzten ihm einige der weiblichen Patienten entgegen. Zwar war dem Fürsten heute noch weniger nach dem nichtssagenden Geplauder der Damen zumute, aber mit der ihm eigenen Höflichkeit hielt er dem Ansturm lächelnd stand. Überraschend schnell kehrte übrigens Laurenz zurück, dessen Miene anzusehen war, dass er den Auftrag seines Herrn erfolgreich ausgeführt hatte.

„Nun?“, fragte der Fürst, sobald er mit Laurenz allein war, „was hast du in Erfahrung bringen können?“

„Die Damen wohnen im Hotel ‚Zur Post‘“, teilte der Diener ihm mit, „die ältere, Frau Ernestine Gabler, unterzieht sich hier in Bad Reichenhall einer Kur. Die Jüngere ist ihre zwanzigjährige Nichte.“

„Ihr Name?“

Laurenz, der den forschenden Blicken seines Herrn auswich, begann verlegen zu hüsteln.

„Also sie heißt — Sie werden es nicht für möglich halten, Durchlaucht — sie heißt Diemut Crous.“

„Diemut Crous“, wiederholte Fürst Gerold leise, „dann ist dieses Mädchen Evas Tochter.“ Wieder ertönte Laurenz’ verlegenes Hüsteln, das der Fürst belustigt zur Kenntnis nahm.

„Sage schon, was dich bedrückt, mein Lieber“, wandte er sich gutmütig spottend dem Diener zu. „Hast du etwa noch Zweifel, dass dieses Mädchen Evas Tochter ist, oder stört dich die Tatsache, dass sie den Namen ihrer Mutter trägt?“

„Das würde doch bedeuten, dass Fräulein Eva ein uneheliches Kind hat, und das kann ich einfach nicht glauben“, stieß Laurenz hervor.

„Ja, so weit bin ich mit meinen Überlegungen auch gekommen“, warf der Fürst ein, „und damit scheint auch das Geheimnis gelöst zu sein, warum Eva seinerzeit so plötzlich aus unserem Dorf verschwand und spurlos untertauchte.“

„Ja, das könnte der Grund sein“, stimmte der Diener zu, „aber wer mag der Schuft sein, der Fräulein Eva mit ihrem Kind sitzengelassen hat?“

„Warum siehst du mich denn dabei so vorwurfsvoll an?“ Fürst Gerold musste unwillkürlich lachen. „Ich bin nun wirklich nicht der Vater dieser Diemut — leider, Laurenz, leider.“

Minutenlang blieb es still im Zimmer. Der Fürst versuchte, sich an die letzten Begegnungen mit Eva zu erinnern, an Gespräche mit ihr, die vielleicht etwas Licht in das Dunkel hätten bringen können.

Aber da gab es nichts, nicht den kleinsten Anhaltspunkt, der ihn auf eine Spur hätte bringen können, und schließlich gab der Fürst das sinnlose Grübeln auf. Dafür lauschte er umso interessierter dem weiteren Bericht seines Dieners, der mithilfe eines guten Trinkgeldes einen Hausburschen des Hotels gesprächig gemacht hatte.

So erfuhr der Fürst denn jetzt, dass Diemuts Mutter kurz nach der Geburt ihres Kindes gestorben war und Frau Ernestine Gabler seitdem Mutterstelle an der Nichte vertrat. Wollte man den Worten des Hausburschen Glauben schenken, dann führte Diemut Crous kein beneidenswertes Leben.

Die Tante tyrannisierte und schikanierte das junge Mädchen nach Kräften, und sie kontrollierte streng und unerbittlich den Umgang der Nichte. So blieb es denn nicht aus, dass Diemut kaum Freunde besaß, denn die jungen Leute, die Gnade vor den Augen der Tante fanden, waren nicht nach deren Geschmack.

Fürst Gerold hatte genug gehört, und wenngleich er nicht wusste, wie er Evas Tochter helfen könnte, so war er doch entschlossen, noch am selben Tag die beiden Damen aufzusuchen.

Den Mittagsschlaf der Tante hatte Diemut zu einem Bummel durch den Ort ausgenutzt. Trotz glühender Hitze schlenderte sie durch die Geschäftsstraßen, glücklich darüber, einmal Tante Ernestines ständigem Nörgeln entronnen zu sein.

Vor einer Boutique mit hübschem, modischem Krimskrams verhielt das Mädchen den Schritt, um sich die Auslagen anzuschauen. Ein weitschwingender, leuchtend roter Rock mit weißen Bordüren hatte es ihr angetan, aber ein Blick auf das Preisschild hielt sie von einem impulsiven Kauf zurück.

Glücklich über ihre neue Errungenschaft eilte Diemut ins Hotel zurück, wo sie erleichtert feststellte, dass die Tante noch der Ruhe pflegte.

Das untätige Herumsitzen im Zimmer wurde dem Mädchen zur Qual, wie immer wenn draußen die Sonne lockte. Obwohl die Verbindungstür zum Zimmer der Tante geschlossen war, drangen laute Schnarchtöne bis zu ihr herüber. Dabei wünschte sie sich nicht einmal, dass Tante Ernestine bald erwachen würde.

Zu Hause empfand sie die Tyrannei nicht ganz so schlimm wie hier, obgleich sie auch dort in ihrer Freiheit stark beschränkt war. Weiß der Kuckuck, warum die Tante auf ihre Begleitung bestanden hatte — die Kur, der sie sich auf Anraten eines Arztes unterzog, war längst nicht so anstrengend, wie sie vorgab. Zudem war Tante Ernestine so rüstig, dass sie auf die Hilfe der Nichte gar nicht angewiesen war.

Sie selbst pflegte dies auch bei jeder Gelegenheit zu betonen, um dann, wenn Diemut darum bat, einmal allein etwas unternehmen zu dürfen, ihr entrüstet Egoismus vorzuwerfen. Kurz nach der Ankunft in Bad Reichenhall hatte das junge Mädchen den Wunsch geäußert, nach Salzburg zu fahren, worauf die Tante ihr kühl beschieden hatte, dass daran nicht zu denken sei. Bei der Vorstellung, noch weitere drei Wochen den Launen der Tante ausgesetzt zu sein, stieg Zorn in ihr auf, dem sie irgendwie Luft machen musste.

Die Handarbeit auf dem Tisch, an der sie auf Wunsch der Tante lustlos und mit wenig Geschick herumwurschtelte, war genau das Richtige, um ihrer Wut freien Lauf zu lassen. Temperamentvoll schmiss Diemut das Wollknäuel nebst Nadeln gegen die Tür zum Gang und erschrak nun doch, als ausgerechnet in diesem Moment das Stubenmädchen den Raum betrat.

Das niedliche Mädchen im schwarzen Kleid und weißen Häubchen schien nicht weniger erschrocken zu sein als Diemut. Beide bückten sich gleichzeitig nach dem merkwürdigen Wurfgeschoss, das augenscheinlich solch rohe Behandlung übel genommen hatte. Die Nadeln waren aus dem Strickzeug herausgerutscht, und die Maschen hatten sich selbstständig gemacht, wodurch ein nicht vorgesehenes Lochmuster entstand.

„Ob man das wieder hinkriegen kann?“ Zweifelnd betrachtete Diemut die verhasste Handarbeit, während das Hausmädchen sich freundlich anbot, den Schaden in Ordnung zu bringen.

„Danke, Rosel, aber das wäre vergebliche Liebesmüh’. Bei Gelegenheit rutscht mir bestimmt wieder die Hand aus — oder auch der Fuß.“ Tatsächlich beförderte Diemut jetzt Wolle und Nadeln mit einem Fußtritt unter ihr Bett, um sich dann verschmitzt lachend zu erkundigen, was Rosel zu ihr führe.

„Ein Herr wartet unten im Empfangszimmer“, gab diese nun knicksend Auskunft, wobei sie Diemut eine Karte überreichte.

„Auf mich?“, fragte das junge Mädchen sichtlich betroffen, nachdem es den pompös klingenden Namen gelesen hatte. Gerold Fürst zu Ebersbach und Hagenau. Grundgütiger, was konnte der bloß von ihr wollen?

„Der Herr bat darum, die gnädige Frau und das gnädige Fräulein sprechen zu dürfen, und als ich ihm sagte, dass die gnädige Frau Tante jetzt ihre Mittagsruhe hält, sagte er: ‚Umso besser, dann möchte ich Fräulein Crous allein sprechen‘. Es ist übrigens ein sehr vornehmer Herr, gnädiges Fräulein, und er scheint gelähmt zu sein.“