Die Wichtelmanns wohnen jetzt im Garten - Judith Zentner - E-Book

Die Wichtelmanns wohnen jetzt im Garten E-Book

Judith Zentner

4,9

Beschreibung

Die Geschwister Felix und Mia trauen ihren Augen kaum, als sie statt eines Maulwurfs einen kleinen Gartenwichtel in der Falle finden, die ihr Vater im Garten aufgestellt hat. Denn Winnie und seine Wichtelfamilie haben eine unterirdische Höhle unter dem Rasen der Familie Baumgarten gegraben. Nun beginnt eine aufregende Zeit für die beiden Kinder. Denn die Wichtelmanns sind zwar winzig klein, aber große Abenteuer kann man trotzdem mit ihnen erleben ... Vorlesegeschichten für Kinder ab 5 Jahren

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Seitenzahl: 100

Veröffentlichungsjahr: 2016

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- Für Tom und Ylvie -

Inhalt

Schon wieder ein Maulwurf?

Hinab in die Tiefe

Der Eindringling

Auf den Draht gekommen

Ungebetener Besuch

Gefahr aus der Luft

Eine Seefahrt, die ist lustig...

Der Traum vom Fliegen

Oh Tannenbaum!

Schon wieder ein Maulwurf?

Es war wieder einmal soweit: Auf dem Rasen türmten sich zuerst kleine, dann immer größere braunschwarze Erdhaufen auf. Wie jedes Frühjahr bekam Herr Baumgarten einen Wutanfall, als er diese kleinen Hügel erblickte. Denn Herr Baumgarten liebte seinen Garten und ganz besonders seinen Rasen.

Herr Baumgarten war der Vater von Mia und Felix. Jetzt jedoch hatte er für diese beiden keine Zeit. Das störte die Kinder allerdings überhaupt nicht. Sie saßen auf der Schaukel und beobachteten mit einem Grinsen im Gesicht, was ihr Vater dort trieb. Er stampfte über den Rasen von Haufen zu Haufen und schimpfte und fluchte laut vor sich hin. Dabei benutzte er Wörter, die Mia und Felix nie sagen durften:

„Dieser Sch… maulwurf! Jetzt macht er mir wieder den ganzen Rasen kaputt. Eine verdammte Ewigkeit habe ich daran gearbeitet, dass er wieder so schön wird, wie er vorher war. Und jetzt kommt dieses Mistviech und macht meine ganze Arbeit zunichte. Aber so nicht mein Lieber. Damit kommst du mir nicht durch. Ich nehme den Kampf mit dir auf!“

Felix und Mia sahen sich nur an, rollten mit den Augen und mussten klammheimlich ein bisschen über ihren Vater lachen: Versuchte der etwa wirklich mit einem Maulwurf zu sprechen und ihm Angst zu machen? Bisher hatten Papas Versuche, den Maulwurf zu vertreiben jedenfalls wenig Erfolg. Was hatte er nicht schon alles versucht:

Einmal hatte er sein großes Radio geholt und es neben einen Maulwurfshaufen gestellt. Dann stellte er einen Sender mit Marschmusik ein, drehte so laut auf, wie es ging und grinste siegessicher.

„Na, wie gefällt dir das?“, murmelte er dabei vor sich hin.

Das Radio wurde im Laufe des Tages von Haufen zu Haufen weitergerückt, denn ein Nachbar hatte Papa verraten, dass Maulwürfe sehr geräuschempfindlich wären. Aber die einzigen, die sich wirklich von der Musik gestört fühlten, waren Mia, Felix und ihre Mama. Am Ende des Tages hielten sich alle drei die Ohren zu und maulten:

„Mach endlich diese grässliche Musik aus. Das will doch keiner hören – dazu muss man gar kein Maulwurf sein.“

Der Maulwurf aber blieb.

Ein anderes Mal lief er mit einer kleinen, bunten Tüte von Haufen zu Haufen und steckte in jeden etwas hinein. Als Mia und Felix das sahen, kamen sie herausgelaufen, um zu sehen, was er dort trieb. Diese Methode gefiel ihnen auf jeden Fall besser, als das Radio mit der Marschmusik, denn ihr Vater verteilte Gummibärchen und Lakritze in allen Maulwurfshügeln!

Ein Arbeitskollege von Papa meinte, das würde den Maulwurf todsicher vertreiben, denn sie würden den Geruch von Lakritze und Gummibärchen überhaupt nicht mögen. Felix und Mia warfen sich einen vielsagenden Blick zu. Und als Papa mit seiner Gummibärchen-Lakritz-Verteil-Aktion fertig und zufrieden ins Haus gegangen war, liefen sie von Hügel zu Hügel und nahmen sich aus jedem ein Teilchen heraus. Wirklich – immer nur ein Teilchen! Sonst hätte Papa vielleicht noch was gemerkt.

Die stibitzten Leckereien wuschen sie klammheimlich mit Wasser ab, gingen in ihre Höhle im Koniferenbusch und naschten Papas Maulwurf-Vertreibe-Süßigkeiten einfach auf. Die restlichen Süßigkeiten waren am nächsten Tag auch verschwunden, wie Herr Baumgarten herausfand, als er jeden Maulwurfshügel überprüfte. Der Maulwurf hingegen war immer noch da. Ihm schmeckten Lakritze und Gummibärchen anscheinend richtig gut, denn er blieb noch den ganzen Sommer und schien darauf zu warten, noch einmal so leckere Dinge direkt in seinen Bau geliefert zu bekommen.

Ein anderes Mal beobachteten Felix und Mia, wie ihr Vater sich seine Holzschuhe anzog, die er aus einem Hollandurlaub mitgebracht hatte. Damit ging er nach draußen und fing an, eine Art Indianertanz zwischen den Maulwurfshügeln aufzuführen.

Das sah so lustig aus, dass Mia und Felix laut loslachen mussten. Als Papa das hörte, wandte er sich ärgerlich zu ihnen um.

„Was lacht ihr denn so? Tante Gertrud hat mir erzählt, dass Maulwürfe weder Lärm, noch starke Erschütterungen mögen.“

In einem waren Felix und Mia sich jedenfalls einig: Falls der Maulwurf nach dieser Vorführung tatsächlich verschwunden sein sollte, dann höchstens, weil er sich bei Papas Anblick totgelacht hatte.

Gegen Ende des Jahres war der Maulwurf tatsächlich meist verschwunden. Das lag aber wohl eher daran, dass er es sich dann tiefer in der Erde gemütlich machte, wenn es draußen langsam kalt wurde. So hatte Felix es jedenfalls einmal in einem Tierlexikon nachgelesen. Er hatte das auch seinem Vater gezeigt. Aber der wollte davon nichts wissen und war sich sicher, dass seine Maulwurf-Vertreibe-Aktionen den Maulwurf verscheucht hätten. Und so ging das Spiel jedes Jahr von Neuem los.

Dieses Jahr probierte Herr Baumgarten wieder etwas Neues: Er hatte sich ein paar Maulwurfsfallen im Gartencenter gekauft. Felix und Mia machten große Augen, als ihr Vater zuhause am Küchentisch die käfigähnlichen Ungetüme auspackte und sich voller Vorfreude die Hände rieb.

„Dieses Jahr entkommst du mir nicht, mein Lieber“, murmelte er dabei vor sich hin.

„Was hast du denn damit vor?“, wollte Felix wissen.

„Na, den Maulwurf fangen natürlich. Dieses Jahr werden wir uns von Angesicht zu Angesicht in die Augen blicken. Der Maulwurf und ich.“

„Die Augen von Maulwürfen sind fast vollständig im Fell verborgen. Sie können nur hell und dunkel unterscheiden“, entgegnete ihm Felix trocken. Das hatte er auch in seinem Tierlexikon gelesen. Schließlich war er schon acht Jahre alt und wusste fast alles über Tiere. Das war sein Spezialgebiet.

Mia, die erst fünf Jahre alt war und noch nicht lesen konnte, sah ihren großen Bruder bewundernd an. Sie machte ein wichtiges Gesicht, nickte heftig und sagte:

„Genau - so ist es.“

Herr Baumgarten guckte etwas verdutzt und knurrte dann ärgerlich:

„Na, ist ja auch egal, ob er sehen kann oder nicht. Jedenfalls werde ich ihn dieses Jahr fangen. Und dann ist ein für alle Mal Schluss damit, mir meinen schönen Rasen zu zerstören.“

„Und wie willst du das machen?“, fragte Mia mit einem prüfenden Blick. „Meinst du, der Maulwurf ist so dumm, einfach in so eine Falle hineinzukriechen?“

Herr Baumgarten antwortete: „Der Verkäufer im Gartencenter hat mir verraten, dass Maulwürfe Schokolade über alles lieben. Also werde ich einfach ein Stückchen in jede Falle legen, der Maulwurf riecht sie, kriecht hinein, löst den Mechanismus aus, und zack - geht die Klappe vorne zu.“

Felix sah nachdenklich aus.

„Also Maulwürfe können tatsächlich sehr gut riechen. Soweit könnte es funktionieren. Aber nach allem, was ich weiß, lieben Maulwürfe Regenwürmer und Insekten – aber keine Schokolade.“

Mia trat ihrem großen Bruder unter dem Küchentisch ans Bein. Felix sah wütend zu ihr herüber, aber Mia gab ihm mit Blicken zu verstehen, dass er doch besser still sein solle. Felix verstand, was seine schlaue, kleine Schwester ihm sagen wollte. Sollte Papa es doch ruhig mit Schokolade versuchen. So wie sie sich das eine Mal Gummibärchen und Lakritze geholt hatten, könnten sie es doch in diesem Jahr mit der Schokolade machen. Aber ihr Vater ging sowieso nicht auf Felix’ Einwand mit den Regenwürmern ein.

„Der Verkäufer im Gartencenter ist ein Fachmann. Er wird schon wissen, was zu tun ist.“ Und damit fuhr er fort, die Fallen mit Schokolade zu bestücken. Die Geschwister sahen dabei voller Vorfreude zu, als sie sich ausmalten, wie sie sich heimlich die Schokolade holen würden. Doch es sollte anders kommen.

Als Felix mittags aus der Schule kam, wartete Mia schon aufgeregt in der Koniferenhöhle auf ihn. In diesem riesigen, dichten Busch, war an der Rückseite ein Loch, gerade groß genug für ein Kind. Dahinter verbarg sich eine kleine Höhle. Das war ihr geheimer Treffpunkt im Garten. Auch wenn sie sich sonst ziemlich oft stritten – in der Höhle herrschte Frieden. Denn hier schmiedeten sie immer gemeinsame Pläne, von denen die Erwachsenen nichts wissen durften.

„Wo bleibst du denn nur?“, fragte Mia ungeduldig.

„Na, zur Schule muss ich nun mal gehen“, erwiderte ihr großer Bruder. „Hast du dir schon was überlegt?“

„Natürlich habe ich mir etwas überlegt“, antwortete Mia. „Mama hat gesagt, dass sie gleich noch zum Bäcker muss. Sie hat mich gefragt, ob ich mit will. Aber ich habe gesagt, dass ich lieber bei dir bleiben möchte, um dir bei den Hausaufgaben zu helfen.“

Mia sah sehr stolz auf sich aus. Felix machte große Augen.

„Und das hat sie dir geglaubt?“

„Na klar, hat sie mir das geglaubt“, antwortete Mia empört. „Sie weiß schließlich, wie schlau ich bin.“ Jetzt musste Felix ein bisschen grinsen, aber er versuchte, es vor seiner kleinen Schwester zu verbergen. Sie war nämlich sowieso schon sehr wütend darüber, dass sie noch ein ganzes Jahr warten musste, bis sie endlich in die Schule gehen durfte, weil sie erst fünf Jahre alt war. Jeden Morgen schaute sie Felix sehnsüchtig hinterher, wenn er seinen Ranzen aufsetzte und sich auf den Schulweg machte.

„Das ist ungerecht: Wieso dürfen nur Sechsjährige in die Schule gehen und lesen lernen. Ich bin zwar erst fünf, aber schon genauso schlau wie sechs!“, maulte sie dann immer. Und ihre Mutter sagte dann jeden Morgen:

„Ach Mia-Maus, natürlich bist du so schlau wie sechs. Vielleicht sogar schon wie sieben. Aber zur Schule darf man eben erst mit sechs.“

Felix konnte sich denken, dass seine Mutter Mia in dem Glauben gelassen hatte, ihm bei den Hausaufgaben helfen zu können, damit sie nicht wieder wütend wurde.

„Okay: Mama fährt gleich zum Bäcker, Papa ist noch auf der Arbeit. Perfekt!“, fasste Felix zusammen. „Aber wir müssen uns beeilen, denn beim Bäcker dauert es ja nicht so lange. Wir müssen fertig sein, bevor Mama zurück kommt.“

In diesem Moment rief ihre Mutter:

„Felix!, Mia! Ich fahr mal eben los zum Bäcker. Ich bin in ein paar Minuten wieder zurück. Streitet euch nicht, ja?“

„Alles klar, Mama! Bis gleich“, antworteten die beiden wie aus einem Mund mit ihren allerliebsten Brave-Kinder-Stimmen.

Kaum, dass sie das Auto ihrer Mutter um die Ecke biegen sahen, liefen Felix und Mia durch den Garten und holten vorsichtig eine Falle nach der anderen aus der Erde. Ihr Vater war großzügig mit der Schokolade gewesen. Da würde es gar nicht auffallen, wenn sie sich immer ein kleines Stückchen abbrechen und die Fallen dann wieder an ihren Platz stecken würden. Wie Felix schon vermutet hatte, war der Maulwurf in keiner der Fallen zu finden. Schokolade war eindeutig nicht sein Lieblingsessen.

Aber als die beiden Kinder gerade beim letzten Maulwurfshügel angelangt waren, hörten sie ein eigenartiges Geräusch. Zuerst dachten die beiden, es sei doch ein Maulwurf oder irgendein anderes Tier. Sie glaubten, ein Fiepen zu hören. Aber dann konnten sie etwas verstehen: Es war, als ob jemand mit ganz hoher und piepsiger Stimme „Hilfe“ riefe. Die Kinder sahen sich mit großen, ungläubigen Augen an. Mia sagte zu ihrem großen Bruder:

„Los, hol die Falle raus. Da muss irgendwas drin sein.“

Aber Felix schüttelte den Kopf und sagte schnell:

„Ich trau mich nicht. Mach du das!“

Mia atmete noch einmal tief ein, dann streckte sie ihren kleinen Arm aus und griff vorsichtig mit der Hand in den Eingang des Maulwurfhügels. Sie bekam die Falle zu fassen und zog sie vorsichtig heraus.

Was sie darin sahen, machte sie sprachlos. In der Falle saß kein Tier, wie sie vermutet hatten, sondern eine Art kleines Männchen oder besser gesagt ein Junge. Jedenfalls sah er aus wie ein Junge, nur viel, viel kleiner. Er war nur etwa so groß wie eine Maus. Dann konnten die beiden Kinder eindeutig verstehen, wie dieser winzige Junge mit seiner Piepsstimme schimpfte:

„Was starrt ihr mich denn so an? Habt ihr noch nie einen Gartenwichtel gesehen, oder was? Helft mir lieber hier raus!“

Mia und Felix waren immer noch wie erstarrt bis das Männchen wieder losschimpfte.

„Hallo? Könnt ihr nicht hören und sprechen oder wo liegt das Problem? Es macht nämlich überhaupt keinen Spaß hier drin herumzusitzen. Also wäre es prima, wenn ihr mal aufmacht, damit ich raus kann!“

Mia fand als erste ihre Sprache wieder.