Die Zeitmaschine - H. G. Wells - E-Book

Die Zeitmaschine E-Book

H G Wells

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Beschreibung

Ein Mann macht sich auf den Weg in die Zukunft. Er trifft auf eine Menschheit, die sich in eine unterirdische und eine oberirdische Rasse aufgespalten hat. Sie stehen einander feindlich gegenüber. Die Zeitmaschine steckt voller Spannung und Gesellschaftskritik – und beschreibt als erster Roman überhaupt eine Zeitreise.

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Seitenzahl: 173

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H. G. Wells

Die Zeitmaschine

Eine Erfindung

Aus dem Englischen übersetzt von Hans-Christian Oeser

Reclam

Englischer Originaltitel: The Time Machine. An Invention.

 

RECLAM TASCHENBUCH Nr. 962276

2024 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Covergestaltung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH

Coverabbildung: »Dial viktorianische Uhr im Stil von Big Ben«. – © shutterstock.com / PGMart. »Vektorgrafik einer Uhr, umgeben von mechanischen Teilen und Wrap-Feiertagsbanner, schwarz-weiß« – © shutterstock.com / marrishuanna.

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2024

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

ISBN978-3-15-962276-7

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-014429-9

www.reclam.de

Inhalt

Einführung

Die Maschine

Der Zeitreisende kehrt zurück

Die Reise durch die Zeit

Im Goldenen Zeitalter

Der Sonnenuntergang der Menschheit

Ein jäher Schock

Erklärung

Die Morlocks

Als die Nacht kam

Der Palast aus grünem Porzellan

Im Dunkeln

Die Falle der Weißen Sphinx

Noch eine Vision

Die Rückkehr des Zeitreisenden

Nach der Erzählung

Epilog

Zu dieser Ausgabe

Anmerkungen

Nachbemerkung

Zeittafel

Für William Ernest Henley

I

Einführung

Der Zeitreisende (denn so wollen wir ihn der Einfachheit halber nennen) setzte uns eine kaum begreifliche Angelegenheit auseinander. Seine grauen Augen funkelten und blitzten, und sein sonst so blasses Gesicht war lebhaft gerötet. Das Kaminfeuer loderte hell, und auf die Bläschen, die in unseren Gläsern perlten und verflogen, fiel der sanfte Schein der Glühfadenlampen in ihren lilienförmigen Schirmen aus Silber. Unsere Sessel, die nach seinem Entwurf gefertigt waren, umfingen und liebkosten uns eher, als dass wir in ihnen saßen, und es herrschte jene behagliche Atmosphäre nach Tisch, da die Gedanken anmutig dahinlaufen, frei von den Fesseln der Präzision. Und er legte es uns so dar – wobei er seine Argumente mit schlankem Zeigefinger unterstrich –, während wir dasaßen und in Anbetracht des neuen Paradoxons (denn dafür hielten wir es) träge seinen Ernst und seinen Erfindungsreichtum bewunderten.

»Sie müssen mir aufmerksam folgen. Ein oder zwei nahezu universell akzeptierte Ideen werde ich in Zweifel ziehen müssen. Die Geometrie zum Beispiel, die man Ihnen in der Schule beigebracht hat, beruht auf einer Fehlannahme.«

»Mit einer so großen Sache zu beginnen – ist das nicht ein bisschen viel verlangt?«, fragte Filby, eine streitlustige Person mit roten Haaren.

»Ich werde Sie nicht auffordern, irgendetwas zu akzeptieren, wofür es keinen vernünftigen Grund gibt. Bald werden Sie mir so viel zugestehen, wie ich von Ihnen benötige. Natürlich wissen Sie, dass eine mathematische Linie, eine Linie der Stärke null, keine reale Existenz besitzt. So hat man es Ihnen doch beigebracht? Ebenso wenig eine mathematische Ebene. Derlei Dinge sind reine Abstraktionen.«

»Das stimmt«, sagte der Psychologe.

»Auch einem Würfel, der nur Länge, Breite, Höhe hat, kommt keine reale Existenz zu.«

»Da muss ich widersprechen«, sagte Filby. »Natürlich kann ein fester Körper existieren. Alle realen Gegenstände –«

»So denken die meisten Menschen. Aber warten Sie einen Augenblick. Existiert ein nur momentaner Würfel?«

»Ich kann Ihnen nicht folgen«, sagte Filby.

»Kommt einem Würfel, der keine Zeitdauer hat, reale Existenz zu?«

Filby wurde nachdenklich. »Offensichtlich«, fuhr der Zeitreisende fort, »muss sich jeder reale Körper in vier Richtungen ausdehnen: Er muss Länge, Breite, Höhe haben und – Dauer. Doch aufgrund einer naturbedingten Schwäche des Fleisches, die ich Ihnen gleich erläutern werde, neigen wir dazu, diesen Sachverhalt zu übersehen. Tatsächlich gibt es vier Dimensionen: drei, die wir die Ebenen des Raumes nennen, und eine vierte, die Zeit. Allerdings haben wir den Hang, zwischen den ersten drei Dimensionen und letzterer eine irreale Unterscheidung vorzunehmen, weil sich entlang letzterer unser Bewusstsein vom Anfang bis zum Ende unseres Lebens mit kleinen Unterbrechungen nur in eine Richtung fortbewegt.«

»Das«, sagte ein sehr junger Mann, der krampfhaft bemüht war, seine Zigarre an der Öllampe zu entzünden, »das … ist in der Tat offensichtlich.«

»Nun, es ist höchst bemerkenswert, dass dies so weithin übersehen wird«, fuhr der Zeitreisende mit einem leisen Anflug von Heiterkeit fort. »Eigentlich ist genau dies mit vierter Dimension gemeint, auch wenn einige Leute, die von vierter Dimension reden, nicht wissen, dass sie genau dies meinen. Es ist nur eine andere Art, die Zeit zu betrachten. Zwischen der Zeit und den drei Dimensionen des Raumes gibt es keinen Unterschied, außer dass sich unser Bewusstsein entlang der Zeitachse bewegt. Einige törichte Menschen haben diese Idee jedoch gründlich missverstanden. Ihnen allen ist bekannt, was sie über die vierte Dimension zu sagen haben?«

»Mir nicht«, sagte der Bürgermeister aus der Provinz.

»Es ist schlichtweg so: Der Raum, so wie unsere Mathematiker ihn verstehen, hat drei Dimensionen, die man Länge, Breite, Höhe nennen kann, und ist stets durch drei Ebenen definierbar, die in rechtem Winkel zueinander stehen. Einige philosophische Köpfe jedoch haben sich gefragt: Weshalb gerade drei Dimensionen? Weshalb nicht eine weitere Richtung, jeweils in rechtem Winkel zu den anderen drei? Sie haben sogar versucht, eine vierdimensionale Geometrie zu konstruieren. Erst vor etwa einem Monat hat Professor Simon Newcomb der New Yorker Mathematischen Gesellschaft eine solche Theorie vorgelegt. Sie wissen, dass sich auf einer ebenen Fläche, die nur zwei Dimensionen hat, die Gestalt eines dreidimensionalen Körpers abbilden lässt. In ähnlicher Weise glaubt man, mittels dreidimensionaler Modelle ein vierdimensionales abbilden zu können – sofern man die Perspektive meistert. Verstehen Sie?«

»Ich glaube schon«, murmelte der Bürgermeister aus der Provinz, runzelte die Stirn und versank in Nachdenken, wobei seine Lippen sich bewegten wie bei einem, der mystische Worte wiederholt. »Ja, ich glaube, jetzt verstehe ich«, sagte er nach einiger Zeit, und seine Miene hellte sich vorübergehend auf.

»Nun, ich will Ihnen nicht vorenthalten, dass ich seit einiger Zeit an einer solchen Geometrie der vier Dimensionen arbeite. Einige meiner Ergebnisse sind kurios. Hier zum Beispiel haben wir das Porträt eines Menschen im Alter von acht Jahren, ein anderes mit fünfzehn, ein drittes mit siebzehn, wieder ein anderes mit dreiundzwanzig und so weiter. Offensichtlich handelt es sich bei all diesen gewissermaßen um Ausschnitte, um dreidimensionale Abbildungen seines vierdimensionalen Wesens, welches eine feste und unveränderliche Größe ist.«

»Die Wissenschaftler«, fuhr der Zeitreisende nach einer Pause fort, die erforderlich war, um die Information verarbeiten zu können, »wissen sehr wohl, dass die Zeit nur eine Art Raum ist. Hier haben wir ein populärwissenschaftliches Diagramm, eine Wetteraufzeichnung. Die Linie, die ich mit meinem Finger nachzeichne, zeigt die Bewegung des Barometers an. Gestern stand es soundso hoch, gestern Abend fiel es, heute Morgen stieg es wieder, und gemächlich immer höher bis hierher. Das Quecksilber hat diese Linie nicht in einer der allgemein anerkannten Raumdimensionen nachgezeichnet, richtig? Und doch hat es eine solche Linie nachgezeichnet, und so müssen wir schließen, dass diese Linie entlang der Zeitachse verlief.«

»Aber«, sagte der Mediziner und starrte angestrengt auf ein Stück Kohle im Feuer, »wenn die Zeit tatsächlich nur die vierte Dimension des Raumes ist, weshalb wird sie dann als etwas gänzlich anderes aufgefasst und ist schon immer so aufgefasst worden? Und weshalb können wir uns in der Zeit nicht genauso bewegen wie in den anderen Dimensionen des Raumes?«

Der Zeitreisende lächelte. »Sind Sie sicher, dass wir uns im Raum frei bewegen können? Wir können nach rechts und nach links gehen, uns ziemlich frei vor und zurück bewegen, das haben die Menschen schon immer getan. Ich gebe also zu: In zwei Dimensionen bewegen wir uns frei. Doch was ist mit auf und ab? Da schränkt uns die Schwerkraft ein.«

»Nicht ganz«, sagte der Mediziner. »Es gibt Ballons.«

»Aber vor den Ballons hatten die Menschen, abgesehen von sporadischen Sprüngen und Unebenheiten der Oberfläche, nicht die Freiheit, sich senkrecht zu bewegen.«

»Dennoch, ein wenig konnten sie sich auf und ab bewegen«, sagte der Mediziner.

»Leichter, viel leichter ab als auf.«

»Und in der Zeit können Sie sich überhaupt nicht bewegen; aus dem gegenwärtigen Augenblick können Sie sich nicht entfernen.«

»Mein lieber Sir, genau da irren Sie. Genau da hat die ganze Welt geirrt. Wir entfernen uns unentwegt aus dem gegenwärtigen Augenblick. Von der Wiege bis zur Bahre bewegt sich unsere geistige Existenz, die immateriell ist und keinerlei Dimensionen kennt, mit gleichbleibender Geschwindigkeit entlang der Zeitachse. So wie wir abwärts reisen könnten, wenn wir unser Dasein achtzig Kilometer über der Erdoberfläche beginnen würden.«

»Aber die große Schwierigkeit ist die«, unterbrach ihn der Psychologe. »Im Raum können Sie sich in alle Richtungen bewegen, in der Zeit jedoch können Sie sich nicht bewegen.«

»Das ist die Keimzelle meiner großen Entdeckung. Aber Sie irren, wenn Sie sagen, dass wir uns in der Zeit nicht bewegen können. Wenn ich mich zum Beispiel sehr lebhaft an eine Begebenheit erinnere, gehe ich zurück zu dem Zeitpunkt, da sie sich ereignete. Ich bin, wie man sagt, geistig abwesend. Für einen Moment springe ich zurück. Natürlich haben wir nicht die Möglichkeit, beliebig lange zu verweilen, genauso wenig wie ein Wilder oder ein Tier die Möglichkeit hat, zwei Meter über dem Erdboden zu verweilen. Doch in dieser Hinsicht ist ein zivilisierter Mensch besser dran als der Wilde. Er kann entgegen der Schwerkraft in einem Ballon aufsteigen, und warum sollte er nicht hoffen, irgendwann einmal imstande zu sein, seine Schwebefahrt entlang der Zeitachse anzuhalten oder zu beschleunigen oder gar umzukehren und in die entgegengesetzte Richtung zu reisen?«

»Oh«, setzte Filby an, »das ist –«

»Warum nicht?«, fragte der Zeitreisende.

»Das ist gegen die Vernunft«, sagte Filby.

»Gegen welche Vernunft?«, fragte der Zeitreisende.

»Sie können mir mit Argumenten beweisen, dass Schwarz und Weiß dasselbe sind«, sagte Filby, »aber überzeugen werden Sie mich nie.«

»Möglicherweise nicht«, sagte der Zeitreisende. »Doch jetzt verstehen Sie den Zweck meiner Untersuchungen zur Geometrie der vier Dimensionen. Schon vor langer Zeit hatte ich eine ungenaue Vorstellung von einer Maschine –«

»Um mit ihr durch die Zeit zu reisen!«, rief der sehr junge Mann aus.

»Die sich unterschiedslos in jede Richtung von Raum und Zeit bewegt, ganz wie der Fahrer es beschließt.«

Filby begnügte sich mit Gelächter.

»Aber ich habe den experimentellen Nachweis erbracht«, sagte der Zeitreisende.

»Für den Historiker wäre es außergewöhnlich hilfreich«, meinte der Psychologe. »Man könnte beispielsweise zurückreisen und die allgemein anerkannten Berichte über die Schlacht bei Hastings überprüfen!«

»Glauben Sie nicht, Sie würden Aufmerksamkeit erregen?«, fragte der Mediziner. »Für Anachronismen brachten unsere Vorfahren kein großes Verständnis auf.«

»Man könnte sein Griechisch aus dem Munde Homers und Platons lernen«, sagte der sehr junge Mann.

»In diesem Fall würde man Sie gewiss durch die Zwischenprüfung fallen lassen. Deutsche Gelehrte haben das Griechische ja ungemein verbessert.«

»Und dann ist da auch noch die Zukunft«, sagte der sehr junge Mann. »Denken Sie nur! Man könnte all sein Geld investieren, die Zinsen anlaufen lassen und vorauseilen!«

»Um eine Gesellschaft zu entdecken«, sagte ich, »die auf streng kommunistischer Grundlage aufgebaut ist.«

»Von allen wilden, überspannten Theorien –«, begann der Psychologe.

»Ja, so kam es mir vor, und deshalb habe ich nie davon gesprochen, bis –«

»Bis zum experimentellen Nachweis!«, rief ich. »Das wollen Sie nachweisen?«

»Das Experiment!«, rief Filby, der allmählich hirnmüde wurde.

»So zeigen Sie uns doch Ihr Experiment«, sagte der Psychologe, »auch wenn das alles Unfug ist, wissen Sie.«

Der Zeitreisende lächelte uns zu. Dann ging er, noch immer schwach lächelnd und die Hände tief in den Hosentaschen, langsam aus dem Zimmer, und wir hörten ihn in seinen Pantoffeln durch den langen Korridor zu seinem Labor schlurfen.

Der Psychologe sah uns an. »Ich frage mich, was er da wohl hat?«

»Irgendeinen Taschenspielertrick«, sagte der Mediziner, und Filby wollte uns von einem Zauberkünstler erzählen, den er in Burslem gesehen hatte; doch noch ehe er seine Vorrede beenden konnte, kehrte der Zeitreisende zurück, und Filbys Anekdote sank in sich zusammen.

II

Die Maschine

Das Gerät, das der Zeitreisende in der Hand hielt, war ein glitzernder Metallrahmen, kaum größer als eine kleine Uhr und äußerst fein gearbeitet. Es enthielt Elfenbein und eine durchsichtige kristalline Substanz. Und jetzt muss ich mich klar ausdrücken, denn was nun folgt – es sei denn, man akzeptiert seine Erklärung –, ist etwas schlichtweg Unerklärliches. Der Zeitreisende nahm einen der kleinen achteckigen Tische, die im Raum verstreut standen, und stellte ihn mit zwei Beinen auf den Kaminvorleger vor dem Feuer. Sein Gerät stellte er auf diesen Tisch. Dann zog er einen Stuhl heran und setzte sich. Der einzige andere Gegenstand auf dem Tisch war eine kleine Schirmlampe, deren helles Licht auf das Modell fiel. Außerdem gab es ein gutes Dutzend Kerzen, zwei in Messingleuchtern auf dem Kaminsims und mehrere in Wandleuchtern, so dass der Raum prächtig erhellt war. Ich saß in einem niedrigen Sessel, dem Feuer am nächsten, und rückte ihn so weit nach vorn, dass ich mich fast zwischen dem Zeitreisenden und dem Kamin befand. Filby saß hinter ihm und schaute ihm über die Schulter. Der Mediziner und der Bürgermeister aus der Provinz behielten ihn von rechts im Auge, der Psychologe von links. Hinter dem Psychologen stand der sehr junge Mann. Wir alle waren auf der Hut. Es scheint mir undenkbar, dass man uns unter diesen Umständen einen Streich spielen konnte, und sei er noch so raffiniert erdacht und geschickt ausgeführt.

Der Zeitreisende blickte erst uns, dann die Vorrichtung an. »Nun?«, sagte der Psychologe.

»Dieses kleine Ding«, sagte der Zeitreisende, indem er sich mit den Ellbogen auf den Tisch stützte und die Hände über dem Gerät zusammenpresste, »ist nur ein Modell. Es ist mein Entwurf für eine Maschine, mit der man durch die Zeit reist. Sie werden bemerken, dass es eigentümlich krumm aussieht und die Stange hier so sonderbar funkelt, als sei sie irgendwie unwirklich.« Mit dem Finger deutete er auf das betreffende Teil. »Und hier ist ein kleiner weißer Hebel, und dort noch einer.«

Der Mediziner erhob sich aus seinem Sessel und spähte in das Gerät. »Es ist wundervoll gearbeitet«, sagte er.

»Ich habe zwei Jahre dafür gebraucht«, erwiderte der Zeitreisende. Dann, als wir es dem Mediziner nachgetan hatten, sagte er: »Ich möchte, dass Sie sich über eines im Klaren sind: Drückt man diesen Hebel, gleitet die Maschine in die Zukunft; mit dem anderen kehrt man die Bewegungsrichtung um. Dieser Sattel ist der Sitz eines Zeitreisenden. Sogleich werde ich den Hebel drücken, und die Maschine wird sich in Bewegung setzen. Sie wird abheben, in die zukünftige Zeit reisen und verschwinden. Schauen Sie sich das Ding gründlich an. Schauen Sie sich auch den Tisch an und überzeugen Sie sich, dass kein Betrug vorliegt. Ich möchte das Modell nicht opfern und mir dann nachsagen lassen, ich sei ein Scharlatan.«

Es entstand eine Pause von vielleicht einer Minute. Der Psychologe schien mit mir reden zu wollen, besann sich aber anders. Dann streckte der Zeitreisende seinen Zeigefinger in Richtung Hebel. »Nein«, sagte er plötzlich. »Geben Sie mir Ihre Hand.« Er wandte sich zu dem Psychologen, ergriff dessen Hand und forderte ihn auf, seinen Zeigefinger auszustrecken. Und so war es der Psychologe selbst, der das Modell der Zeitmaschine auf seine unendliche Reise schickte. Wir alle sahen, wie er den Hebel betätigte. Ich bin mir absolut sicher, dass kein Betrug vorlag. Es entstand ein Windhauch, und die Flamme der Lampe flackerte auf. Eine der Kerzen auf dem Kaminsims erlosch, und plötzlich schwang die kleine Maschine herum, verschwamm, war etwa eine Sekunde lang nur noch schemenhaft zu sehen, als ein Wirbel aus schwach glitzerndem Messing und Elfenbein; dann war sie fort – verschwunden! Bis auf die Lampe war der Tisch leer.

Alle schwiegen eine Minute lang. Dann sagte Filby, er fasse es nicht.

Der Psychologe löste sich aus seiner Erstarrung und spähte unter den Tisch. Daraufhin lachte der Zeitreisende fröhlich. »Nun?«, sagte er, die Frage des Psychologen aufnehmend. Dann erhob er sich, ging zum Tabakkrug auf dem Kaminsims, kehrte uns den Rücken zu und begann, seine Pfeife zu stopfen.

Wir starrten einander an. »Hören Sie«, sagte der Mediziner, »ist das Ihr Ernst? Glauben Sie im Ernst, die Maschine ist durch die Zeit gereist?«

»Gewiss«, sagte der Zeitreisende und bückte sich zum Kaminfeuer, um einen Fidibus zu entzünden. Dann drehte er sich um, steckte sich seine Pfeife an und blickte dem Psychologen ins Gesicht. (Um zu zeigen, dass er die Fassung bewahrte, griff der Psychologe nach einer Zigarre und versuchte, sie unangeschnitten anzuzünden.) »Mehr noch, dort drüben« – er deutete in Richtung Labor – »habe ich eine fast fertige große Maschine stehen, und wenn die zusammengebaut ist, gedenke ich, selbst eine Reise zu unternehmen.«

»Wollen Sie damit sagen, die Maschine ist in die Zukunft gereist?«, fragte Filby.

»In die Zukunft oder in die Vergangenheit – wohin genau, weiß ich nicht.«

Nach einer Pause hatte der Psychologe eine Eingebung. »Wenn sie überhaupt irgendwohin gereist ist, muss sie in die Vergangenheit gereist sein«, sagte er.

»Wieso?«, fragte der Zeitreisende.

»Weil ich annehme, dass sie sich im Raum nicht bewegt hat, und wenn sie in die Zukunft gereist wäre, wäre sie die ganze Zeit noch hier, da sie durch das Hier und Jetzt gereist sein muss.«

»Aber«, sagte ich, »wenn sie in die Vergangenheit gereist wäre, hätten wir sie doch schon gesehen, als wir dieses Zimmer zum ersten Mal betraten; und als wir am vergangenen Donnerstag hier waren; und am Donnerstag davor; und so weiter!«

»Ernstzunehmende Einwände«, bemerkte der Bürgermeister aus der Provinz mit unparteiischer Miene und wandte sich an den Zeitreisenden.

»Keineswegs«, sagte der Zeitreisende, und dann zum Psychologen: »Denken Sie mal nach. Sie können es erklären. Es handelt sich um einen Sinnesreiz unterhalb der Wahrnehmungsschwelle, Sie wissen schon, um einen abgeschwächten Sinnesreiz.«

»Natürlich«, sagte der Psychologe und beruhigte uns. »In der Psychologie eine ganz einfache Sache. Das hätte mir direkt einfallen müssen. Die Erklärung liegt auf der Hand und hilft auf wundersame Weise, das Paradoxon zu verstehen. Wir können die Maschine ebenso wenig wahrnehmen oder würdigen, wie wir die Speichen eines wirbelnden Rades oder eine durch die Luft sausende Gewehrkugel sehen können. Reist sie fünfzig- oder hundertmal schneller als wir durch die Zeit, durchläuft sie eine Minute, während wir eine Sekunde durchlaufen, so wird der Eindruck, den sie erzeugt, natürlich nur ein Fünfzigstel oder ein Hundertstel des Eindrucks ausmachen, den sie erzeugen würde, wenn sie nicht durch die Zeit reiste. Das ist offensichtlich.« Er fuhr mit der Hand durch die Luft, dort wo die Maschine gestanden hatte. »Sehen Sie?«, sagte er lachend.

Wir saßen da und starrten etwa eine Minute lang auf den leeren Tisch. Dann fragte uns der Zeitreisende, was wir von alledem hielten.

»Heute Abend klingt es recht einleuchtend«, sagte der Mediziner, »aber warten Sie bis morgen. Warten Sie auf den gesunden Menschenverstand am Morgen.«

»Möchten Sie die Zeitmaschine selbst in Augenschein nehmen?«, fragte der Zeitreisende. Und damit nahm er die Öllampe zur Hand und führte uns durch den langen, zugigen Korridor zu seinem Labor. Ich erinnere mich lebhaft an das flackernde Licht, an die Silhouette seines seltsam breiten Schädels, an den Tanz der Schatten, daran, wie wir ihm alle folgten, verblüfft, aber ungläubig, und wie wir dort im Labor eine größere Ausführung des kleinen Geräts erblickten, das vor unseren Augen verschwunden war. Einige Teile waren aus Nickel, andere aus Elfenbein; wieder andere zweifellos aus Bergkristall geschliffen oder geschnitten. Im Großen und Ganzen war das Ding fertiggestellt, nur die gekrümmten kristallinen Stangen lagen unvollendet neben einigen Blättern mit Zeichnungen auf der Werkbank, und ich hob eine davon auf, um sie mir genauer anzusehen. Sie schien aus Quarz zu sein.

»Hören Sie«, sagte der Mediziner, »ist das Ihr voller Ernst? Oder ist das ein Taschenspielertrick – so wie der Geist, den Sie uns vergangene Weihnachten gezeigt haben?«

»Auf dieser Maschine«, sagte der Zeitreisende und hielt die Lampe in die Höhe, »beabsichtige ich die Zeit zu erforschen. Ist das klar? In meinem ganzen Leben ist mir noch nie etwas so ernst gewesen.«

Keiner von uns wusste recht, was er davon halten sollte.

Über die Schulter des Mediziners hinweg fing ich Filbys Blick auf; er blinzelte mir feierlich zu.

III

Der Zeitreisende kehrt zurück

Ich denke, damals glaubte keiner von uns so recht an die Zeitmaschine. Tatsache ist, dass der Zeitreisende einer jener Männer war, die zu gescheit sind, als dass man ihnen glaubt. Nie hatte man das Gefühl, ihn zu durchschauen; hinter seiner klaren Offenheit argwöhnte man stets eine unterschwellige Reserviertheit, eine raffinierte Hinterhältigkeit. Hätte Filby das Modell vorgeführt und die Angelegenheit mit den Worten des Zeitreisenden erklärt, wir hätten ihm