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"Unsere Unterarme lagen so nah beieinander, hätten wir beide Gänsehaut bekommen, hätten sich die Spitzen unserer Haare berührt." Schon länger ist Franziska heimlich in ihren besten Freund Flo verliebt und sie schreibt alles auf, um mit der Situation zurechtzukommen. Auch ihre Sehnsucht nach einer zufälligen Berührung auf der Fahrt nach Italien. Gemeinsam mit ihren engsten Freunden verbringen sie den Sommer in einem Ferienhaus am Gardasee – es ist der letzte gemeinsame Sommer, bevor sich ihre Wege trennen werden. Mitten in der Unbeschwertheit des italienischen Sommers zieht ein Gewitter auf: Eifersucht und Zukunftsängste trüben die Urlaubsstimmung an den Abenden nach Tagen voller Sonne. In langen nachdenklichen Gesprächen über das, was war, und das, was wird, versuchen die Freunde, ihre widerstreitenden Gefühle zu verstehen.
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Veröffentlichungsjahr: 2015
Unsere Unterarme lagen so nah beieinander, hätten wir beide Gänsehaut bekommen, hätten sich die Spitzen unserer Haare berührt.
Schon länger ist Franziska heimlich in ihren besten Freund Flo verliebt und sie schreibt alles auf, um mit der Situation zurechtzukommen. Auch ihre Sehnsucht nach einer zufälligen Berührung auf der Fahrt nach Italien. Gemeinsam mit ihren engsten Freunden verbringen sie den Sommer in einem Ferienhaus am Gardasee – es ist der letzte gemeinsame Sommer, bevor sich ihre Wege trennen werden. Mitten in der Unbeschwertheit des italienischen Sommers zieht ein Gewitter auf: Eifersucht und Zukunftsängste trüben die Urlaubsstimmung an den Abenden nach Tagen voller Sonne. In langen nachdenklichen Gesprächen über das, was war, und das, was wird, versuchen die Freunde, ihre widerstreitenden Gefühle zu verstehen.
© privat
Heike Karen Gürtler, Jahrgang 1970, ist freiberufliche Grafikerin, Webdesignerin und lebt in München. Zwischendurch erlernte sie den Beruf des Mediengestalters, dem sie bis heute treu geblieben ist.
Chrissis Atem wurde langsamer und als ich sicher war, dass sie schlief, holte ich meine Taschenlampe und das Schmerzprotokoll aus meinem Rucksack.
Ich führte dieses Protokoll seit etwa drei Jahren. Es ging mir nicht um körperlichen Schmerz, sondern diesen zehrenden, nagenden Seelenschmerz, der einen alles andere vergessen lässt. Dieser Schmerz der Seele, der in der Lage ist, sich so in die Mitte deines Kopfes zu setzen und einen schwarzen Vorhang um sich zuzuziehen, dass alles andere ausgesperrt bleibt.
Oft waren es ganz banale Dinge, die ihn auslösten, wie beispielsweise die Frage: Warum antwortet er nicht auf meine Nachricht? Oder ein kleiner, toter Maulwurf am Wegesrand, dem jemand ein rosafarbenes Blümchen auf den kalten Körper gelegt hatte.
Irgendwann begann ich alles aufzuschreiben, was bei mir einen derartigen Schmerz auslöste, und für jeden Schmerz fand ich einen eigenen Namen.
2. August 2014:
Berührungserwartungsverlangen
Den ganzen Weg hierher, also fast vier Stunden lang, saß ich neben Flo und hoffte auf eine zu schnell genommene Kurve, die dazu führen würde, dass unsere nebeneinander liegenden Arme sich berührten. Die ausklappbare Lehne zwischen den Sitzen war doppelt so breit wie die in einem Kino. Vor jeder Kurve hielt ich mich verstohlen fest, damit ich mich seiner eventuellen Bewegung in meine Richtung entgegenhalten könnte. Unsere Unterarme lagen so nah beieinander, hätten wir beide Gänsehaut bekommen, hätten sich die Spitzen unserer Haare berührt. Doch es kam keine einzige scharfe Kurve und als wir hier eintrafen, tat mir der Arm richtig weh vor lauter steifem Stillhalten. Ich ging nach unserer Ankunft direkt ins Badezimmer und saß eine ganze Weile auf dem Rand der Wanne. Ich war so wütend. Auf alles und jeden. Und doch nur auf mich. Warum hatte ich nicht einfach meine Hand auf seine gelegt? Keiner der anderen hätte etwas gemerkt, wir saßenallein hinten. Doch stattdessen habe ich die ganzen verdammten vier Stunden damit verbracht, darauf zu warten, dass der Zufall das für mich erledigt. Oder Flo. Aber niemand hat etwas getan und nun werde ich noch mal mindestens genau so viele Stunden brauchen, bis es mich nicht mehr aufregt. Und dass der Zufall nichts für mich erledigt, das sollte ich doch wohl inzwischen kapiert haben.
[…]
Ganz zum Schluss blieben wir noch an einem Verkaufsstand hängen, der sich an meinem Lieblingsplatz befand: Der ovale Platz beherbergte mehrere Lokale, an einer Ecke waren wunderschöne Bilder einer einheimischen Künstlerin ausgestellt und in der Mitte gab es einen kleinen Brunnen unter einem dichten Baum.
Dieser Platz war für mich Italien pur. Es war immer etwas chaotisch, laut und trotzdem konnte man gar nicht anders, als sich sofort wohlzufühlen. Auf den winzigen Balkonen hing Wäsche, Mütter schrien nach ihren Kindern, jeder schien mit jedem zu reden und es fühlte sich einfach so lebendig an.
Der junge Verkäufer starrte auf Chrissis Beine und gab ihr einen ordentlichen Preisnachlass auf zwei identische Armbänder, die sie für uns kaufte.
„Hier, mein Schatz, für dich. Ich hoffe, es wird ganz lange halten und dich an mich erinnern“, sagte sie und befestigte das geflochtene Lederband an meinem Handgelenk.
Während die Luft um uns herum nur so vor Geschäftigkeit zu summen schien, nahm Chrissi mich in den Arm und wir standen da und versuchten, die Zeit ganz festzuhalten. Für einen Moment schien das auch zu gelingen. Ich hatte den Eindruck, dass plötzlich alles still stand, wir der Mittelpunkt der Erde waren und sich der Rest nur ganz langsam weiterdrehte. Die Geräusche waren gedämpft, als würde jemand der Welt den Mund zuhalten. Chrissis Arme um meinen Rücken hielten mich ganz fest, während ein paar Tränen sich gegen meinen Willen den Weg nach draußen erkämpften und auf ihre Schulter tropften.
Langsam nahm der Tumult um uns wieder an Lautstärke zu und ich hatte das Gefühl, von irgendwo zurückzukommen.
Chrissi ließ mich los und sah mir fest in die Augen. „Nicht weinen, Franzi. Kriegst du deine Tage?“
Grinsend gab ich ihr einen Schubs. Sie ärgerte mich gerne damit, dass ich immer, kurz bevor ich meine Tage bekam, schrecklich nah am Wasser gebaut war. Da konnte ich wirklich über alles heulen.
Wir setzten uns in eines der Cafés am Platz und tranken Cappuccino. Ich lehnte mich mit dem Kopf an die kühle Hauswand hinter mir und blickte nach oben. Kleine weiße Zuckerwattefetzen schwebten gemütlich über den Himmel. Es wehte nur ein laues Lüftchen, sicher würden Flo und Pascal jetzt fluchen, weil sie nicht genug Wind zum Surfen hatten.
„Wie es für dich wohl sein wird, ohne deine Eltern zu leben, was denkst du?“, fragte Chrissi.
Ich würde ab Semesterbeginn in Berlin Deutsche Literatur und Englisch studieren. Dort erwartete mich ein winziges Zimmer in einem Studentenwohnheim.
„Manchmal freue ich mich total, endlich meine Ruhe vor ihnen zu haben, aber es ist mir irgendwie auch unheimlich“, gestand ich.
„Ich würde diese Freiheit auch gerne haben. Sobald ich es mir irgendwie leisten kann, bin ich weg“, sagte Chrissi mit genervtem Blick.
Sie würde nicht genug verdienen während ihrer Ausbildung, um sich eine Wohnung leisten zu können, und ihre Eltern, die ja ganz andere Pläne für sie gehabt hatten, waren nicht bereit, ihr bei der Finanzierung zu helfen. Aber Chrissi hatte schon ein Angebot bekommen, am Wochenende in einem Club zu arbeiten. Mit dem zusätzlichen Geld würde es zumindest für ein WG-Zimmer reichen.
„Wenn du in dem Club arbeitest, dann zieh diese Hose an, ein etwas weiter ausgeschnittenes Oberteil und du wirst genug Trinkgeld bekommen“, sagte ich schmunzelnd. „Weißt du, worauf ich mich so richtig freue? Wenn ich zum ersten Mal Essen einkaufen gehe. Ich werde nur kaufen, worauf ich so richtig Lust habe! Und ganz viele Süßigkeiten! Und Limonade mit Zucker!“
„Hast du in deinem Zimmer eine Küche?“
„Eine kleine Kochnische mit zwei Platten, aber das reicht ja. Auch das Badezimmer sieht so winzig aus, als müsste man sich davor aus- und anziehen, aber das ist mir immer noch lieber, als mir eines mit anderen teilen zu müssen.“
Ich hatte das Zimmer bisher nur im Internet gesehen, daher war ich schon ein wenig nervös, wie es in echt wohl sein würde.
„Ich glaube, so plötzlich ohne meine Eltern zu leben, wird sich ein bisschen anfühlen, als würde man einer Marionette die Fäden durchschneiden. Am Anfang werde ich vor Freude über die Freiheit nur so herumhüpfen, aber dann werden Zeiten kommen, in denen ich mich nach den richtungsgebenden Fäden sehne.“
[…]
8. August 2014
Gefühlsstrahl
Wie kann ich sie nur abstellen, meine Sehnsucht? Warum werden gerade die Gefühle, die man nicht haben will, so groß und einnehmend? Wie aus einem undichten Wasserhahn läuft ständig ein bisschen etwas heraus, sodass ich stetig daran erinnert werde. Je weniger ich das will, umso größer wird der Strahl. Ich kann ihn sehen, hören und spüren. Manchmal sind es nur Spritzer auf meiner Haut und dann wieder ein hartes, schmerzhaftes Prasseln.
Das Glück scheint immer nur flüchtig zu sein, während der Schmerz lange und anhaltend bestehen bleibt. Das Eine kann es ohne das Andere nicht geben, aber die Waage steht ganz schön schief.
Ich will nicht Unmengen von Alkohol in mich hineinkippen, um ihn zu vergessen und mich amüsieren zu können. Da wird der Morgen danach ja nur noch schlimmer. Trotzdem ärgert es mich, dass ich es nicht geschafft habe, einen Abend lang Spaß zu haben.
Immer kleben die falschen Gedanken wie Spinnweben an mir fest und wenn ich versuche, sie zu verscheuchen, bleiben sie einfach nur an einer anderen Stelle hängen.
Gürtler, Heike Karen:
Dieser Sommer gehört noch uns (Leseprobe)
ISBN 978 3 522 68057 8
Einbandgestaltung: Suse Kopp
E-Book-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
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Wenn aus Trauer Hoffnung wird
Donna Freitas
Wie viel Leben passt in eine Tüte?
7,99 Euro • ab 13 Jahre
ISBN 978-3-522-63043-6
Ein iPod mit Liedern, ein Foto mit Pfingstrosen, ein Kristallherz, Buntstifte, ein Papierstern, ein Papierdrachen. Das alles befindet sich in der schlichten braunen Papiertüte mit der Aufschrift „Roses Survival Kit“, die Rose am Tag der Beerdigung ihrer Mutter findet. Es ist ein letztes Geschenk an Rose – und der Beginn einer Reise. Zögernd lässt Rose sich darauf ein. Jeder Gegenstand scheint sie dabei auf seltsame Art zu Will zu führen. Schon bald merkt sie, dass sie mehr für den zurückhaltenden Jungen empfindet. Doch dann geschieht etwas, das Roses und Wills aufkeimendes Glück tief erschüttert. Ob ihre Mutter ihr auch für diese Situation etwas hinterlassen hat?
Ein bewegender und doch leichtfüßiger Roman über den Schmerz des Abschiednehmens und den Zauber eines Neuanfangs.
Eine Leseprobe und weitere Infos zum Buch gibt es auf www.gabriel-verlag.de
Schäm dich niemals dafür, wen du liebst!
Benjamin Alire Sáenz
Aristoteles und Dante
14,99 Euro • ab 14 Jahre
ISBN 978-3-522-62113-7
Dante kann schwimmen. Ari nicht. Dante kann sich ausdrücken und ist selbstsicher. Ari fallen Worte schwer und er leidet an Selbstzweifeln. Dante geht auf in Poesie und Kunst. Ari verliert sich in Gedanken über seinen älteren Bruder, der im Gefängnis sitzt. Mit seiner offenen und einzigartigen Lebensansicht schafft es Dante, die Mauern einzureißen, die Ari um sich herum gebaut hat.
Ari und Dante werden Freunde. Sie teilen Bücher, Gedanken, Träume und lachen gemeinsam. Sie beginnen die Welt des jeweils anderen neu zu definieren. Und entdecken, dass das Universum ein großer und komplizierter Ort ist, an dem manchmal auch erhebliche Hindernisse überwunden werden müssen, um glücklich zu werden!
In atemberaubender Prosa erzählt Sáenz die Geschichte zweier Jungen, die Loyalität, Freundschaft, Vertrauen, Liebe – und andere kleine und große Geheimnisse des Universums entdecken.
Eine Leseprobe und weitere Infos zum Buch gibt es auf www.thienemann.de