Dr. Laurin 3 – Arztroman - Patricia Vandenberg - E-Book

Dr. Laurin 3 – Arztroman E-Book

Patricia Vandenberg

0,0

Beschreibung

Dr. Laurin ist ein beliebter Allgemeinmediziner und Gynäkologe. Bereits in jungen Jahren besitzt er eine umfassende chirurgische Erfahrung. Darüber hinaus ist er auf ganz natürliche Weise ein Seelenarzt für seine Patienten. Die großartige Schriftstellerin Patricia Vandenberg, die schon den berühmten Dr. Norden verfasste, hat mit den 200 Romanen Dr. Laurin ihr Meisterstück geschaffen. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. »Die Woche fängt ja gut an«, stöhnte Dr. Leon Laurin, als er die Prof. -Kayser-Klinik betrat. Man hatte ihn wegen einer komplizierten Geburt aus dem Bett geholt. Es war nicht das erste Kind, das Wilma Steffens zur Welt brachte. Schön regelmäßig, im Abstand von fünfzehn Monaten, hatte sie bereits zwei Kinder zur Welt gebracht. Zuerst wunschgemäß einen Sohn, dann ebenso erwünscht eine Tochter. Was das dritte werden würde, war ihr gleich, hatte sie dem jungen Arzt noch vor ein paar Tagen versichert. Frohgemut war sie zur Kontrolluntersuchung gegangen, und es gab keinen Anlaß zur Besorgnis. Nun war Dr. Laurin alarmiert worden, denn sie war in bewußtlosem Zustand gegen sechs Uhr morgens in die Klinik eingeliefert worden. Warum, war ihm völlig rätselhaft, denn sie war eine gesunde, kräftige und in keiner Weise labile Frau. Sie hatte sich mit ihrem Mann auf das Kind gefreut wie auf die beiden anderen auch. Die Ehe war glücklich, die finanziellen Verhältnisse geordnet. Armin Steffens war Abteilungsleiter in einer Maschinenfabrik und verdiente gut. Er wartete jetzt in einem Zustand maßloser Erregung im Wartezimmer, wie Schwester Laura Dr. Laurin berichtete, aber Leon hatte jetzt keine Zeit, sich ihm zu widmen. Er mußte sich um seine Patientin kümmern, deren Zustand Anlaß zu größter Besorgnis gab. Die Herztöne des Kindes waren kaum noch vernehmbar.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 110

Veröffentlichungsjahr: 2014

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dr. Laurin – 3 –

Er war sich keiner Schuld bewußt

Für Dr. Leon Laurin ist die Welt wieder in Ordnung

Patricia Vandenberg

»Die Woche fängt ja gut an«, stöhnte Dr. Leon Laurin, als er die Prof.-Kayser-Klinik betrat. Man hatte ihn wegen einer komplizierten Geburt aus dem Bett geholt.

Es war nicht das erste Kind, das Wilma Steffens zur Welt brachte. Schön regelmäßig, im Abstand von fünfzehn Monaten, hatte sie bereits zwei Kinder zur Welt gebracht.

Zuerst wunschgemäß einen Sohn, dann ebenso erwünscht eine Tochter. Was das dritte werden würde, war ihr gleich, hatte sie dem jungen Arzt noch vor ein paar Tagen versichert.

Frohgemut war sie zur Kontrolluntersuchung gegangen, und es gab keinen Anlaß zur Besorgnis.

Nun war Dr. Laurin alarmiert worden, denn sie war in bewußtlosem Zustand gegen sechs Uhr morgens in die Klinik eingeliefert worden. Warum, war ihm völlig rätselhaft, denn sie war eine gesunde, kräftige und in keiner Weise labile Frau.

Sie hatte sich mit ihrem Mann auf das Kind gefreut wie auf die beiden anderen auch. Die Ehe war glücklich, die finanziellen Verhältnisse geordnet. Armin Steffens war Abteilungsleiter in einer Maschinenfabrik und verdiente gut.

Er wartete jetzt in einem Zustand maßloser Erregung im Wartezimmer, wie Schwester Laura Dr. Laurin berichtete, aber Leon hatte jetzt keine Zeit, sich ihm zu widmen. Er mußte sich um seine Patientin kümmern, deren Zustand Anlaß zu größter Besorgnis gab.

Die Herztöne des Kindes waren kaum noch vernehmbar. Es blieb Leon Laurin nichts anderes übrig, als einen operativen Eingriff zu wagen, denn die Fruchtblase war bereits gesprungen.

Es herrschte Totenstille im Operationssaal, als er eintrat. Kurz überzeugte er sich, daß Blutkonserven bereitgestellt waren. Es war keine Routineangelegenheit für ihn, obgleich er bereits mehrere Kaiserschnitte ausgeführt hatte.

Ein Mann, zwei Kinder, eine junge, lebensfrohe Frau und ein ungeborenes Kind! Er preßte die Lippen aufeinander.

Die bleierne Müdigkeit, der er kaum Herr hatte werden können, wich aus seinen Gliedern. Nicht der kleinste Fehler durfte ihm unterlaufen.

Alles mußte schnell gehen, wenn es noch eine Chance für Mutter und Kind geben sollte.

Die Natur hatte ihre Tücken. Siebenmonatskinder haben größere Überlebenschancen als Achtmonatskinder. Das war bekannt.

Das Neugeborene war blaurot verfärbt, als er es holte. Es war ein Mädchen.

Plötzlich setzte Frau Steffens Puls aus…

Er spritzte ein Kreislaufmittel und warf einen kurzen Blick auf den Blutdruckmesser.

Um ihn herum schienen alle wie gelähmt, als er mit der Herzmassage begann. Der Schweiß rann ihm in Strömen von der Stirn.

Endlich gab das Baby einen jämmerlichen Schrei von sich. Er vernahm es nur im Unterbewußtsein. Er kämpfte um das Leben der jungen Frau. Aber auch dann, als das Herz wieder etwas stärker zu schlagen begann, konnte er noch keine große Hoffnung hegen.

Der Gedanke schoß ihm durch den Sinn, daß ein unbegreifliches Geschehen den Lebenswillen der jungen Frau erschöpft haben mußte.

Streit mit ihrem Mann?

Ganz sicher nicht.

Wieso eigentlich nicht? fragte er sich dann. Armin Steffens war das Ideal eines Ehemannes – wenigstens dachte man das, wenn man mit ihm sprach. Auch sprach alles dafür, daß Wilma Steffens noch genauso in ihren Mann verliebt war wie am ersten Tag. Dr. Leon Laurin kannte seine langjährigen Patientinnen sehr gut. Sie schütteten ihm oft das Herz aus, aber Frau Steffens hatte nie die leiseste Klage geäußert.

Ich werde bestimmt einmal kein idealer Mann, dachte Leon Laurin weiter. Antonia wird es schwer haben mit mir.

Wie er Antonia Kayser nur schon so selbstverständlich als seine Frau betrachten konnte! Sie hielt ihn doch wahrhaftig in Atem.

Nun, im Augenblick konnte er nichts für Frau Steffens tun. Sie bekam eine Infusion, und man mußte abwarten, wie sie darauf ansprach. Er wollte jetzt mit ihrem Mann sprechen.

Armin Steffens war verzweifelt, voller Angst, aber auch voller Zorn, der sich in Stunden des Wartens in ihm aufgestaut haben mußte.

»Wie geht es Wilma?« stieß er hervor. »Ich bringe den Kerl um, wenn ihr etwas passiert.«

»Welchen Kerl?« fragte Leon Laurin konsterniert.

»Unseren Hausherrn«, knurrte der junge Vater. »bringt er es doch fertig, uns gestern die Wohnung zu kündigen – und nicht nur das…« Er unterbrach sich und starrte an Leon Laurin vorbei.

»Beruhigen Sie sich, Herr Steffens, und berichten Sie«, erklärte Leon beherrscht. »Es ist gut, wenn ich weiß, was Ihrer Frau einen solchen Schock bereiten konnte.«

»Sie war einfach fertig, als ich heimkam. Natürlich hat dieser feige Lump die Kündigung heraufgeschickt, während ich abwesend war. Sie hat ihn gleich zur Rede gestellt. Meine Frau fackelt nicht lange. Wir haben uns nichts zuschulden kommen lassen, unsere Miete immer pünktlich bezahlt und die Wohnung in bester Ordnung gehalten. Nun ja, die Kinder sind manchmal ein wenig lebhaft, aber sie müssen sich doch bewegen können. Und dann hat dieser Kerl es fertiggebracht, ihr zu sagen, daß er ihr ein behindertes Kind wünsche, damit sie mal sehe, wie das ist. Seine Tochter hat nämlich eines bekommen. Wir haben sie immer deshalb bedauert, aber dafür können wir doch nichts! Mein Gott, ich habe Wilma zugeredet, habe sie zu beruhigen versucht – plötzlich in der Nacht ist sie dann aufgesprungen und hat schrecklich zu weinen angefangen – und dann wurde sie ohnmächtig.«

Armin Steffens war einem Zusammenbruch nahe. Dr. Laurin gab ihm ein Beruhigungsmittel.

Das war natürlich eine schlimme und brutale Geschichte. Sie mußte selbst eine so tapfere Frau wie Wilma Steffens aus der Ruhe bringen. Im achten Monat der Schwangerschaft einer werdenden Mutter so etwas zu sagen, war schon mehr als gefühllos.

»Wer betreut Ihre Kinder jetzt, Herr Steffens?« fragte er ablenkend.

»Meine Schwiegermutter. Ich habe sie sofort angerufen. Aber Sie können sich vorstellen, daß sie auch nicht gerade in einer guten Verfassung ist. Doch nun sagen Sie mir, wie es meiner Frau geht.«

Worte des Trostes – Dr. Leon Laurin sprach sie mit einem Gefühl der Ohnmacht, das sich an ein Fünkchen Hoffnung klammerte.

»Ein Töchterchen haben Sie, Herr Steffens«, sagte er heiser. »Wir werden es schon durchbringen.«

Mit einem trostlosen Blick sah ihn der Mann an. Dann rannen Tränen über seine Wangen, und Leon war so erschüttert über dieses stille Weinen, daß er sich abwenden mußte.

»Sie können bei Ihrer Frau bleiben, Herr Steffens«, sagte er leise. »Ich werde Fräulein Dr. Kayser bitten, nach Ihren Kindern zu sehen.«

»Ich bringe ihn um, ich bringe ihn um, wenn ich meine Wilma verliere«, flüsterte Armin Steffens immer wieder.

Und Dr. Laurin wußte, daß selbst ein so besonnener Mann wie Steffens zu allem fähig war in einer solchen Situation.

Er mußte verhindern, daß der junge Vater seinem Hausbesitzer jetzt begegnete!

*

Antonia Kayser wollte gerade in ihre Praxis fahr, als Leons Anruf kam.

»Jetzt ruft er ja schon morgens an«, brummte Gerda, die Haushälterin der Kaysers.

»Ist etwas Besonderes los?« erkundigte sich Professor Kayser bei seiner Tochter.

»Das kann man wohl sagen, Papa.« Sie gab ihm mit knappen Worten weiter, was Leon ihr gesagt hatte. »Ich fahre gleich rüber, damit er mich noch genauer informieren kann.«

Professor Kayser schüttelte den Kopf. »Was uns Ärzten alles so beschieden ist«, murmelte er unwillig. »Sogar mit streitsüchtigen Hausherren müssen wir uns herumplagen. Na, mir dürfte dieser Kerl auch nicht begegnen.«

Gerda seufzte vor sich hin. Antonia hätte sich wahrhaftig einen weniger aufregenden Beruf aussuchen können, dachte sie. Ein Arzt in der Familie genügte, aber wie es schien, kam jetzt sogar noch ein dritter hinzu, denn Antonia traf sich immer häufiger mit Dr. Laurin, wenn man die Verabredungen bei der beruflichen Anspannung beider als häufig bezeichnen konnte.

Antonia hatte währenddessen von Leon Einzelheiten erfahren und erklärte sich sofort bereit, sich um die Kinder der Steffens zu kümmern und auch der Großmutter Trost zuzusprechen.

Schon als sie vor der Haustür des Zweifamilienhauses stand, schallten ihr erregte Stimmen entgegen. Die barsche eines Mannes, die schluchzende einer Frau.

Dazwischen wimmerte ein Kinderstimmchen: »Omi, Omi – reg dich nicht auf.«

Entschlossen stieß Antonia die Tür auf, die einen Spaltbreit offenstand. Die Stimmen verstummten schlagartig. Der Mann war grau, hager, mit verkniffenem Gesichtsausdruck, er wollte sich zurückziehen.

»Ich bin Dr. Antonia Kayser«, sagte die junge Ärztin nun entschlossen. »Wenn Sie Herr Kaub sind, hätte ich Sie gern gesprochen.«

Ihre Stimme wurde sanfter, als sie sich an die verstörte Frau wandte. »Frau Walber?«

»Kommen Sie wegen Wilma?« schluchzte die erregte Frau. »Was ist mit ihr?«

»Wir können hoffen«, erwiderte Antonia so leise, daß es die Kinder nicht hören konnten, die nun stumm auf der Treppe saßen. »Ich komme später zu Ihnen.«

»Ich habe gar keine Veranlassung, mit Ihnen zu reden«, knurrte der Hausherr.

»Ich nehme mir aber die Freiheit«, erwiderte Antonia eisig. »Was Sie getan haben, kommt fast einem versuchten Todschlag gleich.«

»Sie sind sehr anmaßend!« brauste der Mann auf.

»Und Sie waren unmenschlich«, erwiderte Antonia ruhig. »Auch auf die Gefahr hin, daß Sie mich wegen Hausfriedensbruch verklagen, muß ich Ihnen das sagen. Sie haben das Leben einer jungen Mutter gefährdet.«

»Aber für das, was uns widerfahren ist, gibt es keine Entschuldigung von seiten der Ärzte«, sagte er aggressiv. »Meine Tochter hat ein behindertes Kind, bei der Geburt geschädigt. Wissen Sie, was das bedeutet?«

»Das weiß ich sehr gut, aber diese Tatsache darf keinen Haß gegen gesunde Kinder erzeugen. Es ist nicht die Schuld von Frau Steffens.«

»Aber können Sie mir sagen, wessen Schuld es ist?« fragte er zornig.

»Das steht mir nicht zu. Tatsache ist, daß Sie den Steffens’ nicht nur die Wohnung gekündigt haben, sondern auch einer werdenden Mutter einen lebensgefährlichen Schock versetzten. Wie Sie das vor Ihrem Gewissen verantworten wollen, Herr Kaub, bleibt Ihnen überlassen. Wenn Frau Steffens am Leben bleibt, wird sie dieses Haus bestimmt nicht wieder betreten, dafür werden wir sorgen. Aber wenn sie stirbt und das Kind dazu – ist das dann nicht eine sehr teure Rache für einen Schicksalsschlag, den Sie erdulden mußten, an dem aber dieses junge Ehepaar keine Schuld trägt? – So, das ist alles, was ich Ihnen zu sagen habe!«

Sie eilte die Treppe empor. Mit verkniffenen Augen starrte er ihr nach.

Es waren schlimme Minuten für Antonia, die sie in der Wohnung der Steffens’ verbrachte. Tief deprimiert kam sie in ihre Praxis zurück. Steffi, ihre Sprechstundenhilfe, befand sich schon in heller Aufregung.

»Bin ich froh, daß Sie da sind«, seufzte sie erleichtert auf. »Ich dachte schon, Ihnen wäre etwas passiert. Das Wartezimmer ist gesteckt voll.«

Antonia nötigte die letzte Bemerkung ein Lächeln ab.

»Nur gut, daß Sie auch realistisch denken, Steffi«, murmelte sie. »Ich bin ziemlich erledigt.«

Aber dann mußte sie sich aufraffen. Die Pflicht rief. Sie war Ärztin, nicht Seelsorgerin. Aber immer wieder mußte sie denken: Lieber Gott, laß Wilma Steffens wieder gesund werden!

Nach der Sprechstunde fuhr sie eilends in die Klinik, um mit Leon zu sprechen. Er war bei einer Entbindung, die glücklicherweise weniger dramatisch verlief als die der vergangenen Nacht. Aber sie traf Jobst Engelbert. Er hatte seinen kleinen Sohn besucht, der nun schon die dritte Woche mit seinem schweren Beckenbruch, den er sich beim Skifahren zugezogen hatte, in der Klinik lag.

Es schmerzte sie, in Jobsts traurige Augen zu blicken. Sie kannte ihn von Kindheit an und wußte, wie er litt. Dieser Tag schien dafür geschaffen, ihr alles menschliche Elend deutlich zu offenbaren.

Das Kind war alles, was dem Mann von früheren Illusionen geblieben war. Stefanie, seine Frau, war ihm durchgebrannt. Sie glaubte, das große Glück bei einem Italiener gefunden zu haben. Mann und Kind hatte sie vergessen.

Jobst Engelbert war verschlossen. Er ließ sich nicht in sein Herz schauen, auch jetzt in seinen tiefsten Depressionen nicht.

»Es geht aufwärts mit Sebastian«, sagte Antonia tröstend.

»Ich kann es nicht ertragen, daß er so still daliegen muß«, erwiderte er.

»Jobst – er wird gesund werden«, redete sie ihm eindringlich zu. »Es gibt Schlimmeres! Es würde Sebastian guttun, wenn du ihm ein fröhliches Gesicht zeigtest.«

»Du machst auch kein fröhliches Gesicht, Antonia«, erwiderte er nachdenklich.

»Ich hatte einen schweren Tag«, murmelte sie. »Das passiert auch mal, aber umwerfen lasse ich mich nicht. Stefanie verdient es nicht, daß du ihr nachtrauerst.«

»Ich trauere ihr nicht nach. Sie ist für mich gestorben«, erwiderte er müde. »Ich war ein Narr, Antonia. Ich habe viel gelernt. Aber Sebastian ist alles, was mir geblieben ist.«

Er sagte es immer wieder.

Die junge Ärztin legte ihre Hand auf seinen Arm.

»Du bist verbittert, das ist verständlich. Aber nicht alle Frauen sind gleich, Jobst. Und du bist nicht allein auf der Welt mit deinem Jungen, es gibt viel Leid. Sprich einmal mit Leon Laurin. Ein Mann kann es dir vielleicht besser sagen als ich.«

»Ich bin ein Versager auf der ganzen Linie«, murmelte er pessimistisch.

»Man redet sich manches ein.«

»Du stehst mit beiden Beinen mitten im Leben«, murmelte er. »Was redest du dir ein?«

Leon kam den Gang entlang. »Was ich mir auszureden versuche, siehst du vor dir«, flüsterte Antonia. »Das ist auch nicht einfach, Jobst.«

»Ach, Herr Engelbert«, bemerkte Leon bissig. »Störe ich?«

Blanke Eifersucht klang aus seinen Worten.

»Überhaupt nicht«, erwiderte Antonia und bemühte sich, ihrer Stimme einen lockeren Klang zu geben. »Ich bin nur hier, um mit dir über die Steffens zu sprechen. – Besuch Tante Monika einmal«, wandte sie sich Jobst zu. »Sie freut sich bestimmt, wenn du kommst.«

Jobst Engelbert gab ihr die Hand und nickte Dr. Laurin zu. Dann ging er mit steifen Schritten den Gang hinunter.

»Solche Männer mag ich«, brummte Leon ungehalten. »Möchte er sich jetzt an dir emporziehen, Antonia?«