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Dr. Norden ist die erfolgreichste Arztromanserie Deutschlands, und das schon seit Jahrzehnten. Mehr als 1.000 Romane wurden bereits geschrieben. Deutlich über 200 Millionen Exemplare verkauft! Die Serie von Patricia Vandenberg befindet sich inzwischen in der zweiten Autoren- und auch Arztgeneration. Patricia Vandenberg ist die Begründerin von "Dr. Norden", der erfolgreichsten Arztromanserie deutscher Sprache, von "Dr. Laurin", "Sophienlust" und "Im Sonnenwinkel". Sie hat allein im Martin Kelter Verlag fast 1.300 Romane veröffentlicht, Hunderte Millionen Exemplare wurden bereits verkauft. In allen Romangenres ist sie zu Hause, ob es um Arzt, Adel, Familie oder auch Romantic Thriller geht. Ihre breitgefächerten, virtuosen Einfälle begeistern ihre Leser. Geniales Einfühlungsvermögen, der Blick in die Herzen der Menschen zeichnet Patricia Vandenberg aus. Sie kennt die Sorgen und Sehnsüchte ihrer Leser und beeindruckt immer wieder mit ihrer unnachahmlichen Erzählweise. Ohne ihre Pionierarbeit wäre der Roman nicht das geworden, was er heute ist. Wenn Fee Norden für einen besonderen Anlaß ein ganz besonders schönes Kleid brauchte, suchte sie die Modeschöpferin Melanie Dittmar auf. Fee konnte sicher sein, daß diese ihr einen Freundschaftspreis machte, und das nicht nur, weil Fee eine so besonders aparte Frau war, für die man mit Begeisterung arbeitete. Melanie hatte Dr. Norden viel zu verdanken. Er hatte sie durch eine gezielte Behandlung von einem Schilddrüsenleiden ohne Operation kuriert, das ihr psychisch mehr zu schaffen gemacht hatte als physisch. Und vor dem Chirurgen hatte Melanie eine heillose Angst gehabt. Vielleicht war Melanies Krankheit auch schuld daran gewesen, daß ihre Ehe in eine so schwere Krise geraten war, die dann die Scheidung zur Folge hatte. Sie hatte sich von ihrem Mann, dem Bauunternehmer Vinzenz Dittmar, unverstanden gefühlt. Sie hatte sich auch unausgefüllt gefühlt, als die einzige Tochter Susanne den Kinderschuhen entwachsen war und oft die Partei des Vaters ergriffen hatte. Sie wollte wieder in den Beruf zurück, den sie des Kindes wegen aufgegeben hatte, sie wollte ihre Talente nützen. Das hatte ihrem Mann nicht gepaßt. Sie hätte das wahrhaftig nicht nötig, und was sollten die Leute denken, hatte er gesagt. Keiner hatte nachgegeben. Und seit der Scheidung vor sechs Jahren hatten sie kein Wort mehr miteinander gewechselt. Das wußte Fee Norden, und wenn sie es auch nicht ganz verstehen konnte, so meinte sie doch, daß reife Menschen wissen müßten, was sie tun. Vinzenz Dittmar, der ebenfalls ein Patient ihres Mannes war, besaß ihre Sympathie genauso wie Melanie. Ihr tat nur Susanne leid, die zwischen den
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Wenn Fee Norden für einen besonderen Anlaß ein ganz besonders schönes Kleid brauchte, suchte sie die Modeschöpferin Melanie Dittmar auf. Fee konnte sicher sein, daß diese ihr einen Freundschaftspreis machte, und das nicht nur, weil Fee eine so besonders aparte Frau war, für die man mit Begeisterung arbeitete.
Melanie hatte Dr. Norden viel zu verdanken. Er hatte sie durch eine gezielte Behandlung von einem Schilddrüsenleiden ohne Operation kuriert, das ihr psychisch mehr zu schaffen gemacht hatte als physisch. Und vor dem Chirurgen hatte Melanie eine heillose Angst gehabt.
Vielleicht war Melanies Krankheit auch schuld daran gewesen, daß ihre Ehe in eine so schwere Krise geraten war, die dann die Scheidung zur Folge hatte. Sie hatte sich von ihrem Mann, dem Bauunternehmer Vinzenz Dittmar, unverstanden gefühlt. Sie hatte sich auch unausgefüllt gefühlt, als die einzige Tochter Susanne den Kinderschuhen entwachsen war und oft die Partei des Vaters ergriffen hatte. Sie wollte wieder in den Beruf zurück, den sie des Kindes wegen aufgegeben hatte, sie wollte ihre Talente nützen. Das hatte ihrem Mann nicht gepaßt. Sie hätte das wahrhaftig nicht nötig, und was sollten die Leute denken, hatte er gesagt. Keiner hatte nachgegeben. Und seit der Scheidung vor sechs Jahren hatten sie kein Wort mehr miteinander gewechselt.
Das wußte Fee Norden, und wenn sie es auch nicht ganz verstehen konnte, so meinte sie doch, daß reife Menschen wissen müßten, was sie tun. Vinzenz Dittmar, der ebenfalls ein Patient ihres Mannes war, besaß ihre Sympathie genauso wie Melanie. Ihr tat nur Susanne leid, die zwischen den Eltern stand, die beide liebte und keinem weh tun wollte.
Als Fee das Modestudio von Melanie betrat, kam Susanne gerade aus dem Atelier. Sie sah entzückend aus, war wie immer nach neuestem Schick gekleidet, an diesem Tage aber ganz besonders anziehend.
Ihre samtbraunen Augen leuchteten auf, als sie Fee anblickten. »Wie freue ich mich, Sie zu sehen, Frau Dr. Norden«, sagte sie mit schwingender Stimme. »So können Sie auch gleich die große Neuigkeit erfahren. Ich werde in vier Wochen heiraten.«
Fee war überrascht. »Und wer ist der Glückliche?« fragte sie.
»Adrian von Cordes. Heute feiern wir mit Paps Verlobung, am Wochenende mit Mami. Vielleicht bekommen wir sie zur Hochzeit doch noch an einen Tisch.«
Du liebe Güte, dachte Fee, wenn die Hochzeit schon in vier Wochen sein soll, warum dann erst noch eine Verlobungsfeier und ein gewisses Befremden konnte sie auch nur schwer unterdrücken, denn der alte Baron von Cordes war als sehr adelsstolz bekannt.
Susanne hatte es dann sehr eilig, und Melanie verabschiedete gerade eine Kundin, die ihr anscheinend nicht recht in den Kram paßte.
Melanies Miene hellte sich auf, als sie Fee begrüßte. »Wenigstens ein Lichtblick an diesem Morgen«, seufzte sie.
»Freut es Sie denn nicht, daß Susanne so glücklich ist?« fragte Fee bestürzt.
»Ach, Sie haben die Neuigkeit schon vernommen«, sagte Melanie freudlos.
»Susanne hat es mir eben gesagt. Sie sind nicht einverstanden, Melanie?«
»Keineswegs, aber ich will ihr nicht dreinreden. Warum wohl will ein Cordes die Tochter eines Bauunternehmers heiraten? Er hat Adel, sie hat Geld«, sagte Melanie bitter. »Und wer den alten Cordes kennt, weiß, daß ihnen das Wasser bis zum Hals stehen muß, daß er mit dieser Verbindung einverstanden ist. Aber daß Vinzenz das mitmachte, erbittert mich.«
»Susanne macht doch aber einen sehr glücklichen Eindruck«, lenkte Fee ein.
»Sie ist neunzehn, völlig unerfahren, und der Himmel hängt ihr voller Geigen. Ich sehe das ganz anders, Fee«, sagte Melanie deprimiert.
»Aber sie ist entzückend, warum sollte da auch bei dem jungen Cordes nicht das Herz entschieden haben?«
»Er ist eiskalt und berechnend«, ereiferte sich Melanie. »Natürlich ist ihm ein hübsches, reiches Mädchen lieber als eine häßliche arme Adlige, aber ich sehe all die Konflikte schon im voraus.«
Sie ist nicht objektiv, dachte Fee. Weil ihre Ehe schiefging, hat sie diesbezüglich Komplexe bekommen.
»Als ich Vinzenz geheiratet habe, besaßen wir nicht viel«, fuhr Melanie gedankenverloren fort. »Da war es wirklich Liebe. Aber mit zunehmendem Wohlstand verflachten die Gefühle. Er hatte nur seine Geschäfte im Kopf. Er wollte nur noch Geld scheffeln, und das ist ihm auch gelungen. Daß eine Frau auch ihre eigene Persönlichkeit entfalten möchte, dafür hatte er kein Verständnis. Eine Frau gehört ins Haus, an den Herd und in die Kinderstube. Diesbezüglich ist er auch ein richtiger Spießer geblieben. Und sein Größenwahn geht soweit, Susi mit einem Erbschleicher zu verkuppeln.«
»Sind Sie nicht ein bißchen ungerecht, Melanie?« fragte Fee vorsichtig. »Es scheint doch so, als sei Susanne wirklich glücklich.«
»Ich sagte es ja schon, sie schwebt im siebenten Himmel, und ich vermag es nicht, sie auf die Erde zurückzuholen. Sie würde mich hassen, wenn ich ihr meine Meinung ehrlich sagen würde. Und ich fürchte, ihr Vater wird sich dafür ruinieren, um ihr diesen Wunsch zu erfüllen. Ich werde also meiner Tochter ein Brautkleid nähen, in das ich viele Tränen hineinweinen werde.«
»Vielleicht sehen Sie zu schwarz, Melanie«, sagte Fee.
»Ich weiß, was aus einer Ehe werden kann, die aus Liebe geschlossen wurde. Was soll da erst aus einer Ehe werden, die nur aus materiellen Gründen geschlossen wird? Das kann mir niemand ausreden. Ich weiß, wie es um die Cordes steht. Ich habe Erkundigungen eingezogen.«
*
Diesbezüglich übertrieb sie keineswegs. So entzückt Fee Norden von dem Abendkleid war, das Melanie für sie entworfen und geschaffen hatte, sie ging mit sehr gemischten Gefühlen. Melanie mochte in mancher Hinsicht sehr eigensinnig sein, aber sie liebte ihre Tochter und wollte nur ihr Glück.
Und hätte Fee das Gespräch belauschen können, das Aribert von Cordes jetzt mit seinem Sohn Adrian führte, hätte sie volles Verständnis für Melanie gehabt.
»Es gibt keine andere Lösung, Adrian«, sagte der Baron. »Wir müssen in den sauren Apfel beißen, sonst verlieren wir alles. Die einzige standesgemäße Partie mit Vermögen wäre Cecile gewesen, und ausgerechnet sie entscheidet sich für einen Bürgerlichen.«
»Erinnere mich bitte nicht daran, Vater, nicht jetzt«, sagte Adrian gereizt. »Sie hat mir doch wohl deutlich genug zu verstehen gegeben, daß sie nicht das geringste Interesse daran hat, unsere Schulden zu bezahlen.«
»Sie hatte schon immer einen Hang zum Proletariat«, sagte der Baron verächtlich. »Überhaupt kein Traditionsbewußtsein. Nun, jedenfalls ist Susanne bedeutend attraktiver als sie, und der Geldadel zählt heute ja auch anscheinend mehr. Man muß sich umstellen und anpassen. Aber vor allem ist es wichtig, daß uns der Besitz erhalten bleibt. Scheidungen sind bei uns auch kein Tabu mehr. Du kannst dir den Weg zu Tatjana offenhalten.«
Adrian starrte seinen Vater befremdet an. War das seine Moral, die er immer so hoch pries?
So unbequem ihm dieses Geschäft, denn als Geschäft bezeichnete er es, auch gewesen war, jetzt erwachte Trotz in ihm.
»Diese Bemerkung hättest du dir sparen können, Vater«, sagte er kühl. »Immerhin ist Susanne ein reizendes, liebenswertes Mädchen, und ich darf erwarten, daß du sie nicht nur als ein Huhn, das goldene Eier legt, betrachtest. Ich habe mich übrigens mit ihr verabredet und muß jetzt gehen. Am Samstag werden wir mit ihrer Mutter essen.«
»Ich werde unpäßlich sein«, sagte der Baron.
»Das wirst du nicht«, sagte Adrian heftig.
»Eine geschiedene Frau«, sagte sein Vater verächtlich.
»Und Dittmar ist der geschiedene Mann dazu. Außerdem hast du eben eine eindeutige Bemerkung gemacht, was Scheidungen anbetrifft. Auch du hast nicht das Privileg gepachtet, dir eigene Gesetze zu schaffen.«
»Was sind das für Töne?« fragte der Baron erbost.
»Vielleicht habe ich Gefallen an Susanne gefunden«, sagte Adrian heiser. »Sie ist zu schade, um nur als Objekt betrachtet zu werden.«
Er ging, und sein Vater blickte ihm konsterniert nach.
*
Susanne war noch beim Friseur gewesen und hatte sich einen neuen Haarschnitt zugelegt, der ihr ein noch aparteres Aussehen verlieh. Seit sie Adrian kannte, entwickelte sich ihre Persönlichkeit und auch ihr Geschmack. Sie hatte sich für einen damenhaften Stil entschieden. Adel verpflichtet, hatte ihre Mutter spöttisch gesagt, und das hatte Susanne einen Stich versetzt, aber sie dachte nicht an das »von«, sie dachte nur an Adrian, der für sie der einzige Mann auf der Welt war.
Als sie das Restaurant betrat, in dem sie sich verabredet hatten, sprang Adrian wie von einer Tarantel gestochen auf, so hinreißend sah sie aus und so damenhaft, daß er augenblicklich den Atem anhielt.
Und sie sah ihn, groß, schlank, das schmale dunkle Gesicht, das verriet, daß er sich viel in der frischen Luft aufhielt, die sehr hellen Augen, die jetzt durchaus nicht kühl blickten, und sie vergaß all die Gedanken, die sie sich auch selbst gemacht hatte, als er ein ernsthaftes Interesse für sie an den Tag legte.
Er küßte ihr die Hand. Das hatte er in der Öffentlichkeit auch noch nicht getan.
»Du siehst bezaubernd aus, Susanne!« Das hatte er auch noch nie gesagt.
»Es freut mich, daß dir meine neue Frisur gefällt«, sagte sie. »Hoffentlich finde ich auch langsam Gnade vor den Augen deines gestrengen Vaters.«
Schüchtern war sie nie gewesen. Sie war die Tochter eines erfolgreichen Vaters, ausgestattet mit einer ganz gehörigen Portion Selbstbewußtsein, das auch von ihrer Mutter in jeder Beziehung gefördert worden war, und Klassenunterschiede ignorierte sie. Im Innersten war sie von Anfang an überzeugt gewesen, daß Adrians Interesse allein ihr gelte und nicht ihrem Geld. Seine Zurückhaltung hatte sie nur positiv gewertet. Er hatte eben eine konservative Erziehung genossen. Er machte keine dreisten Annäherungsversuche, wie andere junge Männer. Und sie selbst war ja auch stets zurückhaltend gewesen.
Sie wählte aus der Speisekarte zielsicher, was sie essen wollte, und sagte zu dem Ober mit einem freundlichen Lächeln: »Das Filet aber wirklich medium und nur Salatherzen.«
»Aber selbstverständlich, gnädige Frau«, sagte er.
»Mir das gleiche«, sagte Adrian.
Susanne lachte leise. »Du wirst davon nicht satt werden, Adrian. Aber kannst dir ruhig Appetit für heute abend aufsparen. Paps wird allerhand auffahren lassen, und unter dem kritischen Blick deines Vaters wird mir wohl der Appetit vergehen.«
»Das hoffe ich nicht«, sagte er. »Schüchtert dich Vater so ein?«
»Ihm wäre es auf jeden Fall lieber, wenn ich auch ein ›von‹ vor dem Namen hätte, aber damit kann ich leider nicht dienen.«
»Bald wirst du es haben«, sagte Adrian heiser. »Ist es dir so wichtig?«
»Aber nein«, erwiderte sie lachend. »Ich heirate dich, nicht deinen Namen.«
Und plötzlich schämte sich Adrian entsetzlich. Er griff nach ihrer Hand. »Du bist herzerfrischend natürlich, Susanne«, sagte er leise. »Ich kann mich nur glücklich schätzen, daß du mir keinen Korb gegeben hast.«
Nachdenklich blickte sie ihn an. »Ich liebe dich«, flüsterte sie.
In diesem Augenblick erklang ein girrendes Lachen. »Adrian, das ist ja eine Überraschung«, sagte eine sehr helle Stimme, die ihm jetzt ebenso schmerzhaft in den Ohren tönte wie Susanne.
Tatjana, Gräfin Almassy, blieb am Tisch stehen, während ihre Begleiter sich an dem runden Tisch schräg gegenüber niederließen.
Adrian hatte sich erhoben, verneigte sich. »Darf ich bekannt machen, Gräfin Almassy, meine zukünftige Frau Susanne«, sagte er stockend.
»Und wann ist die Hochzeit?« fragte Tatjana spitz, ohne Anstalten zu machen, Susanne die Hand zu reichen.
»In vier Wochen«, erwiderte Adrian.
»Nun, da werde ich ja hoffentlich eingeladen«, sagte Tatjana, »oder wird der Adel ausgeschlossen?«
»Wir sind uns über die Gästeliste noch nicht ganz einig«, erwiderte Adrian.
Susanne hatte die Schrecksekunde überwunden, wenngleich ihr augenblicklich auch ein Kribbeln über die Haut lief.
»Wenn Sie nichts Besseres vorhaben, sind Sie selbstverständlich eingeladen«, sagte sie.
Tatjana verschlug es die Stimme. »Wahrscheinlich werde ich wohl etwas Besseres vorhaben«, sagte sie herablassend. »Man wird dich in unseren Kreisen vermissen, Adrian.«
»Ich werde es überleben«, sagte er sarkastisch, und da ging sie zu ihrer Gesellschaft.
»Und so was nennt man gute Erziehung«, sagte Susanne leise. »Mir ist der Appetit vergangen.«
»Das tut mir leid. Aber den Gefallen werden wir ihr nicht tun, gleich zu gehen, Susanne.«
Zwingend sah er sie an und fuhr fort: »Ich entschuldige mich für sie.«
»Das brauchst du nicht. Ich heiße zwar nur Dittmar und mein Vater ist Bauunternehmer, aber ich bin stolz darauf, was er durch ehrliche Arbeit erreicht hat. Man kann mir den Appetit nehmen, aber nicht meinen Stolz.«
»Du wirst dich doch nicht durch so törichte Bemerkungen irritieren lassen, Susanne«, sagte er gepreßt.
»Durchaus nicht. Ich habe mir die Leute, mit denen ich verkehren wollte, immer selbst ausgesucht und genau angeschaut, und daran wird sich nichts ändern.«
Und in diesem Augenblick wurde ihm bewußt, wie beeinflußbar er bisher selbst gewesen war, wie sehr er unter der Fuchtel seines Vaters gestanden hatte.
Irgend etwas beschäftigte Susanne doch, als sie nach Hause kam. Einfach abschütteln konnte sie dieses seltsame Gefühl doch nicht, das Tatjana in ihr geweckt hatte.
Und dann hörte sie, wie Franz und Erna, das Hausmeisterehepaar miteinander redeten.
»Ob das guttut, daß unsere Susanne den Adligen heiratet?« sagte Erna. »Recht schikaniert werden wird sie wohl von dem Baron.«
»Ich mein’, daß der junge Baron schon ein netter Kavalier ist«, sagte Franz.
»Mag ja sein, aber aufs Geld sind sie aus, das kann mir keiner ausreden.«
»Der Dittmar hat doch seinen Verstand beisammen«, sagte Franz.
»Aber er gefällt mir nicht so recht in letzter Zeit«, sagte Erna. »Heute hat er auch wieder mit dem Dr. Norden telefoniert.«
Susannes Herz begann schmerzhaft zu klopfen. Sie lehnte sich an die Wand, haltsuchend, weil sich alles um sie drehte.
Das tust du mir nicht an, Adrian, daß du mich nur wegen des Geldes heiratest, dachte sie. Die beiden reden genauso töricht daher wie die Gräfin Almassy.
»Ich bin da«, rief sie laut, »Ist niemand zu Hause?«
Da kam Erna, verlegen mit hochroten Wangen. »Wir haben Sie gar nicht kommen hören«, sagte sie stotternd. »Mei, sehen Sie aber schön aus, nur a bisserl blaß.«
»Ist Paps nicht zu Hause?« fragte Susanne.
»Er hatte noch was zu erledigen, aber es ist alles gerichtet. Es wird an nichts fehlen.«
»Das weiß ich, Erna«, sagte Susanne leise. »Ich werde mich ein Stündchen ausruhen.«
*
»Es ist der Blutdruck, Herr Dittmar«, sagte Dr. Norden. »Er ist viel zu hoch. Da spielt das Herz auch verrückt, obgleich es sonst erstaunlich in Ordnung ist. Ruhe müßten Sie halt mal geben und nicht zu üppig essen.«
»Man hat ja so viel Verpflichtungen«, sagte Vinzenz Dittmar. »Aber heute abend muß ich fit sein. Wir feiern Susannes Verlobung.«
»Und das sagen Sie mir erst jetzt?«
»Ist ja auch nur, weil es zum guten Ton gehört. Die Hochzeit findet in vier Wochen statt. Daß meine Tochter mal eine Baronin wird, habe ich mir auch nicht träumen lassen. Aber sie ist ja vernarrt in den Adrian, dagegen ist nichts zu machen. Das Mädel hat selbst Verstand genug um zu wissen, was sie sich zumuten kann. Und die Mitgift wird gut angelegt sein.«
Dr. Norden horchte auf. »Eine Heirat ist doch kein Geschäft, Herr Dittmar«, sagte er unwillig.
»Eine arme Frau könnte sich Adrian von Cordes nicht leisten«, sagte Vinzenz Dittmar. »Aber Susanne will ihn haben, und sie soll ihn bekommen. Er ist nicht übel. Sie wird ihn schon auf Vordermann bringen. Natürlich weiß sie nicht, daß der alte Cordes nur daran denkt, sich sanieren zu können. Aber dem werde ich auch schon noch zeigen, mit wem er es zu tun hat, wenn die Hochzeit erst vorbei ist. Mir macht keiner mehr was vor.«
»Wirklich nicht, Herr Dittmar?« fragte Dr. Norden. »Nur weil Sie Susanne keinen Wunsch abschlagen können?«
»Sie können einem schon zusetzen, Dr. Norden«, brummte Vinzenz Dittmar, »aber Ihnen nehme ich nichts übel. Susanne weiß nichts von den Abmachungen, die ich mit dem alten Cordes getroffen habe. Sie wird davon auch nie was erfahren. Und ich bin nicht so blöd, daß ich meine Tochter nicht absichern würde. Außerdem bekomme ich endlich das Grundstück am See. Für mich ist es ein gutes Geschäft, und Susanne bekommt ihre große Liebe.«
»Und wenn diese große Liebe nach der Hochzeit als Seifenblase platzt?« fragte Dr. Norden.
»Dann kann der Adrian was erleben, aber er ist nicht so, wie die meisten denken. Er kann sich doch auch alle zehn Finger schlecken, wenn er Susanne zur Frau bekommt.«
»Sie sehen das als Vater, aber er sieht vielleicht doch nur die einzige Tochter eines reichen Vaters«, sagte Dr. Norden frei heraus. »Wie denkt Susannes Mutter?«
»Das weiß ich nicht, das interessiert mich auch nicht. Sie fühlt sich ja auch wohl in dieser High society. Ich stelle für gutes Geld wenigstens auch Gutes auf die Beine, aber diese verrückten Weiber geben einen Haufen Geld für Fetzen aus, die schon im nächsten Jahr nicht mehr modern sind. Meine Häuser überdauern Generationen.«
»Ihre Frau macht aber sehr hübsche Kleider, die auch über Jahre hinaus tragbar sind«, sagte Daniel. »Ich weiß das aus Erfahrung.«
»Melanie ist nicht mehr meine Frau«, sagte. Vinzenz Dittmar. »Wollen Sie meinen Blutdruck höher treiben?«
»Keinesfalls, aber was Recht ist, muß Recht bleiben. Sie ist eine tüchtige Frau. Sie braucht keinen reichen Mann. Aber manche Männer brauchen eine reiche Frau. Nehmen Sie mir es nicht übel, wenn ich das sage.«
Dittmar kniff die Augen zusammen. »Und meine Susanne? Ist das ein Mädchen, das man nur wegen ihrer Mitgift nimmt? Wenn das so wäre, dann kann Adrian etwas erleben. Aber wenn ich Ihnen nun sage, daß er bei mir einsteigen wird, daß er mir zugesichert hat, meine Firma zu repräsentieren? Ein Baron von Cordes, Repräsentant der Baufirma Dittmar, ist das nichts?«
»Der Name allein macht es nicht, Herr Dittmar. Aber mich würde es für Susanne freuen, wenn Ihre Menschenkenntnis Sie nicht im Stich gelassen hat. Sie können mich nun schelten, wenn ich Sie daran erinnere, daß Sie auch einmal sagten, daß Ihre Frau kein Bein auf die Erde bringen würde, wenn sie auf sich allein angewiesen wäre. Aber was hat sie bewiesen! Ich wette, daß sie bereits auch Millionärin ist.«