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Dr. Stefan Frank 2533 E-Book

Stefan Frank

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Beschreibung

Das hab ich nicht gewollt

Als ein Streit zu einem furchtbaren Unglück führte


Bekümmert blickt Linnea auf ihren Verlobten. Ihre Hochzeit mit Magnus steht unmittelbar bevor, doch während sie bis vor Kurzem noch ihren absoluten Traummann in ihm gesehen hat, fühlt sie seit einigen Tagen nichts mehr, wenn sie in seiner Nähe ist. Und das, obwohl Magnus ein herzensguter Mensch ist und sich wirklich alle Mühe gibt, sie glücklich zu machen. Was ist nur los mit ihr? Früher hat sie ihren Freund vermisst, sobald sie einmal kurz voneinander getrennt waren, doch mittlerweile fühlt sich Linnea schon eingeengt, wenn sie sich im gleichen Raum befinden. Auch seine Versuche, ihr zärtlich nahezukommen, erfüllen sie plötzlich mit Abwehr.
Lange kann sie das alles natürlich nicht vor ihrem Verlobten verbergen. Als Magnus schließlich erfährt, wie es um Linneas Gefühle steht, kommt es zu einer Auseinandersetzung mit furchtbaren Konsequenzen ...

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Inhalt

Cover

Impressum

Das hab ich nicht gewollt

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Gorodenkoff / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-9051-3

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Das hab ich nicht gewollt

Als ein Streit zu einem furchtbaren Unglück führte

Bekümmert blickt Linnea auf ihren Verlobten. Ihre Hochzeit mit Magnus steht unmittelbar bevor, doch während sie bis vor Kurzem noch ihren absoluten Traummann in ihm gesehen hat, fühlt sie seit einigen Tagen nichts mehr, wenn sie in seiner Nähe ist. Und das, obwohl Magnus ein herzensguter Mensch ist und sich wirklich alle Mühe gibt, sie glücklich zu machen. Was ist nur los mit ihr? Früher hat sie ihren Freund vermisst, sobald sie einmal kurz voneinander getrennt waren, doch mittlerweile fühlt sich Linnea schon eingeengt, wenn sie sich im gleichen Raum befinden. Auch seine Versuche, ihr zärtlich nahezukommen, erfüllen sie plötzlich mit Abwehr.

Lange kann sie das alles natürlich nicht vor ihrem Verlobten verbergen. Als Magnus schließlich erfährt, wie es um Linneas Gefühle steht, kommt es zu einer Auseinandersetzung mit furchtbaren Konsequenzen …

„Nur noch drei Monate.“ Mina schob ihre Sonnenbrille in die dunklen Locken und blickte fragend herüber. „Dann heißt du nicht mehr Flemming, sondern Sendlinger.“

„Oh, erinnere mich bloß nicht daran!“ Linnea zupfte den Träger ihres Badeanzugs über der Schulter zurecht. Ihre Haut rötete sich bereits, und es schmerzte, wo der Träger darüber rieb. Sie hätte sich doch mit Sonnenmilch eincremen sollen, bevor sie auf den Chiemsee hinausgerudert waren!

„Warum denn nicht? Freust du dich nicht auf die Hochzeit?“

„Doch, ich kann es kaum erwarten, endlich Magnus‘ Frau zu sein, aber bis zu unserem großen Tag ist noch so viel zu erledigen, dass ich nicht die leiseste Ahnung habe, wie ich alles schaffen soll. Die Liste mit offenen Erledigungen ist länger als mein Arm!“

„Du weißt, dass du mich gern einbeziehen kannst. Wenn ich helfen kann, tue ich es gern.“

„Ich weiß, aber du hast schon das Catering übernommen. Streng genommen, dürfte ich heute gar nicht hier sein, sondern müsste mich um Einladungskarten und die Dekoration kümmern.“

„Genau deshalb habe ich dich überredet, heute mit an den See zu kommen. Du warst in letzter Zeit ständig blass wie ein Gespenst. Schläfst du eigentlich genug?“

„Zählen zwei, drei Stunden am Stück als genug?“ Linnea lächelte matt. Seitdem ihre Hochzeit näher rückte, wusste sie tatsächlich nicht mehr, wo ihr der Kopf stand. Längst bedauerte sie es, den Vorschlag ihres Verlobten ausgeschlagen zu haben, eine Hochzeitsplanerin zu engagieren. Sie hatte alles selbst organisieren wollen, und das wuchs ihr langsam, aber sicher über den Kopf.

Die Blumen, die Einladungen, die Sitzordnung für die Festtafel … Sie hatte nicht geahnt, dass es so viele Kleinigkeiten zu bedenken und zu planen gab!

Ständig musste sie Entscheidungen über Details treffen, die für sich betrachtet kaum aufwändig wirkten, in der Summe jedoch einen Berg an Arbeit ergaben: Sollten die Tischkarten weiß, eierschalenfarben oder vanillefarben sein? Wollte sie lieber einen Brautschleier, einen Brautkranz oder einfach nur Blumen im Haar? Welche Lieder sollten die Musiker beim Tanz spielen? Und so ging es weiter.

Kaum hatte sie eine Frage geklärt, taten sich zwei neue auf. Es nahm einfach kein Ende!

„Lass mich helfen“, mahnte Mina sanft.

„Du sorgst mit deinem Team für das Essen für siebzig Gäste. Das ist schon eine Riesenhilfe.“

„Wozu hat man eine beste Freundin, die Köchin ist?“ Mina zwinkerte ihr vergnügt zu. „Wir werden euch ein Essen zaubern, von dem eure Gäste noch ihren Enkel erzählen werden.“

Linneas Herz machte einen kleinen, glücklichen Satz. Bald! Bald würden Magnus und sie vor den Altar treten!

Sie tauchte eine Hand in das angenehm kühle Wasser des Chiemsees. Die Berge hüllten sich in leichten Dunst, ein Zeichen, dass das sommerliche Wetter halten würde. Ausflugsschiffe und Segelboote waren auf dem Wasser unterwegs.

Direkt vor den beiden Freundinnen ragte die Herreninsel auf. Eine Sichtachse zwischen dem Grün erlaubte ihnen einen wunderbaren Blick auf das Märchenschloss, das König Ludwig II. nach dem Vorbild von Versailles hatte bauen lassen. Die Sonne zauberte goldene Lichtpunkte auf das Wasser. Der perfekte Tag für einen Ausflug!

Sie hatten sich in Prien ein Ruderboot ausgeliehen und waren auf den See hinausgerudert. Linnea saß auf der Mittelbank und legte eine Hand auf das von der Sonne aufgewärmte Ruderholz.

Magnus. Bald würden sie für immer vereint sein. Ihr Herz floss beinahe über vor Liebe. Der warmherzige Mann war ihre Rettung bei einer Autopanne gewesen. Er leitete seine Autowerkstatt im Süden von München. Seine sanften braunen Augen waren das Erste gewesen, in das sie sich verliebt hatte. Auch seine offene, ruhige Art hatte ihr sofort gefallen.

Sie hatte gern eingewilligt, als er sie zum Essen eingeladen hatte. Dem einen Abend waren viele weitere gefolgt, und nun wollten sie heiraten.

Magnus war gütig und bodenständig. Er wusste, was er erreichen wollte, und steuerte zielstrebig darauf zu. Ebenso wie sie wünschte er sich eine große Familie. Ja, Magnus war ihr Traummann, daran gab es für sie keinen Zweifel.

„Wollen wir uns über das Picknick hermachen, das ich für uns eingepackt habe?“ Mina beugte sich vor und angelte den Korb unter dem Mittelsitz hervor. Das Ruderboot schwankte dabei beträchtlich. „Ich hoffe, du hast ordentlichen Hunger mitgebracht.“

„Nicht so richtig. Neben der Arbeit und den Vorbereitungen für die Hochzeit vergesse ich das Essen meistens.“

„Gesund ist das aber nicht. Du brauchst etwas in den Magen, sonst passt du an eurem großen Tag zweimal in dein Brautkleid.“ Mina lüftete den Korb und brachte allerlei Köstlichkeiten hervor: Gläser mit buntem Salat, den sie nur noch mit einem Dressing übergießen mussten. Dazu hatte sie Baguette gebacken, das wunderbar frisch duftete.

Es gab selbstgemachte Kräuterbutter und eine Schale mit Blätterteigrollen, die würzig gefüllt waren. Und zum Dessert wartete Apfeltarte mit einem Klecks Vanillecreme.

„Nichts mehr“, wehrte Linnea stöhnend ab, als ihre Freundin ihr ein zweites Stück Tarte anbot. „Wenn ich noch mehr esse, sinken wir hier mitten auf dem See!“

„Darauf lasse ich es gern ankommen. In letzter Zeit hast du elend ausgesehen. Und viel zu dünn“, erwiderte Mina mit der unverblümten Offenheit einer guten Freundin.

„Es war eine gute Idee, herzukommen.“ Linnea lehnte sich auf der Ruderbank zurück und genoss die warmen Sonnenstrahlen und den leichten Wind, der ihre Haut streichelte.

Sie arbeitete als Logopädin in der Waldner-Klinik. Ihre Patienten kamen mit den unterschiedlichsten Sprachstörungen zu ihr. Manche waren noch Kinder, andere schon Senioren. Stottern, Sprachausfälle oder fehlende Stimmbänder – die Ursachen für die Behandlungen waren völlig unterschiedlich. Linnea liebte ihre Arbeit und fand rasch einen Draht zu ihren Patienten.

„Morgen Nachmittag muss ich zur Anprobe in den Brautladen. Magst du mitkommen? Hinterher könnten wir ins Kino gehen.“

„Das klingt toll, aber ich kann leider nicht. Morgen habe ich den Abenddienst im Hotel.“ Mina stützte einen Ellbogen auf dem Rand des Ruderboots auf. „Kommen deine Großeltern nun auch zu eurer Hochzeit?“

„Ja, ist das nicht wunderbar? Die Reise von Schweden zu uns fällt ihnen leider nicht mehr so leicht wie früher, aber sie möchten unbedingt dabei sein. Ich freue mich so darauf, sie wiederzusehen.“ Linnea konnte es kaum erwarten, all ihre Lieben um sich zu haben.

Ihre Mutter stammte aus Schweden, wo sie noch viele Verwandte hatte, und ihr Vater kam aus München. Ihre Eltern hatten sich während eines Urlaubs kennengelernt und waren seit fast dreißig Jahren verheiratet. Einmal im Jahr, zur Weihnachtszeit, traf sich die Familie in dem gemütlichen Landhaus ihrer Großeltern. Das war immer ein großes Fest.

Linnea lächelte verträumt. Da schob sich mit einem Mal eine Wolke vor die Sonne. Sofort kühlte es spürbar ab. In der Nähe wurde das Dröhnen eines Motorbootes laut.

Aus nordwestlicher Richtung rauschte eine Yacht über das Wasser heran. Bunte Lichter flackerten an Deck. Die Bässe der Musik wummerten laut. Gelächter und Stimmen waren zu hören.

„Da steigt offenbar eine wilde Party.“ Mina richtete sich auf. „Sag mal: Müssten die nicht abdrehen? Sie fahren ja geradewegs auf uns zu!“

„In der Tat.“ Linnea griff nach den Rudern. „Ich werde uns ein Stück näher an die Herreninsel heranbringen. Nur für alle Fälle.“ Sie stemmte sich in die Ruder, drehte das Boot in Richtung Insel und ruderte los.

„Das gibt es doch nicht!“ Mina richtete sich kerzengerade auf. „Die folgen uns!“

Tatsächlich hatte die Yacht soeben ihre Richtung geändert und kam weiterhin geradewegs auf sie zu. Sie war vielleicht noch zweihundert Meter entfernt – und kam stetig näher.

„Die müssen uns doch sehen!“ Linnea riss die Augen auf und verdoppelte ihre Anstrengungen. Sie ruderte so kräftig, wie sie konnte, aber die Yacht steuerte weiterhin auf sie zu! Der Lärm von Musik und Motor rauschte in ihren Ohren und vermischte sich mit dem wilden Dröhnen ihres Herzschlags. Etwas in ihr weigerte sich, zu begreifen, dass die Yacht sie unweigerlich rammen würde, wenn sie nicht bald, sehr bald, ihre Richtung änderte!

„Was machen die denn nur?“ Die Stimme ihrer Freundin überschlug sich beinahe. „Hey! Ihr müsst uns doch sehen! Heeeey!“ Mina sprang auf und wedelte aufgeregt mit den Armen, wobei das Ruderboot bedrohlich ins Wanken geriet.

Die Yacht war nun auf achtzig Meter heran. Siebzig. Sechzig …

Linnea warf bange Blicke umher. Vom schützenden Ufer der Herreninsel waren sie noch ein gutes Stück entfernt. Zu weit, um sich dorthin zu retten. Und wenn sie über Bord sprangen?

Die Vorstellung, im Wasser von den wirbelnden Blättern des Antriebs erfasst zu werden, ließ sie schaudern. Nein, im Inneren des Ruderboots waren sie sicherer. Oder?

Linnea ruderte schneller. Keuchend stemmte sie sich in die Ruder und versuchte, sie näher an das Ufer zu bringen. Vielleicht war das Wasser dort flach genug, um die Yacht aufzuhalten?

Ihre Freundin rief und brüllte etwas, was nicht zu verstehen war.

Inzwischen war auch eines der Fahrgastschiffe auf ihre Notlage aufmerksam geworden und ließ warnend das Schiffshorn erklingen. Auf der Yacht gab es jedoch keine Reaktion. Mit unverminderter Geschwindigkeit raste sie auf das Ruderboot zu.

Linneas Herz zersprang beinahe vor lauter Angst.

Ihre Freundin schrie auf.

„Weg da! Weg!“

Mit einem ohrenbetäubenden Krachen schlug die Yacht gegen das Ruderboot. Linnea wurde von einer ungeheuren Macht erfasst und durch die Luft gewirbelt. Für eine winzige Ewigkeit fühlte sie sich schwerelos. Aber dann kam der Schmerz. So wild und unbarmherzig, dass die Welt plötzlich in dunkle Schlieren getaucht wurde.

Magnus, wirbelte es noch durch ihren Kopf.

Dann wusste sie nichts mehr.

Flackernde Lichter blendeten sie. Linnea blinzelte. Die Welt schien zu schwanken. Plötzlich waren da Stimmen. Sie verstand nur Bruchstücke. Schwer verletzt … Sieht nicht gut aus … ein neues Herz, sonst wird sie es nicht schaffen …

Sprach man über sie? Nein, so schlecht konnte es ihr nicht gehen. Immerhin hatte sie keine Schmerzen. Nur ein dumpfes Gefühl. So, als würde ihr Körper nicht länger ihr gehören. Bin ich tot?

Die Dunkelheit riss sie wie ein Strudel mit sich. Die Stimmen verschwammen zu einem Rauschen. Linnea kämpfte dagegen, wollte wach bleiben, aber sie konnte es nicht. Wieder kroch die Dunkelheit heran wie ein hungriges Raubtier und riss sie mit sich fort in einen bodenlosen Abgrund. Und damit sollte sich alles, alles ändern …

***

Zwei Monate später …

„Hast du deine Sachen eingepackt, Liebes?“ Magnus blickte von der offenen Reisetasche auf ihrem Bett hoch.

Linnea legte ihren E-Reader oben auf ihre Garderobe und nickte.

„Jetzt ja.“

„Prima, dann können wir los. Ich wette, du kannst es nicht erwarten, dieses Etablissement zu verlassen und wieder nach Hause zu kommen, oder?“ Ein liebevolles Lächeln erhellte sein markantes Gesicht. Seine Haut war auch jetzt, im Herbst, sonnengebräunt, weil er sich gern und oft im Freien aufhielt.

Die kleine Narbe an seiner rechten Augenbraue stammte von einem Einsatz bei der Freiwilligen Feuerwehr. Seine dunklen Haare waren stets ein wenig zerzaust, weil er die Angewohnheit hatte, sich beim Nachdenken mit einer Hand hindurchzufahren.

Linnea blickte sich prüfend in dem Zimmer um, das fast einen Monat lang ihr Zuhause gewesen war. Das Sanatorium befand sich im Zillertal, rund anderthalb Autostunden von München entfernt. Hier hatte sie ihre Reha hinter sich gebracht.

Geschlafen hatte sie in einem Einzelzimmer, weil sie fast jede Nacht schreiend aus Alpträumen hochschreckte. Jede Nacht durchlebte sie den Unfall erneut und wachte schweißgebadet und mit wild keuchendem Atem auf. Die Psychologin hatte ihr versichert, dass die Träume und die Todesangst irgendwann nachlassen würden, aber bis jetzt sah es nicht danach aus.

Sie griff nach ihrer Jacke, aber ihr Verlobter nahm sie ihr ab.

„Die trage ich für dich.“ Magnus schloss den Reißverschluss ihrer Reisetasche und nahm sie an sich. Dabei blinzelte er ihr zu. „Gewöhn dich dran, Liebes: Ich werde dich nach Strich und Faden verwöhnen.“

„Haben Sie ein Glück.“ Schwester Antje war gekommen, um Linnea zu verabschieden. Lächelnd drückte sie ihr nun die Hand und wünschte ihr alles Gute.

Linnea bedankte sich und biss die Zähne zusammen, weil sie leider gar nicht das Gefühl hatte, Glück zu haben. Sie wollte nicht, dass Magnus ihr jeden Handgriff abnahm. Sie wollte sich wieder um sich selbst kümmern können. Und auch ihren Körper hätte sie gern wieder so gehabt, wie er vor dem Unfall gewesen war.

Wenn ihr Blick den Spiegel streifte, erkannte sie sich selbst kaum wieder: Dünn war sie geworden. Ihr linkes Bein war bei dem Unfall zertrümmert worden. Auch nach drei Operationen litt sie noch unter Schmerzen und humpelte sichtlich. Ohne Gehhilfe ging es nicht. Das war jedoch nicht das Schlimmste.

Bei dem Zusammenstoß hatten sich Holzsplitter in ihr Herz gebohrt und es so stark beschädigt, dass die Ärzte es nicht hatten retten können. Eine Woche lang hatte eine Herz-Lungen-Maschine sie am Leben gehalten, bis sich ein Spenderorgan für sie gefunden hatte. Nun schlug in ihrer Brust ein Herz, das nicht ihres war.

Es fühlte sich an, als ob … oh, sie konnte es kaum in Worte fassen. Fremd war es. Beängstigend. Der Gedanke, das Organ eines toten Menschen in sich zu tragen, verfolgte sie.

Während der Reha hatte Linnea gelernt, dass ihr neues Herz nicht sofort auf Stress und Anstrengungen reagierte, sondern zeitlich verzögert. Das lag an den durchtrennten Herznerven. Ihr Puls passte sich Belastungen nur langsam an. Wenn sie sich anstrengte, brach das wilde Herzklopfen so plötzlich wie ein Wirbelsturm über sie herein. Mit voller Wucht!

Anfangs war Linnea dann jedes Mal in Panik geraten und sicher gewesen, jeden Augenblick zu sterben. Inzwischen wusste sie, was mit ihr geschah, aber daran gewöhnen würde sie sich wohl nie.

Die Ärzte hatten ihr eine Liste mit Verhaltensmaßregeln gegeben, die weit länger war als die für ihre Hochzeit.

Sie musste zum Beispiel täglich drei Liter trinken, um ihre Nieren durchzuspülen, die wegen der zahlreichen Medikamente Höchstleistungen vollbringen mussten. Linnea bekam Mittel, die eine Abstoßung des fremden Herzens verhindern sollten. Dazu Blutdrucksenker, eine sechsmonatige Pilz-‍, Viren und Toxoplasmoseprophylaxe, Vitamine und einen Cholesterinsenker.

Die Liste mit Vorschriften ging weiter: penible Hygiene. Dreimal täglich den Blutdruck messen. Keine Grapefruits. Kein Kontakt zu Blumenerde oder Biomüll wegen der Gefahr eines Pilzbefalls. Ihr geliebtes Kätzchen musste sie auch hergeben. Dazu regelmäßig Sport, um ihr Herz zu trainieren.