Drachentöter - Die Rache - Ronald Dunckert - E-Book

Drachentöter - Die Rache E-Book

Ronald Dunckert

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Beschreibung

Nachdem Georg den Drachen besiegt hat, will er eigentlich die Früchte seiner Heldentat ernten. Doch dazu kommt es nicht. Ein weitaus mächtigerer Feind stellt sich ihm in den Weg und Georg muss lernen, dass er keineswegs unverwundbar ist. Gekränkt und betrogen kämpft Georg um seine Ehre. Er ändert sein Wappen und geht in die Schule der Ritterschaft. Doch wie es scheint, ist Rache kein wirksames Mittel gegen die Ungerechtigkeiten der Welt. Wer Wind sät, erntet Sturm …

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Drachentöter

BAND 2: DIE RACHE

Ein Escape-Roman

 

 

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Impressum

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© 2023 Bibellesebund Verlag, Marienheide,in Kooperation mit Kleine Propheten, Wuppertal

© 2023 der E-Book-Ausgabe

Bibellesebund Verlag, Marienheide

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kleine-propheten.de

Autor: Ronald Dunckert

Lektorat: Iris Voß

Titelgestaltung: Ronald Dunckert

Illustrationen: Ronald Dunckert

Layout des E-Books: Inge Neuhaus

Printausgabe: ISBN 978-3-95568-561-4

E-Book: ISBN 978-3-95568-538-6

Hinweise des Verlags:

Abhängig vom eingesetzten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des Textes und der Bilder kommen.

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Inhalt

Titel

Impressum

Zum Autor

Die Handlung des ersten Buches

Vorwort

DIE KRÄNKUNG

27

56

77

30

DIE LEKTION

57

155

162

60

DAS ANGEBOT

81

145

160

84

IRRWEGE

123

175

202

126

DER TAUSCH

147

40

55

152

DER GEFANGENE

167

65

78

170

DIE FLUCHT

187

195

203

190

DIE WÄCHTER

209

136

143

212

SCHLUSS

Hinweise

Hinweis zum Rätsel aus „Die Kränkung“

Hinweis zum Rätsel aus „Die Lektion“

Hinweis zum Rätsel aus „Das Angebot“

Hinweis zum Rätsel aus „Irrwege“

Hinweis zum Rätsel aus „Der Tausch“

Hinweis zum Rätsel aus „Der Gefangene“

Hinweis zum Rätsel aus „Die Flucht“

Hinweis zum Rätsel aus „Die Wächter“

Auflösungen

Auflösung zum Rätsel aus „Die Kränkung“

Auflösung zum Rätsel aus „Die Lektion“

Auflösung zum Rätsel aus „Das Angebot“

Auflösung zum Rätsel aus „Irrwege“

Auflösung zum Rätsel aus „Der Tausch“

Auflösung zum Rätsel aus „Der Gefangene“

Auflösung zum Rätsel aus „Die Flucht“

Auflösung zum Rätsel aus „Die Wächter“

Ende

Zum Autor

Ronald Dunckert, Jahrgang 1967, ist verheiratet und Vater von vier Kindern, Illustrator und Mitgründer der Werbeagentur »unikat« sowie der »Kleinen Propheten« in Wuppertal.

Ich aber sprach:

Ach, Herr, die Leute sagen von mir:

Redet der nicht immer in Rätseln?

(AUS DEM BUCH HESEKIEL)

Die Handlung des ersten Buches

»Der Lehrling«

Georg, dessen Mutter schon früh gestorben war, lernt bei seinem Vater das Schmiedehandwerk. Doch auch sein Vater wird krank und stirbt. Damit ist der jugendliche Georg plötzlich auf sich allein gestellt. Er schließt sich dem geheimnisvollen Drachentöter Marduk an und wird sein Lehrling. Die junge Grete will mit den beiden ziehen, weil sie sich in ihrem Leben auch nach einer bedeutenden Aufgabe sehnt, aber Georg gelingt es, sie davon abzubringen. Als Marduk und Georg schließlich den Drachen aufgespürt haben, stellt sich der Meister vor seinen Schüler und kommt im Feuer des Drachen um.

Einige Zeit später erreicht Georg die Burg Elms Trutz und lernt dort den Scharlatan und Quacksalber Just kennen, den er vor der aufgebrachten Menschenmenge rettet. Lena, die Tochter des Herzogs, zieht ihn seltsam in ihren Bann. Der Drache, der Marduk getötet hatte, erscheint. In seinem Hals steckt noch immer Marduks Lanze. Als der Herzog verkündet, dem seine Tochter zur Frau zu geben, der diesen Drachen zur Strecke bringen wird, glaubt Georg, nun seine Aufgabe gefunden zu haben.

Während er mit Marduks Planwagen und den beiden mächtigen Drachenhunden Drako und Fafnir den Drachen verfolgt, begegnet er Dragomir, einem zwielichtigen Magier. Vor den Mauern eines Klosters wird er von dem Drachen angegriffen, kann sich aber in das Kloster flüchten und wird dort von Bruder Franz und dem Orden der Grauen Brüder aufgenommen. Er erfährt aus der Bibel, dass schon ganz am Anfang der Menschheit ein Drachentöter oder Schlangenzertreter verheißen worden war, der im Kampf gestorben und dennoch Sieger geblieben ist – eine merkwürdige Geschichte, deren Sinn Georg nicht versteht.

Auf seinem weiteren Weg stellt sich ihm ein Raubritter in den Weg – Giso von Harm, den er schon auf Elms Trutz gesehen hatte. Dank seiner Hunde Drako und Fafnir besiegt er ihn im Kampf und erreicht schließlich die Drachenhöhle. Zu seiner großen Überraschung greift ihn der Drache nicht an. Die Lanzenwunde in seinem Hals hat ihn kampfunfähig gemacht. Georg tötet ihn ohne Gegenwehr.

In diesem Augenblick begreift er die Prophezeiung der Bibel: Jesus hat dem Teufel durch seinen eigenen Tod eine tödliche Wunde beigebracht. Der Feind ist bereits besiegt.

Vorwort

Rätselhaft sind die Wege der Menschen. Auch im Leben des jungen Georg blieben viele Fragen offen. Wohl deshalb entschied er sich, das Kloster der Grauen Brüder noch einmal aufzusuchen, denn um richtige Entscheidungen treffen zu können, muss man Weisheit lernen. In diesem Band wirst du, liebe Leserin, lieber Leser, vor acht Rätseln stehen, die du lösen musst, um den Fortgang der Geschichte zu entschlüsseln.

Aber Achtung! Es gibt noch ein weiteres Rätsel, das sich wie ein roter Faden durch alle drei Bände dieser Buchreihe zieht. Es ist das Rätsel des Lebens – also auch deines Lebens. In diesem Rätsel geht es um uns Menschen und um Gott. Allerdings spielt da noch eine weitere, sehr finstere Gestalt eine Rolle. Gott hat nämlich einen Widersacher, der entschlossen versucht, Gottes Pläne mit uns zu durchkreuzen: den Teufel. Viele Menschen halten ihn heute für eine Sagengestalt, aber leider ist er das nicht. Die Bibel spricht nicht viel über ihn, aber wenn sie das tut, benutzt sie meistens Bilder, um seine Bosheit und Gefährlichkeit zu beschreiben. Sie nennt ihn den Drachen oder die alte Schlange (zum Beispiel im 12. Kapitel der Offenbarung). Manchmal bezeichnet sie ihn mit dem alten hebräischen Wort Leviathan.

Jesus ist gekommen, um diesen gefährlichen Gegner zu besiegen. Er ist der wahre Drachentöter. Auch Georg hat im ersten Band gelernt, dass dem Drachen nur beizukommen war, weil er bereits eine tödliche Wunde erhalten hatte. Aber rätselhaft: Obwohl dieser Feind schon besiegt ist, geht immer noch Gefahr von ihm aus. Davon handelt der zweite Band. Hier wird also gar nicht nur Georgs Geschichte erzählt, sondern ein Stück weit auch deine eigene. Aber dieses Rätsel wirst nur du selbst lösen können.

Hier noch einmal das Prinzip dieses Buches: In der Mitte eines jeden Kapitels steht unser Held vor einem Rätsel. Und nicht immer ist klar, wonach eigentlich gesucht wird. Mal steckt die Lösung im Text, mal entdeckt man sie in einem Bild, dann wieder findet sie sich dort, wo niemand sie vermutet hätte. Nur eines ist klar: Am Ende muss jedes Mal eine Zahl herauskommen, die zur Fortsetzung der Erzählung führt. Denn die Reihenfolge der Kapitel ist ein einziges Durcheinander. Wirst du es schaffen, Licht ins Dunkel zu bringen?

Wenn du gar nicht weiterkommst, findest du am Ende des Buches einen Hinweis und auch die vollständige Lösung.

DIE KRÄNKUNG

Jegliches Ding hat seine Zeit

und alles Vornehmen unter dem Himmel seine Stunde.

Zeit zum Niederreißen und Zeit zum Erbauen.

Zeit, Steine zu werfen, und Zeit, Steine zu sammeln.

Zeit zum Schweigen und Zeit zum Reden.

Zeit zum Lieben und Zeit zum Hassen.

Der Krieg hat seine Zeit, der Friede hat seine Zeit.

(AUS DEM BUCH DES PREDIGERS)

as Kloster der Grauen Brüder lag auf der kahlen Kuppe eines Berges, der von ausgedehnten Wäldern umgeben war. Zwischen der äußeren Mauer und dem Haupteingang führte einen der Weg durch einen lieblichen Garten voll blühender Blumen und schattenspendender Bäume. Ein Bachlauf bewässerte den Garten und staute sich in einem Teich, auf dem sich Seerosen ausbreiteten. Libellen schwirrten darüber. Aus diesem Garten ragte ein steinerner Bogen auf, dem Eingangsportal gegenübergelegen und teilweise von Efeu und wildem Wein überwuchert. In diesen Bogen waren Worte aus dem Evangelium des Johannes eingraviert: »Niemand hat größere Liebe als die, dass er sein Leben lässt für seine Freunde.«

An den Rändern dieses üppigen Gartens schlossen sich die Nutzgärten an. Hier wuchsen Obst und Gemüse, hier baute man Getreide an, das gemahlen und zu Brot verarbeitet wurde, hier pflanzte man Kräuter, die sowohl für die Küche wie auch als Arznei gebraucht wurden.

Diese Nutzgärten zogen sich seitlich um das Gebäude herum und endeten an der Rückseite des Klosters, wo die Landschaft einen ganz anderen Eindruck erweckte. Hier war der Boden karg und steinig. Trockenes Gras wuchs spärlich darauf und stachelige Hecken säumten die blanken Felsen.

An dieser Stelle war ich damals bei meinem ersten Besuch des Klosters dem Drachen begegnet. Hier befand sich der Hintereingang, wo über dem Tor stand »Ich bin die Tür«. Durch diese Tür hatte ich mich damals in das Kloster geflüchtet.

An diesem sonnigen Nachmittag war kein Drache zu sehen, stattdessen konnte man schon von Weitem die Geräusche von Spaten und Spitzhacken hören, mit denen das Land bearbeitet wurde. Mit vereinten Kräften waren die Mönche dabei, die Nutzgärten zu erweitern und weiteres Land urbar zu machen. Seite an Seite mit den Klosterbrüdern arbeitete auch ich hier unter der sengenden Sonne. Es machte mir Freude, ihnen etwas zurückzugeben, nachdem ich nun schon über ein Jahr lang ihr Gast war.

»Georg, mein Sohn!«

Ich ließ den Spaten sinken und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Mit Hacke und Schaufel war ich schon den ganzen Nachmittag damit beschäftigt, Steine aus dem Acker des Klosters zu graben. Obst und Gemüse sollten hier einmal aus der Erde wachsen. Aber bis dahin schien es noch ein weiter Weg zu sein.

»Vor den Erfolg setzten die unsterblichen Götter den Schweiß«, sagte Bruder Gerlach mit dem Silberbart. Der Alte war von der mühsamen Feldarbeit befreit, die ansonsten für alle Bewohner des Klosters zum Pflichtprogramm gehörte. Ordensregel nannten sie es. Dazu gehörte es eben auch, das Land zu bebauen und alles dort anzupflanzen, was die Brüder zum Leben brauchten. »Steht das auch in der Bibel?«, fragte ich.

Bruder Gerlach klopfte mir lachend auf den Rücken. »Gut aufgepasst!«, lobte er mich. »Nein, das ist natürlich nicht aus der Bibel. Das hat ein alter griechischer Dichter gesagt, Hesiod hieß er.«

Bruder Gerlach bereitete es großes Vergnügen, mir Zitate aus der Bibel zu nennen, die ich mir einprägen sollte. Oft unterhielten wir uns dann auch über den Zusammenhang, in dem diese Worte standen. Trafen wir uns später wieder, fragte er nach, was ich davon behalten hatte. Sein Gedächtnis schien unerschöpflich zu sein.

»Der Mann war übrigens nicht nur Dichter, sondern auch Bauer«, erläuterte der Alte. »Du merkst also: Er wusste, wovon er redete.«

Bruder Ludger kam vorbei. Auch er war schweißnass und trug einen Spaten über der Schulter. »Muss ich mir Sorgen machen?«, keuchte er. »Du zitierst Heiden, Bruder Gerlach?«

»Wenn sie kluge Sachen sagen, warum nicht?«

Der Alte schmunzelte und ließ sich auf einer der steinernen Bänke nieder. Ich setzte mich neben ihn.

»Steine sammeln hat seine Zeit, Steine wegwerfen hat seine Zeit«, sagte er und blinzelte in die Sonne.

»Und wer hat das gesagt?«, fragte ich.

»Das ist diesmal aus der Bibel«, antwortete er, »von König Salomo.«

Ich wunderte mich, wie Bruder Gerlach das alles behalten konnte.

»Ich freue mich, dass du dich so eifrig einbringst, Georg. Man könnte meinen, du gehörtest schon ganz dazu.«

»Ich bin jetzt über ein Jahr bei euch. Ich habe viel gelernt. Aber deshalb ist es auch Zeit, wieder aufzubrechen.«

»Ich dachte mir, dass du das sagen würdest«, sagte der Alte, ohne die Augen zu öffnen. »Mein Leben ist schon fast zu Ende gelebt. Aber dein Leben liegt noch vor dir. Pläne schmieden ist das Privileg der Jugend.«

Eine Weile schwiegen wir gemeinsam. Dann sagte ich: »Damals, als ich zum ersten Mal bei euch im Kloster war, hast du mir die Geschichte vom Erlöser erzählt, der dem Drachen den Kopf zertreten soll. Das hat mich sehr beschäftigt. Aber so ganz verstanden habe ich es immer noch nicht.«

Bruder Gerlach schaute mich an und drehte sein Gesicht dann wieder in die Sonne. »Na, das hätte mich auch gewundert«, sagte er.

»Erklärst du’s mir?«

Eine Weile lang kraulte der Alte seinen silbernen Bart und schwieg. Dann sagte er: »Gott hatte ein Problem – wenn du erlaubst, dass ich das so sage.«

Ich zuckte mit den Schultern. Natürlich durfte er das sagen – zumindest, wenn er mich fragte und der strenge Bruder Ludger gerade nicht in Hörweite war.

»Die Menschen hatten seine Ordnung übertreten. Die Sünde war in die Welt gekommen. Das Vertrauen zwischen den Menschen und Gott war zerstört. Die Gerechtigkeit war dahin. In seiner unendlichen Heiligkeit musste Gott eingreifen. Es ging nicht anders. Eigentlich gab es nur eine einzige angemessene Reaktion auf diesen Frevel: Er musste die Menschen, die er doch gerade erst erschaffen hatte, mit dem Tod bestrafen.«

»Hat er aber nicht gemacht«, antwortete ich. »Warum?« Der Alte dachte nach. Dann antwortete er: »Der Prophet Jesaja schreibt: ›Gott sprach: Sie sind ja mein Volk, Kinder, die nicht falsch sind. Darum wurde er ihr Heiland.‹ Merkst du was? Gott liebt uns. Seine Gerechtigkeit verlangt nach Strafe, aber seine Liebe hat unendliches Mitleid mit uns. Das meinte ich damit, als ich sagte, Gott hatte ein Problem.«

»Und was hat er gemacht?«

»Er wurde ihr Heiland.«

»Du meinst: Er schickte den Menschen einen Erlöser.«

»Nein, Georg. Ich meine: Er selbst wurde dieser Erlöser. Er hat niemanden geschickt. Er kam selbst. Er kam nicht als verkleideter Gott zu Besuch, sondern er wurde so echt und real Mensch, dass er wie jeder andere Mensch geboren werden musste und auch als Mensch gestorben ist. Und dennoch war dieser Mensch, der unter dem Namen Jesus etwa dreißig Jahre lang auf der Erde lebte, gleichzeitig der ewige Gott.«

»Verrückt!«, sagte ich.

»Ja«, stimmte mir der Alte zu und lachte. »Das ist wirklich verrückt.«

In diesem Moment kam Ludger wieder vorbei. Er legte die Stirn in Falten und sagte: »Bruder Gerlach, ich weiß nicht, ob das so richtig ist, was du unserem jungen Novizen da erzählst. Erst zitierst du heidnische Dichter und jetzt erzählst du, dass Gott verrückt ist?«

Der Alte schüttelte lächelnd den Kopf. »Erstens, mein lieber Ludger: Georg ist gar kein Schüler unseres Ordens, sondern ein Gast. Zweitens: Hast du schon mal davon gehört, dass jemand aus Liebe die verrücktesten Dinge tut? Nur damit die Dame seines Herzens begreift, dass er sie liebt? So ist Gott. Er liefert sich selber aus, er opfert sich, und das macht er alles nur unsretwegen, damit wir mit unseren steinharten Herzen begreifen, wie sehr er uns liebt. Man könnte auch sagen: Er sammelt die Steine aus dem Acker unserer Herzen.« Gerlach machte eine Pause. »Nein – verstehen kann man das nicht«, sagte er. Dann pochte er auf seine Brust. »Aber spüren kann man es – wenn man sich darauf einlässt.«

»Ich wollte, ich wäre damals auf der Erde gewesen«, platzte es aus mir heraus. »Muss es nicht großartig gewesen sein, dieser Liebe zu begegnen?«

Der Alte tätschelte meine Hand »Genau, Georg, genau!« Dann hob er den Zeigefinger und seine Miene wurde ernst. »Und trotzdem – das muss man sich mal vorstellen – haben ihn viele Leute gehasst.«

»Warum?«

»Tja, warum?« Der Alte wiegte seinen Kopf hin und her. »Weil die Herzen der Menschen böse sind. Was da so alles an Steinen drin versteckt ist: Hass, Neid, Mordgedanken, verletzter Stolz … Und nun kam einer, der ihnen so mir nichts, dir nichts mitten ins Herz hineinschaute. Die Menschen wollen Gott am liebsten auf Distanz halten. Dass er ihnen so nahekommt, ertragen sie nicht.«

»Verstehe ich nicht.«

»Gott ist nicht einfach ein netter Kerl, musst du wissen. Er ist heilig. Er ist ein brennendes Feuer. An Feuer kann man sich wärmen. Aber man kann sich auch daran verbrennen.«

Bruder Franz kam vorbei. »Na, haltet ihr ein Schwätzchen?«

Der Alte zwinkerte mir zu. »Genau. Ein Schwätzchen«, sagte er. »Wusstest du eigentlich, dass unser junger Freund uns verlassen will?«

»Das will ich meinen«, antwortete Franz. »Er hat da noch eine schöne Maid, die sehnsüchtig auf ihn wartet. Seit über einem Jahr steht sie jeden Abend auf dem Balkon und hält Ausschau nach ihm.«

Ich boxte ihn in die Seite.

»Ganz ehrlich, Georg, ich bedaure, dass du gehst. Aber ich würde es an deiner Stelle auch so machen.«

»Ja«, sagte der Alte gut gelaunt, »geh ruhig. Aber wenn sie dir nicht gefällt, darfst du jederzeit wiederkommen.« Wir lachten gemeinsam und mir wurde bewusst, wie gut es tut, echte Freunde zu haben, die sich ohne Neid für den anderen freuen können.

Den meisten Brüdern merkte man es an, dass sie nicht ihr ganzes Leben im Kloster verbracht hatten. Sie interessierten sich durchaus auch für Dinge außerhalb der Klostermauern und nahmen Anteil am Leben der übrigen Menschen. Sie waren in der Lage, zu arbeiten, und das taten sie keineswegs – wie hier im Klostergarten – nur für sich selbst. Ein Teil der geernteten Früchte war stets reserviert, um allen Bedürftigen, die an die Türe klopften, reichlich geben zu können.

Die Mönche selbst lebten äußerst karg und nicht selten stand ich hungrig von den Mahlzeiten wieder auf. Es gab aber auch Brüder, bei denen man den Eindruck hatte, als hätte ihr Leben gar keinen Bezug mehr zur Welt außerhalb des Klosters. Ihr Leben schien nur noch aus Singen, Beten und dem Studium der heiligen Schriften zu bestehen. Von diesen konnte man nicht viel lernen, weil sie die Fragen der »normalen« Menschen gar nicht verstanden. Dagegen hoben sich vor allem Franz und Bruder Gerlach wohltuend ab. Beide hatten einmal ein ganz anderes Leben geführt und sich dann sehr bewusst für das Mönchsein entschieden. Vom alten Bruder Gerlach wusste ich, dass er ein sehr vermögender Kaufmann gewesen war, der mit kostbaren Stoffen aus dem Orient gehandelt hatte. Ein Krieg hatte ihm alles geraubt: Frau und Kinder, sein Geschäft, seinen Reichtum und seinen Seelenfrieden. Aber nach langer Suche fand er den wieder. Nie wieder bin ich einem Menschen begegnet, der mehr Frieden ausstrahlte als er. Ich betrachtete ihn als ein lebendes göttliches Wunder und freute mich über jedes Gespräch, das wir miteinander führten.

Auch Bruder Franz hatte eine Vorgeschichte, doch war er über eine Andeutung niemals hinausgekommen. Offensichtlich waren die Ereignisse noch zu frisch und die Erinnerung daran zu schmerzhaft, um die Geschichte zu erzählen. Und obwohl es mich sehr interessiert hätte, wagte ich nicht, weiter in ihn zu dringen.

Vor allem von diesen beiden würde mir der Abschied schwerfallen. Aber es musste sein. Das Leben hatte noch andere Herausforderungen für mich zu bieten. Ein gutes Jahr nachdem ich den Drachen besiegt hatte, musste ich nun das Zwischenspiel im Kloster beenden und die Geschichte da weitergehen lassen, wo sie unterbrochen worden war: Es war der Herzog von Elm gewesen, der mir in seiner Angst seine Tochter Lena versprochen hatte, für den Fall, dass ich den Drachen zur Strecke brächte. Und nun wollte ich den Lohn für meine Arbeit einfordern.

So spannte ich nicht lange danach mein Pferd an. Fafnir sprang neben mir auf meinen Planwagen. Der gewaltige schwarze Drachenhund hatte sich schon früher als treuer Begleiter und Lebensretter erwiesen. Ich verabschiedete mich von meinen Freunden aus dem Kloster.

Nun reiste ich also wieder ins Unbekannte. Denn von dem, was vor mir liegen mochte, fehlte mir eine präzise Vorstellung. Ich ritt mit gemischten Gefühlen. Da war Vorfreude, denn die Tochter des Herzogs, die mir versprochen worden war, hatte seit unserer ersten und einzigen kurzen Begegnung einen festen Platz in meinem Herzen und meinen Gedanken eingenommen. Wie oft hatte ich sie seitdem in meinen Tagträumen auf dem Balkon stehen sehen, die eine Hand auf der Brüstung, die andere in ihrem dunklen Haar. Da war auch Stolz, denn dass der Herzog mir seine Tochter geben sollte, war auch die Bestätigung meiner Verdienste als Drachentöter. Ich hatte den Auftrag angenommen und ich hatte ihn erfolgreich ausgeführt. Ich war kein Lehrling mehr. Als Jugendlicher war ich damals von zu Hause aufgebrochen. Wenn ich nun den Sieg über den Drachen melden würde, so täte ich das als Mann, der seinen Wert kennt und weiß, was er geleistet hat.

In diese Überlegungen mischte sich auch eine leichte Spur von Sorge. Als ich damals vor zwei oder drei Jahren meine Schmiede verlassen hatte, um mich dem Meister anzuschließen – ohne die Türe zu schließen oder das Feuer der Esse zu löschen –, da fühlte ich nicht die geringste Furcht vor dem, was auf mich zukommen würde. Freilich hatte ich auch gar keine Vorstellung davon. Ich war naiv. Das Leben war ein einziges Abenteuer und ich war neugierig auf alles, was es zu bieten hatte.

Oh ja, neugierig war ich immer noch. Aber ich wusste inzwischen, dass das Leben auch so manche bittere Pointe bereithielt. Der Meister war gestorben, Drako, einer meiner beiden Hunde, war vor meinen Augen verblutet und Leute ohne jedes Ehrgefühl hatten versucht, mich heimlich zu berauben und abzuservieren. Außerdem war mir bewusst, dass ich nur sehr wenig Ahnung von höfischer Sitte hatte. Wie benimmt man sich in Gegenwart von Fürsten? Wie hält man um die Hand einer Tochter aus vornehmem Hause an? Auf diesem Parkett konnte es unter Umständen rutschig werden. Aber dann dachte ich an Lena, die so einfach und ungezwungen gewesen war. Und ich dachte an den Herzog, der sich in seiner Angst auch an mich gewandt hatte. Gewiss konnte ich bei ihm auf Dankbarkeit hoffen. Man wird mir Zeit geben, so sagte ich mir, mich mit den Sitten bei Hofe vertraut zu machen.