Drachenzunge - Seine erste Reise - Thomas Wehlus - E-Book

Drachenzunge - Seine erste Reise E-Book

Thomas Wehlus

0,0

Beschreibung

Als sich der Koch Wolfgang und der verzauberte Löffel Drachenzunge gemeinsam auf den Weg in die Hauptstadt des kleinen Königreichs machen, ahnen sie noch nichts von den schicksalhaften Begegnungen und Abenteuern, die ihnen bevorstehen. Während Drachenzunge immer mehr seine magischen Fähigkeiten entdeckt, wandelt sich Wolfgang zu einem Helden, in dessen Händen das Wohl zweier Königreiche ruht. Getragen von der Liebe zu Prinzessin Julia, macht er sich gemeinsam mit Drachenzunge auf die Welt der Drachen und Menschen wieder zu einen und Graf Zeserot die Stirn zu bieten. Dabei entdecken die beiden die untergegangene Welt der Drachenreiter, streiten mit Riesen und Menschen und kochen wunderbares Essen. Begleiten sie die ungewöhnlichen Helden durch eine mit Witz und Würze versehene Welt voller Abenteuer und Entdeckungen. ------------------------------------------------------------- Zweite korrigierte Auflage. Drachenzunge - Seine erste Reise: Der letzte Drachenreiter ist für Leserinnen und Leser ab dem Alter von 10 Jahren bis ins hohe Alter geeignet. Das Buch hat sozusagen FSK 10. Es handelt sich nicht um ein Kinder- oder Jugendbuch sondern um Fantasy für alle Altersklassen. Ich schreibe dies, da auf manchen Plattformen die Einstufung ab 10 Jahre beispielsweise in eine Angabe: Altersklasse 8-12 Jahre geändert wird. Dies ist hier explizit nicht gemeint. Mehr Informationen zum Buch und zum Autor auf www.Drachenzunge.com. ------------------------------------------------------------- Bisher erschienen in der Buchreihe Drachenzunges Reisen von Thomas Wehlus: Drachenzunge - Seine erste Reise: Der letzte Drachenreiter, ISBN: 978-3-755-79930-6 Demnächst erscheint: Drachenzunge - Seine zweite Reise: Die schwarze Stadt, ISBN: 978-3-756-22096-0 -------------------------------------------------------------

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 253

Veröffentlichungsjahr: 2022

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.


Ähnliche


Für meine Familie.

Drachenzunge

Vor langer Zeit, als Drachen noch häufiger waren und Könige noch in richtigen Burgen wohnten, lebte hoch oben im Gebirge in einer Höhle der Drache Cornelius. Cornelius war früher weit gereist und kannte die Welt von vielen Streifzügen. Weil er aber alt geworden war, konnte er nicht mehr so gut fliegen und verließ seine Höhle nur noch selten.

Die Drachenhöhle von Cornelius war nicht das dunkle kalte Loch, an das man bei dem Wort „Höhle“ vielleicht denkt. Sie lag zwar hoch oben in den schneebedeckten Bergen und man konnte sie nur fliegend erreichen, aber hinter ihrer großen doppelflügeligen Eingangstür aus eisenbeschlagenem Eichenholz lag ein einladender holzgetäfelter Gang mit einer Vielzahl von Zimmern. Diese hatten große helle Fenster und waren mit den vielen Dingen eingerichtet, die Cornelius von seinen Reisen mitgebracht hatte. Da gab es eine Bibliothek mit tausenden von Büchern, ein Esszimmer mit einem großen Tisch, eine Küche mit Herd und Ofen und vielen Töpfen und Pfannen und Kessel. Eine Speisekammer, ein Schlafzimmer, ein Badezimmer, eine Werkstatt und natürlich eine Schatzkammer, um nur einige der Zimmer zu nennen.

Cornelius saß am liebsten in seinem Schaukelstuhl in der Bibliothek am offenen Fenster und las Bücher. Am liebsten las er Kochbücher, denn er liebte es zu kochen. Weil er nicht mehr so viele Zähne hatte, kochte er am liebsten Eintöpfe und Suppen. Da musste er nicht so viel kauen. Er mochte alle Suppen gerne und er hatte schon viele verschiedene Suppen gekocht, aber seine Lieblingssuppe war Knoblauchcremesuppe. Wenn er Knoblauchcremesuppe gegessen hatte, konnte er immer besonders gut Feuer speien.

Heute war der alte Drache ein wenig traurig. Beim Kochen war ihm sein Holzlöffel ins Feuer gefallen. „Verdammt!“, fluchte Cornelius, als er sah wie der Löffel in Flammen aufging. Er zog ihn sogleich aus dem Feuer, aber er war schon ganz verkohlt und nicht mehr zu gebrauchen. Mit müden Augen sah sich der alte Drache in seiner Küche um. „Das war mein letzter Löffel“, murmelte er vor sich hin. Dann blickte er in den Suppenkessel. Die Knoblauchcremesuppe blubberte und duftete vor sich hin. Sein Blick fiel auf einen großen Schöpflöffel. Er nahm ihn vom Haken und tauchte ihn in die Suppe. Dann führte er ihn zum Mund. Er pustete, dann wollte er einen Schluck nehmen. „Aua!“, rief er laut, als er sich mit Suppe vollkleckerte. Der Schöpflöffel war zum Essen völlig ungeeignet. Cornelius überlegte kurz, ob er die Suppe aus einer Tasse trinken sollte.

„Ich könnte sie abkühlen lassen und mit meiner Zunge aus dem Topf schlecken“, brummte er zu sich selbst. Aber das gefiel ihm nicht so richtig. Sicher, vor langer Zeit, als er noch ein junger verwegener Drache war, da hatte er oft mit Händen und Füßen gegessen, aber mittlerweile hatte er sich doch sehr an seinen Löffel gewöhnt. Er seufzte und rollte mit den Augen. Da hatte er plötzlich eine Idee.

Cornelius ging in seine Schatzkammer. Hier lagerten die Schätze und Reichtümer, die der alte Drache im Laufe seines langen Lebens angehäuft hatte. Diamanten, Gold und Edelsteine, alles war reichlich vorhanden. Überall blitzte und blinkte, glänzte und glitzerte es. Cornelius räumte einen Sack mit alten Kleidern zur Seite und stieß aus Versehen eine Truhe mit Juwelen um. Er suchte etwas ganz Bestimmtes. Der Drache wühlte in einer Ecke. „Hier muss es irgendwo sein“, sagte Cornelius zu sich selbst.

Was er suchte, war ein Schwert, das er einst einem berühmten Ritter abgenommen hatte. Nach einigem Suchen fand er es in einer dunklen Ecke. Der Drache betrachtete das Schwert und nahm es zögernd in die Hand. Es war lang und nicht sehr breit, hatte einen goldenen Griff und eine scharfe glänzende Klinge. Der Drache mochte keine Waffen. Er fuhr mit seinem Daumen gedankenverloren die scharfe Klinge entlang. „Aua“, rief er laut. Er hatte sich in den Finger geschnitten. Einige Tropfen Drachenblut tropften auf die Klinge des Schwertes und auf den Boden der Schatzkammer. Der Drache steckte sich den Daumen in den Mund. „Gamf fön farf“, murmelte er. Dann trug er das Schwert in die Werkstatt. Mit einigen gezielten Feuerstößen aus seinem Drachenmaul brachte er das Schwert zum Glühen und schmiedete es mit einem schweren Schmiedehammer zu einem großen, eleganten Löffel.

Das Schwert, das der Drache gegriffen hatte, war kein geringeres als das Schwert ,Drachenzunge‘. Ein Meisterwerk der Schmiedekunst und zudem noch verzaubert. Es wurde einst zum Kampf mit einem Drachen geschmiedet, aber eigentlich war noch überhaupt nie mit ihm gekämpft worden. Kaspian vom Rosental, ein berühmter Ritter aus einer längst vergangenen Zeit, hatte es, kurz nachdem er es erhalten hatte, beim Würfelspiel gegen Cornelius gesetzt und verloren. Seit diesem Tag lag es in der Schatzkammer. Weil es ein verzaubertes Schwert war, rostete es nicht und blieb über die langen Jahre scharf und glänzend. Nun war es zu guter Letzt zu einem Löffel geworden.

Als der Drache zu seinem Topf mit Knoblauchcremesuppe zurückkam, war er stolz auf seinen neuen Löffel und freute sich auf die leckere Suppe. Er füllte einen Teil der Suppe in einen großen Teller und stellte ihn auf den Tisch am Fenster, von dem aus man besonders weit über das Land schauen konnte. Zufrieden brummte er vor sich hin. Er band sich eine Serviette um und setzte sich auf seinen großen Hocker, den neuen Löffel in der Hand. Mit seiner großen Drachennase schnupperte er an der Suppe. Dann tauchte er den Löffel tief in den Teller mit der Knoblauchcremesuppe ein und rührte einige Mal herum. Da erwachte Drachenzunge.

„Das schmeckt aber lecker“, sagte er vor sich hin. Cornelius riss die Augen auf. Wer hatte da gesprochen? Der Drache schaute sich unsicher im Raum um. War da ein Schatten an der Tür? Nein, da war niemand. Er lauschte. Es war wieder still. Nur der launige Wind, der heulend um die Bergspitze strich, war zu hören. Cornelius zuckte mit den Schultern. Vielleicht hatte er sich geirrt. Dann schnupperte er wieder an der Suppe und schließlich steckte er den Löffel mit der Suppe in den Mund. Die Suppe hatte einen süßlichen und zugleich auch derben Knoblauchgeruch und schmeckte vorzüglich nach Knoblauch. Zufrieden schmatzte der Drache ein paar Mal bevor er herunterschluckte. Da hörte er wieder eine Stimme.

„Wer bist du?“, fragte der Löffel.

Cornelius betrachtete ihn genauer. Unten am Griff des Löffels, der zuvor der Griff des Schwertes gewesen war, war ein Gesicht, das ihn erwartungsvoll ansah. Der Drache legte seinen Kopf schief. „Ich heiße Cornelius und bin ein Drache“, sagte er.

„Ich heiße Drachenzunge“, sagte Drachenzunge. „Ich freue mich, dich kennenzulernen.“

„Die Freude ist ganz meinerseits“, antwortete Cornelius immer noch verdutzt. Da saß er in seiner Küche am Fenster und redete mit seinem Löffel. „Isst du gerne Knoblauchcremesuppe?“, fragte er den Löffel.

„Ich esse nicht, aber ich schmecke mit meiner langen Zunge. Was ist Knoblauchcremesuppe?“, fragte Drachenzunge.

„Das ist eine Suppe aus Knoblauch“, antwortete Cornelius.

„Was ist Knoblauch?“, fragte Drachenzunge. Cornelius zeigte Drachenzunge eine Knoblauchknolle. „Man muss sie schälen und mit Wasser kochen und würzen und dann bekommt man eine Suppe. Du hast gerade darin gesteckt“, erklärte der alte Drache.

„Dann ist Knoblauchcremesuppe sehr lecker“, sagte Drachenzunge.

Drachenzunge hatte an diesem Tag noch viele Fragen und Cornelius beantwortete fast alle. Er mochte den neugierigen Löffel und Drachenzunge mochte ihn. Aber irgendwann am Abend wurden sie vom vielen Reden müde und Cornelius ging in sein Bett. Drachenzunge blieb in der Küche und träumte auf dem Esstisch vor sich hin. Er träumte von Knoblauchcremesuppe und das war wunderbar.

Am nächsten Morgen erwachte Cornelius schon früh und ging in die Küche. Die Sonne schien durch das große Fenster und unten im Tal sah man eine dicke Wolkendecke, die im hellen Licht der Sonne silbrig-weiß schimmerte. Es wird ein schöner Tag werden. Drachenzunge wartete schon auf Cornelius

„Was machen wir heute Cornelius?“, fragte er. „Kochen wir was?“

Cornelius strahlte. „Guten Morgen, Drachenzunge. Wir können Kürbissuppe kochen. Die ist ganz lecker.“

Und das taten sie dann auch. Cornelius las das Rezept vor und Drachenzunge merkte sich jedes Wort. Sie legten alle Zutaten auf den alten Holztisch des Drachen. Zwei große Butternusskürbisse, ein halbes Pfund Butter, etwas Sahne, eine Petersilienwurzel und zwanzig mittelgroße Kartoffeln. Salz, Pfeffer und ein wenig Muskat. Cornelius band sich seine Schürze um.

Dann sagte Drachenzunge dem alten Drachen, was zu tun war, damit dieser nicht dauernd ins Kochbuch schauen musste:

„Zuerst müssen wir die Kartoffeln schälen, dann den Kürbis und die Petersilienwurzel. Dann alles in kleine Stücke schneiden und in einen großen Topf mit etwas Wasser tun.“

Cornelius nahm das Schälmesser und fing an zu schälen. Als das erledigt war, fuhr Drachenzunge fort: „Jetzt bei mittlerer Hitze eine halbe Stunde lang kochen. Wenn nötig Wasser nachgießen und ab und zu umrühren. Am Schluss Butter und Sahne hinzugeben, alles mit dem Kartoffelstampfer zerdrücken und mit Salz, Pfeffer und Muskat abschmecken.“

„Das hast du dir gut gemerkt“, sagte der alte Drache und entzündete mit einem gezielten Feuerstrahl das Feuer unter dem Kessel.

Als alles fertig gekocht und zerdrückt war, durfte Drachenzunge abschmecken. Er steckte seine lange Zunge, die ja der Löffel war, in die Suppe und probierte. „Salz fehlt und ein wenig mehr Muskat“, sagte er. Dann konnten sie essen.

Nach dem Essen nahm Cornelius Drachenzunge mit auf einen Rundflug. Von seiner Terrasse aus flogen sie ein Stück über das Land, umrundeten die Berggipfel und flogen über dichte Wälder und weite Täler. Cornelius hielt Drachenzunge fest in der Hand und erklärte ihm vieles.

„Der spitze Berg hier ist der Drachenberg. Da ist meine Höhle drin. Es ist der höchste Berg in der Gegend. Dort hinten ist der Goldgipfel und daneben die Sonnenspitze. Da wohnt Paternus, ein Verwandter von mir. Die Berge gehören alle zum Drachengebirge“.

Das Drachengebirge lag am Rande des Kleinen Königreiches ganz im Osten. Sechzig Meilen nach Westen lag das Meer und zwölf Meilen im Nord-Westen lag der große Sumpf, der den Weg zu Fuß weiter nach Norden fast unmöglich machte. Natürlich war das kein Problem, wenn man fliegen konnte. Durch den Sumpf führte eine alte Straße aus besseren Tagen in ein vergessenes Land ohne König. Dort im kargen Norden lebten nur wenige Menschen und gar keine Drachen. Im Süden, viele Tagesreisen entfernt, lag die Hauptstadt des Kleinen Königreiches. Auch der Fußweg über die Berge nach Osten und in viele andere Lande führte zunächst nach Süden. Dort wurden die Berge niedriger und weniger gefährlich und man konnte sie einfacher überqueren oder umgehen. Das Wetter war weniger wechselhaft und es war viel wärmer und sonniger.

„Die Hauptstadt des Kleinen Königreiches heißt Paliz und sie liegt weit im Süden, wo die Rhun ins Meer fließt. Dort kochen großartige Köche und es gibt das beste Essen im ganzen Land. Es ist wunderbar warm und die Menschen sind freundlich“, schwärmte der Drache. „Aber es ist zu weit für mich dorthin zu fliegen. Früher war ich oft dort, aber nun schon lange nicht mehr.“ Dann flogen sie zurück zur Drachenhöhle. Cornelius war erschöpft, als er vor der Höhlentür landete.

„Du fliegst nicht mehr oft?“, fragte Drachenzunge.

Cornelius schüttelte den Kopf. „Fast gar nicht mehr“, sagte er. „Ich sollte öfter fliegen, aber ich bin oft müde und allein habe ich keine Lust.“

Sie setzten sich in die Bibliothek und der alte Drache las dem Löffel bis spät in die Nacht Bücher vor oder erzählte Geschichten. So ging es auch in den nächsten Tagen. Kochbücher, Abenteuergeschichten, Reiseberichte, Gedichte, Sachbücher, Biografien und vieles mehr. Sie lasen bis sie müde waren und schlafen gingen. Am nächsten Morgen kochten sie, dann flogen sie eine Runde und schließlich saßen sie in der Bibliothek. So vergingen die Tage und Wochen und Monate und Jahre und Cornelius und Drachenzunge waren glücklich miteinander. Cornelius ging wieder öfter nach draußen und flog mehr und Drachenzunge lernte viel und schnell. Bis Drachenzunge im späten Herbst, als der Wind um den Drachenberg pfiff, etwas zu Cornelius sagte, was den alten Drachen ganz traurig machte. Sie saßen gerade in der Bibliothek und Cornelius hatte von Paliz erzählt, der Hauptstadt des Kleinen Königreiches weit im Süden.

Da sagte Drachenzunge: „Cornelius, ich habe jetzt so viel von der Welt gehört und kenne die Gegend um den Drachenberg ganz gut, aber ich will mehr von der Welt sehen. Deine wunderbaren Geschichten haben mich neugierig gemacht auf die Welt.“

Cornelius brummte etwas. „Es ist schon spät. Ich werde schlafen gehen“, sagte er schließlich und ließ Drachenzunge in der Küche zurück.

Der Gedanke, dass Drachenzunge weggehen wollte, machte ihn traurig. Die ganze Nacht wälzte sich Cornelius aufgewühlt im Bett hin und her.

Morgens kam er müde in die Küche. „Cornelius, ich möchte die Welt sehen“, sagte Drachenzunge am nächsten Morgen wieder.

Cornelius nickte still und sagte traurig: „Ich werde dich nicht begleiten können. Du musst dich allein auf den Weg machen.“ Dann schwiegen sie eine Weile und dachten nach. Schließlich sagte Cornelius: „Wir brauchen ein Reittier für dich. Eines, das deine Worte versteht und dich transportieren kann. Am besten einen Menschen. Menschen sind schlau und wissen was ein Löffel ist und wie man ihn benutzt. Man muss nur den Richtigen finden und das wird schwer.“

„Das ist eine gute Idee!“, rief Drachenzunge begeistert. Ihm gefiel die Idee, die Menschen besser kennenzulernen und mit einem Menschen zu reisen. „Aber wie finden wir den richtigen Menschen für mich?“

So überlegten sie eine Weile, wie die Reise am besten zu organisieren sei. Drachenzunge musste nicht viel mitnehmen. Er aß nicht und trank nicht und war nahezu unzerstörbar. Wenn ihn nicht gerade ein Drache mit seinem feurigen Atem einschmolz oder er in einem Fluss oder Sumpf oder einer Schatzkammer verloren ging, konnte ihm nicht viel passieren. Alles hing davon ab, einen zuverlässigen Menschen zu finden.

Cornelius hatte schließlich eine Idee: „Zehn Meilen westlich von hier gibt es ein kleines Dorf an der alten Straße, die von den Sümpfen im Norden nach Paliz im Süden führt. Dort werden wir dich im Wald verstecken. An einem Ort, an dem nur Menschen zum Pilzesammeln hinkommen. Menschen, die tief im Wald Pilze sammeln, sind nicht reich, sonst würden sie jemanden zum Pilzeholen schicken. Aber sie sind fleißig, sonst würden sie nicht so tief in den Wald laufen, um nach den Pilzen zu suchen. So jemanden brauchen wir“, sagte Cornelius.

Drachenzunge überlegte eine Weile und sagte schließlich: „Ich kann lange warten. Und wenn mich nach einiger Zeit keiner gefunden hat, holst du mich wieder ab.“

„Ich werde dich in den nächsten Tagen dorthin tragen. Dann kannst du auf die Reise gehen“, dachte Cornelius laut.

Und so machten sie es schließlich. Eine Woche später flog Cornelius nachts bei Vollmond mit Drachenzunge zu dem nahen Dorf. Sie fanden eine Lichtung im Wald mit einem großen Stein in der Mitte. „Ich rieche Steinpilze unter dem Boden, das ist ein guter Platz“, sagte der alte Drache. Er spie Feuer auf den Felsen bis dieser richtig heiß war und in der Mitte ein wenig anschmolz. Dann steckte er Drachenzunge ein Stück in den geschmolzenen Felsen. „So kann ich mich richtig gut festhalten“, sagte Drachenzunge. „Und wenn ich nicht will, kann mich niemand herausziehen. Ich danke dir, Cornelius. Ich komme wieder hierher zurück, wenn ich mit meiner Reise fertig bin. Schau in einem Jahr wieder hier vorbei. Bis dahin will ich zurück sein.“ „So soll es sein“, sagte Cornelius. „Auf Wiedersehen, Drachenzunge, und viel Glück.“ „Auf Wiedersehen, Cornelius. Bis bald!“, rief Drachenzunge dem Drachen nach. Mit Tränen in den Augen flog er davon. Drachenzunge blieb allein zurück. Es begann zu schneien.

Wolfgang wollte Koch werden. Vor drei Jahren hatte er seine Ausbildung begonnen. Mit viel Talent und Fleiß hatte er seitdem fast jeden Tag in der Küche gestanden. Zuerst hatte er nur Zwiebeln geschält und geweint. Dann durfte er Soßen anrühren, Gemüse blanchieren, Braten würzen und vieles mehr. Damit kam langsam sein Lachen zurück. Und nun, nach drei Jahren voller Weinen und Lachen, Freude und Leid, war er achtzehn Jahre alt und es war an der Zeit, die Gesellenprüfung abzulegen.

Das Wirtshaus, in dem Wolfgang das Kochen erlernte, hieß Goldener Hirsch. Es stand ganz im Nord-Osten des Kleinen Königreiches an der alten Straße. Weiter nördlich lag der große Sumpf und weiter östlich lagen die Drachenberge, die sich dort von Norden nach Süden an der alten Straße entlang zogen. Das waren hohe und zerklüftete Berge in denen allerlei Drachen, Riesen, Trolle und andere Geschöpfe wohnten. In der Ferne konnte man ihre schneebedeckten Gipfel sehen und manchmal, wenn man ganz genau hinschaute, sah man auch einen Drachen zwischen den Bergspitzen fliegen.

Wolfgang hatte großes Talent und das sprach sich herum. Seit Wolfgang in der Küche kochte, kamen mehr Gäste und sie zahlten besser. Das freute den Wirt. Er war ein griesgrämiger und geiziger Mann, nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Freundliche Worte sprach er selten und wenn, dann musste man vorsichtig sein.

An diesem Morgen stand Wolfgang früh auf und wusch sich. Es war kalt geworden und in der Nacht hatte es geschneit. Wolfgang zitterte ein wenig, als er sich umzog. „Es wird ein guter Tag heute“, murmelte er vor sich hin.

„Ich hoffe, der alte Narr macht seine Drohungen nicht wahr und lässt mich durch die Prüfung fallen.“ Heute sollte Wolfgangs großer Tag sein. „Morgen wird mein letzter Tag als Lehrling sein!“, hatte er am Abend zuvor seinen Freunden erzählt. „Wenn ich die Prüfung bestanden habe, dann mache ich mich am nächsten Tag auf die Reise. Ich will nach Paliz. Das ist mein Ziel.“

„Sei leise!“, hatten sie gesagt. „Pass auf, dass der Wirt nichts hört. Der lässt dich niemals gehen.“

Nach der bestandenen Gesellenprüfung wollte Wolfgang auf die Wanderschaft gehen. Er wollte nach Paliz, in die Hauptstadt des Kleinen Königreiches. Dann würden weniger Gäste in den Goldenen Hirsch kommen und der Wirt würde weniger verdienen. Der Gedanke daran machte den Wirt unruhig. Deshalb, so dachte er sich, durfte Wolfgang die Prüfung nicht bestehen.

Wolfgang zog seine besten Kleider an und machte sich auf in die Küche. Er heizte den Herd an und begann alles für den Tag vorzubereiten. Seine Gedanken kreisten immer wieder um die Prüfung. Am Vormittag klopfte es plötzlich und drei verschneite und durchgefrorene Gestalten kamen herein. Es waren drei Meister der Kochkunst und sie waren angereist, um die Arbeit des jungen Koches zu begutachten. Wolfgang begrüßte sie höflich und die Augen des Wirts funkelten böse, als er es sah.

Der erste Frost war dieses Jahr früh über das Land hereingebrochen. Auf dem Mühlweiher in der Nähe des Wirtshauses lag eine dünne Eisschicht und der Himmel war trübe. Graue Wolkenfetzen jagten eilig vorbei und ließen weiße Schneeflocken zur Erde rieseln. Der Wind rüttelte an den Fensterläden der Häuser und den Kronen der Bäume. Aber in Wolfgangs Küche war es warm. Der Herd war angefeuert, es roch nach frischen Gewürzen und Kräutern. Die Pfannen und Töpfe warteten darauf mit köstlichen Speisen gefüllt zu werden. Doch das Herz des Wirts hatte das Feuer nicht erwärmt. Es war eiskalt, wie immer.

Als die Prüfer bereit waren, kam der Wirt zu Wolfgang und sprach: „Du sollst heute einen Braten mit Klößen und frischen Pilzen servieren.“ Er grinste gemein und sagte überfreundlich: „Das ist dein bestes Gericht. Das kocht keiner so wie du.“ Dann verzerrten sich seine Gesichtszüge zu einer üblen Grimasse und er herrschte Wolfgang an: „Los, geh und such Pilze. Und kein Widerspruch, sonst ist die Prüfung gleich vorbei. Und denke daran: frisch sollen die Pilze sein.“ Die drei Prüfer schauten betreten zu Boden. Um diese Jahreszeit noch einen frischen Pilz aufzutreiben, war unmöglich. Sie wussten, dass der Wirt wollte, dass Wolfgang seine Gesellenprüfung nicht besteht, aber etwas dagegen tun konnten sie zunächst nicht. Der Lehrmeister hatte das Privileg das Gericht zu wählen, das zur Prüfung gekocht werden sollte. Wolfgang blickte mehrmals zwischen den Prüfern und seinem Lehrmeister hin und her. Wut stieg in ihm auf. Euch zeige ich es! Wolfgang biss die Zähne zusammen. Er war stinksauer und eine kalte Wut kroch in ihm hoch. Dann zog er sich warm an, holte einen Beutel und ein Messer zum Pilzesammeln und ging mit verbissener Miene hinaus ins Schneetreiben. Er würde das schon schaffen.

Pilze sucht man im Wald. Aber im Spätsommer oder Herbst, wenn es warm und zugleich feucht ist. Nicht im Winter, wenn der Boden friert, sich alle Tiere und Pflanzen verkriechen und Schnee von Himmel fällt. Auf dem Waldboden lag zum Glück nur wenig Schnee. Die meisten Flocken waren hoch oben auf den Tannennadeln und Ästen hängen geblieben und hatten die Bäume wunderschön weiß gefärbt. Vielleicht ließ sich also doch irgendwo noch ein Pilz finden. Mit Glück.

„Viele Pilze brauche ich ja nicht“, murmelte Wolfgang vor sich hin. „Vielleicht fünf kleine oder drei große.“ Dann stapfte er los in den Wald. Er war wütend und enttäuscht, doch hatte er auch Hoffnung. Er wusste aus Erfahrung, dass es tiefer im Wald häufig wärmer ist als am Rand und machte sich zügig auf den Weg in die Waldmitte. Er kannte einen großen Felsen, der mitten im Wald lag. Dort ließen sich zur richtigen Zeit die besten Steinpilze finden. Dorthin machte er sich auf den Weg.

Schon aus einiger Entfernung konnte Wolfgang den mächtigen Stein im Wald liegen sehen. Er war aus grauem Granit, groß wie eine kleine Hütte und mit grünem Moos bewachsen. Es war der einzige Stein dieser Art weit und breit und man erzählte im Dorf, er sei von einem Riesen einst aus den Bergen dorthin geworfen worden. Einfach, weil Riesen so etwas können. Die großen alten Eichen, die ihn wie einen Ring umschlossen und die blattlos ihre kalten, kahlen Äste in den grauen Winterhimmel streckten, ließen ihn ein wenig bedrohlich erscheinen. Wolfgang schauderte. Er sah sich nach allen Seiten um. Dann ging er zügig zu dem großen Granitblock.

Als er sich dem Felsen näherte, stutzte er. Ihm war als hätte er eine Stimme gehört. Ein leises Rufen. Er schaute sich um, konnte aber niemanden erblicken. Vor ihm lag der Felsen. Er ging auf ihn zu und legte seine Hand auf den mächtigen Stein. Zu seiner großen Verwunderung war der Fels warm.

Da hörte er wieder die Stimme, diesmal lauter: „Hier bin ich. Auf dem Felsen.“ Die Stimme schien von der Oberseite des Granitblocks zu kommen. Wolfgang schaute nach oben, dann kletterte er auf den riesigen Stein. Und da, mitten im festen Gestein, in einem Fleck aus schwarz verbranntem Moos, steckte ein sehr großer Löffel. Sein mächtiger goldener Griff ragte nach oben und seine Löffelschale war im Felsen versenkt.

„Ist da wer? Hat jemand gerufen?“, fragte Wolfgang unsicher.

„Ja, ich, der Löffel. Mein Name ist Drachenzunge. Ich bin ein sprechender Löffel. Wie heißt du?“, plapperte Drachenzunge los.

Der junge Koch schaute sich unsicher um. Das war zu komisch, um wahr zu sein. Da erlaubte sich doch jemand einen Scherz mit ihm.

„Kannst du mich nicht verstehen?“, fragte Drachenzunge. Die Stimme kam eindeutig von dem Löffel.

Da fasste sich Wolfgang ein Herz und sagte: „Ich heiße Wolfgang und bin ein Kochlehrling.“

„Das ist ja wunderbar“, rief Drachenzunge. „Was bin ich nur für ein Glückspilz. Willst du mit mir nach Paliz kommen? Zusammen kann uns nichts aufhalten.“

Wolfgang schaute Drachenzunge an und Drachenzunge schaute Wolfgang an. „Außer vielleicht meine Gesellenprüfung“, antwortete Wolfgang.

„Was ist eine Gesellenprüfung?“, fragte Drachenzunge. Da erzählte Wolfgang ihm seine Geschichte. Er erklärte, dass sein Lehrmeister ihn durch die Prüfung fallen lassen wollte und dass er deshalb hier im Wald sei, um Pilze zu sammeln.

Als Wolfgang zu Ende erzählt hatte, sagte Drachenzunge: „Ich wurde von meinem Freund, dem Drachen Cornelius, in diesen Felsen gesteckt. Er hat den Stein mit seinem Feueratem geschmolzen. Der Stein ist immer noch warm. Vielleicht haben wir Glück und die Wärme des Steins und der Regen der letzten Tage hat noch einmal frische Pilze wachsen lassen. Lass uns zusammen auf die Suche gehen. Du nimmst mich doch mit, oder? Ich kann dir bestimmt helfen. Lass uns zusammen Pilze suchen gehen. Komm, ziehe mich heraus.“

Wolfgang nickte. Er packte den Griff des Löffels mit beiden Händen, stemmte seine Füße gegen den Felsen, spannte seine Schultern, den Rücken und die Beine an und zog Drachenzunge mit einem festen Ruck heraus. Kaum hatte er den Löffel herausgezogen, da riss die graue Wolkendecke auf und ein dünner Sonnenstrahl tauchte die beiden kurz in helles Sonnenlicht. Wolfgang reckte den Löffel hoch über seinen Kopf. Dann zogen die Wolken zu und es wurde wieder grau und nebelig.

Kaum war Drachenzunge in Wolfgangs Hand, da geschah etwas Seltsames. Der Löffel schrumpfte auf die Größe eines normalen Löffels zusammen. Eben war er noch groß wie ein Drachenlöffel, jetzt war er klein wie ein großer Menschenlöffel. Wolfgang schrie überrascht auf. Der junge Koch schaute Drachenzunge ungläubig an.

„Ich weiß nicht, wieso das passiert ist“, sagte Drachenzunge. „Und es hat gekitzelt.“

Wolfgang legte den Kopf schief und steckte den Löffel dann in seine Brusttasche, aber so, dass Drachenzunge herausschauen konnte. Dann kletterte er von dem großen Felsen herab. Drachenzunge freute sich über seinen Aussichtspunkt.

„Danke fürs Mitnehmen“, sagte er zu Wolfgang.

„Gerne“, antwortete Wolfgang. Er war immer noch ein wenig verwundert über sich selbst und wusste nicht recht, was er von der Sache halten sollte. Mit einem Satz sprang er das letzte Stück auf den Waldboden.

Unten angekommen schrie er vor Überraschung auf: „Da stehen frische Steinpilze!“ Und tatsächlich, neben dem Felsen wuchs eine ganze Schar wunderbarer Steinpilze aus dem Boden. Der Felsen hatte sie vor Wind und Wetter gut geschützt und sie sahen ganz frisch aus.

Auch Drachenzunge freute sich: „Das sind ja wunderbare Pilze. Lass uns schnell zurück zum Wirtshaus gehen, ich kann es kaum erwarten den Wirt persönlich kennenzulernen.“

Wolfgang schnitt einen großen Beutel voller Pilze ab.

„Was ist dein Lieblingsessen?“, fragte er Drachenzunge. Drachenzunge lachte. „Ich mag Knoblauchcremesuppe sehr gerne“, antwortete er. „Aber ich esse nicht. Ich schmecke nur mit meiner langen Zunge“, ergänzte er noch. Wolfgang legte den Kopf schief. Dann fragte er: „Kochst du gerne?“ Drachenzunge nickte eifrig und rief: „Mit Cornelius habe ich jeden Tag gekocht.“

Und während Wolfgang sich auf den Weg zurück zum Wirtshaus machte, erzählte Drachenzunge von Cornelius dem Drachen und von seinem Traum, einmal nach Paliz zu reisen und jedes Essen in der Stadt zu probieren. Wolfgang hörte gut zu und war voller Verwunderung.

Als Wolfgang und Drachenzunge zurück zum Wirtshaus kamen, wurden sie bereits erwartet. Der Wirt stand vor der Tür des gedrungenen Fachwerkbaus mit dem schwarzen Holzschindeldach. Mit einem gemeinen Grinsen im Gesicht rief er Wolfgang entgegen: „Und, hast du schon aufgegeben mit der Suche? Willst du es vielleicht im Frühjahr noch einmal versuchen? Da ist es leichter Geselle zu werden.“

„Ganz im Gegenteil“, antwortete Wolfgang ruhig und zeigte den Prüfern die Steinpilze, die Drachenzunge und er im Wald gefunden hatten. Dann verschwanden die beiden in der Küche und schlossen die Tür hinter sich ab.

War Wolfgang allein schon ein exzellenter Koch, so war er mit Drachenzunges Hilfe überragend. Der Löffel hatte in den letzten Jahren bei Cornelius viel gelernt und nichts davon vergessen. Er hatte jeden Tag mit Cornelius gekocht und kannte eine Unmenge an Rezepten auswendig. Oft hatten sie mehrmals am Tag das Feuer entfacht und den großen Kupferkessel darüber gehängt, um irgendetwas zu kochen. Wolfgang freute sich über den neuen Helfer in der Küche. Sie hatten einen sehr ähnlichen Geschmack und auf die Aussagen des Löffels war hundertprozentig Verlass.

„Etwas mehr Wacholder und eine Prise Salz, dann ist es perfekt“, meinte Wolfgang, nachdem er probiert hatte.

„Das wollte ich gerade sagen“, lachte Drachenzunge.

Als das Essen fast fertig war, verließ Wolfgang kurz die Küche und ging in den Keller, um eingelegte Birnen und Preiselbeeren zu holen. Er legte Drachenzunge neben den Herd auf den Tisch und ging hinaus. Schon eine Minute später war er zurück.

„Der Wirt war hier und hat was am Essen gemacht“, rief Drachenzunge ganz aufgeregt, als der junge Koch zurück in die Küche kam. „Er hat was in den Topf geworfen. Schnell steck mich in den Topf und lass mich nachsehen.“

Wolfgang rief laut: „Das kann doch nicht sein.“ Er steckte den Löffel sogleich tief in den Topf.

„Schmecken tut man nichts“, kam es aus dem Topf, „aber hier ist was, das gehört nicht hinein. Ich glaube, ich habe es.“ Wolfgang zog Drachenzunge aus dem Topf. Der Löffel hatte sich zu einer Schöpfkelle geformt und in seinem Kopf lagen tatsächlich fünf dicke Regenwürmer.

„Mit den Würmern im Essen wäre ich auf jeden Fall durch die Prüfung gefallen“, sagte Wolfgang zu Drachenzunge. „Wir müssen wirklich vorsichtig sein.“

Und das waren sie jetzt auch. Wolfgang trug die Töpfe und Pfannen, die Schalen und Schüsseln in den Schankraum, wo die drei Prüfer schon bereit saßen, während Drachenzunge auf die Küche aufpasste. Wolfgang füllte die Teller der Prüfer mit Suppen und Salat, Bratenscheiben, Knödeln und Gemüse, Birnen und Preiselbeerkompott. Er schmückte den Tellerrand mit einem Wacholderzweig und verzierte alles kunstvoll mit Bratensauce. So wunderbar ansprechend wie es aussah, so duftete es auch. Die Prüfer waren allesamt begeistert. Natürlich bestand Wolfgang seine Gesellenprüfung mit Bestnoten. Am gleichen Tag noch erhielt er seinen Gesellenbrief. Jetzt konnte er sich auf Wanderschaft begeben und die Welt kennenlernen. Wolfgang lachte und freute sich und Drachenzunge freute sich ebenfalls. Nur der Wirt sah nicht sehr glücklich aus.

An diesem Abend feierte Wolfgang ausgelassen mit seinen Freunden. Sie tanzten und sangen und verabschiedeten sich voneinander. „Lass die Finger von den Königinnen und Prinzessinnen, das bringt nur Ärger“, riet ihm Peter. „Und komm bald wieder zurück. Dann kannst du dein eigenes Wirtshaus aufmachen!“, rief Franz. Der Wirt warf ihm einen ganz bösen Blick zu, als er das hörte. „Pass auf, sonst tut er Abführmittel in dein Bier und du kommst drei Tage nicht vom Topf“, sagte Peter lachend, als er den Blick bemerkte. Wolfgang grinste und rief: „Wir werden sehen, was die Zukunft bringt. Egal was es ist, es wird bestimmt spannend.“

Am nächsten Morgen packte der frisch gebackene Geselle seine sieben Sachen, nahm seinen Wanderstecken zur Hand und verließ das Wirtshaus, um zusammen mit Drachenzunge auf Wanderschaft zu gehen. Drachenzunge befestigte er oben am Stab, damit dieser alles sehen konnte, was um sie herum geschah, und sie sich besser unterhalten konnten. Ihr Ziel war Paliz im Süden. Unterwegs wollten sie in Gasthäusern beim Kochen aushelfen und sich so ihre Übernachtungen verdienen. Die alte Straße, die am Wirtshaus vorbeiführte, würde sie direkt nach Paliz bringen.