Du musst das alles NICHT... - Ovidie - E-Book

Du musst das alles NICHT... E-Book

Ovidie

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Beschreibung

Das Verhältnis zum Körper, zu Schönheitsnormen, zu anderen Menschen und zur Sexualität, die Codes der Pornografie … Mädchen werden ständig mit widersprüchlichen Anweisungen zu ihrem Aussehen und ihrer Sexualität bombardiert: Sie müssen schön, schlank, enthaart, geschminkt (aber nicht zu viel!), sexy (aber genau richtig!), in einer Beziehung sein, Sex haben (ob sie wollen oder nicht) ... Um sich von der Last dieser Zuschreibungen zu befreien, muss man sie erkennen und sich ihrer bewusst werden. Dieses Buch richtet sich in erster Linie an Mädchen. Es soll ihnen Werkzeuge an die Hand geben, mit denen sie sich wehren und schützen können. Doch auch Jungs können mithilfe des Buches ein feministisches Verständnis aufbauen und Tools erlernen, mit denen sie sich von gesellschaftlichen Normen befreien können. Dieser illustrierte und humorvolle Ratgeber behandelt viele auch heikle Themen, wie z. B. die Hintergründe der Pornografie, ohne moralischen Zeigefinger. Ovidies direkte Sprache und ihr unverklärt ehrlicher Blick auf die Thematik sind perfekt für eine jugendliche Zielgruppe geeignet. Das Buch ist feinfühlig und gleichzeitig empowernd von Diglee illustriert. »In diesem Buch werden alle Normen und Diktate, die das Leben von Teenager*innen erschweren, unter die Lupe genommen. Es geht um die Befreiung, ohne Schuldzuweisungen oder Druck.« Télérama »Dieser Ratgeber für Teenager*innen prangert die Zwangsjacke an, der sie sowohl in Bezug auf Schönheitsnormen als auch auf ihre Sexualität unterliegen. […] Das ist der große Erfolg des Buches: Ovidie belehrt nicht, sondern setzt sich mit entschlossenheit, aber auch mit Feingefühl und in aller Schwesterlichkeit für die Befreiung der Frau ein.« Libération

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Seitenzahl: 83

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Inhalt

Du musst das alles nicht …

… dich mit anderen Mädchen vergleichen

… eine Diät machen

… deine Körperhaare entfernen

… dich zwischen den Beinen schrubben

… eine vaginale Untersuchung über dich ergehen lassen

… dir vorschreiben lassen, was du anziehst

… dich schminken

… in einer Beziehung sein

… sexuell aktiv sein

… hetero sein

… Geschlechtsverkehr ohne Kondom akzeptieren

… Nacktfotos verschicken

… Sex haben, um jemandem »eine Freude zu machen«

… weitermachen, obwohl du aufhören willst

… Penetrationssex haben

… Blowjobs geben

… machen, was man so in Pornos sieht

… leiden

Danksagung

Du musst das alles nicht …

Eine (wichtige!) Klarstellung zu Beginn: Einige Passagen in diesem Buch handeln von Vulva, Vagina und Uterus, aber sämtliche auf den folgenden Seiten beschriebenen Sexismen betreffen alle Mädchen, egal, ob cisgender (Personen, deren Geschlechtsidentität mit dem Geschlecht übereinstimmt, das nach der Geburt verkündet wurde), transgender (Personen, deren Geschlechtsidentität nicht mit dem Geschlecht übereinstimmt, das nach der Geburt verkündet wurde) oder intergeschlechtliche Mädchen (Personen, deren körperliche Geschlechtsmerkmale nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zugeordnet werden, die sich aber trotzdem als Mädchen fühlen). Ihre Anatomie mag zwar unterschiedlich sein, aber der Inhalt dieses Buches betrifft sie alle gleichermaßen.

Warst du irgendwann schon einmal in einer Situation, die du dir nicht selbst ausgesucht hast, aber alle versuchen dir weiszumachen, dass es deine Entscheidung war? Mir passiert das ständig. Das ist frustrierend. Vor allem sehe ich die Falle jedes Mal schon von Weitem und tappe doch immer wieder hinein. Die Falle, das sind »Erwartungen«. In diesem Buch wirst du sehen, dass das ein Begriff ist, den ich oft verwende. Aber worum geht es dabei eigentlich?

Eine Erwartung ist, wenn wir uns gezwungen fühlen, etwas zu tun, wozu wir eigentlich keine Lust haben, obwohl uns eigentlich niemand dazu zwingt. Das ist noch gefährlicher als ein tatsächlicher Zwang, denn die Erwartung lässt uns glauben, dass wir die Entscheidung selbst getroffen haben. Noch dazu ist sie auch aggressiver als ein einfacher Vorschlag, denn wenn wir eine Erwartung nicht erfüllen, müssen wir möglicherweise später dafür bezahlen.

Ein Beispiel: Es gibt im deutschen Recht keine Bestimmung, die eine Frau dazu zwingt, auf ihr Gewicht zu achten. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zum Dünnsein. Aber die »Wahl« haben wir auch nicht wirklich, denn wenn wir uns der Diktatur des Dünnseins widersetzen, drohen Spott und Diskriminierung.

Ein anderes Beispiel: Niemand sperrt uns im Bad ein und zwingt uns dazu, unsere Beine zu enthaaren. Trotzdem fühlen wir uns oft dazu gezwungen, um den Vorstellungen zu entsprechen, die ständig überall kommuniziert werden, beispielsweise in der Werbung, in Serien, in Filmen … Wir fühlen uns also gezwungen, dem zu entsprechen, was die Gesellschaft glaubt, wie wir zu sein oder auszusehen haben.

Und voilà, das ist eine Erwartung! Sie zwingt uns dazu, etwas zu tun, um einer Norm zu entsprechen, und gleichzeitig fühlt es sich für uns so an, als ob das ganz allein unsere Entscheidung ist. Die Erwartung hält uns gefangen, und doch lässt sie uns in dem Glauben, den Schlüssel zum Kerker zu haben und hinausgehen zu können, wann immer wir wollen.

Es gibt unglaublich viele Erwartungen, die den Körper und die Sexualität von Mädchen betreffen. Ich möchte, dass es dir mit diesem Buch gelingt, sie zu erkennen und herauszufinden, welchen Stellenwert sie in unserem Leben haben, ich möchte, dass dir dieses Buch hilft, dich davon zu befreien.

Ich habe sie in drei Bereiche unterteilt: Erwartungen in Bezug auf den Körper und Schönheitsnormen, Erwartungen, die unser Verhältnis zu anderen und unsere Sexualität betreffen, und schließlich die Erwartungen, die direkt von der Pornografie inspiriert sind. Es ist mir sehr wichtig, dass wir uns mit dieser letzten Art von Erwartungen beschäftigen, ob du nun Pornos schaust oder nicht, denn selbst wenn du das nicht öfter tust, hast du bestimmt schon mal irgendwo einen Porno gesehen, und deine Sexualpartner*innen vermutlich auch. Außerdem werden die Codes der Pornografie in der Popkultur immer präsenter (Musikvideos, Serien, Werbung, Kino, Videospiele …).

Die Erwartungen im Zusammenhang mit dem Körper und der Sexualität betreffen natürlich auch nicht-binäre Jugendliche und cis Jungs. Warum richtet sich das Buch dann nicht auch direkt an sie? Es wäre sicherlich echt interessant, die ganzen Erwartungen an ihre Männlichkeit zu betrachten, denen sie von klein auf ausgesetzt sind, aber dafür müsste man ein ganz eigenes Buch schreiben. Wir mussten eine Wahl treffen und deshalb ist dieses Buch in erster Linie für alle sich als weiblich identifizierenden Personen gedacht, die von der Gesellschaft mit widersprüchlichen Erwartungen bezüglich ihres Aussehens und ihrer Sexualität konfrontiert werden. Für die Mädchen, denen man einreden möchte, dass etwas mit ihrem Körper nicht stimmt. Diese Mädchen, das sind wir, du und ich. Und gemeinsam wollen wir überlegen, wie wir das alles ändern können. Bis wir eines Tages nie mehr das Gefühl haben, dieses und jenes tun oder so und so sein zu müssen.

… dich mit anderen Mädchen vergleichen

Die »intrasexuelle Konkurrenz« ist ein Konzept, das vage auf wissenschaftlichen Beobachtungen und auf der Evolutionsbiologie beruht, die zeigen will, dass die Weibchen einer Gruppe natürlich miteinander konkurrieren, um die Fortpflanzung und das Überleben zu sichern.

Schon von frühester Kindheit an werden wir in der Vorstellung erzogen, wir müssten die Schönsten, die Klügsten, die Höflichsten sein, dass wir es schaffen müssen, das ganze Interesse von Eltern, Lehrer*innen und sogar von Jungs allein auf uns zu ziehen. Wir sollen möglichst die Tollste in der Gruppe sein, die Schönste im ganzen Land, die Begehrenswerteste von allen. Aber um die einsame Spitze zu sein, müssen wir zunächst alle anderen beiseiteräumen.

Diese Idee der Rivalität beruht auf Darwins Forschungen und der Theorie der natürlichen Selektion, von der du vielleicht schon im Biologieunterricht gehört hast. Tatsächlich wurde bei Tieren ein selektives Verhalten der Weibchen bestimmter Arten beobachtet. Sie bevorzugen bestimmte männliche Artgenossen aufgrund ihrer Fortpflanzungsfähigkeit. Einfach ausgedrückt: Um sich die besten Erzeuger für ihren Nachwuchs zu schnappen, legen die Weibchen Konkurrenzverhalten an den Tag. Viele waren versucht, dieses Verhalten auf den Menschen zu übertragen, was zu der folgenden sexistischen Vereinfachung geführt hat: Mädchen sind dazu verurteilt, sich gegenseitig wegen eines Jungen oder eines Kleids im Sale die Augen auszukratzen. Aber … wir sind nun mal keine Tiere! Oder besser gesagt, wir sind soziale Tiere und unsere Verhaltensweisen sind größtenteils durch unsere Erziehung und unser kulturelles Umfeld geprägt. Der Konkurrenzkampf zwischen Mädchen ist weder angeboren noch unausweichlich. Dennoch beobachten wir so etwas viel zu oft und bekommen ihn am eigenen Leib zu spüren, wenn sich Mädchen zusammentun, um uns fertigzumachen.

»Angeboren« nennt man etwas, womit man geboren wird. Im Gegensatz dazu wird etwas als »erlernt« bezeichnet, wenn es das Ergebnis unserer Erziehung und der Umwelt ist, in der wir leben. Du kannst dir sicher denken, dass wir nicht genetisch darauf programmiert sind, gegeneinander zu kämpfen!

In den Zeichentrickfilmen, die du als Kind gesehen hast, in Realityshows oder in fast allen romantischen Komödien wird von der Gesellschaft und der Popkultur geschickt der Konkurrenzkampf zwischen neidischen Mädchen angestachelt. Daher kommen dann eben unsere Komplexe: zu dick, zu dünn, zu viele Pickel, zu haarig …

Denn in Wirklichkeit ist die heutige Gesellschaft nicht daran interessiert, dass Frauen aufhören, sich miteinander zu vergleichen. Eher im Gegenteil, denn dieses Vergleichen versetzt sie in einen ständigen Zustand der Unsicherheit, der sie zu völlig widersprüchlichen Verhaltensweisen verleitet. Kannst du dir vorstellen, wie es wäre, wenn Frauen ganz viel Selbstbewusstsein hätten und sich in ihrer Haut wohlfühlen würden, wenn wir nicht ständig Komplexe hätten, wenn wir aufhören würden, uns mit Models, Instagrammer*innen, Stars oder auch nur mit unserer besten Freundin zu vergleichen, die das Glück hat, bildhübsch zu sein? Wir würden aufhören, uns selbst zu verletzen, wir würden nicht mehr so viel Geld für Make-up, unnötige Produkte und anderen Kram zum Fenster rauswerfen, wir bräuchten keine sogenannten Wunderdiäten mehr machen, und vor allem könnten wir eine friedlichere Beziehung zu anderen Mädchen haben.

Kennst du den alten Grundsatz »Teile und herrsche«? Solange die Frauen zu sehr damit beschäftigt sind, sich gegenseitig zu bekämpfen, denken sie nicht daran, sich zusammenzuschließen und vereint den gemeinsamen Feind zu besiegen!

Tatsächlich ist aber ein anderer Weg möglich. Ein Weg, auf dem man sich über die Erfolge der anderen freut, ein Weg, auf dem man sich gegenseitig hilft, ein Weg, auf dem die Mädchen gemeinsam die stärksten sind: der Weg der »Schwesterlichkeit«. Schwesterlichkeit bedeutet nicht, dass ihr jetzt alle gleich BFFs werden müsst, sondern dass Mädchen sich gegenseitig gegen Ungerechtigkeiten und gemeinsame Feinde unterstützen. Zugegeben, daran müssen wir ein wenig arbeiten und es ist total ungewohnt, denn niemand hat uns beigebracht, uns so zu verhalten. Aber du wirst sehen, wenn du es täglich versuchst, kannst du dadurch etwas bewegen. Es ist auch ziemlich lustig, das zu beobachten, und damit können wir alle richtig viel Power bekommen. Denn eine Gruppe von Mädchen, die sich alle gegenseitig respektieren, kann viel mehr erreichen, als Mädchen, die ständig im Zickenkrieg miteinander sind.

Schwesterlichkeit im Alltag ist ganz einfach:

Ein Mädchen wird in der Schule oder auf Social Media gedisst: Mach einfach nicht mit. Auch wenn du sie nicht magst. Kipp kein Öl ins Feuer, du hast dabei nichts zu gewinnen. Und wenn du selbst irgendwann einmal in so einer Situation bist, wirst du froh sein, wenn die anderen Mädchen nicht mitmachen.

Kritisiere nie das Äußere eines anderen Mädchens. Einerseits, weil es sie verletzten könnte, andererseits, weil das Verhaltensweisen sind, die sich eines Tages auch gegen dich richten könnten.

Eine deiner Freundinnen ist sehr hübsch, alle sagen das. Das ist toll für sie! Ihre Schönheit nimmt dir nichts von deiner Schönheit weg. Ganz allgemein hast du keinen Grund, dich von den Erfolgen eines anderen Mädchens bedroht zu fühlen. Und sie hat auch noch gute Noten? Sie hat es an die Schule oder in den Profilzweig geschafft, wo du auch gern hinmöchtest? Freu dich für sie! Sie nimmt dir nichts weg, sie macht das nicht, um dich runterzumachen, sie ist keine Gefahr für dich.