Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Nun gibt es eine exklusive Sonderausgabe – Die großen Western Classic Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). Dieser Traditionstitel ist bis heute die "Heimat" erfolgreicher Westernautoren wie G.F. Barner, H.C. Nagel, U.H. Wilken, R.S. Stone und viele mehr. Wie die amerikanische Schriftstellerin Edna Ferber mit ihrem Werk »Cimarron« der Besiedlung des Cherokee Strip von Oklahoma ein literarisches Denkmal setzte, so behandelt »Duell ohne Gnade« die um zehn Jahre frühere Ockupation des Indianer- und Prärielandes im Norden von Texas, das die Bundesregierung in Washington nach dem Bürgerkrieg großzügig »für alle Zeiten« den Stämmen der Comanchen, Kiowas und Cheyenne verbriefte. »Duell ohne Gnade« stützt sich auf authentische Berichte und hebt besonders Einzelschicksale gesetzestreuer Männer und Frauen, die im ständigen Kampf mit desperaden Elementen lagen, hervor. Die Story könnte sich so ereignet haben. A. Calhoun Plötzlich waren sie da. Als der Schuss durch die dünne Luft peitschte, wusste Conan McCloud, dass sie ihn gesehen hatten. Es war später Nachmittag, und er ruhte ein wenig aus, um für die nächste Jagd frisch zu sein. Ab und zu nahm er einen kräftigen Schluck aus der Flasche, deren Etikett mehr herzeigte als ihr Inhalt. Dabei überlegte er sich, wie es viele einsame Männer überall auf der Welt tun, weshalb er arbeiten musste und Büffeljäger geworden war. Er hatte nicht gesehen, wie sie sich seinem Lager näherten, und als er den Schuss hörte und Pferdewiehern, ahnte er, dass der Abend turbulent für ihn werden würde. Träge zog er die im Gras liegende Sharps zu sich heran und behielt die Rechte griffbereit in ihrer Nähe. Auch als er sie sah, stand er nicht auf. Er legte den Kopf zurück und hob ihn über seinen aufgestützten Arm an, damit er sie sehen konnte. Der Stetson hing ihm beinahe bis in den Nacken. Sie waren drei Reiter auf guten Pferden, und sie waren bestens bewaffnet. Einer von ihnen, ein aufgedunsener Kerl von wenigstens zweihundert Pfund Gewicht, hielt eine Winchester 73 in der Armbeuge, aus der er einen Schuss in den Himmel abgegeben hatte.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 143
Veröffentlichungsjahr: 2020
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Prolog:
Wie die amerikanische Schriftstellerin Edna Ferber mit ihrem Werk »Cimarron« der Besiedlung des Cherokee Strip von Oklahoma ein literarisches Denkmal setzte, so behandelt »Duell ohne Gnade« die um zehn Jahre frühere Ockupation des Indianer- und Prärielandes im Norden von Texas, das die Bundesregierung in Washington nach dem Bürgerkrieg großzügig »für alle Zeiten« den Stämmen der Comanchen, Kiowas und Cheyenne verbriefte.
»Duell ohne Gnade« stützt sich auf authentische Berichte und hebt besonders Einzelschicksale gesetzestreuer Männer und Frauen, die im ständigen Kampf mit desperaden Elementen lagen, hervor.
Die Story könnte sich so ereignet haben.
A. Calhoun Plötzlich waren sie da.
Als der Schuss durch die dünne Luft peitschte, wusste Conan McCloud, dass sie ihn gesehen hatten. Es war später Nachmittag, und er ruhte ein wenig aus, um für die nächste Jagd frisch zu sein.
Ab und zu nahm er einen kräftigen Schluck aus der Flasche, deren Etikett mehr herzeigte als ihr Inhalt. Dabei überlegte er sich, wie es viele einsame Männer überall auf der Welt tun, weshalb er arbeiten musste und Büffeljäger geworden war.
Er hatte nicht gesehen, wie sie sich seinem Lager näherten, und als er den Schuss hörte und Pferdewiehern, ahnte er, dass der Abend turbulent für ihn werden würde. Träge zog er die im Gras liegende Sharps zu sich heran und behielt die Rechte griffbereit in ihrer Nähe.
Auch als er sie sah, stand er nicht auf. Er legte den Kopf zurück und hob ihn über seinen aufgestützten Arm an, damit er sie sehen konnte. Der Stetson hing ihm beinahe bis in den Nacken.
Sie waren drei Reiter auf guten Pferden, und sie waren bestens bewaffnet. Einer von ihnen, ein aufgedunsener Kerl von wenigstens zweihundert Pfund Gewicht, hielt eine Winchester 73 in der Armbeuge, aus der er einen Schuss in den Himmel abgegeben hatte. Conan McCloud kannte sie nicht. Auch nicht das junge Mädchen, das kaum die zwanzig erreicht hatte.
Sie umringten ihn, zügelten ihre Pferde und glotzten auf ihn wie auf ein seltenes Wüstentier, das sie wegen seiner abstoßenden Hässlichkeit am liebsten getötet hätten.
Aber sie hatten keinen Grund, ihn umzulegen, noch nicht. Und Conan wusste das. Sicher, er war das Bild eines Mannes. Seine mageren Oberschenkel steckten in zerschlissenen Lederhosen, die unten von ebenso zerschlissenen hochschäftigen Stiefeln bedeckt und oben von einem Strick zusammengehalten wurde. Sein Hemd war vor Äonen blau gewesen. Jetzt sah es aus, als hätte es sein Träger zum Aufwischen benutzt.
Gepflegt waren nur sein Revolver und die schwere Büffelflinte. Conan musterte die beiden Männer und das Mädchen. Von dem einen, dem Fetten im Sattel eines stämmigen Braunen, hatte er schon einmal etwas gehört. Vage erinnerte er sich an Hank O’Toole, der in Texas fast zur Legende geworden war. Der Rancher stammte aus Irland, war vor dreißig Jahren in dieses Land gekommen, nackt wie er war und bettelarm.
Heute besaß O’Toole die größte Rinderranch nördlich des Palo Duro Creek.
Vom Aussehen her musste das junge Mädchen seine Tochter sein. Den zweiten Mann, den mageren mit den flinken Eidechsenaugen, beachtete er zunächst nicht. Ohne ihn lange zu mustern, wusste er, was er von ihm zu halten hatte. Der Augenflinke war ein ausgekochter Revolvermann, ein Pistolero, wie die Mexikaner sagten, und ein eiskalter Killer. Seine Waffe hing tief an seinem rechten Oberschenkel, und die Missourihalfter wirkte geschmeidig und gut gefettet.
Bemerkenswert war, dass er keinen Patronengürtel trug. Das offene und tief ausgeschnittene Halfter wurde durch einen um den Schenkel geschlungenen Riemen gehalten und stand einen Zoll von den engen, geschlitzten und mit Silberstoff ausgelegten Hosenbeinen ab. Auf dem dunklen Haar trug er einen breitrandigen Sombrero mit einem Band aus glitzernden Conchos.
»Ich fühle mich geehrt durch Ihren Besuch«, sagte Conan.
»Wir nicht. Was tun Sie auf unserem Land?«, fragte das Mädchen, das übrigens hübsch war, schnippisch.
Sie studierte ihn hochmütig, besonders seine langen Haare, die rot und lockig über den schmutzigen Kragen quollen. Blondes Haar, dachte Conan, graue Augen und ein Körper, der sich sehen lassen kann. Wie eine Amazone saß sie im Sattel eines Pintos.
»Ihr Land, Madam?«
Wieder musterten graue Augen lange und eindringlich den Vagabunden am Boden.
»Das Land meines Vaters. Vielleicht wissen Sie nicht, wen Sie vor sich haben?«
»In der Tat, keine Ahnung.«
In Conan dämmerte die Wahrheit. Grinsend setzte er hinzu und schwächte mit seinem halben Geständnis seine gespielte Unwissenheit ab: »Nicht genau, Madam, aber das macht weiter nichts. Unter heißer Texassonne sind alle Menschen gleich.«
»Bis auf Rustler und Pferdediebe.«
McCloud machte mit der Whiskyflasche eine Bewegung des Abwinkens und nahm anschließend einen kräftigen Schluck.
»Halten Sie mich für einen Pferdedieb, Madam?«, kam es gedehnt.
Conan grinste und schwang die Flasche wie ein Mexikaner seinen Sombrero.
»Das wird sich herausstellen, Mister. Vielleicht sind Sie kein Pferdedieb, aber Sie haben Rinder von Dads Weide gestohlen«, sagte sie ruhig.
Conan ließ noch einen langen Schluck durch die Kehle laufen, schmatzte zufrieden und stellte mit der Linken die Flasche zur Seite.
Die beiden Männer hatten sich bis jetzt nicht geäußert. Der Dünne runzelte die Stirn und musterte seine polierten Stiefel in den Steigbügeln deren Glanz nur wenig von dem rötlichen Staub des Panhandle geschmälert wurde. Dann hob er den Kopf und streckte sein nadelspitzes Kinn vor.
»Hört sich ganz so an, als wüsstest du was von den Viehdieben, Bucko?«
Seine Stimme klang kalt und viel zu unbewegt, und deshalb wirkten seine Worte automatenhaft blechern. »Du hast dein Lager ausgerechnet in der Nähe einer gehäuteten Kuh aufgeschlagen. Wir haben den Kadaver gefunden.«
»Richtig, ich hatte Hunger. Auf Dauer schmeckt Büffelfleisch nicht. Was dagegen?«
»Du hast dich an einem Stier der O’Toole-Ranch vergriffen. Wir werden dich hängen, Bastard!«
»Du Jammerlappen wirst keinen hängen, mich schon gar nicht«, entgegnete Conan unbewegt.
Während der Fette immer noch schwieg und seine Blicke im nahen Umkreis nach einer abgezogenen Kuhhaut in der Erde zu graben schienen, schnarrte der kaltgesichtige Mexikaner: »Du schwingst eine kesse Lippe, Bucko, nimm dich in acht! Wo hast du das Fell begraben?«
»Ach, das Fell … Dort drüben.«
Conan wies auf einen Tamariskenstrauch und grinste breit. Nach ein paar Sekunden fuhr er fort: »Nicht vergraben, Spic. Sie liegen offen und für jeden sichtbar im Schatten – die Felle.«
»Spic? Du scheinst nicht zu wissen, wer vor dir steht, Rinderdieb. Mit deinesgleichen mache ich nicht viel Umstände.«
»Wer schon?«, höhnte Conan McCloud. »Ich sehe einen schäbigen Greaser, dazu größenwahnsinnig, borniert und dumm das armselige Bild einer misslungenen Kreuzung zwischen Ratte und Mensch. Hau ab! Und lass mich zufrieden!«
Der Mexikaner zuckte wie unter einer Ohrfeige zusammen und wurde fahl unter seiner braunen Haut. Das Mädchen sah den Konflikt kommen. Es streckte gegen den Reiter die Hand aus und stieg aus dem Sattel.
»Ich bin Calder Onoe la Barka, Gringo, und wenn du dich nicht wegen der Beleidigung entschuldigst, wirst du es bereuen.«
Conan legte den Kopf schief und musterte den Mann, ohne auch nur seinen Körper um einen Zoll zu bewegen. Dessen Miene war ausdruckslos. Seine Mimik war genauso mager wie sein Körper und seine Bewegungen. Alles bei ihm war auf Funktion berechnet, ohne überflüssige Geste, ohne Gefühl. Ein erbarmungslos tüchtiger Mann – ein gefährlicher Mann.
»Du spinnst Spic«, sagte Conan ungeachtet der Gefahr, die ihm von dem Revolver des anderen drohte. Furcht kannte der Büffeljäger nicht. Durch das Gewehr an seiner Seite und den Colt in dem Halfter fühlte er sich sicher wie in Mutters Schoß.
De la Barka stieg vom Pferd und reichte die Zügel dem Dicken. Seine Hand schwang in Richtung seiner Hüfte. Als sei aus dem Gewehr ein selbstdenkendes, lebendiges Wesen geworden, sprang es in Conans Hand. Der lange Lauf richtete sich auf den Bauch des Mexikaners, dessen Rechte abrupt in der Abwärtsbewegung innehielt. Sein Gesicht war ausdruckslos.
»Lass es sein, Spic«, sagte die Stimme kalt von der Erde her. »Was meinst du, wie du dich fühlen wirst, wenn dir das Tageslicht durch die Gedärme scheint. Zwei Unzen Blei verdaut nicht einmal ein ausgewachsener Bison, von einem lausigen Greaser ganz zu schweigen. Pfote von der Waffe!«
Barka verzog das Gesicht, als habe er in eine Zitrone gebissen. Er wagte keinen weiteren Schritt und starrte wie fasziniert auf die Sharps.
»Wenn Sie ihn umlegen, Hombre, wird das die Sachlage auch nicht ändern«, warf der Dicke beinahe gutmütig ein. Er hockte auf seinem Pferd wie ein riesiger Affe, und sein dickliches Gesicht drückte Gutmütigkeit aus. »Ihr Beachcomber seid doch alle gleich. Euch ist doch alles und jeder egal.«
»Ich bin kein Tramp«, sagte McCloud klar und gedehnt. »Und wenn ich ein Viehdieb sein soll, wer sind denn Sie?«
»Na schön«, ließ sich der Dicke vernehmen. »Sie gehören also zu denen, die keine Rinder stehlen, um sie zu häuten. Sie haben Prinzipien, nicht wahr? Deshalb will ich Ihnen sagen, wer ich bin. Mein Name ist Hank O’Toole, und wenn Sie sich umsehen, Freund, erkennen Sie meine Tochter Linda. Mir gehört alles Land zwischen dem North Canadien und dem Elch Creek.«
»Danke«, sagte Conan und lächelte den Dicken freundlich an. »Hübsches Mädchen, hab’s gleich erkannt. Trotzdem, O’Toole, ich habe Ihre Kühe nicht geschlachtet.«
»Wer dann?«
»Keine Ahnung. Ich bin seit einer Woche hier und habe niemanden gesehen. Hier gibt’s Büffel, aber keine Rinder.«
Linda O’Toole kehrte zurück und ließ ihre Augen über das Lager schweifen. Irgend etwas störte Conan an ihrem Blick. Ein warnender, flehender, Aufmerksamkeit heischender Ausdruck legte sich wie ein Schleier über ihre Züge. Der Pfad, auf dem die Besucher gekommen waren, lag links, und auf der anderen Seite führte ein schmaler Trampelpfad zu einem entfernten Dickicht, in dessen Nähe es penetrant roch.
»Siehst du das Grünzeug, Dad?« Ihre Hand deutete hinüber. »Die beiden Pfade führen in die Richtung. Sie kommen mir vor wie Speiseröhren, die zu einem vollen Magen führen. Sehen wir nach – vielleicht bringt uns das weiter.«
»Warum nicht? Gehen wir hin. Der schießwütige Spic voran, Sie, Madam, und O’Toole in seinem Schlepp. Im Abstand von zehn Schritten folge ich, und ich halte den Finger am Abzug. Nicht vergessen, Freunde, meine Waffe hat ein Kaliber 60/65, und das reißt Löcher so groß wie eine Kaffeetasse.«
Wieder der flehende Blick aus grauen Augen. Sie marschierten los, wenn auch widerwillig.
*
Der Geruch war kaum zu ertragen. Der Stapel Büffelhäute verbreitete einen Gestank, der hundert Schritte im Umkreis zu riechen war. Und die zahlreichen Fliegen … Ganze Schwärme stürzten sich wolkenartig auf die vier Menschen. Calderón blieb angewidert stehen und wandte den Kopf.
»Hör mal, Gringo, du kannst doch nicht …«
»Halt die Klappe.« Der Dicke funkelte den Mageren an. »Du wolltest nachsehen, und nun atme kräftig durch und kipp nicht um, damit du auch alles siehst.«
Conan grinste. Besonders den Mex ließ er keinen Augenblick aus den Augen.
»Seht euch die Häute an, Freunde. Und wenn ihr eine Kuhhaut unter ihnen findet, will ich mich freiwillig von euch hängen lassen. Bitte, schaut sie euch an, Stück für Stück.«
Sie hielten zehn Schritte Distanz. Näher heranzugehen, war unmöglich. Besonders das Mädchen zog die Nase kraus und presste ein seidenes Tuch auf den Mund.
»Wie können Sie bei diesem Gestank die Felle bearbeiten und fortschaffen?«
»Das geht nur während der Nachtkühle, Madam, am Tag hält man den Gestank nicht aus.«
»Und davon leben Sie?«
Conan nickte. »Von den Fellen, nicht vom Gestank.«
O’Toole musste grinsen. Der Mann, dem sie Unrecht taten, besaß Humor. Er hob die Hand.
»Mister, haben Sie eine Ahnung, wer meine Stiere stiehlt? Für einen Hinweis setze ich eine Prämie aus.«
»Fragen Sie die Comanchen.«
»Aha, und wo sind sie?«
Conan machte eine Geste um die halbe Himmelsrose.
»Überall im Panhandle, bis hinüber zu den Badlands und noch weiter über den Rio Grande.«
»Werde nicht zu frech«, knurrte der Mexikaner, der grundsätzlich immer anderer Leute Worte kritisierte und nur seine eigenen Grundsätze gelten ließ.
»Du bist still«, konterte Conan in der Absicht, den anderen zu reizen. Calderón war für ihn eine permanente Gefahr, der er sich nicht aussetzen durfte, wenn er länger auf der Büffelweide bleiben wollte. Schroff setzte er hinzu: »Habt ihr euch überzeugt, seht ihr Kuhhäute?«
»Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«, fragte das Mädchen.
»Hätten Sie mir geglaubt, Madam?«
Sie überging die Frage und wandte sich zum Lager zurück. Die Kolonne setzte sich wieder in Bewegung. Conan mit der Sharps hintenan. Er ging kein Risiko ein, das konnte er sich auch nicht leisten.
»Es ist nur eine Frage der Zeit«, knurrte Calderón über die Schulter und lächelte dazu mit den Lippen, doch seine Augen blieben kalt und höhnisch.
»Welche Zeit?«
»Bis er die Rothäute ruft, Patron.«
O’Toole schüttelte den massigen Kopf.
»Sollte er das?« Er blieb stehen und wandte sich Conan zu. »Was meinen Sie, Mister, weshalb Calderón meint, dass Sie die Comanchen rufen werden? Haben Sie Einfluss auf sie?«
Conan schüttelte den Kopf.
»Nein. Sie sind meine Freunde, das ist alles. Ich laufe ihnen nicht nach, sie kommen von selbst. Der Stamm ist weit verbreitet, und dann jagt man tagelang hinter ihnen her und sieht keine Federspitze von ihnen.«
»Sie kommen von selbst?«
»Ich mache Rauch. Dann kommen sie schon, wenn sie Lust zu einem Palaver haben.«
»Rauch?«, fragte der Dünne, und das war das erste Mal, dass er Interesse zeigte. Er schritt schneller aus. »Du meinst Rauch durch ein Feuer?«
Er deckte sein Interesse mit einem Mantel aus Müdigkeit zu, der mit Vorsicht und Misstrauen gefüttert war.
»Mit was sonst?«, antwortete Conan, und ein Lächeln überzog sein stachelbärtiges Gesicht.
O’Toole nickte gönnerhaft und dachte bei sich, dass er diesen Burschen nicht für unsympathisch halten könnte, selbst wenn ihm etwas daran läge. Er stampfte wie ein Bison durch das Gras und Unterholz, gefolgt von seiner Tochter.
»Rauch heißt immer und überall: He, kommt her, die Luft ist rein.«
»So ist es«, sagte Conan und gab Calderón, der langsamer ging und ständig den Kopf nach ihm drehte, einen sanften Wink mit dem Gewehrlauf.
»Und jetzt machen Sie Rauch und rufen sie?«
Linda schob sich an seine Seite. Ihre Nähe verunsicherte ihn. Er blieb stehen und ließ sie zwei Schritte vorgehen. Selbst einem jungen Mädchen konnte es gelingen, seinen Gewehrlauf zur Seite zu stoßen, und der Mexikaner war ihm ein bisschen zu fix im Ziehen und Schießen.
»Ich werde keinen Rauch machen, Madam. Mit Ihren Kühen habe ich nicht das geringste zu tun. Und wenn Sie die Indianer zur Rechenschaft ziehen wollen, dann ohne mich. Wenn ich in Ruhe in ihrem Land jagen will, kann ich mir die Rothäute nicht zu Feinden machen.«
»Unser Land«, erwiderte Linda bissig.
»Ihr Land«, kam prompt das Echo. »Ihr Vater hat es ihnen mit Gewalt weggenommen. Oder haben Sie einen Penny für das bezahlt, was Sie heute an Ländereien besitzen, O’Toole?«
»Großer Gott!«, feixte der Rancher. »Hat man so was schon gehört? Welcher Rancher in Texas hätte je Land von einem Indianer gekauft?« Er lachte verächtlich.
»Chisholm«, sagte Conan und winkte wieder mit dem Gewehr. »Aber das wissen nur die Anständigen unter Ihnen, O’Toole.«
»Mit Geld bezahlt?«, staunte der dicke Mann ungläubig. »Das ist ja nicht zu glauben.«
»Quatsch! Was soll ein indianischer Nomade mit Geld. Mit Waren bezahlt man, mit Proviant, Decken und Haushaltsgeräten. Und man schließt einen Vertrag, der Jahrhunderte Gültigkeit besitzt, wenn er in der Sprache der Indianer abgefasst wird.«
»Blödsinn! Die können weder lesen noch schreiben.«
»Sie können. Bilderschrift, in weiches Leder geritzt und eingefärbt. Aber Ihnen das zu erklären, ist nicht meine Sache. So, wir sind beim Lager. Schwingen Sie sich auf Ihre Gäule und verduften Sie«, fügte er barsch hinzu.
Calderón de la Barka drehte sich brüsk herum. In seinem asketischen Gesicht zuckte es wie in einer Gewitterwolke.
»Nimm dich in Acht, Gringo, nimm dich verdammt in Acht! Ewig kannst du mich nicht mit deinem Schießprügel bedrohen, und dann bin ich am Zug.«
»Es wird dein letzter sein, ein Zug zur Höllenpforte, Spic. Versuch’s nicht.«
Linda stellte sich hüftschwingend vor den Mexikaner. Sie sah Conan an, lange, gründlich und nachdenklich. Dabei schürzte sie die vollen Lippen. Es sah aus, als wollte sie den Büffeljäger küssen.
»Dürfen wir uns eine Weile in Ihrem Camp ausruhen, Mr McCloud? Wir haben einen weiten Weg hinter uns und sind müde«, sagte Linda O’Toole.
»Sagten Sie nicht, es sei Ihr Land, Madam?«, antwortete Conan spöttisch, dabei dachte er darüber nach, woher sie seinen Namen wusste. Seines Wissens hatte er sich nicht vorgestellt, aber er wusste es nicht mehr genau und schwieg.
»Das Land meines Vaters, jedoch ihr Camp«, sagte sie unbeirrt. »Dürfen wir?«
»Wenn Sie alle Ihre Waffen dort drüben unter den Chaparral legen und sich hübsch brav verhalten, gestatte ich Ihnen eine Stunde Ruhepause. Danach muss ich auf die Jagd.
Es wird bald dunkel, und die Bisons sind friedlich in der Abenddämmerung.«
»Das könnte dir so passen, Gringo«, bellte der Mexikaner höhnisch. »Keine Sekunde lege ich meine Pistole ab …«
»Du bist still, Cal!«, befahl O’Toole. »Es ist sein Lager, er hat zu bestimmen.«
»Vernünftig, sehr vernünftig«, kam es beißend von Conans Lippen. »Proviant ist dort drüben im Sack. Es gibt zwar jagdbares Wild in der Umgebung, aber wir leben im Eisenbahnzeitalter.«
Was er damit sagen wollte, war klar. Und wer seinem Blick zu den leeren Sätteln gefolgt war, wusste, warum er es sagte.
Schnaufend ließ sich der Dicke ins Gras sinken. Linda setzte sich ihm gegenüber. Calderón hockte im Schneidersitz links von ihr.