Duft der Zeit - Byung-Chul Han - E-Book

Duft der Zeit E-Book

Byung-Chul Han

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Beschreibung

Die heutige Zeitkrise hängt nicht zuletzt mit der Verabsolutierung der vita activa zusammen. Sie führt zu einem Imperativ der Arbeit, der den Menschen zu einem arbeitenden Tier (animal laborans) degradiert. Die Hyperaktivität des Alltags nimmt dem menschlichen Leben jegliche Kraft zum Verweilen und zur Kontemplation. Dadurch wird die Erfahrung erfüllter Zeit unmöglich. Notwendig für die Überwindung der heutigen Zeitkrise sind die Revitalisierung der vita contemplativa und das Wiedererlernen der Kunst des Verweilens.

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Byung-Chul Han

Duft der Zeit

Ein philosophischer Essay zur Kunst des Verweilens

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

eBook transcript Verlag, Bielefeld 2014

© transcript Verlag, Bielefeld 2014

Die Verwertung der Texte und Bilder ist ohne Zustimmung des Verlages urheberrechtswidrig und strafbar. Das gilt auch für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Verarbeitung mit elektronischen Systemen.

Covergestaltung: Kordula Röckenhaus, Bielefeld

Korrektorat: Kirsten Hellmich, Bielefeld

Konvertierung: Michael Rauscher, Bielefeld

Print-ISBN 978-3-8376-1157-1

EPUB-ISBN 978-3-7328-1157-1

www.transcript-verlag.de

Inhalt

Vorwort

Un-Zeit

Zeit ohne Duft

Geschwindigkeit der Geschichte

Vom Zeitalter des Marsches zum Zeitalter des Schwirrens

Paradoxie der Gegenwart

Duftendes Zeitkristall

Zeit des Engels

Duftende Uhr: Ein kurzer Exkurs ins alte China

Reigen der Welt

Der Geruch des Eichenholzes

Die tiefe Langeweile

Vita contemplativa

Vorwort

Die Zeitkrise von heute heißt nicht Beschleunigung. Das Zeitalter der Beschleunigung ist bereits vorbei. Was wir derzeit als Beschleunigung empfinden, ist nur eines der Symptome der temporalen Zerstreuung. Die heutige Zeitkrise geht auf eine Dyschronie zurück, die zu unterschiedlichen temporalen Störungen und Mißempfindungen führt. Der Zeit fehlt ein ordnender Rhythmus. Dadurch gerät sie außer Takt. Die Dyschronie läßt die Zeit gleichsam schwirren. Das Gefühl, das Leben beschleunige sich, ist in Wirklichkeit eine Empfindung der Zeit, die richtungslos schwirrt.

Die Dyschronie ist nicht das Resultat forcierter Beschleunigung. Verantwortlich für die Dyschronie ist vor allem die Atomisierung der Zeit. Auf diese geht auch das Gefühl zurück, die Zeit vergehe viel rascher als früher. Aufgrund der temporalen Zerstreuung ist keine Erfahrung der Dauer möglich. Nichts verhält die Zeit. Das Leben wird nicht mehr eingebettet in die Ordnungsgebilde oder Koordinaten, die eine Dauer stiften. Flüchtig und ephemer sind auch Dinge, mit denen man sich identifiziert. So wird man selbst radikal vergänglich. Die Atomisierung des Lebens geht mit einer atomistischen Identität einher. Man hat nur sich selbst, das kleine Ich. Man nimmt gleichsam radikal ab an Raum und Zeit, ja an Welt, an Mitsein. Die Weltarmut ist eine dyschronische Erscheinung. Sie läßt den Menschen auf seinen kleinen Körper zusammenschrumpfen, den er mit allen Mitteln gesund zu erhalten sucht. Sonst hat man ja gar nichts. Die Gesundheit seines fragilen Körpers ersetzt Welt und Gott. Nichts überdauert den Tod. So fällt es heute einem besonders schwer, zu sterben. Und man altert, ohne alt zu werden.

Das vorliegende Buch spürt historisch und systematisch den Ursachen und Symptomen der Dyschronie nach. Es wird aber auch über die Möglichkeiten einer Genesung nachgedacht. Dabei werden zwar Heterochronien oder Uchronien aufgesucht, aber auf die Auffindung und Rehabilitierung dieser außergewöhnlichen, außeralltäglichen Orte der Dauer beschränkt sich die vorliegende Studie nicht. Vielmehr wird vermittels einer historischen Rückschau prospektiv auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht, daß das Leben bis in den Alltag hinein eine andere Form anzunehmen hat, damit jene Zeitkrise abgewendet wird. Nachgetrauert wird nicht der Zeit der Erzählung. Das Ende der Erzählung, das Ende der Geschichte muß nicht eine temporale Leere mit sich bringen. Es eröffnet vielmehr die Möglichkeit einer Lebenszeit, die ohne Theologie und Teleologie auskommt, die jedoch einen eigenen Duft besitzt. Sie setzt aber eine Revitalisierung der vita contemplativa voraus.

Die heutige Zeitkrise hängt nicht zuletzt mit der Absolutsetzung der vita activa zusammen. Sie führt zu einem Imperativ zur Arbeit, der den Menschen zum animal laborans degradiert. Die Hyperkinese des Alltags nimmt dem menschlichen Leben jedes kontemplative Element, jede Fähigkeit zum Verweilen. Sie führt zum Verlust von Welt und Zeit. Die sogenannten Strategien der Entschleunigung beseitigen diese Zeitkrise nicht. Sie verdecken sogar das eigentliche Problem. Notwendig ist eine Revitalisierung der vita contemplativa. Die Zeitkrise wird erst in dem Moment überwunden sein, in dem die vita activa in ihrer Krisis die vita contemplativa wieder in sich aufnimmt.

Un-Zeit

…daß in der zaudernden Weile… einiges Haltbare sei.

Friedrich Hölderlin

Erstaunlich aktuell ist Nietzsches »letzter Mensch«. Die »Gesundheit«, die sich derzeit zum absoluten Wert, ja zu einer Religion erhebt, »ehrt« schon der letzte Mensch.[1] Ein Hedonist ist er zudem noch. So hat er »sein Lüstchen für den Tag und sein Lüstchen für die Nacht«. Sinn und Sehnsucht weichen Lust und Vergnügen: »›Was ist Liebe? Was ist Schöpfung? Was ist Sehnsucht? Was ist Stern?‹ – so fragt der letzte Mensch und blinzelt.« Das lange, gesunde, aber ereignislose Leben wird ihm schließlich doch unerträglich. So nimmt er Drogen und stirbt zuletzt einen Drogentod: »Ein wenig Gift ab und zu: das macht angenehme Träume. Und viel Gift zuletzt, zu einem angenehmen Sterben.« Paradoxerweise wird sein Leben, das er kraft einer rigorosen Politik der Gesundheit unendlich zu verlängern sucht, vorzeitig beendet. Er ver-endet zur Unzeit, statt zu sterben.

Wer es nicht vermag, zur rechten Zeit zu sterben, muß zur Unzeit verenden. Das Sterben setzt es voraus, daß das Leben eigens abgeschlossen wird. Es ist nämlich eine . Wird dem Leben jede Form sinnvoller Geschlossenheit genommen, wird es unzeitig beendet. Es ist schwer, zu sterben in einer Welt, in der Schluß und Abschluß einem end- und richtungslosen Fortlauf, einem permanenten Unfertigsein und Neubeginn gewichen sind, in einer Welt also, in der das Leben sich nicht zu einem Gebilde, zu einer Ganzheit abschließt. So reißt der Lebenslauf zur Unzeit ab.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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