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E-Book 126 - 140 E-Book

Diverse

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Beschreibung

Der Autor steht für einen unverwechselbaren Schreibstil. Er versteht es besonders plastisch spannende Revolverduelle zu schildern und den ewigen Kampf zwischen einem gesetzestreuen Sheriff und einem Outlaw zu gestalten. Er scheut sich nicht detailliert zu berichten, wenn das Blut fließt und die Fehde um Recht und Gesetz eskaliert. Diese Reihe präsentiert den perfekten Westernmix! Vom Bau der Eisenbahn über Siedlertrecks, die aufbrechen, um das Land für sich zu erobern, bis zu Revolverduellen - hier findet jeder Westernfan die richtige Mischung. Lust auf Prärieluft? Dann laden Sie noch heute die neueste Story herunter (und es kann losgehen). E-Book 1: Die Totengräber warten schon E-Book 2: Der Höllenmarshal E-Book 3: Todesstaub E-Book 4: Gewalt bricht Gewalt E-Book 5: Büffelgold E-Book 6: Mit Gesetz und Colt E-Book 7: Hartes Land E-Book 8: Partner bis zum Tod E-Book 9: Töte … E-Book 10: Henker-Canyon

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Inhalt

Die Totengräber warten schon

Der Höllenmarshal

Todesstaub

Gewalt bricht Gewalt

Büffelgold

Mit Gesetz und Colt

Hartes Land

Partner bis zum Tod

Töte …

Henker-Canyon

Die großen Western – Staffel 8 –

E-Book 126 - 140

10 Romane

Diverse -

Die Totengräber warten schon

Roman von Callahan, Frank

Die Kugel schlug in seinen Rücken, warf ihn nach vorn auf das Sattelhorn. Zuckend krallten sich die Hände in der Mähne des Pferdes fest. Bösartig peitschte der Schuss über die öde Sandfläche und verlor sich in der Weite.

Die Hufe des Pferdes trommelten über den heißen Boden. Mühsam hielt sich der Mann im Sattel. Das Pferd jagte mit ihm über die sandige Bodenwelle hinweg.

Wieder fiel ein Schuss.

Diesmal verfehlte ihn der heimtückische Mann, der ihm im Galopp folgte.

Die gnadenlose Jagd führte durch die Wüste. Verzweifelt und beinahe bewusstlos hing der Verfolgte im Sattel. Stöhnend hob er den Kopf und starrte mit flackernden Augen über das einsame Land. Vor seinen Augen verschwammen die Kakteen und Comas, die kleinen Hügel und die in der Sonne flimmernden Sandwehen.

Es war wie ein böser, schrecklicher Traum. Er fühlte sich von seinem Körper gelöst. Es war ihm, als wäre er nur noch eine Hülle. Das Pferd schien zu schweben. Er spürte keine Erschütterung mehr. Alles war plötzlich so leicht, so leer.

Er begann zu träumen. Von seinem Sohn, von seinem Haus. Er sah nicht diese schreckliche, mörderische Wüste, er dachte nicht an den skrupellosen Verfolger, der schon so lange auf seiner Spur war und ihn umbringen wollte.

Mein Junge, du sollst leben – leben!

Der Verfolger holte auf. Er hielt die Winchester und peitschte das Pferd.

Jäh war der Traum zu Ende. Die grelle, flimmernde Wüste war wieder vor ihm – und plötzlich ein Tal. Und dort stand ein halb zerfallenes kleines Adobehaus.

Der Wille zum Überleben erwachte in ihm. Dort unten würde er Hilfe bekommen. Das Haus war seine Rettung! Er bäumte sich auf und stöhnte erstickt. Die Rechte fand den Zügel und zog schwach daran. Das Pferd änderte die Richtung und lief auf die kleine Hütte zu.

Die ausgedörrte Holztür stand weit offen. Verlassen war der Hof. Staubwirbel tanzten über den Boden, am zerfallenen Stall vorbei und über den Brunnen hinweg.

Niemand kam ihm entgegen.

Er ritt um sein Leben, näherte sich dem Anwesen immer mehr und schrie laut um Hilfe.

Oben am Talrand tauchte der Verfolger auf, riss am Zügel, verhielt, hob die Winchester an und zielte …

In diesem Moment hatte er den Hof erreicht, war in der Deckung der Stallruine. Der Schuss peitschte herüber. Die Kugel streifte den Stall und zerfetzte das Holz vom Dach. Klatschend schlug sie gegen die Mörtelwand des Adobehauses und riss den Lehmputz los. Das Echo des Schusses hallte durch das Tal.

»Hilfe …«, krächzte der Mann und rutschte vom Pferd. »Hilfe!«

Er torkelte über den Hof, schwankte hin und her, schleppte sich zur Tür hin.

Wieder geriet er in das Schussfeld seines Mörders. Wieder zielte der Reiter.

Der Schuss brach. Die Kugel fuhr durch den Ärmel des Mannes, ohne ihn zu verletzen. Erstickt schrie er auf und taumelte über die Türschwelle.

Mit verzerrtem, bleichem Gesicht stolperte er ins Haus und öffnete weit den Mund, wollte schreien – doch kein Laut kam über die Lippen. Er stierte umher, torkelte an den verstaubten Tisch heran und stützte sich.

»Nein«, flüsterte er entsetzt, »nein …«

Das Haus war leer. Der Raum schien seit Langem verlassen. Kein Mensch wohnte hier. Überall lag der Flugsand, der durch die Ritzen hereingedrungen war.

Zitternd drehte er sich um und starrte hinaus ins helle Tal. Oben verhielt der Verfolger, spähte hinunter und wusste offensichtlich nicht, was er tun sollte. Sicher glaubte auch er, dass das Adobehaus bewohnt war. Vom Talrand aus war nicht zu erkennen, dass niemand auf der kleinen Farm lebte.

»Großer Gott«, flüsterte der Schwerverwundete. »Mein Junge …«

Die Schwäche warf ihn um.

Er fiel dicht neben dem Tisch zu Boden, der Staub wirbelte auf und hüllte ihn ein.

Doch er verlor nicht das Bewusstsein. Er starrte hinaus.

Der Todfeind lauerte.

Sein Pferd stand neben dem Stall.

Die Sonne brütete, die Hitze kam herein und füllte seine Lunge wie mit Feuer. Unaufhaltsam lief das Blut über seinen Rücken. Er konnte nichts dagegen unternehmen, er war verdammt zum Sterben – er wusste es.

Zitternd griff er zum Colt, der im Halfter steckte. Er wollte kämpfen, wollte jenen Reiter noch in den letzten Minuten seines Lebens bezwingen.

»Harper Lee«, stöhnte er, »komm her, komm schon! Ich hab nicht mehr viel Zeit. Komm, Harper Lee, du verfluchter Hund!«

Er kannte seinen Todfeind.

Harper Lee aber kam nicht. Er wartete wie eine Hyäne auf den Tod seines Opfers. Am Talrand war er sicher. Er wusste nicht, wie viele Leute im Haus waren. Über sein eingefallenes bleiches Gesicht zog ein zynisches Grinsen. Langsam senkte er die Winchester. Die Sonne brannte. Schweiß rann über sein Gesicht und sickerte ins Halstuch hinein. Staubwirbel wanderten am Talrand entlang …

Im kleinen Adobehaus rang ein Mann mit dem Tod. Er stierte hinaus, lag mit dem Kinn auf dem Boden – und sein schwerer Atem blies den Staub vor seinem Gesicht her.

»Komm, du Schweinehund! Komm!« Plötzlich ritt Harper Lee an, ritt am Talrand entlang und verschwand.

»Feigling«, flüsterte der Sterbende. »Du sollst herkommen, damit – ich dir – eine Kugel verpassen kann …« Die Ohnmacht erstickte seine Stimme. Erschöpft lag er am Boden.

Der Wind bewegte die Tür. Sie knarrte in den hölzernen Angeln. Immer wieder dieses monotone Geräusch, das ihn endlich zu sich kommen ließ. Und immer noch sah er hinaus, doch Harper Lee blieb verschwunden.

Wie ein todkrankes Tier richtete er sich auf, prallte gegen den Tisch, stieß ihn um, fiel gegen die Wand.

Der Colt lag vor der Tür im flimmernden Sonnenschein.

Auf einmal wurde Hufschlag laut.

Harper Lee …!

Der Wille, seinen Feind mit in den Tod zu nehmen, wurde übermächtig in ihm. Er schaffte es bis zum Colt, packte die schwere Waffe und kauerte kniend vor der Tür.

Da kam ein Mann auf den Hof geritten und verhielt.

Nicht Harper Lee! Ein großer, hagerer Fremder war es, ein Mann mit strähnigem sandfarbenem Haar und steingrauen Augen.

Der Fremde glitt vom Pferd, hielt eine Winchester in der Rechten und näherte sich der Tür.

Vor den Augen des Sterbenden verschwamm alles. Er erkannte nur die Umrisse eines Menschen, eine Silhouette vor dem hellen Himmel. Wie aus weiter Ferne drang eine Stimme zu ihm: »Nicht schießen. Ich will Ihnen helfen.«

Die Nebel vor seinen Augen zerrissen. Der Tod war plötzlich nicht mehr nahe. Er sah, wie der Mann hereinkam, sich zu ihm niederkniete.

»Wer hat auf Sie geschossen?«, tönte die raue Stimme des Fremden in die lastende Stille.

»Harper Lee – einer von Donovans Revolvermännern! In – Albuquerque …«

»Sag mir deinen Namen.«

»John – Smith.« Der Sterbende sackte zurück und starrte ins Leere. »Mein Junge – ist in Gefahr! Tommy … Ich wollte Hilfe holen – einen US Marshal, aber – Harper Lee sah mich und …« Er stöhnte und blickte den großen Fremden gequält an. »Wer – bist du?«

»Cheyenne.«

Smith schloss einen Atemzug lang die Augen. Leise, kaum hörbar, kamen die Worte über die blutleeren Lippen: »Cheyenne? – Ich dachte, Cheyenne wäre schon lange tot.«

»Nein, John Smith, ich lebe.«

»Ich höre dich, Cheyenne … Oder ist es nur ein Traum? Vielleicht – gibt es dich nicht wirklich?«

Vielleicht träumte er alles nur.

Es gab sicher gar keinen Fremden und keinen Cheyenne. Vielleicht lag er hier allein im Haus, einsam und verloren, und das Fieber gaukelte ihm alles vor.

»Hilf – Tommy, Cheyenne! Mein Junge ist – sonst verloren!« Die Lippen zuckten, das Gesicht wurde schneeweiß. Er stierte Cheyenne an und wollte weitersprechen, doch der Tod nahm ihn in sein ewiges Reich.

Still hockte Cheyenne neben ihm. Die Tür knarrte.

Draußen schnaubten die Pferde. Staub wehte herein.

Mit der linken Hand strich Cheyenne über die Augen des Mannes hinweg. »Ich werde Tommy helfen, Smith.« Niemand hörte Cheyenne.

Langsam richtete er sich auf, stand hager und sehnig im Raum und hielt die Winchester.

Es war nicht weit bis nach Albuquerque.

Er hob John Smith auf und trug ihn hinaus, legte ihn über den Sattel und breitete eine Decke über ihn.

Dann ritt er davon, das Pferd hinter sich am langen Zügel. Der heiße Wind raunte und sang, die Wüste schwieg. Weiße Wolken zogen am stahlblauen Himmel. Der Hufschlag der beiden Pferde verlor sich nach Norden.

*

Donovan lag auf dem Bett, und die rothaarige schlanke Tänzerin lag neben ihm. Sie streichelte sein Gesicht, strich über die buschigen Augenbrauen hinweg und kitzelte seinen Mund.

Er lachte, legte die Arme um ihre bloßen Schultern und zog sie an sich. Sie küssten sich, wälzten sich auf dem großen weichen Bett und hörten nicht das Stimmengemurmel, das aus dem Saloon herauftönte.

»Du bist eine tolle Frau, Angie«, flüsterte Donovan. »Ich glaub, ich heirate dich noch.«

»Ach, Mike«, hauchte sie, »das wirst du nie tun. Ich weiß es. Du liebst das Neue, und wenn du es kennst, legst du es ab wie einen alten Mantel …«

»Du bist verrückt«, grinste er. »Wenn ich was haben will, dann kriege ich es auch – und dich kriege ich …!«

Sie rückte ein Stückchen von ihm ab, sah in das weiche Licht der Lampe und lauschte den Stimmen im Saloon und den Geräuschen auf der dunklen Straße.

»Gib mir lieber ein paar Dollars mehr, Mike«, sagte sie sanft und lächelte. »Ich bin doch das beste Pferd in deinem Stall?«

»Ja, das bist du«, versicherte er, »und die schönste Frau, die mir je über den Weg gelaufen ist.«

Sie legte sich auf die Seite und betrachtete sein schwarzes glänzendes Haar. Das Licht brach sich in seinen blauen Augen. Ein feiner Schweißfilm lag auf seinem Gesicht.

»Das sagst du nur so, Mike Donovan … Dir gehört alles hier in Albuquerque, du kannst dir alles leisten, jedes Mädchen liegt dir zu Füßen, und die Kerle da draußen haben so viel Angst vor dir, dass sie dir die Stiefel ablecken würden. Ja, für dich bin ich die schönste Frau – doch nur heute Nacht, Mike.«

»Ach, rede doch nicht so, Angie«, wehrte er ab und richtete sich halb auf. »Was machen wir uns überhaupt für Gedanken, he? Komm her.«

Er zog sie an sich.

Schritte kamen die Treppe herauf, folgten dem Gang und verstummten vor der Tür. Dann klopfte es.

Donovan löste sich von der Tänzerin und starrte zum Eingang.

»Was ist los?«, schrie er. »Könnt ihr verdammten Idioten mich nicht in Ruhe lassen?«

»Boss«, tönte eine Stimme dumpf durch die Tür, »Sie müssen sofort kommen. Es ist sehr wichtig.«

»Zum Teufel«, schimpfte Donovan, stand vom Bett auf und begann sich anzukleiden. »Ich komm gleich.«

Die Schritte entfernten sich.

Übel gelaunt sah er auf die Tänzerin. »In Ordnung, du bekommst die Dollars, aber jetzt mach, dass du nach unten kommst. Du hast einen Auftritt. Wofür bezahl ich dich, he? Diese einfältigen Kerle wollen dich sehen!«

»Du bist reizend zu mir«, entgegnete sie ruhig, doch sie lächelte nicht. »Ich bin meinem Schicksal dankbar, dass ich dich getroffen habe, Mike Donovan.«

»Schnauze!«, brummte er und zog die gut sitzende weiße Jacke zurecht. »Feierabend für heute. Zieh dich endlich an.«

Ungerührt verließ sie das Bett und griff nach ihrem Kleid. Geschmeidig schlüpfte sie in das enge Gewand hinein, trat vor den Spiegel und ordnete ihr Haar.

Wortlos verließ er das Zimmer und stieg die Treppe hinunter. Tabakqualm schlug ihm entgegen. Der dichte Dunst wallte um die Lampen im Saloon. Überall standen oder saßen Männer. Animiermädchen bedienten die Gäste. Im Hintergrund sah man mehrere Spieltische.

Donovan warf einen schnellen, forschenden Blick umher. Zwei seiner Leute standen an der Tür und sahen zu ihm herüber. Er verließ die Treppe und ging ruhig und ohne Hast quer durch den Saloon, erreichte die Tür und trat hinaus.

Schon beim ersten Schritt ins Freie veränderte sich sein Gesichtsausdruck, wurde hart und verschlossen. Donovan ging über den Plankenweg und stieg die zwei Stufen hinunter.

Das Licht fiel über den Gehweg auf die Straße. Dort standen Harper Lee und die anderen drei Revolverschwinger. Sie standen neben dem Pferd, auf dem leblos und schlaff John Smith lag. Der Wind blies die Straße herauf und ließ die Decke flattern.

»Smith«, murmelte Donovan dumpf und starrte Harper Lee an. »Zum Henker, wer hat ihn in die Stadt gebracht? Du hast mir gesagt, dass Smith erledigt wäre, Lee!«

»Er ist tot«, antwortete Harper Lee leicht verlegen. »Irgendwer muss ihn in die Stadt gebracht haben. Das werden wir schon noch herausbekommen.«

Der Zorn ließ Donovans Stirnader anschwellen. Mühsam beherrschte er sich und trat an das Pferd heran, beugte sich hinunter und starrte in das Gesicht des Toten. Mit pfeifendem Atem richtete er sich auf, hob die Decke ein wenig und blickte auf den Rücken. Deutlich war das Einschussloch zu erkennen. Er zog die Decke wieder über den Toten und blickte Harper Lee durchdringend an.

»Du hast ihn erwischt, aber es gibt mindestens einen Kerl, der davon weiß, der Smith in die Stadt gebracht hat. Wer es auch sein mag – er weiß, dass du es gewesen bist, dass du für mich arbeitest. Sonst hätte er das Pferd nicht genau vor meinem Saloon zurückgelassen!«

Harper Lee zuckte die Achseln. In seinem fahlen Gesicht bewegten sich die Muskeln. Bleich wie der Tod stand er am Straßenrand.

»Ich mach das wieder gut, Boss«, sagte er kleinlaut.

»Das hoffe ich«, knurrte Donovan. »Versucht herauszubekommen, wer neu nach Albuquerque gekommen ist.«

Im Saloon war es still geworden. Die rothaarige Angie war auf die kleine Bühne getreten. Die Männer johlten. Musik setzte ein, Angie begann zu tanzen und zu singen. Ihre faszinierend rauchige Stimme tönte bis auf die Straße.

Donovan schien dem Gesang zu lauschen, er stand still und starrte über die Straße. Lichtbahnen fielen durch die Dunkelheit.

»Bringt Smith aus der Stadt«, befahl er mit schroffer Stimme. »Begrabt ihn, bevor ihn jemand erkennt. Dieser verdammte Kerl wollte doch wirklich einen Marshal holen. Er hat einen großen Fehler gemacht, er konnte das Maul nicht halten. Los, weg mit ihm! Bronson, du nimmst dir seinen Sohn vor. Warte aber noch etwas, es muss erst eine Weile vergehen.«

Steif wandte er sich ab und verschwand im Saloon. Die Türflügel schlugen hin und her, der Tabakrauch drang ins Freie.

Harper Lee und zwei Revolverschwinger gingen mit dem Pferd und dem Toten davon.

Bronson blieb noch im Lichtkegel stehen. Sein breites Gesicht verriet, dass er eine indianische Mutter hatte. Schweißnass glänzte die fliehende Stirn. Er berührte die tiefhängenden Colts und verzog das Gesicht zu zynischem Grinsen. Langsam betrat er den Gehweg und schritt an den Häusern entlang. In einer Hausnische machte er halt und holte ein Zigarillo hervor. Er rauchte, und wenn er an der Zigarre sog, erhellte die Glut für Sekunden das knochige Gesicht mit den breiten Wangenknochen.

Der Tod hatte Pause.

*

Trüber Lichtschein sickerte durch das verhangene Fenster des kleinen Hauses. Mit harten Knöcheln schlug Cheyenne gegen die Tür und trat zurück.

Im Haus ertönten Schritte. Eine Hand schob vorsichtig die Gardine beiseite, ein schmales Gesicht erschien.

»Wer ist da?«, fragte der Junge durch die geschlossene Tür.

»Du kennst mich nicht«, sagte Cheyenne mit seiner dunklen Stimme, »ich bin hier, weil dein Vater mich geschickt hat.« Er hörte, wie der Türriegel beiseitegeschoben wurde.

Der Junge öffnete und blickte den Fremdling an.

Verstaubt vom langen Ritt, die Winchester in der Rechten, still und ernst – so stand Cheyenne vor ihm. Zwischen Haus und Stall stand sein Pferd.

»Ich bin Cheyenne, mein Junge. Kann ich das Pferd in den Stall bringen?«

»Ja, aber …«

Der Junge verstummte. Zweifel und Mutmaßungen drängten sich ihm auf. Er wusste nicht, was er tun sollte. Unsicher blickte er dem großen Fremden nach, wie er das Pferd in den Stall brachte, das Stalltor sorgsam zudrückte und zurückkam. Langsam wich er in das Haus zurück.

Cheyenne trat über die Schwelle und schloss die Tür. Als er sich umdrehte, sah er den schweren Colt in der Hand des ungefähr fünfzehn Jahre alten Jungen.

»Ich kenn keinen Cheyenne«, flüsterte er. »Jeder kann behaupten, dass ihn mein Vater geschickt hat. Rühren Sie sich nicht, Mister, oder ich leg Sie um!«

Cheyenne blieb ruhig. Er sah dem Jungen an, dass er sich Sorgen um den Vater gemacht und seit seinem Fortreiten nicht mehr geschlafen hatte.

»Ich gehör nicht zu Donovans Leuten, Tommy«, beruhigte ihn Cheyenne. »Du kannst das Schießeisen weglegen. Ich muss mit dir reden. Dein Vater kann das nicht mehr.«

Der Junge blickte ihn starr an, als wollte er ihn mit seinen Blicken durchlöchern. Unwillkürlich senkte er die Hand mit dem Colt ein wenig.

»Was soll das heißen?«, flüsterte er. »Was ist mit meinem Vater?«

Cheyenne sah auf den Colt und blickte im Raum umher, als hätte er die Frage nicht gehört. Diesem Haushalt war anzumerken, dass die Frau fehlte, und dennoch, es sah alles sauber und ordentlich aus.

Langsam trat er an den Tisch. Der Junge folgte jeder seiner Bewegungen misstrauisch und wachsam und hielt den Colt wieder hoch.

»Antworten Sie doch endlich, Mister!«

»Das werde ich tun«, nickte Cheyenne ernst und legte die Winchester auf den Tisch. Er nahm den verstaubten Stetson ab und legte ihn auf einen Stuhl. Sein schütteres, strähniges Haar schimmerte silbern im Licht der Lampe. Er kehrte dem Jungen den Rücken zu und betrachtete eine abgegriffene Fotografie.

»Deine Mutter, Tommy?«

»Ja.«

»Sie war eine schöne Frau. Du hast sie sehr geliebt, nicht wahr?«

Der Junge nickte, er spürte plötzlich einen Kloß im Hals.

»Du hast damals um sie geweint, Tommy«, sprach Cheyenne langsam. »Du hast geglaubt, ohne sie nicht mehr leben zu können. Heute hast du es längst überwunden, auch wenn du oft an sie denkst. So ist das Leben. Und es ist gut, dass man über alles Schwere hinwegkommt.«

»Worauf wollen Sie hinaus, Mister?«, flüsterte Tommy. »Sie wollen mir doch was sagen! Nun reden Sie schon! Wo ist mein Vater?«

Cheyenne drehte sich um und sah ihn an. »Dein Vater ist tot, Tommy …«

Der Colt rutschte aus der Hand des Jungen und polterte zu Boden. Fahle Blässe überzog sein Gesicht. Ein Krampf schüttelte ihn. Er öffnete den zuckenden Mund, doch er brachte kein Wort hervor.

»Tot«, hauchte er und stierte auf Cheyennes Winchester.

»Ja. Dein Vater wollte einen US Marshal holen, damit in Albuquerque wieder Recht und Gesetz herrschen sollten. Er war ein mutiger Mann, der sich nicht in die Knie zwingen ließ. Du kannst stolz auf ihn sein, Tommy.«

Der junge Smith saß gebeugt am Tisch. Sein Blick hatte sich verloren, als sähe er in weite Fernen.

»Tot«, kam es klanglos über die Lippen. »Tot – einfach tot …«

»Wir beide wissen, wer dahintersteckt«, sagte Cheyenne ernst, »und wir bleiben so lange zusammen, bis in Albuquerque alles wieder in Ordnung ist. Dein Vater kannte mich. Ich war bei ihm, als er starb.«

Tommy hatte Tränen in den Augen. Er presste die Hände auf seinen blonden Haarschopf und zitterte.

»Du wirst darüber hinwegkommen, Tommy.«

»Niemals!«, stöhnte der Junge verzweifelt. »Dad war mein Freund! Verstehen Sie das, Mister? – Ein Freund, der beste, den ich hatte!«

Cheyenne schwieg und stand reglos in dem kleinen Zimmer. Er konnte dem Jungen in dieser Situation nicht helfen. Tommy musste allein damit fertig werden. Jeder Versuch, ihm Mut zu machen, müsste kläglich scheitern. Er griff zur Winchester und verließ das Haus.

Der knapp fünfzehnjährige Junge legte das Gesicht auf die Unterarme und weinte verzweifelt.

Niemals würde er wieder die Schritte des Vaters vor dem Haus hören. Niemals wieder würden sie sich unterhalten können, von Mann zu Mann, hier an diesem Tisch.

Für immer vorbei.

Doch er wollte den Vater sehen, zum letzten Mal, um von ihm Abschied zu nehmen. Heftig sprang er auf und rannte zur Tür, riss sie auf und rief: »Wo ist mein Vater? Hören Sie, wo …?«

Die Worte erstickten. Wie erstarrt stand er im fächerförmigen Schein des über die Schwelle fallenden Lichts. Lang fiel sein Schatten auf den Hof hinaus, und genau in diesem Schatten verharrte ein Mann mit gezogenem Colt.

Das breite Gesicht zeigte ein eingefrorenes Grinsen. »Ich wollte dich gerade holen«, sagte langsam Bronson, der blitzschnell den Colt gezogen hatte, als die Tür aufgestoßen wurde. Mit lässiger Bewegung schob er den Sechsschüsser in das Halfter zurück und wippte auf den Fußspitzen. »Komm, ich zeig ihn dir.«

Tommy Smith rührte sich nicht. Sein Atem pfiff hörbar. Er stierte den Revolvermann an, während sein Gesicht noch blasser wurde.

Bronson lächelte seltsam.

»Hast du Angst vor mir? Ich tu dir nichts. Komm, nimm dein Pferd. Das mit deinem Vater war ein Unglücksfall. Du bist arm dran …«

Er schien seinen falschen Worten hinterherzulauschen. Dabei hielt er den Kopf schräg und starrte den Jungen lauernd an.

»Wen hattest du gerufen, Tommy?«, fragte er. »Kenn ich ihn?«

Tommy schluckte. Er schüttelte energisch den Kopf.

»Es war – ein Fremder«, flüsterte er. »Ich kenn ihn nicht. Er …, er wollte meinen Vater besuchen.«

»So?«, dehnte Bronson. »Ein Fremder also …«

Unter dem Blick des Revolvermannes kroch ihm ein eiskaltes Gefühl über den Rücken. Gegen Bronson hatte er keine Chance. Er hatte auch nicht die Zeit, ins Haus zurückzuspringen und in Deckung zu gehen, denn die Tür stand weit offen.

»Willst du deinen Vater nicht sehen?« Bronson kam langsam näher. »Er liegt schwer verletzt vor der Stadt …«

Lüge!, schrie es in Tommy. Verdammte Lüge …! Er überlegte noch, was er tun und sagen sollte, da schnellte Bronson jäh auf ihn zu und holte mit der Faust aus. Schwer getroffen flog Tommy ins Haus zurück und blieb bewusstlos liegen.

Auf der Türschwelle drehte Bronson sich um und starrte über den nachtdunklen Hof. Niemand war zu sehen. Auch auf den anderen Hinterhöfen war alles verlassen Leise und undeutlich tönten die Stimmen aus dem Saloon herüber.

Bronson hätte mit dem jungen Smith kaum ein Wort gewechselt, wenn der Junge nicht die Tür aufgestoßen und ihn frühzeitig gesehen hätte. Er brauchte keine Zeugen, denn das, was er tun wollte, war eiskalter und heimtückischer Mord. Doch nicht hier in der Stadt sollte der junge Smith gefunden werden. Es sollte heißen, dass er die Stadt verlassen hätte.

Ruhig schloss Bronson die Tür, schob den Riegel vor und stieg über Tommy hinweg. Sofort begann er, das Haus zu durchsuchen. Erfolglos kehrte er zum Jungen zurück. Mit düsterem Gesichtsausdruck blieb er neben ihm stehen. »Dein Alter hat zu viel über unseren Boss gewusst, Kleiner«, flüsterte er heiser, »und er wollte einen dieser verdammten Marshals holen. Bestimmt hat er dir eine Menge erzählt. Man redet ja schließlich miteinander …«

Er beugte sich hinunter, riss den Bewusstlosen hoch und öffnete die Tür.

Dann trug er Tommy Smith zum Pferdestall, warf ihn zu Boden, holte sein Pferd und legte ihn quer über den Sattel. Er setzte sich dann hinter den Sattel und ritt langsam davon. Bäuchlings, ohnmächtig lag der Junge über dem Pferd. Schlaff pendelten die Arme gegen den Tierleib.

Wie ein Raubtier, das ein Opfer gerissen hatte, zog Bronson mit dem Jungen in die Wildnis. Einmal glaubte er, Hufschlag zu hören, doch als er horchte, war alles still. Vielleicht weckten die Hufe seines Pferdes zwischen den Hügeln ein schwaches Echo, das ihn getäuscht hatte.

Ohne Aufenthalt ritt er immer tiefer in die Einöde hinein, bis er in eine steinige Senke kam. Hier stieß er den Jungen vom Pferd, ritt durch die Bodenwelle und blickte auf das Wasser, das sich im Laufe unzähliger Jahre ein dünnes Bett ins zerklüftete Gestein gegraben hatte.

Er zog das Pferd herum und ritt zurück. In der Senke richtete der junge Smith gerade den Oberkörper auf und hockte noch ganz benommen am Boden.

Bronson saß ab. »Du merkst gar nichts davon«, sagte er voller Ironie und schlug wieder zu. Dann packte er den Bewusstlosen unter den Armen und zog ihn über das harte Gestein hinweg, den Hang hinauf und über die Bodenwelle hinweg. Er schnaufte und keuchte, hielt manchmal inne und fluchte. Wieder zerrte er den Jungen weiter, bis er das Wasser erreicht hatte. Hier ließ er ihn los, um wieder zu Atem zu kommen.

Tommy lag totenstill. Das blonde Haar bewegte sich im Nachtwind.

»Ich wollte dich ja eigentlich erschießen, Kleiner«, flüsterte Bronson, noch immer außer Atem, »aber das mit dem Wasser ist besser. Wenn dich jemand findet, wird er keine Verletzung sehen. Du wirst tot im Wasser liegen, ein Unglück …«

Tommy spürte nicht, wie er über den Boden geschleift wurde. Dicht neben einer tiefen Stelle, wo sich das Wasser in einer Felsengrube gesammelt hatte, ließ er den Jungen fallen.

»Der Boss wird mit mir zufrieden sein«, grinste er selbstgefällig. »Ich hätte dich zwar lieber erschossen, Kleiner, aber so ist’s besser.«

Mit dem Fuß drückte er gegen den Körper des Jungen. Langsam rollte Tommy ins Wasser und sackte weg. Die plötzliche Kälte jedoch ließ ihn zu sich kommen, bevor er zu viel Wasser geschluckt hatte. Er kam hoch, prustete, atmete heftig und wollte aus dem tödlichen Wasser heraus. Da sprang Bronson hinzu und drückte ihn unter die Wasseroberfläche.

In dieser Sekunde bellte scharf und durchdringend eine Winchester auf.

Bronson zuckte, richtete sich steif auf, sein Mund öffnete sich weit … Ohne einen Laut klatschte er in den kleinen Fluss.

Keuchend kam Tommy hoch. Er hatte nichts gehört. Er sah nur, dass Bronson tot war. Irgendwo hallte das Echo eines Schusses. Stöhnend kroch Tommy aus dem Wasser.

Auf dem Hügel klirrte es hart und metallisch. Ein Gewehr war repetiert worden, die Patronenhülse rollte abwärts und fiel zwischen die Steine.

»Cheyenne!«, rief Tommy.

Hager stand Cheyenne auf der Bodenwelle und senkte sein Gewehr.

»Ich konnte es dir nicht ersparen, Junge«, sagte er rau. »Als ich mein Pferd aus dem Stall geholt hatte, war dieser Halunke schon mit dir aus der Stadt. Ich konnte nicht aufholen. Sonst hätte er dich als Schild genommen und dich umgebracht.«

Tommy kniete tropfnass am Creek und zitterte am ganzen Leib.

Langsam kam Cheyenne herunter.

»Das ist Bronson«, stöhnte Tommy. »Er hat für Donovan gearbeitet.«

»Gearbeitet ist gut«, knurrte Cheyenne. »Gemordet hat er!«

Dicht am Wasser verharrte er. Dann stieg er mit einem Fuß hinein und packte Bronson, zerrte ihn hervor und drehte ihn auf den Rücken. »Ich werde ihn Donovan als Geschenk bringen«, sagte er düster.

Ohne Eile ging er fort, holte Bronsons Pferd und warf ihn über den Sattel. Mitleidig sah Cheyenne auf den Jungen, zog die Decke hinter dem Sattel hervor und breitete sie über Tommys Schultern.

»Sie haben deinen Vater umgebracht – und jetzt sollst auch du dran glauben. Warum, frage ich mich. Dein Vater wollte einen Marshal holen. Du aber wärst zu Hause. Was weißt du über Donovan, Junge? Denk nach, es ist alles wichtig.«

Tommy kauerte zitternd am Creek und starrte ins Leere. Er hatte einen Schock bekommen, doch er hielt sich bewunderungswürdig tapfer.

»Mein Vater war im Krieg gewesen«, sprach er leise, »er war Gefangener in einem großen Lager – und dort war Donovan als Henker beschäftigt.«

Cheyenne blickte nachdenklich über den Creek hinweg. »Er hat also eine Schwäche, dieser Halunke. Er will, dass niemand von seiner Henkerszeit erfährt. Keine Frau würde sich dann noch mit ihm einlassen. Yeah, mein Junge, darum solltest du sterben …«

Er half Tommy auf die Beine und nahm das Pferd am Zügel. Sie verließen den Fluss und erreichten Cheyennes Pferd. Tommy zog sich in den Sattel, und Cheyenne saß hinter ihm auf. Langsam ritten sie zurück.

Bald tauchten die Häuser von Albuquerque vor ihnen auf.

»Du musst dich in der Stadt verbergen, Tom«, sagte Cheyenne. »In eurem Haus bist du nicht mehr sicher vor Donovans Schießern. Bei wem könntest du unterkommen?«

»Bei Mammy Logan vielleicht«, flüsterte Tommy fröstelnd. »Sie hat ein Etablissement und ist allein.«

»Well, versuchen wir’s.«

Vorsichtig näherten sie sich der Stadt, wichen der Hauptstraße aus und ritten hinter das erste Haus. Hier ließ Cheyenne das Pferd mit dem Toten zurück, schlang die Zügelenden um einen Lattenzaun und ritt mit Tommy zu Mammy Logan.

Die Hintertür war nicht verschlossen. Auf dem Hof lag Abfall aus der Küche. Hunde hatten die Reste auseinandergescharrt, auch die Hühner suchten hier nach Fressbarem.

»Geh, mein Junge«, nickte Cheyenne. »Viel Glück.«

Ernst und ängstlich sah Tommy ihn an. »Und Sie, Cheyenne?«

Cheyenne lächelte. »Ich bleib in deiner Nähe«, wich er aus. »Mach dir keine Gedanken.«

Bleiches Mondlicht fiel auf Cheyennes alten Stetson, sein Gesicht war im Schatten.

Tommy betrachtete ihn zum ersten Mal sehr aufmerksam. Er spürte plötzlich die Härte, die von Cheyenne ausging, diesen Hauch der Wildnis, der nur jenen Männern zu eigen ist, die ihr Leben lang mit dem Pferd unterwegs sind.

»Nun geh schon …«

Zögernd nickte Tommy. In diesen Moment wurde die Tür aufgestoßen, eine rundliche Frau kam mit einer Schüssel heraus. Sie sah sofort Tommy Smith, blickte Cheyenne an und kippte den Abfall ganz langsam aus, ohne den Blick von dem Mann und dem Jungen zu nehmen.

Aus dem Saloon tönte die Stimme der singenden Tänzerin …

»Mein Gott, Tommy, wie siehst du aus«, flüsterte Mammy. »Nass wie ein Hund. Das ist ja zum Steinerweichen!«

»Mammy, ich – ich möchte, dass Sie mich …«

»O ja, mein Junge«, unterbrach sie ihn und ergriff seinen Arm, »ich weiß schon. Manchmal ist mein Laden voll bis auf den letzten Stuhl, aber niemand wird erfahren, dass du bei mir wohnst. Du wirst bei mir satt werden und ein Bett haben …« Sie sah zu Cheyenne hin. »Ich habe Sie hier noch niemals gesehen, Mister.«

»Tommy wird Ihnen alles sagen, Ma’am.«

»Zum Henker mit diesem Ma’am«, entgegnete sie resolut. »Wer diesem Jungen hilft, gehört zu meinen Freunden, und für dich bin ich Mammy Logan, junger Mann!«

Cheyenne lächelte. Er war nur wenige Jahre jünger als Mammy Logan. Sie hatte das Herz auf dem richtigen Fleck, eine prächtige Frau, eine Seele von Mensch.

»Gut, Mammy.«

»So ist’s gut«, nickte sie und strich über das silbern schimmernde, graue Haar. »Komm in die Küche, du wirst hungrig sein.«

»Ich komme gern, aber ich muss noch was erledigen. Kann das Pferd in den Stall da?«

»Sicher.« Sie blickte ernst in seine steingrauen Augen. »Ich sehe nicht viel«, raunte sie, »aber ich höre alles. Sei vorsichtig, junger Mann, Donovan ist gefährlich. Du hast dir einen Feind ausgesucht, der die leibhaftige Hölle ist! Du hast nur ein Leben …« Nach diesen Worten zog sie Tommy ins Haus und schloss die Tür.

Cheyenne brachte sein Pferd in den Stall und schritt langsam hinter den Häusern entlang.

Bronson lag noch auf dem Pferd.

Cheyenne löste die Zügelenden und zog den Gaul hinter sich her. Gegenüber dem Saloon passierte er eine Hofeinfahrt, verharrte am Straßenrand und blickte mit eng zusammengekniffenen Augen zum Saloon hinüber.

Die Fenster waren beschlagen, Rauch quoll aus den Türen. Männer johlten und klatschten.

Die Straße war wie leer gefegt.

Er ging weiter, führte das Pferd an die Haltestange des Saloons und verknotete den Zügel. Dann ging er zurück und betrat Mammy Logans Haus durch die Hintertür.

Plötzlich – ein markerschütternder Schrei …

»Was war das?«, fuhr Mammy Logan erschrocken auf und stand neben dem Küchentisch.

»Da hat jemand geschrien«, antwortete Cheyenne trocken und setzte sich …

*

Angie hatte den Saloon verlassen, stand auf dem Gehsteig in einen Mantel gehüllt und starrte auf den Toten.

Ihr Aufschrei ließ einige Männer herauskommen. Die meisten aber blieben im Saloon, weil sie nichts sehen und hören wollten.

Dicht neben Angie blieb Harper Lee stehen. Er starrte die Straße hinunter und presste den Mund zusammen. Das bleiche Gesicht erinnerte an eine Totenmaske. Nichts von seinen Gefühlen wurde erkennbar. Er drehte sich um, als Donovan herauskam, schwieg und beobachtete seinen Boss.

Donovan blickte auf den Toten. Nur einmal zuckte es in seinem Gesicht. Er bewegte die rechte Hand, Harper Lee stieg die Stufen hinab und trat an das Pferd heran.

Tastend glitt die Rechte über die nasse Kleidung des Toten, griff in das dunkle Haar und zog den Kopf hoch. Dann ließ er den Kopf zurücksinken und sah Donovan an.

»Erst steht ein Pferd mit Smith vor dem Saloon, jetzt mit Bronson«, knurrte Donovan. »Der Kerl will uns herausfordern. Wir nehmen die Herausforderung an. Lee, du wirst mit allen Leuten die Stadt durchsuchen. Beginnt bei Smiths Haus.«

Nur mühsam beherrschte er sich. Er nahm Angies Arm und ging mit ihr zur Seite. Er wollte irgendetwas zu ihr sagen, doch er unterließ es, starrte die Straße entlang und grübelte. Tief in seinem Bewusstsein begann die Furcht vor dem Unbekannten, der im Dunkel der Nacht zugeschlagen hatte. Doch seine Macht war so schnell nicht zu brechen.

»Du tust mir weh«, flüsterte die Tänzerin.

Er ließ sofort ihren Arm los und atmete schwer ein.

»Wenn ich nur wüsste, wer gegen mich kämpft, Angie!«, murmelte er finster. »Es kann ein einzelner Mann sein, aber es können auch viele sein. Vielleicht haben sie hier in Albuquerque in aller Stille eine Bürgerwehr gebildet, aber das kann ich mir nicht vorstellen.«

Sie nickte. »Dazu sind sie viel zu feige. Gehen wir doch in den Saloon zurück, Mike …«

Immer mehr Gäste verließen zu dieser späten Stunde den Saloon. Harper Lee und mehrere von Donovans Leuten hatten sich aufgemacht und näherten sich nun dem Haus, das dem alten Smith und seinem Sohn Tommy ein Heim gewesen war.

Sie umstellten das Haus, und Lee lief geduckt an die Tür heran, riss sie auf und presste sich an die Wand.

Im Haus flackerte das Licht.

Lee horchte angestrengt. Er konnte nichts hören. Lautlos winkte er Bruel Jenkins und Pickenpah heran. Die beiden Schießer bewegten sich geräuschlos und geduckt und verharrten neben ihm. Er sagte kein Wort, deutete nur auf die offene Tür und machte sich zum Sprung bereit.

Jäh schnellte er hinein, warf sich zu Boden, rollte zur Seite und riss den Colt hoch.

In dieser Sekunde kamen Jenkins und Pickenpah herein. Auch sie warfen sich sofort hin. In den Fäusten hielten sie die schweren Sechsschüsser, wälzten sich herum und erkannten, dass sich niemand im Haus befand.

Fluchend erhob sich Harper Lee. »Der Junge ist weg. Das kann doch nicht möglich sein! Vielleicht hat er Bronson umgelegt? Der Schuss traf Bronson in den Rücken. Das bringt so ein junger Kerl schon fertig.«

Die beiden Revolverschwinger schüttelten den Kopf.

»Nein«, sagte Pickenpah mit seiner ewig heiseren Stimme, »das trau ich ihm nicht zu. Bronson war viel zu schlau. So schnell kehrte er niemanden den Rücken. Auch ist er nass bis auf die Haut. Er muss im Wasser gelegen haben. Wir haben keinen einzigen Schuss in der Stadt gehört. Es muss draußen geschehen sein.«

»He«, flüsterte Bruel Jenkins, »nach Südwesten hin gibt es einen kleinen Fluss. Dort kann er gewesen sein, aber der Junge hat ihn niemals allein aufs Pferd werfen können.«

»Wie alles gekommen ist, ist mir piepegal«, grollte Harper Lee und blickte wütend umher. »Ich will den jungen Smith und den anderen! Der Junge wird uns bestimmt mehr sagen können. Sucht ihn!«

Sie verließen das Haus, und draußen teilte Harper Lee die bewaffneten Leute ein. Sie trennten sich und begannen, die ganze Stadt zu durchsuchen …

*

»Iss noch was, junger Mann«, sagte Mammy Logan auffordernd und zeigte auf das letzte Steak. »Das kannst du noch verdrücken. Du siehst wirklich zu dünn aus.«

Cheyenne lächelte entspannt. Er langte zu und aß weiter. Ab und zu sah er über den Tisch hinweg Tommy an. Er hatte nicht viel essen können. Mammy Logan hantierte in der Küche und ging dann in den Speiseraum, um dort aufzuräumen. Sie hatte die Tür hinter dem letzten Gast geschlossen und wischte die Tische ab.

Auf einmal vernahm sie Schritte.

»Aufpassen!«, rief sie unterdrückt. »Da kommen Leute!«

Tommy zuckte hoch und starrte Cheyenne an. Der große, ernste Mann blieb ruhig.

»Sie werden in die Küche kommen. Pack die Teller zusammen. Wir müssen verschwinden. Wenn sie uns hier sehen, dann ist auch Mammy Logan dran.«

»Aber wohin?«, flüsterte Tommy. »Sie suchen bestimmt überall nach uns und …« Er brach jäh ab. Es wurde hart an die Vordertür geschlagen.

Mammy Logan stand gebeugt über einem Tisch und hielt das Wischtuch. Sie hörte, wie es in der Küche klapperte, dann war es dort still.

Wieder klopfte es.

»Ja, ja«, rief sie, »ich komme ja schon!« Umständlich öffnete sie und lauschte dabei immer zur Küche. Die Tür quietschte leise, als sie geöffnet wurde.

Herein kamen Harper Lee und die beiden Revolverschwinger. Mit funkelnden, zusammengekniffenen Augen spähten sie umher, schoben die Frau beiseite und verteilten sich im Speiseraum.

»Kein Gast mehr?«, erkundigte sich Harper Lee mit einem ungewissen schwachen Lächeln.

»Das sehen Sie doch«, grollte Mammy Logan. »Ich bin gerade damit beschäftigt, die Reste zusammenzutragen. Heute gibt es nichts mehr. Kommen Sie morgen wieder.«

Die Männer antworteten nicht, hielten die Colts schussbereit und bewegten sich zur Küche hin.

»He, was soll das?«, rief Mammy Logan zornig. »Niemand hat was in meiner Küche zu suchen.«

»Halt’s Maul«, versetzte Pickenpah. »Wenn wir wollten, könnten wir deinen alten Mistladen verbrennen.«

Sie war blass geworden. Die Hände krampften sich in die Schürze. Mit flackernden Augen sah sie, wie die drei Männer die Küche betraten. Jeden Augenblick konnten Schüsse fallen.

Sie begann zu zittern und atmete flach. Mit starrem Blick beobachtete sie die drei Menschenjäger.

In der Küche drehte Harper Lee sich um und grinste. Sein Blick durchbohrte Mammy Logan.

»Ist was, he?«, dehnte er.

Sie begriff in diesen Sekunden, dass Cheyenne und Tommy Smith verschwunden waren, und sie atmete auf und fühlte sich so glücklich wie noch nie.

»Ich glaub, mir wachsen Federn!«, grollte sie. »Was soll das alles bedeuten? Dies ist ein Speiselokal, Gents, sonst nichts. Ich möchte wissen, was Sie hier gesucht haben, Mr Lee!«

»Nichts«, antwortete er grinsend und kam zurück. »Wie geht das Geschäft?«

»Mistig.«

»Na, wenigstens etwas …« Harper Lee schritt zur Tür und öffnete sie. »Kommt …«

Jenkins und Pickenpah folgten ihm hinaus. Sie ließen die Tür auf. Mammy Logan schloss sie und zog die Gardinen vor die Fenster. Hastig sah sie sich um, eilte zurück in die Küche und packte eine Schüssel voll Abfall. Keuchend ging sie nach hinten, stieß die Tür auf und trat auf den Hof.

Harper Lee, Pickenpah und Bruel Jenkins standen vor ihr und starrten sie an.

»Okay«, murmelte Harper Lee, »kipp den Mist aus. Wir hatten schon geglaubt, dass hier jemand anderes herauskäme.«

Mammy Logan erkannte, dass die Halunken nichts ahnten, dass sie völlig im Dunkeln tappten und nur alles vermuteten. Sie verabscheute alles, was mit Donovan zusammenhing, doch sie zeigte es nicht, bewahrte Haltung und nickte nur.

Die Revolvermänner blickten sie seltsam an und lächelten. Wortlos wandten sie sich ab und schritten davon.

Mammy Logan stand mit der Schüssel hinter ihrem Haus und lauschte dem Sporengerassel, das sich langsam entfernte. Sie blickte umher und suchte Cheyenne und den jungen Smith, konnte beide jedoch nirgendwo erkennen. Langsam kippte sie den Abfall auf den Haufen und betrat das Haus, schloss die Tür und kam in die Küche.

Da saßen sie beide und tranken kalten Tee.

»Seid ihr verrückt, Jungs?«, flüsterte sie. »Wo, zum Teufel, seid ihr gewesen?«

»Unten im Keller«, sagte Tommy.

Unwillkürlich blickte sie auf die Luke im Boden. Der zerschlissene alte Teppich war etwas verrutscht.

»Mein Gott, wenn sie euch entdeckt hätten! Ihr wärt niemals lebendig herausgekommen!«

»Aber sie haben es nicht gesehen«, murmelte Cheyenne mit dünnem Lächeln. »Wozu darüber nachdenken, Mammy? Diese Halunken werden jetzt auch die anderen Häuser durchsuchen und schließlich in den Saloon zurückkehren.«

»Ach, ihr macht mir wirklich Kummer«, sagte sie und ging in den Speiseraum zurück. Sie zog die Gardine ein wenig beiseite und sah auf die Straße hinaus. Niemand war zu sehen. Bis auf den Saloon war es überall dunkel. Schwach dämmerte bereits der neue Tag herauf.

»Bald wird es hell sein«, meinte sie und ließ die Gardine zurückgleiten. »Ihr dürft nicht rausgehen. Donovans Bande würde euch abknallen wie tollwütige Hunde. Die besten Steaks schmecken nicht mehr, wenn ihr tot auf der Straße liegen werdet.«

*

Donovan lag auf dem Rücken und blickte starr zur Decke empor. Gedankenverloren streichelte er Angies rotes Haar. Sie lag neben ihm und atmete hörbar.

»Woran denkst du, Mike?«, flüsterte sie nach langer Zeit.

»Das weißt du«, antwortete er mit belegter Stimme.

»Ja, ich weiß es«, nickte sie und folgte mit dem Zeigefinger der Linie seiner Augenbrauen.

»Du willst sie erwischen und kaltmachen. Bronson ist tot. Du weißt nicht, wer ihn getötet hat. Das macht dich verrückt.«

Donovan knöpfte sein Hemd auf, zog die Jacke aus und warf sie zu Boden, legte sich wieder zurück und blickte in das Licht der summenden Lampe.

»Albuquerque soll nicht die letzte Stadt sein, Angie«, meinte er nachdenklich. »Ich will auch noch in anderen Städten meinen Namen in die Chronik bringen.«

»Nimm dir nicht so viel vor, Mike.«

»Doch, Angie, doch! Stillstand bedeutet verrosten. Ich will einmal ganz oben sein.«

»Aber dabei denkst du an Bronsons Tod! Du bist dir nicht mehr sicher. Es gibt einen Mann, der gegen dich kämpft.«

Er lächelte eisig. »Die Totengräber warten schon auf ihn. Sie haben für ihn das Grab geschaufelt. Wir brauchen ihn nur hineinzuwerfen.«

Angie fröstelte, als sie seine Worte hörte. Sie verabscheute ihn, doch zugleich fühlte sie sich zu ihm hingezogen, denn er war der mächtigste Mann von Albuquerque. Sein Wort war Gesetz in dieser Stadt.

»Mike, hast du nicht manchmal Angst vor dem Ende?«, flüsterte sie. »Es kann der Tag kommen, da du fertig bist, da du nicht mehr weiterkannst.«

»Nein.« Seine Antwort war selbstsicher und bestimmt.

»Nun gut«, räumte sie ein, »du hast alles unter deinen Füßen, selbst mich, Mike Donovan. Ohne dich würde ich vielleicht am Hungertuch nagen. Aber kannst du Harper Lee, Jenkins und Pickenpah wirklich vertrauen?«

»Ich hoffe es – aber es gibt noch einen anderen Kerl, der nur darauf wartet, dass ich ihm einen halben Anteil gebe. Und wenn ich merke, dass es langsam zu Ende geht, dann lass ich ihn holen.«

»Tennessee Cole?«

»Woher weißt du das?« Er starrte sie durchdringend an.

»Wer hat dir über Cole erzählt?«

»Du selber. Du warst angetrunken, Mike …«

»Du bist ein Biest.«

»Yeah, das bin ich«, lächelte sie zurück. »Ich hasse dich, Mike, aber ich liebe dich auch.«

»Ich weiß.«

»Du verlässt dich also auf diesen Tennessee Cole?«

»Ja, er hat fünf Leute. Wenn er nach Albuquerque kommt, dann ist hier der Teufel los.«

»Er ist ein Mörder, Mike. Seine Leute sind schießwütige Männer. Du wolltest ihn nicht in der Stadt haben, du wolltest nicht mit ihm teilen. Ihr seid Freunde gewesen – damals. Jetzt ist er dir zu groß geworden. Du wolltest nicht diese Stadt aufgeben. Tennessee Cole wird die halbe Stadt besitzen wollen.«

Er lächelte entspannt und nahm Angie in die Arme. »Reden wir nicht mehr darüber, kleine Hexe. Hab ich dir schon gesagt, dass du schön bist?«

Sie umarmten und liebten sich, vergaßen die Welt um sich und erlebten das flüchtige Glück.

Draußen wurde es Tag.

*

Durch den Dunst des Morgengrauens kamen Cheyenne und Tommy Smith. Niemand sah sie, als sie das Haus der Mammy Logan durch die Hintertür betraten.

Mammy Logan stand in der Küche und wusch das Geschirr ab.

Schweigend hockte Tommy sich an den Tisch.

»Du hast das Grab deines Vaters gesehen«, sagte Cheyenne rau. »Sie haben ihn am Stadtrand begraben. Es war kalter Mord, aber du hältst dich da heraus. Das ist nichts für dich.«

»Ich bin groß genug«, flüsterte Tommy. »Ich will mit diesen Halunken abrechnen! Das bin ich meinem Vater schuldig.«

»Dein Vater würde sich im Grab umdrehen, wenn er dich reden hörte. Glaub nur nicht, dass alles so leicht wäre. Eine Kugel ist schnell abgefeuert. Nein, Tommy. Ich geh allein.«

Er stand zwischen den Häusern und beobachtete die Banditen, die neben dem Eingang des Saloons auf einer Bank saßen. – Nur Donovan fehlte.

Er blieb in der Deckung der Häuser. Nüchtern rechnete er sich seine Chancen aus. Die Männer waren zweibeinige Raubtiere, die vor nichts zurückschreckten. Sie wussten nicht, wo er sich verbarg – und das war seine Stärke.

Es galt, in Albuquerque Gewalt und Terror zu brechen.

Er musste sie täuschen.

Sie kannten ihn nicht.

Langsam wich er zurück, ging zum Pferdestall hinter Mammy Logans Etablissement und holte sein Pferd hervor.

Wenig später ritt er davon.

Niemand sah ihn.

Er ritt einen großen Bogen und zügelte das Pferd. Ernst blickte er zur Stadt zurück. Dann ritt er an und näherte sich offen der Stadt. Die Winchester steckte im Scabbard, der Colt saß im Halfter. Er rückte den Stetson tief in die Stirn, beugte sich vor und starrte zur Stadt hinüber.

Nichts entging ihm.

Es war Sonntag, die Glocke läutete. Der helle Klang ging über die Dächer hinweg, fand ein schwaches Echo und verlor sich im weiten Land. Menschen waren unterwegs zur Kirche – Männer, Frauen und Kinder.

Cheyenne hatte schon oft erlebt, dass Menschen in ihrer Not Trost suchten, in Kirchen, auf stillen Plätzen, in der Einsamkeit.

Der Tod lauerte in der Stadt.

Es war eine Schicksalsstunde für Albuquerque. Denn Cheyenne ritt in die Stadt …

Zur linken Hand standen drei magere Männer, Menschen, die an ihren Profit dachten.

Totengräber …

Ihr Geschäft war der Tod.

Sie standen da, reglos, dürre, abwartend. Auf ihren Schultern lag noch Sägemehl. Ihre Hände waren gewohnt, Schaufeln zu halten. Sie trugen dunkle Kleidung, ein Symbol, das ihren Job verriet. Und sie starrten Cheyenne an, als sei er das nächste Opfer.

Er ritt vorbei. Vor dem Saloon zügelte er sein Pferd und saß ab, leinte es an und betrat den Gehsteig.

»Tag«, sagte er zu den Mördern und Halunken, stieß die Schwingtür auf und betrat den Saloon.

Der Keeper blickte ihn an, als wäre er ein Gespenst.

»Einen Whisky«, sagte Cheyenne. »Ich hab noch tausend Meilen zu reiten.«

In diesem Moment kam Donovan die Treppe herunter. »Tausend Meilen, Mister?«

»Yeah«, lächelte Cheyenne, »so lange, bis ich nicht mehr kann.«

»Man glaubt oft, dass man nicht mehr kann, aber dann geht es doch weiter.« Langsam näherte Donovan sich der Theke, lehnte sich an und betrachtete Cheyenne – taxierte ihn.

Cheyenne trank genüsslich. Er spürte die Blicke der blauen Augen, die so unmenschlich kalt sein konnten, aber er ließ sich nichts anmerken.

»Marshal?«, fragte Donovan plötzlich, während er die Augen verengte.

Lässig wandte Cheyenne sich ihm zu. »Sehe ich so aus, Mister?«

»Ja.«

Cheyenne lächelte und schüttelte kaum merklich den Kopf. »Manchmal färbt es ab, wenn man lange einen Marshal in seiner Nähe hat.«

»Wie soll ich das verstehen?« Donovan wurde etwas steif. Er atmete schneller und starrte Cheyenne prüfend an. »Soll das heißen, dass Sie auf der Flucht sind?«

Mit gleichgültiger Ruhe verharrte Cheyenne an der Theke und gab dem Keeper zu verstehen, das Glas zu füllen. Langsam wanderte sein Blick durch den Saloon, hinaus, wo die Revolverschwinger abwartend standen, und kehrte zu Donovan zurück.

»Schon möglich«, murmelte er und legte die Hand auf den Colt. »Es gibt viele gefährliche Kerle, aber ich lebe noch, Mister.«

Über Donovans Gesicht zog ein seltsames Lächeln. »Sie brauchen hier nichts zu befürchten, Mister. In Albuquerque gibt es keinen Marshal und keinen Sheriff.«

»Yeah, ich hab gesehen, dass die Tür des Office mit Brettern vernagelt ist. Was ist dem Ärmsten geschehen?«

»Es war ein Unfall. Er war beim Gewehrreinigen, als ihn die Kugel mitten in den Kopf traf. Jedenfalls fanden wir ihn tot in seinem Büro.«

Cheyennes Gesicht blieb ausdruckslos, als hätte er sich nur am Rande für den Tod des Sheriffs interessiert.

»Pech gehabt.«

»Nicht wahr?«, meinte Donovan lächelnd. »Jetzt will hier niemand den Sheriffstern tragen. Das kann man verstehen … Trinken Sie mit mir einen Whisky, Mister?«

Schweigend drehte Cheyenne sich der Theke zu, trank langsam und starrte in das Glas. Für ihn stand es fest, der Sheriff war erschossen worden – mit dem eigenen Gewehr. Alles war erst später so zurechtgerückt worden.

»Klar, warum nicht?«

»Es würde mich interessieren, wie Sie heißen, Mister.«

»Lassen wir es beim Mister«, antwortete Cheyenne mit dünnem Lächeln. »Ich habe zu viele Namen.«

Der Keeper füllte zwei Gläser. Lächelnd prostete Donovan ihm zu. Von draußen kamen Harper Lee, Bruel Jenkins und Pickenpah herein. Sie setzten sich schweigend an einen Tisch, machten die Beine lang und blickten lauernd herüber.

»Schon gut«, murmelte Donovan und machte eine Handbewegung. Sie sollten sich zurückhalten.

»Ihre Leute?«, fragte Cheyenne mit sanft klingender Stimme und betrachtete die drei Revolvermänner halbwegs interessiert.

»Ja.«

»Drei Zweihandschützen«, meinte Cheyenne lässig. »Auf die können Sie sich verlassen.«

»Yeah«, sagte Donovan mit schleppender Stimme, ohne den Blick von Cheyenne zu nehmen. »Diese Jungs schießen mir jeden Weg frei. Wie wär’s denn mit Ihnen, Mister? Brauchen Sie nicht einen gut bezahlten Job?«

Cheyenne winkte ab.

»Ich hab schon einen Job im Norden. Ich will hier nur ein paar Tage rasten. Der Job im Norden wird mir ein paar Tausend Dollar einbringen.«

»Mann, das ist eine gewaltige Summe!«, entfuhr es Donovan.

»Dafür muss ich auch was tun«, lächelte Cheyenne und schlug mit der flachen Hand klatschend gegen den Colt. Umständlich holte er Geld hervor und wollte zahlen.

»Lassen Sie das«, wehrte Donovan ab. »Der Saloon gehört mir. Sie sind mein Gast gewesen …«

Cheyenne nickte schwach, tippte an den Stetson und verließ den Saloon. Er war gerade durch die Tür, als Donovan ihn zurückrief. Er drehte sich kurz um, verharrte aber an der Tür.

»Überlegen Sie sich mein Angebot, Mister«, meinte Donovan. »Ich kann gute Männer mit schnellen Händen immer gebrauchen.«

Wieder tippte Cheyenne an den Stetson und wollte gehen, in diesem Moment kam die rothaarige Tänzerin die Treppe herunter. Sie blickte Cheyenne forschend an, und plötzlich weiteten sich ihre Augen. Cheyenne und die Tänzerin sahen sich an, jeder versuchte, sich zu erinnern.

Mit einem Ruck wandte Cheyenne sich ab und ging zu seinem Pferd. Er band es los, saß auf und zog es sachte herum. Langsam ritt er zum Mietstall hinüber. Jede Sekunde konnten tödliche Schüsse aufpeitschen, konnten Kugeln ihn vom Pferd jagen. Er horchte und wartete auf das Knarren der Saloontür. – Nichts!

Donovan stand an der Tür und sah ihm nach, wie er in der Einfahrt zum Mietstall verschwand.

»Ein merkwürdiger Mann«, meinte er nachdenklich. »Wir werden ihn nicht aus den Augen lassen.«

Langsam kam die Tänzerin die Treppe herunter. Ihre schmale zierliche Hand glitt über das glatte Geländer. Sie trat zu Donovan.

»Ich hab ihn schon gesehen«, flüsterte sie, »aber ich weiß nicht wo. Irgendwo in einer Stadt. Ich war schon Tänzerin. Ich muss ihn unter den Gästen gesehen haben.«

»Du wirst darüber nachdenken, Angie«, sagte Donovan leise, aber fest und bestimmt. »Es ist sehr wichtig. Dieser Mister scheint ein käuflicher Schießer zu sein.«

Sie nickte, ging zur Theke und ließ sich ein Glas Wasser geben. Es war heiß im Saloon, draußen brütete die Hitze und ließ die Luft flimmern.

Nebeneinander überquerten die drei schwarzgekleideten und dürren Totengräber gemächlich die Straße.

Harper Lee erhob sich und trat zu Donovan heran. Sie beobachteten die Totengräber.

Harper Lee verzog den Mund und meinte mit einem zynischen Unterton: »Die Jungs müssen wieder was zu tun bekommen, Boss. Noch wissen wir nicht, wer Bronson umgelegt hat. Die Sucherei war erfolglos, aber wir müssen ihn erwischen – und den Jungen!«

Ein paar Häuser weiter glänzten die Fensterscheiben des Etablissements in der Sonne. Die Tür war geschlossen. Mammy Logan war zur Kirche gegangen. Sie behielt ihre alten Gewohnheiten bei, denn nichts sollte darauf hindeuten, dass Tommy Smith bei ihr im Haus verborgen war.

»Worauf wartet ihr also noch?«, fragte Donovan. »Sucht weiter in der Stadt.«

Während Lee, Jenkins und Pickenpah den Saloon verließen, nippte die Tänzerin am Wasser und blickte gedankenversunken ins Leere.

Sie erlebte in der Erinnerung noch einmal all die Stationen ihres Daseins. In vielen Saloons war sie aufgetreten, selbst in St. Louis, und es war schwer, sich an jenen Moment zu erinnern, da sie Cheyenne gesehen hatte.

»Lass dir Zeit«, sagte Donovan. »Vielleicht hast du ihn auf einem Steckbrief gesehen.«

»Nein, da nicht …«

Er setzte sich, rief sie zu sich und bestellte das Frühstück für beide. Sie waren die einzigen im Saloon.

*

Tommy riss den Colt vom Tisch, als er ein Geräusch hinterm Haus hörte. Er wich an die Wand zurück und hob die schwere Waffe. Starr sah er auf die Küchentür. Im Speiseraum war niemand, die Vordertür war verschlossen. Mammy Logan war noch nicht vom Kirchgang zurück.

Die Hintertür knarrte leise.

Jemand kam ins Haus.

Der junge Smith schlich aus der Küche und verbarg sich im kleinen Wohnzimmer. Von hier aus konnte er auf die helle Straße sehen.

Die Schritte kamen näher und verhielten in der Küche. Sand knirschte unter den Stiefeln …

Tommy fragte sich, ob es Cheyenne war. Er hatte ihn die Straße hinaufreiten gesehen. Als Cheyenne kaltblütig in den Saloon gegangen war, hätte Tommy aufschreien können vor Angst.

Die Ungewissheit zerrte an seinen Nerven. Lautlos wich er weiter zurück, bis er mit den Kniekehlen unweigerlich gegen Mammy Logans Bettkante stieß.

Wieder waren die Schritte zu hören. Der Mann musste gegen den Stiel einer Pfanne gestoßen haben, denn es gab ein schepperndes Geräusch.

Das konnte nicht Cheyenne sein, durchzuckte es Tommy. Cheyenne hätte längst leise nach ihm gerufen.

Der Mann näherte sich der Tür des Wohnzimmers, das zugleich auch Mammy Logans Schlafraum war.

Blitzschnell warf Tommy sich zu Boden und rollte sich unter das Bett. Er verhielt den schweren Colt in der Rechten und starrte unter dem Bett hervor.

Jetzt wurde die Tür vorsichtig aufgedrückt, Tommy sah nur die verstaubten Stiefel.

Der Mann stand dicht vor dem Bett. Offensichtlich betrachtete er die Einrichtung.

Tommy rührte sich nicht. Er wagte kaum zu atmen. Schweiß lief über das angespannte Gesicht, lief in die Augen und ließ sie schmerzhaft brennen. Schwer wog der Colt in der Hand. Tommy war in einer Falle. Beim leisesten Geräusch würde der Mann unter das Bett schießen.

Es war nicht Cheyenne – Bruel Jenkins war in das Haus eingedrungen!

Der Revolvermann lauschte in die Stille hinein. Er spürte, dass er nicht allein im Raum war. Hart trat er auf, ging zum Fenster, den Colt immer schussbereit. Neben dem Fenster verharrte er und sah hinaus. Gerade ging auf der anderen Straßenseite Pickenpah entlang.

Wieder starrte Jenkins in den Raum hinein, betrachtete das Bett und den mannshohen Schrank mit den beiden Türen, den kleinen runden Tisch und die alte Lampe mit den Fransen darauf. Sein Blick glitt über die Wände, über ein Bild an der Wand und zurück zum Schrank. Kaltes Grinsen breitete sich über sein Gesicht. Er richtete den Colt auf den Schrank und feuerte mehrere Schüsse ab. Die Kugeln durchschlugen die Türen, rissen das Holz auf und schlugen hinter dem Schrank gegen die Wand. Der ohrenbetäubende Krach machte Jenkins für einige Sekunden taub. Pulverdampf wallte im Raum.

Drüben machte Pickenpah kehrt und blieb horchend unter einem Vordach stehen.

Ohne Eile trat Bruel Jenkins an den durchlöcherten Schrank heran und betrachtete die Einschusslöcher. Sie lagen so, dass weder ein sitzender noch stehender Mann diese Schüsse überlebt haben konnte. Mit einem Ruck riss er die Tür auf.

Niemand!

Nur Mammy Logans Kleider hingen dort, von den Kugeln zerfetzt.

Er aber spürte die Nähe eines Menschen. Blitzschnell riss er den anderen Colt heraus und warf sich neben dem Bett zu Boden. Hart schlug er mit den Ellbogen auf, erkannte Tommy Smith unter dem Bett und stieß den Colt nach vorn.

Tommy musste sich wehren, wollte er überleben. Er drückte einfach ab, ohne richtig gezielt zu haben. Ein Flammenblitz stieß in Jenkins Gesicht hinein. Die Kugel verfehlte ihn nur um wenige Millimeter, aber das Feuer ließ Bruel Jenkins aufbrüllen. Geblendet, mit verbranntem Gesicht, zuckte er zusammen und schrie. Er wollte abdrücken, konnte Tommy aber nicht sehen.

Verzweifelt wälzte der Junge sich unter dem Bett hervor. In diesen Sekunden schoss Jenkins. Die Schüsse lagen jedoch zu kurz und jagten in die Bretter hinein. Tommy sprang auf und hetzte aus dem Raum. Er dachte gar nicht daran, dass er einen Colt besaß und schießen könnte. Er wollte nur heraus aus dem Raum, der für ihn zur tödlichen Falle geworden war.

Jenkins hörte, wie Tommy in die Küche floh. Wie ein verwundeter Stier kam Jenkins hoch, ließ den rechten Colt fallen und presste die Hand auf das verbrannte Gesicht. Torkelnd folgte er dem Jungen und feuerte wild und ziellos umher.

»Verfluchter Hund!«, schrie er dabei. »Ich krieg dich noch! Verdammtes Schwein, ich bring dich um …!«

Er konnte nicht sehen. Während er versuchte, den Jungen zu finden, lud er den Colt nach, schnell und sicher.

Tommy kauerte noch in der Küche. Er konnte vor Angst kaum atmen.

Jenkins taumelte umher, stieß gegen den Tisch, feuerte um sich.

Da drückte Tommy ab.

Bruel Jenkins wurde zurückgestoßen, so heftig, als hätte er einen Schlag gegen die Brust bekommen. Er stürzte rückwärts gegen den Tisch, stieß ihn um und donnerte gegen den Küchenschrank, schwankte weiter und riss die große Spülschüssel zu Boden. Mit zuckender Hand schoss er um sich, während sich sein Gesicht entstellte und zu einer schrecklichen Fratze wurde.

Dann brach er zusammen.

Mit geweiteten Augen sah Tommy auf den Toten. Er hörte nicht Pickenpahs heisere Stimme draußen vor dem Haus. Tommy hatte einen Menschen getötet – in Notwehr, doch es war zum ersten Mal in seinem jungen Leben geschehen, so plötzlich und erbarmungslos, dass er nicht damit fertig werden konnte.

»Jenkins!«, schrie Pickenpah vor dem Fenster. »Was ist los?«

Tommy richtete sich auf und starrte in den Speiseraum. Draußen stand Pickenpah und rüttelte lautstark an der Tür.

Pickenpah hastete am Haus entlang und verschwand um die Ecke.

Die Angst peitschte Tommy vorwärts. Er wollte eher als Pickenpah auf dem Hinterhof sein und fliehen. Er versuchte, den Stall zu erreichen, wo er zunächst Deckung finden würde.

Aber da kam Pickenpah auch schon auf den Hof und sah ihn.

Tommy hatte keine Chance. Es war unmöglich, jetzt noch den schützenden Stall zu erreichen.

Auf der Straße brüllte Donovan.

Was er schrie, war nicht zu verstehen. Tommy stolperte und stürzte.

Pickenpahs Schüsse peitschten über ihn hinweg. Der Junge wälzte sich herum, rollte durch den heißen Staub und entging wie durch ein Wunder den Kugeln.

Pickenpah zielte eiskalt. Er schreckte nicht davor zurück, ein junges Leben auszulöschen. Er fragte nicht nach Menschlichkeit. Diesmal wollte er den Jungen tödlich treffen.

Plötzlich sah er Cheyenne hinter dem Stall hervorkommen. Der große hagere Mann hielt seine Winchester. Sie starrten sich sekundenlang an. Pickenpah vergaß zu schießen. Instinktiv erkannte er, dass Cheyenne die größte Gefahr für ihn bedeutete, die jemals auf ihn zugekommen war. Von einer Sekunde zur anderen begriff er, dass Cheyenne Bronson erschossen hatte. Noch hielt er den Arm ausgestreckt und den Colt schussbereit. Er schwenkte den Lauf nur kurz herum und wollte abdrücken.

Unheimlich schnell lag die Winchester an Cheyennes Hüfte. Zwei Schüsse verließen den Lauf, klangen wie ein Schuss – Pickenpah wirbelte herum, schien wild über den Boden zu tanzen und schlug dann zu Boden.

Reglos lag er im Staub.

»Komm!«, rief Cheyenne dem Jungen zu. »Los, weg von hier!«

Tommy sprang auf. Beide rannten über die Höfe und erreichten den Mietstall. Cheyenne stieß ihn hinein.

»Da ist die Leiter zum Dachboden. Verkriech dich unter den Heuhaufen. Und bleib da oben, bis ich zurück bin!«

Der Junge kletterte die Leiter so hastig hoch, dass er auf einer Sprosse abrutschte und fast wieder unten landete, wenn er sich nicht festgeklammert hätte.

»Nur ruhig, Tommy«, hörte er Cheyennes Stimme. »So schnell finden sie dich hier nicht.«

Keuchend erreichte Tommy den Dachboden und sah zurück.

»Zieh die Leiter rauf«, riet ihm Cheyenne.

Er drückte die Leiter aufwärts, Tommy zerrte sie hoch und warf sie ins Heu.

Er sah den Stallbesitzer im Gang stehen und hörte ihn mit zitternder Stimme sagen: »Wenn sie den Jungen bei mir finden, legen sie mich um!«

Eisig blickte Cheyenne ihn an. »Ihnen wäre wohler, wenn diese Halunken den Jungen umlegen würden, was? Ist es Ihnen egal, was aus dem Jungen wird?«

»Ich …«

»Hören Sie auf, Mann. Helfen Sie dem Jungen, lassen Sie ihn da oben und versuchen Sie, was gegen Ihre Angst zu tun!«

Dann verließ Cheyenne den Stall.

Der Stallbesitzer sah empor und zuckte die Achseln. »Ich kann’s nicht mehr ändern. Also bleib da oben – aber eines sag ich dir: Helfen werde ich dir nicht, wenn sie dich entdecken, ich muss an meine Frau denken!«

Mit einem Fluch verließ er den Stall durch eine schmale Hintertür und verschwand in seinem Haus.

Tommy horchte. In Albuquerque war es still geworden.

Cheyenne stapfte über den Gehsteig und näherte sich Mammy Logans Lokal.

Plötzlich fielen im Haus zwei Schüsse. Von den Kugeln zerschlagen, ließ sich das Türschloss öffnen – und Harper Lee kam aus dem Etablissement und lief über die Straße. Er musste wie Bruel Jenkins durch den Hintereingang ins Haus gekommen sein. Bevor Cheyenne irgendetwas tun konnte, war er im Saloon verschwunden.

Da verharrte Cheyenne in einer Hausnische. Im Augenblick konnte er nichts tun. Die Türflügel schlugen heftig auf und zu …

*

Die Glocke läutete wieder.

Langsam kamen die Leute aus der Kirche und überquerten den kleinen Marktplatz.